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Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 1. Danzig, 1843.

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diesem Punkte der wesentlichste Hebel für die Verallge-
meinerung der Gymnastik zu suchen sei.

4) Die Gelegenheit fehlt unter den obwaltenden
Umständen, sich mit Leichtigkeit von den Einrichtungen
und der Zweckmäßigkeit derselben auch für das weib-
liche Geschlecht überzeugen zu können, und somit auch
der Wunsch für ihre Benutzung. Was in orthopädi-
schen Jnstituten für die angeregte Sache geschieht, ist
in der Regel vom Verkehr der Welt abgeschlossen, und
hier auch mit Recht, um die natürliche Scheu der
Blosstellung von Leibesgebrechen nicht zu verletzen.

Die Nothwendigkeit der körperlichen Ausbildung
zu erweisen, ist fernerhin keine Aufgabe mehr für die
Arzeneikunde, und kann auch keine für diese Blätter
bleiben; es hieße vielmehr Eulen nach Athen tragen,
sollten dieselben sich allein in dieser Hinsicht damit
abgeben, um ein anerkanntes Axiom, dessen Details
längst in jeder Beziehung hinlänglich festgestellt sind,
näher und- weitläufiger besprechen zu wollen. Vom
Standpunkte der Arzeneikunde darf daher die Noth-
wendigkeit der leiblichen Erziehung, wie der Heraus-
geber dieser Blätter in dem Prospectus die Mitwir-
kung der Aerzte zu seiner wohlgemeinten Absicht in
Anspruch nimmt, hier um so weniger berücksichtigt
werden, als es vielmehr gilt, wie ihre vorhandenen
Lehren zum gemeinsamen guten Zwecke und zur Ein-
führung ins Leben am besten mit der Turnkunst in
Verbindung gesetzt werden können, und welcherlei
Uebungen besondern Krankheitsformen am zweckmäßig-
sten entsprechen. Jn diätetischer Hinsicht ist über die-
sen Zweck wohl bereits genug und tüchtiges gespro-
chen*), für die therapeutische Seite der Turnkunst steht
noch ein weites Feld offen. Dr. Kleeberg.



*) Vor Allem in: Die Gymnastik aus dem Gesichtspunkte
der Diätetik und Psychologie u. s. w. von Dr. Koch
(jetzt Medicinalrath in Merseburg) Magdeburg 1830."
Ein Buch, was jeder Familienvater besitzen sollte.
D. H.

dieſem Punkte der weſentlichſte Hebel für die Verallge-
meinerung der Gymnaſtik zu ſuchen ſei.

4) Die Gelegenheit fehlt unter den obwaltenden
Umſtänden, ſich mit Leichtigkeit von den Einrichtungen
und der Zweckmäßigkeit derſelben auch für das weib-
liche Geſchlecht überzeugen zu können, und ſomit auch
der Wunſch für ihre Benutzung. Was in orthopädi-
ſchen Jnſtituten für die angeregte Sache geſchieht, iſt
in der Regel vom Verkehr der Welt abgeſchloſſen, und
hier auch mit Recht, um die natürliche Scheu der
Blosſtellung von Leibesgebrechen nicht zu verletzen.

Die Nothwendigkeit der körperlichen Ausbildung
zu erweiſen, iſt fernerhin keine Aufgabe mehr für die
Arzeneikunde, und kann auch keine für dieſe Blätter
bleiben; es hieße vielmehr Eulen nach Athen tragen,
ſollten dieſelben ſich allein in dieſer Hinſicht damit
abgeben, um ein anerkanntes Axiom, deſſen Details
längſt in jeder Beziehung hinlänglich feſtgeſtellt ſind,
näher und- weitläufiger beſprechen zu wollen. Vom
Standpunkte der Arzeneikunde darf daher die Noth-
wendigkeit der leiblichen Erziehung, wie der Heraus-
geber dieſer Blätter in dem Proſpectus die Mitwir-
kung der Aerzte zu ſeiner wohlgemeinten Abſicht in
Anſpruch nimmt, hier um ſo weniger berückſichtigt
werden, als es vielmehr gilt, wie ihre vorhandenen
Lehren zum gemeinſamen guten Zwecke und zur Ein-
führung ins Leben am beſten mit der Turnkunſt in
Verbindung geſetzt werden können, und welcherlei
Uebungen beſondern Krankheitsformen am zweckmäßig-
ſten entſprechen. Jn diätetiſcher Hinſicht iſt über die-
ſen Zweck wohl bereits genug und tüchtiges geſpro-
chen*), für die therapeutiſche Seite der Turnkunſt ſteht
noch ein weites Feld offen. Dr. Kleeberg.



*) Vor Allem in: Die Gymnaſtik aus dem Geſichtspunkte
der Diaͤtetik und Pſychologie u. ſ. w. von Dr. Koch
(jetzt Medicinalrath in Merſeburg) Magdeburg 1830.“
Ein Buch, was jeder Familienvater beſitzen ſollte.
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[18/0022] dieſem Punkte der weſentlichſte Hebel für die Verallge- meinerung der Gymnaſtik zu ſuchen ſei. 4) Die Gelegenheit fehlt unter den obwaltenden Umſtänden, ſich mit Leichtigkeit von den Einrichtungen und der Zweckmäßigkeit derſelben auch für das weib- liche Geſchlecht überzeugen zu können, und ſomit auch der Wunſch für ihre Benutzung. Was in orthopädi- ſchen Jnſtituten für die angeregte Sache geſchieht, iſt in der Regel vom Verkehr der Welt abgeſchloſſen, und hier auch mit Recht, um die natürliche Scheu der Blosſtellung von Leibesgebrechen nicht zu verletzen. Die Nothwendigkeit der körperlichen Ausbildung zu erweiſen, iſt fernerhin keine Aufgabe mehr für die Arzeneikunde, und kann auch keine für dieſe Blätter bleiben; es hieße vielmehr Eulen nach Athen tragen, ſollten dieſelben ſich allein in dieſer Hinſicht damit abgeben, um ein anerkanntes Axiom, deſſen Details längſt in jeder Beziehung hinlänglich feſtgeſtellt ſind, näher und- weitläufiger beſprechen zu wollen. Vom Standpunkte der Arzeneikunde darf daher die Noth- wendigkeit der leiblichen Erziehung, wie der Heraus- geber dieſer Blätter in dem Proſpectus die Mitwir- kung der Aerzte zu ſeiner wohlgemeinten Abſicht in Anſpruch nimmt, hier um ſo weniger berückſichtigt werden, als es vielmehr gilt, wie ihre vorhandenen Lehren zum gemeinſamen guten Zwecke und zur Ein- führung ins Leben am beſten mit der Turnkunſt in Verbindung geſetzt werden können, und welcherlei Uebungen beſondern Krankheitsformen am zweckmäßig- ſten entſprechen. Jn diätetiſcher Hinſicht iſt über die- ſen Zweck wohl bereits genug und tüchtiges geſpro- chen *), für die therapeutiſche Seite der Turnkunſt ſteht noch ein weites Feld offen. Dr. Kleeberg. *) Vor Allem in: Die Gymnaſtik aus dem Geſichtspunkte der Diaͤtetik und Pſychologie u. ſ. w. von Dr. Koch (jetzt Medicinalrath in Merſeburg) Magdeburg 1830.“ Ein Buch, was jeder Familienvater beſitzen ſollte. D. H.

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Zitationshilfe: Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 1. Danzig, 1843, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_turnkunst01_1843/22>, abgerufen am 28.03.2024.