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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809.

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dierung für diese Hauptfigur. Auffallend' ists,
daß er nicht mit dem feurigen Gefühl, wie et-
wan ich, von ihm redet, sondern fast ohne
Theilnahme (er berichtet bloß Thatsachen) so daß
es scheint, er wolle nur meinem Geschmacke zu
Gefallen reden, und dabey unter der Hand für
jemand anders den Angelhaken auswerfen, als
für unsern Theudobach. Zwischen diesem Na-
men, und dem meinigen find' er etymologisch,
sagt' er, nur den Unterschied des Geschlechts,
worüber ich ordentlich zusammenfuhr, weil ich
nie darauf gefallen war. Aber, warum sagt er
mir solches angenehme Zeug, da er doch sieht,
daß er mich nur durch ein ganz fernes Herz in
Flamme setzt? Eilte Dein Mann nicht so fürch-
terlich; wahrlich, ich wollte vernünftig schreiben.
Ich sage Dir Donnerstags alles, wenn es auch
der Freitag widerlegt. In der Fremde ist man
gegen Fremde (ja gegen Einheimische) weniger
fremd als zu Hause; ich fragte geradezu Hr. v.
Nieß, wie der Dichter aussehe. "Wie stellen
Sie sich ihn denn vor?" fragt' er. "Wie die
edleren Geschöpfe dieses Schöpfers selber (versetzt'

dierung fuͤr dieſe Hauptfigur. Auffallend’ iſts,
daß er nicht mit dem feurigen Gefuͤhl, wie et-
wan ich, von ihm redet, ſondern faſt ohne
Theilnahme (er berichtet bloß Thatſachen) ſo daß
es ſcheint, er wolle nur meinem Geſchmacke zu
Gefallen reden, und dabey unter der Hand fuͤr
jemand anders den Angelhaken auswerfen, als
fuͤr unſern Theudobach. Zwiſchen dieſem Na-
men, und dem meinigen find’ er etymologiſch,
ſagt’ er, nur den Unterſchied des Geſchlechts,
woruͤber ich ordentlich zuſammenfuhr, weil ich
nie darauf gefallen war. Aber, warum ſagt er
mir ſolches angenehme Zeug, da er doch ſieht,
daß er mich nur durch ein ganz fernes Herz in
Flamme ſetzt? Eilte Dein Mann nicht ſo fuͤrch-
terlich; wahrlich, ich wollte vernuͤnftig ſchreiben.
Ich ſage Dir Donnerſtags alles, wenn es auch
der Freitag widerlegt. In der Fremde iſt man
gegen Fremde (ja gegen Einheimiſche) weniger
fremd als zu Hauſe; ich fragte geradezu Hr. v.
Nieß, wie der Dichter ausſehe. „Wie ſtellen
Sie ſich ihn denn vor?” fragt’ er. „Wie die
edleren Geſchoͤpfe dieſes Schoͤpfers ſelber (verſetzt’

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[73/0091] dierung fuͤr dieſe Hauptfigur. Auffallend’ iſts, daß er nicht mit dem feurigen Gefuͤhl, wie et- wan ich, von ihm redet, ſondern faſt ohne Theilnahme (er berichtet bloß Thatſachen) ſo daß es ſcheint, er wolle nur meinem Geſchmacke zu Gefallen reden, und dabey unter der Hand fuͤr jemand anders den Angelhaken auswerfen, als fuͤr unſern Theudobach. Zwiſchen dieſem Na- men, und dem meinigen find’ er etymologiſch, ſagt’ er, nur den Unterſchied des Geſchlechts, woruͤber ich ordentlich zuſammenfuhr, weil ich nie darauf gefallen war. Aber, warum ſagt er mir ſolches angenehme Zeug, da er doch ſieht, daß er mich nur durch ein ganz fernes Herz in Flamme ſetzt? Eilte Dein Mann nicht ſo fuͤrch- terlich; wahrlich, ich wollte vernuͤnftig ſchreiben. Ich ſage Dir Donnerſtags alles, wenn es auch der Freitag widerlegt. In der Fremde iſt man gegen Fremde (ja gegen Einheimiſche) weniger fremd als zu Hauſe; ich fragte geradezu Hr. v. Nieß, wie der Dichter ausſehe. „Wie ſtellen Sie ſich ihn denn vor?” fragt’ er. „Wie die edleren Geſchoͤpfe dieſes Schoͤpfers ſelber (verſetzt’

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/91>, abgerufen am 29.03.2024.