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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

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lichsten Daseyn und so unveränderlich, wie
dieses, vorkommen müssen. Eine erste An¬
kündigung des Todes, bleibt die erste Tren¬
nung unvergeßlich, und wird, nachdem sie
lange wie ein nächtliches Gesicht den Men¬
schen beängstigt hat, endlich bey abnehmen¬
der Freude an den Erscheinungen des Tages,
und zunehmender Sehnsucht nach einer blei¬
benden sichern Welt, zu einem freundlichen
Wegweiser und einer tröstenden Bekannt¬
schaft. Die Nähe seiner Mutter tröstete den
Jüngling sehr. Die alte Welt schien noch
nicht ganz verlohren, und er umfaßte sie
mit verdoppelter Innigkeit. Es war früh
am Tage, als die Reisenden aus den Tho¬
ren von Eisenach fortritten, und die Dämme¬
rung begünstigte Heinrichs gerührte Stim¬
mung. Je heller es ward, desto bemerkli¬
cher wurden ihm die neuen unbekannten Ge¬
genden; und als auf einer Anhöhe die ver¬

lichſten Daſeyn und ſo unveränderlich, wie
dieſes, vorkommen müſſen. Eine erſte An¬
kündigung des Todes, bleibt die erſte Tren¬
nung unvergeßlich, und wird, nachdem ſie
lange wie ein nächtliches Geſicht den Men¬
ſchen beängſtigt hat, endlich bey abnehmen¬
der Freude an den Erſcheinungen des Tages,
und zunehmender Sehnſucht nach einer blei¬
benden ſichern Welt, zu einem freundlichen
Wegweiſer und einer tröſtenden Bekannt¬
ſchaft. Die Nähe ſeiner Mutter tröſtete den
Jüngling ſehr. Die alte Welt ſchien noch
nicht ganz verlohren, und er umfaßte ſie
mit verdoppelter Innigkeit. Es war früh
am Tage, als die Reiſenden aus den Tho¬
ren von Eiſenach fortritten, und die Dämme¬
rung begünſtigte Heinrichs gerührte Stim¬
mung. Je heller es ward, deſto bemerkli¬
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genden; und als auf einer Anhöhe die ver¬

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[36/0044] lichſten Daſeyn und ſo unveränderlich, wie dieſes, vorkommen müſſen. Eine erſte An¬ kündigung des Todes, bleibt die erſte Tren¬ nung unvergeßlich, und wird, nachdem ſie lange wie ein nächtliches Geſicht den Men¬ ſchen beängſtigt hat, endlich bey abnehmen¬ der Freude an den Erſcheinungen des Tages, und zunehmender Sehnſucht nach einer blei¬ benden ſichern Welt, zu einem freundlichen Wegweiſer und einer tröſtenden Bekannt¬ ſchaft. Die Nähe ſeiner Mutter tröſtete den Jüngling ſehr. Die alte Welt ſchien noch nicht ganz verlohren, und er umfaßte ſie mit verdoppelter Innigkeit. Es war früh am Tage, als die Reiſenden aus den Tho¬ ren von Eiſenach fortritten, und die Dämme¬ rung begünſtigte Heinrichs gerührte Stim¬ mung. Je heller es ward, deſto bemerkli¬ cher wurden ihm die neuen unbekannten Ge¬ genden; und als auf einer Anhöhe die ver¬

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Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/44>, abgerufen am 25.04.2024.