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Parthey, Gustav: Ein verfehlter und ein gelungener Besuch bei Goethe. 1819 und 1827. Handschrift für Freunde. [Berlin], [1862].

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diese Vorsicht unnöthig, denn wir wurden bis
Weimar nicht mehr visitirt. Jn kleinen Tage-
reisen rückten wir weiter fort, blieben die
nächste Nacht in Naumburg und fuhren am
27. September über Jena, wo wir Mittag mach-
ten, nach Weimar. Der Anblick der Stadt
ist von dieser Seite her ein recht malerischer;
zwar haben die Berge hier, wie überhaupt in
Thüringen, keine bedeutenden Formen, aber
die Stadt schaut freundlich aus dem reichen
Grün hervor, das überall zwischen den Bau-
lichkeiten sich herausdrängt.

Ob er wohl, fragte ich, in einem von
den Häusern weilen mag, die hier vor uns
liegen?

Das glaube ich kaum, entgegnete Paul,
denn unser Freund Carove, der ihn ja besucht
hat, beschrieb es mir als ein ganz gewöhnli-
ches Wohnhaus, ohne Weitsicht, an einer
sanft ansteigenden Strasse gelegen, und auf der
Rückseite mit einem schönen Garten versehen,

"Wo Leben sich zum Leben freundlich regt."

Carove sprach mir, erwiederte ich, von
diesem Besuche nur in allgemeinen Ausdrücken

diese Vorsicht unnöthig, denn wir wurden bis
Weimar nicht mehr visitirt. Jn kleinen Tage-
reisen rückten wir weiter fort, blieben die
nächste Nacht in Naumburg und fuhren am
27. September über Jena, wo wir Mittag mach-
ten, nach Weimar. Der Anblick der Stadt
ist von dieser Seite her ein recht malerischer;
zwar haben die Berge hier, wie überhaupt in
Thüringen, keine bedeutenden Formen, aber
die Stadt schaut freundlich aus dem reichen
Grün hervor, das überall zwischen den Bau-
lichkeiten sich herausdrängt.

Ob er wohl, fragte ich, in einem von
den Häusern weilen mag, die hier vor uns
liegen?

Das glaube ich kaum, entgegnete Paul,
denn unser Freund Carové, der ihn ja besucht
hat, beschrieb es mir als ein ganz gewöhnli-
ches Wohnhaus, ohne Weitsicht, an einer
sanft ansteigenden Strasse gelegen, und auf der
Rückseite mit einem schönen Garten versehen,

„Wo Leben sich zum Leben freundlich regt.“

Carové sprach mir, erwiederte ich, von
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[14/0019] diese Vorsicht unnöthig, denn wir wurden bis Weimar nicht mehr visitirt. Jn kleinen Tage- reisen rückten wir weiter fort, blieben die nächste Nacht in Naumburg und fuhren am 27. September über Jena, wo wir Mittag mach- ten, nach Weimar. Der Anblick der Stadt ist von dieser Seite her ein recht malerischer; zwar haben die Berge hier, wie überhaupt in Thüringen, keine bedeutenden Formen, aber die Stadt schaut freundlich aus dem reichen Grün hervor, das überall zwischen den Bau- lichkeiten sich herausdrängt. Ob er wohl, fragte ich, in einem von den Häusern weilen mag, die hier vor uns liegen? Das glaube ich kaum, entgegnete Paul, denn unser Freund Carové, der ihn ja besucht hat, beschrieb es mir als ein ganz gewöhnli- ches Wohnhaus, ohne Weitsicht, an einer sanft ansteigenden Strasse gelegen, und auf der Rückseite mit einem schönen Garten versehen, „Wo Leben sich zum Leben freundlich regt.“ Carové sprach mir, erwiederte ich, von diesem Besuche nur in allgemeinen Ausdrücken

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Ein verfehlter und ein gelungener Besuch bei Goethe. 1819 und 1827. Handschrift für Freunde. [Berlin], [1862], S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_goethe_1819/19>, abgerufen am 29.03.2024.