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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809.

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deß die meisten andern die Meßruthe selber als
eine blühende Aarons Ruthe entlehnen, die ih-
nen bey Pristerwahlen rathen helfen soll. Ich
kann mir Mathematiker gedenken, die gar nicht
gehöret haben, daß ich in der Welt bin, und
die also nie diese Zeile zu Gesicht bekommen.
"Es sind folglich, schloß der Hauptmann, nur
zwey Fälle denkbar, entweder irgend ein litera-
rischer Ehrenräuber gibt sich für mich aus, und
dann will ich ihm öffentlich die Meßruthe geben --
oder es treibt wirklich noch ein Wasserast und
Nebensprößling meines Stammbaums, was mir
aber unglaublich -- in jedem Falle sind fünf Mei-
len Umweg so viel als keiner für einen solchen
Prüfungs-Zweck."

Sein Erstaunen, aber auch sein Zürnen --
denn das Zornfeuer der Ehre hatte bisher ganz
allein in ihm neben dem wissenschaftlichen Feuer
und Lichte gebrannt -- erstieg einen hohen Grad,
da er in Maulbronn von seinem entzückten Wir-
the hörte: ein Hr. v. Nieß habe schon heute nach
einem Brief, den er von Hr. v. Theudobach er-
halten, dessen Ankunft angesagt; und alles werde

deß die meiſten andern die Meßruthe ſelber als
eine bluͤhende Aarons Ruthe entlehnen, die ih-
nen bey Priſterwahlen rathen helfen ſoll. Ich
kann mir Mathematiker gedenken, die gar nicht
gehöret haben, daß ich in der Welt bin, und
die alſo nie dieſe Zeile zu Geſicht bekommen.
„Es ſind folglich, ſchloß der Hauptmann, nur
zwey Faͤlle denkbar, entweder irgend ein litera-
riſcher Ehrenraͤuber gibt ſich fuͤr mich aus, und
dann will ich ihm öffentlich die Meßruthe geben —
oder es treibt wirklich noch ein Waſſeraſt und
Nebenſprößling meines Stammbaums, was mir
aber unglaublich — in jedem Falle ſind fuͤnf Mei-
len Umweg ſo viel als keiner fuͤr einen ſolchen
Pruͤfungs-Zweck.”

Sein Erſtaunen, aber auch ſein Zuͤrnen —
denn das Zornfeuer der Ehre hatte bisher ganz
allein in ihm neben dem wiſſenſchaftlichen Feuer
und Lichte gebrannt — erſtieg einen hohen Grad,
da er in Maulbronn von ſeinem entzuͤckten Wir-
the hoͤrte: ein Hr. v. Nieß habe ſchon heute nach
einem Brief, den er von Hr. v. Theudobach er-
halten, deſſen Ankunft angeſagt; und alles werde

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[159/0177] deß die meiſten andern die Meßruthe ſelber als eine bluͤhende Aarons Ruthe entlehnen, die ih- nen bey Priſterwahlen rathen helfen ſoll. Ich kann mir Mathematiker gedenken, die gar nicht gehöret haben, daß ich in der Welt bin, und die alſo nie dieſe Zeile zu Geſicht bekommen. „Es ſind folglich, ſchloß der Hauptmann, nur zwey Faͤlle denkbar, entweder irgend ein litera- riſcher Ehrenraͤuber gibt ſich fuͤr mich aus, und dann will ich ihm öffentlich die Meßruthe geben — oder es treibt wirklich noch ein Waſſeraſt und Nebenſprößling meines Stammbaums, was mir aber unglaublich — in jedem Falle ſind fuͤnf Mei- len Umweg ſo viel als keiner fuͤr einen ſolchen Pruͤfungs-Zweck.” Sein Erſtaunen, aber auch ſein Zuͤrnen — denn das Zornfeuer der Ehre hatte bisher ganz allein in ihm neben dem wiſſenſchaftlichen Feuer und Lichte gebrannt — erſtieg einen hohen Grad, da er in Maulbronn von ſeinem entzuͤckten Wir- the hoͤrte: ein Hr. v. Nieß habe ſchon heute nach einem Brief, den er von Hr. v. Theudobach er- halten, deſſen Ankunft angeſagt; und alles werde

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/177>, abgerufen am 29.03.2024.