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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 215. Köln, 7. Februar 1849.

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und welcher beschuldigt worden: er habe in den Novembertagen Personen zum Königsmorde aufgefordert, von seinem Gefängnißwärter ohne Weiteres angezeigt, er könne nach Hause gehen. Von irgend einem richterlichen Auspruch wurde ihm nichts mitgetheilt. Das nennt man Gerechtigkeitspflege in Preußen.

An das Personal der hiesigen Königl. Schauspiele ist von der Generalintendantur folgender keines Commentars bedürfende Erlaß ergangen:

"Nach dem Inhalte eines durch das Ministerium des königl. Hauses mitgetheilten Erlasses des königl. Hofmarschallamts sind seit dem 1. März v. J. vielfach Personen des königl. Hofdienstes verdächtigt worden, sich in republikanische Umtriebe und Verbindungen eingelassen, auch durch ungebührliche, respektwidrige Aeußerungen über Se. Majestät bekundet zu haben, daß sie diejenige Treue und pflichtschuldige Hingebung nicht hegen, welche für ihren König und Herrn mit Recht verlangt werden muß. Anonymen Verdächtigungen ist, wie sie es verdienen, nicht Glauben geschenkt worden. Geschehen aber solche Anzeigen auf zuverlässigem Wege, mit Angabe der Beweismittel, so sollen die betreffenden Individuen sofort, ohne Ansehn der Person und der Verhältnisse, zur Untersuchung gezogen und einstweilen vom Dienst suspendirt werden, um eventuell ihre Entlassung zu bewirken. Die General-Intendantur ist veranlaßt worden, allen den königlichen Schauspielen angehörigen Personen dies mit der Verwarnung bekannt zu machen, daß dieselbe vorkommenden Falles gleiches Verfahren eintreten lassen wird."

Aus diesem Erlaß ersieht man übrigens auch, daß es immer noch ein Ministerium des königl. Hauses gibt, obgleich dessen Verwaltungsgegenstände nach den März andern Ministerien zugetheilt waren.

Der hiesige Handelsverein Teutonia hatte die baroque Idee gehabt, auch Kandidaten für die bevorstehenden Kammerwahlen aufstellen zu wollen. Unter Andern hatte sich auch unsere Elberfelder Exzellenz v. d. Heydt vorschlagen lassen; er erhielt jedoch nur 6 Stimmen.

24 Wien, 2. Februar.

Der k. k Scharfrichterknecht Welden hat wiederum eine "Kundmachung" erlassen, nach welcher die Entwaffnung in Wien, den Vorstädten und dem 2meiligen Umkreis noch immer nicht vollständig durchgeführt sein soll.

"Die Langmuth und Milde," heißt es darin, "müssen endlich denn doch ihre Gränzen haben, und es muß nunmehr (!) dasjenige durch psychologischen (!! -- scharfrichterliche Psychologie!!) Zwang erreicht werden, was im gütlichen Wege nicht durchgeführt werden konnte." Hierauf folgt ein mit Mühe niedergedämpftes Toben, daß alle standrechtlichen und kriegsrechtlichen Behandlungen noch nicht gnnügt, die "Verirrten" zur Besinnung zu bringen. Leider ließen sich diese "Verirrten" noch immer von den Verführern bethören und seien von diesen der Hand der Gerechtigkeit, während sie selbst sich ihr zu entziehen gewußt, überliefert worden. Diese "Verirrten" hofften noch immer, "auf dem Wege der Empörung den niedergedrückten Geist der Anarchie zu entfesseln und -- deßhalb suchen sie die in Händen habenden Waffen zu verheimlichen." Hierauf wird, als ein, wie-Figura-zeigt, zu "Pulver und Blei" begnadigter "befugter" Schneider (Vinzenz Wilhelm) zitirt, der wegen 24 Stück verheimlichter Waffen erschossen worden.

Und wem giebt der k. k. Bandit, neben den obigen "Führern dieser ruchlosen Parthei des Umsturzes" die Hauptschuld? Man höre: "dem Gemeinderath, den Grundgerichten in den Vorstädten und den Hauseigenthümern, die ihre Aufgabe und ihr Interesse nicht kennen, nicht begreifen."

"Wenn der Gemeinderath," heißt es in weiterer Ausführung, "wenn die Grundgerichte in dem ihrer Ueberwachung zugewiesenen Bezirke thätiger gewesen wären, somit unvermuthete Haus- und Wohnungsdurchsuchungen vorgenommen hätten, wenn die Hauseigenthümer sich um das, was in ihren Häusern vorgeht, mehr bekümmern würden, wenn alle diese Organe geneigter wären, in und miteinander zu wirken, um die öffentliche Verwaltung zu unterstützen, hätten die verborgenen Waffen und Munition längst schon an das Tageslicht kommen müssen, und diese Organe hätten durch ihr vermittelndes Einschreiten die öffentliche Verwaltung nicht in die unangenehme Lage gesetzt, selbst einschreiten, und die unausbleiblichen Folgen gegen jene verhängen zu müssen, bei denen das Widerstreben gegen die so oft ergangene warnende Stimme sich bethätigt fand. Es kann nur bedauert werden, wenn die durch das Familienband der Gemeinden berufenen Organe derselben, sich um das Wohl ihrer Mitbürger, aus deren freien Wahl sie hervorgegangen sind, nicht annehmen. Ich kann diese Sorglosigkeit nicht mehr mit demselben Gleichmuthe hinnehmen, ich darf und will sie nicht länger dulden, da ich mich für gewissenhaft verpflichtet halte, für das Wohl der hiesigen Bewohner, das mit sehr am Herzen liegt, zu sorgen."

Zu welchem Mittel wird also gegriffen?

Welden erklärt, daß er von nun an die im Belagerungsrayon gelegenen Gemeinden und deren Vorstände für die Nichtablieferung der Waffen und Munition verantwortlich macht: und zwar dergestalt, "daß ich gegen jene Gemeinden, in deren Bezirke von der durch mich abzuordnenden gemischten Civil- und Militär-Kommission Waffen oder Munition vorgefunden werden sollten, eine Geldbuße von 1000 bis 20,000 Gulden C. M., nach der Lage der Umstände unnachsichtlich verhängen, nebstbei aber auch den an der Verheimlichung der Waffen und Munition Schuldtragenden standrechtlich behandeln lassen werde."

Gleichwohl sprudelt noch ein Strahl aus dem Welden'schen Gnadenquell hervor. Es werden nochmals 48 Stunden Frist zur straflosen Ablieferung von Waffen und Munition eingeräumt.

Am Ende der Kundmachung wird das "Wehe" detaillirt, das dann über die noch immer nicht Gehorchenden hereinbrechen wird.

Diese "Kundmachung" ist datirt vom 31. Januar.

Gleich hinter diesem trefflichen Aktenstück vom k. k. Schindanger folgen in der offiziellen "Wiener Zeitung" die Verurtheilungen von 11 Grenadieren des Bataillons v. Richter, die sich am 6. Oktober nebst vielen andern Soldaten auf Seite des Volkes schlugen. Ihr Urtheil lautet auf Hängen. Die Welden'sche Gnade hat aber das Hängen in respektive 10-, 8-, 3jährige etc. Schanzarbeit in schweren Eisen, bei dem Grenadier Auer auf zehnmaliges, bei Hütter auf viermaliges Gassenlaufen auf und ab durch dreihundert Mann, bei Schüssel und Obermüller auf 7maliges Gassenlaufen "gemildert!"

Ferner:

Mathias Dehm, 60 Jahre alt, verheirathet, Real-Invaliden-Feldwebel, ist, weil er in einem Gasthause gegen die Staatsverwaltung mißliebige Aeußerungen gethan, die Verfügungen des Windischgrätz einer frechen Kritik unterzogen und sich auch gegen die Person des Windischgrätz Aeußerungen erlaubt hat: in Rücksicht auf seine körperlichen Gebrechen blos zu 3jähriger Schanzarbeit in Eisen;

W. Büchler, 42 Jahre alt, verheirathet, wegen Verheimlichung von Waffen zur nämlichen Strafe;

J. Fara und Thürgärtner zu 1jährigem schweren Kerker;

E. Wahler, Kutscher, wegen Lästerungen gegen den östreichischen Dalai-Lama, die er im betrunkenen Zustande sich erlaubt, zu 10monatlichem Stockhaus-Arrest verurtheilt worden.

Ferner:

J. Hant (Gürtler), Goslar (Privatlehrer), F. Szerbowski (Daguerrotypist), Jarosiewicz (Maler), Olay (Studierender), Gürtler (Studierender) wurden wegen ihrer Betheiligung an den Oktober-Ereignissen zu resp. 5-, 2-, und 1jährigem schwerem Kerker verurtheilt.

Das ist die Ausbeute, welche blos die heutige Nummer der "Wiener Zeitung" an Verurtheilungen liefert! Doch

"Es wird kommen der Tag, wo schreckliche Rach' Euch ereilet. Den Scharfrichtern in Wien und anderwärts, mögen sie Kronen tragen und von Gott, das heißt vom Teufel, gesalbt oder mögen sie höhere oder niedrigere Werkzeuge jener gottbegnadeten Höllenbrut sein: es wird ihnen bald ein Tanz aufgespielt werden, daß ganz Europa vor den Tönen solcher Volksfidel erzittern wird.

Nur nicht Guillotine, nicht "Pulver und Blei" und dergleichen für solche Hyänen! sondern "zehnmaliges Spießruthenlaufen durch 1000 Mann des neuen Proletarierheeres," bis jene Bestien im Angesichte des Volkes auf's Schnödeste verröcheln und bis ihnen mit dem Maaße ausgemessen worden, mit dem sie uns gemessen haben.

068 Kremsier, 1. Februar.

Die vom Reichstag in seiner Sitzung vom 29. Jan. angenommenen §.§. der "Grundrechte" lauten: §. 7 (jetzt §. 5):

"Das Hausrecht ist unverletzlich. Eine Durchsuchung der Wohnung und der Papiere, oder eine Beschlagnahme der letztern ist nur über richterliche Verordnung oder über Auftrag des Gemeindevorstandes in den gesetzlich bestimmten Fällen und Formen zulässig. Die Unverletzlichkeit des Hausrechts ist kein Hinderniß der Verhaftung eines auf frischer That Betretenen oder gerichtlich Verfolgten." -- Die §.§. 8 und 9 werden eben so beinahe ganz ohne Debatte angenommen. Bei dem ersteren macht Borrosch das zweite Minoritätsvotum zu seinem Antrag und erhält die Majorität. Der §. 8 lautet nun: "Das Briefgeheimniß darf nicht verletzt und die Beschlagnahme von Briefen nur auf Grund eines richterlichen Befehls und nach den Bestimmungen des Gesetzes vorgenommen werden. Das Gesetz bezeichnet die Beamten, welche für die Verletzung des Geheimnisses der der Post anvertrauten Briefe verantwortlich sind." -- Der §. 9 lautet: "Das Recht der Petition und der Sammlung von Unterschriften auf Petitionen ist unbeschränkt." -- Nachdem noch Ullepitsch gegen, Borrosch für den §. 10 gesprochen, wird die Sitzung geschlossen.

In der gestrigen Sitzung nahm der Reichstag nachstehende Fassung des §. 10 (jetzt §. 8) an:

"Die Freizügigkeit der Person und des Vermögens innerhalb des Staatsgebiets unterliegt nur den in den Gemeindeordnungen enthaltenen Beschränkungen. Von Staatswegen wird die Freiheit der Auswanderung nicht beschränkt. Es darf, Fälle der Nothwendigkeit der Reciprocität ausgenommen, kein Abfahrtsgeld gefordert werden." Für den 1. d. ist Schuselka's Antrag in Betreff der sofortigen Abschaffung der Todesstrafe auf der Tagesordnung. -- Am Schlusse der gestrigen Reichstagssitzung verbreitete sich das Gerücht von Prorogirung des Reichstags bis 15. Mai."

In der heutigen kam Schuselka's Dringlichkeitsantrag vor (demzufolge der Olmützer Dalai-Lama um sofortige Genehmigung zur Abschaffung der Todesstrafe und das Ministerium um Verhinderung jeder ferneren Hinrichtung angegangen werden sollte). Der Antrag wird abgelehnt.

068 Kremsier, 30. Jan.

In der gestrigen Reichstagssitzung sprach sich Pitteri, während der §. 6 der "Grundrechte" fortberathen wurde, folgendermaßen aus:

"Meine Herren! Ich habe bereits die Ehre gehabt von dieser Vo[lk]stribüne zu verkünden, daß ich den Entwurf der Grundrechte für ausgezeichnet halte. Besonders ausgezeichnet sind ganz gewiß der § 1, der § 3 und der § 6, weil sie die Dogmen der Volkssouveränität, Menschengleichheit und die Unduldbarkeit der Menschenquälerei enthalten, und besonders weil der § 6 alle politischen Höllen und Calvarienberge abgeschafft wissen will. Ich hätte aber diesen Paragraph mit noch größerem Entzücken gelesen, wenn er noch überdies ausgesprochen hätte, daß nicht nur die Todesstrafe, sondern auch die Ketten- und die Kerkerstrafe abgeschafft werde. Denn was sind alle Strafen als Rachelust, Schadenfreude, Quälerei? Es haben sich allenthalben Vereine gebildet gegen Thierquälerei -- sollen wir Quälerei an den Menschen dulden, die im Ebenbilde Gottes geschaffen sind? Wer Jemanden aus böser Absicht an Ehre, Freiheit, Vermögen verletzt, muß dafür Genugthuung leisten. Kann er das nicht, so muß er so lange vom Staate zur Arbeit verhalten werden, bis er seine Schuld getilgt. Das ist das einzige gerechte Strafsystem. Alle andere Strafen sind nicht ihm, nicht andern etwas nutz, am wenigsten aber die Todesstrafe. In einem wohlgebildeten Staate sei nicht die Furcht Strafgrundlage, sondern die Sorge für das Staatswohl, sowohl das moralische als physische. Ich stelle daher folgenden Antrag: Der § 6 möge lauten: 1) Die Todesstrafe, die Kerkerstrafe, die Strafe der öffentlichen Arbeiten, Ausstellung, körperliche Züchtigung, Brandmarkung, bürgerlichen Todes und Vermögenseinziehung sind gänzlich und für immer abgeschafft. -- 2) Derjenige, der aus böser Absicht Jemanden Schaden an Körper, Ehre, Freiheit oder Vermögen zufügt, ist verurtheilt zu vollem Schadenersatz, oder wo dies nicht möglich, dem Verletzten den Schätzungswerth zu vergüten, indem der Beschädiger in einer vom Staate errichteten Arbeitsanstalt so lange zu arbeiten verpflichten ist, bis er durch die Produkte seiner Arbeit die Schuld abgetragen."

Seine Anträge werden nicht unterstützt.

Posen, 1. Febr.

Die Wahlbewegungen im Großherzogthum haben bis jetzt noch zu keiner Einigung unter den verschiedenen Parteien geführt. Entschieden schroff stehen sich die beiden nationalen Lager, das der Polen und das der Deutschen und Juden entgegen. Zwischen beiden in der Mitte hält die deutsche demokratische Partei, obgleich gering, aber geschlossen, rührig und zu Unterhandlungen geneigt; sie weiß es nämlich, daß ihr Hinüberneigen auf diese oder jene Seite, diesem oder jenem Lager das Uebergewicht verschaffen wird.

So stehen die Wahlangelegenheiten, wenigstens in sehr vielen Bezirken der Provinz Posen. Durch geschickte Abzweigung der Wahlbezirke, so wie auch durch Ausübung der empörendsten Einflüsse der reaktionären Büreaukratie, ist es der letzteren gelungen, eine große Anzahl streng ministerieller und rückwirkender Wahlmänner durchzubringen, so daß zu befürchten steht, daß, wenn die Deutsch-Demokraten sich nicht mit den Polen vereinigen, wir etwa außer durch 15 linkssitzende polnische Deputirte nur durch eine reaktionäre Mehrzahl von Deutschen vertreten werden. Jedenfalls würde sich dann der hiesige Verwaltungsmechanismus eines Meisterstücks zu rühmen haben, wenn er bei einer Bevölkerung von 860,000 demokratisch gesinnter Polen und 400,000 momentan in der Spaltung begriffenen Deutschen eine ministerielle Mehrheit hervorbrächte. Wir hoffen indessen, die deutschen Demokraten im Großherzogthume werden sich nicht mit dem Vorwurfe belasten, um einiger nationaler Zwecke willen, deren Gefährdung nur ein pfiffiger Nothschrei der hiesigen Reaktionäre ist, die Freiheit verrathen zu haben.

(Osts.-Z.)
Colberg, 1. Febr.

Der hier zum Wahlmann gewählte Lieutenant Steffen reiste dieser Tage, da ihm der Urlaub verweigert wurde, ohne solchen nach Cöslin zu einer Wahlmännerversammlung und erhielt dafür nach seiner sofortigen Rückkehr sechs Tage Arrest, welcher so über den Wahltag hinausgeht. Der übliche Arrest würde im vorliegenden Falle nur 24 Stunden betragen, und die Vermuthung liegt nicht zu fern, daß man Hrn. Steffen's Theilnahme an der Wahl verhindern will.

(Osts.-Z.)
Weimar, 29. Januar.

Ein Theil der hier befindlichen Reichstruppen, die fürstlich Reußischen, brennet vor Kampfbegier. In Ermanglung von Dänen, die auf der Insel Alsen in ähnlicher Weise wirthschaften sollen, schlagen sie auf ihre Wirthe in Stadt und Land. In der großherzogl. Residenz fegen sie ein Bierhaus mit Säbelhieben, weil einige Gäste einen Tischler, Namens Hecker, mit dem "Heckerliede" neckten. Auf einem benachbarten Dorfe, Süßenborn, siegen sie in einer blutigen Schlägerei am 21. d. über die Bauern, schlagen einige todt, andere zu Krüppeln und demoliren das ganze Wirthshaus auf das Entsetzlichste.

(A. Z.)
Frankfurt, 2. Februar.

Die gegenwärtig hier erscheinende "deutsche Zeitung", welche so emphatisch die spezifisch-preußischen Interessen in der deutschen Oberhauptsfrage verficht, ist bekanntlich vor geraumer Zeit von ihrem Gründer und ersten Verleger Fr. Daniel Bassermann für 18,000 Thlr. an die Weidmann'sche Buchhandlung in Leipzig (Reimer in Berlin) verkauft worden. Jedermann wunderte sich über diese Speculation eines Buchhändlers, der ein Blatt, das notorisch seinem bisherigen Eigenthümer in der letzten Zeit, weit entfernt ihm irgend Gewinn abzuwerfen, fortwährend bedeutende Kosten verursachte und dessen Abonnentenzahl von Tag zu Tag mehr zusammenschmolz, für eine namentlich in jetziger Zeit so bedeutende Summe an sich bringen mochte. Personen die in der Regel gut unterrichtet sind, haben uns neuerdings den Schlüssel zu diesem Räthsel gegeben; oder sollte es etwa unwahr sein, daß der deutsche Reichsunterstaatssekretär Bassermann seine deutsche Zeitung für 18000 Thlr. an die Krone Preußen verkaufte und der Buchhändler Reimer dabei nur den Zwischenhändler und Strohmann abgab? Es wäre interessant, hierüber aus authentischer Quelle Aufschluß zu erhalten.

(M. Ab. Ztg.)
Ungarn.
* Pesth, 29. Jan.

Da man gezwungen war, einen Theil der hiesigen Truppen an die Theiß zu entsenden, um die dort siegreich auftretenden Magyaren im Schach zu halten und diese Verminderung der Truppen auffallen mußte: so wurde folgende Proklamation ersonnen, um den Leuten Sand in die Augen zu streuen, und die gehörige Portion Angst einzuflößen.

"Nachdem die Partei der Rebellen in ihrer Widersetzlichkeit gegen die rechtmäßige königliche Gewalt verharrend, neuerdings Feindseligkeiten gegen die an die Theiß vorgeschobenen k. k. Truppen verübt hat, und in der Richtung gegen Pesth vorzudringen Miene macht, so wird ein Theil der Ofner-Pesther Besatzungstruppen dem Feinde entgegengehen.

Ich versehe mich, daß während die Armee für die Wiederherstellung des Friedens und der Gesetzlichkeit in diesem Lande ficht und zeitweise eine verminderte Garnison in Ofen und Pesth zurückbleibt, die Bevölkerung dieser Städte eine ruhige Haltung beobachten wird. Sollte sie jedoch böswilligen Aufreizungen der Rebellen-Partei Gehör geben, Zusammenrottungen veranlassen und feindliche Absichten gegen die k. k. Truppen oder die bestehenden gesetzlichen Regierungsbehörden in was immer für einer Weise an den Tag legen, so würde die Beschießung der Städte und sonstige strenge Maßregeln die unausbleibliche augenblickliche Folge solcher eben so frevelhafter als unnützer Versuche sein.

Alle Inwohner dieser Städte, insonderheit aber die städtischen Behörden, die Hausbesitzer, Familienväter und Alle, die einen Einfluß auf Andere ausüben, mögen sich zum eigenen und allgemeinen Nutzen diese Warnung wohl zu Herzen nehmen. -- Ofen-Pesth den 26. Jänner 1848. -- Ladislaw Graf Wrbna m. p., Feldmarschall-Lieutenant und Kommandant des 2. Armeecorps."

Gestern ward Szell, Major des zu den Magyaren übergegangenen Bataillons Prinz von Preußen, hierselbst erschossen.

Großbritannien.
068 London, 3. Februar.

Der mit Californien durch längeren Aufenthalt daselbst wohlbekannte Irländer Roß Cox schreibt an ein Journal Folgendes:

"Ich bin jeder Auswanderung unserer Landsleute nach Californien stark entgegen. Befände sich das Land in einem geregelten Zustande, herrschte Gesetz und Ordnung: so könnten unsere Landsleute durch ihre Anstelligkeit, Mäßigkeit und Fleiß unzweifelhaft schnell ihre goldenen Träume verwirklichen. Allein grade das Gegentheil ist der Fall. Die Vereinigten Staaten haben erst kürzlich dies Gebiet erworben und das gibt keinen Schutz weder für Leben noch Eigenthum. Ich kenne den unruhigen, waghalsigen Charakter der amerikanischen "Hinterwäldler" und viele von ihnen haben sich nach dem Goldthale des Sakramento aufgemacht. Es sind sämmtlich wahre Teufelsschützen, und geht's nicht mit der Büchse, so greifen sie zu ihren "Bowie"-Messern, die gewöhnlich den Tod geben. Wer von unsern Inseln gleichwohl Lust tragen sollte, dahin zu gehen, der muß sich mit einer gezogenen Büchse, einem Paar Pistolen, Dolch und ein Paar "Bowie"-Messern bewaffnen. Sie sollten auch nur in Schaaren von 50-100 vorschreiten, sich einen Hauptmann und Unterhauptleute erwählen, gute Wache und Aufsicht halten, als Arten des Kampfes, zum Angriff wie zur Abwehr, namentlich aber mit der Büchse gut schießen lernen u. s. w. Solche kleine Gesellschaften können von Erfolg sein; was jedoch einzelne Abenteurer oder kleine isolirte Häuflein betrifft, die das Land nicht kennen und eben so wenig die dortige Art zu kämpfen und zu bestehlen: so sage ich unverholen, daß sie allermeist wie Hirsche und Prairie-Hühner werden todtgeschossen werden."

*

-- Im Gegensatz zu den ministeriellen Soiree's vor Eröffnung des Parlaments, hatte der Vollziehungsausschuß der Chartisten-Association auf Seiten des Volks ebenfalls eine Soiree (am 29. Januar) veranstaltet, nach deren Beendigung ein großes Meeting stattfand, bei welchem Stallwood den Vorsitz führte. Eine Menge Parlamentsmitglieder waren eingeladen worden, z. B.: J. Hume, Th. Wakley. Sharman Crawford, Ralph Osborne etc., die sich meistens schriftlich entschuldigten. Auch O'Connor war durch dringende Geschäfte an der Theilnahme verhindert. Duncombe wegen Krankheit abwesend. Der Vorsitzende bemerkte: "da ein Theil der eingeladenen Parlaments-Mitglieder nicht zugegen sein kann, der andere nicht will: nun, so müssen wir schon ohne sie auskommen (Beifall). Sehen die reicheren Klassen, daß wir kompetent und unsere Arbeit zu thun entschlossen sind, dann werden sie uns schon ihren Beistand leihen. Er bringt ein Lebehoch aus: "Das Volk, die Quelle aller politischen Macht!" Inzwischen war Herr Lushington, Parlamentsmitglied für Westminster, kaum erschienen auch schon wieder fortgegangen. Thomas Clark bemerkt über ihn, wie mehrere andere der Eingeladenen vom Unterhause: "Ihr plötzliches Weggehen oder völliges Nichterscheinen beweist blos ihren schlechten Geschmack und daß sie unfähig sind, gute Gesellschaft zu würdigen (beifälliges Gelächter) und keine Neigung haben, sich werthvolle Belehrung zu verschaffen, selbst wenn sie ihnen ganz billig dargeboten wird (Beifall und Lachen)". Er fährt dann fort: "Ist der Grundsatz: "das Volk ist die Quelle aller politischen Macht" richtig -- und nur ein unvernünftiger oder um seine Vorrechte besorgter Mensch kann dies bestreiten: so folgt daraus, daß alle politische Macht, die nicht vom Volke ausgegangen und sanktionirt worden, eine illegitime und mithin unser Parlament ein Bastard-Parlament ist. Denn es ist nicht vom Volke ausgegangen, wie es doch der Fall sein müßte, wofern die von ihm fabrizirten Gesetze als bindend für die Nation zu betrachten sein sollen. Ich halte dafür, daß die nichtvertretenen Millionen dieses Landes keinerlei moralische Verpflichtung zur Beobachtung von Gesetzen haben, deren Ursprung auf dem gegenwärtigen Parlamente beruht.

Der zweite Trinkspruch lautete: "Auf die Emanzipation des Volkes von politischer Knechtschaft durch jene weisen, gerechten und gleichheitliche Prinzipien, die in der Volkscharter ausgesprochen sind!" (Donnernder Beifall).

Julian Harney, den bei seinem Auftreten stürmischer Applaus

und welcher beschuldigt worden: er habe in den Novembertagen Personen zum Königsmorde aufgefordert, von seinem Gefängnißwärter ohne Weiteres angezeigt, er könne nach Hause gehen. Von irgend einem richterlichen Auspruch wurde ihm nichts mitgetheilt. Das nennt man Gerechtigkeitspflege in Preußen.

An das Personal der hiesigen Königl. Schauspiele ist von der Generalintendantur folgender keines Commentars bedürfende Erlaß ergangen:

„Nach dem Inhalte eines durch das Ministerium des königl. Hauses mitgetheilten Erlasses des königl. Hofmarschallamts sind seit dem 1. März v. J. vielfach Personen des königl. Hofdienstes verdächtigt worden, sich in republikanische Umtriebe und Verbindungen eingelassen, auch durch ungebührliche, respektwidrige Aeußerungen über Se. Majestät bekundet zu haben, daß sie diejenige Treue und pflichtschuldige Hingebung nicht hegen, welche für ihren König und Herrn mit Recht verlangt werden muß. Anonymen Verdächtigungen ist, wie sie es verdienen, nicht Glauben geschenkt worden. Geschehen aber solche Anzeigen auf zuverlässigem Wege, mit Angabe der Beweismittel, so sollen die betreffenden Individuen sofort, ohne Ansehn der Person und der Verhältnisse, zur Untersuchung gezogen und einstweilen vom Dienst suspendirt werden, um eventuell ihre Entlassung zu bewirken. Die General-Intendantur ist veranlaßt worden, allen den königlichen Schauspielen angehörigen Personen dies mit der Verwarnung bekannt zu machen, daß dieselbe vorkommenden Falles gleiches Verfahren eintreten lassen wird.“

Aus diesem Erlaß ersieht man übrigens auch, daß es immer noch ein Ministerium des königl. Hauses gibt, obgleich dessen Verwaltungsgegenstände nach den März andern Ministerien zugetheilt waren.

Der hiesige Handelsverein Teutonia hatte die baroque Idee gehabt, auch Kandidaten für die bevorstehenden Kammerwahlen aufstellen zu wollen. Unter Andern hatte sich auch unsere Elberfelder Exzellenz v. d. Heydt vorschlagen lassen; er erhielt jedoch nur 6 Stimmen.

24 Wien, 2. Februar.

Der k. k Scharfrichterknecht Welden hat wiederum eine „Kundmachung“ erlassen, nach welcher die Entwaffnung in Wien, den Vorstädten und dem 2meiligen Umkreis noch immer nicht vollständig durchgeführt sein soll.

„Die Langmuth und Milde,“ heißt es darin, „müssen endlich denn doch ihre Gränzen haben, und es muß nunmehr (!) dasjenige durch psychologischen (!! — scharfrichterliche Psychologie!!) Zwang erreicht werden, was im gütlichen Wege nicht durchgeführt werden konnte.“ Hierauf folgt ein mit Mühe niedergedämpftes Toben, daß alle standrechtlichen und kriegsrechtlichen Behandlungen noch nicht gnnügt, die „Verirrten“ zur Besinnung zu bringen. Leider ließen sich diese „Verirrten“ noch immer von den Verführern bethören und seien von diesen der Hand der Gerechtigkeit, während sie selbst sich ihr zu entziehen gewußt, überliefert worden. Diese „Verirrten“ hofften noch immer, „auf dem Wege der Empörung den niedergedrückten Geist der Anarchie zu entfesseln und — deßhalb suchen sie die in Händen habenden Waffen zu verheimlichen.“ Hierauf wird, als ein, wie-Figura-zeigt, zu „Pulver und Blei“ begnadigter „befugter“ Schneider (Vinzenz Wilhelm) zitirt, der wegen 24 Stück verheimlichter Waffen erschossen worden.

Und wem giebt der k. k. Bandit, neben den obigen „Führern dieser ruchlosen Parthei des Umsturzes“ die Hauptschuld? Man höre: „dem Gemeinderath, den Grundgerichten in den Vorstädten und den Hauseigenthümern, die ihre Aufgabe und ihr Interesse nicht kennen, nicht begreifen.“

„Wenn der Gemeinderath,“ heißt es in weiterer Ausführung, „wenn die Grundgerichte in dem ihrer Ueberwachung zugewiesenen Bezirke thätiger gewesen wären, somit unvermuthete Haus- und Wohnungsdurchsuchungen vorgenommen hätten, wenn die Hauseigenthümer sich um das, was in ihren Häusern vorgeht, mehr bekümmern würden, wenn alle diese Organe geneigter wären, in und miteinander zu wirken, um die öffentliche Verwaltung zu unterstützen, hätten die verborgenen Waffen und Munition längst schon an das Tageslicht kommen müssen, und diese Organe hätten durch ihr vermittelndes Einschreiten die öffentliche Verwaltung nicht in die unangenehme Lage gesetzt, selbst einschreiten, und die unausbleiblichen Folgen gegen jene verhängen zu müssen, bei denen das Widerstreben gegen die so oft ergangene warnende Stimme sich bethätigt fand. Es kann nur bedauert werden, wenn die durch das Familienband der Gemeinden berufenen Organe derselben, sich um das Wohl ihrer Mitbürger, aus deren freien Wahl sie hervorgegangen sind, nicht annehmen. Ich kann diese Sorglosigkeit nicht mehr mit demselben Gleichmuthe hinnehmen, ich darf und will sie nicht länger dulden, da ich mich für gewissenhaft verpflichtet halte, für das Wohl der hiesigen Bewohner, das mit sehr am Herzen liegt, zu sorgen.“

Zu welchem Mittel wird also gegriffen?

Welden erklärt, daß er von nun an die im Belagerungsrayon gelegenen Gemeinden und deren Vorstände für die Nichtablieferung der Waffen und Munition verantwortlich macht: und zwar dergestalt, „daß ich gegen jene Gemeinden, in deren Bezirke von der durch mich abzuordnenden gemischten Civil- und Militär-Kommission Waffen oder Munition vorgefunden werden sollten, eine Geldbuße von 1000 bis 20,000 Gulden C. M., nach der Lage der Umstände unnachsichtlich verhängen, nebstbei aber auch den an der Verheimlichung der Waffen und Munition Schuldtragenden standrechtlich behandeln lassen werde.“

Gleichwohl sprudelt noch ein Strahl aus dem Welden'schen Gnadenquell hervor. Es werden nochmals 48 Stunden Frist zur straflosen Ablieferung von Waffen und Munition eingeräumt.

Am Ende der Kundmachung wird das „Wehe“ detaillirt, das dann über die noch immer nicht Gehorchenden hereinbrechen wird.

Diese „Kundmachung“ ist datirt vom 31. Januar.

Gleich hinter diesem trefflichen Aktenstück vom k. k. Schindanger folgen in der offiziellen „Wiener Zeitung“ die Verurtheilungen von 11 Grenadieren des Bataillons v. Richter, die sich am 6. Oktober nebst vielen andern Soldaten auf Seite des Volkes schlugen. Ihr Urtheil lautet auf Hängen. Die Welden'sche Gnade hat aber das Hängen in respektive 10-, 8-, 3jährige etc. Schanzarbeit in schweren Eisen, bei dem Grenadier Auer auf zehnmaliges, bei Hütter auf viermaliges Gassenlaufen auf und ab durch dreihundert Mann, bei Schüssel und Obermüller auf 7maliges Gassenlaufen „gemildert!“

Ferner:

Mathias Dehm, 60 Jahre alt, verheirathet, Real-Invaliden-Feldwebel, ist, weil er in einem Gasthause gegen die Staatsverwaltung mißliebige Aeußerungen gethan, die Verfügungen des Windischgrätz einer frechen Kritik unterzogen und sich auch gegen die Person des Windischgrätz Aeußerungen erlaubt hat: in Rücksicht auf seine körperlichen Gebrechen blos zu 3jähriger Schanzarbeit in Eisen;

W. Büchler, 42 Jahre alt, verheirathet, wegen Verheimlichung von Waffen zur nämlichen Strafe;

J. Fara und Thürgärtner zu 1jährigem schweren Kerker;

E. Wahler, Kutscher, wegen Lästerungen gegen den östreichischen Dalai-Lama, die er im betrunkenen Zustande sich erlaubt, zu 10monatlichem Stockhaus-Arrest verurtheilt worden.

Ferner:

J. Hant (Gürtler), Goslar (Privatlehrer), F. Szerbowski (Daguerrotypist), Jarosiewicz (Maler), Olay (Studierender), Gürtler (Studierender) wurden wegen ihrer Betheiligung an den Oktober-Ereignissen zu resp. 5-, 2-, und 1jährigem schwerem Kerker verurtheilt.

Das ist die Ausbeute, welche blos die heutige Nummer der „Wiener Zeitung“ an Verurtheilungen liefert! Doch

„Es wird kommen der Tag, wo schreckliche Rach' Euch ereilet. Den Scharfrichtern in Wien und anderwärts, mögen sie Kronen tragen und von Gott, das heißt vom Teufel, gesalbt oder mögen sie höhere oder niedrigere Werkzeuge jener gottbegnadeten Höllenbrut sein: es wird ihnen bald ein Tanz aufgespielt werden, daß ganz Europa vor den Tönen solcher Volksfidel erzittern wird.

Nur nicht Guillotine, nicht „Pulver und Blei“ und dergleichen für solche Hyänen! sondern „zehnmaliges Spießruthenlaufen durch 1000 Mann des neuen Proletarierheeres,“ bis jene Bestien im Angesichte des Volkes auf's Schnödeste verröcheln und bis ihnen mit dem Maaße ausgemessen worden, mit dem sie uns gemessen haben.

068 Kremsier, 1. Februar.

Die vom Reichstag in seiner Sitzung vom 29. Jan. angenommenen §.§. der „Grundrechte“ lauten: §. 7 (jetzt §. 5):

„Das Hausrecht ist unverletzlich. Eine Durchsuchung der Wohnung und der Papiere, oder eine Beschlagnahme der letztern ist nur über richterliche Verordnung oder über Auftrag des Gemeindevorstandes in den gesetzlich bestimmten Fällen und Formen zulässig. Die Unverletzlichkeit des Hausrechts ist kein Hinderniß der Verhaftung eines auf frischer That Betretenen oder gerichtlich Verfolgten.“ — Die §.§. 8 und 9 werden eben so beinahe ganz ohne Debatte angenommen. Bei dem ersteren macht Borrosch das zweite Minoritätsvotum zu seinem Antrag und erhält die Majorität. Der §. 8 lautet nun: „Das Briefgeheimniß darf nicht verletzt und die Beschlagnahme von Briefen nur auf Grund eines richterlichen Befehls und nach den Bestimmungen des Gesetzes vorgenommen werden. Das Gesetz bezeichnet die Beamten, welche für die Verletzung des Geheimnisses der der Post anvertrauten Briefe verantwortlich sind.“ — Der §. 9 lautet: „Das Recht der Petition und der Sammlung von Unterschriften auf Petitionen ist unbeschränkt.“ — Nachdem noch Ullepitsch gegen, Borrosch für den §. 10 gesprochen, wird die Sitzung geschlossen.

In der gestrigen Sitzung nahm der Reichstag nachstehende Fassung des §. 10 (jetzt §. 8) an:

„Die Freizügigkeit der Person und des Vermögens innerhalb des Staatsgebiets unterliegt nur den in den Gemeindeordnungen enthaltenen Beschränkungen. Von Staatswegen wird die Freiheit der Auswanderung nicht beschränkt. Es darf, Fälle der Nothwendigkeit der Reciprocität ausgenommen, kein Abfahrtsgeld gefordert werden.“ Für den 1. d. ist Schuselka's Antrag in Betreff der sofortigen Abschaffung der Todesstrafe auf der Tagesordnung. — Am Schlusse der gestrigen Reichstagssitzung verbreitete sich das Gerücht von Prorogirung des Reichstags bis 15. Mai.“

In der heutigen kam Schuselka's Dringlichkeitsantrag vor (demzufolge der Olmützer Dalai-Lama um sofortige Genehmigung zur Abschaffung der Todesstrafe und das Ministerium um Verhinderung jeder ferneren Hinrichtung angegangen werden sollte). Der Antrag wird abgelehnt.

068 Kremsier, 30. Jan.

In der gestrigen Reichstagssitzung sprach sich Pitteri, während der §. 6 der „Grundrechte“ fortberathen wurde, folgendermaßen aus:

„Meine Herren! Ich habe bereits die Ehre gehabt von dieser Vo[lk]stribüne zu verkünden, daß ich den Entwurf der Grundrechte für ausgezeichnet halte. Besonders ausgezeichnet sind ganz gewiß der § 1, der § 3 und der § 6, weil sie die Dogmen der Volkssouveränität, Menschengleichheit und die Unduldbarkeit der Menschenquälerei enthalten, und besonders weil der § 6 alle politischen Höllen und Calvarienberge abgeschafft wissen will. Ich hätte aber diesen Paragraph mit noch größerem Entzücken gelesen, wenn er noch überdies ausgesprochen hätte, daß nicht nur die Todesstrafe, sondern auch die Ketten- und die Kerkerstrafe abgeschafft werde. Denn was sind alle Strafen als Rachelust, Schadenfreude, Quälerei? Es haben sich allenthalben Vereine gebildet gegen Thierquälerei — sollen wir Quälerei an den Menschen dulden, die im Ebenbilde Gottes geschaffen sind? Wer Jemanden aus böser Absicht an Ehre, Freiheit, Vermögen verletzt, muß dafür Genugthuung leisten. Kann er das nicht, so muß er so lange vom Staate zur Arbeit verhalten werden, bis er seine Schuld getilgt. Das ist das einzige gerechte Strafsystem. Alle andere Strafen sind nicht ihm, nicht andern etwas nutz, am wenigsten aber die Todesstrafe. In einem wohlgebildeten Staate sei nicht die Furcht Strafgrundlage, sondern die Sorge für das Staatswohl, sowohl das moralische als physische. Ich stelle daher folgenden Antrag: Der § 6 möge lauten: 1) Die Todesstrafe, die Kerkerstrafe, die Strafe der öffentlichen Arbeiten, Ausstellung, körperliche Züchtigung, Brandmarkung, bürgerlichen Todes und Vermögenseinziehung sind gänzlich und für immer abgeschafft. — 2) Derjenige, der aus böser Absicht Jemanden Schaden an Körper, Ehre, Freiheit oder Vermögen zufügt, ist verurtheilt zu vollem Schadenersatz, oder wo dies nicht möglich, dem Verletzten den Schätzungswerth zu vergüten, indem der Beschädiger in einer vom Staate errichteten Arbeitsanstalt so lange zu arbeiten verpflichten ist, bis er durch die Produkte seiner Arbeit die Schuld abgetragen.“

Seine Anträge werden nicht unterstützt.

Posen, 1. Febr.

Die Wahlbewegungen im Großherzogthum haben bis jetzt noch zu keiner Einigung unter den verschiedenen Parteien geführt. Entschieden schroff stehen sich die beiden nationalen Lager, das der Polen und das der Deutschen und Juden entgegen. Zwischen beiden in der Mitte hält die deutsche demokratische Partei, obgleich gering, aber geschlossen, rührig und zu Unterhandlungen geneigt; sie weiß es nämlich, daß ihr Hinüberneigen auf diese oder jene Seite, diesem oder jenem Lager das Uebergewicht verschaffen wird.

So stehen die Wahlangelegenheiten, wenigstens in sehr vielen Bezirken der Provinz Posen. Durch geschickte Abzweigung der Wahlbezirke, so wie auch durch Ausübung der empörendsten Einflüsse der reaktionären Büreaukratie, ist es der letzteren gelungen, eine große Anzahl streng ministerieller und rückwirkender Wahlmänner durchzubringen, so daß zu befürchten steht, daß, wenn die Deutsch-Demokraten sich nicht mit den Polen vereinigen, wir etwa außer durch 15 linkssitzende polnische Deputirte nur durch eine reaktionäre Mehrzahl von Deutschen vertreten werden. Jedenfalls würde sich dann der hiesige Verwaltungsmechanismus eines Meisterstücks zu rühmen haben, wenn er bei einer Bevölkerung von 860,000 demokratisch gesinnter Polen und 400,000 momentan in der Spaltung begriffenen Deutschen eine ministerielle Mehrheit hervorbrächte. Wir hoffen indessen, die deutschen Demokraten im Großherzogthume werden sich nicht mit dem Vorwurfe belasten, um einiger nationaler Zwecke willen, deren Gefährdung nur ein pfiffiger Nothschrei der hiesigen Reaktionäre ist, die Freiheit verrathen zu haben.

(Osts.-Z.)
Colberg, 1. Febr.

Der hier zum Wahlmann gewählte Lieutenant Steffen reiste dieser Tage, da ihm der Urlaub verweigert wurde, ohne solchen nach Cöslin zu einer Wahlmännerversammlung und erhielt dafür nach seiner sofortigen Rückkehr sechs Tage Arrest, welcher so über den Wahltag hinausgeht. Der übliche Arrest würde im vorliegenden Falle nur 24 Stunden betragen, und die Vermuthung liegt nicht zu fern, daß man Hrn. Steffen's Theilnahme an der Wahl verhindern will.

(Osts.-Z.)
Weimar, 29. Januar.

Ein Theil der hier befindlichen Reichstruppen, die fürstlich Reußischen, brennet vor Kampfbegier. In Ermanglung von Dänen, die auf der Insel Alsen in ähnlicher Weise wirthschaften sollen, schlagen sie auf ihre Wirthe in Stadt und Land. In der großherzogl. Residenz fegen sie ein Bierhaus mit Säbelhieben, weil einige Gäste einen Tischler, Namens Hecker, mit dem „Heckerliede“ neckten. Auf einem benachbarten Dorfe, Süßenborn, siegen sie in einer blutigen Schlägerei am 21. d. über die Bauern, schlagen einige todt, andere zu Krüppeln und demoliren das ganze Wirthshaus auf das Entsetzlichste.

(A. Z.)
Frankfurt, 2. Februar.

Die gegenwärtig hier erscheinende „deutsche Zeitung“, welche so emphatisch die spezifisch-preußischen Interessen in der deutschen Oberhauptsfrage verficht, ist bekanntlich vor geraumer Zeit von ihrem Gründer und ersten Verleger Fr. Daniel Bassermann für 18,000 Thlr. an die Weidmann'sche Buchhandlung in Leipzig (Reimer in Berlin) verkauft worden. Jedermann wunderte sich über diese Speculation eines Buchhändlers, der ein Blatt, das notorisch seinem bisherigen Eigenthümer in der letzten Zeit, weit entfernt ihm irgend Gewinn abzuwerfen, fortwährend bedeutende Kosten verursachte und dessen Abonnentenzahl von Tag zu Tag mehr zusammenschmolz, für eine namentlich in jetziger Zeit so bedeutende Summe an sich bringen mochte. Personen die in der Regel gut unterrichtet sind, haben uns neuerdings den Schlüssel zu diesem Räthsel gegeben; oder sollte es etwa unwahr sein, daß der deutsche Reichsunterstaatssekretär Bassermann seine deutsche Zeitung für 18000 Thlr. an die Krone Preußen verkaufte und der Buchhändler Reimer dabei nur den Zwischenhändler und Strohmann abgab? Es wäre interessant, hierüber aus authentischer Quelle Aufschluß zu erhalten.

(M. Ab. Ztg.)
Ungarn.
* Pesth, 29. Jan.

Da man gezwungen war, einen Theil der hiesigen Truppen an die Theiß zu entsenden, um die dort siegreich auftretenden Magyaren im Schach zu halten und diese Verminderung der Truppen auffallen mußte: so wurde folgende Proklamation ersonnen, um den Leuten Sand in die Augen zu streuen, und die gehörige Portion Angst einzuflößen.

„Nachdem die Partei der Rebellen in ihrer Widersetzlichkeit gegen die rechtmäßige königliche Gewalt verharrend, neuerdings Feindseligkeiten gegen die an die Theiß vorgeschobenen k. k. Truppen verübt hat, und in der Richtung gegen Pesth vorzudringen Miene macht, so wird ein Theil der Ofner-Pesther Besatzungstruppen dem Feinde entgegengehen.

Ich versehe mich, daß während die Armee für die Wiederherstellung des Friedens und der Gesetzlichkeit in diesem Lande ficht und zeitweise eine verminderte Garnison in Ofen und Pesth zurückbleibt, die Bevölkerung dieser Städte eine ruhige Haltung beobachten wird. Sollte sie jedoch böswilligen Aufreizungen der Rebellen-Partei Gehör geben, Zusammenrottungen veranlassen und feindliche Absichten gegen die k. k. Truppen oder die bestehenden gesetzlichen Regierungsbehörden in was immer für einer Weise an den Tag legen, so würde die Beschießung der Städte und sonstige strenge Maßregeln die unausbleibliche augenblickliche Folge solcher eben so frevelhafter als unnützer Versuche sein.

Alle Inwohner dieser Städte, insonderheit aber die städtischen Behörden, die Hausbesitzer, Familienväter und Alle, die einen Einfluß auf Andere ausüben, mögen sich zum eigenen und allgemeinen Nutzen diese Warnung wohl zu Herzen nehmen. — Ofen-Pesth den 26. Jänner 1848. — Ladislaw Graf Wrbna m. p., Feldmarschall-Lieutenant und Kommandant des 2. Armeecorps.“

Gestern ward Szell, Major des zu den Magyaren übergegangenen Bataillons Prinz von Preußen, hierselbst erschossen.

Großbritannien.
068 London, 3. Februar.

Der mit Californien durch längeren Aufenthalt daselbst wohlbekannte Irländer Roß Cox schreibt an ein Journal Folgendes:

„Ich bin jeder Auswanderung unserer Landsleute nach Californien stark entgegen. Befände sich das Land in einem geregelten Zustande, herrschte Gesetz und Ordnung: so könnten unsere Landsleute durch ihre Anstelligkeit, Mäßigkeit und Fleiß unzweifelhaft schnell ihre goldenen Träume verwirklichen. Allein grade das Gegentheil ist der Fall. Die Vereinigten Staaten haben erst kürzlich dies Gebiet erworben und das gibt keinen Schutz weder für Leben noch Eigenthum. Ich kenne den unruhigen, waghalsigen Charakter der amerikanischen „Hinterwäldler“ und viele von ihnen haben sich nach dem Goldthale des Sakramento aufgemacht. Es sind sämmtlich wahre Teufelsschützen, und geht's nicht mit der Büchse, so greifen sie zu ihren „Bowie“-Messern, die gewöhnlich den Tod geben. Wer von unsern Inseln gleichwohl Lust tragen sollte, dahin zu gehen, der muß sich mit einer gezogenen Büchse, einem Paar Pistolen, Dolch und ein Paar „Bowie“-Messern bewaffnen. Sie sollten auch nur in Schaaren von 50-100 vorschreiten, sich einen Hauptmann und Unterhauptleute erwählen, gute Wache und Aufsicht halten, als Arten des Kampfes, zum Angriff wie zur Abwehr, namentlich aber mit der Büchse gut schießen lernen u. s. w. Solche kleine Gesellschaften können von Erfolg sein; was jedoch einzelne Abenteurer oder kleine isolirte Häuflein betrifft, die das Land nicht kennen und eben so wenig die dortige Art zu kämpfen und zu bestehlen: so sage ich unverholen, daß sie allermeist wie Hirsche und Prairie-Hühner werden todtgeschossen werden.“

*

— Im Gegensatz zu den ministeriellen Soirée's vor Eröffnung des Parlaments, hatte der Vollziehungsausschuß der Chartisten-Association auf Seiten des Volks ebenfalls eine Soirée (am 29. Januar) veranstaltet, nach deren Beendigung ein großes Meeting stattfand, bei welchem Stallwood den Vorsitz führte. Eine Menge Parlamentsmitglieder waren eingeladen worden, z. B.: J. Hume, Th. Wakley. Sharman Crawford, Ralph Osborne etc., die sich meistens schriftlich entschuldigten. Auch O'Connor war durch dringende Geschäfte an der Theilnahme verhindert. Duncombe wegen Krankheit abwesend. Der Vorsitzende bemerkte: „da ein Theil der eingeladenen Parlaments-Mitglieder nicht zugegen sein kann, der andere nicht will: nun, so müssen wir schon ohne sie auskommen (Beifall). Sehen die reicheren Klassen, daß wir kompetent und unsere Arbeit zu thun entschlossen sind, dann werden sie uns schon ihren Beistand leihen. Er bringt ein Lebehoch aus: „Das Volk, die Quelle aller politischen Macht!“ Inzwischen war Herr Lushington, Parlamentsmitglied für Westminster, kaum erschienen auch schon wieder fortgegangen. Thomas Clark bemerkt über ihn, wie mehrere andere der Eingeladenen vom Unterhause: „Ihr plötzliches Weggehen oder völliges Nichterscheinen beweist blos ihren schlechten Geschmack und daß sie unfähig sind, gute Gesellschaft zu würdigen (beifälliges Gelächter) und keine Neigung haben, sich werthvolle Belehrung zu verschaffen, selbst wenn sie ihnen ganz billig dargeboten wird (Beifall und Lachen)“. Er fährt dann fort: „Ist der Grundsatz: „das Volk ist die Quelle aller politischen Macht“ richtig — und nur ein unvernünftiger oder um seine Vorrechte besorgter Mensch kann dies bestreiten: so folgt daraus, daß alle politische Macht, die nicht vom Volke ausgegangen und sanktionirt worden, eine illegitime und mithin unser Parlament ein Bastard-Parlament ist. Denn es ist nicht vom Volke ausgegangen, wie es doch der Fall sein müßte, wofern die von ihm fabrizirten Gesetze als bindend für die Nation zu betrachten sein sollen. Ich halte dafür, daß die nichtvertretenen Millionen dieses Landes keinerlei moralische Verpflichtung zur Beobachtung von Gesetzen haben, deren Ursprung auf dem gegenwärtigen Parlamente beruht.

Der zweite Trinkspruch lautete: „Auf die Emanzipation des Volkes von politischer Knechtschaft durch jene weisen, gerechten und gleichheitliche Prinzipien, die in der Volkscharter ausgesprochen sind!“ (Donnernder Beifall).

Julian Harney, den bei seinem Auftreten stürmischer Applaus

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          <p><pb facs="#f0002" n="1180"/>
und welcher beschuldigt worden: er habe in den Novembertagen Personen zum Königsmorde aufgefordert, von seinem Gefängnißwärter ohne Weiteres angezeigt, er könne nach Hause gehen. Von irgend einem richterlichen Auspruch wurde ihm nichts mitgetheilt. Das nennt man Gerechtigkeitspflege in Preußen.</p>
          <p>An das Personal der hiesigen Königl. Schauspiele ist von der Generalintendantur folgender keines Commentars bedürfende Erlaß ergangen:</p>
          <p>&#x201E;Nach dem Inhalte eines durch das <hi rendition="#g">Ministerium des königl. Hauses</hi> mitgetheilten Erlasses des königl. Hofmarschallamts sind seit dem 1. März v. J. vielfach Personen des königl. Hofdienstes verdächtigt worden, sich in republikanische Umtriebe und Verbindungen eingelassen, auch durch ungebührliche, respektwidrige Aeußerungen über Se. Majestät bekundet zu haben, daß sie diejenige Treue und pflichtschuldige Hingebung nicht hegen, welche für ihren König und Herrn mit Recht verlangt werden muß. Anonymen Verdächtigungen ist, wie sie es verdienen, nicht Glauben geschenkt worden. Geschehen aber solche Anzeigen auf zuverlässigem Wege, mit Angabe der Beweismittel, so sollen die betreffenden Individuen sofort, ohne Ansehn der Person und der Verhältnisse, zur Untersuchung gezogen und einstweilen vom Dienst suspendirt werden, um eventuell ihre Entlassung zu bewirken. Die General-Intendantur ist veranlaßt worden, allen den königlichen Schauspielen angehörigen Personen dies mit der Verwarnung bekannt zu machen, daß dieselbe vorkommenden Falles gleiches Verfahren eintreten lassen wird.&#x201C;</p>
          <p>Aus diesem Erlaß ersieht man übrigens auch, daß es immer noch ein Ministerium des königl. Hauses gibt, obgleich dessen Verwaltungsgegenstände nach den März andern Ministerien zugetheilt waren.</p>
          <p>Der hiesige Handelsverein <hi rendition="#g">Teutonia</hi> hatte die baroque Idee gehabt, auch Kandidaten für die bevorstehenden Kammerwahlen aufstellen zu wollen. Unter Andern hatte sich auch unsere Elberfelder Exzellenz v. d. <hi rendition="#g">Heydt</hi> vorschlagen lassen; er erhielt jedoch nur 6 Stimmen.</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>24</author></bibl> Wien, 2. Februar.</head>
          <p>Der k. k Scharfrichterknecht Welden hat wiederum eine &#x201E;Kundmachung&#x201C; erlassen, nach welcher die Entwaffnung in Wien, den Vorstädten und dem 2meiligen Umkreis noch immer nicht vollständig durchgeführt sein soll.</p>
          <p>&#x201E;Die Langmuth und Milde,&#x201C; heißt es darin, &#x201E;müssen endlich denn doch ihre Gränzen haben, und es muß nunmehr (!) dasjenige durch psychologischen (!! &#x2014; scharfrichterliche Psychologie!!) Zwang erreicht werden, was im gütlichen Wege nicht durchgeführt werden konnte.&#x201C; Hierauf folgt ein mit Mühe niedergedämpftes Toben, daß alle standrechtlichen und kriegsrechtlichen Behandlungen noch nicht gnnügt, die &#x201E;Verirrten&#x201C; zur Besinnung zu bringen. Leider ließen sich diese &#x201E;Verirrten&#x201C; noch immer von den Verführern bethören und seien von diesen der Hand der Gerechtigkeit, während sie selbst sich ihr zu entziehen gewußt, überliefert worden. Diese &#x201E;Verirrten&#x201C; hofften noch immer, &#x201E;auf dem Wege der Empörung den niedergedrückten Geist der Anarchie zu entfesseln und &#x2014; deßhalb suchen sie die in Händen habenden Waffen zu verheimlichen.&#x201C; Hierauf wird, als ein, wie-Figura-zeigt, zu &#x201E;Pulver und Blei&#x201C; begnadigter &#x201E;befugter&#x201C; Schneider (Vinzenz Wilhelm) zitirt, der wegen 24 Stück verheimlichter Waffen erschossen worden.</p>
          <p>Und wem giebt der k. k. Bandit, neben den obigen &#x201E;Führern dieser ruchlosen Parthei des Umsturzes&#x201C; die Hauptschuld? Man höre: &#x201E;dem Gemeinderath, den Grundgerichten in den Vorstädten und den Hauseigenthümern, die ihre Aufgabe und ihr Interesse nicht kennen, nicht begreifen.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Wenn der Gemeinderath,&#x201C; heißt es in weiterer Ausführung, &#x201E;wenn die Grundgerichte in dem ihrer Ueberwachung zugewiesenen Bezirke thätiger gewesen wären, somit unvermuthete Haus- und Wohnungsdurchsuchungen vorgenommen hätten, wenn die Hauseigenthümer sich um das, was in ihren Häusern vorgeht, mehr bekümmern würden, wenn alle diese Organe geneigter wären, in und miteinander zu wirken, um die öffentliche Verwaltung zu unterstützen, hätten die verborgenen Waffen und Munition längst schon an das Tageslicht kommen müssen, und diese Organe hätten durch ihr vermittelndes Einschreiten die öffentliche Verwaltung nicht in die unangenehme Lage gesetzt, selbst einschreiten, und die unausbleiblichen Folgen gegen jene verhängen zu müssen, bei denen das Widerstreben gegen die so oft ergangene warnende Stimme sich bethätigt fand. Es kann nur bedauert werden, wenn die durch das Familienband der Gemeinden berufenen Organe derselben, sich um das Wohl ihrer Mitbürger, aus deren freien Wahl sie hervorgegangen sind, nicht annehmen. Ich kann diese Sorglosigkeit nicht mehr mit demselben Gleichmuthe hinnehmen, ich darf und will sie nicht länger dulden, da ich mich für gewissenhaft verpflichtet halte, für das Wohl der hiesigen Bewohner, das mit sehr am Herzen liegt, zu sorgen.&#x201C;</p>
          <p>Zu welchem Mittel wird also gegriffen?</p>
          <p>Welden erklärt, daß er von nun an die im Belagerungsrayon gelegenen Gemeinden und deren Vorstände für die Nichtablieferung der Waffen und Munition verantwortlich macht: und zwar dergestalt, &#x201E;daß ich gegen jene Gemeinden, in deren Bezirke von der durch mich abzuordnenden gemischten Civil- und Militär-Kommission Waffen oder Munition vorgefunden werden sollten, eine Geldbuße von 1000 bis 20,000 Gulden C. M., nach der Lage der Umstände unnachsichtlich verhängen, nebstbei aber auch den an der Verheimlichung der Waffen und Munition Schuldtragenden standrechtlich behandeln lassen werde.&#x201C;</p>
          <p>Gleichwohl sprudelt noch ein Strahl aus dem Welden'schen Gnadenquell hervor. Es werden nochmals 48 Stunden Frist zur straflosen Ablieferung von Waffen und Munition eingeräumt.</p>
          <p>Am Ende der Kundmachung wird das &#x201E;Wehe&#x201C; detaillirt, das dann über die noch immer nicht Gehorchenden hereinbrechen wird.</p>
          <p>Diese &#x201E;Kundmachung&#x201C; ist datirt vom 31. Januar.</p>
          <p>Gleich hinter diesem trefflichen Aktenstück vom k. k. Schindanger folgen in der offiziellen &#x201E;Wiener Zeitung&#x201C; die Verurtheilungen von <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">11</hi></hi> <hi rendition="#g">Grenadieren</hi> des Bataillons v. Richter, die sich am 6. Oktober nebst vielen andern Soldaten auf Seite des Volkes schlugen. Ihr Urtheil lautet auf Hängen. Die Welden'sche Gnade hat aber das Hängen in respektive 10-, 8-, 3jährige etc. Schanzarbeit in schweren Eisen, bei dem Grenadier Auer auf <hi rendition="#g">zehnmaliges,</hi> bei <hi rendition="#g">Hütter</hi> auf <hi rendition="#g">viermaliges</hi> <hi rendition="#b">Gassenlaufen</hi> <hi rendition="#g">auf und ab durch dreihundert</hi> Mann, bei Schüssel und Obermüller auf 7<hi rendition="#g">maliges Gassenlaufen</hi> <hi rendition="#b">&#x201E;gemildert!&#x201C;</hi> </p>
          <p>Ferner:</p>
          <p><hi rendition="#g">Mathias Dehm,</hi> 60 Jahre alt, verheirathet, Real-Invaliden-Feldwebel, ist, weil er in einem Gasthause gegen die Staatsverwaltung mißliebige Aeußerungen gethan, die Verfügungen des Windischgrätz einer frechen Kritik unterzogen und sich auch gegen die Person des Windischgrätz Aeußerungen erlaubt hat: in Rücksicht auf seine körperlichen Gebrechen blos zu 3jähriger Schanzarbeit in Eisen;</p>
          <p>W. <hi rendition="#g">Büchler,</hi> 42 Jahre alt, verheirathet, wegen Verheimlichung von Waffen zur nämlichen Strafe;</p>
          <p>J. <hi rendition="#g">Fara</hi> und <hi rendition="#g">Thürgärtner</hi> zu 1jährigem schweren Kerker;</p>
          <p>E. <hi rendition="#g">Wahler,</hi> Kutscher, wegen Lästerungen gegen den östreichischen Dalai-Lama, die er im betrunkenen Zustande sich erlaubt, zu 10monatlichem Stockhaus-Arrest verurtheilt worden.</p>
          <p>Ferner:</p>
          <p>J. Hant (Gürtler), Goslar (Privatlehrer), F. Szerbowski (Daguerrotypist), Jarosiewicz (Maler), Olay (Studierender), Gürtler (Studierender) wurden wegen ihrer Betheiligung an den Oktober-Ereignissen zu resp. 5-, 2-, und 1jährigem schwerem Kerker verurtheilt.</p>
          <p>Das ist die Ausbeute, welche blos die heutige Nummer der &#x201E;Wiener Zeitung&#x201C; an Verurtheilungen liefert! Doch</p>
          <p>&#x201E;Es wird kommen der Tag, wo schreckliche Rach' Euch ereilet. Den Scharfrichtern in Wien und anderwärts, mögen sie Kronen tragen und von Gott, das heißt vom Teufel, gesalbt oder mögen sie höhere oder niedrigere Werkzeuge jener gottbegnadeten Höllenbrut sein: es wird ihnen bald ein Tanz aufgespielt werden, daß ganz Europa vor den Tönen solcher Volksfidel erzittern wird.</p>
          <p>Nur nicht Guillotine, nicht &#x201E;Pulver und Blei&#x201C; und dergleichen für solche Hyänen! sondern &#x201E;zehnmaliges Spießruthenlaufen durch 1000 Mann des neuen Proletarierheeres,&#x201C; bis jene Bestien im Angesichte des Volkes auf's Schnödeste verröcheln und bis ihnen mit dem Maaße ausgemessen worden, mit dem sie uns gemessen haben.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar215_014" type="jArticle">
          <head><bibl><author>068</author></bibl> Kremsier, 1. Februar.</head>
          <p>Die vom Reichstag in seiner Sitzung vom 29. Jan. angenommenen §.§. der &#x201E;Grundrechte&#x201C; lauten: §. 7 (jetzt §. 5):</p>
          <p>&#x201E;Das <hi rendition="#g">Hausrecht</hi> ist unverletzlich. Eine Durchsuchung der Wohnung und der Papiere, oder eine Beschlagnahme der letztern ist nur über richterliche Verordnung oder über Auftrag des Gemeindevorstandes in den gesetzlich bestimmten Fällen und Formen zulässig. Die Unverletzlichkeit des Hausrechts ist kein Hinderniß der Verhaftung eines auf frischer That Betretenen oder gerichtlich Verfolgten.&#x201C; &#x2014; Die §.§. 8 und 9 werden eben so beinahe ganz ohne Debatte angenommen. Bei dem ersteren macht Borrosch das zweite Minoritätsvotum zu seinem Antrag und erhält die Majorität. Der §. 8 lautet nun: &#x201E;Das Briefgeheimniß darf nicht verletzt und die Beschlagnahme von Briefen nur auf Grund eines richterlichen Befehls und nach den Bestimmungen des Gesetzes vorgenommen werden. Das Gesetz bezeichnet die Beamten, welche für die Verletzung des Geheimnisses der der Post anvertrauten Briefe verantwortlich sind.&#x201C; &#x2014; Der §. 9 lautet: &#x201E;Das Recht der Petition und der Sammlung von Unterschriften auf Petitionen ist unbeschränkt.&#x201C; &#x2014; Nachdem noch Ullepitsch gegen, Borrosch für den §. 10 gesprochen, wird die Sitzung geschlossen.</p>
          <p>In der gestrigen Sitzung nahm der Reichstag nachstehende Fassung des §. 10 (jetzt §. 8) an:</p>
          <p>&#x201E;Die Freizügigkeit der Person und des Vermögens innerhalb des Staatsgebiets unterliegt nur den in den Gemeindeordnungen enthaltenen Beschränkungen. Von Staatswegen wird die Freiheit der Auswanderung nicht beschränkt. Es darf, Fälle der Nothwendigkeit der Reciprocität ausgenommen, kein Abfahrtsgeld gefordert werden.&#x201C; Für den 1. d. ist Schuselka's Antrag in Betreff der sofortigen Abschaffung der Todesstrafe auf der Tagesordnung. &#x2014; Am Schlusse der gestrigen Reichstagssitzung verbreitete sich das Gerücht von <hi rendition="#g">Prorogirung des Reichstags</hi> bis 15. Mai.&#x201C;</p>
          <p>In der heutigen kam Schuselka's Dringlichkeitsantrag vor (demzufolge der Olmützer Dalai-Lama um sofortige Genehmigung zur Abschaffung der Todesstrafe und das Ministerium um Verhinderung jeder ferneren Hinrichtung angegangen werden sollte). Der Antrag wird abgelehnt.</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>068</author></bibl> Kremsier, 30. Jan.</head>
          <p>In der gestrigen Reichstagssitzung sprach sich Pitteri, während der §. 6 der &#x201E;Grundrechte&#x201C; fortberathen wurde, folgendermaßen aus:</p>
          <p>&#x201E;Meine Herren! Ich habe bereits die Ehre gehabt von dieser Vo[lk]stribüne zu verkünden, daß ich den Entwurf der Grundrechte für ausgezeichnet halte. Besonders ausgezeichnet sind ganz gewiß der § 1, der § 3 und der § 6, weil sie die Dogmen der Volkssouveränität, Menschengleichheit und die Unduldbarkeit der Menschenquälerei enthalten, und besonders weil der § 6 alle politischen Höllen und Calvarienberge abgeschafft wissen will. Ich hätte aber diesen Paragraph mit noch größerem Entzücken gelesen, wenn er noch überdies ausgesprochen hätte, daß nicht nur die Todesstrafe, sondern auch die Ketten- und die Kerkerstrafe abgeschafft werde. Denn was sind alle Strafen als Rachelust, Schadenfreude, Quälerei? Es haben sich allenthalben Vereine gebildet gegen Thierquälerei &#x2014; sollen wir Quälerei an den Menschen dulden, die im Ebenbilde Gottes geschaffen sind? Wer Jemanden aus böser Absicht an Ehre, Freiheit, Vermögen verletzt, muß dafür Genugthuung leisten. Kann er das nicht, so muß er so lange vom Staate zur Arbeit verhalten werden, bis er seine Schuld getilgt. Das ist das einzige gerechte Strafsystem. Alle andere Strafen sind nicht ihm, nicht andern etwas nutz, am wenigsten aber die Todesstrafe. In einem wohlgebildeten Staate sei nicht die Furcht Strafgrundlage, sondern die Sorge für das Staatswohl, sowohl das moralische als physische. Ich stelle daher folgenden Antrag: Der § 6 möge lauten: 1) Die Todesstrafe, die Kerkerstrafe, die Strafe der öffentlichen Arbeiten, Ausstellung, körperliche Züchtigung, Brandmarkung, bürgerlichen Todes und Vermögenseinziehung sind gänzlich und für immer abgeschafft. &#x2014; 2) Derjenige, der aus böser Absicht Jemanden Schaden an Körper, Ehre, Freiheit oder Vermögen zufügt, ist verurtheilt zu vollem Schadenersatz, oder wo dies nicht möglich, dem Verletzten den Schätzungswerth zu vergüten, indem der Beschädiger in einer vom Staate errichteten Arbeitsanstalt so lange zu arbeiten verpflichten ist, bis er durch die Produkte seiner Arbeit die Schuld abgetragen.&#x201C;</p>
          <p>Seine Anträge werden nicht unterstützt.</p>
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          <head>Posen, 1. Febr.</head>
          <p>Die Wahlbewegungen im Großherzogthum haben bis jetzt noch zu keiner Einigung unter den verschiedenen Parteien geführt. Entschieden schroff stehen sich die beiden nationalen Lager, das der Polen und das der Deutschen und Juden entgegen. Zwischen beiden in der Mitte hält die deutsche demokratische Partei, obgleich gering, aber geschlossen, rührig und zu Unterhandlungen geneigt; sie weiß es nämlich, daß ihr Hinüberneigen auf diese oder jene Seite, diesem oder jenem Lager das Uebergewicht verschaffen wird.</p>
          <p>So stehen die Wahlangelegenheiten, wenigstens in sehr vielen Bezirken der Provinz Posen. Durch geschickte Abzweigung der Wahlbezirke, so wie auch durch Ausübung der empörendsten Einflüsse der reaktionären Büreaukratie, ist es der letzteren gelungen, eine große Anzahl streng ministerieller und rückwirkender Wahlmänner durchzubringen, so daß zu befürchten steht, daß, wenn die Deutsch-Demokraten sich nicht mit den Polen vereinigen, wir etwa außer durch 15 linkssitzende polnische Deputirte nur durch eine reaktionäre Mehrzahl von Deutschen vertreten werden. Jedenfalls würde sich dann der hiesige Verwaltungsmechanismus eines Meisterstücks zu rühmen haben, wenn er bei einer Bevölkerung von 860,000 demokratisch gesinnter Polen und 400,000 momentan in der Spaltung begriffenen Deutschen eine ministerielle Mehrheit hervorbrächte. Wir hoffen indessen, die deutschen Demokraten im Großherzogthume werden sich nicht mit dem Vorwurfe belasten, um einiger nationaler Zwecke willen, deren Gefährdung nur ein pfiffiger Nothschrei der hiesigen Reaktionäre ist, die Freiheit verrathen zu haben.</p>
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          <p>Der hier zum Wahlmann gewählte Lieutenant Steffen reiste dieser Tage, da ihm der Urlaub verweigert wurde, ohne solchen nach Cöslin zu einer Wahlmännerversammlung und erhielt dafür nach seiner sofortigen Rückkehr sechs Tage Arrest, welcher so über den Wahltag hinausgeht. Der übliche Arrest würde im vorliegenden Falle nur 24 Stunden betragen, und die Vermuthung liegt nicht zu fern, daß man Hrn. Steffen's Theilnahme an der Wahl verhindern will.</p>
          <bibl>(Osts.-Z.)</bibl>
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          <head>Weimar, 29. Januar.</head>
          <p>Ein Theil der hier befindlichen Reichstruppen, die fürstlich Reußischen, brennet vor Kampfbegier. In Ermanglung von Dänen, die auf der Insel Alsen in ähnlicher Weise wirthschaften sollen, schlagen sie auf ihre Wirthe in Stadt und Land. In der großherzogl. Residenz fegen sie ein Bierhaus mit Säbelhieben, weil einige Gäste einen Tischler, Namens Hecker, mit dem &#x201E;Heckerliede&#x201C; neckten. Auf einem benachbarten Dorfe, Süßenborn, siegen sie in einer blutigen Schlägerei am 21. d. über die Bauern, schlagen einige todt, andere zu Krüppeln und demoliren das ganze Wirthshaus auf das Entsetzlichste.</p>
          <bibl>(A. Z.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar215_019" type="jArticle">
          <head>Frankfurt, 2. Februar.</head>
          <p>Die gegenwärtig hier erscheinende &#x201E;deutsche Zeitung&#x201C;, welche so emphatisch die spezifisch-preußischen Interessen in der deutschen Oberhauptsfrage verficht, ist bekanntlich vor geraumer Zeit von ihrem Gründer und ersten Verleger Fr. Daniel Bassermann für 18,000 Thlr. an die Weidmann'sche Buchhandlung in Leipzig (Reimer in Berlin) verkauft worden. Jedermann wunderte sich über diese Speculation eines Buchhändlers, der ein Blatt, das notorisch seinem bisherigen Eigenthümer in der letzten Zeit, weit entfernt ihm irgend Gewinn abzuwerfen, fortwährend bedeutende Kosten verursachte und dessen Abonnentenzahl von Tag zu Tag mehr zusammenschmolz, für eine namentlich in jetziger Zeit so bedeutende Summe an sich bringen mochte. Personen die in der Regel gut unterrichtet sind, haben uns neuerdings den Schlüssel zu diesem Räthsel gegeben; oder sollte es etwa unwahr sein, daß der deutsche Reichsunterstaatssekretär Bassermann seine deutsche Zeitung für 18000 Thlr. an die Krone Preußen verkaufte und der Buchhändler Reimer dabei nur den Zwischenhändler und Strohmann abgab? Es wäre interessant, hierüber aus authentischer Quelle Aufschluß zu erhalten.</p>
          <bibl>(M. Ab. Ztg.)</bibl>
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      <div n="1">
        <head>Ungarn.</head>
        <div xml:id="ar215_020" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Pesth, 29. Jan.</head>
          <p>Da man gezwungen war, einen Theil der hiesigen Truppen an die Theiß zu entsenden, um die dort siegreich auftretenden Magyaren im Schach zu halten und diese Verminderung der Truppen auffallen mußte: so wurde folgende Proklamation ersonnen, um den Leuten Sand in die Augen zu streuen, und die gehörige Portion Angst einzuflößen.</p>
          <p>&#x201E;Nachdem die Partei der Rebellen in ihrer Widersetzlichkeit gegen die rechtmäßige königliche Gewalt verharrend, neuerdings Feindseligkeiten gegen die an die Theiß vorgeschobenen k. k. Truppen verübt hat, und in der Richtung gegen Pesth vorzudringen Miene macht, so wird ein Theil der Ofner-Pesther Besatzungstruppen dem Feinde entgegengehen.</p>
          <p>Ich versehe mich, daß während die Armee für die Wiederherstellung des Friedens und der Gesetzlichkeit in diesem Lande ficht und zeitweise eine verminderte Garnison in Ofen und Pesth zurückbleibt, die Bevölkerung dieser Städte eine ruhige Haltung beobachten wird. Sollte sie jedoch böswilligen Aufreizungen der Rebellen-Partei Gehör geben, Zusammenrottungen veranlassen und feindliche Absichten gegen die k. k. Truppen oder die bestehenden gesetzlichen Regierungsbehörden in was immer für einer Weise an den Tag legen, so würde die Beschießung der Städte und sonstige strenge Maßregeln die unausbleibliche augenblickliche Folge solcher eben so frevelhafter als unnützer Versuche sein.</p>
          <p>Alle Inwohner dieser Städte, insonderheit aber die städtischen Behörden, die Hausbesitzer, Familienväter und Alle, die einen Einfluß auf Andere ausüben, mögen sich zum eigenen und allgemeinen Nutzen diese Warnung wohl zu Herzen nehmen. &#x2014; Ofen-Pesth den 26. Jänner 1848. &#x2014; Ladislaw Graf Wrbna m. p., Feldmarschall-Lieutenant und Kommandant des 2. Armeecorps.&#x201C;</p>
          <p>Gestern ward Szell, Major des zu den Magyaren übergegangenen Bataillons Prinz von Preußen, hierselbst erschossen.</p>
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        <head>Großbritannien.</head>
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          <head><bibl><author>068</author></bibl> London, 3. Februar.</head>
          <p>Der mit Californien durch längeren Aufenthalt daselbst wohlbekannte Irländer Roß Cox schreibt an ein Journal Folgendes:</p>
          <p>&#x201E;Ich bin jeder Auswanderung unserer Landsleute nach Californien stark entgegen. Befände sich das Land in einem geregelten Zustande, herrschte Gesetz und Ordnung: so könnten unsere Landsleute durch ihre Anstelligkeit, Mäßigkeit und Fleiß unzweifelhaft schnell ihre goldenen Träume verwirklichen. Allein grade das Gegentheil ist der Fall. Die Vereinigten Staaten haben erst kürzlich dies Gebiet erworben und das gibt keinen Schutz weder für Leben noch Eigenthum. Ich kenne den unruhigen, waghalsigen Charakter der amerikanischen &#x201E;Hinterwäldler&#x201C; und viele von ihnen haben sich nach dem Goldthale des Sakramento aufgemacht. Es sind sämmtlich wahre Teufelsschützen, und geht's nicht mit der Büchse, so greifen sie zu ihren &#x201E;Bowie&#x201C;-Messern, die gewöhnlich den Tod geben. Wer von unsern Inseln gleichwohl Lust tragen sollte, dahin zu gehen, der muß sich mit einer gezogenen Büchse, einem Paar Pistolen, Dolch und ein Paar &#x201E;Bowie&#x201C;-Messern bewaffnen. Sie sollten auch nur in Schaaren von 50-100 vorschreiten, sich einen Hauptmann und Unterhauptleute erwählen, gute Wache und Aufsicht halten, als Arten des Kampfes, zum Angriff wie zur Abwehr, namentlich aber mit der Büchse gut schießen lernen u. s. w. Solche kleine Gesellschaften können von Erfolg sein; was jedoch einzelne Abenteurer oder kleine isolirte Häuflein betrifft, die das Land nicht kennen und eben so wenig die dortige Art zu kämpfen und zu bestehlen: so sage ich unverholen, daß sie allermeist wie Hirsche und Prairie-Hühner werden todtgeschossen werden.&#x201C;</p>
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            <bibl>
              <author>*</author>
            </bibl>
          </head>
          <p> &#x2014; Im Gegensatz zu den ministeriellen Soirée's vor Eröffnung des Parlaments, hatte der Vollziehungsausschuß der Chartisten-Association auf Seiten des Volks ebenfalls eine Soirée (am 29. Januar) veranstaltet, nach deren Beendigung ein großes Meeting stattfand, bei welchem <hi rendition="#g">Stallwood</hi> den Vorsitz führte. Eine Menge Parlamentsmitglieder waren eingeladen worden, z. B.: J. Hume, Th. Wakley. Sharman Crawford, Ralph Osborne etc., die sich meistens schriftlich entschuldigten. Auch O'Connor war durch dringende Geschäfte an der Theilnahme verhindert. <hi rendition="#g">Duncombe</hi> wegen Krankheit abwesend. Der Vorsitzende bemerkte: &#x201E;da ein Theil der eingeladenen Parlaments-Mitglieder nicht zugegen sein kann, der andere nicht will: nun, so müssen wir schon ohne sie auskommen (Beifall). Sehen die reicheren Klassen, daß wir kompetent und unsere Arbeit zu thun entschlossen sind, dann werden sie uns schon ihren Beistand leihen. Er bringt ein Lebehoch aus: &#x201E;Das Volk, die Quelle aller politischen Macht!&#x201C; Inzwischen war Herr Lushington, Parlamentsmitglied für Westminster, kaum erschienen auch schon wieder fortgegangen. <hi rendition="#g">Thomas Clark</hi> bemerkt über ihn, wie mehrere andere der Eingeladenen vom Unterhause: &#x201E;Ihr plötzliches Weggehen oder völliges Nichterscheinen beweist blos ihren schlechten Geschmack und daß sie unfähig sind, gute Gesellschaft zu würdigen (beifälliges Gelächter) und keine Neigung haben, sich werthvolle Belehrung zu verschaffen, selbst wenn sie ihnen ganz billig dargeboten wird (Beifall und Lachen)&#x201C;. Er fährt dann fort: &#x201E;Ist der Grundsatz: &#x201E;das Volk ist die Quelle aller politischen Macht&#x201C; richtig &#x2014; und nur ein unvernünftiger oder um seine Vorrechte besorgter Mensch kann dies bestreiten: so folgt daraus, daß alle politische Macht, die nicht vom Volke ausgegangen und sanktionirt worden, eine illegitime und mithin unser Parlament ein Bastard-Parlament ist. Denn es ist nicht vom Volke ausgegangen, wie es doch der Fall sein müßte, wofern die von ihm fabrizirten Gesetze als bindend für die Nation zu betrachten sein sollen. Ich halte dafür, daß die nichtvertretenen Millionen dieses Landes keinerlei <hi rendition="#g">moralische Verpflichtung</hi> zur Beobachtung von Gesetzen haben, deren Ursprung auf dem gegenwärtigen Parlamente beruht.</p>
          <p>Der zweite Trinkspruch lautete: &#x201E;Auf die Emanzipation des Volkes von politischer Knechtschaft durch jene weisen, gerechten und gleichheitliche Prinzipien, die in der Volkscharter ausgesprochen sind!&#x201C; (Donnernder Beifall).</p>
          <p><hi rendition="#g">Julian Harney,</hi> den bei seinem Auftreten stürmischer Applaus
</p>
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</TEI>
[1180/0002] und welcher beschuldigt worden: er habe in den Novembertagen Personen zum Königsmorde aufgefordert, von seinem Gefängnißwärter ohne Weiteres angezeigt, er könne nach Hause gehen. Von irgend einem richterlichen Auspruch wurde ihm nichts mitgetheilt. Das nennt man Gerechtigkeitspflege in Preußen. An das Personal der hiesigen Königl. Schauspiele ist von der Generalintendantur folgender keines Commentars bedürfende Erlaß ergangen: „Nach dem Inhalte eines durch das Ministerium des königl. Hauses mitgetheilten Erlasses des königl. Hofmarschallamts sind seit dem 1. März v. J. vielfach Personen des königl. Hofdienstes verdächtigt worden, sich in republikanische Umtriebe und Verbindungen eingelassen, auch durch ungebührliche, respektwidrige Aeußerungen über Se. Majestät bekundet zu haben, daß sie diejenige Treue und pflichtschuldige Hingebung nicht hegen, welche für ihren König und Herrn mit Recht verlangt werden muß. Anonymen Verdächtigungen ist, wie sie es verdienen, nicht Glauben geschenkt worden. Geschehen aber solche Anzeigen auf zuverlässigem Wege, mit Angabe der Beweismittel, so sollen die betreffenden Individuen sofort, ohne Ansehn der Person und der Verhältnisse, zur Untersuchung gezogen und einstweilen vom Dienst suspendirt werden, um eventuell ihre Entlassung zu bewirken. Die General-Intendantur ist veranlaßt worden, allen den königlichen Schauspielen angehörigen Personen dies mit der Verwarnung bekannt zu machen, daß dieselbe vorkommenden Falles gleiches Verfahren eintreten lassen wird.“ Aus diesem Erlaß ersieht man übrigens auch, daß es immer noch ein Ministerium des königl. Hauses gibt, obgleich dessen Verwaltungsgegenstände nach den März andern Ministerien zugetheilt waren. Der hiesige Handelsverein Teutonia hatte die baroque Idee gehabt, auch Kandidaten für die bevorstehenden Kammerwahlen aufstellen zu wollen. Unter Andern hatte sich auch unsere Elberfelder Exzellenz v. d. Heydt vorschlagen lassen; er erhielt jedoch nur 6 Stimmen. 24 Wien, 2. Februar. Der k. k Scharfrichterknecht Welden hat wiederum eine „Kundmachung“ erlassen, nach welcher die Entwaffnung in Wien, den Vorstädten und dem 2meiligen Umkreis noch immer nicht vollständig durchgeführt sein soll. „Die Langmuth und Milde,“ heißt es darin, „müssen endlich denn doch ihre Gränzen haben, und es muß nunmehr (!) dasjenige durch psychologischen (!! — scharfrichterliche Psychologie!!) Zwang erreicht werden, was im gütlichen Wege nicht durchgeführt werden konnte.“ Hierauf folgt ein mit Mühe niedergedämpftes Toben, daß alle standrechtlichen und kriegsrechtlichen Behandlungen noch nicht gnnügt, die „Verirrten“ zur Besinnung zu bringen. Leider ließen sich diese „Verirrten“ noch immer von den Verführern bethören und seien von diesen der Hand der Gerechtigkeit, während sie selbst sich ihr zu entziehen gewußt, überliefert worden. Diese „Verirrten“ hofften noch immer, „auf dem Wege der Empörung den niedergedrückten Geist der Anarchie zu entfesseln und — deßhalb suchen sie die in Händen habenden Waffen zu verheimlichen.“ Hierauf wird, als ein, wie-Figura-zeigt, zu „Pulver und Blei“ begnadigter „befugter“ Schneider (Vinzenz Wilhelm) zitirt, der wegen 24 Stück verheimlichter Waffen erschossen worden. Und wem giebt der k. k. Bandit, neben den obigen „Führern dieser ruchlosen Parthei des Umsturzes“ die Hauptschuld? Man höre: „dem Gemeinderath, den Grundgerichten in den Vorstädten und den Hauseigenthümern, die ihre Aufgabe und ihr Interesse nicht kennen, nicht begreifen.“ „Wenn der Gemeinderath,“ heißt es in weiterer Ausführung, „wenn die Grundgerichte in dem ihrer Ueberwachung zugewiesenen Bezirke thätiger gewesen wären, somit unvermuthete Haus- und Wohnungsdurchsuchungen vorgenommen hätten, wenn die Hauseigenthümer sich um das, was in ihren Häusern vorgeht, mehr bekümmern würden, wenn alle diese Organe geneigter wären, in und miteinander zu wirken, um die öffentliche Verwaltung zu unterstützen, hätten die verborgenen Waffen und Munition längst schon an das Tageslicht kommen müssen, und diese Organe hätten durch ihr vermittelndes Einschreiten die öffentliche Verwaltung nicht in die unangenehme Lage gesetzt, selbst einschreiten, und die unausbleiblichen Folgen gegen jene verhängen zu müssen, bei denen das Widerstreben gegen die so oft ergangene warnende Stimme sich bethätigt fand. Es kann nur bedauert werden, wenn die durch das Familienband der Gemeinden berufenen Organe derselben, sich um das Wohl ihrer Mitbürger, aus deren freien Wahl sie hervorgegangen sind, nicht annehmen. Ich kann diese Sorglosigkeit nicht mehr mit demselben Gleichmuthe hinnehmen, ich darf und will sie nicht länger dulden, da ich mich für gewissenhaft verpflichtet halte, für das Wohl der hiesigen Bewohner, das mit sehr am Herzen liegt, zu sorgen.“ Zu welchem Mittel wird also gegriffen? Welden erklärt, daß er von nun an die im Belagerungsrayon gelegenen Gemeinden und deren Vorstände für die Nichtablieferung der Waffen und Munition verantwortlich macht: und zwar dergestalt, „daß ich gegen jene Gemeinden, in deren Bezirke von der durch mich abzuordnenden gemischten Civil- und Militär-Kommission Waffen oder Munition vorgefunden werden sollten, eine Geldbuße von 1000 bis 20,000 Gulden C. M., nach der Lage der Umstände unnachsichtlich verhängen, nebstbei aber auch den an der Verheimlichung der Waffen und Munition Schuldtragenden standrechtlich behandeln lassen werde.“ Gleichwohl sprudelt noch ein Strahl aus dem Welden'schen Gnadenquell hervor. Es werden nochmals 48 Stunden Frist zur straflosen Ablieferung von Waffen und Munition eingeräumt. Am Ende der Kundmachung wird das „Wehe“ detaillirt, das dann über die noch immer nicht Gehorchenden hereinbrechen wird. Diese „Kundmachung“ ist datirt vom 31. Januar. Gleich hinter diesem trefflichen Aktenstück vom k. k. Schindanger folgen in der offiziellen „Wiener Zeitung“ die Verurtheilungen von 11 Grenadieren des Bataillons v. Richter, die sich am 6. Oktober nebst vielen andern Soldaten auf Seite des Volkes schlugen. Ihr Urtheil lautet auf Hängen. Die Welden'sche Gnade hat aber das Hängen in respektive 10-, 8-, 3jährige etc. Schanzarbeit in schweren Eisen, bei dem Grenadier Auer auf zehnmaliges, bei Hütter auf viermaliges Gassenlaufen auf und ab durch dreihundert Mann, bei Schüssel und Obermüller auf 7maliges Gassenlaufen „gemildert!“ Ferner: Mathias Dehm, 60 Jahre alt, verheirathet, Real-Invaliden-Feldwebel, ist, weil er in einem Gasthause gegen die Staatsverwaltung mißliebige Aeußerungen gethan, die Verfügungen des Windischgrätz einer frechen Kritik unterzogen und sich auch gegen die Person des Windischgrätz Aeußerungen erlaubt hat: in Rücksicht auf seine körperlichen Gebrechen blos zu 3jähriger Schanzarbeit in Eisen; W. Büchler, 42 Jahre alt, verheirathet, wegen Verheimlichung von Waffen zur nämlichen Strafe; J. Fara und Thürgärtner zu 1jährigem schweren Kerker; E. Wahler, Kutscher, wegen Lästerungen gegen den östreichischen Dalai-Lama, die er im betrunkenen Zustande sich erlaubt, zu 10monatlichem Stockhaus-Arrest verurtheilt worden. Ferner: J. Hant (Gürtler), Goslar (Privatlehrer), F. Szerbowski (Daguerrotypist), Jarosiewicz (Maler), Olay (Studierender), Gürtler (Studierender) wurden wegen ihrer Betheiligung an den Oktober-Ereignissen zu resp. 5-, 2-, und 1jährigem schwerem Kerker verurtheilt. Das ist die Ausbeute, welche blos die heutige Nummer der „Wiener Zeitung“ an Verurtheilungen liefert! Doch „Es wird kommen der Tag, wo schreckliche Rach' Euch ereilet. Den Scharfrichtern in Wien und anderwärts, mögen sie Kronen tragen und von Gott, das heißt vom Teufel, gesalbt oder mögen sie höhere oder niedrigere Werkzeuge jener gottbegnadeten Höllenbrut sein: es wird ihnen bald ein Tanz aufgespielt werden, daß ganz Europa vor den Tönen solcher Volksfidel erzittern wird. Nur nicht Guillotine, nicht „Pulver und Blei“ und dergleichen für solche Hyänen! sondern „zehnmaliges Spießruthenlaufen durch 1000 Mann des neuen Proletarierheeres,“ bis jene Bestien im Angesichte des Volkes auf's Schnödeste verröcheln und bis ihnen mit dem Maaße ausgemessen worden, mit dem sie uns gemessen haben. 068 Kremsier, 1. Februar. Die vom Reichstag in seiner Sitzung vom 29. Jan. angenommenen §.§. der „Grundrechte“ lauten: §. 7 (jetzt §. 5): „Das Hausrecht ist unverletzlich. Eine Durchsuchung der Wohnung und der Papiere, oder eine Beschlagnahme der letztern ist nur über richterliche Verordnung oder über Auftrag des Gemeindevorstandes in den gesetzlich bestimmten Fällen und Formen zulässig. Die Unverletzlichkeit des Hausrechts ist kein Hinderniß der Verhaftung eines auf frischer That Betretenen oder gerichtlich Verfolgten.“ — Die §.§. 8 und 9 werden eben so beinahe ganz ohne Debatte angenommen. Bei dem ersteren macht Borrosch das zweite Minoritätsvotum zu seinem Antrag und erhält die Majorität. Der §. 8 lautet nun: „Das Briefgeheimniß darf nicht verletzt und die Beschlagnahme von Briefen nur auf Grund eines richterlichen Befehls und nach den Bestimmungen des Gesetzes vorgenommen werden. Das Gesetz bezeichnet die Beamten, welche für die Verletzung des Geheimnisses der der Post anvertrauten Briefe verantwortlich sind.“ — Der §. 9 lautet: „Das Recht der Petition und der Sammlung von Unterschriften auf Petitionen ist unbeschränkt.“ — Nachdem noch Ullepitsch gegen, Borrosch für den §. 10 gesprochen, wird die Sitzung geschlossen. In der gestrigen Sitzung nahm der Reichstag nachstehende Fassung des §. 10 (jetzt §. 8) an: „Die Freizügigkeit der Person und des Vermögens innerhalb des Staatsgebiets unterliegt nur den in den Gemeindeordnungen enthaltenen Beschränkungen. Von Staatswegen wird die Freiheit der Auswanderung nicht beschränkt. Es darf, Fälle der Nothwendigkeit der Reciprocität ausgenommen, kein Abfahrtsgeld gefordert werden.“ Für den 1. d. ist Schuselka's Antrag in Betreff der sofortigen Abschaffung der Todesstrafe auf der Tagesordnung. — Am Schlusse der gestrigen Reichstagssitzung verbreitete sich das Gerücht von Prorogirung des Reichstags bis 15. Mai.“ In der heutigen kam Schuselka's Dringlichkeitsantrag vor (demzufolge der Olmützer Dalai-Lama um sofortige Genehmigung zur Abschaffung der Todesstrafe und das Ministerium um Verhinderung jeder ferneren Hinrichtung angegangen werden sollte). Der Antrag wird abgelehnt. 068 Kremsier, 30. Jan. In der gestrigen Reichstagssitzung sprach sich Pitteri, während der §. 6 der „Grundrechte“ fortberathen wurde, folgendermaßen aus: „Meine Herren! Ich habe bereits die Ehre gehabt von dieser Vo[lk]stribüne zu verkünden, daß ich den Entwurf der Grundrechte für ausgezeichnet halte. Besonders ausgezeichnet sind ganz gewiß der § 1, der § 3 und der § 6, weil sie die Dogmen der Volkssouveränität, Menschengleichheit und die Unduldbarkeit der Menschenquälerei enthalten, und besonders weil der § 6 alle politischen Höllen und Calvarienberge abgeschafft wissen will. Ich hätte aber diesen Paragraph mit noch größerem Entzücken gelesen, wenn er noch überdies ausgesprochen hätte, daß nicht nur die Todesstrafe, sondern auch die Ketten- und die Kerkerstrafe abgeschafft werde. Denn was sind alle Strafen als Rachelust, Schadenfreude, Quälerei? Es haben sich allenthalben Vereine gebildet gegen Thierquälerei — sollen wir Quälerei an den Menschen dulden, die im Ebenbilde Gottes geschaffen sind? Wer Jemanden aus böser Absicht an Ehre, Freiheit, Vermögen verletzt, muß dafür Genugthuung leisten. Kann er das nicht, so muß er so lange vom Staate zur Arbeit verhalten werden, bis er seine Schuld getilgt. Das ist das einzige gerechte Strafsystem. Alle andere Strafen sind nicht ihm, nicht andern etwas nutz, am wenigsten aber die Todesstrafe. In einem wohlgebildeten Staate sei nicht die Furcht Strafgrundlage, sondern die Sorge für das Staatswohl, sowohl das moralische als physische. Ich stelle daher folgenden Antrag: Der § 6 möge lauten: 1) Die Todesstrafe, die Kerkerstrafe, die Strafe der öffentlichen Arbeiten, Ausstellung, körperliche Züchtigung, Brandmarkung, bürgerlichen Todes und Vermögenseinziehung sind gänzlich und für immer abgeschafft. — 2) Derjenige, der aus böser Absicht Jemanden Schaden an Körper, Ehre, Freiheit oder Vermögen zufügt, ist verurtheilt zu vollem Schadenersatz, oder wo dies nicht möglich, dem Verletzten den Schätzungswerth zu vergüten, indem der Beschädiger in einer vom Staate errichteten Arbeitsanstalt so lange zu arbeiten verpflichten ist, bis er durch die Produkte seiner Arbeit die Schuld abgetragen.“ Seine Anträge werden nicht unterstützt. Posen, 1. Febr. Die Wahlbewegungen im Großherzogthum haben bis jetzt noch zu keiner Einigung unter den verschiedenen Parteien geführt. Entschieden schroff stehen sich die beiden nationalen Lager, das der Polen und das der Deutschen und Juden entgegen. Zwischen beiden in der Mitte hält die deutsche demokratische Partei, obgleich gering, aber geschlossen, rührig und zu Unterhandlungen geneigt; sie weiß es nämlich, daß ihr Hinüberneigen auf diese oder jene Seite, diesem oder jenem Lager das Uebergewicht verschaffen wird. So stehen die Wahlangelegenheiten, wenigstens in sehr vielen Bezirken der Provinz Posen. Durch geschickte Abzweigung der Wahlbezirke, so wie auch durch Ausübung der empörendsten Einflüsse der reaktionären Büreaukratie, ist es der letzteren gelungen, eine große Anzahl streng ministerieller und rückwirkender Wahlmänner durchzubringen, so daß zu befürchten steht, daß, wenn die Deutsch-Demokraten sich nicht mit den Polen vereinigen, wir etwa außer durch 15 linkssitzende polnische Deputirte nur durch eine reaktionäre Mehrzahl von Deutschen vertreten werden. Jedenfalls würde sich dann der hiesige Verwaltungsmechanismus eines Meisterstücks zu rühmen haben, wenn er bei einer Bevölkerung von 860,000 demokratisch gesinnter Polen und 400,000 momentan in der Spaltung begriffenen Deutschen eine ministerielle Mehrheit hervorbrächte. Wir hoffen indessen, die deutschen Demokraten im Großherzogthume werden sich nicht mit dem Vorwurfe belasten, um einiger nationaler Zwecke willen, deren Gefährdung nur ein pfiffiger Nothschrei der hiesigen Reaktionäre ist, die Freiheit verrathen zu haben. (Osts.-Z.) Colberg, 1. Febr. Der hier zum Wahlmann gewählte Lieutenant Steffen reiste dieser Tage, da ihm der Urlaub verweigert wurde, ohne solchen nach Cöslin zu einer Wahlmännerversammlung und erhielt dafür nach seiner sofortigen Rückkehr sechs Tage Arrest, welcher so über den Wahltag hinausgeht. Der übliche Arrest würde im vorliegenden Falle nur 24 Stunden betragen, und die Vermuthung liegt nicht zu fern, daß man Hrn. Steffen's Theilnahme an der Wahl verhindern will. (Osts.-Z.) Weimar, 29. Januar. Ein Theil der hier befindlichen Reichstruppen, die fürstlich Reußischen, brennet vor Kampfbegier. In Ermanglung von Dänen, die auf der Insel Alsen in ähnlicher Weise wirthschaften sollen, schlagen sie auf ihre Wirthe in Stadt und Land. In der großherzogl. Residenz fegen sie ein Bierhaus mit Säbelhieben, weil einige Gäste einen Tischler, Namens Hecker, mit dem „Heckerliede“ neckten. Auf einem benachbarten Dorfe, Süßenborn, siegen sie in einer blutigen Schlägerei am 21. d. über die Bauern, schlagen einige todt, andere zu Krüppeln und demoliren das ganze Wirthshaus auf das Entsetzlichste. (A. Z.) Frankfurt, 2. Februar. Die gegenwärtig hier erscheinende „deutsche Zeitung“, welche so emphatisch die spezifisch-preußischen Interessen in der deutschen Oberhauptsfrage verficht, ist bekanntlich vor geraumer Zeit von ihrem Gründer und ersten Verleger Fr. Daniel Bassermann für 18,000 Thlr. an die Weidmann'sche Buchhandlung in Leipzig (Reimer in Berlin) verkauft worden. Jedermann wunderte sich über diese Speculation eines Buchhändlers, der ein Blatt, das notorisch seinem bisherigen Eigenthümer in der letzten Zeit, weit entfernt ihm irgend Gewinn abzuwerfen, fortwährend bedeutende Kosten verursachte und dessen Abonnentenzahl von Tag zu Tag mehr zusammenschmolz, für eine namentlich in jetziger Zeit so bedeutende Summe an sich bringen mochte. Personen die in der Regel gut unterrichtet sind, haben uns neuerdings den Schlüssel zu diesem Räthsel gegeben; oder sollte es etwa unwahr sein, daß der deutsche Reichsunterstaatssekretär Bassermann seine deutsche Zeitung für 18000 Thlr. an die Krone Preußen verkaufte und der Buchhändler Reimer dabei nur den Zwischenhändler und Strohmann abgab? Es wäre interessant, hierüber aus authentischer Quelle Aufschluß zu erhalten. (M. Ab. Ztg.) Ungarn. * Pesth, 29. Jan. Da man gezwungen war, einen Theil der hiesigen Truppen an die Theiß zu entsenden, um die dort siegreich auftretenden Magyaren im Schach zu halten und diese Verminderung der Truppen auffallen mußte: so wurde folgende Proklamation ersonnen, um den Leuten Sand in die Augen zu streuen, und die gehörige Portion Angst einzuflößen. „Nachdem die Partei der Rebellen in ihrer Widersetzlichkeit gegen die rechtmäßige königliche Gewalt verharrend, neuerdings Feindseligkeiten gegen die an die Theiß vorgeschobenen k. k. Truppen verübt hat, und in der Richtung gegen Pesth vorzudringen Miene macht, so wird ein Theil der Ofner-Pesther Besatzungstruppen dem Feinde entgegengehen. Ich versehe mich, daß während die Armee für die Wiederherstellung des Friedens und der Gesetzlichkeit in diesem Lande ficht und zeitweise eine verminderte Garnison in Ofen und Pesth zurückbleibt, die Bevölkerung dieser Städte eine ruhige Haltung beobachten wird. Sollte sie jedoch böswilligen Aufreizungen der Rebellen-Partei Gehör geben, Zusammenrottungen veranlassen und feindliche Absichten gegen die k. k. Truppen oder die bestehenden gesetzlichen Regierungsbehörden in was immer für einer Weise an den Tag legen, so würde die Beschießung der Städte und sonstige strenge Maßregeln die unausbleibliche augenblickliche Folge solcher eben so frevelhafter als unnützer Versuche sein. Alle Inwohner dieser Städte, insonderheit aber die städtischen Behörden, die Hausbesitzer, Familienväter und Alle, die einen Einfluß auf Andere ausüben, mögen sich zum eigenen und allgemeinen Nutzen diese Warnung wohl zu Herzen nehmen. — Ofen-Pesth den 26. Jänner 1848. — Ladislaw Graf Wrbna m. p., Feldmarschall-Lieutenant und Kommandant des 2. Armeecorps.“ Gestern ward Szell, Major des zu den Magyaren übergegangenen Bataillons Prinz von Preußen, hierselbst erschossen. Großbritannien. 068 London, 3. Februar. Der mit Californien durch längeren Aufenthalt daselbst wohlbekannte Irländer Roß Cox schreibt an ein Journal Folgendes: „Ich bin jeder Auswanderung unserer Landsleute nach Californien stark entgegen. Befände sich das Land in einem geregelten Zustande, herrschte Gesetz und Ordnung: so könnten unsere Landsleute durch ihre Anstelligkeit, Mäßigkeit und Fleiß unzweifelhaft schnell ihre goldenen Träume verwirklichen. Allein grade das Gegentheil ist der Fall. Die Vereinigten Staaten haben erst kürzlich dies Gebiet erworben und das gibt keinen Schutz weder für Leben noch Eigenthum. Ich kenne den unruhigen, waghalsigen Charakter der amerikanischen „Hinterwäldler“ und viele von ihnen haben sich nach dem Goldthale des Sakramento aufgemacht. Es sind sämmtlich wahre Teufelsschützen, und geht's nicht mit der Büchse, so greifen sie zu ihren „Bowie“-Messern, die gewöhnlich den Tod geben. Wer von unsern Inseln gleichwohl Lust tragen sollte, dahin zu gehen, der muß sich mit einer gezogenen Büchse, einem Paar Pistolen, Dolch und ein Paar „Bowie“-Messern bewaffnen. Sie sollten auch nur in Schaaren von 50-100 vorschreiten, sich einen Hauptmann und Unterhauptleute erwählen, gute Wache und Aufsicht halten, als Arten des Kampfes, zum Angriff wie zur Abwehr, namentlich aber mit der Büchse gut schießen lernen u. s. w. Solche kleine Gesellschaften können von Erfolg sein; was jedoch einzelne Abenteurer oder kleine isolirte Häuflein betrifft, die das Land nicht kennen und eben so wenig die dortige Art zu kämpfen und zu bestehlen: so sage ich unverholen, daß sie allermeist wie Hirsche und Prairie-Hühner werden todtgeschossen werden.“ * — Im Gegensatz zu den ministeriellen Soirée's vor Eröffnung des Parlaments, hatte der Vollziehungsausschuß der Chartisten-Association auf Seiten des Volks ebenfalls eine Soirée (am 29. Januar) veranstaltet, nach deren Beendigung ein großes Meeting stattfand, bei welchem Stallwood den Vorsitz führte. Eine Menge Parlamentsmitglieder waren eingeladen worden, z. B.: J. Hume, Th. Wakley. Sharman Crawford, Ralph Osborne etc., die sich meistens schriftlich entschuldigten. Auch O'Connor war durch dringende Geschäfte an der Theilnahme verhindert. Duncombe wegen Krankheit abwesend. Der Vorsitzende bemerkte: „da ein Theil der eingeladenen Parlaments-Mitglieder nicht zugegen sein kann, der andere nicht will: nun, so müssen wir schon ohne sie auskommen (Beifall). Sehen die reicheren Klassen, daß wir kompetent und unsere Arbeit zu thun entschlossen sind, dann werden sie uns schon ihren Beistand leihen. Er bringt ein Lebehoch aus: „Das Volk, die Quelle aller politischen Macht!“ Inzwischen war Herr Lushington, Parlamentsmitglied für Westminster, kaum erschienen auch schon wieder fortgegangen. Thomas Clark bemerkt über ihn, wie mehrere andere der Eingeladenen vom Unterhause: „Ihr plötzliches Weggehen oder völliges Nichterscheinen beweist blos ihren schlechten Geschmack und daß sie unfähig sind, gute Gesellschaft zu würdigen (beifälliges Gelächter) und keine Neigung haben, sich werthvolle Belehrung zu verschaffen, selbst wenn sie ihnen ganz billig dargeboten wird (Beifall und Lachen)“. Er fährt dann fort: „Ist der Grundsatz: „das Volk ist die Quelle aller politischen Macht“ richtig — und nur ein unvernünftiger oder um seine Vorrechte besorgter Mensch kann dies bestreiten: so folgt daraus, daß alle politische Macht, die nicht vom Volke ausgegangen und sanktionirt worden, eine illegitime und mithin unser Parlament ein Bastard-Parlament ist. Denn es ist nicht vom Volke ausgegangen, wie es doch der Fall sein müßte, wofern die von ihm fabrizirten Gesetze als bindend für die Nation zu betrachten sein sollen. Ich halte dafür, daß die nichtvertretenen Millionen dieses Landes keinerlei moralische Verpflichtung zur Beobachtung von Gesetzen haben, deren Ursprung auf dem gegenwärtigen Parlamente beruht. Der zweite Trinkspruch lautete: „Auf die Emanzipation des Volkes von politischer Knechtschaft durch jene weisen, gerechten und gleichheitliche Prinzipien, die in der Volkscharter ausgesprochen sind!“ (Donnernder Beifall). Julian Harney, den bei seinem Auftreten stürmischer Applaus

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

Weitere Informationen:

Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 215. Köln, 7. Februar 1849, S. 1180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz215_1849/2>, abgerufen am 18.04.2024.