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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

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und Theoda sich neben den Hauptmann; Erd-
ferne von ihm, wäre ihr diesen Abend Winter-
tod gewesen. Sie hatte noch auf väterliche
Nachbarschaft gerechnet; aber der Doktor, der
sich von beyden Leuten nichts versprach als einen
Abend voll dichterischen Sachen, einen Teich
voll schwimmender Blüten ohne Karpfen, Ka-
rauschen und Hechte, hatte sich längst weggebettet
unten hinab; und vom Doktor sich wieder weit
abgebettet, der Brunnenarzt Strykius in einer
geistigen Ehescheidung von Tische. Theoda schwieg
lange neben dem geliebten Manne, aber wie
voll Wonne und Reichthum! Und alles um
sie her überfüllte ihre Brust! Ueber die Tafel
wölbten sich Kastanienbäume -- in die Zweige
hing sich goldner Glanz, und die Lichter schlüpf-
ten bis an den Gipfel hinauf, über welchen die
festen Sterne glänzten -- unten im Thale ging
ein großer Strom, den die Nacht noch breiter
machte und redete ernst herauf ins lustige Fest
-- in Morgen standen helle Gebirge, auf denen
Sternbilder wie Götter ruhten -- und die Ton-

Zweyter Theil. 2

und Theoda ſich neben den Hauptmann; Erd-
ferne von ihm, waͤre ihr dieſen Abend Winter-
tod geweſen. Sie hatte noch auf vaͤterliche
Nachbarſchaft gerechnet; aber der Doktor, der
ſich von beyden Leuten nichts verſprach als einen
Abend voll dichteriſchen Sachen, einen Teich
voll ſchwimmender Bluͤten ohne Karpfen, Ka-
rauſchen und Hechte, hatte ſich laͤngſt weggebettet
unten hinab; und vom Doktor ſich wieder weit
abgebettet, der Brunnenarzt Strykius in einer
geiſtigen Eheſcheidung von Tiſche. Theoda ſchwieg
lange neben dem geliebten Manne, aber wie
voll Wonne und Reichthum! Und alles um
ſie her uͤberfuͤllte ihre Bruſt! Ueber die Tafel
woͤlbten ſich Kaſtanienbaͤume — in die Zweige
hing ſich goldner Glanz, und die Lichter ſchluͤpf-
ten bis an den Gipfel hinauf, uͤber welchen die
feſten Sterne glaͤnzten — unten im Thale ging
ein großer Strom, den die Nacht noch breiter
machte und redete ernſt herauf ins luſtige Feſt
— in Morgen ſtanden helle Gebirge, auf denen
Sternbilder wie Goͤtter ruhten — und die Ton-

Zweyter Theil. 2
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[17/0023] und Theoda ſich neben den Hauptmann; Erd- ferne von ihm, waͤre ihr dieſen Abend Winter- tod geweſen. Sie hatte noch auf vaͤterliche Nachbarſchaft gerechnet; aber der Doktor, der ſich von beyden Leuten nichts verſprach als einen Abend voll dichteriſchen Sachen, einen Teich voll ſchwimmender Bluͤten ohne Karpfen, Ka- rauſchen und Hechte, hatte ſich laͤngſt weggebettet unten hinab; und vom Doktor ſich wieder weit abgebettet, der Brunnenarzt Strykius in einer geiſtigen Eheſcheidung von Tiſche. Theoda ſchwieg lange neben dem geliebten Manne, aber wie voll Wonne und Reichthum! Und alles um ſie her uͤberfuͤllte ihre Bruſt! Ueber die Tafel woͤlbten ſich Kaſtanienbaͤume — in die Zweige hing ſich goldner Glanz, und die Lichter ſchluͤpf- ten bis an den Gipfel hinauf, uͤber welchen die feſten Sterne glaͤnzten — unten im Thale ging ein großer Strom, den die Nacht noch breiter machte und redete ernſt herauf ins luſtige Feſt — in Morgen ſtanden helle Gebirge, auf denen Sternbilder wie Goͤtter ruhten — und die Ton- Zweyter Theil. 2

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/23>, abgerufen am 28.03.2024.