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Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716.

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Beschreibung des Fichtelbergs.
sten Erschaffung der sichtbaren Welt zum Vorrath auf das gan-
tze Welt-Alter geschaffen worden. Aus diesem nun zu kommen/
und zu beweisen/ daß auch Mercurius, Gold/ und Silber inauch voll
Mercuriali-
scher Gold-
und Silbe-
rischer Thei-
le; solches
wird durch
eine wun-
derbahre Be-
gebenheit
bekräfftiget.

der Fichtelbergischen Lufft anzutreffen/ soll uns nachfolgende
zwar sehr wunderbahre/ aber in aller Warheit auf seine Art gantz
gewisse und unfehlbare Begebenheit richtige Unterweisung geben.
Wir haben oben bereits erwehnet/ daß Ziegeuner/ Welsche/ und
allerley frembde Leute sich auf den Fichtelberg begeben/ theils sel-
bigen aus Neugierigkeit nur zu besehen/ theils dessen Schätze zu
erkundigen/ und solche zu ihrem Besten anzuwenden/ theils aber/
weil sie sonsten der Weg dahin träget. Solchemnach geschahe
es/ daß ich vor 14. Jahren selben in Gesellschafft einiger Nürm-
berger und Schlesier das erstemahl bestiege/ und durchkroche.
Wir traffen unter Wegs allerley Leute an/ welche wir so wenig/
als sie uns auch kenneten/ gleichwohl aber konte ich muthmaßen/
daß deren etliche auf unserm Gebiethe nicht zu Hauße gehöreten.
Einsmahl aber erstiege ich mit ziemlicher Mühe das oberste Haupt
dieses Gebürgs/ zu der Zeit/ da die Sonne mit dem Mond in
dem Zeichen des Widders gienge/ und der Erdboden bereits sich
aufschlosse/ und seine Dämpffe von sich zu geben begunte. Als
ich nun daselbst angelanget/ traffe ich unferne von mir eine gantz
unbekante Person an/ die zusehends vor meinen Augen/ und zwar
so nahe/ daß ich sie hätte ergreiffen mögen/ in gewißer Maaße
verschwandt. Es kam mich Forcht und Schrecken an/ weil ich
sie gäntzlich vor einen Geist hielte/ in einem Augenblick aber wa-
re sie wieder da/ und versprach mir/ wann ich würde reinen Mund
halten/ solte mir kein Leid wiederfahren/ als ich nun solches zu
thun angelobte/ wurde sie etwas verträulicher/ und fragte mich/
ob ich die Fichtelbergische Lufft kennete? Jch sagte/ sie wäre frey-
lich/ wie eine andere Lufft. Der Frembdling replicirte/ ob ich dann
sowohl diese/ als die andern Lüffte probirt hätte/ was sie in sich
hielten? ich antwortete/ diese Rede verstünde ich nicht/ was da-
mit gemeynet wäre. Ey! versetzte er/ ihr arme Leute/ wann
ihr nicht verstehet/ was bey euch ist/ wie wollet ihr dann auslän-
dische Sachen erkennen? Aber fuhre er fort/ damit ihr sehet/

daß
R 3

Beſchreibung des Fichtelbergs.
ſten Erſchaffung der ſichtbaren Welt zum Vorrath auf das gan-
tze Welt-Alter geſchaffen worden. Aus dieſem nun zu kommen/
und zu beweiſen/ daß auch Mercurius, Gold/ und Silber inauch voll
Mercuriali-
ſcher Gold-
und Silbe-
riſcher Thei-
le; ſolches
wird durch
eine wun-
deꝛbahꝛe Be-
gebenheit
bekraͤfftiget.

der Fichtelbergiſchen Lufft anzutreffen/ ſoll uns nachfolgende
zwar ſehr wunderbahre/ aber in aller Warheit auf ſeine Art gantz
gewiſſe und unfehlbare Begebenheit richtige Unterweiſung geben.
Wir haben oben bereits erwehnet/ daß Ziegeuner/ Welſche/ und
allerley frembde Leute ſich auf den Fichtelberg begeben/ theils ſel-
bigen aus Neugierigkeit nur zu beſehen/ theils deſſen Schaͤtze zu
erkundigen/ und ſolche zu ihrem Beſten anzuwenden/ theils aber/
weil ſie ſonſten der Weg dahin traͤget. Solchemnach geſchahe
es/ daß ich vor 14. Jahren ſelben in Geſellſchafft einiger Nuͤrm-
berger und Schleſier das erſtemahl beſtiege/ und durchkroche.
Wir traffen unter Wegs allerley Leute an/ welche wir ſo wenig/
als ſie uns auch kenneten/ gleichwohl aber konte ich muthmaßen/
daß deren etliche auf unſerm Gebiethe nicht zu Hauße gehoͤreten.
Einsmahl aber erſtiege ich mit ziemlicher Muͤhe das oberſte Haupt
dieſes Gebuͤrgs/ zu der Zeit/ da die Sonne mit dem Mond in
dem Zeichen des Widders gienge/ und der Erdboden bereits ſich
aufſchloſſe/ und ſeine Daͤmpffe von ſich zu geben begunte. Als
ich nun daſelbſt angelanget/ traffe ich unferne von mir eine gantz
unbekante Perſon an/ die zuſehends vor meinen Augen/ und zwar
ſo nahe/ daß ich ſie haͤtte ergreiffen moͤgen/ in gewißer Maaße
verſchwandt. Es kam mich Forcht und Schrecken an/ weil ich
ſie gaͤntzlich vor einen Geiſt hielte/ in einem Augenblick aber wa-
re ſie wieder da/ und verſprach mir/ wann ich wuͤrde reinen Mund
halten/ ſolte mir kein Leid wiederfahren/ als ich nun ſolches zu
thun angelobte/ wurde ſie etwas vertraͤulicher/ und fragte mich/
ob ich die Fichtelbergiſche Lufft kennete? Jch ſagte/ ſie waͤre frey-
lich/ wie eine andere Lufft. Der Frembdling replicirte/ ob ich dann
ſowohl dieſe/ als die andern Luͤffte probirt haͤtte/ was ſie in ſich
hielten? ich antwortete/ dieſe Rede verſtuͤnde ich nicht/ was da-
mit gemeynet waͤre. Ey! verſetzte er/ ihr arme Leute/ wann
ihr nicht verſtehet/ was bey euch iſt/ wie wollet ihr dann auslaͤn-
diſche Sachen erkennen? Aber fuhre er fort/ damit ihr ſehet/

daß
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[133/0168] Beſchreibung des Fichtelbergs. ſten Erſchaffung der ſichtbaren Welt zum Vorrath auf das gan- tze Welt-Alter geſchaffen worden. Aus dieſem nun zu kommen/ und zu beweiſen/ daß auch Mercurius, Gold/ und Silber in der Fichtelbergiſchen Lufft anzutreffen/ ſoll uns nachfolgende zwar ſehr wunderbahre/ aber in aller Warheit auf ſeine Art gantz gewiſſe und unfehlbare Begebenheit richtige Unterweiſung geben. Wir haben oben bereits erwehnet/ daß Ziegeuner/ Welſche/ und allerley frembde Leute ſich auf den Fichtelberg begeben/ theils ſel- bigen aus Neugierigkeit nur zu beſehen/ theils deſſen Schaͤtze zu erkundigen/ und ſolche zu ihrem Beſten anzuwenden/ theils aber/ weil ſie ſonſten der Weg dahin traͤget. Solchemnach geſchahe es/ daß ich vor 14. Jahren ſelben in Geſellſchafft einiger Nuͤrm- berger und Schleſier das erſtemahl beſtiege/ und durchkroche. Wir traffen unter Wegs allerley Leute an/ welche wir ſo wenig/ als ſie uns auch kenneten/ gleichwohl aber konte ich muthmaßen/ daß deren etliche auf unſerm Gebiethe nicht zu Hauße gehoͤreten. Einsmahl aber erſtiege ich mit ziemlicher Muͤhe das oberſte Haupt dieſes Gebuͤrgs/ zu der Zeit/ da die Sonne mit dem Mond in dem Zeichen des Widders gienge/ und der Erdboden bereits ſich aufſchloſſe/ und ſeine Daͤmpffe von ſich zu geben begunte. Als ich nun daſelbſt angelanget/ traffe ich unferne von mir eine gantz unbekante Perſon an/ die zuſehends vor meinen Augen/ und zwar ſo nahe/ daß ich ſie haͤtte ergreiffen moͤgen/ in gewißer Maaße verſchwandt. Es kam mich Forcht und Schrecken an/ weil ich ſie gaͤntzlich vor einen Geiſt hielte/ in einem Augenblick aber wa- re ſie wieder da/ und verſprach mir/ wann ich wuͤrde reinen Mund halten/ ſolte mir kein Leid wiederfahren/ als ich nun ſolches zu thun angelobte/ wurde ſie etwas vertraͤulicher/ und fragte mich/ ob ich die Fichtelbergiſche Lufft kennete? Jch ſagte/ ſie waͤre frey- lich/ wie eine andere Lufft. Der Frembdling replicirte/ ob ich dann ſowohl dieſe/ als die andern Luͤffte probirt haͤtte/ was ſie in ſich hielten? ich antwortete/ dieſe Rede verſtuͤnde ich nicht/ was da- mit gemeynet waͤre. Ey! verſetzte er/ ihr arme Leute/ wann ihr nicht verſtehet/ was bey euch iſt/ wie wollet ihr dann auslaͤn- diſche Sachen erkennen? Aber fuhre er fort/ damit ihr ſehet/ daß auch voll Mercuriali- ſcher Gold- und Silbe- riſcher Thei- le; ſolches wird durch eine wun- deꝛbahꝛe Be- gebenheit bekraͤfftiget. R 3

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Zitationshilfe: Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pachelbel_fichtelberg_1716/168>, abgerufen am 24.04.2024.