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Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.

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auch die entgegengesetzte Thüre. Eine Scene anderer Art hatte unterdeß in dem Zimmer Statt gehabt, zu welchem diese Thüre führte.

Es war eben vier Uhr vorüber, als Graf Jaromir von Szariny an Thalheims Thüre schellte.

Er öffnete selbst.

Sie standen sich gegenüber.

Sie standen sich gegenüber, Jaromir, dem die Braut, Thalheim, dem die Gattin untreu geworden -- und Braut und Gattin waren eine Person.

"Man hat mich hierher beschieden --" sagte Jaromir.

"Es war Amaliens Wille," antwortete Thalheim.

"Sind Sie Amaliens Gatte, und kamen die Zeilen, die ich diesen Morgen erhielt, von Ihrer Hand? -- Nur dann habe ich das Recht, hier zu erscheinen."

"Ich bin Thalheim -- Sie werden unser Zusammentreffen hier seltsam finden, aber der Wille einer Sterbenden war mir heilig. Sie wartet jetzt auf uns mit Ungeduld, und deßhalb muß unsere Unterredung hier kurz sein. Es wird später Zeit sein zu einer nähern Erklärung. Amalie meint, nicht eher sterben zu können, bis sie Ihre Vergebung für ergangenes Unrecht und Weh erlangt hat. -- Sie werden sie ihr nicht verweigern. Sie haben sich hier wiedergesehen --"

"Wiedergesehen?" fragte Jaromir, Thalheim unterbrechend,

auch die entgegengesetzte Thüre. Eine Scene anderer Art hatte unterdeß in dem Zimmer Statt gehabt, zu welchem diese Thüre führte.

Es war eben vier Uhr vorüber, als Graf Jaromir von Szariny an Thalheims Thüre schellte.

Er öffnete selbst.

Sie standen sich gegenüber.

Sie standen sich gegenüber, Jaromir, dem die Braut, Thalheim, dem die Gattin untreu geworden — und Braut und Gattin waren eine Person.

„Man hat mich hierher beschieden —“ sagte Jaromir.

„Es war Amaliens Wille,“ antwortete Thalheim.

„Sind Sie Amaliens Gatte, und kamen die Zeilen, die ich diesen Morgen erhielt, von Ihrer Hand? — Nur dann habe ich das Recht, hier zu erscheinen.“

„Ich bin Thalheim — Sie werden unser Zusammentreffen hier seltsam finden, aber der Wille einer Sterbenden war mir heilig. Sie wartet jetzt auf uns mit Ungeduld, und deßhalb muß unsere Unterredung hier kurz sein. Es wird später Zeit sein zu einer nähern Erklärung. Amalie meint, nicht eher sterben zu können, bis sie Ihre Vergebung für ergangenes Unrecht und Weh erlangt hat. — Sie werden sie ihr nicht verweigern. Sie haben sich hier wiedergesehen —“

„Wiedergesehen?“ fragte Jaromir, Thalheim unterbrechend,

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[69/0079] auch die entgegengesetzte Thüre. Eine Scene anderer Art hatte unterdeß in dem Zimmer Statt gehabt, zu welchem diese Thüre führte. Es war eben vier Uhr vorüber, als Graf Jaromir von Szariny an Thalheims Thüre schellte. Er öffnete selbst. Sie standen sich gegenüber. Sie standen sich gegenüber, Jaromir, dem die Braut, Thalheim, dem die Gattin untreu geworden — und Braut und Gattin waren eine Person. „Man hat mich hierher beschieden —“ sagte Jaromir. „Es war Amaliens Wille,“ antwortete Thalheim. „Sind Sie Amaliens Gatte, und kamen die Zeilen, die ich diesen Morgen erhielt, von Ihrer Hand? — Nur dann habe ich das Recht, hier zu erscheinen.“ „Ich bin Thalheim — Sie werden unser Zusammentreffen hier seltsam finden, aber der Wille einer Sterbenden war mir heilig. Sie wartet jetzt auf uns mit Ungeduld, und deßhalb muß unsere Unterredung hier kurz sein. Es wird später Zeit sein zu einer nähern Erklärung. Amalie meint, nicht eher sterben zu können, bis sie Ihre Vergebung für ergangenes Unrecht und Weh erlangt hat. — Sie werden sie ihr nicht verweigern. Sie haben sich hier wiedergesehen —“ „Wiedergesehen?“ fragte Jaromir, Thalheim unterbrechend,

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Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/79>, abgerufen am 28.03.2024.