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Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.

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nun längst gestorben -- und wie auch jetzt ihre Krankheit sich gestalte, und welchen Ausgang sie nehme -- für mich ist Amalie keine Lebende mehr, so hab' ich sie immer betrachtet, wenn ich jetzt einmal träumend meiner Jugend und ihrer gedachte -- und so wird es immer bleiben."

"Herr Graf," versetzte Thalheim, "nur der sehnliche Wunsch einer Sterbenden konnte meine Aufforderung an Sie und diese Scene entschuldigen und heiligen -- es ist in Ihrer Macht, mich und Amalien dem allgemeinen Spott preiszugeben -- aber ich denke besser von Ihnen."

"Das hoff' ich zu verdienen. Sie werden nie Ursache haben, es zu bereuen, mir gegenüber der Stimme des Gefühls gefolgt zu sein. Ob und wie wir uns auch wieder im Leben begegnen, wir werden es mit dem Bewußtsein können, einander vertrauen zu dürfen."

So schieden sie von einander.

Als Thalheim die Vorsaalthüre geöffnet hatte, bot ihm Jaromir noch die Hand, die jener schweigend drückte.

Dies war der Augenblick, in welchem Elisabeth aus der entgegengesetzten Thüre trat, welche zu der Blumenfabrikantin führte.

Thalheim trat zurück und schloß die Thüre, ohne sie bemerkt zu haben. Aber sie hatte ihn und den Händedruck gesehen, mit dem er von dem Grafen schied, und war deshalb

nun längst gestorben — und wie auch jetzt ihre Krankheit sich gestalte, und welchen Ausgang sie nehme — für mich ist Amalie keine Lebende mehr, so hab’ ich sie immer betrachtet, wenn ich jetzt einmal träumend meiner Jugend und ihrer gedachte — und so wird es immer bleiben.“

„Herr Graf,“ versetzte Thalheim, „nur der sehnliche Wunsch einer Sterbenden konnte meine Aufforderung an Sie und diese Scene entschuldigen und heiligen — es ist in Ihrer Macht, mich und Amalien dem allgemeinen Spott preiszugeben — aber ich denke besser von Ihnen.“

„Das hoff’ ich zu verdienen. Sie werden nie Ursache haben, es zu bereuen, mir gegenüber der Stimme des Gefühls gefolgt zu sein. Ob und wie wir uns auch wieder im Leben begegnen, wir werden es mit dem Bewußtsein können, einander vertrauen zu dürfen.“

So schieden sie von einander.

Als Thalheim die Vorsaalthüre geöffnet hatte, bot ihm Jaromir noch die Hand, die jener schweigend drückte.

Dies war der Augenblick, in welchem Elisabeth aus der entgegengesetzten Thüre trat, welche zu der Blumenfabrikantin führte.

Thalheim trat zurück und schloß die Thüre, ohne sie bemerkt zu haben. Aber sie hatte ihn und den Händedruck gesehen, mit dem er von dem Grafen schied, und war deshalb

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[76/0086] nun längst gestorben — und wie auch jetzt ihre Krankheit sich gestalte, und welchen Ausgang sie nehme — für mich ist Amalie keine Lebende mehr, so hab’ ich sie immer betrachtet, wenn ich jetzt einmal träumend meiner Jugend und ihrer gedachte — und so wird es immer bleiben.“ „Herr Graf,“ versetzte Thalheim, „nur der sehnliche Wunsch einer Sterbenden konnte meine Aufforderung an Sie und diese Scene entschuldigen und heiligen — es ist in Ihrer Macht, mich und Amalien dem allgemeinen Spott preiszugeben — aber ich denke besser von Ihnen.“ „Das hoff’ ich zu verdienen. Sie werden nie Ursache haben, es zu bereuen, mir gegenüber der Stimme des Gefühls gefolgt zu sein. Ob und wie wir uns auch wieder im Leben begegnen, wir werden es mit dem Bewußtsein können, einander vertrauen zu dürfen.“ So schieden sie von einander. Als Thalheim die Vorsaalthüre geöffnet hatte, bot ihm Jaromir noch die Hand, die jener schweigend drückte. Dies war der Augenblick, in welchem Elisabeth aus der entgegengesetzten Thüre trat, welche zu der Blumenfabrikantin führte. Thalheim trat zurück und schloß die Thüre, ohne sie bemerkt zu haben. Aber sie hatte ihn und den Händedruck gesehen, mit dem er von dem Grafen schied, und war deshalb

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Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/86>, abgerufen am 25.04.2024.