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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

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"wußte gar nicht, was es gäbe, wie ich das Schießen hörte
bei uns in der Stadt thut so etwas kein Mensch."

"Nicht wahr?" sagte Friedrich, ein langer, statt-
licher Bursche mit krausem, braunem Haar und Augen
so treu und hellblau wie Blümlein Vergißmeinnicht,
"nicht wahr, Jungfer Laura -- ach verzeiht, sollte wohl
Mamsell sagen" -- unterbrach er sich.

Aber Laura fiel ihm in's Wort: "Warum denn
Mamsell? nennen Sie doch alle diese Mädchen hier
Jungfer, warum denn nun mich anders heißen wollen?
weil ich aus der Stadt bin? Mamsell ist ein fremdes
Wort und die fremden Worte mag ich gar nicht gern
leiden; da wir Deutsche sind, wellen wir doch auch
deutsch reden! sagt der Bruder immer."

"Ach, ich besinne mich, "begann Friedrich wieder,"
indem er ein Wenig verlegen die Augen niederschlug,
"in der Stadt sagen sie jetzt: Fräulein."

"Das klingt nun wieder vornehm, als wär' man
eine große Dame, nein, lasst's nur ein für allemal bei
der Jungfer, das ist ja gar ein schönes Wort!" ent-
gegnete Laura.

"Wills meinen!" bekräftigte Friedrich. --

"Aber da haben sie ja ganz die Rede von vorhin
vergessen," sagte Laura erinnernd.

"Je nun, ich wollte nur sagen, daß es bei uns

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„wußte gar nicht, was es gaͤbe, wie ich das Schießen hoͤrte
bei uns in der Stadt thut ſo etwas kein Menſch.“

„Nicht wahr?“ ſagte Friedrich, ein langer, ſtatt-
licher Burſche mit krauſem, braunem Haar und Augen
ſo treu und hellblau wie Bluͤmlein Vergißmeinnicht,
„nicht wahr, Jungfer Laura — ach verzeiht, ſollte wohl
Mamſell ſagen“ — unterbrach er ſich.

Aber Laura fiel ihm in’s Wort: „Warum denn
Mamſell? nennen Sie doch alle dieſe Maͤdchen hier
Jungfer, warum denn nun mich anders heißen wollen?
weil ich aus der Stadt bin? Mamſell iſt ein fremdes
Wort und die fremden Worte mag ich gar nicht gern
leiden; da wir Deutſche ſind, wellen wir doch auch
deutſch reden! ſagt der Bruder immer.“

„Ach, ich beſinne mich, „begann Friedrich wieder,“
indem er ein Wenig verlegen die Augen niederſchlug,
„in der Stadt ſagen ſie jetzt: Fraͤulein.“

„Das klingt nun wieder vornehm, als waͤr’ man
eine große Dame, nein, laſſt’s nur ein fuͤr allemal bei
der Jungfer, das iſt ja gar ein ſchoͤnes Wort!“ ent-
gegnete Laura.

„Wills meinen!“ bekraͤftigte Friedrich. —

„Aber da haben ſie ja ganz die Rede von vorhin
vergeſſen,“ ſagte Laura erinnernd.

„Je nun, ich wollte nur ſagen, daß es bei uns

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[17/0025] „wußte gar nicht, was es gaͤbe, wie ich das Schießen hoͤrte bei uns in der Stadt thut ſo etwas kein Menſch.“ „Nicht wahr?“ ſagte Friedrich, ein langer, ſtatt- licher Burſche mit krauſem, braunem Haar und Augen ſo treu und hellblau wie Bluͤmlein Vergißmeinnicht, „nicht wahr, Jungfer Laura — ach verzeiht, ſollte wohl Mamſell ſagen“ — unterbrach er ſich. Aber Laura fiel ihm in’s Wort: „Warum denn Mamſell? nennen Sie doch alle dieſe Maͤdchen hier Jungfer, warum denn nun mich anders heißen wollen? weil ich aus der Stadt bin? Mamſell iſt ein fremdes Wort und die fremden Worte mag ich gar nicht gern leiden; da wir Deutſche ſind, wellen wir doch auch deutſch reden! ſagt der Bruder immer.“ „Ach, ich beſinne mich, „begann Friedrich wieder,“ indem er ein Wenig verlegen die Augen niederſchlug, „in der Stadt ſagen ſie jetzt: Fraͤulein.“ „Das klingt nun wieder vornehm, als waͤr’ man eine große Dame, nein, laſſt’s nur ein fuͤr allemal bei der Jungfer, das iſt ja gar ein ſchoͤnes Wort!“ ent- gegnete Laura. „Wills meinen!“ bekraͤftigte Friedrich. — „Aber da haben ſie ja ganz die Rede von vorhin vergeſſen,“ ſagte Laura erinnernd. „Je nun, ich wollte nur ſagen, daß es bei uns 2

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Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/25>, abgerufen am 28.03.2024.