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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 244. Köln, 13. März 1849.

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daß die Nationalversammlung nach so langer Zeit noch immer nicht das Verfassungswerk zu Stande gebracht, so in gleicher Weise der östreichische. Dort wie hier dieselben Redensarten von der Nothwendigkeit, das erschütterte Vertrauen wieder herzustellen, damit der "entwichene Wohlstand zurückkehre," von Sicherung der "echten" Freiheit (aus der "echten" Metternich'schen Freiheitsfabrik), von einer im Finstern schleichenden Partei und wie die Stichwörter der europäischen Contrerevolution weiter lauten.

Das vom "Gesammtministerium" gegengezeichnete Machwerk leitet den zerrütteten Zustand der Monarchie aus dem "Mißbrauche der Freiheit!" her. "Diesem Mißbrauche," heißt es sodann, "zu steuern und die Revolution zu schließen ist unsere Pflicht und unser Wille." Die kaiserliche Hoffnung, im Einverständnisse mit den Völkern, nach dem Bedürfnisse derselben "die Wiedergeburt der Monarchie mittelst der engeren Verbindung ihrer Bestandtheile" zu bewirken, sei gescheitert an der Art, wie der Reichstag das Verfassungswerk verzögerte und sich in Theorien verwickelte, die mit den "thatsächlichen Verhältnissen der Monarchie im Widerspruche stehen und der Begründung eines geordneten Rechtszustandes im Staate entgegentreten." Inzwischen haben die "Siege der Armee die Wiedergeburt des einheitlichen Oestreichs" näher gerückt. Wir verkündigen demnach mit dem heutigen Tage die Verfassungsurkunde für das einige untheilbare Kaiserthum Oestreich, schließen hiedurch die Versammlung des Reichstags in Kremsier, lösen denselben auf und verordnen, daß dessen Mitglieder sofort nach Veröffentlichung dieses Beschlusses auseinander gehen.

Als leitende Grundsätze der verliehenen Verfassung werden hierauf angeführt: "Einheit des Ganzen mit der freien selbstständigen Entwicklung der Theile; eine starke Regierungsgewalt neben der Freiheit des Einzelnen wie der verschiedenen Nationalitäten; ein sparsamer Haushalt, -- eine vollständige Entlastung des Grundbesitzes gegen Entschädigung."

Man sieht, daß die Leute in Olmütz, so gut wie die in Berlin-Potsdam, dem Volke nach den angeblich unschätzbaren Früchten, die auf dem Mistboden der oktroyirten Verfassungen erwachsen sollen, den Mund wässerig zu machen suchen. Nun, Preußen hat bereits einige Prachtstücke von diesen Früchten zu sehen bekommen und für Oestreich werden sie bald in Hülle und Fülle heranwachsen.

Olmütz, 8. März.

Die oktroyirte Reichsverfassung für das Kaiserthum Oestreich lautet:

I. Abschnitt. Von dem Reiche.

§. 1. Das Kaiserthum Oestreich besteht aus folgenden Kronländern:

Dem Erzherzogthume Oestreich ob und unter der Enns, dem Herzogthume Salzburg, dem Herzogthume Steiermark, dem Königreiche Illirien, bestehend: aus dem Herzogthume Kärnthen, dem Herzogthume Krain, der gefürsteten Grafschaft Görz und Gradiska, der Markgrafschaft Istrien und der Stadt Triest mit ihrem Gebiete, -- der gefürsteten Grafschaft Tirol und Vorarlberg, dem Königreiche Böhmen, der Markgrafschaft Mähren, dem Herzogthume Ober- und Nieder-Schlesien, den Königreichen Galizien und Lodomerien mit den Herzogthümern Auschwitz und Zator und dem Großherzogthume Krakau, dem Herzogthume Bukowina, den Königreichen Dalmatien, Croatien und Slavonien mit dem kroatischen Küstenlande, der Stadt Fiume und dem dazu gehörigen Gebiete, dem Königreiche Ungarn, dem Großfürstenthume Siebenbürgen, mit Inbegriff des Sachsenlandes und der wiedereinverleibten Gespannschaften Kraszna, Mittel-Szolnok und Zarand, dann dem Distrikte Kövar und der Stadt Zilah (Zillenmarkt), den Militärgrenzgebieten und dem lombardisch-venetianischen Königreiche.

§. 2. Diese Kronländer bilden die freie, selbstständige, untheilbare und unauflösbare constitutionelle östreich. Erbmonarchie.

§. 3. Wien ist die Hauptstadt des Kaiserreiches und der Sitz der Reichsgewalt.

§. 4. Den einzelnen Kronländern wird ihre Selbstständigkeit innerhalb jener Beschränkungen gewährleistet, welche diese Reichsverfassung feststellt.

§. 5. Alle Volksstämme sind gleichberechtigt und jeder Volksstamm hat ein unverletzliches Recht auf Wahrung und Pflege seiner Nationalität und Sprache.

§. 6. Die Gränzen des Reiches und der einzelnen Kronländer dürfen nur durch ein Gesetz verändert werden.

§. 7. Das ganze Reich ist Ein Zoll- und Handelsgebiet. Binnenzölle dürfen unter keinem Titel eingeführt werden, und wo solche zwischen einzelnen Gebietstheilen des Reiches gegenwärtig bestehen, hat deren Aufhebung sobald als möglich zu erfolgen. Die Aussonderung einzelner Orte oder Gebietstheile aus dem Zollgebiete und der Einschluß fremder Gebiete in dasselbe bleibt der Reichsgewalt vorbehalten.

§. 8. Die Wappen und Farben des Kaiserthums und der einzelnen Kronländer werden beibehalten.

II. Abschnitt. Von dem Kaiser.

§. 9. Die Krone des Reiches und jedes einzelnen Kronlandes ist, in Gemäßheit der pragmatischen Sanction und der östreich. Hausordnung, erblich in dem Hause Habsburg-Lothringen.

§. 10. Die Bestimmungen der Hausgesetze über die Großjährigkeit des Thronfolgers, dann über die Einsetzung einer Vormundschaft oder Regentschaft bleiben in Wirksamkeit.

§. 11. Der Kaiser nimmt zu seinem bisherigen Titel noch jenen eines Großherzogs von Krakau und eines Herzogs der Bukowina an.

§. 12. Der Kaiser wird als Kaiser von Oestreich gekrönt. Ein besonderes Statut wird diesfalls das Nähere bestimmen.

§. 13. Der Kaiser beschwört bei der Krönung die Verfassung, welcher Schwur von seinen Nachfolgern bei der Krönung, sowie von dem Regenten bei Antritt der Regentschaft geleistet wird.

§. 14. Der Kaiser ist geheiligt, unverletzlich und unverantwortlich.

§. 15. Der Kaiser führt den Oberbefehl über die gesammte bewaffnete Macht entweder persönlich oder durch seine Feldherren.

§. 16. Der Kaiser entscheidet über Krieg und Frieden.

§. 17. Der Kaiser empfängt und schickt Gesandte, und schließt mit fremden Mächten Verträge.

Bestimmungen in solchen Verträgen, welche dem Reiche neue Lasten auflegen, bedürfen der Zustimmung des Reichstages.

§. 18. Der Kaiser verkündet die Gesetze und erläßt die bezüglichen Verordnungen.

Jede Verfügung bedarf der Gegenzeichnung eines verantwortlichen Ministers.

§. 19. Der Kaiser ernennt und entläßt die Minister, besetzt die Aemter in allen Zweigen des Staatsdienstes und verleiht den Adel, Orden und Auszeichnungen.

§. 20. Im ganzen Reiche wird im Namen des Kaisers Recht gesprochen.

§. 21. Dem Kaiser gebührt das Recht der Begnadigung, der Strafmilderung und der Amnestirung, vorbehaltlich der besonderen Bestimmungen in Ansehung der Minister.

§. 22. Das Münzrecht wird im Namen des Kaisers ausgeübt.

III. Abschnitt. Von dem Reichsbürgerrechte.

§. 23. Für alle Völker des Reiches gibt es nur Ein allgemeines östreichisches Reichsbürgerrecht. Ein Reichsgesetz wird bestimmen, unter welchen Bedingungen das östreich. Reichsbürgerrecht erworben, ausgeübt und verloren wird.

§. 24. In keinem Kronlande darf zwischen seinen Angehörigen und jenen eines anderen Kronlandes ein Unterschied im bürgerlichen oder peinlichen Rechte, im Rechtsverfahren oder in der Vertheilung der öffentlichen Lasten bestehen.

Die rechtskräftigen Urtheile der Gerichte aller östreich. Kronländer sind in allen solchen gleich wirksam und vollziehbar.

§. 25. Die Freizügigkeit der Person innerhalb der Reichsgränzen unterliegt keiner Beschränkung. Die Freiheit der Auswanderung ist von Staatswegen nur durch die Wehrpflicht beschränkt.

§. 26. Jede Art von Leibeigenschaft, jeder Unterthänigkeits- oder Hörigkeitsverband ist für immer aufgehoben.

Die Betretung des östreich. Bodens oder eines östreich. Schiffes macht jeden Sclaven frei.

§. 27. Alle östreich. Reichsbürger sind vor dem Gesetze gleich, und unterstehen einem gleichen persönlichen Gerichtsstande.

§. 28. Die öffentlichen Aemter und Staatsdienste sind für alle zu denselben Befähigten gleich zugänglich.

§. 29. Das Eigenthum steht unter dem Schutze des Reiches; es kann nur aus Gründen des öffentliches Wohles, gegen Entschädigung nach Maßgabe des Gesetzes, beschränkt oder entzogen werden.

§. 30. Jeder östreich. Reichsbürger kann in allen Theilen des Reiches Liegenschaften jeder Art erwerben, so wie jeden gesetzlich erlaubten Erwerbszweig ausüben.

§. 31. Die Freizügigkeit des Vermögens innerhalb der Reichsgränzen unterliegt keiner Beschränkung. -- Abfahrtsgelder von den in das Ausland abziehenden Vermögenschaften dürfen nur in Anwendung der Reciprocität erhoben werden.

§. 32. Jede aus dem Unterthänigkeits- oder Hörigkeitsverbande, oder aus dem Titel des getheilten Eigenthums auf Liegenschaften haftende Schuldigkeit oder Leistung ist ablösbar, und es darf für die Zukunft bei Theilung des Eigenthums keine Liegenschaft mit einer unablösbaren Leistung belastet werden.

IV. Abschnitt. Von der Gemeinde.

§. 33. Der Gemeinde werden als Grundrechte gewährleistet: a) die Wahl ihrer Vertreter; b) die Aufnahme neuer Mitglieder in den Gemeindeverband; c) die selbstständige Verwaltung ihrer Angelegenheiten; d) die Veröffentlichung der Ergebnisse ihres Haushaltes, und in der Regel e) die Oeffentlichkeit der Verhandlungen ihrer Vertreter.

Die nähere Bestimmung dieser Grundrechte der Gemeinden, und insbesondere die Bedingungen für die Aufnahme in den Verband einer Gemeinde, enthalten die Gemeindegesetze.

§. 34. Die Einrichtung von Bezirks- und Kreisgemeinden zur Besorgung ihrer gemeinsamen inneren Angelegenheiten wird ein besonderes Gesetz bestimmen.

V. Abschnitt. Von den Landes-Angelegenheiten.

§. 35. Als Landesangelegenheiten werden erklärt:

I. Alle Anordnungen in Betreff 1. der Landeskultur; 2. der öffentlichen Bauten, welche aus Landesmitteln bestritten werden; 3. der Wohlthätigkeitsanstalten im Lande; 4. des Voranschlages und der Rechnungslegung des Landes; a) sowohl hinsichtlich der Landeseinnahmen aus der Verwaltung des dem Lande gehörigen Vermögens, der Besteuerung für Landeszwecke und der Benützung des Landeskredits, als b) rücksichtlich der Landesausgaben, der ordentlichen wie der außerordentlichen.

II. Die näheren Anordnungen inner der Gränzen der Reichsgesetze in Betreff 1. der Gemeindeangelegenheiten; 2. der Kirchen- und Schulangelegenheiten; 3. der Vorspannsleistung, dann der Verpflegung und Einquartirung des Heeres; endlich

III. die Anordnungen über jene Gegenstände, welche durch Reichsgesetze dem Wirkungskreise der Landesgewalt zugewiesen werden.

VI. Abschnitt. Von den Reichs-Angelegenheiten.

§. 36. Als Reichsangelegenheiten werden erklärt:

a) alle das regierende Kaiserhaus und die Rechte der Krone betreffenden Angelegenheiten; b) die völkerrechtliche Vertretung des Reiches und aller seiner Interessen, insbesondere der Abschluß von Verträgen mit fremden Staaten; c) die Beziehungen des Staates zur Kirche; d) das höhere Unterrichtswesen; e) das gesammte Heerwesen zu Land und die Seemacht; f) der Reichshaushalt, einschließlich der Krongüter und Reichsdomänen, unter welchen das bisher durch die Benennungen: Staats-, Cameral- oder Fiskalgüter bezeichnete Vermögen verstanden wird; die Reichsbergwerke, dann die Reichsmonopole, der Reichskredit, und alle Steuern und Abgaben zu Reichszwecken; g) alle Gewerbs- und Handelsangelegenheiten, einschließlich der Schifffahrt, der Zölle und Banken, des Münz- und Bergwesens und der Regelung von Maß und Gewicht; h) die Reichsverbindungen durch Wasser- und Landstraßen, Eisenbahnen, Post und Telegraphen, überhaupt alle Reichsbauten; i) alle die Wahrung der inneren Sicherheit des Reiches betreffenden Einrichtungen und Maßregeln; endlich k) alle Angelegenheiten, welche nicht durch die Reichsverfassung oder Reichsgesetze als Landesangelegenheiten erklärt werden.

VII. Abschnitt. Von der gesetzgebenden Gewalt.

§. 37. Die gesetzgebende Gewalt wird in Bezug auf die Reichsangelegenheiten von dem Kaiser im Vereine mit dem Reichstage, in Ansehung der Landesangelegenheiten von dem Kaiser im Vereine mit den Landtagen ausgeübt.

VIII. Abschnitt. Von dem Reichstage.

§. 38. Der allgemeine östreich. Reichstag soll aus zwei Häusern: dem Oberhause und dem Unterhause bestehen, und wird alljährlich im Frühjahre von dem Kaiser berufen.

§. 39. Der Reichstag versammelt sich in Wien, kann aber von dem Kaiser auch an einen andern Ort berufen werden.

§. 40. Das Oberhaus wird gebildet aus Abgeordneten, welche für jedes Kronland von dessen Landtage gewählt werden.

§. 41. Die Zahl der Abgeordneten für das Oberhaus beträgt die Hälfte der verfassungsmäßigen Zahl des Unterhauses.

Die Vertheilung dieser Zahl wird durch das Wahlgesetz dergestalt bestimmt werden, daß jedes Kronland zwei Mitglieder seines Landtages als Abgeordnete zu senden hat, und die übrige Zahl nach dem Verhältnisse der Bevölkerung unter alle Kronländer vertheilt wird.

§. 42. Die beiden aus jedem Kronlande zum Reichstage abgeordneten Landtagsmitglieder müssen im Vollgenusse der bürgerlichen und politischen Rechte, östreichische Reichsbürger wenigstens seit fünf Jahren, und mindestens vierzig Jahre alt sein.

Die anderen Mitglieder des Oberhauses können von den Landtagen nur aus jenen Reichsbürgern gewählt werden, welche die vorstehenden allgemeinen persönlichen Eigenschaften besitzen, und im Reiche wenigstens fünfhundert Gulden Konventionsmünze an direkter Steuer bezahlen.

In den Kronländern, wo die Zahl solcher Reichsbürger, welche fünfhundert Gulden Konventionsmünze direkte Steuer bezahlen, nicht das Verhältniß von eins auf sechstausend Seelen erreicht, wird sie durch die der Besteuerung nach zunächst folgenden Reichsbürger des Kronlandes bis zu diesem Verhältnisse vollzählig gemacht.

§. 43. Das Unterhaus wird durch direkte Volkswahl gebildet.

Wahlberechtigt ist jeder östreichische Reichsbürger, welcher großjährig, im Vollgenusse der bürgerlichen und politischen Rechte ist, und welcher entweder den durch das Wahlgesetz bestimmten Jahresbetrag an direkter Steuer bezahlt, oder ohne Zahlung einer direkten Steuer, nach seiner persönlichen Eigenschaft in einer Gemeinde eines östreichischen Kronlandes das aktive Wahlrecht besitzt.

§. 44. Die Wahlen für das Unterhaus geschehen nach den Bezirken, und an den Orten, welche das Wahlgesetz bestimmt; dasselbe setzt auch die Zahl der Abgeordneten nach der Bevölkerung fest. Diese Zahl ist dergestalt zu bestimmen, daß auf je Einhunderttausend Seelen wenigstens Ein Abgeordneter entfällt.

Das Wahlgesetz wird den in dem vorstehenden Paragraph erwähnten Jahresbetrag der direkten Steuer in jedem Kronlande mit Beachtung der eigenthümlichen Verhältnisse desselben festsetzen und dabei als Grundsatz festhalten, daß derselbe für das Land und für die Städte bis 10,000 Seelen nicht unter 5 Gulden Conv. M., und für Städte über 10,000 Seelen nicht unter 10 Gulden Conv. M. betragen, und in keinem Falle höher als mit 20 Gulden Conv. M. bestimmt werden darf.

§. 45. Um in das Unterhaus gewählt werden zu können, muß man selbst wahlberechtigt, im Vollgenusse der bürgerlichen und politischen Rechte, österreichischer Reichsbürger wenigstens seit fünf Jahren, und mindestens 30 Jahre alt sein.

§. 46. Jede Stimmgebung bei den Wahlen zum Ober- und Unterhause ist mündlich und öffentlich.

§. 47, Gewählten, welche ein öffentliches Amt bekleiden, darf der Urlaub nicht versagt werden.

§. 48. Nimmt ein Mitglied des Reichstags ein besoldetes Staatsamt an, so muß es sich einer neuen Wahl unterziehen.

§. 49. Die Mitglieder des Oberhauses werden auf die Dauer von 10, jene des Unterhauses auf die Dauer von 5 aufeinander folgenden Jahren gewählt. Sie sind nach Ablauf ihres Mandats wieder wählbar.

§. 50. Die Mitglieder des Oberhauses empfangen keine Entschädigung, jene des Unterhauses erhalten für jede Session ein Entschädigungs-Pauschale.

§. 51. Niemand kann zugleich Mitglied des Oberhauses und des Unterhauses sein.

§. 52. Von jedem Mitgliede des Reichstages wird bei dem Eintritte in denselben der Eid dem Kaiser und auf die Reichsverfassung geleistet.

§. 53. Die Abgeordneten dürfen keine Instruktionen annehmen, und nur persönlich ihr Stimmrecht ausüben.

§. 54. Jedem Hause des Reichstags steht das Recht zu, die Wahlmandate seiner Mitglieder zu prüfen und über deren Zulassung zu entscheiden.

§. 55. Jedes Haus ernennt durch absolute Stimmenmehrheit seinen Präsidenten und seine Vicepräsidenten für die Dauer der Session.

§. 56. Kein Haus kann einen Beschluß fassen, wenn nicht die Mehrheit der verfassungsmäßigen Zahl seiner Mitglieder versammelt ist.

§. 57. Geheime Stimmgebung -- mit Ausnahme der vorzunehmenden Wahlen -- findet in keinem Hause statt.

§. 58. Ein Beschluß kann nur durch absolute Stimmenmehrheit zu Stande kommen. Bei Stimmengleichheit ist der in Berathung gezogene Antrag als verworfen anzusehen.

§. 59. Die Reichstagssitzungen sind öffentlich; doch hat jedes Haus das Recht, über den von dem Präsidenten oder von wenigstens 10 Mitgliedern gestellten Antrag vertrauliche Sitzungen zu halten.

§. 60. Nur Reichstagsmitglieder können in dem Hause, welchem sie angehören, Bittschriften einbringen.

§. 61. Deputationen dürfen auf dem Reichstage nicht zugelassen werden.

§. 62. Kein Mitglied des Reichstages darf außerhalb des Reichstages wegen Aeußerungen in den Sitzungen zur Rechenschaft gezogen, noch auch gerichtlich verfolgt werden.

§. 63. Ein Mitglied des Reichstages darf, so lange derselbe versammelt ist, nur mit Genehmigung des Hauses, welchem dasselbe angehört, verhaftet oder verfolgt werden, mit Ausnahme der Ergreifung auf frischer That.

§. 64. Jedes Haus hat seine Geschäftsordnung innerhalb der durch diese Verfassung bestimmten Grundsätze selbst festzustellen. Die geschäftlichen Beziehungen des Ober- und Unterhauses zu einander werden durch eine Uebereinkunft der beiden Häuser geregelt.

§. 65. Dem Kaiser, sowie jedem der beiden Häuser, steht das Recht zu, Gesetze vorzuschlagen.

§. 66. Die Uebereinstimmung des Kaisers und der beiden Häuser des Reichstages ist zu jedem Gesetze erforderlich. Anträge auf Erlassung von Gesetzen, welche durch eines der beiden Häuser oder durch den Kaiser abgelehnt worden sind, können in derselben Session nicht wieder vorgebracht werden.

§. 67. Dem Reichstage steht die Theilnahme an der Gesetzgebung über jene Angelegenheiten zu, welche in dieser Reichsverfassung als Reichsangelegenheiten bezeichnet sind.

§. 68. An der Gesetzgebung über die Reichsangelegenheiten nehmen die Abgeordneten aus allen Kronländern Theil. Diese gemeinsame Theilnahme findet auch rücksichtlich der Gesetzgebung über das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung und das Gerichtsverfahren Statt.

Insoferne aber in Ungarn, Siebenbürgen, Croatien und Slavonien, sammt dem croatischen Küstenlande und Fiume, für die eben angeführten Zweige der Gesetzgebung eigene, von jener für die übrigen Kronländer abweichende gesetzliche Normen und Einrichtungen bestehen, wird für diesen Theil der Gesetzgebung die Wirksamkeit der Landtageder zuerst genannten Kronländer aufrechterhalten.

Es wird jedoch eine Aufgabe der Landtage dieser Kronländer sein, die bisherige Gesetzgebung in den erwähnten Zweigen einer Revision zu unterziehen, um baldigst die wünschenswerthe Uebereinstimmung der Gesetzgebung in allen Theilen des Reiches herbeizuführen.

Bis dieses erfolgt, haben die Abgeordneten desjenigen Kronlandes, in welchem eine von den übrigen Kronländern verschiedene Gesetzgebung in genannten Zweigen besteht, sich der Theilnahme an den Verhandlungen hierüber am Reichstage zu enthalten.

§. 69. Der Kaiser vertagt und schließt den Reichstag, kann auch zu jeder Zeit die Auflösung des ganzen Reichstages oder eines seiner Häuser anordnen.

Wird der Reichstag vertagt, oder auch nur eines der Häuser aufgelöst, so sind die Sitzungen in beiden Häusern allsogleich einzustellen.

Die Wiederberufung des Reichstages muß, im Falle der Auflösung, innerhalb drei Monaten nach derselben erfolgen.

(Schluß folgt.)

224 Aus Franken, 7. März.

Als ich in meinem letzten Schreiben von der schmählichen Behandlung unserer politischen Gefangenen berichtete, hoffte ich Ihnen heute das erfreuliche Resultat ihrer Freisprechung vor den Assisen mittheilen zu können. Hierin hatte ich die Rechnung ohne die hochlöbliche baierische Justizverwaltung gemacht. Es war nämlich schon bekannt gemacht, daß die Assisenverhandlungen am 23. Februar beginnen sollten, spät genug, denn unsere armen Gefangenen schmachten größtentheils schon 6 Monate im Gefängniß, der barbarischsten Willkühr preisgegeben! Kaum hatten jedoch mehrere Geschworene, vorlauter Weise, nach Einsicht der höchst nichtssagenden Anklageakten, im Voraus ihr Nichtschuldig abgegeben, als die Regierung, davon Wind erhaltend, auf wahrhaft absolutistisch-willkührliche Weise ohne Weiteres die Eröffnung der Sitzungen auf einen vollen Monat, auf den 23. März hinausschob; blos darum, weil jene Herren in Glacehandschuhen fürchten, die Volksmänner möchten, von Neuem von der "Preßfreiheit und andern Lastern der Jetzt-

daß die Nationalversammlung nach so langer Zeit noch immer nicht das Verfassungswerk zu Stande gebracht, so in gleicher Weise der östreichische. Dort wie hier dieselben Redensarten von der Nothwendigkeit, das erschütterte Vertrauen wieder herzustellen, damit der „entwichene Wohlstand zurückkehre,“ von Sicherung der „echten“ Freiheit (aus der „echten“ Metternich'schen Freiheitsfabrik), von einer im Finstern schleichenden Partei und wie die Stichwörter der europäischen Contrerevolution weiter lauten.

Das vom „Gesammtministerium“ gegengezeichnete Machwerk leitet den zerrütteten Zustand der Monarchie aus dem „Mißbrauche der Freiheit!“ her. „Diesem Mißbrauche,“ heißt es sodann, „zu steuern und die Revolution zu schließen ist unsere Pflicht und unser Wille.“ Die kaiserliche Hoffnung, im Einverständnisse mit den Völkern, nach dem Bedürfnisse derselben „die Wiedergeburt der Monarchie mittelst der engeren Verbindung ihrer Bestandtheile“ zu bewirken, sei gescheitert an der Art, wie der Reichstag das Verfassungswerk verzögerte und sich in Theorien verwickelte, die mit den „thatsächlichen Verhältnissen der Monarchie im Widerspruche stehen und der Begründung eines geordneten Rechtszustandes im Staate entgegentreten.“ Inzwischen haben die „Siege der Armee die Wiedergeburt des einheitlichen Oestreichs“ näher gerückt. Wir verkündigen demnach mit dem heutigen Tage die Verfassungsurkunde für das einige untheilbare Kaiserthum Oestreich, schließen hiedurch die Versammlung des Reichstags in Kremsier, lösen denselben auf und verordnen, daß dessen Mitglieder sofort nach Veröffentlichung dieses Beschlusses auseinander gehen.

Als leitende Grundsätze der verliehenen Verfassung werden hierauf angeführt: „Einheit des Ganzen mit der freien selbstständigen Entwicklung der Theile; eine starke Regierungsgewalt neben der Freiheit des Einzelnen wie der verschiedenen Nationalitäten; ein sparsamer Haushalt, — eine vollständige Entlastung des Grundbesitzes gegen Entschädigung.“

Man sieht, daß die Leute in Olmütz, so gut wie die in Berlin-Potsdam, dem Volke nach den angeblich unschätzbaren Früchten, die auf dem Mistboden der oktroyirten Verfassungen erwachsen sollen, den Mund wässerig zu machen suchen. Nun, Preußen hat bereits einige Prachtstücke von diesen Früchten zu sehen bekommen und für Oestreich werden sie bald in Hülle und Fülle heranwachsen.

Olmütz, 8. März.

Die oktroyirte Reichsverfassung für das Kaiserthum Oestreich lautet:

I. Abschnitt. Von dem Reiche.

§. 1. Das Kaiserthum Oestreich besteht aus folgenden Kronländern:

Dem Erzherzogthume Oestreich ob und unter der Enns, dem Herzogthume Salzburg, dem Herzogthume Steiermark, dem Königreiche Illirien, bestehend: aus dem Herzogthume Kärnthen, dem Herzogthume Krain, der gefürsteten Grafschaft Görz und Gradiska, der Markgrafschaft Istrien und der Stadt Triest mit ihrem Gebiete, — der gefürsteten Grafschaft Tirol und Vorarlberg, dem Königreiche Böhmen, der Markgrafschaft Mähren, dem Herzogthume Ober- und Nieder-Schlesien, den Königreichen Galizien und Lodomerien mit den Herzogthümern Auschwitz und Zator und dem Großherzogthume Krakau, dem Herzogthume Bukowina, den Königreichen Dalmatien, Croatien und Slavonien mit dem kroatischen Küstenlande, der Stadt Fiume und dem dazu gehörigen Gebiete, dem Königreiche Ungarn, dem Großfürstenthume Siebenbürgen, mit Inbegriff des Sachsenlandes und der wiedereinverleibten Gespannschaften Krászna, Mittel-Szolnok und Zarand, dann dem Distrikte Kövar und der Stadt Zilah (Zillenmarkt), den Militärgrenzgebieten und dem lombardisch-venetianischen Königreiche.

§. 2. Diese Kronländer bilden die freie, selbstständige, untheilbare und unauflösbare constitutionelle östreich. Erbmonarchie.

§. 3. Wien ist die Hauptstadt des Kaiserreiches und der Sitz der Reichsgewalt.

§. 4. Den einzelnen Kronländern wird ihre Selbstständigkeit innerhalb jener Beschränkungen gewährleistet, welche diese Reichsverfassung feststellt.

§. 5. Alle Volksstämme sind gleichberechtigt und jeder Volksstamm hat ein unverletzliches Recht auf Wahrung und Pflege seiner Nationalität und Sprache.

§. 6. Die Gränzen des Reiches und der einzelnen Kronländer dürfen nur durch ein Gesetz verändert werden.

§. 7. Das ganze Reich ist Ein Zoll- und Handelsgebiet. Binnenzölle dürfen unter keinem Titel eingeführt werden, und wo solche zwischen einzelnen Gebietstheilen des Reiches gegenwärtig bestehen, hat deren Aufhebung sobald als möglich zu erfolgen. Die Aussonderung einzelner Orte oder Gebietstheile aus dem Zollgebiete und der Einschluß fremder Gebiete in dasselbe bleibt der Reichsgewalt vorbehalten.

§. 8. Die Wappen und Farben des Kaiserthums und der einzelnen Kronländer werden beibehalten.

II. Abschnitt. Von dem Kaiser.

§. 9. Die Krone des Reiches und jedes einzelnen Kronlandes ist, in Gemäßheit der pragmatischen Sanction und der östreich. Hausordnung, erblich in dem Hause Habsburg-Lothringen.

§. 10. Die Bestimmungen der Hausgesetze über die Großjährigkeit des Thronfolgers, dann über die Einsetzung einer Vormundschaft oder Regentschaft bleiben in Wirksamkeit.

§. 11. Der Kaiser nimmt zu seinem bisherigen Titel noch jenen eines Großherzogs von Krakau und eines Herzogs der Bukowina an.

§. 12. Der Kaiser wird als Kaiser von Oestreich gekrönt. Ein besonderes Statut wird diesfalls das Nähere bestimmen.

§. 13. Der Kaiser beschwört bei der Krönung die Verfassung, welcher Schwur von seinen Nachfolgern bei der Krönung, sowie von dem Regenten bei Antritt der Regentschaft geleistet wird.

§. 14. Der Kaiser ist geheiligt, unverletzlich und unverantwortlich.

§. 15. Der Kaiser führt den Oberbefehl über die gesammte bewaffnete Macht entweder persönlich oder durch seine Feldherren.

§. 16. Der Kaiser entscheidet über Krieg und Frieden.

§. 17. Der Kaiser empfängt und schickt Gesandte, und schließt mit fremden Mächten Verträge.

Bestimmungen in solchen Verträgen, welche dem Reiche neue Lasten auflegen, bedürfen der Zustimmung des Reichstages.

§. 18. Der Kaiser verkündet die Gesetze und erläßt die bezüglichen Verordnungen.

Jede Verfügung bedarf der Gegenzeichnung eines verantwortlichen Ministers.

§. 19. Der Kaiser ernennt und entläßt die Minister, besetzt die Aemter in allen Zweigen des Staatsdienstes und verleiht den Adel, Orden und Auszeichnungen.

§. 20. Im ganzen Reiche wird im Namen des Kaisers Recht gesprochen.

§. 21. Dem Kaiser gebührt das Recht der Begnadigung, der Strafmilderung und der Amnestirung, vorbehaltlich der besonderen Bestimmungen in Ansehung der Minister.

§. 22. Das Münzrecht wird im Namen des Kaisers ausgeübt.

III. Abschnitt. Von dem Reichsbürgerrechte.

§. 23. Für alle Völker des Reiches gibt es nur Ein allgemeines östreichisches Reichsbürgerrecht. Ein Reichsgesetz wird bestimmen, unter welchen Bedingungen das östreich. Reichsbürgerrecht erworben, ausgeübt und verloren wird.

§. 24. In keinem Kronlande darf zwischen seinen Angehörigen und jenen eines anderen Kronlandes ein Unterschied im bürgerlichen oder peinlichen Rechte, im Rechtsverfahren oder in der Vertheilung der öffentlichen Lasten bestehen.

Die rechtskräftigen Urtheile der Gerichte aller östreich. Kronländer sind in allen solchen gleich wirksam und vollziehbar.

§. 25. Die Freizügigkeit der Person innerhalb der Reichsgränzen unterliegt keiner Beschränkung. Die Freiheit der Auswanderung ist von Staatswegen nur durch die Wehrpflicht beschränkt.

§. 26. Jede Art von Leibeigenschaft, jeder Unterthänigkeits- oder Hörigkeitsverband ist für immer aufgehoben.

Die Betretung des östreich. Bodens oder eines östreich. Schiffes macht jeden Sclaven frei.

§. 27. Alle östreich. Reichsbürger sind vor dem Gesetze gleich, und unterstehen einem gleichen persönlichen Gerichtsstande.

§. 28. Die öffentlichen Aemter und Staatsdienste sind für alle zu denselben Befähigten gleich zugänglich.

§. 29. Das Eigenthum steht unter dem Schutze des Reiches; es kann nur aus Gründen des öffentliches Wohles, gegen Entschädigung nach Maßgabe des Gesetzes, beschränkt oder entzogen werden.

§. 30. Jeder östreich. Reichsbürger kann in allen Theilen des Reiches Liegenschaften jeder Art erwerben, so wie jeden gesetzlich erlaubten Erwerbszweig ausüben.

§. 31. Die Freizügigkeit des Vermögens innerhalb der Reichsgränzen unterliegt keiner Beschränkung. — Abfahrtsgelder von den in das Ausland abziehenden Vermögenschaften dürfen nur in Anwendung der Reciprocität erhoben werden.

§. 32. Jede aus dem Unterthänigkeits- oder Hörigkeitsverbande, oder aus dem Titel des getheilten Eigenthums auf Liegenschaften haftende Schuldigkeit oder Leistung ist ablösbar, und es darf für die Zukunft bei Theilung des Eigenthums keine Liegenschaft mit einer unablösbaren Leistung belastet werden.

IV. Abschnitt. Von der Gemeinde.

§. 33. Der Gemeinde werden als Grundrechte gewährleistet: a) die Wahl ihrer Vertreter; b) die Aufnahme neuer Mitglieder in den Gemeindeverband; c) die selbstständige Verwaltung ihrer Angelegenheiten; d) die Veröffentlichung der Ergebnisse ihres Haushaltes, und in der Regel e) die Oeffentlichkeit der Verhandlungen ihrer Vertreter.

Die nähere Bestimmung dieser Grundrechte der Gemeinden, und insbesondere die Bedingungen für die Aufnahme in den Verband einer Gemeinde, enthalten die Gemeindegesetze.

§. 34. Die Einrichtung von Bezirks- und Kreisgemeinden zur Besorgung ihrer gemeinsamen inneren Angelegenheiten wird ein besonderes Gesetz bestimmen.

V. Abschnitt. Von den Landes-Angelegenheiten.

§. 35. Als Landesangelegenheiten werden erklärt:

I. Alle Anordnungen in Betreff 1. der Landeskultur; 2. der öffentlichen Bauten, welche aus Landesmitteln bestritten werden; 3. der Wohlthätigkeitsanstalten im Lande; 4. des Voranschlages und der Rechnungslegung des Landes; a) sowohl hinsichtlich der Landeseinnahmen aus der Verwaltung des dem Lande gehörigen Vermögens, der Besteuerung für Landeszwecke und der Benützung des Landeskredits, als b) rücksichtlich der Landesausgaben, der ordentlichen wie der außerordentlichen.

II. Die näheren Anordnungen inner der Gränzen der Reichsgesetze in Betreff 1. der Gemeindeangelegenheiten; 2. der Kirchen- und Schulangelegenheiten; 3. der Vorspannsleistung, dann der Verpflegung und Einquartirung des Heeres; endlich

III. die Anordnungen über jene Gegenstände, welche durch Reichsgesetze dem Wirkungskreise der Landesgewalt zugewiesen werden.

VI. Abschnitt. Von den Reichs-Angelegenheiten.

§. 36. Als Reichsangelegenheiten werden erklärt:

a) alle das regierende Kaiserhaus und die Rechte der Krone betreffenden Angelegenheiten; b) die völkerrechtliche Vertretung des Reiches und aller seiner Interessen, insbesondere der Abschluß von Verträgen mit fremden Staaten; c) die Beziehungen des Staates zur Kirche; d) das höhere Unterrichtswesen; e) das gesammte Heerwesen zu Land und die Seemacht; f) der Reichshaushalt, einschließlich der Krongüter und Reichsdomänen, unter welchen das bisher durch die Benennungen: Staats-, Cameral- oder Fiskalgüter bezeichnete Vermögen verstanden wird; die Reichsbergwerke, dann die Reichsmonopole, der Reichskredit, und alle Steuern und Abgaben zu Reichszwecken; g) alle Gewerbs- und Handelsangelegenheiten, einschließlich der Schifffahrt, der Zölle und Banken, des Münz- und Bergwesens und der Regelung von Maß und Gewicht; h) die Reichsverbindungen durch Wasser- und Landstraßen, Eisenbahnen, Post und Telegraphen, überhaupt alle Reichsbauten; i) alle die Wahrung der inneren Sicherheit des Reiches betreffenden Einrichtungen und Maßregeln; endlich k) alle Angelegenheiten, welche nicht durch die Reichsverfassung oder Reichsgesetze als Landesangelegenheiten erklärt werden.

VII. Abschnitt. Von der gesetzgebenden Gewalt.

§. 37. Die gesetzgebende Gewalt wird in Bezug auf die Reichsangelegenheiten von dem Kaiser im Vereine mit dem Reichstage, in Ansehung der Landesangelegenheiten von dem Kaiser im Vereine mit den Landtagen ausgeübt.

VIII. Abschnitt. Von dem Reichstage.

§. 38. Der allgemeine östreich. Reichstag soll aus zwei Häusern: dem Oberhause und dem Unterhause bestehen, und wird alljährlich im Frühjahre von dem Kaiser berufen.

§. 39. Der Reichstag versammelt sich in Wien, kann aber von dem Kaiser auch an einen andern Ort berufen werden.

§. 40. Das Oberhaus wird gebildet aus Abgeordneten, welche für jedes Kronland von dessen Landtage gewählt werden.

§. 41. Die Zahl der Abgeordneten für das Oberhaus beträgt die Hälfte der verfassungsmäßigen Zahl des Unterhauses.

Die Vertheilung dieser Zahl wird durch das Wahlgesetz dergestalt bestimmt werden, daß jedes Kronland zwei Mitglieder seines Landtages als Abgeordnete zu senden hat, und die übrige Zahl nach dem Verhältnisse der Bevölkerung unter alle Kronländer vertheilt wird.

§. 42. Die beiden aus jedem Kronlande zum Reichstage abgeordneten Landtagsmitglieder müssen im Vollgenusse der bürgerlichen und politischen Rechte, östreichische Reichsbürger wenigstens seit fünf Jahren, und mindestens vierzig Jahre alt sein.

Die anderen Mitglieder des Oberhauses können von den Landtagen nur aus jenen Reichsbürgern gewählt werden, welche die vorstehenden allgemeinen persönlichen Eigenschaften besitzen, und im Reiche wenigstens fünfhundert Gulden Konventionsmünze an direkter Steuer bezahlen.

In den Kronländern, wo die Zahl solcher Reichsbürger, welche fünfhundert Gulden Konventionsmünze direkte Steuer bezahlen, nicht das Verhältniß von eins auf sechstausend Seelen erreicht, wird sie durch die der Besteuerung nach zunächst folgenden Reichsbürger des Kronlandes bis zu diesem Verhältnisse vollzählig gemacht.

§. 43. Das Unterhaus wird durch direkte Volkswahl gebildet.

Wahlberechtigt ist jeder östreichische Reichsbürger, welcher großjährig, im Vollgenusse der bürgerlichen und politischen Rechte ist, und welcher entweder den durch das Wahlgesetz bestimmten Jahresbetrag an direkter Steuer bezahlt, oder ohne Zahlung einer direkten Steuer, nach seiner persönlichen Eigenschaft in einer Gemeinde eines östreichischen Kronlandes das aktive Wahlrecht besitzt.

§. 44. Die Wahlen für das Unterhaus geschehen nach den Bezirken, und an den Orten, welche das Wahlgesetz bestimmt; dasselbe setzt auch die Zahl der Abgeordneten nach der Bevölkerung fest. Diese Zahl ist dergestalt zu bestimmen, daß auf je Einhunderttausend Seelen wenigstens Ein Abgeordneter entfällt.

Das Wahlgesetz wird den in dem vorstehenden Paragraph erwähnten Jahresbetrag der direkten Steuer in jedem Kronlande mit Beachtung der eigenthümlichen Verhältnisse desselben festsetzen und dabei als Grundsatz festhalten, daß derselbe für das Land und für die Städte bis 10,000 Seelen nicht unter 5 Gulden Conv. M., und für Städte über 10,000 Seelen nicht unter 10 Gulden Conv. M. betragen, und in keinem Falle höher als mit 20 Gulden Conv. M. bestimmt werden darf.

§. 45. Um in das Unterhaus gewählt werden zu können, muß man selbst wahlberechtigt, im Vollgenusse der bürgerlichen und politischen Rechte, österreichischer Reichsbürger wenigstens seit fünf Jahren, und mindestens 30 Jahre alt sein.

§. 46. Jede Stimmgebung bei den Wahlen zum Ober- und Unterhause ist mündlich und öffentlich.

§. 47, Gewählten, welche ein öffentliches Amt bekleiden, darf der Urlaub nicht versagt werden.

§. 48. Nimmt ein Mitglied des Reichstags ein besoldetes Staatsamt an, so muß es sich einer neuen Wahl unterziehen.

§. 49. Die Mitglieder des Oberhauses werden auf die Dauer von 10, jene des Unterhauses auf die Dauer von 5 aufeinander folgenden Jahren gewählt. Sie sind nach Ablauf ihres Mandats wieder wählbar.

§. 50. Die Mitglieder des Oberhauses empfangen keine Entschädigung, jene des Unterhauses erhalten für jede Session ein Entschädigungs-Pauschale.

§. 51. Niemand kann zugleich Mitglied des Oberhauses und des Unterhauses sein.

§. 52. Von jedem Mitgliede des Reichstages wird bei dem Eintritte in denselben der Eid dem Kaiser und auf die Reichsverfassung geleistet.

§. 53. Die Abgeordneten dürfen keine Instruktionen annehmen, und nur persönlich ihr Stimmrecht ausüben.

§. 54. Jedem Hause des Reichstags steht das Recht zu, die Wahlmandate seiner Mitglieder zu prüfen und über deren Zulassung zu entscheiden.

§. 55. Jedes Haus ernennt durch absolute Stimmenmehrheit seinen Präsidenten und seine Vicepräsidenten für die Dauer der Session.

§. 56. Kein Haus kann einen Beschluß fassen, wenn nicht die Mehrheit der verfassungsmäßigen Zahl seiner Mitglieder versammelt ist.

§. 57. Geheime Stimmgebung — mit Ausnahme der vorzunehmenden Wahlen — findet in keinem Hause statt.

§. 58. Ein Beschluß kann nur durch absolute Stimmenmehrheit zu Stande kommen. Bei Stimmengleichheit ist der in Berathung gezogene Antrag als verworfen anzusehen.

§. 59. Die Reichstagssitzungen sind öffentlich; doch hat jedes Haus das Recht, über den von dem Präsidenten oder von wenigstens 10 Mitgliedern gestellten Antrag vertrauliche Sitzungen zu halten.

§. 60. Nur Reichstagsmitglieder können in dem Hause, welchem sie angehören, Bittschriften einbringen.

§. 61. Deputationen dürfen auf dem Reichstage nicht zugelassen werden.

§. 62. Kein Mitglied des Reichstages darf außerhalb des Reichstages wegen Aeußerungen in den Sitzungen zur Rechenschaft gezogen, noch auch gerichtlich verfolgt werden.

§. 63. Ein Mitglied des Reichstages darf, so lange derselbe versammelt ist, nur mit Genehmigung des Hauses, welchem dasselbe angehört, verhaftet oder verfolgt werden, mit Ausnahme der Ergreifung auf frischer That.

§. 64. Jedes Haus hat seine Geschäftsordnung innerhalb der durch diese Verfassung bestimmten Grundsätze selbst festzustellen. Die geschäftlichen Beziehungen des Ober- und Unterhauses zu einander werden durch eine Uebereinkunft der beiden Häuser geregelt.

§. 65. Dem Kaiser, sowie jedem der beiden Häuser, steht das Recht zu, Gesetze vorzuschlagen.

§. 66. Die Uebereinstimmung des Kaisers und der beiden Häuser des Reichstages ist zu jedem Gesetze erforderlich. Anträge auf Erlassung von Gesetzen, welche durch eines der beiden Häuser oder durch den Kaiser abgelehnt worden sind, können in derselben Session nicht wieder vorgebracht werden.

§. 67. Dem Reichstage steht die Theilnahme an der Gesetzgebung über jene Angelegenheiten zu, welche in dieser Reichsverfassung als Reichsangelegenheiten bezeichnet sind.

§. 68. An der Gesetzgebung über die Reichsangelegenheiten nehmen die Abgeordneten aus allen Kronländern Theil. Diese gemeinsame Theilnahme findet auch rücksichtlich der Gesetzgebung über das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung und das Gerichtsverfahren Statt.

Insoferne aber in Ungarn, Siebenbürgen, Croatien und Slavonien, sammt dem croatischen Küstenlande und Fiume, für die eben angeführten Zweige der Gesetzgebung eigene, von jener für die übrigen Kronländer abweichende gesetzliche Normen und Einrichtungen bestehen, wird für diesen Theil der Gesetzgebung die Wirksamkeit der Landtageder zuerst genannten Kronländer aufrechterhalten.

Es wird jedoch eine Aufgabe der Landtage dieser Kronländer sein, die bisherige Gesetzgebung in den erwähnten Zweigen einer Revision zu unterziehen, um baldigst die wünschenswerthe Uebereinstimmung der Gesetzgebung in allen Theilen des Reiches herbeizuführen.

Bis dieses erfolgt, haben die Abgeordneten desjenigen Kronlandes, in welchem eine von den übrigen Kronländern verschiedene Gesetzgebung in genannten Zweigen besteht, sich der Theilnahme an den Verhandlungen hierüber am Reichstage zu enthalten.

§. 69. Der Kaiser vertagt und schließt den Reichstag, kann auch zu jeder Zeit die Auflösung des ganzen Reichstages oder eines seiner Häuser anordnen.

Wird der Reichstag vertagt, oder auch nur eines der Häuser aufgelöst, so sind die Sitzungen in beiden Häusern allsogleich einzustellen.

Die Wiederberufung des Reichstages muß, im Falle der Auflösung, innerhalb drei Monaten nach derselben erfolgen.

(Schluß folgt.)

224 Aus Franken, 7. März.

Als ich in meinem letzten Schreiben von der schmählichen Behandlung unserer politischen Gefangenen berichtete, hoffte ich Ihnen heute das erfreuliche Resultat ihrer Freisprechung vor den Assisen mittheilen zu können. Hierin hatte ich die Rechnung ohne die hochlöbliche baierische Justizverwaltung gemacht. Es war nämlich schon bekannt gemacht, daß die Assisenverhandlungen am 23. Februar beginnen sollten, spät genug, denn unsere armen Gefangenen schmachten größtentheils schon 6 Monate im Gefängniß, der barbarischsten Willkühr preisgegeben! Kaum hatten jedoch mehrere Geschworene, vorlauter Weise, nach Einsicht der höchst nichtssagenden Anklageakten, im Voraus ihr Nichtschuldig abgegeben, als die Regierung, davon Wind erhaltend, auf wahrhaft absolutistisch-willkührliche Weise ohne Weiteres die Eröffnung der Sitzungen auf einen vollen Monat, auf den 23. März hinausschob; blos darum, weil jene Herren in Glacehandschuhen fürchten, die Volksmänner möchten, von Neuem von der „Preßfreiheit und andern Lastern der Jetzt-

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daß die Nationalversammlung nach so langer Zeit noch immer nicht das Verfassungswerk zu Stande gebracht, so in gleicher Weise der östreichische. Dort wie hier dieselben Redensarten von der Nothwendigkeit, das erschütterte Vertrauen wieder herzustellen, damit der &#x201E;entwichene Wohlstand zurückkehre,&#x201C; von Sicherung der &#x201E;echten&#x201C; Freiheit (aus der &#x201E;echten&#x201C; Metternich'schen Freiheitsfabrik), von einer im Finstern schleichenden Partei und wie die Stichwörter der europäischen Contrerevolution weiter lauten.</p>
          <p>Das vom &#x201E;Gesammtministerium&#x201C; gegengezeichnete Machwerk leitet den zerrütteten Zustand der Monarchie aus dem &#x201E;Mißbrauche der Freiheit!&#x201C; her. &#x201E;Diesem Mißbrauche,&#x201C; heißt es sodann, &#x201E;zu steuern und die Revolution zu schließen ist unsere Pflicht und unser Wille.&#x201C; Die kaiserliche Hoffnung, im Einverständnisse mit den Völkern, nach dem Bedürfnisse derselben &#x201E;die Wiedergeburt der Monarchie mittelst der engeren Verbindung ihrer Bestandtheile&#x201C; zu bewirken, sei gescheitert an der Art, wie der Reichstag das Verfassungswerk verzögerte und sich in Theorien verwickelte, die mit den &#x201E;thatsächlichen Verhältnissen der Monarchie im Widerspruche stehen und der Begründung eines geordneten Rechtszustandes im Staate entgegentreten.&#x201C; Inzwischen haben die &#x201E;Siege der Armee die Wiedergeburt des einheitlichen Oestreichs&#x201C; näher gerückt. Wir verkündigen demnach mit dem heutigen Tage die Verfassungsurkunde für das einige untheilbare Kaiserthum Oestreich, schließen hiedurch die Versammlung des Reichstags in Kremsier, lösen denselben auf und verordnen, daß dessen Mitglieder sofort nach Veröffentlichung dieses Beschlusses auseinander gehen.</p>
          <p>Als leitende Grundsätze der verliehenen Verfassung werden hierauf angeführt: &#x201E;Einheit des Ganzen mit der freien selbstständigen Entwicklung der Theile; eine starke Regierungsgewalt neben der Freiheit des Einzelnen wie der verschiedenen Nationalitäten; ein sparsamer Haushalt, &#x2014; eine vollständige Entlastung des Grundbesitzes gegen Entschädigung.&#x201C;</p>
          <p>Man sieht, daß die Leute in Olmütz, so gut wie die in Berlin-Potsdam, dem Volke nach den angeblich unschätzbaren Früchten, die auf dem Mistboden der oktroyirten Verfassungen erwachsen sollen, den Mund wässerig zu machen suchen. Nun, Preußen hat bereits einige Prachtstücke von diesen Früchten zu sehen bekommen und für Oestreich werden sie bald in Hülle und Fülle heranwachsen.</p>
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          <head>Olmütz, 8. März.</head>
          <p>Die oktroyirte Reichsverfassung für das Kaiserthum Oestreich lautet:</p>
          <p>I. Abschnitt. Von dem Reiche.</p>
          <p>§. 1. Das Kaiserthum Oestreich besteht aus folgenden Kronländern:</p>
          <p>Dem Erzherzogthume Oestreich ob und unter der Enns, dem Herzogthume Salzburg, dem Herzogthume Steiermark, dem Königreiche Illirien, bestehend: aus dem Herzogthume Kärnthen, dem Herzogthume Krain, der gefürsteten Grafschaft Görz und Gradiska, der Markgrafschaft Istrien und der Stadt Triest mit ihrem Gebiete, &#x2014; der gefürsteten Grafschaft Tirol und Vorarlberg, dem Königreiche Böhmen, der Markgrafschaft Mähren, dem Herzogthume Ober- und Nieder-Schlesien, den Königreichen Galizien und Lodomerien mit den Herzogthümern Auschwitz und Zator und dem Großherzogthume Krakau, dem Herzogthume Bukowina, den Königreichen Dalmatien, Croatien und Slavonien mit dem kroatischen Küstenlande, der Stadt Fiume und dem dazu gehörigen Gebiete, dem Königreiche Ungarn, dem Großfürstenthume Siebenbürgen, mit Inbegriff des Sachsenlandes und der wiedereinverleibten Gespannschaften Krászna, Mittel-Szolnok und Zarand, dann dem Distrikte Kövar und der Stadt Zilah (Zillenmarkt), den Militärgrenzgebieten und dem lombardisch-venetianischen Königreiche.</p>
          <p>§. 2. Diese Kronländer bilden die freie, selbstständige, untheilbare und unauflösbare constitutionelle östreich. Erbmonarchie.</p>
          <p>§. 3. Wien ist die Hauptstadt des Kaiserreiches und der Sitz der Reichsgewalt.</p>
          <p>§. 4. Den einzelnen Kronländern wird ihre Selbstständigkeit innerhalb jener Beschränkungen gewährleistet, welche diese Reichsverfassung feststellt.</p>
          <p>§. 5. Alle Volksstämme sind gleichberechtigt und jeder Volksstamm hat ein unverletzliches Recht auf Wahrung und Pflege seiner Nationalität und Sprache.</p>
          <p>§. 6. Die Gränzen des Reiches und der einzelnen Kronländer dürfen nur durch ein Gesetz verändert werden.</p>
          <p>§. 7. Das ganze Reich ist Ein Zoll- und Handelsgebiet. Binnenzölle dürfen unter keinem Titel eingeführt werden, und wo solche zwischen einzelnen Gebietstheilen des Reiches gegenwärtig bestehen, hat deren Aufhebung sobald als möglich zu erfolgen. Die Aussonderung einzelner Orte oder Gebietstheile aus dem Zollgebiete und der Einschluß fremder Gebiete in dasselbe bleibt der Reichsgewalt vorbehalten.</p>
          <p>§. 8. Die Wappen und Farben des Kaiserthums und der einzelnen Kronländer werden beibehalten.</p>
          <p>II. Abschnitt. Von dem Kaiser.</p>
          <p>§. 9. Die Krone des Reiches und jedes einzelnen Kronlandes ist, in Gemäßheit der pragmatischen Sanction und der östreich. Hausordnung, erblich in dem Hause Habsburg-Lothringen.</p>
          <p>§. 10. Die Bestimmungen der Hausgesetze über die Großjährigkeit des Thronfolgers, dann über die Einsetzung einer Vormundschaft oder Regentschaft bleiben in Wirksamkeit.</p>
          <p>§. 11. Der Kaiser nimmt zu seinem bisherigen Titel noch jenen eines Großherzogs von Krakau und eines Herzogs der Bukowina an.</p>
          <p>§. 12. Der Kaiser wird als Kaiser von Oestreich gekrönt. Ein besonderes Statut wird diesfalls das Nähere bestimmen.</p>
          <p>§. 13. Der Kaiser beschwört bei der Krönung die Verfassung, welcher Schwur von seinen Nachfolgern bei der Krönung, sowie von dem Regenten bei Antritt der Regentschaft geleistet wird.</p>
          <p>§. 14. Der Kaiser ist geheiligt, unverletzlich und unverantwortlich.</p>
          <p>§. 15. Der Kaiser führt den Oberbefehl über die gesammte bewaffnete Macht entweder persönlich oder durch seine Feldherren.</p>
          <p>§. 16. Der Kaiser entscheidet über Krieg und Frieden.</p>
          <p>§. 17. Der Kaiser empfängt und schickt Gesandte, und schließt mit fremden Mächten Verträge.</p>
          <p>Bestimmungen in solchen Verträgen, welche dem Reiche neue Lasten auflegen, bedürfen der Zustimmung des Reichstages.</p>
          <p>§. 18. Der Kaiser verkündet die Gesetze und erläßt die bezüglichen Verordnungen.</p>
          <p>Jede Verfügung bedarf der Gegenzeichnung eines verantwortlichen Ministers.</p>
          <p>§. 19. Der Kaiser ernennt und entläßt die Minister, besetzt die Aemter in allen Zweigen des Staatsdienstes und verleiht den Adel, Orden und Auszeichnungen.</p>
          <p>§. 20. Im ganzen Reiche wird im Namen des Kaisers Recht gesprochen.</p>
          <p>§. 21. Dem Kaiser gebührt das Recht der Begnadigung, der Strafmilderung und der Amnestirung, vorbehaltlich der besonderen Bestimmungen in Ansehung der Minister.</p>
          <p>§. 22. Das Münzrecht wird im Namen des Kaisers ausgeübt.</p>
          <p>III. Abschnitt. Von dem Reichsbürgerrechte.</p>
          <p>§. 23. Für alle Völker des Reiches gibt es nur Ein allgemeines östreichisches Reichsbürgerrecht. Ein Reichsgesetz wird bestimmen, unter welchen Bedingungen das östreich. Reichsbürgerrecht erworben, ausgeübt und verloren wird.</p>
          <p>§. 24. In keinem Kronlande darf zwischen seinen Angehörigen und jenen eines anderen Kronlandes ein Unterschied im bürgerlichen oder peinlichen Rechte, im Rechtsverfahren oder in der Vertheilung der öffentlichen Lasten bestehen.</p>
          <p>Die rechtskräftigen Urtheile der Gerichte aller östreich. Kronländer sind in allen solchen gleich wirksam und vollziehbar.</p>
          <p>§. 25. Die Freizügigkeit der Person innerhalb der Reichsgränzen unterliegt keiner Beschränkung. Die Freiheit der Auswanderung ist von Staatswegen nur durch die Wehrpflicht beschränkt.</p>
          <p>§. 26. Jede Art von Leibeigenschaft, jeder Unterthänigkeits- oder Hörigkeitsverband ist für immer aufgehoben.</p>
          <p>Die Betretung des östreich. Bodens oder eines östreich. Schiffes macht jeden Sclaven frei.</p>
          <p>§. 27. Alle östreich. Reichsbürger sind vor dem Gesetze gleich, und unterstehen einem gleichen persönlichen Gerichtsstande.</p>
          <p>§. 28. Die öffentlichen Aemter und Staatsdienste sind für alle zu denselben Befähigten gleich zugänglich.</p>
          <p>§. 29. Das Eigenthum steht unter dem Schutze des Reiches; es kann nur aus Gründen des öffentliches Wohles, gegen Entschädigung nach Maßgabe des Gesetzes, beschränkt oder entzogen werden.</p>
          <p>§. 30. Jeder östreich. Reichsbürger kann in allen Theilen des Reiches Liegenschaften jeder Art erwerben, so wie jeden gesetzlich erlaubten Erwerbszweig ausüben.</p>
          <p>§. 31. Die Freizügigkeit des Vermögens innerhalb der Reichsgränzen unterliegt keiner Beschränkung. &#x2014; Abfahrtsgelder von den in das Ausland abziehenden Vermögenschaften dürfen nur in Anwendung der Reciprocität erhoben werden.</p>
          <p>§. 32. Jede aus dem Unterthänigkeits- oder Hörigkeitsverbande, oder aus dem Titel des getheilten Eigenthums auf Liegenschaften haftende Schuldigkeit oder Leistung ist ablösbar, und es darf für die Zukunft bei Theilung des Eigenthums keine Liegenschaft mit einer unablösbaren Leistung belastet werden.</p>
          <p>IV. Abschnitt. Von der Gemeinde.</p>
          <p>§. 33. Der Gemeinde werden als Grundrechte gewährleistet: a) die Wahl ihrer Vertreter; b) die Aufnahme neuer Mitglieder in den Gemeindeverband; c) die selbstständige Verwaltung ihrer Angelegenheiten; d) die Veröffentlichung der Ergebnisse ihres Haushaltes, und in der Regel e) die Oeffentlichkeit der Verhandlungen ihrer Vertreter.</p>
          <p>Die nähere Bestimmung dieser Grundrechte der Gemeinden, und insbesondere die Bedingungen für die Aufnahme in den Verband einer Gemeinde, enthalten die Gemeindegesetze.</p>
          <p>§. 34. Die Einrichtung von Bezirks- und Kreisgemeinden zur Besorgung ihrer gemeinsamen inneren Angelegenheiten wird ein besonderes Gesetz bestimmen.</p>
          <p>V. Abschnitt. Von den Landes-Angelegenheiten.</p>
          <p>§. 35. Als Landesangelegenheiten werden erklärt:</p>
          <p>I. Alle Anordnungen in Betreff 1. der Landeskultur; 2. der öffentlichen Bauten, welche aus Landesmitteln bestritten werden; 3. der Wohlthätigkeitsanstalten im Lande; 4. des Voranschlages und der Rechnungslegung des Landes; a) sowohl hinsichtlich der Landeseinnahmen aus der Verwaltung des dem Lande gehörigen Vermögens, der Besteuerung für Landeszwecke und der Benützung des Landeskredits, als b) rücksichtlich der Landesausgaben, der ordentlichen wie der außerordentlichen.</p>
          <p>II. Die näheren Anordnungen inner der Gränzen der Reichsgesetze in Betreff 1. der Gemeindeangelegenheiten; 2. der Kirchen- und Schulangelegenheiten; 3. der Vorspannsleistung, dann der Verpflegung und Einquartirung des Heeres; endlich</p>
          <p>III. die Anordnungen über jene Gegenstände, welche durch Reichsgesetze dem Wirkungskreise der Landesgewalt zugewiesen werden.</p>
          <p>VI. Abschnitt. Von den Reichs-Angelegenheiten.</p>
          <p>§. 36. Als Reichsangelegenheiten werden erklärt:</p>
          <p>a) alle das regierende Kaiserhaus und die Rechte der Krone betreffenden Angelegenheiten; b) die völkerrechtliche Vertretung des Reiches und aller seiner Interessen, insbesondere der Abschluß von Verträgen mit fremden Staaten; c) die Beziehungen des Staates zur Kirche; d) das höhere Unterrichtswesen; e) das gesammte Heerwesen zu Land und die Seemacht; f) der Reichshaushalt, einschließlich der Krongüter und Reichsdomänen, unter welchen das bisher durch die Benennungen: Staats-, Cameral- oder Fiskalgüter bezeichnete Vermögen verstanden wird; die Reichsbergwerke, dann die Reichsmonopole, der Reichskredit, und alle Steuern und Abgaben zu Reichszwecken; g) alle Gewerbs- und Handelsangelegenheiten, einschließlich der Schifffahrt, der Zölle und Banken, des Münz- und Bergwesens und der Regelung von Maß und Gewicht; h) die Reichsverbindungen durch Wasser- und Landstraßen, Eisenbahnen, Post und Telegraphen, überhaupt alle Reichsbauten; i) alle die Wahrung der inneren Sicherheit des Reiches betreffenden Einrichtungen und Maßregeln; endlich k) alle Angelegenheiten, welche nicht durch die Reichsverfassung oder Reichsgesetze als Landesangelegenheiten erklärt werden.</p>
          <p>VII. Abschnitt. Von der gesetzgebenden Gewalt.</p>
          <p>§. 37. Die gesetzgebende Gewalt wird in Bezug auf die Reichsangelegenheiten von dem Kaiser im Vereine mit dem Reichstage, in Ansehung der Landesangelegenheiten von dem Kaiser im Vereine mit den Landtagen ausgeübt.</p>
          <p>VIII. Abschnitt. Von dem Reichstage.</p>
          <p>§. 38. Der allgemeine östreich. Reichstag soll aus zwei Häusern: dem Oberhause und dem Unterhause bestehen, und wird alljährlich im Frühjahre von dem Kaiser berufen.</p>
          <p>§. 39. Der Reichstag versammelt sich in Wien, kann aber von dem Kaiser auch an einen andern Ort berufen werden.</p>
          <p>§. 40. Das Oberhaus wird gebildet aus Abgeordneten, welche für jedes Kronland von dessen Landtage gewählt werden.</p>
          <p>§. 41. Die Zahl der Abgeordneten für das Oberhaus beträgt die Hälfte der verfassungsmäßigen Zahl des Unterhauses.</p>
          <p>Die Vertheilung dieser Zahl wird durch das Wahlgesetz dergestalt bestimmt werden, daß jedes Kronland zwei Mitglieder seines Landtages als Abgeordnete zu senden hat, und die übrige Zahl nach dem Verhältnisse der Bevölkerung unter alle Kronländer vertheilt wird.</p>
          <p>§. 42. Die beiden aus jedem Kronlande zum Reichstage abgeordneten Landtagsmitglieder müssen im Vollgenusse der bürgerlichen und politischen Rechte, östreichische Reichsbürger wenigstens seit fünf Jahren, und mindestens vierzig Jahre alt sein.</p>
          <p>Die anderen Mitglieder des Oberhauses können von den Landtagen nur aus jenen Reichsbürgern gewählt werden, welche die vorstehenden allgemeinen persönlichen Eigenschaften besitzen, und im Reiche wenigstens fünfhundert Gulden Konventionsmünze an direkter Steuer bezahlen.</p>
          <p>In den Kronländern, wo die Zahl solcher Reichsbürger, welche fünfhundert Gulden Konventionsmünze direkte Steuer bezahlen, nicht das Verhältniß von eins auf sechstausend Seelen erreicht, wird sie durch die der Besteuerung nach zunächst folgenden Reichsbürger des Kronlandes bis zu diesem Verhältnisse vollzählig gemacht.</p>
          <p>§. 43. Das Unterhaus wird durch direkte Volkswahl gebildet.</p>
          <p>Wahlberechtigt ist jeder östreichische Reichsbürger, welcher großjährig, im Vollgenusse der bürgerlichen und politischen Rechte ist, und welcher entweder den durch das Wahlgesetz bestimmten Jahresbetrag an direkter Steuer bezahlt, oder ohne Zahlung einer direkten Steuer, nach seiner persönlichen Eigenschaft in einer Gemeinde eines östreichischen Kronlandes das aktive Wahlrecht besitzt.</p>
          <p>§. 44. Die Wahlen für das Unterhaus geschehen nach den Bezirken, und an den Orten, welche das Wahlgesetz bestimmt; dasselbe setzt auch die Zahl der Abgeordneten nach der Bevölkerung fest. Diese Zahl ist dergestalt zu bestimmen, daß auf je Einhunderttausend Seelen wenigstens Ein Abgeordneter entfällt.</p>
          <p>Das Wahlgesetz wird den in dem vorstehenden Paragraph erwähnten Jahresbetrag der direkten Steuer in jedem Kronlande mit Beachtung der eigenthümlichen Verhältnisse desselben festsetzen und dabei als Grundsatz festhalten, daß derselbe für das Land und für die Städte bis 10,000 Seelen nicht unter 5 Gulden Conv. M., und für Städte über 10,000 Seelen nicht unter 10 Gulden Conv. M. betragen, und in keinem Falle höher als mit 20 Gulden Conv. M. bestimmt werden darf.</p>
          <p>§. 45. Um in das Unterhaus gewählt werden zu können, muß man selbst wahlberechtigt, im Vollgenusse der bürgerlichen und politischen Rechte, österreichischer Reichsbürger wenigstens seit fünf Jahren, und mindestens 30 Jahre alt sein.</p>
          <p>§. 46. Jede Stimmgebung bei den Wahlen zum Ober- und Unterhause ist mündlich und öffentlich.</p>
          <p>§. 47, Gewählten, welche ein öffentliches Amt bekleiden, darf der Urlaub nicht versagt werden.</p>
          <p>§. 48. Nimmt ein Mitglied des Reichstags ein besoldetes Staatsamt an, so muß es sich einer neuen Wahl unterziehen.</p>
          <p>§. 49. Die Mitglieder des Oberhauses werden auf die Dauer von 10, jene des Unterhauses auf die Dauer von 5 aufeinander folgenden Jahren gewählt. Sie sind nach Ablauf ihres Mandats wieder wählbar.</p>
          <p>§. 50. Die Mitglieder des Oberhauses empfangen keine Entschädigung, jene des Unterhauses erhalten für jede Session ein Entschädigungs-Pauschale.</p>
          <p>§. 51. Niemand kann zugleich Mitglied des Oberhauses und des Unterhauses sein.</p>
          <p>§. 52. Von jedem Mitgliede des Reichstages wird bei dem Eintritte in denselben der Eid dem Kaiser und auf die Reichsverfassung geleistet.</p>
          <p>§. 53. Die Abgeordneten dürfen keine Instruktionen annehmen, und nur persönlich ihr Stimmrecht ausüben.</p>
          <p>§. 54. Jedem Hause des Reichstags steht das Recht zu, die Wahlmandate seiner Mitglieder zu prüfen und über deren Zulassung zu entscheiden.</p>
          <p>§. 55. Jedes Haus ernennt durch absolute Stimmenmehrheit seinen Präsidenten und seine Vicepräsidenten für die Dauer der Session.</p>
          <p>§. 56. Kein Haus kann einen Beschluß fassen, wenn nicht die Mehrheit der verfassungsmäßigen Zahl seiner Mitglieder versammelt ist.</p>
          <p>§. 57. Geheime Stimmgebung &#x2014; mit Ausnahme der vorzunehmenden Wahlen &#x2014; findet in keinem Hause statt.</p>
          <p>§. 58. Ein Beschluß kann nur durch absolute Stimmenmehrheit zu Stande kommen. Bei Stimmengleichheit ist der in Berathung gezogene Antrag als verworfen anzusehen.</p>
          <p>§. 59. Die Reichstagssitzungen sind öffentlich; doch hat jedes Haus das Recht, über den von dem Präsidenten oder von wenigstens 10 Mitgliedern gestellten Antrag vertrauliche Sitzungen zu halten.</p>
          <p>§. 60. Nur Reichstagsmitglieder können in dem Hause, welchem sie angehören, Bittschriften einbringen.</p>
          <p>§. 61. Deputationen dürfen auf dem Reichstage nicht zugelassen werden.</p>
          <p>§. 62. Kein Mitglied des Reichstages darf außerhalb des Reichstages wegen Aeußerungen in den Sitzungen zur Rechenschaft gezogen, noch auch gerichtlich verfolgt werden.</p>
          <p>§. 63. Ein Mitglied des Reichstages darf, so lange derselbe versammelt ist, nur mit Genehmigung des Hauses, welchem dasselbe angehört, verhaftet oder verfolgt werden, mit Ausnahme der Ergreifung auf frischer That.</p>
          <p>§. 64. Jedes Haus hat seine Geschäftsordnung innerhalb der durch diese Verfassung bestimmten Grundsätze selbst festzustellen. Die geschäftlichen Beziehungen des Ober- und Unterhauses zu einander werden durch eine Uebereinkunft der beiden Häuser geregelt.</p>
          <p>§. 65. Dem Kaiser, sowie jedem der beiden Häuser, steht das Recht zu, Gesetze vorzuschlagen.</p>
          <p>§. 66. Die Uebereinstimmung des Kaisers und der beiden Häuser des Reichstages ist zu jedem Gesetze erforderlich. Anträge auf Erlassung von Gesetzen, welche durch eines der beiden Häuser oder durch den Kaiser abgelehnt worden sind, können in derselben Session nicht wieder vorgebracht werden.</p>
          <p>§. 67. Dem Reichstage steht die Theilnahme an der Gesetzgebung über jene Angelegenheiten zu, welche in dieser Reichsverfassung als Reichsangelegenheiten bezeichnet sind.</p>
          <p>§. 68. An der Gesetzgebung über die Reichsangelegenheiten nehmen die Abgeordneten aus allen Kronländern Theil. Diese gemeinsame Theilnahme findet auch rücksichtlich der Gesetzgebung über das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung und das Gerichtsverfahren Statt.</p>
          <p>Insoferne aber in Ungarn, Siebenbürgen, Croatien und Slavonien, sammt dem croatischen Küstenlande und Fiume, für die eben angeführten Zweige der Gesetzgebung eigene, von jener für die übrigen Kronländer abweichende gesetzliche Normen und Einrichtungen bestehen, wird für diesen Theil der Gesetzgebung die Wirksamkeit der Landtageder zuerst genannten Kronländer aufrechterhalten.</p>
          <p>Es wird jedoch eine Aufgabe der Landtage dieser Kronländer sein, die bisherige Gesetzgebung in den erwähnten Zweigen einer Revision zu unterziehen, um baldigst die wünschenswerthe Uebereinstimmung der Gesetzgebung in allen Theilen des Reiches herbeizuführen.</p>
          <p>Bis dieses erfolgt, haben die Abgeordneten desjenigen Kronlandes, in welchem eine von den übrigen Kronländern verschiedene Gesetzgebung in genannten Zweigen besteht, sich der Theilnahme an den Verhandlungen hierüber am Reichstage zu enthalten.</p>
          <p>§. 69. Der Kaiser vertagt und schließt den Reichstag, kann auch zu jeder Zeit die Auflösung des ganzen Reichstages oder eines seiner Häuser anordnen.</p>
          <p>Wird der Reichstag vertagt, oder auch nur eines der Häuser aufgelöst, so sind die Sitzungen in beiden Häusern allsogleich einzustellen.</p>
          <p>Die Wiederberufung des Reichstages muß, im Falle der Auflösung, innerhalb drei Monaten nach derselben erfolgen.</p>
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            <ref type="link">(Schluß folgt.)</ref>
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          <head><bibl><author>224</author></bibl> Aus Franken, 7. März.</head>
          <p>Als ich in meinem letzten Schreiben von der schmählichen Behandlung unserer politischen Gefangenen berichtete, hoffte ich Ihnen heute das erfreuliche Resultat ihrer Freisprechung vor den Assisen mittheilen zu können. Hierin hatte ich die Rechnung ohne die hochlöbliche baierische Justizverwaltung gemacht. Es war nämlich schon bekannt gemacht, daß die Assisenverhandlungen am 23. Februar beginnen sollten, spät genug, denn unsere armen Gefangenen schmachten größtentheils schon 6 Monate im Gefängniß, der barbarischsten Willkühr preisgegeben! Kaum hatten jedoch mehrere Geschworene, vorlauter Weise, nach Einsicht der höchst nichtssagenden Anklageakten, im Voraus ihr Nichtschuldig abgegeben, als die Regierung, davon Wind erhaltend, auf wahrhaft absolutistisch-willkührliche Weise ohne Weiteres die Eröffnung der Sitzungen auf einen vollen Monat, auf den 23. März hinausschob; blos darum, weil jene Herren in Glacehandschuhen fürchten, die Volksmänner möchten, von Neuem von der &#x201E;Preßfreiheit und andern Lastern der Jetzt-
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[1354/0002] daß die Nationalversammlung nach so langer Zeit noch immer nicht das Verfassungswerk zu Stande gebracht, so in gleicher Weise der östreichische. Dort wie hier dieselben Redensarten von der Nothwendigkeit, das erschütterte Vertrauen wieder herzustellen, damit der „entwichene Wohlstand zurückkehre,“ von Sicherung der „echten“ Freiheit (aus der „echten“ Metternich'schen Freiheitsfabrik), von einer im Finstern schleichenden Partei und wie die Stichwörter der europäischen Contrerevolution weiter lauten. Das vom „Gesammtministerium“ gegengezeichnete Machwerk leitet den zerrütteten Zustand der Monarchie aus dem „Mißbrauche der Freiheit!“ her. „Diesem Mißbrauche,“ heißt es sodann, „zu steuern und die Revolution zu schließen ist unsere Pflicht und unser Wille.“ Die kaiserliche Hoffnung, im Einverständnisse mit den Völkern, nach dem Bedürfnisse derselben „die Wiedergeburt der Monarchie mittelst der engeren Verbindung ihrer Bestandtheile“ zu bewirken, sei gescheitert an der Art, wie der Reichstag das Verfassungswerk verzögerte und sich in Theorien verwickelte, die mit den „thatsächlichen Verhältnissen der Monarchie im Widerspruche stehen und der Begründung eines geordneten Rechtszustandes im Staate entgegentreten.“ Inzwischen haben die „Siege der Armee die Wiedergeburt des einheitlichen Oestreichs“ näher gerückt. Wir verkündigen demnach mit dem heutigen Tage die Verfassungsurkunde für das einige untheilbare Kaiserthum Oestreich, schließen hiedurch die Versammlung des Reichstags in Kremsier, lösen denselben auf und verordnen, daß dessen Mitglieder sofort nach Veröffentlichung dieses Beschlusses auseinander gehen. Als leitende Grundsätze der verliehenen Verfassung werden hierauf angeführt: „Einheit des Ganzen mit der freien selbstständigen Entwicklung der Theile; eine starke Regierungsgewalt neben der Freiheit des Einzelnen wie der verschiedenen Nationalitäten; ein sparsamer Haushalt, — eine vollständige Entlastung des Grundbesitzes gegen Entschädigung.“ Man sieht, daß die Leute in Olmütz, so gut wie die in Berlin-Potsdam, dem Volke nach den angeblich unschätzbaren Früchten, die auf dem Mistboden der oktroyirten Verfassungen erwachsen sollen, den Mund wässerig zu machen suchen. Nun, Preußen hat bereits einige Prachtstücke von diesen Früchten zu sehen bekommen und für Oestreich werden sie bald in Hülle und Fülle heranwachsen. Olmütz, 8. März. Die oktroyirte Reichsverfassung für das Kaiserthum Oestreich lautet: I. Abschnitt. Von dem Reiche. §. 1. Das Kaiserthum Oestreich besteht aus folgenden Kronländern: Dem Erzherzogthume Oestreich ob und unter der Enns, dem Herzogthume Salzburg, dem Herzogthume Steiermark, dem Königreiche Illirien, bestehend: aus dem Herzogthume Kärnthen, dem Herzogthume Krain, der gefürsteten Grafschaft Görz und Gradiska, der Markgrafschaft Istrien und der Stadt Triest mit ihrem Gebiete, — der gefürsteten Grafschaft Tirol und Vorarlberg, dem Königreiche Böhmen, der Markgrafschaft Mähren, dem Herzogthume Ober- und Nieder-Schlesien, den Königreichen Galizien und Lodomerien mit den Herzogthümern Auschwitz und Zator und dem Großherzogthume Krakau, dem Herzogthume Bukowina, den Königreichen Dalmatien, Croatien und Slavonien mit dem kroatischen Küstenlande, der Stadt Fiume und dem dazu gehörigen Gebiete, dem Königreiche Ungarn, dem Großfürstenthume Siebenbürgen, mit Inbegriff des Sachsenlandes und der wiedereinverleibten Gespannschaften Krászna, Mittel-Szolnok und Zarand, dann dem Distrikte Kövar und der Stadt Zilah (Zillenmarkt), den Militärgrenzgebieten und dem lombardisch-venetianischen Königreiche. §. 2. Diese Kronländer bilden die freie, selbstständige, untheilbare und unauflösbare constitutionelle östreich. Erbmonarchie. §. 3. Wien ist die Hauptstadt des Kaiserreiches und der Sitz der Reichsgewalt. §. 4. Den einzelnen Kronländern wird ihre Selbstständigkeit innerhalb jener Beschränkungen gewährleistet, welche diese Reichsverfassung feststellt. §. 5. Alle Volksstämme sind gleichberechtigt und jeder Volksstamm hat ein unverletzliches Recht auf Wahrung und Pflege seiner Nationalität und Sprache. §. 6. Die Gränzen des Reiches und der einzelnen Kronländer dürfen nur durch ein Gesetz verändert werden. §. 7. Das ganze Reich ist Ein Zoll- und Handelsgebiet. Binnenzölle dürfen unter keinem Titel eingeführt werden, und wo solche zwischen einzelnen Gebietstheilen des Reiches gegenwärtig bestehen, hat deren Aufhebung sobald als möglich zu erfolgen. Die Aussonderung einzelner Orte oder Gebietstheile aus dem Zollgebiete und der Einschluß fremder Gebiete in dasselbe bleibt der Reichsgewalt vorbehalten. §. 8. Die Wappen und Farben des Kaiserthums und der einzelnen Kronländer werden beibehalten. II. Abschnitt. Von dem Kaiser. §. 9. Die Krone des Reiches und jedes einzelnen Kronlandes ist, in Gemäßheit der pragmatischen Sanction und der östreich. Hausordnung, erblich in dem Hause Habsburg-Lothringen. §. 10. Die Bestimmungen der Hausgesetze über die Großjährigkeit des Thronfolgers, dann über die Einsetzung einer Vormundschaft oder Regentschaft bleiben in Wirksamkeit. §. 11. Der Kaiser nimmt zu seinem bisherigen Titel noch jenen eines Großherzogs von Krakau und eines Herzogs der Bukowina an. §. 12. Der Kaiser wird als Kaiser von Oestreich gekrönt. Ein besonderes Statut wird diesfalls das Nähere bestimmen. §. 13. Der Kaiser beschwört bei der Krönung die Verfassung, welcher Schwur von seinen Nachfolgern bei der Krönung, sowie von dem Regenten bei Antritt der Regentschaft geleistet wird. §. 14. Der Kaiser ist geheiligt, unverletzlich und unverantwortlich. §. 15. Der Kaiser führt den Oberbefehl über die gesammte bewaffnete Macht entweder persönlich oder durch seine Feldherren. §. 16. Der Kaiser entscheidet über Krieg und Frieden. §. 17. Der Kaiser empfängt und schickt Gesandte, und schließt mit fremden Mächten Verträge. Bestimmungen in solchen Verträgen, welche dem Reiche neue Lasten auflegen, bedürfen der Zustimmung des Reichstages. §. 18. Der Kaiser verkündet die Gesetze und erläßt die bezüglichen Verordnungen. Jede Verfügung bedarf der Gegenzeichnung eines verantwortlichen Ministers. §. 19. Der Kaiser ernennt und entläßt die Minister, besetzt die Aemter in allen Zweigen des Staatsdienstes und verleiht den Adel, Orden und Auszeichnungen. §. 20. Im ganzen Reiche wird im Namen des Kaisers Recht gesprochen. §. 21. Dem Kaiser gebührt das Recht der Begnadigung, der Strafmilderung und der Amnestirung, vorbehaltlich der besonderen Bestimmungen in Ansehung der Minister. §. 22. Das Münzrecht wird im Namen des Kaisers ausgeübt. III. Abschnitt. Von dem Reichsbürgerrechte. §. 23. Für alle Völker des Reiches gibt es nur Ein allgemeines östreichisches Reichsbürgerrecht. Ein Reichsgesetz wird bestimmen, unter welchen Bedingungen das östreich. Reichsbürgerrecht erworben, ausgeübt und verloren wird. §. 24. In keinem Kronlande darf zwischen seinen Angehörigen und jenen eines anderen Kronlandes ein Unterschied im bürgerlichen oder peinlichen Rechte, im Rechtsverfahren oder in der Vertheilung der öffentlichen Lasten bestehen. Die rechtskräftigen Urtheile der Gerichte aller östreich. Kronländer sind in allen solchen gleich wirksam und vollziehbar. §. 25. Die Freizügigkeit der Person innerhalb der Reichsgränzen unterliegt keiner Beschränkung. Die Freiheit der Auswanderung ist von Staatswegen nur durch die Wehrpflicht beschränkt. §. 26. Jede Art von Leibeigenschaft, jeder Unterthänigkeits- oder Hörigkeitsverband ist für immer aufgehoben. Die Betretung des östreich. Bodens oder eines östreich. Schiffes macht jeden Sclaven frei. §. 27. Alle östreich. Reichsbürger sind vor dem Gesetze gleich, und unterstehen einem gleichen persönlichen Gerichtsstande. §. 28. Die öffentlichen Aemter und Staatsdienste sind für alle zu denselben Befähigten gleich zugänglich. §. 29. Das Eigenthum steht unter dem Schutze des Reiches; es kann nur aus Gründen des öffentliches Wohles, gegen Entschädigung nach Maßgabe des Gesetzes, beschränkt oder entzogen werden. §. 30. Jeder östreich. Reichsbürger kann in allen Theilen des Reiches Liegenschaften jeder Art erwerben, so wie jeden gesetzlich erlaubten Erwerbszweig ausüben. §. 31. Die Freizügigkeit des Vermögens innerhalb der Reichsgränzen unterliegt keiner Beschränkung. — Abfahrtsgelder von den in das Ausland abziehenden Vermögenschaften dürfen nur in Anwendung der Reciprocität erhoben werden. §. 32. Jede aus dem Unterthänigkeits- oder Hörigkeitsverbande, oder aus dem Titel des getheilten Eigenthums auf Liegenschaften haftende Schuldigkeit oder Leistung ist ablösbar, und es darf für die Zukunft bei Theilung des Eigenthums keine Liegenschaft mit einer unablösbaren Leistung belastet werden. IV. Abschnitt. Von der Gemeinde. §. 33. Der Gemeinde werden als Grundrechte gewährleistet: a) die Wahl ihrer Vertreter; b) die Aufnahme neuer Mitglieder in den Gemeindeverband; c) die selbstständige Verwaltung ihrer Angelegenheiten; d) die Veröffentlichung der Ergebnisse ihres Haushaltes, und in der Regel e) die Oeffentlichkeit der Verhandlungen ihrer Vertreter. Die nähere Bestimmung dieser Grundrechte der Gemeinden, und insbesondere die Bedingungen für die Aufnahme in den Verband einer Gemeinde, enthalten die Gemeindegesetze. §. 34. Die Einrichtung von Bezirks- und Kreisgemeinden zur Besorgung ihrer gemeinsamen inneren Angelegenheiten wird ein besonderes Gesetz bestimmen. V. Abschnitt. Von den Landes-Angelegenheiten. §. 35. Als Landesangelegenheiten werden erklärt: I. Alle Anordnungen in Betreff 1. der Landeskultur; 2. der öffentlichen Bauten, welche aus Landesmitteln bestritten werden; 3. der Wohlthätigkeitsanstalten im Lande; 4. des Voranschlages und der Rechnungslegung des Landes; a) sowohl hinsichtlich der Landeseinnahmen aus der Verwaltung des dem Lande gehörigen Vermögens, der Besteuerung für Landeszwecke und der Benützung des Landeskredits, als b) rücksichtlich der Landesausgaben, der ordentlichen wie der außerordentlichen. II. Die näheren Anordnungen inner der Gränzen der Reichsgesetze in Betreff 1. der Gemeindeangelegenheiten; 2. der Kirchen- und Schulangelegenheiten; 3. der Vorspannsleistung, dann der Verpflegung und Einquartirung des Heeres; endlich III. die Anordnungen über jene Gegenstände, welche durch Reichsgesetze dem Wirkungskreise der Landesgewalt zugewiesen werden. VI. Abschnitt. Von den Reichs-Angelegenheiten. §. 36. Als Reichsangelegenheiten werden erklärt: a) alle das regierende Kaiserhaus und die Rechte der Krone betreffenden Angelegenheiten; b) die völkerrechtliche Vertretung des Reiches und aller seiner Interessen, insbesondere der Abschluß von Verträgen mit fremden Staaten; c) die Beziehungen des Staates zur Kirche; d) das höhere Unterrichtswesen; e) das gesammte Heerwesen zu Land und die Seemacht; f) der Reichshaushalt, einschließlich der Krongüter und Reichsdomänen, unter welchen das bisher durch die Benennungen: Staats-, Cameral- oder Fiskalgüter bezeichnete Vermögen verstanden wird; die Reichsbergwerke, dann die Reichsmonopole, der Reichskredit, und alle Steuern und Abgaben zu Reichszwecken; g) alle Gewerbs- und Handelsangelegenheiten, einschließlich der Schifffahrt, der Zölle und Banken, des Münz- und Bergwesens und der Regelung von Maß und Gewicht; h) die Reichsverbindungen durch Wasser- und Landstraßen, Eisenbahnen, Post und Telegraphen, überhaupt alle Reichsbauten; i) alle die Wahrung der inneren Sicherheit des Reiches betreffenden Einrichtungen und Maßregeln; endlich k) alle Angelegenheiten, welche nicht durch die Reichsverfassung oder Reichsgesetze als Landesangelegenheiten erklärt werden. VII. Abschnitt. Von der gesetzgebenden Gewalt. §. 37. Die gesetzgebende Gewalt wird in Bezug auf die Reichsangelegenheiten von dem Kaiser im Vereine mit dem Reichstage, in Ansehung der Landesangelegenheiten von dem Kaiser im Vereine mit den Landtagen ausgeübt. VIII. Abschnitt. Von dem Reichstage. §. 38. Der allgemeine östreich. Reichstag soll aus zwei Häusern: dem Oberhause und dem Unterhause bestehen, und wird alljährlich im Frühjahre von dem Kaiser berufen. §. 39. Der Reichstag versammelt sich in Wien, kann aber von dem Kaiser auch an einen andern Ort berufen werden. §. 40. Das Oberhaus wird gebildet aus Abgeordneten, welche für jedes Kronland von dessen Landtage gewählt werden. §. 41. Die Zahl der Abgeordneten für das Oberhaus beträgt die Hälfte der verfassungsmäßigen Zahl des Unterhauses. Die Vertheilung dieser Zahl wird durch das Wahlgesetz dergestalt bestimmt werden, daß jedes Kronland zwei Mitglieder seines Landtages als Abgeordnete zu senden hat, und die übrige Zahl nach dem Verhältnisse der Bevölkerung unter alle Kronländer vertheilt wird. §. 42. Die beiden aus jedem Kronlande zum Reichstage abgeordneten Landtagsmitglieder müssen im Vollgenusse der bürgerlichen und politischen Rechte, östreichische Reichsbürger wenigstens seit fünf Jahren, und mindestens vierzig Jahre alt sein. Die anderen Mitglieder des Oberhauses können von den Landtagen nur aus jenen Reichsbürgern gewählt werden, welche die vorstehenden allgemeinen persönlichen Eigenschaften besitzen, und im Reiche wenigstens fünfhundert Gulden Konventionsmünze an direkter Steuer bezahlen. In den Kronländern, wo die Zahl solcher Reichsbürger, welche fünfhundert Gulden Konventionsmünze direkte Steuer bezahlen, nicht das Verhältniß von eins auf sechstausend Seelen erreicht, wird sie durch die der Besteuerung nach zunächst folgenden Reichsbürger des Kronlandes bis zu diesem Verhältnisse vollzählig gemacht. §. 43. Das Unterhaus wird durch direkte Volkswahl gebildet. Wahlberechtigt ist jeder östreichische Reichsbürger, welcher großjährig, im Vollgenusse der bürgerlichen und politischen Rechte ist, und welcher entweder den durch das Wahlgesetz bestimmten Jahresbetrag an direkter Steuer bezahlt, oder ohne Zahlung einer direkten Steuer, nach seiner persönlichen Eigenschaft in einer Gemeinde eines östreichischen Kronlandes das aktive Wahlrecht besitzt. §. 44. Die Wahlen für das Unterhaus geschehen nach den Bezirken, und an den Orten, welche das Wahlgesetz bestimmt; dasselbe setzt auch die Zahl der Abgeordneten nach der Bevölkerung fest. Diese Zahl ist dergestalt zu bestimmen, daß auf je Einhunderttausend Seelen wenigstens Ein Abgeordneter entfällt. Das Wahlgesetz wird den in dem vorstehenden Paragraph erwähnten Jahresbetrag der direkten Steuer in jedem Kronlande mit Beachtung der eigenthümlichen Verhältnisse desselben festsetzen und dabei als Grundsatz festhalten, daß derselbe für das Land und für die Städte bis 10,000 Seelen nicht unter 5 Gulden Conv. M., und für Städte über 10,000 Seelen nicht unter 10 Gulden Conv. M. betragen, und in keinem Falle höher als mit 20 Gulden Conv. M. bestimmt werden darf. §. 45. Um in das Unterhaus gewählt werden zu können, muß man selbst wahlberechtigt, im Vollgenusse der bürgerlichen und politischen Rechte, österreichischer Reichsbürger wenigstens seit fünf Jahren, und mindestens 30 Jahre alt sein. §. 46. Jede Stimmgebung bei den Wahlen zum Ober- und Unterhause ist mündlich und öffentlich. §. 47, Gewählten, welche ein öffentliches Amt bekleiden, darf der Urlaub nicht versagt werden. §. 48. Nimmt ein Mitglied des Reichstags ein besoldetes Staatsamt an, so muß es sich einer neuen Wahl unterziehen. §. 49. Die Mitglieder des Oberhauses werden auf die Dauer von 10, jene des Unterhauses auf die Dauer von 5 aufeinander folgenden Jahren gewählt. Sie sind nach Ablauf ihres Mandats wieder wählbar. §. 50. Die Mitglieder des Oberhauses empfangen keine Entschädigung, jene des Unterhauses erhalten für jede Session ein Entschädigungs-Pauschale. §. 51. Niemand kann zugleich Mitglied des Oberhauses und des Unterhauses sein. §. 52. Von jedem Mitgliede des Reichstages wird bei dem Eintritte in denselben der Eid dem Kaiser und auf die Reichsverfassung geleistet. §. 53. Die Abgeordneten dürfen keine Instruktionen annehmen, und nur persönlich ihr Stimmrecht ausüben. §. 54. Jedem Hause des Reichstags steht das Recht zu, die Wahlmandate seiner Mitglieder zu prüfen und über deren Zulassung zu entscheiden. §. 55. Jedes Haus ernennt durch absolute Stimmenmehrheit seinen Präsidenten und seine Vicepräsidenten für die Dauer der Session. §. 56. Kein Haus kann einen Beschluß fassen, wenn nicht die Mehrheit der verfassungsmäßigen Zahl seiner Mitglieder versammelt ist. §. 57. Geheime Stimmgebung — mit Ausnahme der vorzunehmenden Wahlen — findet in keinem Hause statt. §. 58. Ein Beschluß kann nur durch absolute Stimmenmehrheit zu Stande kommen. Bei Stimmengleichheit ist der in Berathung gezogene Antrag als verworfen anzusehen. §. 59. Die Reichstagssitzungen sind öffentlich; doch hat jedes Haus das Recht, über den von dem Präsidenten oder von wenigstens 10 Mitgliedern gestellten Antrag vertrauliche Sitzungen zu halten. §. 60. Nur Reichstagsmitglieder können in dem Hause, welchem sie angehören, Bittschriften einbringen. §. 61. Deputationen dürfen auf dem Reichstage nicht zugelassen werden. §. 62. Kein Mitglied des Reichstages darf außerhalb des Reichstages wegen Aeußerungen in den Sitzungen zur Rechenschaft gezogen, noch auch gerichtlich verfolgt werden. §. 63. Ein Mitglied des Reichstages darf, so lange derselbe versammelt ist, nur mit Genehmigung des Hauses, welchem dasselbe angehört, verhaftet oder verfolgt werden, mit Ausnahme der Ergreifung auf frischer That. §. 64. Jedes Haus hat seine Geschäftsordnung innerhalb der durch diese Verfassung bestimmten Grundsätze selbst festzustellen. Die geschäftlichen Beziehungen des Ober- und Unterhauses zu einander werden durch eine Uebereinkunft der beiden Häuser geregelt. §. 65. Dem Kaiser, sowie jedem der beiden Häuser, steht das Recht zu, Gesetze vorzuschlagen. §. 66. Die Uebereinstimmung des Kaisers und der beiden Häuser des Reichstages ist zu jedem Gesetze erforderlich. Anträge auf Erlassung von Gesetzen, welche durch eines der beiden Häuser oder durch den Kaiser abgelehnt worden sind, können in derselben Session nicht wieder vorgebracht werden. §. 67. Dem Reichstage steht die Theilnahme an der Gesetzgebung über jene Angelegenheiten zu, welche in dieser Reichsverfassung als Reichsangelegenheiten bezeichnet sind. §. 68. An der Gesetzgebung über die Reichsangelegenheiten nehmen die Abgeordneten aus allen Kronländern Theil. Diese gemeinsame Theilnahme findet auch rücksichtlich der Gesetzgebung über das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung und das Gerichtsverfahren Statt. Insoferne aber in Ungarn, Siebenbürgen, Croatien und Slavonien, sammt dem croatischen Küstenlande und Fiume, für die eben angeführten Zweige der Gesetzgebung eigene, von jener für die übrigen Kronländer abweichende gesetzliche Normen und Einrichtungen bestehen, wird für diesen Theil der Gesetzgebung die Wirksamkeit der Landtageder zuerst genannten Kronländer aufrechterhalten. Es wird jedoch eine Aufgabe der Landtage dieser Kronländer sein, die bisherige Gesetzgebung in den erwähnten Zweigen einer Revision zu unterziehen, um baldigst die wünschenswerthe Uebereinstimmung der Gesetzgebung in allen Theilen des Reiches herbeizuführen. Bis dieses erfolgt, haben die Abgeordneten desjenigen Kronlandes, in welchem eine von den übrigen Kronländern verschiedene Gesetzgebung in genannten Zweigen besteht, sich der Theilnahme an den Verhandlungen hierüber am Reichstage zu enthalten. §. 69. Der Kaiser vertagt und schließt den Reichstag, kann auch zu jeder Zeit die Auflösung des ganzen Reichstages oder eines seiner Häuser anordnen. Wird der Reichstag vertagt, oder auch nur eines der Häuser aufgelöst, so sind die Sitzungen in beiden Häusern allsogleich einzustellen. Die Wiederberufung des Reichstages muß, im Falle der Auflösung, innerhalb drei Monaten nach derselben erfolgen. (Schluß folgt.) 224 Aus Franken, 7. März. Als ich in meinem letzten Schreiben von der schmählichen Behandlung unserer politischen Gefangenen berichtete, hoffte ich Ihnen heute das erfreuliche Resultat ihrer Freisprechung vor den Assisen mittheilen zu können. Hierin hatte ich die Rechnung ohne die hochlöbliche baierische Justizverwaltung gemacht. Es war nämlich schon bekannt gemacht, daß die Assisenverhandlungen am 23. Februar beginnen sollten, spät genug, denn unsere armen Gefangenen schmachten größtentheils schon 6 Monate im Gefängniß, der barbarischsten Willkühr preisgegeben! Kaum hatten jedoch mehrere Geschworene, vorlauter Weise, nach Einsicht der höchst nichtssagenden Anklageakten, im Voraus ihr Nichtschuldig abgegeben, als die Regierung, davon Wind erhaltend, auf wahrhaft absolutistisch-willkührliche Weise ohne Weiteres die Eröffnung der Sitzungen auf einen vollen Monat, auf den 23. März hinausschob; blos darum, weil jene Herren in Glacehandschuhen fürchten, die Volksmänner möchten, von Neuem von der „Preßfreiheit und andern Lastern der Jetzt-

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 244. Köln, 13. März 1849, S. 1354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz244_1849/2>, abgerufen am 28.03.2024.