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Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716.

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Beschreibung des Fichtelbergs.

Jm vorigen Seculo, ungefehr A. 16. etlich und 70. trugeDie Ge-
schicht von
der Grotta
Sibyllä.

es sichs zu/ daß ein Schottischer von Adel des Geschlechts der
Buttler auf seiner Reise durch Jtalien unter andern auch die Ge-
gend umb Pozzolo, Baya und Cuma, wegen der vielen dort her-
um befindlichen Antiqvitäten und natürlichen Wundern perlustriret/
und darüber mit einer Ordens-Person in einem unfern davon ge-
legenen Closter in vertrauliche Kunschafft gekommen. Als jetzt-
gedachte Ordens-Person/ die in Philosophia abstrusiori, Magia und
mehr andern gemeinen Wissenschafften excellirte/ des Buttlers
Curiosite in genauer Erforschung der Wunder GOttes in der Na-
tur vermerckte/ erbothe sie sich von selbsten/ ihm auf Belieben ei-
nige in der Grotte der Sibyllen Cumanae, (welche nach etlicher
Meynung noch am Leben seyn/ und sich hierum aufhalten/ auch un-
terschiedenen Personen erschienen/ und ihnen Rath gegeben haben
solle/ vid. Leand. Albert. in Beschreibung Jtaliens) befindliche/
aber gleichsam versiegelte Geheimnüße zu zeigen und schauen zu
lassen/ und als hierüber sie sich vergliechen/ nahm mehrgedachte Or-
dens-Person noch 3. andere aus dem Closter zu sich/ und nachdem
sie etwas Vorrath an Victualien mit sich genommen/ verfügten sie
sich zu dieser Grotta, woselbsten sie mit Untergang der Sonnen an-
gelangt/ bevor aber sie in solche hinein giengen/ erinnerte sie ihr
Führer/ daß Niemand nichts reden/ nichts anrühren/ oder mit sich
nehmen/ beysammen bleiben/ und keiner etwan aus Entsetzen dessen/
was er sehen oder hören werde/ zurücke weichen solle: als diesem
also zu geleben und zu folgen sie angelobet/ gabe der Führer jedem
eine brennende Kertzen in die Hand/ verrichtete nachmahls etliche
Ceremonien/ und gienge hierauff stracks in die Höhle hinein/ und sie
ihm nach/ befanden darinnen eine unglaubliche Höhe und Weite/
und kamen nach einer ziemlich langen Reise endlich an einen Ort/
da es wie ein Thür-Gestelle formiret war. Hier gabe ihr Führer
durch deuten ihnen zu verstehen/ daß sie sich etwas auffhalten und
warten solten/ wie geschehen; Er aber nach verrichteten Ceremo-
ni
en und gar tieffer Reverence trat mit seinem noch immer brennen-
den Licht in das Zimmer hinein/ und auf gegebenes Zeichen sie ihm
hinnach. Da sie nun also durch die Thür hinein und in das Zim-

mer
Beſchreibung des Fichtelbergs.

Jm vorigen Seculo, ungefehr A. 16. etlich und 70. trugeDie Ge-
ſchicht von
der Grotta
Sibyllaͤ.

es ſichs zu/ daß ein Schottiſcher von Adel des Geſchlechts der
Buttler auf ſeiner Reiſe durch Jtalien unter andern auch die Ge-
gend umb Pozzolo, Baya und Cuma, wegen der vielen dort her-
um befindlichen Antiqvitaͤten und natuͤrlichen Wundern perluſtriret/
und daruͤber mit einer Ordens-Perſon in einem unfern davon ge-
legenen Cloſter in vertrauliche Kunſchafft gekommen. Als jetzt-
gedachte Ordens-Perſon/ die in Philoſophia abſtruſiori, Magia und
mehr andern gemeinen Wiſſenſchafften excellirte/ des Buttlers
Curioſité in genauer Erforſchung der Wunder GOttes in der Na-
tur vermerckte/ erbothe ſie ſich von ſelbſten/ ihm auf Belieben ei-
nige in der Grotte der Sibyllen Cumanæ, (welche nach etlicher
Meynung noch am Leben ſeyn/ und ſich hierum aufhalten/ auch un-
terſchiedenen Perſonen erſchienen/ und ihnen Rath gegeben haben
ſolle/ vid. Leand. Albert. in Beſchreibung Jtaliens) befindliche/
aber gleichſam verſiegelte Geheimnuͤße zu zeigen und ſchauen zu
laſſen/ und als hieruͤber ſie ſich vergliechen/ nahm mehrgedachte Or-
dens-Perſon noch 3. andere aus dem Cloſter zu ſich/ und nachdem
ſie etwas Vorrath an Victualien mit ſich genommen/ verfuͤgten ſie
ſich zu dieſer Grotta, woſelbſten ſie mit Untergang der Sonnen an-
gelangt/ bevor aber ſie in ſolche hinein giengen/ erinnerte ſie ihr
Fuͤhrer/ daß Niemand nichts reden/ nichts anruͤhren/ oder mit ſich
nehmen/ beyſammen bleiben/ und keiner etwan aus Entſetzen deſſen/
was er ſehen oder hoͤren werde/ zuruͤcke weichen ſolle: als dieſem
alſo zu geleben und zu folgen ſie angelobet/ gabe der Fuͤhrer jedem
eine brennende Kertzen in die Hand/ verrichtete nachmahls etliche
Ceremonien/ und gienge hierauff ſtracks in die Hoͤhle hinein/ und ſie
ihm nach/ befanden darinnen eine unglaubliche Hoͤhe und Weite/
und kamen nach einer ziemlich langen Reiſe endlich an einen Ort/
da es wie ein Thuͤr-Geſtelle formiret war. Hier gabe ihr Fuͤhrer
durch deuten ihnen zu verſtehen/ daß ſie ſich etwas auffhalten und
warten ſolten/ wie geſchehen; Er aber nach verrichteten Ceremo-
ni
en und gar tieffer Reverence trat mit ſeinem noch immer brennen-
den Licht in das Zimmer hinein/ und auf gegebenes Zeichen ſie ihm
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mer
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[71/0092] Beſchreibung des Fichtelbergs. Jm vorigen Seculo, ungefehr A. 16. etlich und 70. truge es ſichs zu/ daß ein Schottiſcher von Adel des Geſchlechts der Buttler auf ſeiner Reiſe durch Jtalien unter andern auch die Ge- gend umb Pozzolo, Baya und Cuma, wegen der vielen dort her- um befindlichen Antiqvitaͤten und natuͤrlichen Wundern perluſtriret/ und daruͤber mit einer Ordens-Perſon in einem unfern davon ge- legenen Cloſter in vertrauliche Kunſchafft gekommen. Als jetzt- gedachte Ordens-Perſon/ die in Philoſophia abſtruſiori, Magia und mehr andern gemeinen Wiſſenſchafften excellirte/ des Buttlers Curioſité in genauer Erforſchung der Wunder GOttes in der Na- tur vermerckte/ erbothe ſie ſich von ſelbſten/ ihm auf Belieben ei- nige in der Grotte der Sibyllen Cumanæ, (welche nach etlicher Meynung noch am Leben ſeyn/ und ſich hierum aufhalten/ auch un- terſchiedenen Perſonen erſchienen/ und ihnen Rath gegeben haben ſolle/ vid. Leand. Albert. in Beſchreibung Jtaliens) befindliche/ aber gleichſam verſiegelte Geheimnuͤße zu zeigen und ſchauen zu laſſen/ und als hieruͤber ſie ſich vergliechen/ nahm mehrgedachte Or- dens-Perſon noch 3. andere aus dem Cloſter zu ſich/ und nachdem ſie etwas Vorrath an Victualien mit ſich genommen/ verfuͤgten ſie ſich zu dieſer Grotta, woſelbſten ſie mit Untergang der Sonnen an- gelangt/ bevor aber ſie in ſolche hinein giengen/ erinnerte ſie ihr Fuͤhrer/ daß Niemand nichts reden/ nichts anruͤhren/ oder mit ſich nehmen/ beyſammen bleiben/ und keiner etwan aus Entſetzen deſſen/ was er ſehen oder hoͤren werde/ zuruͤcke weichen ſolle: als dieſem alſo zu geleben und zu folgen ſie angelobet/ gabe der Fuͤhrer jedem eine brennende Kertzen in die Hand/ verrichtete nachmahls etliche Ceremonien/ und gienge hierauff ſtracks in die Hoͤhle hinein/ und ſie ihm nach/ befanden darinnen eine unglaubliche Hoͤhe und Weite/ und kamen nach einer ziemlich langen Reiſe endlich an einen Ort/ da es wie ein Thuͤr-Geſtelle formiret war. Hier gabe ihr Fuͤhrer durch deuten ihnen zu verſtehen/ daß ſie ſich etwas auffhalten und warten ſolten/ wie geſchehen; Er aber nach verrichteten Ceremo- nien und gar tieffer Reverence trat mit ſeinem noch immer brennen- den Licht in das Zimmer hinein/ und auf gegebenes Zeichen ſie ihm hinnach. Da ſie nun alſo durch die Thuͤr hinein und in das Zim- mer Die Ge- ſchicht von der Grotta Sibyllaͤ.

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Zitationshilfe: Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pachelbel_fichtelberg_1716/92>, abgerufen am 24.04.2024.