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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809.

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Generalsuperintendenten vermißte; so daß ihm
öfters nichts zum vollständigsten feinsten Fat
fehlte als der Muth; aber er glich dem Prediger,
welcher auf der Kanzel mitten zwischen seinen
heiligsten Erhebungen über die Erde und deren
Gaben von Zeit zu Zeit -- schnupft. Dabey
hatte er durch langes Erziehen fast alle Sprachen
und Wissenschaften und die übrige Kultur in
den Kopf bekommen, die ihm wie einem armen
Postknechte Reichthümer und Prinzen zu nichts
halfen, als daß er sie weiter zu schaffen hatte.
Da er indeß kein Wort sagte, das nicht schon
einen Verleger und Verfasser gehabt hätte: so
hörte man seine Schüler lieber als ihren Lehrer.

Dieser Winkelschul-Direktor hatte nun einst
mit Theoda Teudobachs Stücke ins Englische,
und sich dabey (da sie nur eine Bürgerliche war)
in einen Liebhaber und in den Himmel über-
tragen. Eben deßhalb hatte ihm der Doktor,
der in Herzenssachen Scherz verstand und suchte,
einen Sitz neben den ersten Liebhaber Nieß
ausgeleert: "ich sehe, sagte er, nichts lieber

Generalſuperintendenten vermißte; ſo daß ihm
oͤfters nichts zum vollſtaͤndigſten feinſten Fat
fehlte als der Muth; aber er glich dem Prediger,
welcher auf der Kanzel mitten zwiſchen ſeinen
heiligſten Erhebungen uͤber die Erde und deren
Gaben von Zeit zu Zeit — ſchnupft. Dabey
hatte er durch langes Erziehen faſt alle Sprachen
und Wiſſenſchaften und die uͤbrige Kultur in
den Kopf bekommen, die ihm wie einem armen
Poſtknechte Reichthuͤmer und Prinzen zu nichts
halfen, als daß er ſie weiter zu ſchaffen hatte.
Da er indeß kein Wort ſagte, das nicht ſchon
einen Verleger und Verfaſſer gehabt haͤtte: ſo
hoͤrte man ſeine Schuͤler lieber als ihren Lehrer.

Dieſer Winkelſchul-Direktor hatte nun einſt
mit Theoda Teudobachs Stuͤcke ins Engliſche,
und ſich dabey (da ſie nur eine Buͤrgerliche war)
in einen Liebhaber und in den Himmel uͤber-
tragen. Eben deßhalb hatte ihm der Doktor,
der in Herzensſachen Scherz verſtand und ſuchte,
einen Sitz neben den erſten Liebhaber Nieß
ausgeleert: „ich ſehe, ſagte er, nichts lieber

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[57/0075] Generalſuperintendenten vermißte; ſo daß ihm oͤfters nichts zum vollſtaͤndigſten feinſten Fat fehlte als der Muth; aber er glich dem Prediger, welcher auf der Kanzel mitten zwiſchen ſeinen heiligſten Erhebungen uͤber die Erde und deren Gaben von Zeit zu Zeit — ſchnupft. Dabey hatte er durch langes Erziehen faſt alle Sprachen und Wiſſenſchaften und die uͤbrige Kultur in den Kopf bekommen, die ihm wie einem armen Poſtknechte Reichthuͤmer und Prinzen zu nichts halfen, als daß er ſie weiter zu ſchaffen hatte. Da er indeß kein Wort ſagte, das nicht ſchon einen Verleger und Verfaſſer gehabt haͤtte: ſo hoͤrte man ſeine Schuͤler lieber als ihren Lehrer. Dieſer Winkelſchul-Direktor hatte nun einſt mit Theoda Teudobachs Stuͤcke ins Engliſche, und ſich dabey (da ſie nur eine Buͤrgerliche war) in einen Liebhaber und in den Himmel uͤber- tragen. Eben deßhalb hatte ihm der Doktor, der in Herzensſachen Scherz verſtand und ſuchte, einen Sitz neben den erſten Liebhaber Nieß ausgeleert: „ich ſehe, ſagte er, nichts lieber

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/75>, abgerufen am 28.03.2024.