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Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.

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und die Annäherung dieser schmuzigen Lumpen, welche sie trugen."

Pauline stand auf, und holte aus ihrem Bücherschrank eine Broschüre, welche sie an Elisabeth gab. Diese las den Titel.

"Aus dem armen Volke. Erzählungen von Franz Thalheim, allen Menschenfreunden gewidmet." Auf das leere Blatt hinter dem Titel hatte der Verfasser geschrieben: "Dem Fräulein Pauline Felchner mit besondrer Hochachtung gewidmet." -- "Wie ein Engel in der Christnacht sind Sie unter uns, den armen Sclaven Ihres Vaters, erschienen. Sie wollen die Herzen dieser armen Kinder erfreuen, welche niemals eine Ahnung von dem gehabt haben, was man Glück der Kindheit nennt. Wir Alle segnen Sie dafür! Aber wir mögten Ihnen auch zurufen: vergessen Sie über den Segen, welchen Ihre Milde über diese unglücklichen Kleinen bringt, niemals, daß eben diese Kinder einem Elend entgegengehen, von welchem Sie gewiß keinen Begriff haben, Frost und Hunger ist noch das Geringste, das ihrer wartet -- ihr Geist erstarrt ohne die Nahrung des Schulunterrichts, und ihr Herz vertrocknet mit ihrem kleinen Körper unter der anhaltenden Arbeit, zu welcher man sie benutzt, Ihre Sitten werden verderbt, alle ihre edleren Gefühle erstickt, weil man sie gänzlicher Verwilderung Preis giebt. Bei diesem Frevel an der menschlichen Würde rufe ich Ihnen

und die Annäherung dieser schmuzigen Lumpen, welche sie trugen.“

Pauline stand auf, und holte aus ihrem Bücherschrank eine Broschüre, welche sie an Elisabeth gab. Diese las den Titel.

„Aus dem armen Volke. Erzählungen von Franz Thalheim, allen Menschenfreunden gewidmet.“ Auf das leere Blatt hinter dem Titel hatte der Verfasser geschrieben: „Dem Fräulein Pauline Felchner mit besondrer Hochachtung gewidmet.“ — „Wie ein Engel in der Christnacht sind Sie unter uns, den armen Sclaven Ihres Vaters, erschienen. Sie wollen die Herzen dieser armen Kinder erfreuen, welche niemals eine Ahnung von dem gehabt haben, was man Glück der Kindheit nennt. Wir Alle segnen Sie dafür! Aber wir mögten Ihnen auch zurufen: vergessen Sie über den Segen, welchen Ihre Milde über diese unglücklichen Kleinen bringt, niemals, daß eben diese Kinder einem Elend entgegengehen, von welchem Sie gewiß keinen Begriff haben, Frost und Hunger ist noch das Geringste, das ihrer wartet — ihr Geist erstarrt ohne die Nahrung des Schulunterrichts, und ihr Herz vertrocknet mit ihrem kleinen Körper unter der anhaltenden Arbeit, zu welcher man sie benutzt, Ihre Sitten werden verderbt, alle ihre edleren Gefühle erstickt, weil man sie gänzlicher Verwilderung Preis giebt. Bei diesem Frevel an der menschlichen Würde rufe ich Ihnen

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[141/0151] und die Annäherung dieser schmuzigen Lumpen, welche sie trugen.“ Pauline stand auf, und holte aus ihrem Bücherschrank eine Broschüre, welche sie an Elisabeth gab. Diese las den Titel. „Aus dem armen Volke. Erzählungen von Franz Thalheim, allen Menschenfreunden gewidmet.“ Auf das leere Blatt hinter dem Titel hatte der Verfasser geschrieben: „Dem Fräulein Pauline Felchner mit besondrer Hochachtung gewidmet.“ — „Wie ein Engel in der Christnacht sind Sie unter uns, den armen Sclaven Ihres Vaters, erschienen. Sie wollen die Herzen dieser armen Kinder erfreuen, welche niemals eine Ahnung von dem gehabt haben, was man Glück der Kindheit nennt. Wir Alle segnen Sie dafür! Aber wir mögten Ihnen auch zurufen: vergessen Sie über den Segen, welchen Ihre Milde über diese unglücklichen Kleinen bringt, niemals, daß eben diese Kinder einem Elend entgegengehen, von welchem Sie gewiß keinen Begriff haben, Frost und Hunger ist noch das Geringste, das ihrer wartet — ihr Geist erstarrt ohne die Nahrung des Schulunterrichts, und ihr Herz vertrocknet mit ihrem kleinen Körper unter der anhaltenden Arbeit, zu welcher man sie benutzt, Ihre Sitten werden verderbt, alle ihre edleren Gefühle erstickt, weil man sie gänzlicher Verwilderung Preis giebt. Bei diesem Frevel an der menschlichen Würde rufe ich Ihnen

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Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/151>, abgerufen am 25.04.2024.