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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809.

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Provisor mit dem Schnabelstocke, den er als ein
Kammrad in dessen Zopf eingreifen lassen, rück-
wärts auf den Boden wie in einen Sarg nieder-
gelegt, und ihm im Umwerfen die Misgeburt
aus der Hand gezogen.

Wie ein Krebs trat er den Rückzug an, um
mit den Gemshornstock vorwärts in die Apotheke
hinein zu fechten. Der Landsturm darin orga-
nisierte sich bald. Wüthig warf sich der Provi-
sor herum, und empor und feuerte (er konnte
nicht wählen) mit Kräutersäckchen, Kirschkern-
steinen, die erst zu extrahiren waren, mit alten
Ostereyern voll angemahlter Vergißmeinicht dem
Doktor auf die Backenknochen. -- Der Apothe-
ker hatte erstaunt das Goldstück fallen lassen und
sucht' es unten mit Grimm. -- Das Subjekt
stocherte mit dem Stößel bloß auf dem Mörser-
rand und drehte sich selber fast den Kopf ab, um
mehr zu sehen. --

Unten schrie der gebückte Apotheker: "greift
den Hasen, greift den Hund!" "Nur auf ein
ruhiges Wort, meine Herren! rief Katzenber-
ger ausparierend. Das Bilsenkraut erhitzt uns

Proviſor mit dem Schnabelſtocke, den er als ein
Kammrad in deſſen Zopf eingreifen laſſen, ruͤck-
waͤrts auf den Boden wie in einen Sarg nieder-
gelegt, und ihm im Umwerfen die Misgeburt
aus der Hand gezogen.

Wie ein Krebs trat er den Ruͤckzug an, um
mit den Gemshornſtock vorwaͤrts in die Apotheke
hinein zu fechten. Der Landſturm darin orga-
niſierte ſich bald. Wuͤthig warf ſich der Provi-
ſor herum, und empor und feuerte (er konnte
nicht wählen) mit Kraͤuterſaͤckchen, Kirſchkern-
ſteinen, die erſt zu extrahiren waren, mit alten
Oſtereyern voll angemahlter Vergißmeinicht dem
Doktor auf die Backenknochen. — Der Apothe-
ker hatte erſtaunt das Goldſtuͤck fallen laſſen und
ſucht’ es unten mit Grimm. — Das Subjekt
ſtocherte mit dem Stoͤßel bloß auf dem Moͤrſer-
rand und drehte ſich ſelber faſt den Kopf ab, um
mehr zu ſehen. —

Unten ſchrie der gebuͤckte Apotheker: „greift
den Haſen, greift den Hund!“ „Nur auf ein
ruhiges Wort, meine Herren! rief Katzenber-
ger ausparierend. Das Bilſenkraut erhitzt uns

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[94/0112] Proviſor mit dem Schnabelſtocke, den er als ein Kammrad in deſſen Zopf eingreifen laſſen, ruͤck- waͤrts auf den Boden wie in einen Sarg nieder- gelegt, und ihm im Umwerfen die Misgeburt aus der Hand gezogen. Wie ein Krebs trat er den Ruͤckzug an, um mit den Gemshornſtock vorwaͤrts in die Apotheke hinein zu fechten. Der Landſturm darin orga- niſierte ſich bald. Wuͤthig warf ſich der Provi- ſor herum, und empor und feuerte (er konnte nicht wählen) mit Kraͤuterſaͤckchen, Kirſchkern- ſteinen, die erſt zu extrahiren waren, mit alten Oſtereyern voll angemahlter Vergißmeinicht dem Doktor auf die Backenknochen. — Der Apothe- ker hatte erſtaunt das Goldſtuͤck fallen laſſen und ſucht’ es unten mit Grimm. — Das Subjekt ſtocherte mit dem Stoͤßel bloß auf dem Moͤrſer- rand und drehte ſich ſelber faſt den Kopf ab, um mehr zu ſehen. — Unten ſchrie der gebuͤckte Apotheker: „greift den Haſen, greift den Hund!“ „Nur auf ein ruhiges Wort, meine Herren! rief Katzenber- ger ausparierend. Das Bilſenkraut erhitzt uns

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/112>, abgerufen am 29.03.2024.