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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809.

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die Reichsgesetze dem Könige täglich eine Schüs-
sel-Zenturie vor; und in Frankreich ließen sie
für ihn nach dem Tode -- denn der König stirbt
da nie, nach der Fikzion -- gerade so viele Tage
lang kochen, als Christus hungerte, nämlich 40 *),
ja die Bienen weisen auf etwas Aehnliches;
ihre Dogaressa oder Fürstin wird durch zwey
Umstände groß und thronfähig, durch eine grö-
ßere Zelle -- ein Bienen-Louvre und Esku-
rial -- und durch fettern Fraß aus zerdrückten
Bienenjungen bereitet. Im letzten hält sich der
König von Makoko ganz wörtlich an die Natur;
er läßt sich täglich (nach Dapper) 200 gesottene
und gekochte Landskinder serviren. Wie hart!
Wäre es nicht genug und etwas Aehnliches,
wenn er entweder wie ein durchpassirender auf-
schmausender Pascha Zahngeld für das Abnu-
tzen
seiner Hundszähne eintriebe, oder für die
Vakanz derselben außerordentliche Steuern ein-
foderte? --

*) Erst 40 Tage nach dem Tode wurde ein gallischer Kö-
nig begraben; und so lange speißt er auf der Serviette.
Ein Prälat oder Kardinal verrichtet das Tischgebet
nut ihm.

die Reichsgeſetze dem Koͤnige taͤglich eine Schuͤſ-
ſel-Zenturie vor; und in Frankreich ließen ſie
fuͤr ihn nach dem Tode — denn der Koͤnig ſtirbt
da nie, nach der Fikzion — gerade ſo viele Tage
lang kochen, als Chriſtus hungerte, naͤmlich 40 *),
ja die Bienen weiſen auf etwas Aehnliches;
ihre Dogareſſa oder Fürſtin wird durch zwey
Umſtaͤnde groß und thronfaͤhig, durch eine groͤ-
ßere Zelle — ein Bienen-Louvre und Esku-
rial — und durch fettern Fraß aus zerdruͤckten
Bienenjungen bereitet. Im letzten haͤlt ſich der
Koͤnig von Makoko ganz woͤrtlich an die Natur;
er laͤßt ſich taͤglich (nach Dapper) 200 geſottene
und gekochte Landskinder ſerviren. Wie hart!
Waͤre es nicht genug und etwas Aehnliches,
wenn er entweder wie ein durchpaſſirender auf-
ſchmauſender Paſcha Zahngeld fuͤr das Abnu-
tzen
ſeiner Hundszaͤhne eintriebe, oder fuͤr die
Vakanz derſelben außerordentliche Steuern ein-
foderte? —

*) Erſt 40 Tage nach dem Tode wurde ein galliſcher Kö-
nig begraben; und ſo lange ſpeißt er auf der Serviette.
Ein Prälat oder Kardinal verrichtet das Tiſchgebet
nut ihm.
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[204/0222] die Reichsgeſetze dem Koͤnige taͤglich eine Schuͤſ- ſel-Zenturie vor; und in Frankreich ließen ſie fuͤr ihn nach dem Tode — denn der Koͤnig ſtirbt da nie, nach der Fikzion — gerade ſo viele Tage lang kochen, als Chriſtus hungerte, naͤmlich 40 *), ja die Bienen weiſen auf etwas Aehnliches; ihre Dogareſſa oder Fürſtin wird durch zwey Umſtaͤnde groß und thronfaͤhig, durch eine groͤ- ßere Zelle — ein Bienen-Louvre und Esku- rial — und durch fettern Fraß aus zerdruͤckten Bienenjungen bereitet. Im letzten haͤlt ſich der Koͤnig von Makoko ganz woͤrtlich an die Natur; er laͤßt ſich taͤglich (nach Dapper) 200 geſottene und gekochte Landskinder ſerviren. Wie hart! Waͤre es nicht genug und etwas Aehnliches, wenn er entweder wie ein durchpaſſirender auf- ſchmauſender Paſcha Zahngeld fuͤr das Abnu- tzen ſeiner Hundszaͤhne eintriebe, oder fuͤr die Vakanz derſelben außerordentliche Steuern ein- foderte? — *) Erſt 40 Tage nach dem Tode wurde ein galliſcher Kö- nig begraben; und ſo lange ſpeißt er auf der Serviette. Ein Prälat oder Kardinal verrichtet das Tiſchgebet nut ihm.

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/222>, abgerufen am 19.04.2024.