Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

drangen sie wieder in sein Herz, aber wie ein Dolch, welchen eine reine Kinderhand führt, ohne zu ahnen, wie schwer sie verwunden kann.

Er kannte diese Stimme, und sprang in demselben Moment dahin, woher er sie kommen hörte.

Es war dunkel.

Er sah nur eine kleine weibliche, zitternde Gestalt neben einem taumelnden Mann, welcher ihren Schleier mit der einen Hand wegzog, und mit der andern ihren Arm hielt -- dabei lachte er, und führte unanständige Reden.

Aber mit starkem Arm schleuderte ihn Franz auf die Seite, daß er taumelnd zu Boden fiel.

Pauline athmete auf -- aber sie fürchtete auch den Befreier, und begann zu laufen.

"Gehen Sie lieber langsam," sagte Franz. "Ich bin es, Franz Thalheim, ich werde Sie sicher bis in Ihr Haus begleiten, gehen Sie nicht schneller, als gewöhnlich, ich folge Ihnen, Sie haben Nichts zu fürchten."

Er sagte dies mit so schmerzlich bewegter Stimme, weil es ihm weh that, daß nun Pauline vor jedem Fabrikarbeiter fliehen werde, da sich Einer erlaubt hatte, ihr roh zu begegnen -- und Pauline errieth an dieser wehmüthigen Stimme, was in ihm vorging, und noch an allen Gliedern zitternd, blieb sie stehen, gab ihm ihre Hand, und sagte unendlich mild:

drangen sie wieder in sein Herz, aber wie ein Dolch, welchen eine reine Kinderhand führt, ohne zu ahnen, wie schwer sie verwunden kann.

Er kannte diese Stimme, und sprang in demselben Moment dahin, woher er sie kommen hörte.

Es war dunkel.

Er sah nur eine kleine weibliche, zitternde Gestalt neben einem taumelnden Mann, welcher ihren Schleier mit der einen Hand wegzog, und mit der andern ihren Arm hielt — dabei lachte er, und führte unanständige Reden.

Aber mit starkem Arm schleuderte ihn Franz auf die Seite, daß er taumelnd zu Boden fiel.

Pauline athmete auf — aber sie fürchtete auch den Befreier, und begann zu laufen.

„Gehen Sie lieber langsam,“ sagte Franz. „Ich bin es, Franz Thalheim, ich werde Sie sicher bis in Ihr Haus begleiten, gehen Sie nicht schneller, als gewöhnlich, ich folge Ihnen, Sie haben Nichts zu fürchten.“

Er sagte dies mit so schmerzlich bewegter Stimme, weil es ihm weh that, daß nun Pauline vor jedem Fabrikarbeiter fliehen werde, da sich Einer erlaubt hatte, ihr roh zu begegnen — und Pauline errieth an dieser wehmüthigen Stimme, was in ihm vorging, und noch an allen Gliedern zitternd, blieb sie stehen, gab ihm ihre Hand, und sagte unendlich mild:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0166" n="156"/>
drangen sie wieder in sein Herz, aber wie ein Dolch, welchen eine reine Kinderhand führt, ohne zu ahnen, wie schwer sie verwunden kann.</p>
        <p>Er kannte diese Stimme, und sprang in demselben Moment dahin, woher er sie kommen hörte.</p>
        <p>Es war dunkel.</p>
        <p>Er sah nur eine kleine weibliche, zitternde Gestalt neben einem taumelnden Mann, welcher ihren Schleier mit der einen Hand wegzog, und mit der andern ihren Arm hielt &#x2014; dabei lachte er, und führte unanständige Reden.</p>
        <p>Aber mit starkem Arm schleuderte ihn Franz auf die Seite, daß er taumelnd zu Boden fiel.</p>
        <p>Pauline athmete auf &#x2014; aber sie fürchtete auch den Befreier, und begann zu laufen.</p>
        <p>&#x201E;Gehen Sie lieber langsam,&#x201C; sagte Franz. &#x201E;Ich bin es, Franz Thalheim, ich werde Sie sicher bis in Ihr Haus begleiten, gehen Sie nicht schneller, als gewöhnlich, ich folge Ihnen, Sie haben Nichts zu fürchten.&#x201C;</p>
        <p>Er sagte dies mit so schmerzlich bewegter Stimme, weil es ihm weh that, daß nun Pauline vor jedem Fabrikarbeiter fliehen werde, da sich Einer erlaubt hatte, ihr roh zu begegnen &#x2014; und Pauline errieth an dieser wehmüthigen Stimme, was in ihm vorging, und noch an allen Gliedern zitternd, blieb sie stehen, gab ihm ihre Hand, und sagte unendlich mild:</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[156/0166] drangen sie wieder in sein Herz, aber wie ein Dolch, welchen eine reine Kinderhand führt, ohne zu ahnen, wie schwer sie verwunden kann. Er kannte diese Stimme, und sprang in demselben Moment dahin, woher er sie kommen hörte. Es war dunkel. Er sah nur eine kleine weibliche, zitternde Gestalt neben einem taumelnden Mann, welcher ihren Schleier mit der einen Hand wegzog, und mit der andern ihren Arm hielt — dabei lachte er, und führte unanständige Reden. Aber mit starkem Arm schleuderte ihn Franz auf die Seite, daß er taumelnd zu Boden fiel. Pauline athmete auf — aber sie fürchtete auch den Befreier, und begann zu laufen. „Gehen Sie lieber langsam,“ sagte Franz. „Ich bin es, Franz Thalheim, ich werde Sie sicher bis in Ihr Haus begleiten, gehen Sie nicht schneller, als gewöhnlich, ich folge Ihnen, Sie haben Nichts zu fürchten.“ Er sagte dies mit so schmerzlich bewegter Stimme, weil es ihm weh that, daß nun Pauline vor jedem Fabrikarbeiter fliehen werde, da sich Einer erlaubt hatte, ihr roh zu begegnen — und Pauline errieth an dieser wehmüthigen Stimme, was in ihm vorging, und noch an allen Gliedern zitternd, blieb sie stehen, gab ihm ihre Hand, und sagte unendlich mild:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Repository TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-23T11:52:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christoph Leijser, Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-23T11:52:15Z)
HATHI TRUST Digital Library: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-23T11:52:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/166
Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/166>, abgerufen am 29.03.2024.