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Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716.

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Beschreibung des Fichtelbergs.
weit über 50. teutsche Meilen das Auge kan herum wandern lassen.
Die fürnehmsten Glieder des Fichtelbergs nun seynd die Los- oderLos- oder
Luchsburg.

Luchsburg/ eine gute halbe Stunde lincker Hand oberhalb Wun-
sidel/ einer nach Herrn Bruschii Beschreibung unüberwindlichen
schrecklichen Höhe/ worauff noch heutiges Tages alte Burgstellen
eines Raub-Schloßes etwan der Edelleute von Losburg/ welches
vor alten Zeiten die Herrn von Eger zerstöret und zerworffen ha-
ben. Woher der Nahme Losburg komme/ stimmen die Autores
nicht überein; Brusch zwar will bemeldter maßen/ daß die Wild-
nüß und darin sich befindliche Raubschlößer den Nahmen von dem
Geschlecht der Edelleute sollen bekommen haben/ allein Herr D.
Pertsch in seinen Originibus Bonsideliensibus p. m. 38. zweifelt gar
sehr/ ob iemahl ein dergleichen Adelich Geschlecht dieses Nahmens
gewesen: Er will hingegen/ daß dieser Nahme vielmehr herrühre
von dem gegebenen Zeichen und Loos/ welches diese Räuber andern
ihres gleichen/ (wann sie Beute vermercket/ und darauf gesamter
Hand ausfallen wollen) gegeben: dann daß der Ort von denen darauf
verübten losen Händeln solle also seyn benamset worden/ will er
nicht glauben. Die aber den Nahmen von dem grimmigen Thier
dem Luchsen herführen wollen/ hält er vor blinde oder doch sol-
che Leute/ die weniger Scharffsichtigkeit/ denn die Luchsen/ hätten/
und mithin der Jägerey gantz unerfahren wären/ indem nehmlich
dergleichen Thiere dieser Gegend nicht anzutreffen. Deme sey
nun wie ihm wolle/ so ist doch gewiß/ daß vor etlichen Jah-
ren in dem fast durch gantz Europa ungemein sich kalt erzeigten
Winter die Bauern zu Sichersreuth/ einem Dorff/ so eben nicht
weit von der Losburg ablieget/ in dem Schnee durch ihr DorffLuchsen gibt
es auf der
Losburg.

Fußtapffen eines ihnen unbekanten Thiers gespüret/ und
als solche der auf den Forst achthabende Unter-Knecht wahrge-
nommen/ hat er sie vor Luchsspuren erkannt: Wie es dann/ wo
mir recht ist/ in dem gleich darauf folgenden Frühling die Er-
fahrung gegeben/ daß man sich dißfalls nicht betrogen; dann da
die Schaaf-Heerde zu Ober-Redwiz/ einem Ritter-Guth/ so der-
mahlen der Hoch-Wohlgebohrne Herr Christoph Casimir vonHr. Chri/
stoph Casi-
mir von

Waldenfelß besessen/ in das unweit davon gelegene Holtz Buzenreuth

getrie-
G 3

Beſchreibung des Fichtelbergs.
weit uͤber 50. teutſche Meilen das Auge kan herum wandern laſſen.
Die fuͤrnehmſten Glieder des Fichtelbergs nun ſeynd die Los- oderLos- oder
Luchsburg.

Luchsburg/ eine gute halbe Stunde lincker Hand oberhalb Wun-
ſidel/ einer nach Herrn Bruſchii Beſchreibung unuͤberwindlichen
ſchrecklichen Hoͤhe/ worauff noch heutiges Tages alte Burgſtellen
eines Raub-Schloßes etwan der Edelleute von Losburg/ welches
vor alten Zeiten die Herrn von Eger zerſtoͤret und zerworffen ha-
ben. Woher der Nahme Losburg komme/ ſtimmen die Autores
nicht uͤberein; Bruſch zwar will bemeldter maßen/ daß die Wild-
nuͤß und darin ſich befindliche Raubſchloͤßer den Nahmen von dem
Geſchlecht der Edelleute ſollen bekommen haben/ allein Herr D.
Pertſch in ſeinen Originibus Bonſidelienſibus p. m. 38. zweifelt gar
ſehr/ ob iemahl ein dergleichen Adelich Geſchlecht dieſes Nahmens
geweſen: Er will hingegen/ daß dieſer Nahme vielmehr herruͤhre
von dem gegebenen Zeichen und Loos/ welches dieſe Raͤuber andern
ihres gleichen/ (wann ſie Beute vermercket/ und darauf geſamter
Hand ausfallen wollen) gegeben: dann daß der Ort von denen darauf
veruͤbten loſen Haͤndeln ſolle alſo ſeyn benamſet worden/ will er
nicht glauben. Die aber den Nahmen von dem grimmigen Thier
dem Luchſen herfuͤhren wollen/ haͤlt er vor blinde oder doch ſol-
che Leute/ die weniger Scharffſichtigkeit/ denn die Luchſen/ haͤtten/
und mithin der Jaͤgerey gantz unerfahren waͤren/ indem nehmlich
dergleichen Thiere dieſer Gegend nicht anzutreffen. Deme ſey
nun wie ihm wolle/ ſo iſt doch gewiß/ daß vor etlichen Jah-
ren in dem faſt durch gantz Europa ungemein ſich kalt erzeigten
Winter die Bauern zu Sichersreuth/ einem Dorff/ ſo eben nicht
weit von der Losburg ablieget/ in dem Schnee durch ihr DorffLuchſen gibt
es auf der
Losburg.

Fußtapffen eines ihnen unbekanten Thiers geſpuͤret/ und
als ſolche der auf den Forſt achthabende Unter-Knecht wahrge-
nommen/ hat er ſie vor Luchsſpuren erkannt: Wie es dann/ wo
mir recht iſt/ in dem gleich darauf folgenden Fruͤhling die Er-
fahrung gegeben/ daß man ſich dißfalls nicht betrogen; dann da
die Schaaf-Heerde zu Ober-Redwiz/ einem Ritter-Guth/ ſo der-
mahlen der Hoch-Wohlgebohrne Herr Chriſtoph Caſimir vonHr. Chri/
ſtoph Caſi-
mir von

Waldenfelß beſeſſen/ in das unweit davon gelegene Holtz Buzenreuth

getrie-
G 3
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[53/0066] Beſchreibung des Fichtelbergs. weit uͤber 50. teutſche Meilen das Auge kan herum wandern laſſen. Die fuͤrnehmſten Glieder des Fichtelbergs nun ſeynd die Los- oder Luchsburg/ eine gute halbe Stunde lincker Hand oberhalb Wun- ſidel/ einer nach Herrn Bruſchii Beſchreibung unuͤberwindlichen ſchrecklichen Hoͤhe/ worauff noch heutiges Tages alte Burgſtellen eines Raub-Schloßes etwan der Edelleute von Losburg/ welches vor alten Zeiten die Herrn von Eger zerſtoͤret und zerworffen ha- ben. Woher der Nahme Losburg komme/ ſtimmen die Autores nicht uͤberein; Bruſch zwar will bemeldter maßen/ daß die Wild- nuͤß und darin ſich befindliche Raubſchloͤßer den Nahmen von dem Geſchlecht der Edelleute ſollen bekommen haben/ allein Herr D. Pertſch in ſeinen Originibus Bonſidelienſibus p. m. 38. zweifelt gar ſehr/ ob iemahl ein dergleichen Adelich Geſchlecht dieſes Nahmens geweſen: Er will hingegen/ daß dieſer Nahme vielmehr herruͤhre von dem gegebenen Zeichen und Loos/ welches dieſe Raͤuber andern ihres gleichen/ (wann ſie Beute vermercket/ und darauf geſamter Hand ausfallen wollen) gegeben: dann daß der Ort von denen darauf veruͤbten loſen Haͤndeln ſolle alſo ſeyn benamſet worden/ will er nicht glauben. Die aber den Nahmen von dem grimmigen Thier dem Luchſen herfuͤhren wollen/ haͤlt er vor blinde oder doch ſol- che Leute/ die weniger Scharffſichtigkeit/ denn die Luchſen/ haͤtten/ und mithin der Jaͤgerey gantz unerfahren waͤren/ indem nehmlich dergleichen Thiere dieſer Gegend nicht anzutreffen. Deme ſey nun wie ihm wolle/ ſo iſt doch gewiß/ daß vor etlichen Jah- ren in dem faſt durch gantz Europa ungemein ſich kalt erzeigten Winter die Bauern zu Sichersreuth/ einem Dorff/ ſo eben nicht weit von der Losburg ablieget/ in dem Schnee durch ihr Dorff Fußtapffen eines ihnen unbekanten Thiers geſpuͤret/ und als ſolche der auf den Forſt achthabende Unter-Knecht wahrge- nommen/ hat er ſie vor Luchsſpuren erkannt: Wie es dann/ wo mir recht iſt/ in dem gleich darauf folgenden Fruͤhling die Er- fahrung gegeben/ daß man ſich dißfalls nicht betrogen; dann da die Schaaf-Heerde zu Ober-Redwiz/ einem Ritter-Guth/ ſo der- mahlen der Hoch-Wohlgebohrne Herr Chriſtoph Caſimir von Waldenfelß beſeſſen/ in das unweit davon gelegene Holtz Buzenreuth getrie- Los- oder Luchsburg. Luchſen gibt es auf der Losburg. Hr. Chri/ ſtoph Caſi- mir von G 3

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Zitationshilfe: Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pachelbel_fichtelberg_1716/66>, abgerufen am 25.04.2024.