Blume sehn' ich mich zu erblicken. Sie liegt mir unaufhörlich im Sinn, und ich kann nichts anders dichten und denken. So ist mir noch nie zu Muthe gewesen: es ist, als hätt' ich vorhin geträumt, oder ich wäre in eine andere Welt hinübergeschlummert; denn in der Welt, in der ich sonst lebte, wer hätte da sich um Blumen bekümmert, und gar von einer so seltsamen Leidenschaft für eine Blume hab' ich damals nie gehört. Wo eigentlich nur der Fremde herkam? Keiner von uns hat je einen ähnlichen Men¬ schen gesehn; doch weiß ich nicht, warum nur ich von seinen Reden so ergriffen wor¬ den bin; die Andern haben ja das Nämliche gehört, und Keinem ist so etwas begegnet. Daß ich auch nicht einmal von meinem wun¬ derlichen Zustande reden kann! Es ist mir oft so entzückend wohl, und nur dann, wenn ich die Blume nicht recht gegenwärtig habe,
Blume ſehn' ich mich zu erblicken. Sie liegt mir unaufhörlich im Sinn, und ich kann nichts anders dichten und denken. So iſt mir noch nie zu Muthe geweſen: es iſt, als hätt' ich vorhin geträumt, oder ich wäre in eine andere Welt hinübergeſchlummert; denn in der Welt, in der ich ſonſt lebte, wer hätte da ſich um Blumen bekümmert, und gar von einer ſo ſeltſamen Leidenſchaft für eine Blume hab' ich damals nie gehört. Wo eigentlich nur der Fremde herkam? Keiner von uns hat je einen ähnlichen Men¬ ſchen geſehn; doch weiß ich nicht, warum nur ich von ſeinen Reden ſo ergriffen wor¬ den bin; die Andern haben ja das Nämliche gehört, und Keinem iſt ſo etwas begegnet. Daß ich auch nicht einmal von meinem wun¬ derlichen Zuſtande reden kann! Es iſt mir oft ſo entzückend wohl, und nur dann, wenn ich die Blume nicht recht gegenwärtig habe,
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Blume ſehn' ich mich zu erblicken. Sie liegt
mir unaufhörlich im Sinn, und ich kann
nichts anders dichten und denken. So iſt
mir noch nie zu Muthe geweſen: es iſt, als
hätt' ich vorhin geträumt, oder ich wäre
in eine andere Welt hinübergeſchlummert;
denn in der Welt, in der ich ſonſt lebte,
wer hätte da ſich um Blumen bekümmert,
und gar von einer ſo ſeltſamen Leidenſchaft
für eine Blume hab' ich damals nie gehört.
Wo eigentlich nur der Fremde herkam?
Keiner von uns hat je einen ähnlichen Men¬
ſchen geſehn; doch weiß ich nicht, warum
nur ich von ſeinen Reden ſo ergriffen wor¬
den bin; die Andern haben ja das Nämliche
gehört, und Keinem iſt ſo etwas begegnet.
Daß ich auch nicht einmal von meinem wun¬
derlichen Zuſtande reden kann! Es iſt mir
oft ſo entzückend wohl, und nur dann, wenn
ich die Blume nicht recht gegenwärtig habe,
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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/16>, abgerufen am 24.04.2024.
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