damit den Gerührtesten zum Lachen. Er nennt unser ewiges Sprechen über unsern Dichter ein holländisch-langes Glockenspiel. Freilich kennt ihn Hr. v. Nieß nicht oder will es nicht; so seltsam fragt er ihn an. Ich habe Dir ihn über- haupt noch nicht gemalt, so mag er mir denn sitzen auf dem Kutschenkissen. Recht klug wird man nicht aus ihm; er wirft nicht sich, aber das Geld weg (fast zu sehr) -- er schimmert und schneidet, wie der Demant in seinem Ringe; -- und ist doch weich dabey, und stets auf der Jagd nach warmen Augenblicken -- ein Held ist er auch nicht, ja nicht einmal eine Heldin, vor dem kleinsten Stachelchen fährt er in die Bienen- kappe -- wie ich Dir nachher meine eigne Perücke als Beweis und Bienenkappe vorzeigen will -- übrigens hat er alle nachgiebige Bescheidenheit des Weltmannes, der sich auf die Voraussetzung seines Werths verläßt -- und dabey fein, fein und sonst mehr. -- Dieß ist aber eben der Punkt; von sich spricht er fast kein Wort, un- aufhörlich von seinem Jugendfreunde, dem Dich- ter, gleichsam als wäre sein Leben nur die Grun-
damit den Geruͤhrteſten zum Lachen. Er nennt unſer ewiges Sprechen uͤber unſern Dichter ein hollaͤndiſch-langes Glockenſpiel. Freilich kennt ihn Hr. v. Nieß nicht oder will es nicht; ſo ſeltſam fragt er ihn an. Ich habe Dir ihn uͤber- haupt noch nicht gemalt, ſo mag er mir denn ſitzen auf dem Kutſchenkiſſen. Recht klug wird man nicht aus ihm; er wirft nicht ſich, aber das Geld weg (faſt zu ſehr) — er ſchimmert und ſchneidet, wie der Demant in ſeinem Ringe; — und iſt doch weich dabey, und ſtets auf der Jagd nach warmen Augenblicken — ein Held iſt er auch nicht, ja nicht einmal eine Heldin, vor dem kleinſten Stachelchen faͤhrt er in die Bienen- kappe — wie ich Dir nachher meine eigne Peruͤcke als Beweis und Bienenkappe vorzeigen will — uͤbrigens hat er alle nachgiebige Beſcheidenheit des Weltmannes, der ſich auf die Vorausſetzung ſeines Werths verlaͤßt — und dabey fein, fein und ſonſt mehr. — Dieß iſt aber eben der Punkt; von ſich ſpricht er faſt kein Wort, un- aufhoͤrlich von ſeinem Jugendfreunde, dem Dich- ter, gleichſam als waͤre ſein Leben nur die Grun-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0090"n="72"/>
damit den Geruͤhrteſten zum Lachen. Er nennt<lb/>
unſer ewiges Sprechen uͤber unſern Dichter ein<lb/>
hollaͤndiſch-langes Glockenſpiel. Freilich kennt<lb/>
ihn Hr. v. Nieß nicht oder will es nicht; ſo<lb/>ſeltſam fragt er ihn an. Ich habe Dir ihn uͤber-<lb/>
haupt noch nicht gemalt, ſo mag er mir denn<lb/>ſitzen auf dem Kutſchenkiſſen. Recht klug wird<lb/>
man nicht aus ihm; er wirft nicht ſich, aber<lb/>
das Geld weg (faſt zu ſehr) — er ſchimmert und<lb/>ſchneidet, wie der Demant in ſeinem Ringe; —<lb/>
und iſt doch weich dabey, und ſtets auf der<lb/>
Jagd nach warmen Augenblicken — ein Held iſt<lb/>
er auch nicht, ja nicht einmal eine Heldin, vor<lb/>
dem kleinſten Stachelchen faͤhrt er in die Bienen-<lb/>
kappe — wie ich Dir nachher meine eigne Peruͤcke<lb/>
als Beweis und Bienenkappe vorzeigen will —<lb/>
uͤbrigens hat er alle nachgiebige Beſcheidenheit<lb/>
des Weltmannes, der ſich auf die Vorausſetzung<lb/>ſeines Werths verlaͤßt — und dabey fein, fein<lb/>
und <hirendition="#g">ſonſt mehr</hi>. — Dieß iſt aber eben der<lb/>
Punkt; von ſich ſpricht er faſt kein Wort, un-<lb/>
aufhoͤrlich von ſeinem Jugendfreunde, dem Dich-<lb/>
ter, gleichſam als waͤre ſein Leben nur die Grun-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[72/0090]
damit den Geruͤhrteſten zum Lachen. Er nennt
unſer ewiges Sprechen uͤber unſern Dichter ein
hollaͤndiſch-langes Glockenſpiel. Freilich kennt
ihn Hr. v. Nieß nicht oder will es nicht; ſo
ſeltſam fragt er ihn an. Ich habe Dir ihn uͤber-
haupt noch nicht gemalt, ſo mag er mir denn
ſitzen auf dem Kutſchenkiſſen. Recht klug wird
man nicht aus ihm; er wirft nicht ſich, aber
das Geld weg (faſt zu ſehr) — er ſchimmert und
ſchneidet, wie der Demant in ſeinem Ringe; —
und iſt doch weich dabey, und ſtets auf der
Jagd nach warmen Augenblicken — ein Held iſt
er auch nicht, ja nicht einmal eine Heldin, vor
dem kleinſten Stachelchen faͤhrt er in die Bienen-
kappe — wie ich Dir nachher meine eigne Peruͤcke
als Beweis und Bienenkappe vorzeigen will —
uͤbrigens hat er alle nachgiebige Beſcheidenheit
des Weltmannes, der ſich auf die Vorausſetzung
ſeines Werths verlaͤßt — und dabey fein, fein
und ſonſt mehr. — Dieß iſt aber eben der
Punkt; von ſich ſpricht er faſt kein Wort, un-
aufhoͤrlich von ſeinem Jugendfreunde, dem Dich-
ter, gleichſam als waͤre ſein Leben nur die Grun-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/90>, abgerufen am 23.04.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.