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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809.

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mit einer Flöte wollt' ich ihn herausblasen aus
dem dunklen Reich. Am Morgen da ich diese in
die Hand genommen, kam schon seine verlobte
Ernestine angerollt, welche deßhalb die ganze
Nacht gefahren war. Es stand noch nichts wei-
ter vom Morgen am Himmel -- nicht drey Au-
roras-Sonnenblnmen -- als der kühle weiße
Morgenstern. Aber der Fest-Schläfer, den
ich ins Leben blasen wollte, war gar noch nicht
daraus gekommen, sondern hatte die Nachmitter-
nacht, und den Vormorgen im Freien verwacht.
Wir hatten aus der Ernestinischen Ueberraschung
eine noch schönere für ihn bilden wollen, und
glaubten uns durch eine schlimmere um jede an-
dere gebracht.

Ich sucht' ihn im Park, und fand ihn end-
lich doch im -- Schlafe; er hatte sich auf der
anmuthigsten Moosbank gesetzt, wahrscheinlich
um der Nachtigall und der Kaskade hinter sei-
nem Nücken zuzuhören, und den Strom und
den Morgen vor sich zu sehen, aber der Abend-
krieg und die Morgenkühle und Sonnennähe
hatten wieder die Sinnenthore langsam zugezo-

mit einer Floͤte wollt’ ich ihn herausblaſen aus
dem dunklen Reich. Am Morgen da ich dieſe in
die Hand genommen, kam ſchon ſeine verlobte
Erneſtine angerollt, welche deßhalb die ganze
Nacht gefahren war. Es ſtand noch nichts wei-
ter vom Morgen am Himmel — nicht drey Au-
roras-Sonnenblnmen — als der kuͤhle weiße
Morgenſtern. Aber der Feſt-Schlaͤfer, den
ich ins Leben blaſen wollte, war gar noch nicht
daraus gekommen, ſondern hatte die Nachmitter-
nacht, und den Vormorgen im Freien verwacht.
Wir hatten aus der Erneſtiniſchen Ueberraſchung
eine noch ſchoͤnere fuͤr ihn bilden wollen, und
glaubten uns durch eine ſchlimmere um jede an-
dere gebracht.

Ich ſucht’ ihn im Park, und fand ihn end-
lich doch im — Schlafe; er hatte ſich auf der
anmuthigſten Moosbank geſetzt, wahrſcheinlich
um der Nachtigall und der Kaskade hinter ſei-
nem Nuͤcken zuzuhoͤren, und den Strom und
den Morgen vor ſich zu ſehen, aber der Abend-
krieg und die Morgenkuͤhle und Sonnennaͤhe
hatten wieder die Sinnenthore langſam zugezo-

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[253/0271] mit einer Floͤte wollt’ ich ihn herausblaſen aus dem dunklen Reich. Am Morgen da ich dieſe in die Hand genommen, kam ſchon ſeine verlobte Erneſtine angerollt, welche deßhalb die ganze Nacht gefahren war. Es ſtand noch nichts wei- ter vom Morgen am Himmel — nicht drey Au- roras-Sonnenblnmen — als der kuͤhle weiße Morgenſtern. Aber der Feſt-Schlaͤfer, den ich ins Leben blaſen wollte, war gar noch nicht daraus gekommen, ſondern hatte die Nachmitter- nacht, und den Vormorgen im Freien verwacht. Wir hatten aus der Erneſtiniſchen Ueberraſchung eine noch ſchoͤnere fuͤr ihn bilden wollen, und glaubten uns durch eine ſchlimmere um jede an- dere gebracht. Ich ſucht’ ihn im Park, und fand ihn end- lich doch im — Schlafe; er hatte ſich auf der anmuthigſten Moosbank geſetzt, wahrſcheinlich um der Nachtigall und der Kaskade hinter ſei- nem Nuͤcken zuzuhoͤren, und den Strom und den Morgen vor ſich zu ſehen, aber der Abend- krieg und die Morgenkuͤhle und Sonnennaͤhe hatten wieder die Sinnenthore langſam zugezo-

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/271>, abgerufen am 28.03.2024.