Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite

mopoliten gleiche und nicht bloß Einer Schön¬
heit räuchere -- etwann der Feinheit, der
Stärke, dem Witze -- sondern daß er in sei¬
nem Simultantempel und Pantheon für die
wunderlichsten Heiligen Altäre und Kerzen da
habe, für Klopstock und Krebillon und Plato
und Hudibras. . . . Gewisse Schönheiten, wie
gewisse Wahrheiten -- wir Sterbliche halten
beide noch für zweierlei -- zu erblicken, muß
man das Herz eben so ausgeweitet und ausge¬
reinigt haben wie den Kopf. . . . es hängt zwi¬
schen Himmel und Erde ein großer Spiegel von
Krystall, in den eine verborgne neue Welt ih¬
re großen Bilder wirft; aber nur ein unbefleck¬
tes Kindes-Auge nimmt sie wahr darin, ein
besudeltes Thier-Auge sieht nicht einmal den
Spiegel. . . . Nur Einen öffentlichen Richter,
den mein Herz verehrt, schenke mir dieses Jahr
und wär er auch wieder mich partheiisch: denn
ein partheiischer dieser Art fället ein instruktive¬
res Urtheil als ein unpartheiischer aus der Wo¬
chentags-Kaste.

mopoliten gleiche und nicht bloß Einer Schoͤn¬
heit raͤuchere — etwann der Feinheit, der
Staͤrke, dem Witze — ſondern daß er in ſei¬
nem Simultantempel und Pantheon fuͤr die
wunderlichſten Heiligen Altaͤre und Kerzen da
habe, fuͤr Klopſtock und Krebillon und Plato
und Hudibras. . . . Gewiſſe Schoͤnheiten, wie
gewiſſe Wahrheiten — wir Sterbliche halten
beide noch fuͤr zweierlei — zu erblicken, muß
man das Herz eben ſo ausgeweitet und ausge¬
reinigt haben wie den Kopf. . . . es haͤngt zwi¬
ſchen Himmel und Erde ein großer Spiegel von
Kryſtall, in den eine verborgne neue Welt ih¬
re großen Bilder wirft; aber nur ein unbefleck¬
tes Kindes-Auge nimmt ſie wahr darin, ein
beſudeltes Thier-Auge ſieht nicht einmal den
Spiegel. . . . Nur Einen oͤffentlichen Richter,
den mein Herz verehrt, ſchenke mir dieſes Jahr
und waͤr er auch wieder mich partheiiſch: denn
ein partheiiſcher dieſer Art faͤllet ein inſtruktive¬
res Urtheil als ein unpartheiiſcher aus der Wo¬
chentags-Kaſte.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0027" n="XV"/>
mopoliten gleiche und nicht bloß Einer Scho&#x0364;<lb/>
heit ra&#x0364;uchere &#x2014; etwann der Feinheit, der<lb/>
Sta&#x0364;rke, dem Witze &#x2014; &#x017F;ondern daß er in &#x017F;ei¬<lb/>
nem Simultantempel und Pantheon fu&#x0364;r die<lb/>
wunderlich&#x017F;ten Heiligen Alta&#x0364;re und Kerzen da<lb/>
habe, fu&#x0364;r Klop&#x017F;tock und Krebillon und Plato<lb/>
und Hudibras. . . . Gewi&#x017F;&#x017F;e Scho&#x0364;nheiten, wie<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;e Wahrheiten &#x2014; wir Sterbliche halten<lb/>
beide noch fu&#x0364;r zweierlei &#x2014; zu erblicken, muß<lb/>
man das Herz eben &#x017F;o ausgeweitet und ausge¬<lb/>
reinigt haben wie den Kopf. . . . es ha&#x0364;ngt zwi¬<lb/>
&#x017F;chen Himmel und Erde ein großer Spiegel von<lb/>
Kry&#x017F;tall, in den eine verborgne neue Welt ih¬<lb/>
re großen Bilder wirft; aber nur ein unbefleck¬<lb/>
tes Kindes-Auge nimmt &#x017F;ie wahr darin, ein<lb/>
be&#x017F;udeltes Thier-Auge &#x017F;ieht nicht einmal den<lb/>
Spiegel. . . . Nur Einen o&#x0364;ffentlichen Richter,<lb/>
den mein Herz verehrt, &#x017F;chenke mir die&#x017F;es Jahr<lb/>
und wa&#x0364;r er auch wieder mich partheii&#x017F;ch: denn<lb/>
ein partheii&#x017F;cher die&#x017F;er Art fa&#x0364;llet ein in&#x017F;truktive¬<lb/>
res Urtheil als ein unpartheii&#x017F;cher aus der Wo¬<lb/>
chentags-Ka&#x017F;te.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[XV/0027] mopoliten gleiche und nicht bloß Einer Schoͤn¬ heit raͤuchere — etwann der Feinheit, der Staͤrke, dem Witze — ſondern daß er in ſei¬ nem Simultantempel und Pantheon fuͤr die wunderlichſten Heiligen Altaͤre und Kerzen da habe, fuͤr Klopſtock und Krebillon und Plato und Hudibras. . . . Gewiſſe Schoͤnheiten, wie gewiſſe Wahrheiten — wir Sterbliche halten beide noch fuͤr zweierlei — zu erblicken, muß man das Herz eben ſo ausgeweitet und ausge¬ reinigt haben wie den Kopf. . . . es haͤngt zwi¬ ſchen Himmel und Erde ein großer Spiegel von Kryſtall, in den eine verborgne neue Welt ih¬ re großen Bilder wirft; aber nur ein unbefleck¬ tes Kindes-Auge nimmt ſie wahr darin, ein beſudeltes Thier-Auge ſieht nicht einmal den Spiegel. . . . Nur Einen oͤffentlichen Richter, den mein Herz verehrt, ſchenke mir dieſes Jahr und waͤr er auch wieder mich partheiiſch: denn ein partheiiſcher dieſer Art faͤllet ein inſtruktive¬ res Urtheil als ein unpartheiiſcher aus der Wo¬ chentags-Kaſte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/27
Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. XV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/27>, abgerufen am 19.04.2024.