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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809.

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9. Summula.
Halbtagsfarth nach St. Wolfgang.

Theoda konnte unmöglich eine Viertelstunde
bey dem Edelmanne sitzen, ohne ihn über Inner-
und Aeußerlichkeiten seines Freundes Theudobach
von dem Zopfe an, bis zu den Sporen auszu-
fragen. Er schilderte mit wenigen Zügen, wie
einfach er lebe und nur für die Kunst, und wie
er, ungeachtet seiner Lustspiele, ein gutmüthiges
liebendes Kind sey, das eben so oft geliebt als be-
trogen werde; und im Aeußern habe er so viel
Aehnlichkeit mit ihm selber, daß er darum sich
oft Theudobachs Körper nenne. Himmel! mit
welchem Feuer schauete die Begeisterte ihm ins
Gesicht, um ihren Autor ein Paar Tage früher
zu sehen! "Ich habe doch in meinem Leben nicht
zwey gleichähnliche Menschen gesehen," sagte The-
oda, der einmal in einem glänzenden Traume
Theudobach ganz anders erschienen war, als sein
vorgebliches Nachbild. Auf diese Weise bekam

9. Summula.
Halbtagsfarth nach St. Wolfgang.

Theoda konnte unmoͤglich eine Viertelſtunde
bey dem Edelmanne ſitzen, ohne ihn uͤber Inner-
und Aeußerlichkeiten ſeines Freundes Theudobach
von dem Zopfe an, bis zu den Sporen auszu-
fragen. Er ſchilderte mit wenigen Zuͤgen, wie
einfach er lebe und nur fuͤr die Kunſt, und wie
er, ungeachtet ſeiner Luſtſpiele, ein gutmuͤthiges
liebendes Kind ſey, das eben ſo oft geliebt als be-
trogen werde; und im Aeußern habe er ſo viel
Aehnlichkeit mit ihm ſelber, daß er darum ſich
oft Theudobachs Koͤrper nenne. Himmel! mit
welchem Feuer ſchauete die Begeiſterte ihm ins
Geſicht, um ihren Autor ein Paar Tage fruͤher
zu ſehen! „Ich habe doch in meinem Leben nicht
zwey gleichaͤhnliche Menſchen geſehen,” ſagte The-
oda, der einmal in einem glaͤnzenden Traume
Theudobach ganz anders erſchienen war, als ſein
vorgebliches Nachbild. Auf dieſe Weiſe bekam

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[36/0054] 9. Summula. Halbtagsfarth nach St. Wolfgang. Theoda konnte unmoͤglich eine Viertelſtunde bey dem Edelmanne ſitzen, ohne ihn uͤber Inner- und Aeußerlichkeiten ſeines Freundes Theudobach von dem Zopfe an, bis zu den Sporen auszu- fragen. Er ſchilderte mit wenigen Zuͤgen, wie einfach er lebe und nur fuͤr die Kunſt, und wie er, ungeachtet ſeiner Luſtſpiele, ein gutmuͤthiges liebendes Kind ſey, das eben ſo oft geliebt als be- trogen werde; und im Aeußern habe er ſo viel Aehnlichkeit mit ihm ſelber, daß er darum ſich oft Theudobachs Koͤrper nenne. Himmel! mit welchem Feuer ſchauete die Begeiſterte ihm ins Geſicht, um ihren Autor ein Paar Tage fruͤher zu ſehen! „Ich habe doch in meinem Leben nicht zwey gleichaͤhnliche Menſchen geſehen,” ſagte The- oda, der einmal in einem glaͤnzenden Traume Theudobach ganz anders erſchienen war, als ſein vorgebliches Nachbild. Auf dieſe Weiſe bekam

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/54>, abgerufen am 28.03.2024.