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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

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umzustellen. Er war ein rüstiger Mann, dem
ein Ferientag länger wurde als andern ein
Exercizientag und dem nichts Langweile machte
als Kurzweile: "aber Abends (dacht' er) mach'
"ich mir einen guten Tag, denn es ist einmal
"mein Geburtstag." -- Sein Angebinde sollte
darin bestehen, daß er eines -- machte; er wollte
nämlich aus Pestiz dem kleinen Albano einen
Österleinschen Flügel aus seinem eignen Beu¬
tel so wenig darin war -- und obendrein
einen Musikmeister auf Don Gaspards Ver¬
langen mitbringen. --

Aber warum will man das dem Leser nicht
vorher auf das deutlichste auseinandersetzen? --

Don Gaspard hatte nämlich in der Revi¬
sion des Erziehungswesens für Albano gewollt,
daß auf dessen körperliche Gesundheit mehr als
auf die geistige Superfötazion gesehen würde;
der Erkenntnißbaum sollte mit dem Lebensbaume
ablaktiret werden. Ach wer der Weisheit die
Gesundheit opfert, hat meistens die Weisheit
auch mitgeopfert; und nur angebohrne, nicht
erworbne Kränklichkeit ist Kopf und Herzen
dienlich. Daher hatte Albano in seinem Bü¬

umzuſtellen. Er war ein rüſtiger Mann, dem
ein Ferientag länger wurde als andern ein
Exercizientag und dem nichts Langweile machte
als Kurzweile: „aber Abends (dacht' er) mach'
„ich mir einen guten Tag, denn es iſt einmal
„mein Geburtstag.“ — Sein Angebinde ſollte
darin beſtehen, daß er eines — machte; er wollte
nämlich aus Peſtiz dem kleinen Albano einen
Öſterleinſchen Flügel aus ſeinem eignen Beu¬
tel ſo wenig darin war — und obendrein
einen Muſikmeiſter auf Don Gaſpards Ver¬
langen mitbringen. —

Aber warum will man das dem Leſer nicht
vorher auf das deutlichſte auseinanderſetzen? —

Don Gaſpard hatte nämlich in der Revi¬
ſion des Erziehungsweſens für Albano gewollt,
daß auf deſſen körperliche Geſundheit mehr als
auf die geiſtige Superfötazion geſehen würde;
der Erkenntnißbaum ſollte mit dem Lebensbaume
ablaktiret werden. Ach wer der Weisheit die
Geſundheit opfert, hat meiſtens die Weisheit
auch mitgeopfert; und nur angebohrne, nicht
erworbne Kränklichkeit iſt Kopf und Herzen
dienlich. Daher hatte Albano in ſeinem Bü¬

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[126/0146] umzuſtellen. Er war ein rüſtiger Mann, dem ein Ferientag länger wurde als andern ein Exercizientag und dem nichts Langweile machte als Kurzweile: „aber Abends (dacht' er) mach' „ich mir einen guten Tag, denn es iſt einmal „mein Geburtstag.“ — Sein Angebinde ſollte darin beſtehen, daß er eines — machte; er wollte nämlich aus Peſtiz dem kleinen Albano einen Öſterleinſchen Flügel aus ſeinem eignen Beu¬ tel ſo wenig darin war — und obendrein einen Muſikmeiſter auf Don Gaſpards Ver¬ langen mitbringen. — Aber warum will man das dem Leſer nicht vorher auf das deutlichſte auseinanderſetzen? — Don Gaſpard hatte nämlich in der Revi¬ ſion des Erziehungsweſens für Albano gewollt, daß auf deſſen körperliche Geſundheit mehr als auf die geiſtige Superfötazion geſehen würde; der Erkenntnißbaum ſollte mit dem Lebensbaume ablaktiret werden. Ach wer der Weisheit die Geſundheit opfert, hat meiſtens die Weisheit auch mitgeopfert; und nur angebohrne, nicht erworbne Kränklichkeit iſt Kopf und Herzen dienlich. Daher hatte Albano in ſeinem Bü¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/146>, abgerufen am 25.04.2024.