Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716.

Bild:
<< vorherige Seite

Beschreibung des Fichtelbergs.
dencket/) so möchte es in so weit einiger maßen seine Richtigkeit ha-
ben/ daß Wunsidel drey kleine Meilen davon entfernet sey: Vom
Schneeberg aber/ dem See/ und übrigen Gehäng des Gebürgs/
von der Cößein biß zum Rollenstein ist diese Stadt theils nicht ü-
ber eine/ theils nicht über 1. und eine halbe Meilen zum höchsten ent-
fernet. Vor ungefehr 400. Jahren war (so viel man aus alten Do-
Wunsidel
eine wilde
Wüsteney/
stande
nichts als
das Schloß/
eine
Schmiedte-
stadt und
Schencke.
cumenten Nachricht haben kan) Wunsidel mit seiner gantzen Gegend
nichts als eine wilde Wüsteney/ und ist damahls/ nach Hn. Zeidlers
Relation, nicht mehr/ dann das Schloß und eine Schmiedstadt zu dem
Haus unter dem Schloß am Bach/ und dann eine Schenckstatt in
dem Haus am Ecke der Raths-(jetzt Fleisch-) Gaß/ so man zu dem
Koppeten-Thor ausreisen will/ gestanden. Als aber die Zinn-
Seiffen der Enden gefunden und gearbeitet worden/ ist die Stadt
von Tage zu Tage also in Aufferung kommen. Es ist auch al-
Wie nach
die Stadt in
Aufferung
kommen?
Raub-Nest.
les Zimmerholtz/ davon die Stadt erbauet/ am St. Catharinen-
Berg/ auch an dem Ort/ wo jetzt die Stadt stehet/ gestanden.
Daß aber der Orten ein Raub-Nest gewesen/ ist aus dem glaub-
würdig zu vermuthen/ daß in dem rotunden Thurn an dem
Schloß viele todte Menschen-Beine gefunden worden. Das Schloß
Wann und
wie es an
die Herrn
Burggraf-
fen kommen?
zu Wunsidel (ehe das Städtlein zu bauen angefangen ward)
stunde also bemeldter massen nach Bruschii Bericht denen Edelleuten
von Bogspurg/ oder wie etliche wollen/ von Vogtsburg/ oder
aber/ wie Herr D. Pertsch schreibet/ von Boxburg zu/ weil aber
dieß nicht gute Haußhalter waren/ oder das Gut sonsten hingien-
ge/ wie es war hergangen/ (weil es nehmlich ein Raub-Schloß
gewesen/) musten sie dieß Schloß als ihren einigen Sitz Armuth
halber verkauffen. Es kauffte es aber umb 70. alte Böhmische
Schock Herr Burggraff Friedrich zu Nürmberg von Eberhar-
ten/ Heinrichen und Ludwigen/ Gebrüdern von Bogspurg im
Jahr 1321. wiewohl etliche wegen des Preißes sehr differiren/ wo-
von Herr D. Pertsch in seiner Beschreibung von Wunsidel zu
lesen: Worauf bemeldte Edelleute hernach so arm worden/ daß
sie sich haben ihrer Reuterey/ und wie man sagt/ aus dem Stegreiff
nähren müssen. Daher ist die Gegend umb Wunsidel in der
Böckler Art
genennet worden/ vor welchem Nahmen ehedessen

die

Beſchreibung des Fichtelbergs.
dencket/) ſo moͤchte es in ſo weit einiger maßen ſeine Richtigkeit ha-
ben/ daß Wunſidel drey kleine Meilen davon entfernet ſey: Vom
Schneeberg aber/ dem See/ und uͤbrigen Gehaͤng des Gebuͤrgs/
von der Coͤßein biß zum Rollenſtein iſt dieſe Stadt theils nicht uͤ-
ber eine/ theils nicht uͤber 1. und eine halbe Meilen zum hoͤchſten ent-
fernet. Vor ungefehr 400. Jahren war (ſo viel man aus alten Do-
Wunſidel
eine wilde
Wuͤſteney/
ſtande
nichts als
das Schloß/
eine
Schmiedte-
ſtadt und
Schencke.
cumenten Nachricht haben kan) Wunſidel mit ſeiner gantzen Gegend
nichts als eine wilde Wuͤſteney/ und iſt damahls/ nach Hn. Zeidlers
Relation, nicht mehr/ dann das Schloß und eine Schmiedſtadt zu dem
Haus unter dem Schloß am Bach/ und dann eine Schenckſtatt in
dem Haus am Ecke der Raths-(jetzt Fleiſch-) Gaß/ ſo man zu dem
Koppeten-Thor ausreiſen will/ geſtanden. Als aber die Zinn-
Seiffen der Enden gefunden und gearbeitet worden/ iſt die Stadt
von Tage zu Tage alſo in Aufferung kommen. Es iſt auch al-
Wie nach
die Stadt in
Aufferung
kommen?
Raub-Neſt.
les Zimmerholtz/ davon die Stadt erbauet/ am St. Catharinen-
Berg/ auch an dem Ort/ wo jetzt die Stadt ſtehet/ geſtanden.
Daß aber der Orten ein Raub-Neſt geweſen/ iſt aus dem glaub-
wuͤrdig zu vermuthen/ daß in dem rotunden Thurn an dem
Schloß viele todte Menſchen-Beine gefunden worden. Das Schloß
Wann und
wie es an
die Herrn
Burggraf-
fen kommen?
zu Wunſidel (ehe das Staͤdtlein zu bauen angefangen ward)
ſtunde alſo bemeldter maſſen nach Bruſchii Bericht denen Edelleuten
von Bogſpurg/ oder wie etliche wollen/ von Vogtsburg/ oder
aber/ wie Herr D. Pertſch ſchreibet/ von Boxburg zu/ weil aber
dieß nicht gute Haußhalter waren/ oder das Gut ſonſten hingien-
ge/ wie es war hergangen/ (weil es nehmlich ein Raub-Schloß
geweſen/) muſten ſie dieß Schloß als ihren einigen Sitz Armuth
halber verkauffen. Es kauffte es aber umb 70. alte Boͤhmiſche
Schock Herr Burggraff Friedrich zu Nuͤrmberg von Eberhar-
ten/ Heinrichen und Ludwigen/ Gebruͤdern von Bogſpurg im
Jahr 1321. wiewohl etliche wegen des Preißes ſehr differiren/ wo-
von Herr D. Pertſch in ſeiner Beſchreibung von Wunſidel zu
leſen: Worauf bemeldte Edelleute hernach ſo arm worden/ daß
ſie ſich haben ihrer Reuterey/ und wie man ſagt/ aus dem Stegreiff
naͤhren muͤſſen. Daher iſt die Gegend umb Wunſidel in der
Boͤckler Art
genennet worden/ vor welchem Nahmen ehedeſſen

die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0119" n="84"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Be&#x017F;chreibung des Fichtelbergs.</hi></fw><lb/>
dencket/) &#x017F;o mo&#x0364;chte es in &#x017F;o weit einiger maßen &#x017F;eine Richtigkeit ha-<lb/>
ben/ daß Wun&#x017F;idel drey kleine Meilen davon entfernet &#x017F;ey: Vom<lb/>
Schneeberg aber/ dem See/ und u&#x0364;brigen Geha&#x0364;ng des Gebu&#x0364;rgs/<lb/>
von der Co&#x0364;ßein biß zum Rollen&#x017F;tein i&#x017F;t die&#x017F;e Stadt theils nicht u&#x0364;-<lb/>
ber eine/ theils nicht u&#x0364;ber 1. und eine halbe Meilen zum ho&#x0364;ch&#x017F;ten ent-<lb/>
fernet. Vor ungefehr 400. Jahren war (&#x017F;o viel man aus alten <hi rendition="#aq">Do-</hi><lb/><note place="left">Wun&#x017F;idel<lb/>
eine wilde<lb/>
Wu&#x0364;&#x017F;teney/<lb/>
&#x017F;tande<lb/>
nichts als<lb/>
das Schloß/<lb/>
eine<lb/>
Schmiedte-<lb/>
&#x017F;tadt und<lb/>
Schencke.</note><hi rendition="#aq">cument</hi>en Nachricht haben kan) Wun&#x017F;idel mit &#x017F;einer gantzen Gegend<lb/>
nichts als eine wilde Wu&#x0364;&#x017F;teney/ und i&#x017F;t damahls/ nach Hn. <hi rendition="#fr">Zeidlers</hi><lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Relation,</hi></hi> nicht mehr/ dann das Schloß und eine Schmied&#x017F;tadt zu dem<lb/>
Haus unter dem Schloß am Bach/ und dann eine Schenck&#x017F;tatt in<lb/>
dem Haus am Ecke der Raths-(jetzt Flei&#x017F;ch-) Gaß/ &#x017F;o man zu dem<lb/>
Koppeten-Thor ausrei&#x017F;en will/ ge&#x017F;tanden. Als aber die Zinn-<lb/>
Seiffen der Enden gefunden und gearbeitet worden/ i&#x017F;t die Stadt<lb/>
von Tage zu Tage al&#x017F;o in Aufferung kommen. Es i&#x017F;t auch al-<lb/><note place="left">Wie nach<lb/>
die Stadt in<lb/>
Aufferung<lb/>
kommen?<lb/>
Raub-Ne&#x017F;t.</note>les Zimmerholtz/ davon die Stadt erbauet/ am St. Catharinen-<lb/>
Berg/ auch an dem Ort/ wo jetzt die Stadt &#x017F;tehet/ ge&#x017F;tanden.<lb/>
Daß aber der Orten ein Raub-Ne&#x017F;t gewe&#x017F;en/ i&#x017F;t aus dem glaub-<lb/>
wu&#x0364;rdig zu vermuthen/ daß in dem <hi rendition="#aq">rotund</hi>en Thurn an dem<lb/>
Schloß viele todte Men&#x017F;chen-Beine gefunden worden. Das Schloß<lb/><note place="left">Wann und<lb/>
wie es an<lb/>
die Herrn<lb/>
Burggraf-<lb/>
fen kommen?</note>zu Wun&#x017F;idel (ehe das Sta&#x0364;dtlein zu bauen angefangen ward)<lb/>
&#x017F;tunde al&#x017F;o bemeldter ma&#x017F;&#x017F;en nach <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Bru&#x017F;chii</hi></hi> Bericht denen Edelleuten<lb/>
von Bog&#x017F;purg/ oder wie etliche wollen/ von Vogtsburg/ oder<lb/>
aber/ wie Herr <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">D.</hi></hi> <hi rendition="#fr">Pert&#x017F;ch</hi> &#x017F;chreibet/ von Boxburg zu/ weil aber<lb/>
dieß nicht gute Haußhalter waren/ oder das Gut &#x017F;on&#x017F;ten hingien-<lb/>
ge/ wie es war hergangen/ (weil es nehmlich ein Raub-Schloß<lb/>
gewe&#x017F;en/) mu&#x017F;ten &#x017F;ie dieß Schloß als ihren einigen Sitz Armuth<lb/>
halber verkauffen. Es kauffte es aber umb 70. alte Bo&#x0364;hmi&#x017F;che<lb/>
Schock Herr Burggraff Friedrich zu Nu&#x0364;rmberg von Eberhar-<lb/>
ten/ Heinrichen und Ludwigen/ Gebru&#x0364;dern von Bog&#x017F;purg im<lb/>
Jahr 1321. wiewohl etliche wegen des Preißes &#x017F;ehr <hi rendition="#aq">differir</hi>en/ wo-<lb/>
von Herr <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">D.</hi></hi> <hi rendition="#fr">Pert&#x017F;ch in &#x017F;einer Be&#x017F;chreibung von Wun&#x017F;idel</hi> zu<lb/>
le&#x017F;en: Worauf bemeldte Edelleute hernach &#x017F;o arm worden/ daß<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich haben ihrer Reuterey/ und wie man &#x017F;agt/ aus dem Stegreiff<lb/>
na&#x0364;hren mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Daher i&#x017F;t die Gegend umb Wun&#x017F;idel <hi rendition="#fr">in der<lb/>
Bo&#x0364;ckler Art</hi> genennet worden/ vor welchem Nahmen ehede&#x017F;&#x017F;en<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[84/0119] Beſchreibung des Fichtelbergs. dencket/) ſo moͤchte es in ſo weit einiger maßen ſeine Richtigkeit ha- ben/ daß Wunſidel drey kleine Meilen davon entfernet ſey: Vom Schneeberg aber/ dem See/ und uͤbrigen Gehaͤng des Gebuͤrgs/ von der Coͤßein biß zum Rollenſtein iſt dieſe Stadt theils nicht uͤ- ber eine/ theils nicht uͤber 1. und eine halbe Meilen zum hoͤchſten ent- fernet. Vor ungefehr 400. Jahren war (ſo viel man aus alten Do- cumenten Nachricht haben kan) Wunſidel mit ſeiner gantzen Gegend nichts als eine wilde Wuͤſteney/ und iſt damahls/ nach Hn. Zeidlers Relation, nicht mehr/ dann das Schloß und eine Schmiedſtadt zu dem Haus unter dem Schloß am Bach/ und dann eine Schenckſtatt in dem Haus am Ecke der Raths-(jetzt Fleiſch-) Gaß/ ſo man zu dem Koppeten-Thor ausreiſen will/ geſtanden. Als aber die Zinn- Seiffen der Enden gefunden und gearbeitet worden/ iſt die Stadt von Tage zu Tage alſo in Aufferung kommen. Es iſt auch al- les Zimmerholtz/ davon die Stadt erbauet/ am St. Catharinen- Berg/ auch an dem Ort/ wo jetzt die Stadt ſtehet/ geſtanden. Daß aber der Orten ein Raub-Neſt geweſen/ iſt aus dem glaub- wuͤrdig zu vermuthen/ daß in dem rotunden Thurn an dem Schloß viele todte Menſchen-Beine gefunden worden. Das Schloß zu Wunſidel (ehe das Staͤdtlein zu bauen angefangen ward) ſtunde alſo bemeldter maſſen nach Bruſchii Bericht denen Edelleuten von Bogſpurg/ oder wie etliche wollen/ von Vogtsburg/ oder aber/ wie Herr D. Pertſch ſchreibet/ von Boxburg zu/ weil aber dieß nicht gute Haußhalter waren/ oder das Gut ſonſten hingien- ge/ wie es war hergangen/ (weil es nehmlich ein Raub-Schloß geweſen/) muſten ſie dieß Schloß als ihren einigen Sitz Armuth halber verkauffen. Es kauffte es aber umb 70. alte Boͤhmiſche Schock Herr Burggraff Friedrich zu Nuͤrmberg von Eberhar- ten/ Heinrichen und Ludwigen/ Gebruͤdern von Bogſpurg im Jahr 1321. wiewohl etliche wegen des Preißes ſehr differiren/ wo- von Herr D. Pertſch in ſeiner Beſchreibung von Wunſidel zu leſen: Worauf bemeldte Edelleute hernach ſo arm worden/ daß ſie ſich haben ihrer Reuterey/ und wie man ſagt/ aus dem Stegreiff naͤhren muͤſſen. Daher iſt die Gegend umb Wunſidel in der Boͤckler Art genennet worden/ vor welchem Nahmen ehedeſſen die Wunſidel eine wilde Wuͤſteney/ ſtande nichts als das Schloß/ eine Schmiedte- ſtadt und Schencke. Wie nach die Stadt in Aufferung kommen? Raub-Neſt. Wann und wie es an die Herrn Burggraf- fen kommen?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pachelbel_fichtelberg_1716
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pachelbel_fichtelberg_1716/119
Zitationshilfe: Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pachelbel_fichtelberg_1716/119>, abgerufen am 25.04.2024.