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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 293. Köln, 9. Mai 1849.

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gender Anzahl erschienen sind, daß kein Beschluß gefaßt werden konnte, ja nicht einmal eine Berathung stattgefunden? Angst vor dem Volke, Angst vor den Preußen, Angst vor den Russen, Angst vor den Magyaren, das ist die politische Seele dieser Juden. Und davon lassen sich auch die meisten Vereine und unsere jämmerlichen Zeitungen beherrschen. Die Cholera ist verschwunden, aber der Preußenjanhagel ist der Schrot, welcher tief in den schlesischen Körpern steckt. Auf dem Lande spielt ja, namentlich in Oberschlesien, der Soldat noch den Kavalier unter Lumpen und wird beneidet! Was die Zeitungen betrifft, so würden sie in Europa kaum bekannt sein, brächten sie nicht zufällig die ersten Nachrichten aus Ungarn, Rußland und Oestreich. Unter den beiden politischen Spießbürgerblättern Breslau's überbietet eins das andere an gesinnungslosem, gemeinem Kalkul. Ja, die Breslauer Zeitung war seit einigen Tagen noch freisinniger geworden, als die sich demokratisch nennende Oderzeitung, nach welcher das Volk sich bilden soll. Die Feigheit dieses letzten Blattes ging neulich so weit, daß es nicht eher Muth bekam, die Berliner Mordmetzeleien bekannt zu machen, als bis sie von der Breslauerin veröffentlicht worden waren. Gemeine Juden und Bourgeois beherrschen die Oder-Demokratie und sind Schuld daran, daß eine Ausrottung des ekelhaften Preußengeistes hier zur Unmöglichkeit wird. Vor einigen Tagen habe ich mich überwunden, an einer Sitzung des s. g. demokratischen Volksvereins Theil zu nehmen. Das Volk fehlte dabei, allein Hebräer und Spießbürger saßen, Cigarren rauchend und Bier trinkend, in trauter Gemüthlichkeit beisammen und ließen sich die politischen Waschlappen-Phantasien des Hrn. Pflücker lämmerzahm vorklappern, um mit einem Nichts sich dann zur Ruhe zu begeben. Und wenn ich Ihnen aus der gestrigen Sitzung des demokratischen Vereins auch energische Reden besorgen könnte, so darf ich's jetzt doch nicht, wo nur Thaten in Anschlag kommen. Von dem Vorgekommenen indessen doch eins. Brehmer enthüllte einige Manteuffel'sche Intriguen, die unter andern darin bestehen, daß derselbe Agenten in die Provinzen sendet, welche die Führer der Socialisten und das Arbeitervolk überreden sollen, sich von der gegenwärtigen Bewegung fern zu halten. Ein solcher Agent, sagte er, sei auch zu Stilch gekommen, andere hätten sich in die Kneipen des Volks geschlichen und dort ihr Unwesen gestiftet. Wie es heißt, soll heute und morgen sämmtliche Artillerie nach Dresden abgehen. Reisende, welche erst vor einigen Tagen das Königreich Polen in der Länge und Breite durchzogen haben wollen, versichern, daß darin kaum 80,000 Mann stehen. Gleichwohl soll die Garnison von Warschau an 30,000 Mann betragen und die von Modlin nicht unbeträchtlich sein. Dieselben Reisenden sprechen auch von der tiefen Demoralisation im russischen Heere. So z. B. sollen die Pferde der Artillerieparks, welche an die galizische Gränze gerückt sind, einstweilen von den Offizieren verkauft worden sein. Zum Einrücken in Oestreich müssen daher erst wieder andere Pferde angeschafft, oder besser a la russe gestohlen werden. Auch die Mannschaften sollen zum großen Theil ungemein verhungert, abgemergelt, zerlumpt und stupid-verthiert aussehen, selbst wenn sie zu den s. g. Kerntruppen gehören.

* Breslau, 5. Mai.

Heute ging die 18te reitende (Glätzer) Batterie von hier nach Liegnitz ab, zum Ersatz der von dort nach Görlitz bestimmten Geschütze. Sie sollten mittels Eisenbahn transportirt werden; wegen Mangel an Wagen war dies jedoch nicht zu bewerkstelligen.

Außer einer Einladung zu einer Volksversammlung im Schießwerder (Sonntag Nachmittag vier Uhr) fand sich heut noch folgende Proklamation an den Straßenecken:

"Brüder!

Es treiben sich hier mehrere jener nichtswürdigen Agenten herum, die, wohlwissend, welches Gewicht der Arbeiterstand in die Wagschale der Revolution zu legen im Stande ist, Euch unter Versprechung reicher materieller Vortheile von der Agitation für den letzten kümmerlichen Rest der sogenannten März-Errungenschaften, die Reichsverfassung und die deutschen Grundrechte, fern zu halten bemüht sind.

Arbeiter!

Daß die preußischen Machthaber weder im Stande noch gewillt sind, Euch eine Verbesserung Eurer Lage zu gewähren, habt Ihr an den Gewerbegesetzen gesehen. Das oktroyirungslustige preußische Ministerium hat im Gegentheil die auch bereits offen ausgesprochene Absicht, uns auf seinen Bajonetten ein Wahlgesetz mit Census darzureichen, welches Euch, die Uncensirten, für immer ab- und zur Ruhe weisen soll.

Wenn Ihr bedenkt, daß die endliche Verwirklichung der Einheit Deutschlands nicht bloß eine Frage der reinen Politik ist, sondern zugleich wesentlich das Wohl der arbeitenden Klassen bedingt und in sich schließt, so wird Eure Wahl nicht schwanken. Die von der deutschen Nationalversammlung beschlossenen Gesetze, obgleich sie dem Maße der Freiheit, welches wir anstreben, nicht entsprechen, bilden doch die Grundlage, auf der wir weiter fortbauen werden. Darum entscheiden wir uns für sie, und laßt uns unserer Entscheidung Nachdruck zu geben wissen. Gruß und Brüderschaft!

Der demokratische Verein, und demokratisch-soziale Arbeiter-Verein."

Ferner ist folgende Erklärung dreier untengenannten Vereine veröffentlicht worden:

"Wir erklären, daß wir die von der Nationalversammlung beschlossene und angenommene Reichsverfassung sammt den Grundrechten nur als das geringste Maß der Volksfreiheit anerkennen, dabei aber immerhin die ganze Volksfreiheit fordern werden.

Frankenstein, 4. Mai 1849.

Der Kreis-Rustikal-Verein.
Der demokratische Verein.
Der demokratische Rustikal-Verein in Töppliwoda."

Die, wie oben erwähnt, auf morgen Nachmittag anberaumte Volksversammlung ist schon heute durch folgenden Anschlag zu verhindern versucht worden:

"Die auf morgen Nachmittag angekündigte Volksversammlung auf dem Schießwerder ist auf Grund des Artikel 27 der Verfassungsurkunde vom 5. Dezember v. J. verboten worden.

Breslau, 5. Mai 1849.

Königliches Polizei-Präsidium.

X Ratibor, 5. Mai.

Die Furcht der "geschwächten Krone" Preußens vor dem ungarischen Kriege, dessen Schauplatz jetzt nicht weiter als 7 Meilen von unserer Gränze ist, das mit Oestreich gemeinsame Standrechtsinteresse gebietet ihr nicht nur ein sogenanntes Observationscorps aufzustellen, zu welchem allein hier durch 2000 Mann seit dem 28. v. M. passirt sind, sondern auch die Neutralität auf die gemeinste Weise zu verletzten. Gestern Nachmittag 2 1/2 langte von Oderberg ein Extrazug hier an, der 280 bewaffnete östreichische Henkersknechte nebst Bagage mit sich führte und sich dem um drei Uhr abgehenden Zuge anschloß. Das Ziel ihrer Reise ist Galizien, wo sie zu der Hammersteinischen Brigade stoßen sollen. Ihr eigentliches Ziel aber dürfte das kühle Grab sein, denn ein mehr herabgekommenes Corps hat wohl kein Krieg bis jetzt aufzuweisen gehabt. Leute von 17-18 Jahren mit erdfahlen Gesichtern sind die unglücklichen Opfer, die der kleine Tamerlan zur Schlachtbank schickt. Wie es heißt, werden noch 8 solcher Transporte östreichischer Soldaten von der standrechtlichen Bereitwilligkeit der preußischen Regierung Gebrauch machen. Indeß hoffen wir, daß die Ungarn die Neutralität ebenso verstehen und, wenn sie in östr. Schlesien und Galizien eingebrochen sind, sich als Revanche etwas vom sogenannten Observationscorps, vielleicht mehr als das, herauslangen. Daß sie in unserer Nähe sind, ist nicht zu bezweifeln. Schon vor mehr als 8 Tagen hat man in Golkowitz, einem dicht an der östr.-schlesischen Gränze gelegenen Dorfe, vorgestern sogar schon zwei Meilen von der Gränze, in Loslau, den Kanonendonner von ganzen Batterien gehört. Ein ungar. Streifcorps soll sogar bereits bis Skotschau, auf der Straße nach Bielitz und Biala, vorgedrungen sein und sich nach gemachter Recognoscirung hinter Jablunka wieder zurückgezogen haben. Ob ihnen dieser Past aber wirklich schon offen steht, wissen wir nicht. Die Reisenden, die aus Oestreich kommen, sind in Folge der k. k. privilegirten Bestialitäten so schüchtern und mißtrauisch, daß sie selten etwas von dort wissen wollen. Daß die Magyaren aber sich der mährischen und schlesischen Gränze nähern, geht daraus hervor, daß in allen Orten bis nach Oderberg der Landsturm aufgeboten ist. Leicht möglich, daß die Landstürmer, einmal bewaffnet, in einem "Mißverständnisse" von diesen Waffen anderweitigen Gebrauch machen.

Von der Russenhülfe sieht man noch Nichts. Reisende, die gestern von Krakau kamen, haben weder dort noch in Podgorze einen Russen gesehen. Man schreibt diese Sistirung der russischen Intervention einem Protest von Seiten Englands zu.

Ich beabsichtigte Ihnen heute vom Bahnhof aus die neuesten von Reisenden in Erfahrung zu bringenden Nachrichten sofort mitzutheilen. So eben -- 10 Uhr vormittags -- ist aber das Ausfallssignal angekommen. Sollten die Magyaren die Eisenbahnlinie occupirt haben?

Posen, 4. Mai.

Eine neue Truppenbewegung soll stattfinden. Die sächsischen Regimenter rücken nach dem Rhein, die schlesischen nach Sachsen, unsere hiesigen nach Schlesien und wir erhalten dafür die preußischen. Ostpreußen wird dadurch ganz leer, und kann daher, wenn es Noth ist, durch russische "Hülfstruppen" besetzt werden. Der Grund dieser Bewegung ist klar, das böse Gewissen der Regierung fürchtet die Erhebung der Rheinprovinz und Süd-Deutschland's, wenn durch die Bajonette preußischer Truppen, die sich um Frankfurt bereits zusammenziehen, die deutsche Nationalversammlung gesprengt wird. Ausserdem wird hier von neuem ein Theil der Landwehr mobil gemacht, um gleichfalls nach Schlesien zu gehen.

Magdeburg, 5. Mai.

Bei Halle wird unter dem Commando des Fürsten Radziwill eine mobile Division concentrirt, zu welcher das 7. Kürassier- und das 10. Husarenregiment stoßen sollen.

Heute Morgen gegen 11. Uhr fand der Festungsgefangene, ehemalige Premierlieutenant Techow, bekannt aus der Zeughausaffaire, auf dem Rückwege von der Rathhausbibliothek, Gelegenheit, dem Patrouilleur zu entwischen.

(Mgd. Z.)
15 Schleswig-Holstein, 5. Mai.

Wenn Hr. Olshausen noch immer nicht einsieht, daß hier Reichskriegskomödie gespielt wird, und zwar schwarz-weiße, so glauben wir, daß er seine "bessere Brille" in den schleswig-Holsteinischen Wirren verloren hat. Vielleicht will er es auch bloß nicht eingestehen, daß er es jetzt einsieht, weil er dadurch zugleich eingestehen müßte, daß er sich mindestens von den Herren von Statthaltersgnaden ein X für ein U hätte vormachen lassen. So läßt Herr Olshausen sich heute von einem Frankfurter Korrespondenten schreiben, daß Prittwitz sich verpflichtet hat nur von Frankfurt aus, nicht aber von Berlin Befehle anzunehmen, und daß er darüber einen Revers ausgestellt. Möglich daß in diesem Revers nun ein kleiner Fehler vorgefallen und erst Berlin und dann Frankfurt steht. Mag dem sein wie ihm wolle, die Sache geht wie voriges Jahr, wo es ebenso von Wrangel hieß, der dann auch um so bequemer Verrath beging.

Wir haben schon früher darauf hingewiesen, daß Bonin allem Anschein nach seine Instruktionen noch immer von Manteuffel-Brandenburg empfängt, worauf die Demokratenhetze in der Armee, die Anstellung von fast lauter preußischen Offizieren, von denen viele in Betreff ihrer militärischen Tüchtigkeit, gleich Null sind, im übrigen aber als "ausgezeichnete Sprößlinge und Repräsentanten des Junkerthums" mit Rücksicht auf ihre Anmaßungen bezeichnet wurden, hindeuten.

Wir bedauern Bonin, der dadurch, daß die Truppen wider seinen Willen in Jütland einrückten und er hinterher gehumpelt kam, als Kolding schon genommen war, sich schon genug blamir hat. Daß Herr Olshausen nicht daran glaubt, daß Bonin noch preußischer General ist, ist möglich, hat doch irgend ein verantwortlicher Departementschef, in Folge einer Interpellation versichert, daß Bonin gänzlich in schleswig-holsteinische Reichsdienste getreten sei!!!

15 Schleswig-Holstein, 3. Mai.

Die "N. freie Presse", Eigenthum des Herrn Theod. Olshausen, theilt ihren Lesern die von uns der N. Rh Z. übersandte Korrespondenz vom 26. April, mit der Andeutung mit, wie komisch oft die Dinge in den Schilderungen derer verschoben würden, die mit den Verhältnissen wenig bekannt sind. Wir danken dem Herrn Olshausen für dieses Compliment, ersuchen ihn aber zu gleicher Zeit, unsere Korrespondenzen auch ferner abzudrucken, um so den Lesern der "N. f. P." unsere "Unkenntniß" und anti-monarchisch-feudalistisch-honette Auffassung vor Augen zu legen.

Wir kommen nochmals auf die Koldinger Affaire zurück, da jetzt überhaupt durch die Kabinetspolitik der Fürsten und ihre diplomatischen Kniffe Waffenruhe eingetreten zu sein scheint. Betrachten wir die Thatsachen. Die schleswig-holsteinische Armee war 16000 Mann. Die Hälfte dieser Truppen langte aber erst Nachmittags an, nachdem der Kampf schon 5-6 Stunden gewährt. Die dänische Armee zählte 20,000 Mann, die größtentheils von vornherein auf dem Kampfplatz waren. An Todten und Verwundeten werden beide Armeen ziemlich gleich viel haben, nämlich 5-600 Mann; an Gefangenen ebenso vielleicht 150-200 Mann; Kanonen und sonstige Trophäen, außer einigen Husarenpferden sind nicht erbeutet. Die Resultate sind nur die: Unsere schleswig-holsteinische Armee hat sich trotz der schlechten Führung höchst tapfer geschlagen, dadurch das Schlachtfeld behauptet und das Bewußtsein erlangt, daß sie es selbst mit einer feindlichen überlegenen Armee aufnehmen kann, während die Dänen durch die Schlappe, die sie von einer so verachteten, weit geringern Macht der "Insurgenten" erlitten, etwas demoralisirt sind. Was unbegreiflich, oder vielmehr für den Einsichtsvollen sehr begreiflich ist, ist der Umstand, daß Bonin den Feind nicht verfolgen ließ, daß er den Sieg nicht benutzte, die Armee des Feindes auseinander zu sprengen, möglichst viele Gefangene zu machen, Beute zu erobern etc. Und nun nach 10 Tagen nach dem Siege ist die siegreiche schleswig-holsteinische Armee immer noch zwischen Kolding und Veile.

Etwas ist allerdings durch das Eindringen unserer Truppen in Jütland errungen: unsere Pfahl- u. Spießbürger wagen endlich darüber zu sprechen und zu berathen, ob die Personalunion mit Dänemark noch ferner fortbestehen kann. Selbst der deutsche Verein in Kiel hat darüber berathen, und nachdem er zu dem Schluß gekommen ist, daß aus moralischen Gründen die Personalunion nicht länger fortbestehen könne, einen Ausschuß niedergesetzt, der die juristische (!) Seite der Frage beleuchten (!!) soll. Sie sehen also, ein deutscher Verein verfährt mit einer recht deutschen Gründlichkeit in einer rein dänischen Frage. Nach dem schleswig-holsteinischen Staatsgrundgesetz, das freilich nur dann durchgeführt wird, wenn es die Knechtung des Volkes gilt, herrscht nämlich der Mannsstamm des oldenburgischen Hauses in Schleswig-Holstein, und es kommen die Augustenburger Vollbluthengste an die Regierung, zur Ausbeutung des Volks, wenn die Personalunion aufgehoben wird. Da es aber für den dänischen Staat eine Lebensfrage ist, für Schleswig-Holstein dagegen nur, ob sie sich durch Augustenburger Stallknechte oder dänische Maitreffen, aussangen, schinden und kauten lassen wollen, sie aber in beiden Fällen immer fürstlich malträtirt werden, so geht diese Frage Dänemark weit mehr an, als Schleswig-Holstein. Wir setzen übrigens nur unsere Hoffnung auf die Armee, wenn sich die Diplomatie erdreisten sollte, den bekannten Menschenschacher mit uns zu treiben, von den Schleswig-Holsteinern selbst hoffen wir, daß sie Nichts thun werden. Schleswig-Holstein kann, wenn es an die Lösung dieser Frage jetzt denken will, auch gar nichts machen, denn siegt die Reaktion in Preußen und dem übrigen Deutschland jetzt, so wird in Schleswig-Holstein der Absolutismus auch wieder vollständig octroyirt werden.

Aus dem nördlichen Schleswig, 4. Mai.

Die gestern Abend aus Kolding in Christiansfeld eingebrachten Verwundeten bringen folgenden Rapport vom Kriegstheater mit: Bei einer gestern Morgen von Kolding aus von einer Compagnie Jäger, zwei Bataillonen, einer Cavallerie-Schwadron und einer halben Batterie, Alles Schleswig-Holsteiner, unternommenen Recognoscirung wurden anfänglich die dänischen Vorposten zurückgeworfen; aber hei Taulov, ungefähr eine Meile vor Friedericia, unweit des kleinen Belts, brachen plötzlich 5 dänische Bataillone aus einem Hinterhalte hervor. Unterstützt durch die Wirkung eines Kanonenbotes, drangen die Feinde vor, und die Unsrigen zogen sich allmälig vor seiner unverhältnißmäßigen Uebermacht bis Nord-Vjert, der bisherigen Position der Vorposten vor Kolding, zurück, in dessen unmittelbare Nähe die Dänen es nicht für rathsam hielten, vorzudringen. Sie kehrten demnach wider um, nachdem es ihnen gelungen war, Einzelne der Unsrigen zu fangen. Unser Verlust besteht aus einigen dreißig Verwundeten. Wenn nicht alle Kreterien täuschen, so wird die Stunde der Entscheidung nicht lange mehr auf sich warten lassen; wir glauben diesen Schluß um so eher ziehen zu können, als heute beide Statthalter Schleswig-Holsteins im Hauptquartier eingetroffen sind.

(Börs.-H.)
* Freiburg, 2. Mai.

In dem Struve-Blind'schen Prozesse legte man den beiden Angeklagten unter andern Beweisstücken auch einen Brief vor, den Blind im Namen Struve's von der Schweiz aus an das straßburger Flüchtlingscomite geschrieben haben sollte, und worin Anleitungen zur Reorganisation von Ausschüssen längs der französischen Gränze gegeben waren. Der Brief wird dem Angeklagten vom Gerichtsschreiber vorgezeigt.

Blind: Bevor ich meine Erklärung darüber abgebe, bitte ich den Herrn Präsidenten, mir zu sagen, auf welche Weise dies Schriftstück in die Hände der Untersuchungsbehörden gekommen ist.

Der Präsident: Das großherzogliche Ministerium des Innern hat dasselbe eingesandt.

Blind: Das ist unmöglich. Der Brief ist von Basel an ein Flüchtlingskomite nach Straßburg adressirt, und nicht an das Ministerium zu Karlsruhe. Ich frage: wie kam er in die Hände Ihrer Regierung?

Der Präsident blickt sich lange in seinen Notizen um und erwidert endlich: Man hat, wie ich eben richtig sehe, das Schreiben in der republikanischen Kanzlei gefunden, die zu Staufen von den Soldaten erbeutet wurde ... Ja, ja, so ist es ...

Blind: Das ist unmöglich und unwahr. Der Brief war ja bereits von Basel nach Straßburg abgesandt; er muß den betreffenden Poststempel tragen. Wie sollte er plötzlich von Straßburg in ein Felleisen der provisorischen Regierung nach Staufen kommen! Jene Kanzlei befand sich zudem unter meiner Leitung; ich weiß bestimmt, daß dieser Brief, den ich geschrieben haben soll, nicht in dieser Kanzlei war.

Der Präsident schaut wieder auf seine Notizen, und richtet dann einen Streifblick auf die drei Staatsanwälte, die stumm da sitzen.

Blind: Es scheint mir daraus hervorzugehen, daß die großherzogliche Regierung im Ausland "Freunde" hat, die zugleich mit ihr und zugleich mit den Flüchtlingen der republikanischen Partei in Verbindung stehen: was man gewöhnlich in grober Sprache geheime Agenten und Spione nennt.

Der Gerichtspräsident und die drei Staatsanwälte nehmen diese Bemerkung schweigend hin!!

Bruchsal, 2. Mai.

Heute Morgen halb 4 Uhr kam auf dem hiesigen Bahnhofe ein mit vier Pferden bespannter, schwer beladener Wagen aus Stuttgart an, der mit einer weißen Blache bedeckt und mit einer stark in Eisen beschlagenen Kiste garnirt war. Zwei Bediente (nicht eigentliche Fuhrleute) der eine mit einem blauen, der andere mit einem grauen Mantel versehen, geleiteten den Wagen, welcher um 7 Uhr sammt den Pferden nach Mannheim durch die Eisenbahn spedirt wurde. Nach den Aeußerungen der Ueberbringer des Wagens hätten dieselben vielen Vorspann über die Berge bis hierher nöthig gehabt. Wenn man nun diese Erklärungen mit der Aussage der Bahnbedientesten zusammenstellt, daß der Wagen ungemein schwer, das Volumen des Wagens aber nicht sonderlich groß war, so liegt die Vermuthung ganz nahe, daß dieses ein Geldwagen ist, der, wie wie viele andere, seinen Weg nach der englischen Bank nimmt. Ich enthalte mich, weitere Folgerungen zu ziehen, von wem und wohin das Geld bestimmt ist.

(Beob.)
15 Frankfurt, 6. Mai.

Heute Nachmittag hielt der Kongreß der Abgeordneten der Märzvereine seine erste Sitzung. Die Versammlung fand in Wolfseck statt und schien von circa 2000 Menschen besucht. Die Stimmung derselben war eine ganz der sie leitenden vereinbarenden Linken aus dem Reichsviehdepot angemessene: eine flaue. Zuerst leitete Raveaux diesen neuen Beitrag zur Reichs- und Volkshistorie ein. Er spricht undeutlich, man weiß nicht, ob er die Revolution im Kopf oder Magen hat. Einigkeit, Fortschritt, keine Ueberstürzung sind seine Stichworte, von dieser Versammlung würde die Majorität in der Paulskirche abhängen. Nach der Geschäftsordnung, die in Pausch und Bogen angenommen, schreitet man zur Präsidentenwahl. Fröbel wird Präsident, er präsidirt wie gewöhnlich mit viel gutem Willen aber wenig Kraft. Vogt und Raveaux Vizepräsidenten, Umscheiden und Remstein Sekretäre. 1) Tagesordnung: Berathung über die Volkssouveränetät nach dem Willen der edlen Majorität der Paulskirche jetzund und in Zukunft. 2) Proklamation an das Volk und das Heer, zu der zwei Kommissionen gewählt werden. 3) Künftige Organisation. 4) Künftige innere und äußere Politik dieser Revolutionshindernisse. Hagen aus Hamburg will die Worte zu Nr. 1, so lange die Verfassung noch nicht anerkannt ist, eingeschaltet wissen, das Amendement, welches doch nur Hoffnung läßt, aus den Klauen des Reichsrindviehs herauszukommen, fällt aber, da die ganze Versammlung von vornherein von dieser ausgesuchten Elite dupirt wird. Ein Antrag von Fenneberg aus Wien, der Pfälzer Revolution und der Reichsversammlung Schutz zu verleihen, wird abgelehnt (!!) Simon: Noch einmal gehe ich zu den Ministern und frage, ob sie vereinbaren wollen, sonst sagt sich unsere Partei los! Er scheint sich im Kaiserstall unbehaglich zu fühlen, wahrscheinlich sind ihm die Hörner noch nicht vergoldet und er sieht seinen Stern untergehen.

Er verlangt was folgt: 1) Aufruf zu allgemeiner Rüstung; 2) kein vereinzelter aktiver Widerstand; 3) allgemeiner Widerstand gegen die Octroyirung mit allen Kräften; wird angenommen.

Heute Morgen soll Simon v. Trier noch gesagt haben: kommt die äußerste Linke ans Regiment, so hängt man mich, und das

gender Anzahl erschienen sind, daß kein Beschluß gefaßt werden konnte, ja nicht einmal eine Berathung stattgefunden? Angst vor dem Volke, Angst vor den Preußen, Angst vor den Russen, Angst vor den Magyaren, das ist die politische Seele dieser Juden. Und davon lassen sich auch die meisten Vereine und unsere jämmerlichen Zeitungen beherrschen. Die Cholera ist verschwunden, aber der Preußenjanhagel ist der Schrot, welcher tief in den schlesischen Körpern steckt. Auf dem Lande spielt ja, namentlich in Oberschlesien, der Soldat noch den Kavalier unter Lumpen und wird beneidet! Was die Zeitungen betrifft, so würden sie in Europa kaum bekannt sein, brächten sie nicht zufällig die ersten Nachrichten aus Ungarn, Rußland und Oestreich. Unter den beiden politischen Spießbürgerblättern Breslau's überbietet eins das andere an gesinnungslosem, gemeinem Kalkul. Ja, die Breslauer Zeitung war seit einigen Tagen noch freisinniger geworden, als die sich demokratisch nennende Oderzeitung, nach welcher das Volk sich bilden soll. Die Feigheit dieses letzten Blattes ging neulich so weit, daß es nicht eher Muth bekam, die Berliner Mordmetzeleien bekannt zu machen, als bis sie von der Breslauerin veröffentlicht worden waren. Gemeine Juden und Bourgeois beherrschen die Oder-Demokratie und sind Schuld daran, daß eine Ausrottung des ekelhaften Preußengeistes hier zur Unmöglichkeit wird. Vor einigen Tagen habe ich mich überwunden, an einer Sitzung des s. g. demokratischen Volksvereins Theil zu nehmen. Das Volk fehlte dabei, allein Hebräer und Spießbürger saßen, Cigarren rauchend und Bier trinkend, in trauter Gemüthlichkeit beisammen und ließen sich die politischen Waschlappen-Phantasien des Hrn. Pflücker lämmerzahm vorklappern, um mit einem Nichts sich dann zur Ruhe zu begeben. Und wenn ich Ihnen aus der gestrigen Sitzung des demokratischen Vereins auch energische Reden besorgen könnte, so darf ich's jetzt doch nicht, wo nur Thaten in Anschlag kommen. Von dem Vorgekommenen indessen doch eins. Brehmer enthüllte einige Manteuffel'sche Intriguen, die unter andern darin bestehen, daß derselbe Agenten in die Provinzen sendet, welche die Führer der Socialisten und das Arbeitervolk überreden sollen, sich von der gegenwärtigen Bewegung fern zu halten. Ein solcher Agent, sagte er, sei auch zu Stilch gekommen, andere hätten sich in die Kneipen des Volks geschlichen und dort ihr Unwesen gestiftet. Wie es heißt, soll heute und morgen sämmtliche Artillerie nach Dresden abgehen. Reisende, welche erst vor einigen Tagen das Königreich Polen in der Länge und Breite durchzogen haben wollen, versichern, daß darin kaum 80,000 Mann stehen. Gleichwohl soll die Garnison von Warschau an 30,000 Mann betragen und die von Modlin nicht unbeträchtlich sein. Dieselben Reisenden sprechen auch von der tiefen Demoralisation im russischen Heere. So z. B. sollen die Pferde der Artillerieparks, welche an die galizische Gränze gerückt sind, einstweilen von den Offizieren verkauft worden sein. Zum Einrücken in Oestreich müssen daher erst wieder andere Pferde angeschafft, oder besser à la russe gestohlen werden. Auch die Mannschaften sollen zum großen Theil ungemein verhungert, abgemergelt, zerlumpt und stupid-verthiert aussehen, selbst wenn sie zu den s. g. Kerntruppen gehören.

* Breslau, 5. Mai.

Heute ging die 18te reitende (Glätzer) Batterie von hier nach Liegnitz ab, zum Ersatz der von dort nach Görlitz bestimmten Geschütze. Sie sollten mittels Eisenbahn transportirt werden; wegen Mangel an Wagen war dies jedoch nicht zu bewerkstelligen.

Außer einer Einladung zu einer Volksversammlung im Schießwerder (Sonntag Nachmittag vier Uhr) fand sich heut noch folgende Proklamation an den Straßenecken:

„Brüder!

Es treiben sich hier mehrere jener nichtswürdigen Agenten herum, die, wohlwissend, welches Gewicht der Arbeiterstand in die Wagschale der Revolution zu legen im Stande ist, Euch unter Versprechung reicher materieller Vortheile von der Agitation für den letzten kümmerlichen Rest der sogenannten März-Errungenschaften, die Reichsverfassung und die deutschen Grundrechte, fern zu halten bemüht sind.

Arbeiter!

Daß die preußischen Machthaber weder im Stande noch gewillt sind, Euch eine Verbesserung Eurer Lage zu gewähren, habt Ihr an den Gewerbegesetzen gesehen. Das oktroyirungslustige preußische Ministerium hat im Gegentheil die auch bereits offen ausgesprochene Absicht, uns auf seinen Bajonetten ein Wahlgesetz mit Census darzureichen, welches Euch, die Uncensirten, für immer ab- und zur Ruhe weisen soll.

Wenn Ihr bedenkt, daß die endliche Verwirklichung der Einheit Deutschlands nicht bloß eine Frage der reinen Politik ist, sondern zugleich wesentlich das Wohl der arbeitenden Klassen bedingt und in sich schließt, so wird Eure Wahl nicht schwanken. Die von der deutschen Nationalversammlung beschlossenen Gesetze, obgleich sie dem Maße der Freiheit, welches wir anstreben, nicht entsprechen, bilden doch die Grundlage, auf der wir weiter fortbauen werden. Darum entscheiden wir uns für sie, und laßt uns unserer Entscheidung Nachdruck zu geben wissen. Gruß und Brüderschaft!

Der demokratische Verein, und demokratisch-soziale Arbeiter-Verein.“

Ferner ist folgende Erklärung dreier untengenannten Vereine veröffentlicht worden:

„Wir erklären, daß wir die von der Nationalversammlung beschlossene und angenommene Reichsverfassung sammt den Grundrechten nur als das geringste Maß der Volksfreiheit anerkennen, dabei aber immerhin die ganze Volksfreiheit fordern werden.

Frankenstein, 4. Mai 1849.

Der Kreis-Rustikal-Verein.
Der demokratische Verein.
Der demokratische Rustikal-Verein in Töppliwoda.“

Die, wie oben erwähnt, auf morgen Nachmittag anberaumte Volksversammlung ist schon heute durch folgenden Anschlag zu verhindern versucht worden:

„Die auf morgen Nachmittag angekündigte Volksversammlung auf dem Schießwerder ist auf Grund des Artikel 27 der Verfassungsurkunde vom 5. Dezember v. J. verboten worden.

Breslau, 5. Mai 1849.

Königliches Polizei-Präsidium.

X Ratibor, 5. Mai.

Die Furcht der „geschwächten Krone“ Preußens vor dem ungarischen Kriege, dessen Schauplatz jetzt nicht weiter als 7 Meilen von unserer Gränze ist, das mit Oestreich gemeinsame Standrechtsinteresse gebietet ihr nicht nur ein sogenanntes Observationscorps aufzustellen, zu welchem allein hier durch 2000 Mann seit dem 28. v. M. passirt sind, sondern auch die Neutralität auf die gemeinste Weise zu verletzten. Gestern Nachmittag 2 1/2 langte von Oderberg ein Extrazug hier an, der 280 bewaffnete östreichische Henkersknechte nebst Bagage mit sich führte und sich dem um drei Uhr abgehenden Zuge anschloß. Das Ziel ihrer Reise ist Galizien, wo sie zu der Hammersteinischen Brigade stoßen sollen. Ihr eigentliches Ziel aber dürfte das kühle Grab sein, denn ein mehr herabgekommenes Corps hat wohl kein Krieg bis jetzt aufzuweisen gehabt. Leute von 17-18 Jahren mit erdfahlen Gesichtern sind die unglücklichen Opfer, die der kleine Tamerlan zur Schlachtbank schickt. Wie es heißt, werden noch 8 solcher Transporte östreichischer Soldaten von der standrechtlichen Bereitwilligkeit der preußischen Regierung Gebrauch machen. Indeß hoffen wir, daß die Ungarn die Neutralität ebenso verstehen und, wenn sie in östr. Schlesien und Galizien eingebrochen sind, sich als Revanche etwas vom sogenannten Observationscorps, vielleicht mehr als das, herauslangen. Daß sie in unserer Nähe sind, ist nicht zu bezweifeln. Schon vor mehr als 8 Tagen hat man in Golkowitz, einem dicht an der östr.-schlesischen Gränze gelegenen Dorfe, vorgestern sogar schon zwei Meilen von der Gränze, in Loslau, den Kanonendonner von ganzen Batterien gehört. Ein ungar. Streifcorps soll sogar bereits bis Skotschau, auf der Straße nach Bielitz und Biala, vorgedrungen sein und sich nach gemachter Recognoscirung hinter Jablunka wieder zurückgezogen haben. Ob ihnen dieser Past aber wirklich schon offen steht, wissen wir nicht. Die Reisenden, die aus Oestreich kommen, sind in Folge der k. k. privilegirten Bestialitäten so schüchtern und mißtrauisch, daß sie selten etwas von dort wissen wollen. Daß die Magyaren aber sich der mährischen und schlesischen Gränze nähern, geht daraus hervor, daß in allen Orten bis nach Oderberg der Landsturm aufgeboten ist. Leicht möglich, daß die Landstürmer, einmal bewaffnet, in einem „Mißverständnisse“ von diesen Waffen anderweitigen Gebrauch machen.

Von der Russenhülfe sieht man noch Nichts. Reisende, die gestern von Krakau kamen, haben weder dort noch in Podgorze einen Russen gesehen. Man schreibt diese Sistirung der russischen Intervention einem Protest von Seiten Englands zu.

Ich beabsichtigte Ihnen heute vom Bahnhof aus die neuesten von Reisenden in Erfahrung zu bringenden Nachrichten sofort mitzutheilen. So eben — 10 Uhr vormittags — ist aber das Ausfallssignal angekommen. Sollten die Magyaren die Eisenbahnlinie occupirt haben?

Posen, 4. Mai.

Eine neue Truppenbewegung soll stattfinden. Die sächsischen Regimenter rücken nach dem Rhein, die schlesischen nach Sachsen, unsere hiesigen nach Schlesien und wir erhalten dafür die preußischen. Ostpreußen wird dadurch ganz leer, und kann daher, wenn es Noth ist, durch russische „Hülfstruppen“ besetzt werden. Der Grund dieser Bewegung ist klar, das böse Gewissen der Regierung fürchtet die Erhebung der Rheinprovinz und Süd-Deutschland's, wenn durch die Bajonette preußischer Truppen, die sich um Frankfurt bereits zusammenziehen, die deutsche Nationalversammlung gesprengt wird. Ausserdem wird hier von neuem ein Theil der Landwehr mobil gemacht, um gleichfalls nach Schlesien zu gehen.

Magdeburg, 5. Mai.

Bei Halle wird unter dem Commando des Fürsten Radziwill eine mobile Division concentrirt, zu welcher das 7. Kürassier- und das 10. Husarenregiment stoßen sollen.

Heute Morgen gegen 11. Uhr fand der Festungsgefangene, ehemalige Premierlieutenant Techow, bekannt aus der Zeughausaffaire, auf dem Rückwege von der Rathhausbibliothek, Gelegenheit, dem Patrouilleur zu entwischen.

(Mgd. Z.)
15 Schleswig-Holstein, 5. Mai.

Wenn Hr. Olshausen noch immer nicht einsieht, daß hier Reichskriegskomödie gespielt wird, und zwar schwarz-weiße, so glauben wir, daß er seine „bessere Brille“ in den schleswig-Holsteinischen Wirren verloren hat. Vielleicht will er es auch bloß nicht eingestehen, daß er es jetzt einsieht, weil er dadurch zugleich eingestehen müßte, daß er sich mindestens von den Herren von Statthaltersgnaden ein X für ein U hätte vormachen lassen. So läßt Herr Olshausen sich heute von einem Frankfurter Korrespondenten schreiben, daß Prittwitz sich verpflichtet hat nur von Frankfurt aus, nicht aber von Berlin Befehle anzunehmen, und daß er darüber einen Revers ausgestellt. Möglich daß in diesem Revers nun ein kleiner Fehler vorgefallen und erst Berlin und dann Frankfurt steht. Mag dem sein wie ihm wolle, die Sache geht wie voriges Jahr, wo es ebenso von Wrangel hieß, der dann auch um so bequemer Verrath beging.

Wir haben schon früher darauf hingewiesen, daß Bonin allem Anschein nach seine Instruktionen noch immer von Manteuffel-Brandenburg empfängt, worauf die Demokratenhetze in der Armee, die Anstellung von fast lauter preußischen Offizieren, von denen viele in Betreff ihrer militärischen Tüchtigkeit, gleich Null sind, im übrigen aber als „ausgezeichnete Sprößlinge und Repräsentanten des Junkerthums“ mit Rücksicht auf ihre Anmaßungen bezeichnet wurden, hindeuten.

Wir bedauern Bonin, der dadurch, daß die Truppen wider seinen Willen in Jütland einrückten und er hinterher gehumpelt kam, als Kolding schon genommen war, sich schon genug blamir hat. Daß Herr Olshausen nicht daran glaubt, daß Bonin noch preußischer General ist, ist möglich, hat doch irgend ein verantwortlicher Departementschef, in Folge einer Interpellation versichert, daß Bonin gänzlich in schleswig-holsteinische Reichsdienste getreten sei!!!

15 Schleswig-Holstein, 3. Mai.

Die „N. freie Presse“, Eigenthum des Herrn Theod. Olshausen, theilt ihren Lesern die von uns der N. Rh Z. übersandte Korrespondenz vom 26. April, mit der Andeutung mit, wie komisch oft die Dinge in den Schilderungen derer verschoben würden, die mit den Verhältnissen wenig bekannt sind. Wir danken dem Herrn Olshausen für dieses Compliment, ersuchen ihn aber zu gleicher Zeit, unsere Korrespondenzen auch ferner abzudrucken, um so den Lesern der „N. f. P.“ unsere „Unkenntniß“ und anti-monarchisch-feudalistisch-honette Auffassung vor Augen zu legen.

Wir kommen nochmals auf die Koldinger Affaire zurück, da jetzt überhaupt durch die Kabinetspolitik der Fürsten und ihre diplomatischen Kniffe Waffenruhe eingetreten zu sein scheint. Betrachten wir die Thatsachen. Die schleswig-holsteinische Armee war 16000 Mann. Die Hälfte dieser Truppen langte aber erst Nachmittags an, nachdem der Kampf schon 5-6 Stunden gewährt. Die dänische Armee zählte 20,000 Mann, die größtentheils von vornherein auf dem Kampfplatz waren. An Todten und Verwundeten werden beide Armeen ziemlich gleich viel haben, nämlich 5-600 Mann; an Gefangenen ebenso vielleicht 150-200 Mann; Kanonen und sonstige Trophäen, außer einigen Husarenpferden sind nicht erbeutet. Die Resultate sind nur die: Unsere schleswig-holsteinische Armee hat sich trotz der schlechten Führung höchst tapfer geschlagen, dadurch das Schlachtfeld behauptet und das Bewußtsein erlangt, daß sie es selbst mit einer feindlichen überlegenen Armee aufnehmen kann, während die Dänen durch die Schlappe, die sie von einer so verachteten, weit geringern Macht der „Insurgenten“ erlitten, etwas demoralisirt sind. Was unbegreiflich, oder vielmehr für den Einsichtsvollen sehr begreiflich ist, ist der Umstand, daß Bonin den Feind nicht verfolgen ließ, daß er den Sieg nicht benutzte, die Armee des Feindes auseinander zu sprengen, möglichst viele Gefangene zu machen, Beute zu erobern etc. Und nun nach 10 Tagen nach dem Siege ist die siegreiche schleswig-holsteinische Armee immer noch zwischen Kolding und Veile.

Etwas ist allerdings durch das Eindringen unserer Truppen in Jütland errungen: unsere Pfahl- u. Spießbürger wagen endlich darüber zu sprechen und zu berathen, ob die Personalunion mit Dänemark noch ferner fortbestehen kann. Selbst der deutsche Verein in Kiel hat darüber berathen, und nachdem er zu dem Schluß gekommen ist, daß aus moralischen Gründen die Personalunion nicht länger fortbestehen könne, einen Ausschuß niedergesetzt, der die juristische (!) Seite der Frage beleuchten (!!) soll. Sie sehen also, ein deutscher Verein verfährt mit einer recht deutschen Gründlichkeit in einer rein dänischen Frage. Nach dem schleswig-holsteinischen Staatsgrundgesetz, das freilich nur dann durchgeführt wird, wenn es die Knechtung des Volkes gilt, herrscht nämlich der Mannsstamm des oldenburgischen Hauses in Schleswig-Holstein, und es kommen die Augustenburger Vollbluthengste an die Regierung, zur Ausbeutung des Volks, wenn die Personalunion aufgehoben wird. Da es aber für den dänischen Staat eine Lebensfrage ist, für Schleswig-Holstein dagegen nur, ob sie sich durch Augustenburger Stallknechte oder dänische Maitreffen, aussangen, schinden und kauten lassen wollen, sie aber in beiden Fällen immer fürstlich malträtirt werden, so geht diese Frage Dänemark weit mehr an, als Schleswig-Holstein. Wir setzen übrigens nur unsere Hoffnung auf die Armee, wenn sich die Diplomatie erdreisten sollte, den bekannten Menschenschacher mit uns zu treiben, von den Schleswig-Holsteinern selbst hoffen wir, daß sie Nichts thun werden. Schleswig-Holstein kann, wenn es an die Lösung dieser Frage jetzt denken will, auch gar nichts machen, denn siegt die Reaktion in Preußen und dem übrigen Deutschland jetzt, so wird in Schleswig-Holstein der Absolutismus auch wieder vollständig octroyirt werden.

Aus dem nördlichen Schleswig, 4. Mai.

Die gestern Abend aus Kolding in Christiansfeld eingebrachten Verwundeten bringen folgenden Rapport vom Kriegstheater mit: Bei einer gestern Morgen von Kolding aus von einer Compagnie Jäger, zwei Bataillonen, einer Cavallerie-Schwadron und einer halben Batterie, Alles Schleswig-Holsteiner, unternommenen Recognoscirung wurden anfänglich die dänischen Vorposten zurückgeworfen; aber hei Taulov, ungefähr eine Meile vor Friedericia, unweit des kleinen Belts, brachen plötzlich 5 dänische Bataillone aus einem Hinterhalte hervor. Unterstützt durch die Wirkung eines Kanonenbotes, drangen die Feinde vor, und die Unsrigen zogen sich allmälig vor seiner unverhältnißmäßigen Uebermacht bis Nord-Vjert, der bisherigen Position der Vorposten vor Kolding, zurück, in dessen unmittelbare Nähe die Dänen es nicht für rathsam hielten, vorzudringen. Sie kehrten demnach wider um, nachdem es ihnen gelungen war, Einzelne der Unsrigen zu fangen. Unser Verlust besteht aus einigen dreißig Verwundeten. Wenn nicht alle Kreterien täuschen, so wird die Stunde der Entscheidung nicht lange mehr auf sich warten lassen; wir glauben diesen Schluß um so eher ziehen zu können, als heute beide Statthalter Schleswig-Holsteins im Hauptquartier eingetroffen sind.

(Börs.-H.)
* Freiburg, 2. Mai.

In dem Struve-Blind'schen Prozesse legte man den beiden Angeklagten unter andern Beweisstücken auch einen Brief vor, den Blind im Namen Struve's von der Schweiz aus an das straßburger Flüchtlingscomité geschrieben haben sollte, und worin Anleitungen zur Reorganisation von Ausschüssen längs der französischen Gränze gegeben waren. Der Brief wird dem Angeklagten vom Gerichtsschreiber vorgezeigt.

Blind: Bevor ich meine Erklärung darüber abgebe, bitte ich den Herrn Präsidenten, mir zu sagen, auf welche Weise dies Schriftstück in die Hände der Untersuchungsbehörden gekommen ist.

Der Präsident: Das großherzogliche Ministerium des Innern hat dasselbe eingesandt.

Blind: Das ist unmöglich. Der Brief ist von Basel an ein Flüchtlingskomité nach Straßburg adressirt, und nicht an das Ministerium zu Karlsruhe. Ich frage: wie kam er in die Hände Ihrer Regierung?

Der Präsident blickt sich lange in seinen Notizen um und erwidert endlich: Man hat, wie ich eben richtig sehe, das Schreiben in der republikanischen Kanzlei gefunden, die zu Staufen von den Soldaten erbeutet wurde … Ja, ja, so ist es …

Blind: Das ist unmöglich und unwahr. Der Brief war ja bereits von Basel nach Straßburg abgesandt; er muß den betreffenden Poststempel tragen. Wie sollte er plötzlich von Straßburg in ein Felleisen der provisorischen Regierung nach Staufen kommen! Jene Kanzlei befand sich zudem unter meiner Leitung; ich weiß bestimmt, daß dieser Brief, den ich geschrieben haben soll, nicht in dieser Kanzlei war.

Der Präsident schaut wieder auf seine Notizen, und richtet dann einen Streifblick auf die drei Staatsanwälte, die stumm da sitzen.

Blind: Es scheint mir daraus hervorzugehen, daß die großherzogliche Regierung im Ausland „Freunde“ hat, die zugleich mit ihr und zugleich mit den Flüchtlingen der republikanischen Partei in Verbindung stehen: was man gewöhnlich in grober Sprache geheime Agenten und Spione nennt.

Der Gerichtspräsident und die drei Staatsanwälte nehmen diese Bemerkung schweigend hin!!

Bruchsal, 2. Mai.

Heute Morgen halb 4 Uhr kam auf dem hiesigen Bahnhofe ein mit vier Pferden bespannter, schwer beladener Wagen aus Stuttgart an, der mit einer weißen Blache bedeckt und mit einer stark in Eisen beschlagenen Kiste garnirt war. Zwei Bediente (nicht eigentliche Fuhrleute) der eine mit einem blauen, der andere mit einem grauen Mantel versehen, geleiteten den Wagen, welcher um 7 Uhr sammt den Pferden nach Mannheim durch die Eisenbahn spedirt wurde. Nach den Aeußerungen der Ueberbringer des Wagens hätten dieselben vielen Vorspann über die Berge bis hierher nöthig gehabt. Wenn man nun diese Erklärungen mit der Aussage der Bahnbedientesten zusammenstellt, daß der Wagen ungemein schwer, das Volumen des Wagens aber nicht sonderlich groß war, so liegt die Vermuthung ganz nahe, daß dieses ein Geldwagen ist, der, wie wie viele andere, seinen Weg nach der englischen Bank nimmt. Ich enthalte mich, weitere Folgerungen zu ziehen, von wem und wohin das Geld bestimmt ist.

(Beob.)
15 Frankfurt, 6. Mai.

Heute Nachmittag hielt der Kongreß der Abgeordneten der Märzvereine seine erste Sitzung. Die Versammlung fand in Wolfseck statt und schien von circa 2000 Menschen besucht. Die Stimmung derselben war eine ganz der sie leitenden vereinbarenden Linken aus dem Reichsviehdepot angemessene: eine flaue. Zuerst leitete Raveaux diesen neuen Beitrag zur Reichs- und Volkshistorie ein. Er spricht undeutlich, man weiß nicht, ob er die Revolution im Kopf oder Magen hat. Einigkeit, Fortschritt, keine Ueberstürzung sind seine Stichworte, von dieser Versammlung würde die Majorität in der Paulskirche abhängen. Nach der Geschäftsordnung, die in Pausch und Bogen angenommen, schreitet man zur Präsidentenwahl. Fröbel wird Präsident, er präsidirt wie gewöhnlich mit viel gutem Willen aber wenig Kraft. Vogt und Raveaux Vizepräsidenten, Umscheiden und Remstein Sekretäre. 1) Tagesordnung: Berathung über die Volkssouveränetät nach dem Willen der edlen Majorität der Paulskirche jetzund und in Zukunft. 2) Proklamation an das Volk und das Heer, zu der zwei Kommissionen gewählt werden. 3) Künftige Organisation. 4) Künftige innere und äußere Politik dieser Revolutionshindernisse. Hagen aus Hamburg will die Worte zu Nr. 1, so lange die Verfassung noch nicht anerkannt ist, eingeschaltet wissen, das Amendement, welches doch nur Hoffnung läßt, aus den Klauen des Reichsrindviehs herauszukommen, fällt aber, da die ganze Versammlung von vornherein von dieser ausgesuchten Elite dupirt wird. Ein Antrag von Fenneberg aus Wien, der Pfälzer Revolution und der Reichsversammlung Schutz zu verleihen, wird abgelehnt (!!) Simon: Noch einmal gehe ich zu den Ministern und frage, ob sie vereinbaren wollen, sonst sagt sich unsere Partei los! Er scheint sich im Kaiserstall unbehaglich zu fühlen, wahrscheinlich sind ihm die Hörner noch nicht vergoldet und er sieht seinen Stern untergehen.

Er verlangt was folgt: 1) Aufruf zu allgemeiner Rüstung; 2) kein vereinzelter aktiver Widerstand; 3) allgemeiner Widerstand gegen die Octroyirung mit allen Kräften; wird angenommen.

Heute Morgen soll Simon v. Trier noch gesagt haben: kommt die äußerste Linke ans Regiment, so hängt man mich, und das

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gender Anzahl erschienen sind, daß kein Beschluß gefaßt werden konnte, ja nicht einmal eine Berathung stattgefunden? Angst vor dem Volke, Angst vor den Preußen, Angst vor den Russen, Angst vor den Magyaren, das ist die politische Seele dieser Juden. Und davon lassen sich auch die meisten Vereine und unsere jämmerlichen Zeitungen beherrschen. Die Cholera ist verschwunden, aber der Preußenjanhagel ist der Schrot, welcher tief in den schlesischen Körpern steckt. Auf dem Lande spielt ja, namentlich in Oberschlesien, der Soldat noch den Kavalier unter Lumpen und wird beneidet! Was die Zeitungen betrifft, so würden sie in Europa kaum bekannt sein, brächten sie nicht zufällig die ersten Nachrichten aus Ungarn, Rußland und Oestreich. Unter den beiden politischen Spießbürgerblättern Breslau's überbietet eins das andere an gesinnungslosem, gemeinem Kalkul. Ja, die Breslauer Zeitung war seit einigen Tagen noch freisinniger geworden, als die sich demokratisch nennende Oderzeitung, nach welcher das Volk sich bilden soll. Die Feigheit dieses letzten Blattes ging neulich so weit, daß es nicht eher Muth bekam, die Berliner Mordmetzeleien bekannt zu machen, als bis sie von der Breslauerin veröffentlicht worden waren. Gemeine Juden und Bourgeois beherrschen die Oder-Demokratie und sind Schuld daran, daß eine Ausrottung des ekelhaften Preußengeistes hier zur Unmöglichkeit wird. Vor einigen Tagen habe ich mich überwunden, an einer Sitzung des s. g. demokratischen Volksvereins Theil zu nehmen. Das Volk fehlte dabei, allein Hebräer und Spießbürger saßen, Cigarren rauchend und Bier trinkend, in trauter Gemüthlichkeit beisammen und ließen sich die politischen Waschlappen-Phantasien des Hrn. Pflücker lämmerzahm vorklappern, um mit einem Nichts sich dann zur Ruhe zu begeben. Und wenn ich Ihnen aus der gestrigen Sitzung des demokratischen Vereins auch energische Reden besorgen könnte, so darf ich's jetzt doch nicht, wo nur Thaten in Anschlag kommen. Von dem Vorgekommenen indessen doch eins. <hi rendition="#g">Brehmer enthüllte</hi> einige Manteuffel'sche Intriguen, die unter andern darin bestehen, daß derselbe Agenten in die Provinzen sendet, welche die Führer der Socialisten und das Arbeitervolk überreden sollen, sich von der gegenwärtigen Bewegung fern zu halten. Ein solcher Agent, sagte er, sei auch zu Stilch gekommen, andere hätten sich in die Kneipen des Volks geschlichen und dort ihr Unwesen gestiftet. Wie es heißt, soll heute und morgen <hi rendition="#g">sämmtliche Artillerie</hi> nach Dresden abgehen. Reisende, welche erst vor einigen Tagen das Königreich Polen in der Länge und Breite durchzogen haben wollen, versichern, daß darin kaum 80,000 Mann stehen. Gleichwohl soll die Garnison von Warschau an 30,000 Mann betragen und die von Modlin nicht unbeträchtlich sein. Dieselben Reisenden sprechen auch von der tiefen Demoralisation im russischen Heere. So z. B. sollen die Pferde der Artillerieparks, welche an die galizische Gränze gerückt sind, einstweilen von den Offizieren verkauft worden sein. Zum Einrücken in Oestreich müssen daher erst wieder andere Pferde angeschafft, oder besser à la russe gestohlen werden. Auch die Mannschaften sollen zum großen Theil ungemein verhungert, abgemergelt, zerlumpt und stupid-verthiert aussehen, selbst wenn sie zu den s. g. Kerntruppen gehören.</p>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Breslau, 5. Mai.</head>
          <p>Heute ging die 18te reitende (Glätzer) Batterie von hier nach Liegnitz ab, zum Ersatz der von dort nach Görlitz bestimmten Geschütze. Sie sollten mittels Eisenbahn transportirt werden; wegen Mangel an Wagen war dies jedoch nicht zu bewerkstelligen.</p>
          <p>Außer einer Einladung zu einer Volksversammlung im Schießwerder (Sonntag Nachmittag vier Uhr) fand sich heut noch folgende Proklamation an den Straßenecken:</p>
          <p> <hi rendition="#g">&#x201E;Brüder!</hi> </p>
          <p>Es treiben sich hier mehrere jener nichtswürdigen Agenten herum, die, wohlwissend, welches Gewicht der Arbeiterstand in die Wagschale der Revolution zu legen im Stande ist, Euch unter Versprechung reicher materieller Vortheile von der Agitation für den letzten kümmerlichen Rest der sogenannten März-Errungenschaften, die Reichsverfassung und die deutschen Grundrechte, fern zu halten bemüht sind.</p>
          <p> <hi rendition="#g">Arbeiter!</hi> </p>
          <p>Daß die preußischen Machthaber weder im Stande noch gewillt sind, Euch eine Verbesserung Eurer Lage zu gewähren, habt Ihr an den Gewerbegesetzen gesehen. Das oktroyirungslustige preußische Ministerium hat im Gegentheil die auch bereits offen ausgesprochene Absicht, uns auf seinen Bajonetten ein Wahlgesetz mit Census darzureichen, welches Euch, die Uncensirten, für immer ab- und zur Ruhe weisen soll.</p>
          <p>Wenn Ihr bedenkt, daß die endliche Verwirklichung der Einheit Deutschlands nicht bloß eine Frage der reinen Politik ist, sondern zugleich wesentlich das Wohl der arbeitenden Klassen bedingt und in sich schließt, so wird Eure Wahl nicht schwanken. Die von der deutschen Nationalversammlung beschlossenen Gesetze, obgleich sie dem Maße der Freiheit, welches wir anstreben, nicht entsprechen, bilden doch die Grundlage, auf der wir weiter fortbauen werden. Darum entscheiden wir uns für sie, und laßt uns unserer Entscheidung Nachdruck zu geben wissen. Gruß und Brüderschaft!</p>
          <p rendition="#et">Der demokratische Verein, und demokratisch-soziale Arbeiter-Verein.&#x201C;</p>
          <p>Ferner ist folgende Erklärung dreier untengenannten Vereine veröffentlicht worden:</p>
          <p>&#x201E;Wir erklären, daß wir die von der Nationalversammlung beschlossene und angenommene Reichsverfassung sammt den Grundrechten nur als das geringste Maß der Volksfreiheit anerkennen, dabei aber immerhin die ganze Volksfreiheit fordern werden.</p>
          <p>Frankenstein, 4. Mai 1849.</p>
          <p rendition="#et">Der Kreis-Rustikal-Verein.<lb/>
Der demokratische Verein.<lb/>
Der demokratische Rustikal-Verein in Töppliwoda.&#x201C;</p>
          <p>Die, wie oben erwähnt, auf morgen Nachmittag anberaumte Volksversammlung ist schon heute durch folgenden Anschlag zu verhindern versucht worden:</p>
          <p>&#x201E;Die auf morgen Nachmittag angekündigte Volksversammlung auf dem Schießwerder ist auf Grund des Artikel 27 der Verfassungsurkunde vom 5. Dezember v. J. verboten worden.</p>
          <p>Breslau, 5. Mai 1849.</p>
          <p>Königliches Polizei-Präsidium.</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>X</author></bibl> Ratibor, 5. Mai.</head>
          <p>Die Furcht der &#x201E;geschwächten Krone&#x201C; Preußens vor dem ungarischen Kriege, dessen Schauplatz jetzt nicht weiter als 7 Meilen von unserer Gränze ist, das mit Oestreich gemeinsame Standrechtsinteresse gebietet ihr nicht nur ein sogenanntes Observationscorps aufzustellen, zu welchem allein hier durch 2000 Mann seit dem 28. v. M. passirt sind, sondern auch die Neutralität auf die gemeinste Weise zu verletzten. Gestern Nachmittag 2 1/2 langte von Oderberg ein Extrazug hier an, der 280 bewaffnete östreichische Henkersknechte nebst Bagage mit sich führte und sich dem um drei Uhr abgehenden Zuge anschloß. Das Ziel ihrer Reise ist Galizien, wo sie zu der Hammersteinischen Brigade stoßen sollen. Ihr eigentliches Ziel aber dürfte das kühle Grab sein, denn ein mehr herabgekommenes Corps hat wohl kein Krieg bis jetzt aufzuweisen gehabt. Leute von 17-18 Jahren mit erdfahlen Gesichtern sind die unglücklichen Opfer, die der kleine Tamerlan zur Schlachtbank schickt. Wie es heißt, werden noch 8 solcher Transporte östreichischer Soldaten von der standrechtlichen Bereitwilligkeit der preußischen Regierung Gebrauch machen. Indeß hoffen wir, daß die Ungarn die Neutralität ebenso verstehen und, wenn sie in östr. Schlesien und Galizien eingebrochen sind, sich als Revanche etwas vom sogenannten Observationscorps, vielleicht mehr als das, herauslangen. Daß sie in unserer Nähe sind, ist nicht zu bezweifeln. Schon vor mehr als 8 Tagen hat man in Golkowitz, einem dicht an der östr.-schlesischen Gränze gelegenen Dorfe, vorgestern sogar schon zwei Meilen von der Gränze, in Loslau, den Kanonendonner von ganzen Batterien gehört. Ein ungar. Streifcorps soll sogar bereits bis Skotschau, auf der Straße nach Bielitz und Biala, vorgedrungen sein und sich nach gemachter Recognoscirung hinter Jablunka wieder zurückgezogen haben. Ob ihnen dieser Past aber wirklich schon offen steht, wissen wir nicht. Die Reisenden, die aus Oestreich kommen, sind in Folge der k. k. privilegirten Bestialitäten so schüchtern und mißtrauisch, daß sie selten etwas von dort wissen wollen. Daß die Magyaren aber sich der mährischen und schlesischen Gränze nähern, geht daraus hervor, daß in allen Orten bis nach Oderberg der Landsturm aufgeboten ist. Leicht möglich, daß die Landstürmer, einmal bewaffnet, in einem &#x201E;Mißverständnisse&#x201C; von diesen Waffen anderweitigen Gebrauch machen.</p>
          <p>Von der Russenhülfe sieht man noch Nichts. Reisende, die gestern von Krakau kamen, haben weder dort noch in Podgorze einen Russen gesehen. Man schreibt diese Sistirung der russischen Intervention einem Protest von Seiten Englands zu.</p>
          <p>Ich beabsichtigte Ihnen heute vom Bahnhof aus die neuesten von Reisenden in Erfahrung zu bringenden Nachrichten sofort mitzutheilen. So eben &#x2014; 10 Uhr vormittags &#x2014; ist aber das Ausfallssignal angekommen. Sollten die Magyaren die Eisenbahnlinie occupirt haben?</p>
        </div>
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          <head>Posen, 4. Mai.</head>
          <p>Eine neue Truppenbewegung soll stattfinden. Die sächsischen Regimenter rücken nach dem Rhein, die schlesischen nach Sachsen, unsere hiesigen nach Schlesien und wir erhalten dafür die preußischen. Ostpreußen wird dadurch ganz leer, und kann daher, wenn es Noth ist, durch russische &#x201E;Hülfstruppen&#x201C; besetzt werden. Der Grund dieser Bewegung ist klar, das böse Gewissen der Regierung fürchtet die Erhebung der Rheinprovinz und Süd-Deutschland's, wenn durch die Bajonette preußischer Truppen, die sich um Frankfurt bereits zusammenziehen, die deutsche Nationalversammlung gesprengt wird. Ausserdem wird hier von neuem ein Theil der Landwehr mobil gemacht, um gleichfalls nach Schlesien zu gehen.</p>
        </div>
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          <head>Magdeburg, 5. Mai.</head>
          <p>Bei Halle wird unter dem Commando des Fürsten Radziwill eine mobile Division concentrirt, zu welcher das 7. Kürassier- und das 10. Husarenregiment stoßen sollen.</p>
          <p>Heute Morgen gegen 11. Uhr fand der Festungsgefangene, ehemalige Premierlieutenant Techow, bekannt aus der Zeughausaffaire, auf dem Rückwege von der Rathhausbibliothek, Gelegenheit, dem Patrouilleur zu entwischen.</p>
          <bibl>(Mgd. Z.)</bibl>
        </div>
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          <head><bibl><author>15</author></bibl> Schleswig-Holstein, 5. Mai.</head>
          <p>Wenn Hr. Olshausen noch immer nicht einsieht, daß hier Reichskriegskomödie gespielt wird, und zwar <hi rendition="#g">schwarz-weiße,</hi> so glauben wir, daß er seine &#x201E;<hi rendition="#g">bessere</hi> Brille&#x201C; in den schleswig-Holsteinischen Wirren verloren hat. Vielleicht will er es auch bloß nicht eingestehen, daß er es jetzt einsieht, weil er dadurch zugleich eingestehen müßte, daß er sich mindestens von den Herren von Statthaltersgnaden ein X für ein U hätte vormachen lassen. So läßt Herr Olshausen sich heute von einem Frankfurter Korrespondenten schreiben, daß Prittwitz sich verpflichtet hat <hi rendition="#g">nur</hi> von <hi rendition="#g">Frankfurt</hi> aus, <hi rendition="#g">nicht</hi> aber von <hi rendition="#g">Berlin</hi> Befehle anzunehmen, und daß er darüber einen Revers ausgestellt. Möglich daß in diesem Revers nun ein kleiner Fehler vorgefallen und erst <hi rendition="#g">Berlin</hi> und dann <hi rendition="#g">Frankfurt</hi> steht. Mag dem sein wie ihm wolle, die Sache geht wie voriges Jahr, wo es ebenso von Wrangel hieß, der dann auch um so bequemer Verrath beging.</p>
          <p>Wir haben schon früher darauf hingewiesen, daß Bonin allem Anschein nach seine Instruktionen noch immer von Manteuffel-Brandenburg empfängt, worauf die Demokratenhetze in der Armee, die Anstellung von fast lauter preußischen Offizieren, von denen viele in Betreff ihrer militärischen Tüchtigkeit, gleich Null sind, im übrigen aber als &#x201E;ausgezeichnete Sprößlinge und Repräsentanten des Junkerthums&#x201C; mit Rücksicht auf ihre Anmaßungen bezeichnet wurden, hindeuten.</p>
          <p>Wir bedauern Bonin, der dadurch, daß die Truppen wider seinen Willen in Jütland einrückten und er hinterher gehumpelt kam, als Kolding schon genommen war, sich schon genug blamir hat. Daß Herr Olshausen nicht daran glaubt, daß Bonin noch preußischer General ist, ist möglich, hat doch irgend ein <hi rendition="#g">verantwortlicher</hi> Departementschef, in Folge einer Interpellation versichert, daß Bonin gänzlich in schleswig-holsteinische Reichsdienste getreten sei!!!</p>
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          <head><bibl><author>15</author></bibl> Schleswig-Holstein, 3. Mai.</head>
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          <p>Wir kommen nochmals auf die Koldinger Affaire zurück, da jetzt überhaupt durch die Kabinetspolitik der Fürsten und ihre diplomatischen Kniffe Waffenruhe eingetreten zu sein scheint. Betrachten wir die Thatsachen. Die schleswig-holsteinische Armee war 16000 Mann. Die Hälfte dieser Truppen langte aber erst Nachmittags an, nachdem der Kampf schon 5-6 Stunden gewährt. Die dänische Armee zählte 20,000 Mann, die größtentheils von vornherein auf dem Kampfplatz waren. An Todten und Verwundeten werden beide Armeen ziemlich gleich viel haben, nämlich 5-600 Mann; an Gefangenen ebenso vielleicht 150-200 Mann; Kanonen und sonstige Trophäen, außer einigen Husarenpferden sind nicht erbeutet. Die Resultate sind nur die: Unsere schleswig-holsteinische Armee hat sich trotz der schlechten Führung höchst tapfer geschlagen, dadurch das Schlachtfeld behauptet und das Bewußtsein erlangt, daß sie es selbst mit einer feindlichen überlegenen Armee aufnehmen kann, während die Dänen durch die Schlappe, die sie von einer so verachteten, weit geringern Macht der &#x201E;Insurgenten&#x201C; erlitten, etwas demoralisirt sind. Was unbegreiflich, oder vielmehr für den Einsichtsvollen sehr begreiflich ist, ist der Umstand, daß Bonin den Feind nicht verfolgen ließ, daß er den Sieg nicht benutzte, die Armee des Feindes auseinander zu sprengen, möglichst viele Gefangene zu machen, Beute zu erobern etc. Und nun nach 10 Tagen nach dem Siege ist die siegreiche schleswig-holsteinische Armee immer noch zwischen Kolding und Veile.</p>
          <p>Etwas ist allerdings durch das Eindringen unserer Truppen in Jütland errungen: unsere Pfahl- u. Spießbürger wagen endlich darüber zu sprechen und zu berathen, ob die Personalunion mit Dänemark noch ferner fortbestehen kann. Selbst der deutsche Verein in Kiel hat darüber berathen, und nachdem er zu dem Schluß gekommen ist, daß aus moralischen Gründen die Personalunion nicht länger fortbestehen könne, einen Ausschuß niedergesetzt, der die juristische (!) Seite der Frage beleuchten (!!) soll. Sie sehen also, ein deutscher Verein verfährt mit einer recht deutschen Gründlichkeit in einer rein dänischen Frage. Nach dem schleswig-holsteinischen Staatsgrundgesetz, das freilich nur dann durchgeführt wird, wenn es die Knechtung des Volkes gilt, herrscht nämlich der Mannsstamm des oldenburgischen Hauses in Schleswig-Holstein, und es kommen die Augustenburger Vollbluthengste an die Regierung, zur Ausbeutung des Volks, wenn die Personalunion aufgehoben wird. Da es aber für den dänischen Staat eine Lebensfrage ist, für Schleswig-Holstein dagegen nur, ob sie sich durch Augustenburger Stallknechte oder dänische Maitreffen, aussangen, schinden und kauten lassen wollen, sie aber in beiden Fällen immer fürstlich malträtirt werden, so geht diese Frage Dänemark weit mehr an, als Schleswig-Holstein. Wir setzen übrigens nur unsere Hoffnung auf die Armee, wenn sich die Diplomatie erdreisten sollte, den bekannten Menschenschacher mit uns zu treiben, von den Schleswig-Holsteinern selbst hoffen wir, daß sie <hi rendition="#g">Nichts</hi> thun werden. Schleswig-Holstein kann, wenn es an die Lösung dieser Frage jetzt denken will, auch gar nichts machen, denn siegt die Reaktion in Preußen und dem übrigen Deutschland jetzt, so wird in Schleswig-Holstein der Absolutismus auch wieder vollständig octroyirt werden.</p>
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          <p>Der Präsident: Das großherzogliche Ministerium des Innern hat dasselbe eingesandt.</p>
          <p>Blind: Das ist unmöglich. Der Brief ist von Basel an ein Flüchtlingskomité nach Straßburg adressirt, und nicht an das Ministerium zu Karlsruhe. Ich frage: wie kam er in die Hände Ihrer Regierung?</p>
          <p>Der Präsident blickt sich lange in seinen Notizen um und erwidert endlich: Man hat, wie ich eben richtig sehe, das Schreiben in der republikanischen Kanzlei gefunden, die zu Staufen von den Soldaten erbeutet wurde &#x2026; Ja, ja, so ist es &#x2026;</p>
          <p>Blind: Das ist unmöglich und unwahr. Der Brief war ja bereits von Basel nach Straßburg abgesandt; er muß den betreffenden Poststempel tragen. Wie sollte er plötzlich von Straßburg in ein Felleisen der provisorischen Regierung nach Staufen kommen! Jene Kanzlei befand sich zudem unter meiner Leitung; ich weiß bestimmt, daß dieser Brief, den ich geschrieben haben soll, nicht in dieser Kanzlei war.</p>
          <p>Der Präsident schaut wieder auf seine Notizen, und richtet dann einen Streifblick auf die drei Staatsanwälte, die stumm da sitzen.</p>
          <p>Blind: Es scheint mir daraus hervorzugehen, daß die großherzogliche Regierung im Ausland &#x201E;Freunde&#x201C; hat, die zugleich mit ihr und zugleich mit den Flüchtlingen der republikanischen Partei in Verbindung stehen: was man gewöhnlich in grober Sprache geheime Agenten und Spione nennt.</p>
          <p>Der Gerichtspräsident und die drei Staatsanwälte nehmen diese Bemerkung schweigend hin!!</p>
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          <head>Bruchsal, 2. Mai.</head>
          <p>Heute Morgen halb 4 Uhr kam auf dem hiesigen Bahnhofe ein mit vier Pferden bespannter, schwer beladener Wagen aus Stuttgart an, der mit einer weißen Blache bedeckt und mit einer stark in Eisen beschlagenen Kiste garnirt war. Zwei Bediente (nicht eigentliche Fuhrleute) der eine mit einem blauen, der andere mit einem grauen Mantel versehen, geleiteten den Wagen, welcher um 7 Uhr sammt den Pferden nach Mannheim durch die Eisenbahn spedirt wurde. Nach den Aeußerungen der Ueberbringer des Wagens hätten dieselben vielen Vorspann über die Berge bis hierher nöthig gehabt. Wenn man nun diese Erklärungen mit der Aussage der Bahnbedientesten zusammenstellt, daß der Wagen ungemein schwer, das Volumen des Wagens aber nicht sonderlich groß war, so liegt die Vermuthung ganz nahe, daß dieses ein Geldwagen ist, der, wie wie viele andere, seinen Weg nach der englischen Bank nimmt. Ich enthalte mich, weitere Folgerungen zu ziehen, von wem und wohin das Geld bestimmt ist.</p>
          <bibl>(Beob.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar293_018" type="jArticle">
          <head><bibl><author>15</author></bibl> Frankfurt, 6. Mai.</head>
          <p>Heute Nachmittag hielt der Kongreß der Abgeordneten der Märzvereine seine erste Sitzung. Die Versammlung fand in Wolfseck statt und schien von circa 2000 Menschen besucht. Die Stimmung derselben war eine ganz der sie leitenden vereinbarenden Linken aus dem Reichsviehdepot angemessene: eine flaue. Zuerst leitete Raveaux diesen neuen Beitrag zur Reichs- und Volkshistorie ein. Er spricht undeutlich, man weiß nicht, ob er die Revolution im Kopf oder Magen hat. Einigkeit, Fortschritt, keine Ueberstürzung sind seine Stichworte, von dieser Versammlung würde die Majorität in der Paulskirche abhängen. Nach der Geschäftsordnung, die in Pausch und Bogen angenommen, schreitet man zur Präsidentenwahl. Fröbel wird Präsident, er präsidirt wie gewöhnlich mit viel gutem Willen aber wenig Kraft. Vogt und Raveaux Vizepräsidenten, Umscheiden und Remstein Sekretäre. 1) Tagesordnung: Berathung über die Volkssouveränetät nach dem Willen der edlen Majorität der Paulskirche jetzund und in Zukunft. 2) Proklamation an das Volk und das Heer, zu der zwei Kommissionen gewählt werden. 3) Künftige Organisation. 4) Künftige innere und äußere Politik dieser Revolutionshindernisse. Hagen aus Hamburg will die Worte zu Nr. 1, so lange die Verfassung noch nicht anerkannt ist, eingeschaltet wissen, das Amendement, welches doch nur Hoffnung läßt, aus den Klauen des Reichsrindviehs herauszukommen, fällt aber, da die ganze Versammlung von vornherein von dieser ausgesuchten Elite dupirt wird. Ein Antrag von Fenneberg aus Wien, der Pfälzer Revolution und der Reichsversammlung Schutz zu verleihen, wird abgelehnt (!!) Simon: Noch einmal gehe ich zu den Ministern und frage, ob sie vereinbaren wollen, sonst sagt sich unsere Partei los! Er scheint sich im Kaiserstall unbehaglich zu fühlen, wahrscheinlich sind ihm die Hörner noch nicht vergoldet und er sieht seinen Stern untergehen.</p>
          <p>Er verlangt was folgt: 1) Aufruf zu allgemeiner Rüstung; 2) kein vereinzelter aktiver Widerstand; 3) allgemeiner Widerstand gegen die Octroyirung mit allen Kräften; wird angenommen.</p>
          <p>Heute Morgen soll Simon v. Trier noch gesagt haben: kommt die äußerste Linke ans Regiment, so hängt man mich, und das
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[1662/0002] gender Anzahl erschienen sind, daß kein Beschluß gefaßt werden konnte, ja nicht einmal eine Berathung stattgefunden? Angst vor dem Volke, Angst vor den Preußen, Angst vor den Russen, Angst vor den Magyaren, das ist die politische Seele dieser Juden. Und davon lassen sich auch die meisten Vereine und unsere jämmerlichen Zeitungen beherrschen. Die Cholera ist verschwunden, aber der Preußenjanhagel ist der Schrot, welcher tief in den schlesischen Körpern steckt. Auf dem Lande spielt ja, namentlich in Oberschlesien, der Soldat noch den Kavalier unter Lumpen und wird beneidet! Was die Zeitungen betrifft, so würden sie in Europa kaum bekannt sein, brächten sie nicht zufällig die ersten Nachrichten aus Ungarn, Rußland und Oestreich. Unter den beiden politischen Spießbürgerblättern Breslau's überbietet eins das andere an gesinnungslosem, gemeinem Kalkul. Ja, die Breslauer Zeitung war seit einigen Tagen noch freisinniger geworden, als die sich demokratisch nennende Oderzeitung, nach welcher das Volk sich bilden soll. Die Feigheit dieses letzten Blattes ging neulich so weit, daß es nicht eher Muth bekam, die Berliner Mordmetzeleien bekannt zu machen, als bis sie von der Breslauerin veröffentlicht worden waren. Gemeine Juden und Bourgeois beherrschen die Oder-Demokratie und sind Schuld daran, daß eine Ausrottung des ekelhaften Preußengeistes hier zur Unmöglichkeit wird. Vor einigen Tagen habe ich mich überwunden, an einer Sitzung des s. g. demokratischen Volksvereins Theil zu nehmen. Das Volk fehlte dabei, allein Hebräer und Spießbürger saßen, Cigarren rauchend und Bier trinkend, in trauter Gemüthlichkeit beisammen und ließen sich die politischen Waschlappen-Phantasien des Hrn. Pflücker lämmerzahm vorklappern, um mit einem Nichts sich dann zur Ruhe zu begeben. Und wenn ich Ihnen aus der gestrigen Sitzung des demokratischen Vereins auch energische Reden besorgen könnte, so darf ich's jetzt doch nicht, wo nur Thaten in Anschlag kommen. Von dem Vorgekommenen indessen doch eins. Brehmer enthüllte einige Manteuffel'sche Intriguen, die unter andern darin bestehen, daß derselbe Agenten in die Provinzen sendet, welche die Führer der Socialisten und das Arbeitervolk überreden sollen, sich von der gegenwärtigen Bewegung fern zu halten. Ein solcher Agent, sagte er, sei auch zu Stilch gekommen, andere hätten sich in die Kneipen des Volks geschlichen und dort ihr Unwesen gestiftet. Wie es heißt, soll heute und morgen sämmtliche Artillerie nach Dresden abgehen. Reisende, welche erst vor einigen Tagen das Königreich Polen in der Länge und Breite durchzogen haben wollen, versichern, daß darin kaum 80,000 Mann stehen. Gleichwohl soll die Garnison von Warschau an 30,000 Mann betragen und die von Modlin nicht unbeträchtlich sein. Dieselben Reisenden sprechen auch von der tiefen Demoralisation im russischen Heere. So z. B. sollen die Pferde der Artillerieparks, welche an die galizische Gränze gerückt sind, einstweilen von den Offizieren verkauft worden sein. Zum Einrücken in Oestreich müssen daher erst wieder andere Pferde angeschafft, oder besser à la russe gestohlen werden. Auch die Mannschaften sollen zum großen Theil ungemein verhungert, abgemergelt, zerlumpt und stupid-verthiert aussehen, selbst wenn sie zu den s. g. Kerntruppen gehören. * Breslau, 5. Mai. Heute ging die 18te reitende (Glätzer) Batterie von hier nach Liegnitz ab, zum Ersatz der von dort nach Görlitz bestimmten Geschütze. Sie sollten mittels Eisenbahn transportirt werden; wegen Mangel an Wagen war dies jedoch nicht zu bewerkstelligen. Außer einer Einladung zu einer Volksversammlung im Schießwerder (Sonntag Nachmittag vier Uhr) fand sich heut noch folgende Proklamation an den Straßenecken: „Brüder! Es treiben sich hier mehrere jener nichtswürdigen Agenten herum, die, wohlwissend, welches Gewicht der Arbeiterstand in die Wagschale der Revolution zu legen im Stande ist, Euch unter Versprechung reicher materieller Vortheile von der Agitation für den letzten kümmerlichen Rest der sogenannten März-Errungenschaften, die Reichsverfassung und die deutschen Grundrechte, fern zu halten bemüht sind. Arbeiter! Daß die preußischen Machthaber weder im Stande noch gewillt sind, Euch eine Verbesserung Eurer Lage zu gewähren, habt Ihr an den Gewerbegesetzen gesehen. Das oktroyirungslustige preußische Ministerium hat im Gegentheil die auch bereits offen ausgesprochene Absicht, uns auf seinen Bajonetten ein Wahlgesetz mit Census darzureichen, welches Euch, die Uncensirten, für immer ab- und zur Ruhe weisen soll. Wenn Ihr bedenkt, daß die endliche Verwirklichung der Einheit Deutschlands nicht bloß eine Frage der reinen Politik ist, sondern zugleich wesentlich das Wohl der arbeitenden Klassen bedingt und in sich schließt, so wird Eure Wahl nicht schwanken. Die von der deutschen Nationalversammlung beschlossenen Gesetze, obgleich sie dem Maße der Freiheit, welches wir anstreben, nicht entsprechen, bilden doch die Grundlage, auf der wir weiter fortbauen werden. Darum entscheiden wir uns für sie, und laßt uns unserer Entscheidung Nachdruck zu geben wissen. Gruß und Brüderschaft! Der demokratische Verein, und demokratisch-soziale Arbeiter-Verein.“ Ferner ist folgende Erklärung dreier untengenannten Vereine veröffentlicht worden: „Wir erklären, daß wir die von der Nationalversammlung beschlossene und angenommene Reichsverfassung sammt den Grundrechten nur als das geringste Maß der Volksfreiheit anerkennen, dabei aber immerhin die ganze Volksfreiheit fordern werden. Frankenstein, 4. Mai 1849. Der Kreis-Rustikal-Verein. Der demokratische Verein. Der demokratische Rustikal-Verein in Töppliwoda.“ Die, wie oben erwähnt, auf morgen Nachmittag anberaumte Volksversammlung ist schon heute durch folgenden Anschlag zu verhindern versucht worden: „Die auf morgen Nachmittag angekündigte Volksversammlung auf dem Schießwerder ist auf Grund des Artikel 27 der Verfassungsurkunde vom 5. Dezember v. J. verboten worden. Breslau, 5. Mai 1849. Königliches Polizei-Präsidium. X Ratibor, 5. Mai. Die Furcht der „geschwächten Krone“ Preußens vor dem ungarischen Kriege, dessen Schauplatz jetzt nicht weiter als 7 Meilen von unserer Gränze ist, das mit Oestreich gemeinsame Standrechtsinteresse gebietet ihr nicht nur ein sogenanntes Observationscorps aufzustellen, zu welchem allein hier durch 2000 Mann seit dem 28. v. M. passirt sind, sondern auch die Neutralität auf die gemeinste Weise zu verletzten. Gestern Nachmittag 2 1/2 langte von Oderberg ein Extrazug hier an, der 280 bewaffnete östreichische Henkersknechte nebst Bagage mit sich führte und sich dem um drei Uhr abgehenden Zuge anschloß. Das Ziel ihrer Reise ist Galizien, wo sie zu der Hammersteinischen Brigade stoßen sollen. Ihr eigentliches Ziel aber dürfte das kühle Grab sein, denn ein mehr herabgekommenes Corps hat wohl kein Krieg bis jetzt aufzuweisen gehabt. Leute von 17-18 Jahren mit erdfahlen Gesichtern sind die unglücklichen Opfer, die der kleine Tamerlan zur Schlachtbank schickt. Wie es heißt, werden noch 8 solcher Transporte östreichischer Soldaten von der standrechtlichen Bereitwilligkeit der preußischen Regierung Gebrauch machen. Indeß hoffen wir, daß die Ungarn die Neutralität ebenso verstehen und, wenn sie in östr. Schlesien und Galizien eingebrochen sind, sich als Revanche etwas vom sogenannten Observationscorps, vielleicht mehr als das, herauslangen. Daß sie in unserer Nähe sind, ist nicht zu bezweifeln. Schon vor mehr als 8 Tagen hat man in Golkowitz, einem dicht an der östr.-schlesischen Gränze gelegenen Dorfe, vorgestern sogar schon zwei Meilen von der Gränze, in Loslau, den Kanonendonner von ganzen Batterien gehört. Ein ungar. Streifcorps soll sogar bereits bis Skotschau, auf der Straße nach Bielitz und Biala, vorgedrungen sein und sich nach gemachter Recognoscirung hinter Jablunka wieder zurückgezogen haben. Ob ihnen dieser Past aber wirklich schon offen steht, wissen wir nicht. Die Reisenden, die aus Oestreich kommen, sind in Folge der k. k. privilegirten Bestialitäten so schüchtern und mißtrauisch, daß sie selten etwas von dort wissen wollen. Daß die Magyaren aber sich der mährischen und schlesischen Gränze nähern, geht daraus hervor, daß in allen Orten bis nach Oderberg der Landsturm aufgeboten ist. Leicht möglich, daß die Landstürmer, einmal bewaffnet, in einem „Mißverständnisse“ von diesen Waffen anderweitigen Gebrauch machen. Von der Russenhülfe sieht man noch Nichts. Reisende, die gestern von Krakau kamen, haben weder dort noch in Podgorze einen Russen gesehen. Man schreibt diese Sistirung der russischen Intervention einem Protest von Seiten Englands zu. Ich beabsichtigte Ihnen heute vom Bahnhof aus die neuesten von Reisenden in Erfahrung zu bringenden Nachrichten sofort mitzutheilen. So eben — 10 Uhr vormittags — ist aber das Ausfallssignal angekommen. Sollten die Magyaren die Eisenbahnlinie occupirt haben? Posen, 4. Mai. Eine neue Truppenbewegung soll stattfinden. Die sächsischen Regimenter rücken nach dem Rhein, die schlesischen nach Sachsen, unsere hiesigen nach Schlesien und wir erhalten dafür die preußischen. Ostpreußen wird dadurch ganz leer, und kann daher, wenn es Noth ist, durch russische „Hülfstruppen“ besetzt werden. Der Grund dieser Bewegung ist klar, das böse Gewissen der Regierung fürchtet die Erhebung der Rheinprovinz und Süd-Deutschland's, wenn durch die Bajonette preußischer Truppen, die sich um Frankfurt bereits zusammenziehen, die deutsche Nationalversammlung gesprengt wird. Ausserdem wird hier von neuem ein Theil der Landwehr mobil gemacht, um gleichfalls nach Schlesien zu gehen. Magdeburg, 5. Mai. Bei Halle wird unter dem Commando des Fürsten Radziwill eine mobile Division concentrirt, zu welcher das 7. Kürassier- und das 10. Husarenregiment stoßen sollen. Heute Morgen gegen 11. Uhr fand der Festungsgefangene, ehemalige Premierlieutenant Techow, bekannt aus der Zeughausaffaire, auf dem Rückwege von der Rathhausbibliothek, Gelegenheit, dem Patrouilleur zu entwischen. (Mgd. Z.) 15 Schleswig-Holstein, 5. Mai. Wenn Hr. Olshausen noch immer nicht einsieht, daß hier Reichskriegskomödie gespielt wird, und zwar schwarz-weiße, so glauben wir, daß er seine „bessere Brille“ in den schleswig-Holsteinischen Wirren verloren hat. Vielleicht will er es auch bloß nicht eingestehen, daß er es jetzt einsieht, weil er dadurch zugleich eingestehen müßte, daß er sich mindestens von den Herren von Statthaltersgnaden ein X für ein U hätte vormachen lassen. So läßt Herr Olshausen sich heute von einem Frankfurter Korrespondenten schreiben, daß Prittwitz sich verpflichtet hat nur von Frankfurt aus, nicht aber von Berlin Befehle anzunehmen, und daß er darüber einen Revers ausgestellt. Möglich daß in diesem Revers nun ein kleiner Fehler vorgefallen und erst Berlin und dann Frankfurt steht. Mag dem sein wie ihm wolle, die Sache geht wie voriges Jahr, wo es ebenso von Wrangel hieß, der dann auch um so bequemer Verrath beging. Wir haben schon früher darauf hingewiesen, daß Bonin allem Anschein nach seine Instruktionen noch immer von Manteuffel-Brandenburg empfängt, worauf die Demokratenhetze in der Armee, die Anstellung von fast lauter preußischen Offizieren, von denen viele in Betreff ihrer militärischen Tüchtigkeit, gleich Null sind, im übrigen aber als „ausgezeichnete Sprößlinge und Repräsentanten des Junkerthums“ mit Rücksicht auf ihre Anmaßungen bezeichnet wurden, hindeuten. Wir bedauern Bonin, der dadurch, daß die Truppen wider seinen Willen in Jütland einrückten und er hinterher gehumpelt kam, als Kolding schon genommen war, sich schon genug blamir hat. Daß Herr Olshausen nicht daran glaubt, daß Bonin noch preußischer General ist, ist möglich, hat doch irgend ein verantwortlicher Departementschef, in Folge einer Interpellation versichert, daß Bonin gänzlich in schleswig-holsteinische Reichsdienste getreten sei!!! 15 Schleswig-Holstein, 3. Mai. Die „N. freie Presse“, Eigenthum des Herrn Theod. Olshausen, theilt ihren Lesern die von uns der N. Rh Z. übersandte Korrespondenz vom 26. April, mit der Andeutung mit, wie komisch oft die Dinge in den Schilderungen derer verschoben würden, die mit den Verhältnissen wenig bekannt sind. Wir danken dem Herrn Olshausen für dieses Compliment, ersuchen ihn aber zu gleicher Zeit, unsere Korrespondenzen auch ferner abzudrucken, um so den Lesern der „N. f. P.“ unsere „Unkenntniß“ und anti-monarchisch-feudalistisch-honette Auffassung vor Augen zu legen. Wir kommen nochmals auf die Koldinger Affaire zurück, da jetzt überhaupt durch die Kabinetspolitik der Fürsten und ihre diplomatischen Kniffe Waffenruhe eingetreten zu sein scheint. Betrachten wir die Thatsachen. Die schleswig-holsteinische Armee war 16000 Mann. Die Hälfte dieser Truppen langte aber erst Nachmittags an, nachdem der Kampf schon 5-6 Stunden gewährt. Die dänische Armee zählte 20,000 Mann, die größtentheils von vornherein auf dem Kampfplatz waren. An Todten und Verwundeten werden beide Armeen ziemlich gleich viel haben, nämlich 5-600 Mann; an Gefangenen ebenso vielleicht 150-200 Mann; Kanonen und sonstige Trophäen, außer einigen Husarenpferden sind nicht erbeutet. Die Resultate sind nur die: Unsere schleswig-holsteinische Armee hat sich trotz der schlechten Führung höchst tapfer geschlagen, dadurch das Schlachtfeld behauptet und das Bewußtsein erlangt, daß sie es selbst mit einer feindlichen überlegenen Armee aufnehmen kann, während die Dänen durch die Schlappe, die sie von einer so verachteten, weit geringern Macht der „Insurgenten“ erlitten, etwas demoralisirt sind. Was unbegreiflich, oder vielmehr für den Einsichtsvollen sehr begreiflich ist, ist der Umstand, daß Bonin den Feind nicht verfolgen ließ, daß er den Sieg nicht benutzte, die Armee des Feindes auseinander zu sprengen, möglichst viele Gefangene zu machen, Beute zu erobern etc. Und nun nach 10 Tagen nach dem Siege ist die siegreiche schleswig-holsteinische Armee immer noch zwischen Kolding und Veile. Etwas ist allerdings durch das Eindringen unserer Truppen in Jütland errungen: unsere Pfahl- u. Spießbürger wagen endlich darüber zu sprechen und zu berathen, ob die Personalunion mit Dänemark noch ferner fortbestehen kann. Selbst der deutsche Verein in Kiel hat darüber berathen, und nachdem er zu dem Schluß gekommen ist, daß aus moralischen Gründen die Personalunion nicht länger fortbestehen könne, einen Ausschuß niedergesetzt, der die juristische (!) Seite der Frage beleuchten (!!) soll. Sie sehen also, ein deutscher Verein verfährt mit einer recht deutschen Gründlichkeit in einer rein dänischen Frage. Nach dem schleswig-holsteinischen Staatsgrundgesetz, das freilich nur dann durchgeführt wird, wenn es die Knechtung des Volkes gilt, herrscht nämlich der Mannsstamm des oldenburgischen Hauses in Schleswig-Holstein, und es kommen die Augustenburger Vollbluthengste an die Regierung, zur Ausbeutung des Volks, wenn die Personalunion aufgehoben wird. Da es aber für den dänischen Staat eine Lebensfrage ist, für Schleswig-Holstein dagegen nur, ob sie sich durch Augustenburger Stallknechte oder dänische Maitreffen, aussangen, schinden und kauten lassen wollen, sie aber in beiden Fällen immer fürstlich malträtirt werden, so geht diese Frage Dänemark weit mehr an, als Schleswig-Holstein. Wir setzen übrigens nur unsere Hoffnung auf die Armee, wenn sich die Diplomatie erdreisten sollte, den bekannten Menschenschacher mit uns zu treiben, von den Schleswig-Holsteinern selbst hoffen wir, daß sie Nichts thun werden. Schleswig-Holstein kann, wenn es an die Lösung dieser Frage jetzt denken will, auch gar nichts machen, denn siegt die Reaktion in Preußen und dem übrigen Deutschland jetzt, so wird in Schleswig-Holstein der Absolutismus auch wieder vollständig octroyirt werden. Aus dem nördlichen Schleswig, 4. Mai. Die gestern Abend aus Kolding in Christiansfeld eingebrachten Verwundeten bringen folgenden Rapport vom Kriegstheater mit: Bei einer gestern Morgen von Kolding aus von einer Compagnie Jäger, zwei Bataillonen, einer Cavallerie-Schwadron und einer halben Batterie, Alles Schleswig-Holsteiner, unternommenen Recognoscirung wurden anfänglich die dänischen Vorposten zurückgeworfen; aber hei Taulov, ungefähr eine Meile vor Friedericia, unweit des kleinen Belts, brachen plötzlich 5 dänische Bataillone aus einem Hinterhalte hervor. Unterstützt durch die Wirkung eines Kanonenbotes, drangen die Feinde vor, und die Unsrigen zogen sich allmälig vor seiner unverhältnißmäßigen Uebermacht bis Nord-Vjert, der bisherigen Position der Vorposten vor Kolding, zurück, in dessen unmittelbare Nähe die Dänen es nicht für rathsam hielten, vorzudringen. Sie kehrten demnach wider um, nachdem es ihnen gelungen war, Einzelne der Unsrigen zu fangen. Unser Verlust besteht aus einigen dreißig Verwundeten. Wenn nicht alle Kreterien täuschen, so wird die Stunde der Entscheidung nicht lange mehr auf sich warten lassen; wir glauben diesen Schluß um so eher ziehen zu können, als heute beide Statthalter Schleswig-Holsteins im Hauptquartier eingetroffen sind. (Börs.-H.) * Freiburg, 2. Mai. In dem Struve-Blind'schen Prozesse legte man den beiden Angeklagten unter andern Beweisstücken auch einen Brief vor, den Blind im Namen Struve's von der Schweiz aus an das straßburger Flüchtlingscomité geschrieben haben sollte, und worin Anleitungen zur Reorganisation von Ausschüssen längs der französischen Gränze gegeben waren. Der Brief wird dem Angeklagten vom Gerichtsschreiber vorgezeigt. Blind: Bevor ich meine Erklärung darüber abgebe, bitte ich den Herrn Präsidenten, mir zu sagen, auf welche Weise dies Schriftstück in die Hände der Untersuchungsbehörden gekommen ist. Der Präsident: Das großherzogliche Ministerium des Innern hat dasselbe eingesandt. Blind: Das ist unmöglich. Der Brief ist von Basel an ein Flüchtlingskomité nach Straßburg adressirt, und nicht an das Ministerium zu Karlsruhe. Ich frage: wie kam er in die Hände Ihrer Regierung? Der Präsident blickt sich lange in seinen Notizen um und erwidert endlich: Man hat, wie ich eben richtig sehe, das Schreiben in der republikanischen Kanzlei gefunden, die zu Staufen von den Soldaten erbeutet wurde … Ja, ja, so ist es … Blind: Das ist unmöglich und unwahr. Der Brief war ja bereits von Basel nach Straßburg abgesandt; er muß den betreffenden Poststempel tragen. Wie sollte er plötzlich von Straßburg in ein Felleisen der provisorischen Regierung nach Staufen kommen! Jene Kanzlei befand sich zudem unter meiner Leitung; ich weiß bestimmt, daß dieser Brief, den ich geschrieben haben soll, nicht in dieser Kanzlei war. Der Präsident schaut wieder auf seine Notizen, und richtet dann einen Streifblick auf die drei Staatsanwälte, die stumm da sitzen. Blind: Es scheint mir daraus hervorzugehen, daß die großherzogliche Regierung im Ausland „Freunde“ hat, die zugleich mit ihr und zugleich mit den Flüchtlingen der republikanischen Partei in Verbindung stehen: was man gewöhnlich in grober Sprache geheime Agenten und Spione nennt. Der Gerichtspräsident und die drei Staatsanwälte nehmen diese Bemerkung schweigend hin!! Bruchsal, 2. Mai. Heute Morgen halb 4 Uhr kam auf dem hiesigen Bahnhofe ein mit vier Pferden bespannter, schwer beladener Wagen aus Stuttgart an, der mit einer weißen Blache bedeckt und mit einer stark in Eisen beschlagenen Kiste garnirt war. Zwei Bediente (nicht eigentliche Fuhrleute) der eine mit einem blauen, der andere mit einem grauen Mantel versehen, geleiteten den Wagen, welcher um 7 Uhr sammt den Pferden nach Mannheim durch die Eisenbahn spedirt wurde. Nach den Aeußerungen der Ueberbringer des Wagens hätten dieselben vielen Vorspann über die Berge bis hierher nöthig gehabt. Wenn man nun diese Erklärungen mit der Aussage der Bahnbedientesten zusammenstellt, daß der Wagen ungemein schwer, das Volumen des Wagens aber nicht sonderlich groß war, so liegt die Vermuthung ganz nahe, daß dieses ein Geldwagen ist, der, wie wie viele andere, seinen Weg nach der englischen Bank nimmt. Ich enthalte mich, weitere Folgerungen zu ziehen, von wem und wohin das Geld bestimmt ist. (Beob.) 15 Frankfurt, 6. Mai. Heute Nachmittag hielt der Kongreß der Abgeordneten der Märzvereine seine erste Sitzung. Die Versammlung fand in Wolfseck statt und schien von circa 2000 Menschen besucht. Die Stimmung derselben war eine ganz der sie leitenden vereinbarenden Linken aus dem Reichsviehdepot angemessene: eine flaue. Zuerst leitete Raveaux diesen neuen Beitrag zur Reichs- und Volkshistorie ein. Er spricht undeutlich, man weiß nicht, ob er die Revolution im Kopf oder Magen hat. Einigkeit, Fortschritt, keine Ueberstürzung sind seine Stichworte, von dieser Versammlung würde die Majorität in der Paulskirche abhängen. Nach der Geschäftsordnung, die in Pausch und Bogen angenommen, schreitet man zur Präsidentenwahl. Fröbel wird Präsident, er präsidirt wie gewöhnlich mit viel gutem Willen aber wenig Kraft. Vogt und Raveaux Vizepräsidenten, Umscheiden und Remstein Sekretäre. 1) Tagesordnung: Berathung über die Volkssouveränetät nach dem Willen der edlen Majorität der Paulskirche jetzund und in Zukunft. 2) Proklamation an das Volk und das Heer, zu der zwei Kommissionen gewählt werden. 3) Künftige Organisation. 4) Künftige innere und äußere Politik dieser Revolutionshindernisse. Hagen aus Hamburg will die Worte zu Nr. 1, so lange die Verfassung noch nicht anerkannt ist, eingeschaltet wissen, das Amendement, welches doch nur Hoffnung läßt, aus den Klauen des Reichsrindviehs herauszukommen, fällt aber, da die ganze Versammlung von vornherein von dieser ausgesuchten Elite dupirt wird. Ein Antrag von Fenneberg aus Wien, der Pfälzer Revolution und der Reichsversammlung Schutz zu verleihen, wird abgelehnt (!!) Simon: Noch einmal gehe ich zu den Ministern und frage, ob sie vereinbaren wollen, sonst sagt sich unsere Partei los! Er scheint sich im Kaiserstall unbehaglich zu fühlen, wahrscheinlich sind ihm die Hörner noch nicht vergoldet und er sieht seinen Stern untergehen. Er verlangt was folgt: 1) Aufruf zu allgemeiner Rüstung; 2) kein vereinzelter aktiver Widerstand; 3) allgemeiner Widerstand gegen die Octroyirung mit allen Kräften; wird angenommen. Heute Morgen soll Simon v. Trier noch gesagt haben: kommt die äußerste Linke ans Regiment, so hängt man mich, und das

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 293. Köln, 9. Mai 1849, S. 1662. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz293_1849/2>, abgerufen am 28.03.2024.