Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

men der fünf Sinne baue und halte -- und
wir dächten wie die sinesischen Tataren, die ihre
Todten mit goldpapierenen Häusern und Geräth-
schaften, im Vertrauen deren Verwirklichung
droben, aussteuern, und besonders sey die See-
lenwanderung außerhalb der Erde durch die Lei-
ber auf andern Sternen ganz unstatthaft, schon
nach Seite 106 im Kampanerthal.

Ernst warf mir den ganzen rein-blauen
Sternenhimmel vor uns ein, dessen Welten ja
ein solcher jüngste Tag unseres Todes alle so ein-
schmelze, daß aus dessen ganzer versperrter Un-
endlichkeit uns bloß das einzige Erd-Sternchen
wäre offen geblieben. Ich duplizierte: dieß folge
zwar nicht -- da wir nicht alle Wege der Er-
kenntnis neben unsern fünfen kennen, und da
wir Blindgeborne die Sonne durch den Tod
der Gefühlsnerven verlieren und doch durch das
Erwecken der Sehnerven wieder bekommen kön-
nen -- aber gesetzt, so sey es, so wären wir
dann nur eben so von den Welten wie jetzt von
den zahllosen Jahrtausenden vor uns geschie-
den. -- Hingen die Sterne näher und als

men der fuͤnf Sinne baue und halte — und
wir daͤchten wie die ſineſiſchen Tataren, die ihre
Todten mit goldpapierenen Haͤuſern und Geraͤth-
ſchaften, im Vertrauen deren Verwirklichung
droben, ausſteuern, und beſonders ſey die See-
lenwanderung außerhalb der Erde durch die Lei-
ber auf andern Sternen ganz unſtatthaft, ſchon
nach Seite 106 im Kampanerthal.

Ernſt warf mir den ganzen rein-blauen
Sternenhimmel vor uns ein, deſſen Welten ja
ein ſolcher juͤngſte Tag unſeres Todes alle ſo ein-
ſchmelze, daß aus deſſen ganzer verſperrter Un-
endlichkeit uns bloß das einzige Erd-Sternchen
waͤre offen geblieben. Ich duplizierte: dieß folge
zwar nicht — da wir nicht alle Wege der Er-
kenntnis neben unſern fünfen kennen, und da
wir Blindgeborne die Sonne durch den Tod
der Gefuͤhlsnerven verlieren und doch durch das
Erwecken der Sehnerven wieder bekommen kön-
nen — aber geſetzt, ſo ſey es, ſo waͤren wir
dann nur eben ſo von den Welten wie jetzt von
den zahlloſen Jahrtauſenden vor uns geſchie-
den. — Hingen die Sterne naͤher und als

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0257" n="239"/>
men der fu&#x0364;nf Sinne baue und halte &#x2014; und<lb/>
wir da&#x0364;chten wie die &#x017F;ine&#x017F;i&#x017F;chen Tataren, die ihre<lb/>
Todten mit goldpapierenen Ha&#x0364;u&#x017F;ern und Gera&#x0364;th-<lb/>
&#x017F;chaften, im Vertrauen deren Verwirklichung<lb/>
droben, aus&#x017F;teuern, und be&#x017F;onders &#x017F;ey die See-<lb/>
lenwanderung außerhalb der Erde durch die Lei-<lb/>
ber auf andern Sternen ganz un&#x017F;tatthaft, &#x017F;chon<lb/>
nach Seite 106 im Kampanerthal.</p><lb/>
        <p>Ern&#x017F;t warf mir den ganzen rein-blauen<lb/>
Sternenhimmel vor uns ein, de&#x017F;&#x017F;en Welten ja<lb/>
ein &#x017F;olcher ju&#x0364;ng&#x017F;te Tag un&#x017F;eres Todes alle &#x017F;o ein-<lb/>
&#x017F;chmelze, daß aus de&#x017F;&#x017F;en ganzer ver&#x017F;perrter Un-<lb/>
endlichkeit uns bloß das einzige Erd-Sternchen<lb/>
wa&#x0364;re offen geblieben. Ich duplizierte: dieß folge<lb/>
zwar nicht &#x2014; da wir nicht alle Wege der Er-<lb/>
kenntnis neben un&#x017F;ern fünfen kennen, und da<lb/>
wir Blindgeborne die Sonne durch den Tod<lb/>
der Gefu&#x0364;hlsnerven verlieren und doch durch das<lb/>
Erwecken der Sehnerven wieder bekommen kön-<lb/>
nen &#x2014; aber ge&#x017F;etzt, &#x017F;o &#x017F;ey es, &#x017F;o wa&#x0364;ren wir<lb/>
dann nur eben &#x017F;o von den Welten wie jetzt von<lb/>
den zahllo&#x017F;en Jahrtau&#x017F;enden vor uns ge&#x017F;chie-<lb/>
den. &#x2014; Hingen die Sterne na&#x0364;her und als<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[239/0257] men der fuͤnf Sinne baue und halte — und wir daͤchten wie die ſineſiſchen Tataren, die ihre Todten mit goldpapierenen Haͤuſern und Geraͤth- ſchaften, im Vertrauen deren Verwirklichung droben, ausſteuern, und beſonders ſey die See- lenwanderung außerhalb der Erde durch die Lei- ber auf andern Sternen ganz unſtatthaft, ſchon nach Seite 106 im Kampanerthal. Ernſt warf mir den ganzen rein-blauen Sternenhimmel vor uns ein, deſſen Welten ja ein ſolcher juͤngſte Tag unſeres Todes alle ſo ein- ſchmelze, daß aus deſſen ganzer verſperrter Un- endlichkeit uns bloß das einzige Erd-Sternchen waͤre offen geblieben. Ich duplizierte: dieß folge zwar nicht — da wir nicht alle Wege der Er- kenntnis neben unſern fünfen kennen, und da wir Blindgeborne die Sonne durch den Tod der Gefuͤhlsnerven verlieren und doch durch das Erwecken der Sehnerven wieder bekommen kön- nen — aber geſetzt, ſo ſey es, ſo waͤren wir dann nur eben ſo von den Welten wie jetzt von den zahlloſen Jahrtauſenden vor uns geſchie- den. — Hingen die Sterne naͤher und als

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/257
Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/257>, abgerufen am 28.03.2024.