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St. Galler Volksblatt. Nr. 45, Uznach, 03. 06. 1896.

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Nr. 45. Uznach, Mittwoch den 3. Juni 1896. 41. Jahrgang.


St. Galler Volksblatt.
Publikations-Organ der Bezirke See und Gaster.
Obligatorisch in Uznach, Jona, Eschenbach, Schmerikon, St. Gallenkappel, Ernetschwil, Gommiswald, Goldingen.

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Erscheint Mittwoch und Samstag.


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Druck und Verlag von K. Oberholzer's Buchdruckerei, Uznach.

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Wöchentl. Gratisbeilage "Linth-Blätter".




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Vom Schurnaliste-Tag z'Genf.



Jo, jo, mier Schurnaliste
Hend's g'wöhnli trurig schlecht,
Viel Arbet und Verfolgig
Und niemer trifft me's recht.
Do hend emol doch d'Genfer
Mit üs Erbarme g'ha:
"Chönd her ihr arme Tüfel,
"Ihr müend au öppis ha!"
Do sim-mer Genf zue g'fahre,
Eschöni, g'schidi Schar,
Und sind empfange worde
So fründli und so rar.
D'Usstellig hend's üs g'öffnet
Und alles espliziert,
Mier hend grad müesse luege
Wie alles schö sortiert.
D'ruf hem-mer döre esse
Am große Festbankett;
Wenn mier's all Tag so hättid,
Mier wurdit au no fett.
Die Spise, wo's hend g'leistet,
Die guete, türe Wi, --
Jo, jo, bi dene Genfer
Isch guet Redakter si.
Sie hend au mit üs tanzet,
Sind mit üs uf de See --
E so ne Pracht und Liebi
Hem-mer no niene g'seh.
Und i de schöne Rede
Hend's fürchtig üs g'flatiert,
Und s'schönst isch no, daß d'Genfer
Vergebis üs gaftiert. ?



Die "Inkameration",

auch wieder so ein modernisierter Name statt dem deutschen
"Einsacken", ist schon zu Anfang dieses Jahrhunderts in Be-
ziehung etlicher geistlicher und Kirchengüter an der Tagesordnung
gewesen und bezog sich auf eine hübsche Anzahl Kirchengüter und
Gefälle, die damals dem Bistum Chur, St. Gallen und Thur-
gau u. a. (bezw. Bistum Konstanz) zugehörten und einen Wert
von zirka 11/2 Millionen repräsentierten, die durch sogenannte
"Inkameration" den rechtlichen Eigentümern entzogen und einer
Anzahl deutscher Fürsten und Städte, die durch den Frieden
von Lüneville zu Verlust gekommen, mir nichts dir nichts zu-
geschoben wurden. Durch den Gewaltakt hatten auch schweizerische
Stifte zu leiden. So wurden an Rechten, Liegenschaften, Ge-
fällen und Einkünften der geistlichen Stiftungen inkameriert und
sequestriert:

[Tabelle]

Ferner verloren Schwyz (Einsiedeln) fl. 126,849. 50,
Schaffhausen fl. 526,814 (zumeist aus den Besitzungen des
Klosters Allerheiligen); Appenzell J. Rh. fl. 4337. 36; Aargau
fl. 147,671; Total ungefähr fl. 2,113,632.

Umgekehrt hatten auch deutsche geistliche Stifte und Korpo-
tationen, so der Bischof von Konstanz, das Kloster von Säckingen, der
deutsche und der Malteserorden in der Schweiz Besitzungen. In
§ 29 des bezüglichen Reichsdeputationshauptschlusses war zwar
bestimmt worden, es solle über die Güter säkularisierter Stifte
in der Schweiz und in Deutschland ein Ausgleich stattfinden;
im gleichen Artikel war der helvetischen Republik die ausdrück-
liche Versicherung gegeben worden, es sollten die im deutschen
Reiche gelegenen Besitzungen schweizerischer Stiftungen der Schweiz
selbst auf den Fall nicht entzogen werden, daß diese Stiftungen
säkularisiert würden. Die eidg. Tagsatzung nahm den "Haupt-
schluß" an, mit dem Vorbehalte jedoch, daß alle betreffenden
Parteien gewillt seien, denselben nach seinem Sitze und ohne Nach-
teil für die Schweiz auszuführen. Allein schon am 4. Dezember
1803 erließ Oesterreich ein Edikt, welches in der oden erwähnten
Weise Sequester und Inkameration durchführte. Rudolf von
Wattenwil, der damalige Landammann der Schweiz, erhob da-
gegen Einsprache. Am 9. Juni 1804 überwies dann die Tag-
satzung sämtliche auf die vorerwähnte Angelegenheit bezüglichen
[Spaltenumbruch] Akten zur Prüfung und Berichterstattung an eine aus Bürger-
meister Reinhard in Zürich, Landammann Reding von Schwyz,
Stocker von Schaffhausen, Müller-Friedberg von St. Gallen,
Karl Reding von Aargau und Morell aus dem Thurgau bestellte
Kommission. Unterm 30. Juli gleichen Jahres gab die Kom-
mission einen General-Etat derjenigen Besitzungen schweizerischer
Korporationen ein, welche durch das österreichische Edikt getroffen
wurden und die sie auf einen Wert von ca. 5 Millionen Fr.
schätzte. Komplizierter wurden die Verhältnisse noch durch den
1805 abgeschlossenen Frieden von Preßburg, gemäß welchem
Oesterreich ausgedehnte Territorien an Baiern, an Württemberg
und an den Kurfürsten von Baden abtreten mußte und zwar mit
eben denselben Rechten, mit welchen Oesterreich sie besessen hatte.

Politische Zerwürfnisse hinderten die Schweiz, ihre Rechts-
ansprüche anfänglich energisch geltend zu machen. Das Repertorium
eidgenössischer Abschiede aus jenen Zeiten gibt eingehenden Bericht
über vielfache Verhandlungen, welche die Tagsatzung bezw. deren
Kommissionen und Bevollmächtigte mit den süddeutschen und
österrreichischen Nachbarn in der Angelegenheit führten. Die
Unterhandlungen mit Baden, Württemberg und Baiern führten
in der verhältnismäßig kurzen Frist eines Dezeniums zu einem be-
friedigenden Abschlusse. Fast ganz erfolglos gestalteten sich da-
gegen die Verhandlungen mit Oesterreich. Dieselben tauchen in
den Tagsatzungsabschieden bis 1848 immer und immer wieder
auf, ohne daß man sich in Wien veranlaßt gesehen hätte, die den
schweizerischen Reklamationen gegenüber beobachtete hinhaltende oder
direkt ablehnende Haltung aufzugeben. Und doch hatte der öster-
reichische Minister des Auswärtigen unterm 31. März 1808 er-
klärt, daß der kaiserliche Hof das Inkamerationsedikt vom 3. De-
zember 1803 aufgehoben und die bloß aus diesem Titel seque-
strierten Güter wieder freizugeben beschlossen habe. Dem Bischof
von Chur wurde von Oesterreich seit 1848 eine anfänglich von
Baiern übernommene jährliche Rente von 6000 Gulden bezahlt.
Aber 1881 hörte diese Zahlung auch auf und dem hochw. Bischof
Rampa war es in Wien nicht gelungen, dieselbe wieder flüssig
zu machen.

Vorletzte Woche nun war in Ragaz eine Konferenz der betr.
zü Verlust gekommenen Kantone, welche es noch einmal probieren
möchten, von dem damals ohnehin gerupften Oesterreich ihre Ver-
luste wieder herauszubekommen. Bevor aber die Sache in Wien
anhängig gemacht wird, sollen noch einige Ergänzungen des weit-
läufigen Aktenmaterials stattfinden. So meint die Ragazer Ver-
sammlung.

Zu diesen wahrscheinlich aussichtslosen Bemühungen um des
"Kaisers Bart" hat der alte, nun 81jährige aber immer noch
geistig frische alt Ständerat P. C. Planta folgende Aussichten ge-
stellt: Oesterreich werde sich bei dieser Frage auf das sogenannte
"Epavenrecht" (Heimfallsrecht) berufen und sagen: durch die
Klosteraufhebung etc. sei das Klostergeld herrenlos geworden und
wenn die Schweizer durch ihre Staaten das Klostervermögen ein-
sackten -- "inkamerierten" oder "anektierten", und solches als
herrliche Kulturtat preisen, so habe Oesterreich auf seinem Boden
das gleiche Recht wie jene.

Wir möchten also auf diese Schatzgräberei keine Aktien kaufen,
wenn wir zum Schaden nicht auch noch den Spott einheimsen wollen.




Der Kapuzinerorden.



Nachdem der Schweiz durch nochmalige Wiederwahl des
hochw. P. Bernhard Christen zum General des Kapuziner-
ordens eine Ehre zuteil geworden, wie sie größere Länder selten
erfahren, dürfte es angemessen sein, diesen Orden, den so ziemlich
jedermann in seiner jetzigen Wirksamkeit kennt, auch in seiner Ge-
schichte kennen zu lernen. Der Kapuzinerorden ist ein Glied der
großen, vom hl. Franziskus von Assisi im 13. Jahrhundert gestif-
teten Ordensfamilie. Bekanntlich gründete dieser Heilige drei
Orden,
den der minderen Brüder für Männer, den der
Klarissinen für Jungfrauen und den sog. dritten Orden
für Weltleute. Alle diese Orden wirkten und wirken immer noch
segensreich. Immerhin war der männliche Orden in den folgenden
Jahrhunderten von seiner ursprünglichen Strenge und Lebensweise,
vielfach auch vom Geiste des seraphischen Vaters abgekommen
und war darum auch weniger geeignet, den Stürmen der soge-
nannten Reformation wirksam entgegenzutreten. Da ließ die gött-
liche Vorsehung aus der alten aber noch immer lebenskräftigen Wurzel
einen neuen Stamm emporwachsen. Der Franziskaner Matthäus
Baschi
wollte die ursprüngliche Strenge wieder zur Geltung
bringen und erhielt im Jahre 1526 vom Papst Klemens VII.
die Erlaubnis, die Regel des hl. Franziskus in Einsiedeleien zu
beobachten und dem Volke zu predigen. Da die neue Stiftung
bald viele Anhänger fand, wurde auch das Leben in Klöstern
zugestanden; immerhin sollte diese neue Genossenschaft unter der
Oberleitung der eigentlichen Franziskaner stehen. -- Wohl bei
keinem Orden zeigte es sich so klar, daß Gottes Vorsehung ihre
Pläne zu verwirklichen vermag trotz des menschlichen Unverstandes,
wie beim Kapuzinerorden. Da schien sich wirklich alles zu ver-
schwören, um diese junge Pflanze im Keime zu ersticken. Die
Franziskaner wollten die neue Genossenschaft durchaus nicht als
[Spaltenumbruch] Zweig der Franziskaner gelten lassen, stritten ihr alle Privilegien
ab, und es gab langjährige Streitigkeiten, welche wiederholt durch
päpstliche Entscheidungen geschlichtet werden mußten. Die Päpste
selbst verhielten sich sehr zurückhaltend und erst Paul V. gestattete
ihnen anno 1619 die Wahl eines eigenen Generals, während sie
bis dahin nur einen Generalvikar ernnenen durften.

Viel gefährlicher aber wurden dem neuen Orden einige seiner
eigenen und zwar hervorragende Mitglieder. Der Stifter selbst,
Matthäus Baschi, trat im Jahre 1537 aus dem Orden aus.
Der dritte Generalvikar aber, Bernhardin Ochino, der lange
Zeit hindurch scheinbar ein heiligmäßiges Leben geführt, die Gunst
und das Zutrauen der Bischöfe und Fürsten genossen und den
Orden mächtig gefördert und zu hoher Blüte gebracht hatte, fiel
sogar zum Protestantismus ab, nahm sich ein Weib und fiel nach
und nach so tief, daß er durch Schrift und Wort und Beispiel
die Vielweiberei lehrte und verteidigte und nach langen Irrfahrten
als verkommener Mensch in Mähren starb. Solche Vorkomm-
nisse mußten das Vertrauen in diesen Orden naturgemäß
erschüttern, wie es ihm z. B. ein zweijähriges Verbot, das Predigt-
amt auszuüben, eintrug. Es scheint aber, daß Gott dies nur
geschehen ließ, um deutlich zu zeigen, daß der Kapuzinerorden
so recht eigentlich sein Werk sei, das er ohne menschliche Hülfe
zum guten Ende führen wollte. Personen aus den hohen und
höchsten Ständen traten ein und der Orden breitete sich rasch
aus, zuerst in Italien, aber bald auch über seine Grenzen hinaus,
in Frankreich, Spanien, Oesterreich, Deutschland und in der
Schweiz. In unserm Vaterlande führte der um die Erhaltung
des katholischen Glaubens in der Schweiz hochverdiente hl. Karl
Borromäus, Erzbischof von Mailand, den Kapuzinerorden ein.
Im Jahre 1580 wurde das Kloster in Altdorf gegründet, dem bald
diejenigen von Stans, Luzern u. s. w. folgten. Durch ihre strenge
Lebensweise und ihre volkstümlichen Predigten bildeten die
Kapuziner einen starken Wall gegen den immer weiter vordringenden
Protestantismus, und gar manche Gegend der deutschen Schweiz
verdankt die Erhaltung des wahren Glaubens nächst Gott allein
dem segensreichen Wirken der armen Kapuziner. Der hl. Fidelis
von Sigmaringen ging nach Graubünden, wohin sich seit dem
Abfall vom katholischen Glauben kein katholischer Missionär mehr
zu gehen getraut hatte, und unter unsäglichen Mühen führte er
einen großen Teil der Bevölkerung wieder in den Schoß der
heiligen Kirche zurück. Er war der Begründer der sogenannten
rhätischen Mission, welche bis zur Stunde fortbesteht. Daher
kommt es, daß bis heute noch viele bündnerische Pfarreien von
Kapuzinern verwaltet werden. Fidelis erlitt am 25. April 1622
in Sewis den Martyrertod.

Der Kapuzinerorden, der seine seelsorgliche Tätigkeit mehr
den untern Volksklassen zuwendet, hat der Kirche in den letzten
drei Jahrhunderten große Dienste geleistet, auch dem mühevollen
Amt der Bekehrung der Heiden, besonders in Afrika und Amerika,
haben sich die Mönche dieses Ordens mit heldenmütiger Auf-
opferung unterzogen.

In unserem Vaterlande ist der Kapuzinerorden immer noch
der volkstümlichste aller Orden und es gibt sehr wenige katho-
lische Gemeinden, welche die segensreiche Wirksamkeit seiner Glieder
auf der Kanzel und im Beichtstuhle nicht erfahren haben. Nebst
diesem, wir möchten sagen, alltäglichen Wirken, verdankt die
katholische Schweiz dem Kapuzinerorden auch außerordentliche Werke
von unberechenbarem Werte. Wer erinnert sich nicht an den all-
bekannten P. Theodosius, der das Lehrschwestern-Institut
in Menzingen, das Institut Ingenbohl, das Kollegium in Schwyz
in seiner jetzigen Gestalt, den Kreuzspital in Chur u. a. gegründet
hat. Man braucht nur der tausend und tausend Lehr- und
Krankenschwestern von Menzingen und Ingenbohl zu gedenken,
welche in so vielen Anstalten segensreich wirken, um einzusehen,
zu welch großem Danke die Schweiz dem Kapuzinerorden verpflichtet ist.

Vor etwa zwei Jahrzehnten schien die schweizerische Kapuziner-
provinz etwas gefährdet, weil nur wenige junge Leute mehr in
den Orden traten und so die Mitgliederzahl immer mehr zusammen-
schmolz. Durch Gründung des Gymnasiums in Stans, das sich
in kurzer Zeit zur schönsten Blüte emporgearbeitet, ist dem drohenden
Uebel glücklich vorbeugt worden zur Freude der Kapuziner und
zum Glück für die katholische Schweiz.

Die vielen Klöster und Hospize dieses Ordens in unserem
Vaterlande haben den Stürmen früherer und neuerer Zeit glücklich
standgehalten. Mochten andere Klöster der Wucht der Feinde
erliegen, die Kapuzinerklöster kamen zum größten Teil mit dem
Schrecken davon. |Daran mag sowohl ihre Volkstümlichkeit, als
auch ihre Armut ein Verdienst haben. Denn wo nichts zu holen
ist, läßt der Fanatismus der meisten Klosterstürmer sofort um
einige Grade nach, nur den alleringrimmigsten Klostermetzgern,
wie etwa den aargauischen traurigen Angedenkens, sind auch
die Kapuziner noch ein Dorn im Auge, der unter allen Umständen
beseitigt werden muß.

Wir schweizerische Katholiken aber schätzen uns glücklich, daß
dieser Orden bei uns so verbreitet ist und so segensreich wirkt,
und wir freuen uns aufrichtig, daß ein schweizerischer Kapuziner
nun schon zum dritten Mal, entgegen der Gewohnheit und ent-
gegen aller Erwartung, an die Spitze des ganzen Ordens
gestellt wurde.


Nr. 45. Uznach, Mittwoch den 3. Juni 1896. 41. Jahrgang.


St. Galler Volksblatt.
Publikations-Organ der Bezirke See und Gaſter.
Obligatoriſch in Uznach, Jona, Eſchenbach, Schmerikon, St. Gallenkappel, Ernetſchwil, Gommiswald, Goldingen.

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Vom Schurnaliſte-Tag z’Genf.



Jo, jo, mier Schurnaliſte
Hend’s g’wöhnli trurig ſchlecht,
Viel Arbet und Verfolgig
Und niemer trifft me’s recht.
Do hend emol doch d’Genfer
Mit üs Erbarme g’ha:
„Chönd her ihr arme Tüfel,
„Ihr müend au öppis ha!“
Do ſim-mer Genf zue g’fahre,
Eſchöni, g’ſchidi Schar,
Und ſind empfange worde
So fründli und ſo rar.
D’Usſtellig hend’s üs g’öffnet
Und alles eſpliziert,
Mier hend grad müeſſe luege
Wie alles ſchö ſortiert.
D’ruf hem-mer döre eſſe
Am große Feſtbankett;
Wenn mier’s all Tag ſo hättid,
Mier wurdit au no fett.
Die Spiſe, wo’s hend g’leiſtet,
Die guete, türe Wi, —
Jo, jo, bi dene Genfer
Iſch guet Redakter ſi.
Sie hend au mit üs tanzet,
Sind mit üs uf de See —
E ſo ne Pracht und Liebi
Hem-mer no niene g’ſeh.
Und i de ſchöne Rede
Hend’s fürchtig üs g’flatiert,
Und s’ſchönſt iſch no, daß d’Genfer
Vergebis üs gaftiert. ?



Die „Inkameration“,

auch wieder ſo ein moderniſierter Name ſtatt dem deutſchen
Einſacken“, iſt ſchon zu Anfang dieſes Jahrhunderts in Be-
ziehung etlicher geiſtlicher und Kirchengüter an der Tagesordnung
geweſen und bezog ſich auf eine hübſche Anzahl Kirchengüter und
Gefälle, die damals dem Bistum Chur, St. Gallen und Thur-
gau u. a. (bezw. Bistum Konſtanz) zugehörten und einen Wert
von zirka 1½ Millionen repräſentierten, die durch ſogenannte
„Inkameration“ den rechtlichen Eigentümern entzogen und einer
Anzahl deutſcher Fürſten und Städte, die durch den Frieden
von Lüneville zu Verluſt gekommen, mir nichts dir nichts zu-
geſchoben wurden. Durch den Gewaltakt hatten auch ſchweizeriſche
Stifte zu leiden. So wurden an Rechten, Liegenſchaften, Ge-
fällen und Einkünften der geiſtlichen Stiftungen inkameriert und
ſequeſtriert:

[Tabelle]

Ferner verloren Schwyz (Einſiedeln) fl. 126,849. 50,
Schaffhauſen fl. 526,814 (zumeiſt aus den Beſitzungen des
Kloſters Allerheiligen); Appenzell J. Rh. fl. 4337. 36; Aargau
fl. 147,671; Total ungefähr fl. 2,113,632.

Umgekehrt hatten auch deutſche geiſtliche Stifte und Korpo-
tationen, ſo der Biſchof von Konſtanz, das Kloſter von Säckingen, der
deutſche und der Malteſerorden in der Schweiz Beſitzungen. In
§ 29 des bezüglichen Reichsdeputationshauptſchluſſes war zwar
beſtimmt worden, es ſolle über die Güter ſäkulariſierter Stifte
in der Schweiz und in Deutſchland ein Ausgleich ſtattfinden;
im gleichen Artikel war der helvetiſchen Republik die ausdrück-
liche Verſicherung gegeben worden, es ſollten die im deutſchen
Reiche gelegenen Beſitzungen ſchweizeriſcher Stiftungen der Schweiz
ſelbſt auf den Fall nicht entzogen werden, daß dieſe Stiftungen
ſäkulariſiert würden. Die eidg. Tagſatzung nahm den „Haupt-
ſchluß“ an, mit dem Vorbehalte jedoch, daß alle betreffenden
Parteien gewillt ſeien, denſelben nach ſeinem Sitze und ohne Nach-
teil für die Schweiz auszuführen. Allein ſchon am 4. Dezember
1803 erließ Oeſterreich ein Edikt, welches in der oden erwähnten
Weiſe Sequeſter und Inkameration durchführte. Rudolf von
Wattenwil, der damalige Landammann der Schweiz, erhob da-
gegen Einſprache. Am 9. Juni 1804 überwies dann die Tag-
ſatzung ſämtliche auf die vorerwähnte Angelegenheit bezüglichen
[Spaltenumbruch] Akten zur Prüfung und Berichterſtattung an eine aus Bürger-
meiſter Reinhard in Zürich, Landammann Reding von Schwyz,
Stocker von Schaffhauſen, Müller-Friedberg von St. Gallen,
Karl Reding von Aargau und Morell aus dem Thurgau beſtellte
Kommiſſion. Unterm 30. Juli gleichen Jahres gab die Kom-
miſſion einen General-Etat derjenigen Beſitzungen ſchweizeriſcher
Korporationen ein, welche durch das öſterreichiſche Edikt getroffen
wurden und die ſie auf einen Wert von ca. 5 Millionen Fr.
ſchätzte. Komplizierter wurden die Verhältniſſe noch durch den
1805 abgeſchloſſenen Frieden von Preßburg, gemäß welchem
Oeſterreich ausgedehnte Territorien an Baiern, an Württemberg
und an den Kurfürſten von Baden abtreten mußte und zwar mit
eben denſelben Rechten, mit welchen Oeſterreich ſie beſeſſen hatte.

Politiſche Zerwürfniſſe hinderten die Schweiz, ihre Rechts-
anſprüche anfänglich energiſch geltend zu machen. Das Repertorium
eidgenöſſiſcher Abſchiede aus jenen Zeiten gibt eingehenden Bericht
über vielfache Verhandlungen, welche die Tagſatzung bezw. deren
Kommiſſionen und Bevollmächtigte mit den ſüddeutſchen und
öſterrreichiſchen Nachbarn in der Angelegenheit führten. Die
Unterhandlungen mit Baden, Württemberg und Baiern führten
in der verhältnismäßig kurzen Friſt eines Dezeniums zu einem be-
friedigenden Abſchluſſe. Faſt ganz erfolglos geſtalteten ſich da-
gegen die Verhandlungen mit Oeſterreich. Dieſelben tauchen in
den Tagſatzungsabſchieden bis 1848 immer und immer wieder
auf, ohne daß man ſich in Wien veranlaßt geſehen hätte, die den
ſchweizeriſchen Reklamationen gegenüber beobachtete hinhaltende oder
direkt ablehnende Haltung aufzugeben. Und doch hatte der öſter-
reichiſche Miniſter des Auswärtigen unterm 31. März 1808 er-
klärt, daß der kaiſerliche Hof das Inkamerationsedikt vom 3. De-
zember 1803 aufgehoben und die bloß aus dieſem Titel ſeque-
ſtrierten Güter wieder freizugeben beſchloſſen habe. Dem Biſchof
von Chur wurde von Oeſterreich ſeit 1848 eine anfänglich von
Baiern übernommene jährliche Rente von 6000 Gulden bezahlt.
Aber 1881 hörte dieſe Zahlung auch auf und dem hochw. Biſchof
Rampa war es in Wien nicht gelungen, dieſelbe wieder flüſſig
zu machen.

Vorletzte Woche nun war in Ragaz eine Konferenz der betr.
zü Verluſt gekommenen Kantone, welche es noch einmal probieren
möchten, von dem damals ohnehin gerupften Oeſterreich ihre Ver-
luſte wieder herauszubekommen. Bevor aber die Sache in Wien
anhängig gemacht wird, ſollen noch einige Ergänzungen des weit-
läufigen Aktenmaterials ſtattfinden. So meint die Ragazer Ver-
ſammlung.

Zu dieſen wahrſcheinlich ausſichtsloſen Bemühungen um des
„Kaiſers Bart“ hat der alte, nun 81jährige aber immer noch
geiſtig friſche alt Ständerat P. C. Planta folgende Ausſichten ge-
ſtellt: Oeſterreich werde ſich bei dieſer Frage auf das ſogenannte
Epavenrecht“ (Heimfallsrecht) berufen und ſagen: durch die
Kloſteraufhebung ꝛc. ſei das Kloſtergeld herrenlos geworden und
wenn die Schweizer durch ihre Staaten das Kloſtervermögen ein-
ſackten — „inkamerierten“ oder „anektierten“, und ſolches als
herrliche Kulturtat preiſen, ſo habe Oeſterreich auf ſeinem Boden
das gleiche Recht wie jene.

Wir möchten alſo auf dieſe Schatzgräberei keine Aktien kaufen,
wenn wir zum Schaden nicht auch noch den Spott einheimſen wollen.




Der Kapuzinerorden.



Nachdem der Schweiz durch nochmalige Wiederwahl des
hochw. P. Bernhard Chriſten zum General des Kapuziner-
ordens eine Ehre zuteil geworden, wie ſie größere Länder ſelten
erfahren, dürfte es angemeſſen ſein, dieſen Orden, den ſo ziemlich
jedermann in ſeiner jetzigen Wirkſamkeit kennt, auch in ſeiner Ge-
ſchichte kennen zu lernen. Der Kapuzinerorden iſt ein Glied der
großen, vom hl. Franziskus von Aſſiſi im 13. Jahrhundert geſtif-
teten Ordensfamilie. Bekanntlich gründete dieſer Heilige drei
Orden,
den der minderen Brüder für Männer, den der
Klariſſinen für Jungfrauen und den ſog. dritten Orden
für Weltleute. Alle dieſe Orden wirkten und wirken immer noch
ſegensreich. Immerhin war der männliche Orden in den folgenden
Jahrhunderten von ſeiner urſprünglichen Strenge und Lebensweiſe,
vielfach auch vom Geiſte des ſeraphiſchen Vaters abgekommen
und war darum auch weniger geeignet, den Stürmen der ſoge-
nannten Reformation wirkſam entgegenzutreten. Da ließ die gött-
liche Vorſehung aus der alten aber noch immer lebenskräftigen Wurzel
einen neuen Stamm emporwachſen. Der Franziskaner Matthäus
Baschi
wollte die urſprüngliche Strenge wieder zur Geltung
bringen und erhielt im Jahre 1526 vom Papſt Klemens VII.
die Erlaubnis, die Regel des hl. Franziskus in Einſiedeleien zu
beobachten und dem Volke zu predigen. Da die neue Stiftung
bald viele Anhänger fand, wurde auch das Leben in Klöſtern
zugeſtanden; immerhin ſollte dieſe neue Genoſſenſchaft unter der
Oberleitung der eigentlichen Franziskaner ſtehen. — Wohl bei
keinem Orden zeigte es ſich ſo klar, daß Gottes Vorſehung ihre
Pläne zu verwirklichen vermag trotz des menſchlichen Unverſtandes,
wie beim Kapuzinerorden. Da ſchien ſich wirklich alles zu ver-
ſchwören, um dieſe junge Pflanze im Keime zu erſticken. Die
Franziskaner wollten die neue Genoſſenſchaft durchaus nicht als
[Spaltenumbruch] Zweig der Franziskaner gelten laſſen, ſtritten ihr alle Privilegien
ab, und es gab langjährige Streitigkeiten, welche wiederholt durch
päpſtliche Entſcheidungen geſchlichtet werden mußten. Die Päpſte
ſelbſt verhielten ſich ſehr zurückhaltend und erſt Paul V. geſtattete
ihnen anno 1619 die Wahl eines eigenen Generals, während ſie
bis dahin nur einen Generalvikar ernnenen durften.

Viel gefährlicher aber wurden dem neuen Orden einige ſeiner
eigenen und zwar hervorragende Mitglieder. Der Stifter ſelbſt,
Matthäus Baschi, trat im Jahre 1537 aus dem Orden aus.
Der dritte Generalvikar aber, Bernhardin Ochino, der lange
Zeit hindurch ſcheinbar ein heiligmäßiges Leben geführt, die Gunſt
und das Zutrauen der Biſchöfe und Fürſten genoſſen und den
Orden mächtig gefördert und zu hoher Blüte gebracht hatte, fiel
ſogar zum Proteſtantismus ab, nahm ſich ein Weib und fiel nach
und nach ſo tief, daß er durch Schrift und Wort und Beiſpiel
die Vielweiberei lehrte und verteidigte und nach langen Irrfahrten
als verkommener Menſch in Mähren ſtarb. Solche Vorkomm-
niſſe mußten das Vertrauen in dieſen Orden naturgemäß
erſchüttern, wie es ihm z. B. ein zweijähriges Verbot, das Predigt-
amt auszuüben, eintrug. Es ſcheint aber, daß Gott dies nur
geſchehen ließ, um deutlich zu zeigen, daß der Kapuzinerorden
ſo recht eigentlich ſein Werk ſei, das er ohne menſchliche Hülfe
zum guten Ende führen wollte. Perſonen aus den hohen und
höchſten Ständen traten ein und der Orden breitete ſich raſch
aus, zuerſt in Italien, aber bald auch über ſeine Grenzen hinaus,
in Frankreich, Spanien, Oeſterreich, Deutſchland und in der
Schweiz. In unſerm Vaterlande führte der um die Erhaltung
des katholiſchen Glaubens in der Schweiz hochverdiente hl. Karl
Borromäus, Erzbiſchof von Mailand, den Kapuzinerorden ein.
Im Jahre 1580 wurde das Kloſter in Altdorf gegründet, dem bald
diejenigen von Stans, Luzern u. ſ. w. folgten. Durch ihre ſtrenge
Lebensweiſe und ihre volkstümlichen Predigten bildeten die
Kapuziner einen ſtarken Wall gegen den immer weiter vordringenden
Proteſtantismus, und gar manche Gegend der deutſchen Schweiz
verdankt die Erhaltung des wahren Glaubens nächſt Gott allein
dem ſegensreichen Wirken der armen Kapuziner. Der hl. Fidelis
von Sigmaringen ging nach Graubünden, wohin ſich ſeit dem
Abfall vom katholiſchen Glauben kein katholiſcher Miſſionär mehr
zu gehen getraut hatte, und unter unſäglichen Mühen führte er
einen großen Teil der Bevölkerung wieder in den Schoß der
heiligen Kirche zurück. Er war der Begründer der ſogenannten
rhätiſchen Miſſion, welche bis zur Stunde fortbeſteht. Daher
kommt es, daß bis heute noch viele bündneriſche Pfarreien von
Kapuzinern verwaltet werden. Fidelis erlitt am 25. April 1622
in Sewis den Martyrertod.

Der Kapuzinerorden, der ſeine ſeelſorgliche Tätigkeit mehr
den untern Volksklaſſen zuwendet, hat der Kirche in den letzten
drei Jahrhunderten große Dienſte geleiſtet, auch dem mühevollen
Amt der Bekehrung der Heiden, beſonders in Afrika und Amerika,
haben ſich die Mönche dieſes Ordens mit heldenmütiger Auf-
opferung unterzogen.

In unſerem Vaterlande iſt der Kapuzinerorden immer noch
der volkstümlichſte aller Orden und es gibt ſehr wenige katho-
liſche Gemeinden, welche die ſegensreiche Wirkſamkeit ſeiner Glieder
auf der Kanzel und im Beichtſtuhle nicht erfahren haben. Nebſt
dieſem, wir möchten ſagen, alltäglichen Wirken, verdankt die
katholiſche Schweiz dem Kapuzinerorden auch außerordentliche Werke
von unberechenbarem Werte. Wer erinnert ſich nicht an den all-
bekannten P. Theodoſius, der das Lehrſchweſtern-Inſtitut
in Menzingen, das Inſtitut Ingenbohl, das Kollegium in Schwyz
in ſeiner jetzigen Geſtalt, den Kreuzſpital in Chur u. a. gegründet
hat. Man braucht nur der tauſend und tauſend Lehr- und
Krankenſchweſtern von Menzingen und Ingenbohl zu gedenken,
welche in ſo vielen Anſtalten ſegensreich wirken, um einzuſehen,
zu welch großem Danke die Schweiz dem Kapuzinerorden verpflichtet iſt.

Vor etwa zwei Jahrzehnten ſchien die ſchweizeriſche Kapuziner-
provinz etwas gefährdet, weil nur wenige junge Leute mehr in
den Orden traten und ſo die Mitgliederzahl immer mehr zuſammen-
ſchmolz. Durch Gründung des Gymnaſiums in Stans, das ſich
in kurzer Zeit zur ſchönſten Blüte emporgearbeitet, iſt dem drohenden
Uebel glücklich vorbeugt worden zur Freude der Kapuziner und
zum Glück für die katholiſche Schweiz.

Die vielen Klöſter und Hoſpize dieſes Ordens in unſerem
Vaterlande haben den Stürmen früherer und neuerer Zeit glücklich
ſtandgehalten. Mochten andere Klöſter der Wucht der Feinde
erliegen, die Kapuzinerklöſter kamen zum größten Teil mit dem
Schrecken davon. |Daran mag ſowohl ihre Volkstümlichkeit, als
auch ıhre Armut ein Verdienſt haben. Denn wo nichts zu holen
iſt, läßt der Fanatismus der meiſten Kloſterſtürmer ſofort um
einıge Grade nach, nur den alleringrimmigſten Kloſtermetzgern,
wie etwa den aargauiſchen traurigen Angedenkens, ſind auch
die Kapuziner noch ein Dorn im Auge, der unter allen Umſtänden
beſeitigt werden muß.

Wir ſchweizeriſche Katholiken aber ſchätzen uns glücklich, daß
dieſer Orden bei uns ſo verbreitet iſt und ſo ſegensreich wirkt,
und wir freuen uns aufrichtig, daß ein ſchweizeriſcher Kapuziner
nun ſchon zum dritten Mal, entgegen der Gewohnheit und ent-
gegen aller Erwartung, an die Spitze des ganzen Ordens
geſtellt wurde.


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[1/0001] Nr. 45. Uznach, Mittwoch den 3. Juni 1896. 41. Jahrgang. St. Galler Volksblatt. Publikations-Organ der Bezirke See und Gaſter. Obligatoriſch in Uznach, Jona, Eſchenbach, Schmerikon, St. Gallenkappel, Ernetſchwil, Gommiswald, Goldingen. Abonnementspreis: Bei den Verträgern und mit Adreſſe in der Schweiz halbjährlich Fr. 2. 50 Rp., vierteljährlich Fr. 1. 30 Rp. Bei der eidgen. Poſt jährlich Fr. 5. — Rp., halbjährlich Fr. 2. 60 Rp., vierteljährlich Fr. 1. 40 Rp. für das Ausland (Poſtverein) jede Nummer mit Adreſſe halbjährlich Fr. 5, wöchentlich ein Mal halbjährlich Fr. 3. 50 Rp. [Abbildung] Telephon. Inſertionsgebühr für den Seebezirk und Gaſter (ohne Vermittlung der Inſeratenbureaux): Die kleinſpaltige Petitzeile oder deren Raum 10 Rp. — Für die übrigen Inſerenten koſtet die kleinſpaltige Petitzeile oder deren Raum 15 Rp. Bei Wiederholungen Rabatt. — Inſerate müſſen bis jeweilen ſpäteſtens Dienstag und Freitag vormittags 9 Uhr abgegeben werden. Erſcheint Mittwoch und Samstag. Druck und Verlag von K. Oberholzer’s Buchdruckerei, Uznach. Wöchentl. Gratisbeilage „Linth-Blätter“. Vom Schurnaliſte-Tag z’Genf. Jo, jo, mier Schurnaliſte Hend’s g’wöhnli trurig ſchlecht, Viel Arbet und Verfolgig Und niemer trifft me’s recht. Do hend emol doch d’Genfer Mit üs Erbarme g’ha: „Chönd her ihr arme Tüfel, „Ihr müend au öppis ha!“ Do ſim-mer Genf zue g’fahre, Eſchöni, g’ſchidi Schar, Und ſind empfange worde So fründli und ſo rar. D’Usſtellig hend’s üs g’öffnet Und alles eſpliziert, Mier hend grad müeſſe luege Wie alles ſchö ſortiert. D’ruf hem-mer döre eſſe Am große Feſtbankett; Wenn mier’s all Tag ſo hättid, Mier wurdit au no fett. Die Spiſe, wo’s hend g’leiſtet, Die guete, türe Wi, — Jo, jo, bi dene Genfer Iſch guet Redakter ſi. Sie hend au mit üs tanzet, Sind mit üs uf de See — E ſo ne Pracht und Liebi Hem-mer no niene g’ſeh. Und i de ſchöne Rede Hend’s fürchtig üs g’flatiert, Und s’ſchönſt iſch no, daß d’Genfer Vergebis üs gaftiert. ? Die „Inkameration“, auch wieder ſo ein moderniſierter Name ſtatt dem deutſchen „Einſacken“, iſt ſchon zu Anfang dieſes Jahrhunderts in Be- ziehung etlicher geiſtlicher und Kirchengüter an der Tagesordnung geweſen und bezog ſich auf eine hübſche Anzahl Kirchengüter und Gefälle, die damals dem Bistum Chur, St. Gallen und Thur- gau u. a. (bezw. Bistum Konſtanz) zugehörten und einen Wert von zirka 1½ Millionen repräſentierten, die durch ſogenannte „Inkameration“ den rechtlichen Eigentümern entzogen und einer Anzahl deutſcher Fürſten und Städte, die durch den Frieden von Lüneville zu Verluſt gekommen, mir nichts dir nichts zu- geſchoben wurden. Durch den Gewaltakt hatten auch ſchweizeriſche Stifte zu leiden. So wurden an Rechten, Liegenſchaften, Ge- fällen und Einkünften der geiſtlichen Stiftungen inkameriert und ſequeſtriert: Ferner verloren Schwyz (Einſiedeln) fl. 126,849. 50, Schaffhauſen fl. 526,814 (zumeiſt aus den Beſitzungen des Kloſters Allerheiligen); Appenzell J. Rh. fl. 4337. 36; Aargau fl. 147,671; Total ungefähr fl. 2,113,632. Umgekehrt hatten auch deutſche geiſtliche Stifte und Korpo- tationen, ſo der Biſchof von Konſtanz, das Kloſter von Säckingen, der deutſche und der Malteſerorden in der Schweiz Beſitzungen. In § 29 des bezüglichen Reichsdeputationshauptſchluſſes war zwar beſtimmt worden, es ſolle über die Güter ſäkulariſierter Stifte in der Schweiz und in Deutſchland ein Ausgleich ſtattfinden; im gleichen Artikel war der helvetiſchen Republik die ausdrück- liche Verſicherung gegeben worden, es ſollten die im deutſchen Reiche gelegenen Beſitzungen ſchweizeriſcher Stiftungen der Schweiz ſelbſt auf den Fall nicht entzogen werden, daß dieſe Stiftungen ſäkulariſiert würden. Die eidg. Tagſatzung nahm den „Haupt- ſchluß“ an, mit dem Vorbehalte jedoch, daß alle betreffenden Parteien gewillt ſeien, denſelben nach ſeinem Sitze und ohne Nach- teil für die Schweiz auszuführen. Allein ſchon am 4. Dezember 1803 erließ Oeſterreich ein Edikt, welches in der oden erwähnten Weiſe Sequeſter und Inkameration durchführte. Rudolf von Wattenwil, der damalige Landammann der Schweiz, erhob da- gegen Einſprache. Am 9. Juni 1804 überwies dann die Tag- ſatzung ſämtliche auf die vorerwähnte Angelegenheit bezüglichen Akten zur Prüfung und Berichterſtattung an eine aus Bürger- meiſter Reinhard in Zürich, Landammann Reding von Schwyz, Stocker von Schaffhauſen, Müller-Friedberg von St. Gallen, Karl Reding von Aargau und Morell aus dem Thurgau beſtellte Kommiſſion. Unterm 30. Juli gleichen Jahres gab die Kom- miſſion einen General-Etat derjenigen Beſitzungen ſchweizeriſcher Korporationen ein, welche durch das öſterreichiſche Edikt getroffen wurden und die ſie auf einen Wert von ca. 5 Millionen Fr. ſchätzte. Komplizierter wurden die Verhältniſſe noch durch den 1805 abgeſchloſſenen Frieden von Preßburg, gemäß welchem Oeſterreich ausgedehnte Territorien an Baiern, an Württemberg und an den Kurfürſten von Baden abtreten mußte und zwar mit eben denſelben Rechten, mit welchen Oeſterreich ſie beſeſſen hatte. Politiſche Zerwürfniſſe hinderten die Schweiz, ihre Rechts- anſprüche anfänglich energiſch geltend zu machen. Das Repertorium eidgenöſſiſcher Abſchiede aus jenen Zeiten gibt eingehenden Bericht über vielfache Verhandlungen, welche die Tagſatzung bezw. deren Kommiſſionen und Bevollmächtigte mit den ſüddeutſchen und öſterrreichiſchen Nachbarn in der Angelegenheit führten. Die Unterhandlungen mit Baden, Württemberg und Baiern führten in der verhältnismäßig kurzen Friſt eines Dezeniums zu einem be- friedigenden Abſchluſſe. Faſt ganz erfolglos geſtalteten ſich da- gegen die Verhandlungen mit Oeſterreich. Dieſelben tauchen in den Tagſatzungsabſchieden bis 1848 immer und immer wieder auf, ohne daß man ſich in Wien veranlaßt geſehen hätte, die den ſchweizeriſchen Reklamationen gegenüber beobachtete hinhaltende oder direkt ablehnende Haltung aufzugeben. Und doch hatte der öſter- reichiſche Miniſter des Auswärtigen unterm 31. März 1808 er- klärt, daß der kaiſerliche Hof das Inkamerationsedikt vom 3. De- zember 1803 aufgehoben und die bloß aus dieſem Titel ſeque- ſtrierten Güter wieder freizugeben beſchloſſen habe. Dem Biſchof von Chur wurde von Oeſterreich ſeit 1848 eine anfänglich von Baiern übernommene jährliche Rente von 6000 Gulden bezahlt. Aber 1881 hörte dieſe Zahlung auch auf und dem hochw. Biſchof Rampa war es in Wien nicht gelungen, dieſelbe wieder flüſſig zu machen. Vorletzte Woche nun war in Ragaz eine Konferenz der betr. zü Verluſt gekommenen Kantone, welche es noch einmal probieren möchten, von dem damals ohnehin gerupften Oeſterreich ihre Ver- luſte wieder herauszubekommen. Bevor aber die Sache in Wien anhängig gemacht wird, ſollen noch einige Ergänzungen des weit- läufigen Aktenmaterials ſtattfinden. So meint die Ragazer Ver- ſammlung. Zu dieſen wahrſcheinlich ausſichtsloſen Bemühungen um des „Kaiſers Bart“ hat der alte, nun 81jährige aber immer noch geiſtig friſche alt Ständerat P. C. Planta folgende Ausſichten ge- ſtellt: Oeſterreich werde ſich bei dieſer Frage auf das ſogenannte „Epavenrecht“ (Heimfallsrecht) berufen und ſagen: durch die Kloſteraufhebung ꝛc. ſei das Kloſtergeld herrenlos geworden und wenn die Schweizer durch ihre Staaten das Kloſtervermögen ein- ſackten — „inkamerierten“ oder „anektierten“, und ſolches als herrliche Kulturtat preiſen, ſo habe Oeſterreich auf ſeinem Boden das gleiche Recht wie jene. Wir möchten alſo auf dieſe Schatzgräberei keine Aktien kaufen, wenn wir zum Schaden nicht auch noch den Spott einheimſen wollen. Der Kapuzinerorden. Nachdem der Schweiz durch nochmalige Wiederwahl des hochw. P. Bernhard Chriſten zum General des Kapuziner- ordens eine Ehre zuteil geworden, wie ſie größere Länder ſelten erfahren, dürfte es angemeſſen ſein, dieſen Orden, den ſo ziemlich jedermann in ſeiner jetzigen Wirkſamkeit kennt, auch in ſeiner Ge- ſchichte kennen zu lernen. Der Kapuzinerorden iſt ein Glied der großen, vom hl. Franziskus von Aſſiſi im 13. Jahrhundert geſtif- teten Ordensfamilie. Bekanntlich gründete dieſer Heilige drei Orden, den der minderen Brüder für Männer, den der Klariſſinen für Jungfrauen und den ſog. dritten Orden für Weltleute. Alle dieſe Orden wirkten und wirken immer noch ſegensreich. Immerhin war der männliche Orden in den folgenden Jahrhunderten von ſeiner urſprünglichen Strenge und Lebensweiſe, vielfach auch vom Geiſte des ſeraphiſchen Vaters abgekommen und war darum auch weniger geeignet, den Stürmen der ſoge- nannten Reformation wirkſam entgegenzutreten. Da ließ die gött- liche Vorſehung aus der alten aber noch immer lebenskräftigen Wurzel einen neuen Stamm emporwachſen. Der Franziskaner Matthäus Baschi wollte die urſprüngliche Strenge wieder zur Geltung bringen und erhielt im Jahre 1526 vom Papſt Klemens VII. die Erlaubnis, die Regel des hl. Franziskus in Einſiedeleien zu beobachten und dem Volke zu predigen. Da die neue Stiftung bald viele Anhänger fand, wurde auch das Leben in Klöſtern zugeſtanden; immerhin ſollte dieſe neue Genoſſenſchaft unter der Oberleitung der eigentlichen Franziskaner ſtehen. — Wohl bei keinem Orden zeigte es ſich ſo klar, daß Gottes Vorſehung ihre Pläne zu verwirklichen vermag trotz des menſchlichen Unverſtandes, wie beim Kapuzinerorden. Da ſchien ſich wirklich alles zu ver- ſchwören, um dieſe junge Pflanze im Keime zu erſticken. Die Franziskaner wollten die neue Genoſſenſchaft durchaus nicht als Zweig der Franziskaner gelten laſſen, ſtritten ihr alle Privilegien ab, und es gab langjährige Streitigkeiten, welche wiederholt durch päpſtliche Entſcheidungen geſchlichtet werden mußten. Die Päpſte ſelbſt verhielten ſich ſehr zurückhaltend und erſt Paul V. geſtattete ihnen anno 1619 die Wahl eines eigenen Generals, während ſie bis dahin nur einen Generalvikar ernnenen durften. Viel gefährlicher aber wurden dem neuen Orden einige ſeiner eigenen und zwar hervorragende Mitglieder. Der Stifter ſelbſt, Matthäus Baschi, trat im Jahre 1537 aus dem Orden aus. Der dritte Generalvikar aber, Bernhardin Ochino, der lange Zeit hindurch ſcheinbar ein heiligmäßiges Leben geführt, die Gunſt und das Zutrauen der Biſchöfe und Fürſten genoſſen und den Orden mächtig gefördert und zu hoher Blüte gebracht hatte, fiel ſogar zum Proteſtantismus ab, nahm ſich ein Weib und fiel nach und nach ſo tief, daß er durch Schrift und Wort und Beiſpiel die Vielweiberei lehrte und verteidigte und nach langen Irrfahrten als verkommener Menſch in Mähren ſtarb. Solche Vorkomm- niſſe mußten das Vertrauen in dieſen Orden naturgemäß erſchüttern, wie es ihm z. B. ein zweijähriges Verbot, das Predigt- amt auszuüben, eintrug. Es ſcheint aber, daß Gott dies nur geſchehen ließ, um deutlich zu zeigen, daß der Kapuzinerorden ſo recht eigentlich ſein Werk ſei, das er ohne menſchliche Hülfe zum guten Ende führen wollte. Perſonen aus den hohen und höchſten Ständen traten ein und der Orden breitete ſich raſch aus, zuerſt in Italien, aber bald auch über ſeine Grenzen hinaus, in Frankreich, Spanien, Oeſterreich, Deutſchland und in der Schweiz. In unſerm Vaterlande führte der um die Erhaltung des katholiſchen Glaubens in der Schweiz hochverdiente hl. Karl Borromäus, Erzbiſchof von Mailand, den Kapuzinerorden ein. Im Jahre 1580 wurde das Kloſter in Altdorf gegründet, dem bald diejenigen von Stans, Luzern u. ſ. w. folgten. Durch ihre ſtrenge Lebensweiſe und ihre volkstümlichen Predigten bildeten die Kapuziner einen ſtarken Wall gegen den immer weiter vordringenden Proteſtantismus, und gar manche Gegend der deutſchen Schweiz verdankt die Erhaltung des wahren Glaubens nächſt Gott allein dem ſegensreichen Wirken der armen Kapuziner. Der hl. Fidelis von Sigmaringen ging nach Graubünden, wohin ſich ſeit dem Abfall vom katholiſchen Glauben kein katholiſcher Miſſionär mehr zu gehen getraut hatte, und unter unſäglichen Mühen führte er einen großen Teil der Bevölkerung wieder in den Schoß der heiligen Kirche zurück. Er war der Begründer der ſogenannten rhätiſchen Miſſion, welche bis zur Stunde fortbeſteht. Daher kommt es, daß bis heute noch viele bündneriſche Pfarreien von Kapuzinern verwaltet werden. Fidelis erlitt am 25. April 1622 in Sewis den Martyrertod. Der Kapuzinerorden, der ſeine ſeelſorgliche Tätigkeit mehr den untern Volksklaſſen zuwendet, hat der Kirche in den letzten drei Jahrhunderten große Dienſte geleiſtet, auch dem mühevollen Amt der Bekehrung der Heiden, beſonders in Afrika und Amerika, haben ſich die Mönche dieſes Ordens mit heldenmütiger Auf- opferung unterzogen. In unſerem Vaterlande iſt der Kapuzinerorden immer noch der volkstümlichſte aller Orden und es gibt ſehr wenige katho- liſche Gemeinden, welche die ſegensreiche Wirkſamkeit ſeiner Glieder auf der Kanzel und im Beichtſtuhle nicht erfahren haben. Nebſt dieſem, wir möchten ſagen, alltäglichen Wirken, verdankt die katholiſche Schweiz dem Kapuzinerorden auch außerordentliche Werke von unberechenbarem Werte. Wer erinnert ſich nicht an den all- bekannten P. Theodoſius, der das Lehrſchweſtern-Inſtitut in Menzingen, das Inſtitut Ingenbohl, das Kollegium in Schwyz in ſeiner jetzigen Geſtalt, den Kreuzſpital in Chur u. a. gegründet hat. Man braucht nur der tauſend und tauſend Lehr- und Krankenſchweſtern von Menzingen und Ingenbohl zu gedenken, welche in ſo vielen Anſtalten ſegensreich wirken, um einzuſehen, zu welch großem Danke die Schweiz dem Kapuzinerorden verpflichtet iſt. Vor etwa zwei Jahrzehnten ſchien die ſchweizeriſche Kapuziner- provinz etwas gefährdet, weil nur wenige junge Leute mehr in den Orden traten und ſo die Mitgliederzahl immer mehr zuſammen- ſchmolz. Durch Gründung des Gymnaſiums in Stans, das ſich in kurzer Zeit zur ſchönſten Blüte emporgearbeitet, iſt dem drohenden Uebel glücklich vorbeugt worden zur Freude der Kapuziner und zum Glück für die katholiſche Schweiz. Die vielen Klöſter und Hoſpize dieſes Ordens in unſerem Vaterlande haben den Stürmen früherer und neuerer Zeit glücklich ſtandgehalten. Mochten andere Klöſter der Wucht der Feinde erliegen, die Kapuzinerklöſter kamen zum größten Teil mit dem Schrecken davon. |Daran mag ſowohl ihre Volkstümlichkeit, als auch ıhre Armut ein Verdienſt haben. Denn wo nichts zu holen iſt, läßt der Fanatismus der meiſten Kloſterſtürmer ſofort um einıge Grade nach, nur den alleringrimmigſten Kloſtermetzgern, wie etwa den aargauiſchen traurigen Angedenkens, ſind auch die Kapuziner noch ein Dorn im Auge, der unter allen Umſtänden beſeitigt werden muß. Wir ſchweizeriſche Katholiken aber ſchätzen uns glücklich, daß dieſer Orden bei uns ſo verbreitet iſt und ſo ſegensreich wirkt, und wir freuen uns aufrichtig, daß ein ſchweizeriſcher Kapuziner nun ſchon zum dritten Mal, entgegen der Gewohnheit und ent- gegen aller Erwartung, an die Spitze des ganzen Ordens geſtellt wurde.

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Zitationshilfe: St. Galler Volksblatt. Nr. 45, Uznach, 03. 06. 1896, S. 1. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_stgaller45_1896/1>, abgerufen am 29.03.2024.