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Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.

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"Mein Kind," sagte er freundlich, "ich habe heute in Deinem Namen einen Korb ertheilt, ist Dir das recht, oder hättest Du schon Lust, Dich zu verheirathen?"

"Nein, gewiß nicht, lieber Vater," sagte Pauline halb erröthend, halb lachend. "Es kann auch nur ein Scherz von Dir sein, denn ich wüßte nicht, wer könnte im Ernst um mich angehalten haben."

"Ei doch, es ist gar kein Scherz -- der junge Baron von Waldow, dessen Vater dadurch aus seinen Schulden kommen wollte -- ein neues Mittel für einen Vater -- in der That ein neues Mittel, sonst suchen nur die adligen Taugenichtse eine reiche Partie, um ihre Schulden zu bezahlen, und ihr faules und lockres Leben bequem fortsetzen zu können -- aber der Speculationsgeist dieser Herren macht immer riesenhaftere Fortschritte -- jetzt suchen die herabgekommenen adligen Gutsbesitzer für ihre Söhne die Goldfischchen zu angeln, um durch einen guten Fang zugleich sich selbst mit aufzuhelfen -- eine sehr bequeme Art, sich zu bereichern, eine allerliebste Industrie! -- Wie, oder wärst Du etwa selbst gern gnädige Frau geworden, Pauline -- auch wenn -- --"

Der Alte hatte sich selbst immer mehr in Heftigkeit geredet, so daß Pauline, um ihn zu begütigen, die kleine Hand auf seinen Arm legte, und sanft sagte: "Aergere Dich nicht unnütz, ich habe gar keine Lust, an's Heirathen zu

„Mein Kind,“ sagte er freundlich, „ich habe heute in Deinem Namen einen Korb ertheilt, ist Dir das recht, oder hättest Du schon Lust, Dich zu verheirathen?“

„Nein, gewiß nicht, lieber Vater,“ sagte Pauline halb erröthend, halb lachend. „Es kann auch nur ein Scherz von Dir sein, denn ich wüßte nicht, wer könnte im Ernst um mich angehalten haben.“

„Ei doch, es ist gar kein Scherz — der junge Baron von Waldow, dessen Vater dadurch aus seinen Schulden kommen wollte — ein neues Mittel für einen Vater — in der That ein neues Mittel, sonst suchen nur die adligen Taugenichtse eine reiche Partie, um ihre Schulden zu bezahlen, und ihr faules und lockres Leben bequem fortsetzen zu können — aber der Speculationsgeist dieser Herren macht immer riesenhaftere Fortschritte — jetzt suchen die herabgekommenen adligen Gutsbesitzer für ihre Söhne die Goldfischchen zu angeln, um durch einen guten Fang zugleich sich selbst mit aufzuhelfen — eine sehr bequeme Art, sich zu bereichern, eine allerliebste Industrie! — Wie, oder wärst Du etwa selbst gern gnädige Frau geworden, Pauline — auch wenn — —“

Der Alte hatte sich selbst immer mehr in Heftigkeit geredet, so daß Pauline, um ihn zu begütigen, die kleine Hand auf seinen Arm legte, und sanft sagte: „Aergere Dich nicht unnütz, ich habe gar keine Lust, an’s Heirathen zu

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[203/0213] „Mein Kind,“ sagte er freundlich, „ich habe heute in Deinem Namen einen Korb ertheilt, ist Dir das recht, oder hättest Du schon Lust, Dich zu verheirathen?“ „Nein, gewiß nicht, lieber Vater,“ sagte Pauline halb erröthend, halb lachend. „Es kann auch nur ein Scherz von Dir sein, denn ich wüßte nicht, wer könnte im Ernst um mich angehalten haben.“ „Ei doch, es ist gar kein Scherz — der junge Baron von Waldow, dessen Vater dadurch aus seinen Schulden kommen wollte — ein neues Mittel für einen Vater — in der That ein neues Mittel, sonst suchen nur die adligen Taugenichtse eine reiche Partie, um ihre Schulden zu bezahlen, und ihr faules und lockres Leben bequem fortsetzen zu können — aber der Speculationsgeist dieser Herren macht immer riesenhaftere Fortschritte — jetzt suchen die herabgekommenen adligen Gutsbesitzer für ihre Söhne die Goldfischchen zu angeln, um durch einen guten Fang zugleich sich selbst mit aufzuhelfen — eine sehr bequeme Art, sich zu bereichern, eine allerliebste Industrie! — Wie, oder wärst Du etwa selbst gern gnädige Frau geworden, Pauline — auch wenn — —“ Der Alte hatte sich selbst immer mehr in Heftigkeit geredet, so daß Pauline, um ihn zu begütigen, die kleine Hand auf seinen Arm legte, und sanft sagte: „Aergere Dich nicht unnütz, ich habe gar keine Lust, an’s Heirathen zu

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Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/213>, abgerufen am 29.03.2024.