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Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.

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denken, und die adligen Herren sind mir eben so uninteressant gewesen, als die bürgerlichen."

"Das ist gut, Kind," sagte der Fabrikant, "denn ich sage Dir, wenn ein reicher Graf kommt und um Dich wirbt, ich werde es mir noch überlegen, aber das sage ich Dir, ehe ich zugebe, daß so ein herabgekommener Krautjunker, der Nichts hat, und Nichts gelernt hat, und Nichts verdienen will, eh' ein solcher Tagedieb Dein Mann wird -- eher gebe ich Dich lieber dem Geringsten meiner Leute, der seine Sache versteht, und redlich arbeiten gelernt hat."

Pauline wußte nicht, wie es kam, aber die letzten Worte ihres Vaters thaten ihrem Herzen wohl.

Ein Factor trat ein, um eine Geschäftsangelegenheit mit Herrn Felchner zu besprechen, und das Zwiegespräch hatte ein Ende.

Der Abend war noch schön, die Dämmerung brach nur langsam herein, und Pauline ging noch in's Freie. Sie war noch nicht lange im Garten, und hatte sich nur eben in die stille, knospende Hollunderlaube gesetzt, als Franz Thalheim leise in den Garten trat, und sich schüchtern näherte, und ehrerbietig grüßte.

"Guten Abend," sagte sie freundlich, "was bringen Sie mir?"

"Ja, Fräulein, ich komme schon wieder," antwortete er traurig, "und immer nur mit Bitten --"

denken, und die adligen Herren sind mir eben so uninteressant gewesen, als die bürgerlichen.“

„Das ist gut, Kind,“ sagte der Fabrikant, „denn ich sage Dir, wenn ein reicher Graf kommt und um Dich wirbt, ich werde es mir noch überlegen, aber das sage ich Dir, ehe ich zugebe, daß so ein herabgekommener Krautjunker, der Nichts hat, und Nichts gelernt hat, und Nichts verdienen will, eh’ ein solcher Tagedieb Dein Mann wird — eher gebe ich Dich lieber dem Geringsten meiner Leute, der seine Sache versteht, und redlich arbeiten gelernt hat.“

Pauline wußte nicht, wie es kam, aber die letzten Worte ihres Vaters thaten ihrem Herzen wohl.

Ein Factor trat ein, um eine Geschäftsangelegenheit mit Herrn Felchner zu besprechen, und das Zwiegespräch hatte ein Ende.

Der Abend war noch schön, die Dämmerung brach nur langsam herein, und Pauline ging noch in’s Freie. Sie war noch nicht lange im Garten, und hatte sich nur eben in die stille, knospende Hollunderlaube gesetzt, als Franz Thalheim leise in den Garten trat, und sich schüchtern näherte, und ehrerbietig grüßte.

„Guten Abend,“ sagte sie freundlich, „was bringen Sie mir?“

„Ja, Fräulein, ich komme schon wieder,“ antwortete er traurig, „und immer nur mit Bitten —“

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[204/0214] denken, und die adligen Herren sind mir eben so uninteressant gewesen, als die bürgerlichen.“ „Das ist gut, Kind,“ sagte der Fabrikant, „denn ich sage Dir, wenn ein reicher Graf kommt und um Dich wirbt, ich werde es mir noch überlegen, aber das sage ich Dir, ehe ich zugebe, daß so ein herabgekommener Krautjunker, der Nichts hat, und Nichts gelernt hat, und Nichts verdienen will, eh’ ein solcher Tagedieb Dein Mann wird — eher gebe ich Dich lieber dem Geringsten meiner Leute, der seine Sache versteht, und redlich arbeiten gelernt hat.“ Pauline wußte nicht, wie es kam, aber die letzten Worte ihres Vaters thaten ihrem Herzen wohl. Ein Factor trat ein, um eine Geschäftsangelegenheit mit Herrn Felchner zu besprechen, und das Zwiegespräch hatte ein Ende. Der Abend war noch schön, die Dämmerung brach nur langsam herein, und Pauline ging noch in’s Freie. Sie war noch nicht lange im Garten, und hatte sich nur eben in die stille, knospende Hollunderlaube gesetzt, als Franz Thalheim leise in den Garten trat, und sich schüchtern näherte, und ehrerbietig grüßte. „Guten Abend,“ sagte sie freundlich, „was bringen Sie mir?“ „Ja, Fräulein, ich komme schon wieder,“ antwortete er traurig, „und immer nur mit Bitten —“

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Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/214>, abgerufen am 25.04.2024.