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Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.

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war, sagte: "Ach, ich bitte Euch, welche sentimentale Scene! Ich glaubte eine solche heute wenigstens an einem ganz andern Ort, als hier, zu erleben, und niemals hätte ich mir träumen lassen, daß Du, Elisabeth, über eine Kinderei unsern wichtigen Ausgang ganz vergessen könntest! Ich warte schon lange auf Dich, und wir müssen sehr eilen, wenn Du nicht Dein ganzes Vorhaben aufgegeben hast. --"

"Ja, wir haben Eile," sagte Elisabeth, "aber auch Du, Aurelie, konntest? --"

"O, ich war nicht im Geringsten besser, als die Andern. -- Wenn ich aber eine zu erwartende Strafpredigt von Dir ohne Unterbrechung anhören soll, so muß ich mir dabei ein Liedchen singen." Und indem sie dies gesagt hatte, fieng Aurelie an eine Tyrolienne zu jodeln.

Elisabeth antwortete nicht, nahm Aureliens Arm, und so gingen sie, von dem längst harrenden Diener gefolgt, schweigend durch die Straßen. Im Hause von Obrist Treffurth, als sie den Diener fortgeschickt hatten, sagte Elisabeth; "Es ist zu spät geworden, als daß wir Beide zu der Blumenmacherin gehen könnten, geh' Du nur immer herauf zu Deinen Verwandten, hier durch den Garten ist es nicht weit, und ich komme bald zurück."

Aurelie sah sie erstaunt an: "Du willst uns Alle hofmeistern, und dies soll die Strafe sein, die Du für mich

war, sagte: „Ach, ich bitte Euch, welche sentimentale Scene! Ich glaubte eine solche heute wenigstens an einem ganz andern Ort, als hier, zu erleben, und niemals hätte ich mir träumen lassen, daß Du, Elisabeth, über eine Kinderei unsern wichtigen Ausgang ganz vergessen könntest! Ich warte schon lange auf Dich, und wir müssen sehr eilen, wenn Du nicht Dein ganzes Vorhaben aufgegeben hast. —“

„Ja, wir haben Eile,“ sagte Elisabeth, „aber auch Du, Aurelie, konntest? —“

„O, ich war nicht im Geringsten besser, als die Andern. — Wenn ich aber eine zu erwartende Strafpredigt von Dir ohne Unterbrechung anhören soll, so muß ich mir dabei ein Liedchen singen.“ Und indem sie dies gesagt hatte, fieng Aurelie an eine Tyrolienne zu jodeln.

Elisabeth antwortete nicht, nahm Aureliens Arm, und so gingen sie, von dem längst harrenden Diener gefolgt, schweigend durch die Straßen. Im Hause von Obrist Treffurth, als sie den Diener fortgeschickt hatten, sagte Elisabeth; „Es ist zu spät geworden, als daß wir Beide zu der Blumenmacherin gehen könnten, geh’ Du nur immer herauf zu Deinen Verwandten, hier durch den Garten ist es nicht weit, und ich komme bald zurück.“

Aurelie sah sie erstaunt an: „Du willst uns Alle hofmeistern, und dies soll die Strafe sein, die Du für mich

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[64/0074] war, sagte: „Ach, ich bitte Euch, welche sentimentale Scene! Ich glaubte eine solche heute wenigstens an einem ganz andern Ort, als hier, zu erleben, und niemals hätte ich mir träumen lassen, daß Du, Elisabeth, über eine Kinderei unsern wichtigen Ausgang ganz vergessen könntest! Ich warte schon lange auf Dich, und wir müssen sehr eilen, wenn Du nicht Dein ganzes Vorhaben aufgegeben hast. —“ „Ja, wir haben Eile,“ sagte Elisabeth, „aber auch Du, Aurelie, konntest? —“ „O, ich war nicht im Geringsten besser, als die Andern. — Wenn ich aber eine zu erwartende Strafpredigt von Dir ohne Unterbrechung anhören soll, so muß ich mir dabei ein Liedchen singen.“ Und indem sie dies gesagt hatte, fieng Aurelie an eine Tyrolienne zu jodeln. Elisabeth antwortete nicht, nahm Aureliens Arm, und so gingen sie, von dem längst harrenden Diener gefolgt, schweigend durch die Straßen. Im Hause von Obrist Treffurth, als sie den Diener fortgeschickt hatten, sagte Elisabeth; „Es ist zu spät geworden, als daß wir Beide zu der Blumenmacherin gehen könnten, geh’ Du nur immer herauf zu Deinen Verwandten, hier durch den Garten ist es nicht weit, und ich komme bald zurück.“ Aurelie sah sie erstaunt an: „Du willst uns Alle hofmeistern, und dies soll die Strafe sein, die Du für mich

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Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/74>, abgerufen am 29.03.2024.