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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

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Pfingsten.

Heil'ger Abend ist's vor Pfingsten. Das Fest ist dies-
mal früh im Jahre gefallen, und die Bäume stehen
alle noch in voller Blüthe. Die dichte Kirschallee, die
sich den Hügel hinanzieht, gleicht von Weitem einem
doppelten weißen Band, das auf grüner Decke liegt.
Die großen Aepfelbäume vor dem Pfarrhaus wollen auch
nicht die allerletzten sein, die das große Frühlingsfest mit
begehen. Jhre rosigen Knospen sind schon groß gewor-
den und angeschwollen und warten nur auf den nächsten
Sonnenschein, um sich aufzuthun. Das Gras ist schon
ein ganz Stück in die Höh' gewachsen und tausende von
Blumen duften und blühen darin. Besonders thun sich
die goldgelben Himmelsschlüsselchen hervor, die auch an
keinem Pfingstfeste fehlen dürfen.

Wunderbar still und klar ist die Luft. Der Himmel
ganz lichtblau und so durchsichtig, als müßte man
durch ihn durch wer weiß wie weit schauen können, wenn

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Pfingſten.

Heil’ger Abend iſt’s vor Pfingſten. Das Feſt iſt dies-
mal fruͤh im Jahre gefallen, und die Baͤume ſtehen
alle noch in voller Bluͤthe. Die dichte Kirſchallee, die
ſich den Huͤgel hinanzieht, gleicht von Weitem einem
doppelten weißen Band, das auf gruͤner Decke liegt.
Die großen Aepfelbaͤume vor dem Pfarrhaus wollen auch
nicht die allerletzten ſein, die das große Fruͤhlingsfeſt mit
begehen. Jhre roſigen Knospen ſind ſchon groß gewor-
den und angeſchwollen und warten nur auf den naͤchſten
Sonnenſchein, um ſich aufzuthun. Das Gras iſt ſchon
ein ganz Stuͤck in die Hoͤh’ gewachſen und tauſende von
Blumen duften und bluͤhen darin. Beſonders thun ſich
die goldgelben Himmelsſchluͤſſelchen hervor, die auch an
keinem Pfingſtfeſte fehlen duͤrfen.

Wunderbar ſtill und klar iſt die Luft. Der Himmel
ganz lichtblau und ſo durchſichtig, als muͤßte man
durch ihn durch wer weiß wie weit ſchauen koͤnnen, wenn

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[[1]/0009] Pfingſten. Heil’ger Abend iſt’s vor Pfingſten. Das Feſt iſt dies- mal fruͤh im Jahre gefallen, und die Baͤume ſtehen alle noch in voller Bluͤthe. Die dichte Kirſchallee, die ſich den Huͤgel hinanzieht, gleicht von Weitem einem doppelten weißen Band, das auf gruͤner Decke liegt. Die großen Aepfelbaͤume vor dem Pfarrhaus wollen auch nicht die allerletzten ſein, die das große Fruͤhlingsfeſt mit begehen. Jhre roſigen Knospen ſind ſchon groß gewor- den und angeſchwollen und warten nur auf den naͤchſten Sonnenſchein, um ſich aufzuthun. Das Gras iſt ſchon ein ganz Stuͤck in die Hoͤh’ gewachſen und tauſende von Blumen duften und bluͤhen darin. Beſonders thun ſich die goldgelben Himmelsſchluͤſſelchen hervor, die auch an keinem Pfingſtfeſte fehlen duͤrfen. Wunderbar ſtill und klar iſt die Luft. Der Himmel ganz lichtblau und ſo durchſichtig, als muͤßte man durch ihn durch wer weiß wie weit ſchauen koͤnnen, wenn 1

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Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/9>, abgerufen am 18.04.2024.