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Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.

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einen glänzenden >Abgang< gehabt, so bin ich froh, daß er von mir in corpore mit den andern Mädchen Abschied genommen, und mir nicht die Auszeichnung mit Euch zu Theil geworden ist."

Die Beiden würdigten sie keiner Antwort. Dies gefühllose Geschwätz Aureliens drängte diese vollends und für immer aus Elisabeths Herzen.

"Nun, das ist ja allerliebst," fuhr Aurelie spöttisch fort, "die Damen sind nicht einmal mehr so höflich, zu antworten, und ich kam gutmüthig genug hierher, um Dir, Elisabeth, zu sagen, daß ich mich wahrscheinlich verloben werde."

"Was ist das wieder für ein schlechter Spaß?" fragte Elisabeth ärgerlich, und nachdem sie hastig ihre Thränen zurückgedrängt hatte.

"Gar kein Spaß -- da ist der hübscheste Liebesbrief, das formellste Anhalteschreiben vom Baron von Füßly, derselbe, der sich auf den ersten Blick im Theater sterblich in mich verliebt hat, mich dort öfter gesehen, und im letzten Conzert so Viel mit mir gesprochen hat. Er weiß, daß heute mein Theatertag ist, und wenn ich ihm Hoffnung gebe, soll ich eine rothe Rose anstecken, außerdem eine weiße. Nach diesem Zeichen meines Einverständnisses will er bei meinen Eltern um mich anhalten. Ist das nicht allerliebst, mit sechzehn Jahren schon die Braut eines so zierlichen Herrn

einen glänzenden ›Abgang‹ gehabt, so bin ich froh, daß er von mir in corpore mit den andern Mädchen Abschied genommen, und mir nicht die Auszeichnung mit Euch zu Theil geworden ist.“

Die Beiden würdigten sie keiner Antwort. Dies gefühllose Geschwätz Aureliens drängte diese vollends und für immer aus Elisabeths Herzen.

„Nun, das ist ja allerliebst,“ fuhr Aurelie spöttisch fort, „die Damen sind nicht einmal mehr so höflich, zu antworten, und ich kam gutmüthig genug hierher, um Dir, Elisabeth, zu sagen, daß ich mich wahrscheinlich verloben werde.“

„Was ist das wieder für ein schlechter Spaß?“ fragte Elisabeth ärgerlich, und nachdem sie hastig ihre Thränen zurückgedrängt hatte.

„Gar kein Spaß — da ist der hübscheste Liebesbrief, das formellste Anhalteschreiben vom Baron von Füßly, derselbe, der sich auf den ersten Blick im Theater sterblich in mich verliebt hat, mich dort öfter gesehen, und im letzten Conzert so Viel mit mir gesprochen hat. Er weiß, daß heute mein Theatertag ist, und wenn ich ihm Hoffnung gebe, soll ich eine rothe Rose anstecken, außerdem eine weiße. Nach diesem Zeichen meines Einverständnisses will er bei meinen Eltern um mich anhalten. Ist das nicht allerliebst, mit sechzehn Jahren schon die Braut eines so zierlichen Herrn

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[101/0111] einen glänzenden ›Abgang‹ gehabt, so bin ich froh, daß er von mir in corpore mit den andern Mädchen Abschied genommen, und mir nicht die Auszeichnung mit Euch zu Theil geworden ist.“ Die Beiden würdigten sie keiner Antwort. Dies gefühllose Geschwätz Aureliens drängte diese vollends und für immer aus Elisabeths Herzen. „Nun, das ist ja allerliebst,“ fuhr Aurelie spöttisch fort, „die Damen sind nicht einmal mehr so höflich, zu antworten, und ich kam gutmüthig genug hierher, um Dir, Elisabeth, zu sagen, daß ich mich wahrscheinlich verloben werde.“ „Was ist das wieder für ein schlechter Spaß?“ fragte Elisabeth ärgerlich, und nachdem sie hastig ihre Thränen zurückgedrängt hatte. „Gar kein Spaß — da ist der hübscheste Liebesbrief, das formellste Anhalteschreiben vom Baron von Füßly, derselbe, der sich auf den ersten Blick im Theater sterblich in mich verliebt hat, mich dort öfter gesehen, und im letzten Conzert so Viel mit mir gesprochen hat. Er weiß, daß heute mein Theatertag ist, und wenn ich ihm Hoffnung gebe, soll ich eine rothe Rose anstecken, außerdem eine weiße. Nach diesem Zeichen meines Einverständnisses will er bei meinen Eltern um mich anhalten. Ist das nicht allerliebst, mit sechzehn Jahren schon die Braut eines so zierlichen Herrn

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Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/111>, abgerufen am 18.04.2024.