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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.

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rechtfertigte, worin der Schein immer mehr abnahm
als glaubte sie es an eine fremde Dame gerichtet.

Er sagte ihr frei heraus, was er wäre -- ein
Narr. Er referirte den ganzen Handel in Kussewiz.
Er schloß damit, es sey ein Glück für ihn, daß die
Fürstin das tolle Einschiebsel der Uhr gar nicht auf¬
gestöbert habe. ... Da er nun dieses eintönig
vorsang ohne eine einzige Schmeichelei, aus der et¬
wan eine neue Auflage des Einschiebsels zu machen
gewesen wäre: so war er so glücklich, bei seinem
Abschiede die belehrte Joachime in einem Zustand zu
hinterlassen, der sich nach solchen magnetischen Des¬
organisazionen bei gebildeten Weibern in einer schö¬
nen stolzen Exaltazion und bei unbegebildeten in
den Versuchen äussert; an den Mann die bildende
letzte Hand gerade so zu legen wie sie die griechi¬
schen Künstler an ihre Modelle legten -- -- -- näm¬
lich mit den Nägeln der letzten Hand. -- Viktor
zog mit zweierlei sehr verschiedenen Prospekten ab,
mit denen der Zukunft und mit den Maienthali¬
schen. --

Sie behielt das Blättgen. Aber nicht die Furcht,
sondern das herbe Gefühl, daß seine bisherigen
Thorheiten sich blos in einem fremden Herzen mit
einer fehlgeschlagnen Hoffnung enden, floß mit eini¬
gen bittern Tropfen in die süße verjüngende Empfin¬
dung, daß er auf seine Kosten Recht gehandelt ha¬

rechtfertigte, worin der Schein immer mehr abnahm
als glaubte ſie es an eine fremde Dame gerichtet.

Er ſagte ihr frei heraus, was er waͤre — ein
Narr. Er referirte den ganzen Handel in Kuſſewiz.
Er ſchloß damit, es ſey ein Gluͤck fuͤr ihn, daß die
Fuͤrſtin das tolle Einſchiebſel der Uhr gar nicht auf¬
geſtoͤbert habe. ... Da er nun dieſes eintoͤnig
vorſang ohne eine einzige Schmeichelei, aus der et¬
wan eine neue Auflage des Einſchiebſels zu machen
geweſen waͤre: ſo war er ſo gluͤcklich, bei ſeinem
Abſchiede die belehrte Joachime in einem Zuſtand zu
hinterlaſſen, der ſich nach ſolchen magnetiſchen Des¬
organiſazionen bei gebildeten Weibern in einer ſchoͤ¬
nen ſtolzen Exaltazion und bei unbegebildeten in
den Verſuchen aͤuſſert; an den Mann die bildende
letzte Hand gerade ſo zu legen wie ſie die griechi¬
ſchen Kuͤnſtler an ihre Modelle legten — — — naͤm¬
lich mit den Naͤgeln der letzten Hand. — Viktor
zog mit zweierlei ſehr verſchiedenen Proſpekten ab,
mit denen der Zukunft und mit den Maienthali¬
ſchen. —

Sie behielt das Blaͤttgen. Aber nicht die Furcht,
ſondern das herbe Gefuͤhl, daß ſeine bisherigen
Thorheiten ſich blos in einem fremden Herzen mit
einer fehlgeſchlagnen Hoffnung enden, floß mit eini¬
gen bittern Tropfen in die ſuͤße verjuͤngende Empfin¬
dung, daß er auf ſeine Koſten Recht gehandelt ha¬

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[25/0035] rechtfertigte, worin der Schein immer mehr abnahm als glaubte ſie es an eine fremde Dame gerichtet. Er ſagte ihr frei heraus, was er waͤre — ein Narr. Er referirte den ganzen Handel in Kuſſewiz. Er ſchloß damit, es ſey ein Gluͤck fuͤr ihn, daß die Fuͤrſtin das tolle Einſchiebſel der Uhr gar nicht auf¬ geſtoͤbert habe. ... Da er nun dieſes eintoͤnig vorſang ohne eine einzige Schmeichelei, aus der et¬ wan eine neue Auflage des Einſchiebſels zu machen geweſen waͤre: ſo war er ſo gluͤcklich, bei ſeinem Abſchiede die belehrte Joachime in einem Zuſtand zu hinterlaſſen, der ſich nach ſolchen magnetiſchen Des¬ organiſazionen bei gebildeten Weibern in einer ſchoͤ¬ nen ſtolzen Exaltazion und bei unbegebildeten in den Verſuchen aͤuſſert; an den Mann die bildende letzte Hand gerade ſo zu legen wie ſie die griechi¬ ſchen Kuͤnſtler an ihre Modelle legten — — — naͤm¬ lich mit den Naͤgeln der letzten Hand. — Viktor zog mit zweierlei ſehr verſchiedenen Proſpekten ab, mit denen der Zukunft und mit den Maienthali¬ ſchen. — Sie behielt das Blaͤttgen. Aber nicht die Furcht, ſondern das herbe Gefuͤhl, daß ſeine bisherigen Thorheiten ſich blos in einem fremden Herzen mit einer fehlgeſchlagnen Hoffnung enden, floß mit eini¬ gen bittern Tropfen in die ſuͤße verjuͤngende Empfin¬ dung, daß er auf ſeine Koſten Recht gehandelt ha¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/35>, abgerufen am 28.03.2024.