Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

"Lassen Sie die Bedenklichkeiten," fiel sie ihm mild in's Wort, "ich habe es Ihnen ein für alle Mal gesagt: es ist nicht in meiner Mache, der allgemeinen Noth abzuhelfen, und dabei mein einziger Trost, wenn ich im Kleinen sie lindern kann."

"Und Sie werden Niemals müde werden, unser guter Engel zu sein, auch wenn Sie für uns leiden müssen:" sagte er flüsternd, fragend.

"Ich verstehe Sie nicht recht," antwortete sie, "aber sagen Sie mir, welche Bitte Sie herführt."

"Ein Kind, ein Mädchen von sieben Jahren, hat die Hand nicht zeitig genug unter der sägenden Dampfmaschine weggezogen, und dadurch ist ihm der Arm halb zersägt und abgerissen worden."

Pauline verhüllte ihr Gesicht und ward bleich. "O, mein Gott, ein Kind!" seufzte sie leise.

"Die Mutter hat die kleine, halb todte Lise mit zu Hause genommen. Einer von uns, der es mit angesehen, bat den Factor, er möge nach dem Chirurgen schicken, von welchem Herr Felchner seine Leute curiren läßt, denn die armen Eltern haben Nichts, wovon sie dem Chirurgen seinen Weg bezahlen könnten, und ohne Geld -- Sie wissen ja -- --"

"Mein Vater wird gewiß --" begann Pauline.

Aber Thalheim fiel ihr in's Wort: "Ach nein, leider

„Lassen Sie die Bedenklichkeiten,“ fiel sie ihm mild in’s Wort, „ich habe es Ihnen ein für alle Mal gesagt: es ist nicht in meiner Mache, der allgemeinen Noth abzuhelfen, und dabei mein einziger Trost, wenn ich im Kleinen sie lindern kann.“

„Und Sie werden Niemals müde werden, unser guter Engel zu sein, auch wenn Sie für uns leiden müssen:“ sagte er flüsternd, fragend.

„Ich verstehe Sie nicht recht,“ antwortete sie, „aber sagen Sie mir, welche Bitte Sie herführt.“

„Ein Kind, ein Mädchen von sieben Jahren, hat die Hand nicht zeitig genug unter der sägenden Dampfmaschine weggezogen, und dadurch ist ihm der Arm halb zersägt und abgerissen worden.“

Pauline verhüllte ihr Gesicht und ward bleich. „O, mein Gott, ein Kind!“ seufzte sie leise.

„Die Mutter hat die kleine, halb todte Lise mit zu Hause genommen. Einer von uns, der es mit angesehen, bat den Factor, er möge nach dem Chirurgen schicken, von welchem Herr Felchner seine Leute curiren läßt, denn die armen Eltern haben Nichts, wovon sie dem Chirurgen seinen Weg bezahlen könnten, und ohne Geld — Sie wissen ja — —“

„Mein Vater wird gewiß —“ begann Pauline.

Aber Thalheim fiel ihr in’s Wort: „Ach nein, leider

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0215" n="205"/>
        <p> &#x201E;Lassen Sie die Bedenklichkeiten,&#x201C; fiel sie ihm mild in&#x2019;s Wort, &#x201E;ich habe es Ihnen ein für alle Mal gesagt: es ist nicht in meiner Mache, der allgemeinen Noth abzuhelfen, und dabei mein einziger Trost, wenn ich im Kleinen sie lindern kann.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Und Sie werden Niemals müde werden, unser guter Engel zu sein, auch wenn Sie für uns leiden müssen:&#x201C; sagte er flüsternd, fragend.</p>
        <p>&#x201E;Ich verstehe Sie nicht recht,&#x201C; antwortete sie, &#x201E;aber sagen Sie mir, welche Bitte Sie herführt.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Ein Kind, ein Mädchen von sieben Jahren, hat die Hand nicht zeitig genug unter der sägenden Dampfmaschine weggezogen, und dadurch ist ihm der Arm halb zersägt und abgerissen worden.&#x201C;</p>
        <p>Pauline verhüllte ihr Gesicht und ward bleich. &#x201E;O, mein Gott, ein Kind!&#x201C; seufzte sie leise.</p>
        <p>&#x201E;Die Mutter hat die kleine, halb todte Lise mit zu Hause genommen. Einer von uns, der es mit angesehen, bat den Factor, er möge nach dem Chirurgen schicken, von welchem Herr Felchner seine Leute curiren läßt, denn die armen Eltern haben Nichts, wovon sie dem Chirurgen seinen Weg bezahlen könnten, und ohne Geld &#x2014; Sie wissen ja &#x2014; &#x2014;&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Mein Vater wird gewiß &#x2014;&#x201C; begann Pauline.</p>
        <p>Aber Thalheim fiel ihr in&#x2019;s Wort: &#x201E;Ach nein, leider
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[205/0215] „Lassen Sie die Bedenklichkeiten,“ fiel sie ihm mild in’s Wort, „ich habe es Ihnen ein für alle Mal gesagt: es ist nicht in meiner Mache, der allgemeinen Noth abzuhelfen, und dabei mein einziger Trost, wenn ich im Kleinen sie lindern kann.“ „Und Sie werden Niemals müde werden, unser guter Engel zu sein, auch wenn Sie für uns leiden müssen:“ sagte er flüsternd, fragend. „Ich verstehe Sie nicht recht,“ antwortete sie, „aber sagen Sie mir, welche Bitte Sie herführt.“ „Ein Kind, ein Mädchen von sieben Jahren, hat die Hand nicht zeitig genug unter der sägenden Dampfmaschine weggezogen, und dadurch ist ihm der Arm halb zersägt und abgerissen worden.“ Pauline verhüllte ihr Gesicht und ward bleich. „O, mein Gott, ein Kind!“ seufzte sie leise. „Die Mutter hat die kleine, halb todte Lise mit zu Hause genommen. Einer von uns, der es mit angesehen, bat den Factor, er möge nach dem Chirurgen schicken, von welchem Herr Felchner seine Leute curiren läßt, denn die armen Eltern haben Nichts, wovon sie dem Chirurgen seinen Weg bezahlen könnten, und ohne Geld — Sie wissen ja — —“ „Mein Vater wird gewiß —“ begann Pauline. Aber Thalheim fiel ihr in’s Wort: „Ach nein, leider

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Repository TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-23T11:52:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christoph Leijser, Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-23T11:52:15Z)
HATHI TRUST Digital Library: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-23T11:52:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/215
Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/215>, abgerufen am 29.03.2024.