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Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.

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ohne Erröthen geschildert haben, und schildern gehört, das können wir ja einander auch ein Mal ohne Vorstellung und ohne Redepomp im wirklichen Leben sagen," antwortete er ernst mit unveränderter, sanfter, freundlicher Stimme.

"Nun," erwiderte sie, "seit jenem Abend sagte ich mir: Jaromir ist kein Lüstling, wie die andern Männer, er ist edler -- ich muß ihn höher achten, als die andern -- aber vielleicht hat er auch keine Leidenschaften, vielleicht auch kein Herz."

"Es kann sein, daß man mir das Herz ertödtet hat," sagte er dumpf, "erkältet wenigstens hat man es gewiß. -- Nach jenem Abend sahen wir uns einige Tage nicht -- ich war mit mir zufrieden. Ich prüfte mein Herz -- ich fragte mich, ob uns Beide die Ehe beglücken könnte. -- Sie lächeln?"

"Ich werde mich nie vermählen," sagte Bella. "Sie wissen es, eine verheirathete Schauspielerin ist eine Art Amphibie -- sie muß dem verwässerten Element der Ehe angehören, und doch zugleich auf dem Land der Bühne leben -- sie wird weder vom Gatten, noch vom Publikum vernachlässigt sein wollen -- und vielleicht wird sie es gerade von Beiden sein. Nein, nein! Niemand kann zweien Herren dienen, ich wäre eine sehr schlechte Gattin, und hätte dabei vielleicht auch die Aussicht, eine schlechte Sängerin zu werden," fügte sie mit munterm Ton hinzu.

ohne Erröthen geschildert haben, und schildern gehört, das können wir ja einander auch ein Mal ohne Vorstellung und ohne Redepomp im wirklichen Leben sagen,“ antwortete er ernst mit unveränderter, sanfter, freundlicher Stimme.

„Nun,“ erwiderte sie, „seit jenem Abend sagte ich mir: Jaromir ist kein Lüstling, wie die andern Männer, er ist edler — ich muß ihn höher achten, als die andern — aber vielleicht hat er auch keine Leidenschaften, vielleicht auch kein Herz.“

„Es kann sein, daß man mir das Herz ertödtet hat,“ sagte er dumpf, „erkältet wenigstens hat man es gewiß. — Nach jenem Abend sahen wir uns einige Tage nicht — ich war mit mir zufrieden. Ich prüfte mein Herz — ich fragte mich, ob uns Beide die Ehe beglücken könnte. — Sie lächeln?“

„Ich werde mich nie vermählen,“ sagte Bella. „Sie wissen es, eine verheirathete Schauspielerin ist eine Art Amphibie — sie muß dem verwässerten Element der Ehe angehören, und doch zugleich auf dem Land der Bühne leben — sie wird weder vom Gatten, noch vom Publikum vernachlässigt sein wollen — und vielleicht wird sie es gerade von Beiden sein. Nein, nein! Niemand kann zweien Herren dienen, ich wäre eine sehr schlechte Gattin, und hätte dabei vielleicht auch die Aussicht, eine schlechte Sängerin zu werden,“ fügte sie mit munterm Ton hinzu.

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[185/0195] ohne Erröthen geschildert haben, und schildern gehört, das können wir ja einander auch ein Mal ohne Vorstellung und ohne Redepomp im wirklichen Leben sagen,“ antwortete er ernst mit unveränderter, sanfter, freundlicher Stimme. „Nun,“ erwiderte sie, „seit jenem Abend sagte ich mir: Jaromir ist kein Lüstling, wie die andern Männer, er ist edler — ich muß ihn höher achten, als die andern — aber vielleicht hat er auch keine Leidenschaften, vielleicht auch kein Herz.“ „Es kann sein, daß man mir das Herz ertödtet hat,“ sagte er dumpf, „erkältet wenigstens hat man es gewiß. — Nach jenem Abend sahen wir uns einige Tage nicht — ich war mit mir zufrieden. Ich prüfte mein Herz — ich fragte mich, ob uns Beide die Ehe beglücken könnte. — Sie lächeln?“ „Ich werde mich nie vermählen,“ sagte Bella. „Sie wissen es, eine verheirathete Schauspielerin ist eine Art Amphibie — sie muß dem verwässerten Element der Ehe angehören, und doch zugleich auf dem Land der Bühne leben — sie wird weder vom Gatten, noch vom Publikum vernachlässigt sein wollen — und vielleicht wird sie es gerade von Beiden sein. Nein, nein! Niemand kann zweien Herren dienen, ich wäre eine sehr schlechte Gattin, und hätte dabei vielleicht auch die Aussicht, eine schlechte Sängerin zu werden,“ fügte sie mit munterm Ton hinzu.

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Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/195>, abgerufen am 25.04.2024.