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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 211. Köln, 2. Februar 1849.

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Gesicht bourbonisch, Gesichtsfarbe gesund und roth; Anlagen zum Bauche; Bart wenig, kleiner blonder Schnurrbart.

Der Prinz wird von seiner Umgebung mit Majestät angeredet, und als Majestät behandelt. Jeden Morgen geht er in die Messe, welche in der Schloßkapelle vom Abbe Trebuquet gelesen wird. Nach der Messe geht er auf die Jagd bis 12 Uhr, wo gefrühstückt wird. Nach dem Frühstück Lektüre der französischen Journale und Briefe aus Paris; das dauert bis zum Diner. Abends wird Whist gespielt.

Hr. v. Barante leitete die Erziehung des Herzogs v. Bordeaux bis zum Jahre 1830. Nach der Julirevolution wurde diese anfänglich dem Hrn. v. Blacas und dann dem Hrn. v. Levi anvertraut. Letzterer ist ein alter, eingerosteter Gentilhomme. Der Abbe Trebuquet, Vendeer und in dem Vendeer Aufstand von 1832 kompromittirt, Kreatur der Herzogin v. Berry, hat die Seelsorge des Herzogs v. Bordeaux zu leiten. Als eingefleischter Jesuit hat der Abbe seinem Zöglinge die größte Antipathie gegen Alles Moderne einzuimpfen gewußt. Der Prinz mit seinen Ideen paßt weit eher in ein Kloster des 15. Jahrhunderts, als in unsere moderner Gesellschaft. Alles trägt an dem Hofe von Frohnsdorf das Gepräge der Vergangenheit: die Etiquette bis in ihren geringfügigsten Details wird auf's strengste beobachtet, ganz wie am Hofe Karls des Zehnten.

Familienverhältnisse. Die Herzogin v. Berry, die Mutter des Herzogs, hat jetzt bereits vier andere Kinder von dem Grafen Luchezi; sie ist sehr stark beleibt und lebt im Schlosse von Brunvie, sechs Meilen von Gratz. Der Herzog kann es seiner Mutter nicht verzeihen, daß sie ihm einen Bruder in der Vendee gegeben hat; sie unterhält mit dem Herzog einen rein politischen Briefwechsel.

Die Herzogin v. Angouleme, die sehr fromm ist, nährt in dem Prinzen die eben nicht liebevolle Gesinnung gegen seine Mutter.

Die Frau des Herzogs v. Bordeaux ist zwei Jahre älter als er; sie hat also über 30 Jahre; ist groß, mager, dürr, häßlich, zänkisch und ihren Mann beherrschend. Sie ist übrigens sehr gebildet und fein in ihrem Benehmen, sogar etwas gelehrt. An diesem Puppenhofe gibt es eine Camarilla, die sich um die Herzogin und nicht um den Herzog gruppirt. Des Letztern vollkommene Nullität weiß Jeder gehörig zu würdigen.

Der Prinz hat 500,000 Fr. jährliche Rente, die ihm Karl X. vermacht hat; bei dem Tode seiner Tante, der Herzogin v. Angouleme, wird er noch 300,000 Fr. erben.

Umgebung des Prinzen: Der Herzog von Levi, ein alter Mann, der 400,000 Fr. Renten zu verzehren hat, lebt am Hofe des Herzogs, nach strenger alter Etiquette, und dies einzig und allein, um den Prinzen zu überwachen und zu beherrschen. Niemand kann zum Prinzen vordringen, ohne erst bei dem Herrn von Levi angemeldet zu werden. Außer dem Herrn von Levi sehen wir noch am Hofe und in der nächsten Umgebung des Prinzen den alten Minister von Montbel, der unter Karl X. die Ordonnanzen mit unterzeichnet hat. Herr von Montbel ist ein Mann von Geist, der anfänglich beabsichtigte, der Erziehung des Prinzen eine freisinnigere Form zu geben; aber selbst schwach, ohne Vermögen und Einfluß, sah er sich genöthigt, seine guten Absichten dem Herrn von Levi zum Opfer zu bringen. Er hat sich kürzlich zum dritten Male verheirathet und hat eine zahlreiche Familie.

Von Nicolai, Schwiegersohn des Herrn von Levi, von Blancar und seine Frau, von Menti und d'Oguerty bilden am Hofe von Frohnsdorff die Partei, welche, in Uebereinstimmung mit der Herzogin von Berry, eine Restauration mittelst der Waffen will. -- Der Herzog von Levi hält den Prinzen in beständiger Vormundschaft, und der Abbe Trebuquet beherrscht ihn ausschließlich. -- Der Herzog von Bordeaux hat jetzt schon die näschige Gefräßigkeit Karls X. -- Das Personal des Hofes besteht aus 25 Dienern.

Seit den neuen Ereignissen fängt der Hof von Frohnsdorff wieder an, aufzuleben. Den ganzen Tag beschäftigt man sich damit, die Ministerstellen und Präfektenplätze zu vertheilen.

Paris, 30. Jan.

Paris ist vollkommen ruhig. Der gesammte militärische Troß, mittelst welchem man die demokratische Partei in die Pfanne zu hauen gedachte, ist wieder verschwunden: Paris hat seine gewöhnliche Physiognomie an diesen Morgen. Wir können den 29. Januar mit vollem Recht nennen la journee des dupes, und die Dupirten sind die Contrerevolutionäre.

-- Die Nationalversammlung endigte gestern Abend so spät, daß wir das Resultat nicht mittheilen konnten.

Der Namensruf mit Kugelabstimmung konstatirte die Theilnahme von 821 Gliedern, von denen 405 für die Grevyschen Conclusionen d. h. unbedingte Verwerfung aller Auflösungsanträge stimmten, aber 416 dagegen.

Das Journal des Debats sagt zu diesem Votum:

"Die Ausschuß-Konklusionen sind mit einer Majorität von 11 Stimmen verworfen worden. Aber das bezeichnet noch nicht, daß die Rateausche Proposition angenommen wäre. Wir glauben selbst, um aufrichtig zu sprechen, daß sie verworfen worden wäre, wenn sie ganz allein stände. Das Votum bezeichnet also nur, daß sich über die drei andern Propositionen, sowie über die Amendements, die dazu gestellt werden dürften, eine zweite Deliberation eröffnen werde. Die Kammer hat nur die unbedingten und schneidenden Conklusionen des Rapports verworfen; sie behält sich eine neue Prüfung vor.

Ihr Votum hat keine andere Bedeutung. Indessen ist es ein Beweis (und wir sind glücklich, ihn hervorzuheben), daß die Kammer, wie wir dessen überhaupt sicher waren, keineswegs daran denke, sich auf die Bahn unbegränzter Diktatur zu werfen. Die Kammer hat durch ihr Votum dem Lande zeigen wollen, daß sie geneigt sei, ihrem Mandate selbst eine Grenze zu setzen."

Der Jubel der übrigen konservativen Blätter ist bei weitem mäßiger, als es sich nach einem so aufgeregten Tage voraussetzen ließe. Ihre Freude (selbst die Schmeichelei des Constitutionnel) ist erkünstelt und macht sich in allerlei schwülstigen Phrasen Luft, die eine heimliche Ueberzeugung naher Niederlage verrathen.

-- Als gestern Abend 8 1/2 Uhr Marrast das Stimmenresultat verkündete, klatschten viele Deputirte der Rechten in die Hände. Die äußerste Linke rief ihnen zu: Nieder mit den Royalisten! Eine Stimme von der Journalistenbühne ergänzte: C'est la Convention!

-- Als Andenken an den unsterblichen 29. Jan. mag folgende Proklamation des Barrotkabinets hier einen Platz finden, mit der dasselbe gestern Abend sich vor der Pariser Bürgerschaft wegen des Militärspektakels zu rechtfertigen suchte:

Proklamation des Ministers des Innern.

Bürger von Paris! Wir haben die Bürgerwehr unter die Waffen gerufen. Dies geschah zur Vertheidigung der gesellschaftlichen Ordnung, welche noch einmal von denselben Feinden bedroht war, die sie in den Junitagen angriffen. Die Pläne dieser Menschen haben sich noch nicht geändert. Was sie wollen, das ist: zu jedem Preise die Etablirung einer geregelten und honetten Regierung zu hindern. Was sie bedürfen, das ist: fortwährende Agitation, Anarchie, Zerstörung des Eigenthums, Umsturz aller Prinzipien. Den Despotismus der Minoritäten hoffen sie zu gründen, indem sie wie ein Privilegium das gemeinschaftliche Eigenthum, den heiligen Namen der Republik usurpiren. Um die Widerspenstigkeit gegen die Gesetze zu färben, sagen sie, daß wir die Verfassung verletzt haben und daß wir die republikanische Regierung zerstören wollen. Das ist eine verächtliche Verläumdung. Die Republik hat keine festere Stützen als diejenigen, welche sie gegen die ultrarevolutionären Exzesse zu bewahren suchen, mit denen man diese Regierungsform nur zu sehr verwechselte. Was die Verfassung betrifft, so hat der Herr Präsident der Republik geschworen, sie zu respektiren und respektiren zu lassen: er wird seinen Schwur halten. Seine Minister haben eine Vergangenheit, welche Niemanden das Recht gibt, ihre Intentionen zu verdächtigen und sie können keine größere Probe ihrer Anhänglichkeit an die republikanischen Staatseinrichtungen geben, als die Energie, mit welcher sie entschlossen sind, jede Ruhestörung zu unterdrücken, von welcher Proportion sie auch immer sein möge.

Bewohner von Paris, es genügt nicht, daß die Gesellschaft stark sei; sie muß auch ihre Stärke zeigen. Ruhe und Sicherheit sind zu diesem Preise. Mögen darum alle guten Bürger die Regierung in Unterdrückung der Unordnungen unterstützen, welche auf öffentlichem Platze entstehen könnte. Die Republik, die Gesellschaft selbst, die ewigen Grundlagen der Regierungsgewalt sind es, welche die Perturbatoren in Frage stellen. Der Sieg der Ordnung muß entscheidend und unwiderruflich sein. Möge also Jeder seine Pflicht thuen; die Regierung wird die ihrige nicht versäumen.

Paris, den 29. Januar 1849.

Der Minister des Innern. (gez.) Leon Faucher

Auf diese (offenbar schon am 28. Jan. verfaßte und gänzlich fehlgeschlagene Proklamation des Hrn. Ministers) bringt die Ledru Rollinsche Revolution eine sprühende Erwiderung, worin sie den Hrn. Leon Faucher und "die übrigen Malthusianer" der Lüge und Verläumdung zeiht, wofür sie ihr vor der Nat.-Versammlung bald Rechenschaft stehen müssen. Wahrscheinlich lassen die Malthusianer diese Nummer wegnehmen.

-- "Peuple" erläßt an der Spitze seiner Nummer eine Proklamation an die Republikaner, worin es ihnen für die edele Haltung am gestrigen Tage dankt. "Künftig ist der Bürgerkrieg unmöglich. Ihr sahet ein, daß Ihr, wenn Ihr losgeschlagen hättet, nur der Reaktion in die Hände gearbeitet haben würdet. Das Volk marschire stets mit seinen Vertretern Hand in Hand und es wird Alles durchsetzen. Neulich zählte die Demokratie nur 288, heute zählt sie schon 405.... Verlasset nicht wieder Euere Werkstätten, bis wir Euch rufen. Lasset Militär und Bürgerwehr, Mouchards und Polizei allein spazieren gehen und geht nicht auf die Straße... Die eigentliche Frage lag nicht im Rateau'schen Antrage, sondern in einem Staatsstreiche.... Wohlan, der Sieg, den sich das Ministerium auf der Straße versprach, kommt Euch zu Gute; Ihr habt ihn Euch durch Eure feste Haltung angeeignet. Wie dürftig ist der Lohn des Kabinets? Eine Majorität von sechs Stimmen!

Paris, 30. Januar 1849.

(Unterschriften der Red.)

-- Das Ministerium wird in jedem Falle sehr bald gewechselt. Als Bonaparte gestern um 2 Uhr Nachmittags die Truppen auf dem Concordienplatze und einem kleinen Theil der westlichen Boulevards zu Pferde besuchte, rief ihm das Volk zu: Es lebe die Republik! Es lebe die Amnestie! Weg mit Changarnier! Wir wollen andere Minister etc.! "Ihr sollet sie haben!" antwortete der Präsident auf dem Pferde und ritt rasch weiter.

-- Marrast versuchte gestern seinen Liebling Lamoriciere an die Stelle Changarnier's zu schmuggeln, fiel aber mit seinem Vorschlage bei Bonaparte durch. Uebrigens versprach ihm Bonaparte einige neue Portefeuilles.... in nächster Zukunft.

-- Bugeaud ist zur Alpenarmee abgereist.

-- Thomas ist noch nicht todt, sondern auf dem Wege der Besserung.

-- Gegen 2 Uhr sollen gestern bei hellem Tage einige verkleidete Polizeispione an dem Place de Chatelet wirklich das Pflaster aufzureißen und eine Barrikade zu bauen vorgeschlagen haben. Aber die Arbeiter selbst jagten sie zum Teufel. Kein Mensch sah sie wieder.

Sonst melden die Journale zahlreiche Verhaftungen.

-- Aus Toulon erhalten wir eben die Blätter vom 25. Januar. Die Flotille liegt vernachläßigt im Hafen; einige Fahrzeuge sind abgelöst und von "Expedition" ist keine Rede mehr.

-- D'Alton Shee ist verhaftet.

-- Montrol und etwa fünfzig sonstige Cavaignacisten und Marrastianer beabsichtigen, diesen Nachmittag zu Bonaparte zu gehen und ihn zu ersuchen, wenn nicht sein ganzes Ministerium, jedoch wenigstens Faucher zu entlassen.

Ob der Schritt geschehen, haben wir noch nicht erfahren können; aber soviel wird man aus den Verhandlungen der Nationalversammlung ersehen, daß Faucher von der Bergpartei heftig interpellirt wurde.

Die Nationalversammlung hat nach stürmischer Debatte eine parlamentarische Untersuchung der gestrigen Komödie beschlossen.

-- Am 1. Januar 1845 betrug die Gesammtsumme des in Frankreich gemünzten Goldes und Silbers ungefähr 5 Milliarden, d. h. 5000 Millionen Francs. Darunter befinden sich 2,508,359,530 Fr. in Fünffrankenthalern.

-- Mazzini, eines der Häupter der republikanischen Partei, befindet sich seit einigen Tagen in Marseille.

Nationalversammlung. Sitzung vom 30. Jan. Aller militärischer Lärm ist verschwunden; Vicepräsident Billaut eröffnet um 1 1/4 Uhr die Sitzung. Das gestrige Protokoll wird verlesen.

Mole überreicht einen neuen Stoß von Bittschriften für die Auflösung der Nationalversammlung.

Kerdrel thut desgleichen.

Degeorge überreicht drei Petitionen gegen die Auflösung.

Ihm folgt eine lange Reihe von Abgeordneten mit ähnlichen Petitionen. Jeder will dabei sprechen.

Stimmen links: Deponirt! Keine Explikationen! (Lärmen zur Rechten.)

Sarrans verlangt das Wort vor der Tagesordnung zu Interpellationen an den Minister des Innern. Forestier, Oberst der 6. Legion, beginnt er, sei gestern im Mairieamte verhaftet worden, angeblich weil er einen Brief an Marrast, Präsidenten der Nationalversammlung, gerichtet habe, in welchem er ihm die 6. Legion zum Schutz der Nationalversammlung anbot und ihm den Vorschlag machte, mit der ganzen Linken die Sitzung in das Rue St. Martin gelegene Kunst- und Gewerbe-Conservatorium zu verlegen, falls man das bisherige Gebäude stürmen sollte. Ich frage den Minister, ob Forestier aus diesen Gründen von ihm arretirt wurde? --

Stimmen: Changarnier ließ ihn verhaften!

Sarrans: Ware das etwa ein Verbrechen, sich zum Schutze der Nationalversammlung zu stellen? Eine zweite Veranlassung, warum ich den Minister interpellire, liegt in dem Gerücht, daß Changarnier einen unziemlichen Brief an Marrast richtete, um ihm das unerhörte Truppenaufgebot anzuzeigen. Ich verlange, daß dieser Brief auf den Tisch gelegt werde. Einen dritten Grund, weshalb ich den Minister interpellire, fand ich in der Proklamation, die Faucher an die Pariser richtet und worin er von Conspiration spricht. Ja, es herrscht Verschwörung, aber gegen die Republik ... ich verlange eine parlamentarische Untersuchung über diese Thatsachen. (Ja, Ja!)

Faucher, Minister: Zwei Punkte verdienen Widerlegung 1) Changarnier solle einen unehrbietigen Brief an den Präsidenten Marrast geschrieben haben. Ist dieser Brief wirklich unehrbietig, so glaube ich ist Hr. Marrast ein zu eifersüchtiger Wächter der Ehre seines Amts, um eines Fürsprechers zu bedürfen. Warum klagte Marrast nicht selbst? Er schwieg aber. -- 2) Forestier wäre sicher nicht verhaftet worden, wenn er nur jenen Brief geschrieben hätte. Aber es liegt gegen ihn eine Anklage auf Truppenverführung vor; es ist eine gerichtliche Untersuchung gegen ihn eingeleitet; man wolle also ihrem Erfolge nicht vorgreifen. Was endlich 3) die Vorsichtsmaaßregeln, Proklamation u. s. w. betrifft, so waren wir von Komplotten unterrichtet, geheime Gesellschaften warteten nur auf das Zeichen zum Losbruch. (Oh, Oh!) Es sind mehr als 100 Personen verhaftet worden; die Untersuchungen werden das Nähere herausstellen. (Ah!) Wären wir überrascht worden, wie sehr würde man das Cabinet getadelt haben. (Unterbrechung, Lärm.)

Marrast: (tiefe Stille) Ich besteige die Bühne, um gegen die Behauptung zu protestiren, daß Changarnier einen unziemlichen Brief an mich geschrieben. Hier ist derselbe (Marrast liest ihn vor). Was Forestier betrifft, so hat der Brief, den er an mich richtet, seine Haft nicht hervorgerufen. (Marrast liest auch diesen Brief vor.)

Bac (vom Berge): Ich unterstütze den Antrag auf Untersuchung. Die gestrige Kriegskomödie muß untersucht werden. Die Sache war offenbar vorher abgekartet. (Der Redner liest das Journal de la Gironde vor, das den ganzen Putsch vorherkündete.) Lärm und Sensation. Einer sagt, daß die Proklamation den Berg angreife.

Malleville untelbricht ironisch: Ah, ah ! Getroffen.

Faucher erklärt, daß er das J. de la Gironde nicht kenne.

Guinard und Quinet erheben sich mächtig für Forestier und bieten sich als Caution an.

Flocon sagt energisch zur Rechten und zu den Ministern: Ihr habt einen Staatsstreich ausführen wollen. (Er tritt in Details.) Zum Schluß, zum Schluß! Nach zweimaliger Probe wird eine Enquete entschieden. (Große Agitation.) Die Versammlung geht zur Erbschafts- oder Goudchaux'schen Invention über.

Die allgemeine Diskussion über Goudchaux's neue Steuer bietet wenig Interesse, doch verdient sie Erwähnung.

Goudchaux schlägt vor, die Einschreibegebühren folgendermaßen zu dekretiren:

Auf Mobilien: Auf Immobilien:
Bei Erbschaften in direkter Linie 1 Fr. -- 1 Fr.
Bei Erbschaften zwischen Ehegatten 2 1/2 Fr. -- 5 Fr.

Die Commission, der sein Antrag zur Prüfung überwiesen wurde, schlägt vor:

Auf Mobilien: Auf Immobilien:
In direkter Linie 75 Centimes -- 1 Fr. 50 Cent.
Zwischen Ehegatten 2 1/2 Franks -- 5 Fr. 0 Cent.
Zwischen Brüdern, Schwestern, Onkeln und Neffen 5 Franks -- 7 Fr. 50 Cent.

Marcel Barthe bekämpft den Entwurf. Seit 1720 greife der Fiskus fortwährend die Erbschaften an. Dieser Appetit des Fiskus sei intolerable. Zuletzt werde er sich in den Nachlaß der Bürger ganz theilen. (Allgemeine Heiterkeit.)

Lerembource findet dies ebenfalls unerhört. Man solle nicht die Einnahmen des Staates, sondern die Ausgaben mindern.(Oh, Oh!)

Perre (vom Siecle) widersetzt sich dem Gesetzentwurf; er phantasirt zu Gunsten des kleinen Grundbesitzers; wird aber wenig gehört.

Boursat schlägt niedrigere Sätze vor, fällt aber durch. Aber auch Goudchaux's Chiffern erleiden eine Aenderung.

Parrieu vertheidigt als Rapporteur besonders die Sätze auf Immobilien (1 1/2 Prozent.)

Passy, Finanzminister, prophezeit Böses. Man verdreifache die Lasten der ärmeren Klasse. (Oh, Oh!) In Frankreich habe der Grund und Boden den höchsten Werth von allen Ländern, (Oh, Oh! Haha!) aber schon die indirekten Steuern lasten zu hart auf dem Landmanne. Es solle der Entwurf noch einmal erwägt werden. Die Sitzung wird um 6 1/2 Uhr aufgehoben.

Belgien.
43 Brüssel, 28. Januar.

Die hier schon seit einiger Zeit bestehende Societe "democratique fraternelle", deren Präsident Advokat Faider ist, hatte heute ein wirklich großartiges Bankett dem großen Saale des Estaminet Palais royal außerhalb dem Namür'schen Thore veranstaltet, woran sich mehr als tausend Personen betheiligten. Ein Beweis, wie sehr die Demokratie hier an Ansehen gewonnen hat, liegt darin, daß man sich gar keiner Affichen und sonstigen Ausposaunungen bedient hat, und dennoch der Saal nicht alle Theilnehmer fassen konnte. Unter den vielen gediegenen Reden und Toasten, die dort gebracht wurden, sind besonders bemerkenswerth: der Toast des Präsidenten Faider: "es lebe die demokratische sociale Republik!" Diese Worte fanden ein derartiges Echo, daß nicht allein der Saal, sondern auch die benachbarten Straßen davon erdröhnten. In einer späteren Rede entwickelte derselbe Redner die jetzige günstige Stellung der Demokratie in ganz Europa, unter andern gedachte er der jetzt in Preußen stattgefundenen demokratischen Wahlen, trotz aller Reaktion; von Frankreich her berichtete er, daß Ledru-Rollin einen Anklageakt gegen das Ministerium Odilon-Barrot und Faucher in der Nationalversammlung deponirt habe u. s. w. Ferner sprachen Mathieu und noch einige andere Demokraten über die soicale Frage, der Organisation der Arbeit, und wußten dieselben mit einer solchen Beredsamkeit auseinanderzusetzen, daß selbst der unbewußte Proletarier daraus recht gut vernehmen konnte, daß nur der Umsturz der jetzigen Organisation der Gesellschaft dem Proletarier sein Recht bringen könne. Es hatten sich auch eine Menge deutscher Demokraten an diesem Bankett betheiligt, und gern hätte Einer der Deutschen das Wort genommen, um den belgischen Demokraten zu beweisen, daß auch sie dieselbe Sympathie für die Demokratie hegten, allein, leider! unterliegt der Fremde hier noch so sehr der Reaktion, denn der Redner würde jedenfalls expulsirt worden sein. -- Ein belgischer Demokrat Gigot nahm das Wort im Namen der Deutschen, und sagte, daß wir Alle nach demselben Ziele strebten, und auch dahin gelangten, wo wir alsdann keine Grenzen und keine Nationalfarben mehr kennen würden, und überhaupt alle Demokraten, deutsche, französische, belgische etc. nur die rothe Farbe als die allgemeine anerkennten. Ein außerordentlicher Applaus erfolgte. Hierauf wurde ein Schreiben von dem allgemein beliebten Tedesco, der im Kerker sitzt und also nicht an dem Bankett Theil nehmen konnte, vorgelesen, woraus sich ergab, daß trotz der langen Kerkerhaft noch immer derselbe Geist ihn beseele und er noch eifrig betheuert, daß selbst vom Kerker aus er noch immer so viel wie mögtich für die gute Sache wirken werde. -- Bemerkenswerth ist, daß bei dieser Masse Menschen die größte Ruhe und Ordnung herrschte, und nach einer 5 stündigen Sitzung begab man sich ruhig ohne Störung nach Hause.

Da dieses Bankett eine so zahlreiche Theilnahme gehabt und überhaupt sich viel Sympathie für die Volkssache zeigte, so ist für den 25. Februar ein zweites demokratisch soziales Bankett festgestellt.

Großbritannien.
* London, 29. Jan.

"Den armen Mann zerschmettert das Gesetz, und reiche Männer regeln die Gesetze!" Mit diesem Motto leitet der treffliche Harney seinen 31. Brief an die arbeitenden Klassen in der vorletzten Nummer des "Northern Star" ein, einen Brief, dessen Thema so wichtig und dessen Form und Haltung so ausgezeichnet sind, daß ich denselben um so lieber seiner ganzen Länge nach folgen lasse, als der politische Moment zu anderen Mittheilungen aus London so gut wie gar keinen Anlaß bietet. Der Fall, an welchen Harney seine Betrachtungen anknüpft, ist Ihren Lesern durch meine früheren Berichte zur Genüge bekannt geworden.

"Brüder Proletarier! Die Zerstörung von Menschenleben in dem Armenkinder-Asyl zu Tooting ist ein neues abschreckendes Beispiel des saubern Systems, welches man kürzlich als "die Bewunderung der Welt und den Neid der Nachbarnationen" so oft gepriesen hat. Unter dem "System" verstehe ich nicht blos das Regiment von Königin, Lords, Commons, Federbett-Feldmarschällen, Ehrendamen, Richtern, Bischöfen, Soldaten, Polizisten und Spionen. Ich meine das System in seinem sozialen sowohl, als in seinem politischen Charakter, und nenne es ein niederträchtiges, ein mörderisches System. "Gehen Sie doch," sagte die Times vor einigen Monaten in ihrer Ansprache an Louis Blanc, gehen Sie doch durch Regent-Street und blicken dort auf die Läden, die vom Kunstfleiße Englands und vom Reichthum der Welt voll sind bis zur Ueberfülle! Sehen Sie sie an und halten Sie die halb ruinirte Hauptstadt dagegen, welche Sie verlassen haben, und Sie werden [Fortsetzung]

Hierzu eine Beilage.

Gesicht bourbonisch, Gesichtsfarbe gesund und roth; Anlagen zum Bauche; Bart wenig, kleiner blonder Schnurrbart.

Der Prinz wird von seiner Umgebung mit Majestät angeredet, und als Majestät behandelt. Jeden Morgen geht er in die Messe, welche in der Schloßkapelle vom Abbé Trebuquet gelesen wird. Nach der Messe geht er auf die Jagd bis 12 Uhr, wo gefrühstückt wird. Nach dem Frühstück Lektüre der französischen Journale und Briefe aus Paris; das dauert bis zum Diner. Abends wird Whist gespielt.

Hr. v. Barante leitete die Erziehung des Herzogs v. Bordeaux bis zum Jahre 1830. Nach der Julirevolution wurde diese anfänglich dem Hrn. v. Blacas und dann dem Hrn. v. Levi anvertraut. Letzterer ist ein alter, eingerosteter Gentilhomme. Der Abbé Trebuquet, Vendeer und in dem Vendeer Aufstand von 1832 kompromittirt, Kreatur der Herzogin v. Berry, hat die Seelsorge des Herzogs v. Bordeaux zu leiten. Als eingefleischter Jesuit hat der Abbé seinem Zöglinge die größte Antipathie gegen Alles Moderne einzuimpfen gewußt. Der Prinz mit seinen Ideen paßt weit eher in ein Kloster des 15. Jahrhunderts, als in unsere moderner Gesellschaft. Alles trägt an dem Hofe von Frohnsdorf das Gepräge der Vergangenheit: die Etiquette bis in ihren geringfügigsten Details wird auf's strengste beobachtet, ganz wie am Hofe Karls des Zehnten.

Familienverhältnisse. Die Herzogin v. Berry, die Mutter des Herzogs, hat jetzt bereits vier andere Kinder von dem Grafen Luchezi; sie ist sehr stark beleibt und lebt im Schlosse von Brunvie, sechs Meilen von Gratz. Der Herzog kann es seiner Mutter nicht verzeihen, daß sie ihm einen Bruder in der Vendee gegeben hat; sie unterhält mit dem Herzog einen rein politischen Briefwechsel.

Die Herzogin v. Angouleme, die sehr fromm ist, nährt in dem Prinzen die eben nicht liebevolle Gesinnung gegen seine Mutter.

Die Frau des Herzogs v. Bordeaux ist zwei Jahre älter als er; sie hat also über 30 Jahre; ist groß, mager, dürr, häßlich, zänkisch und ihren Mann beherrschend. Sie ist übrigens sehr gebildet und fein in ihrem Benehmen, sogar etwas gelehrt. An diesem Puppenhofe gibt es eine Camarilla, die sich um die Herzogin und nicht um den Herzog gruppirt. Des Letztern vollkommene Nullität weiß Jeder gehörig zu würdigen.

Der Prinz hat 500,000 Fr. jährliche Rente, die ihm Karl X. vermacht hat; bei dem Tode seiner Tante, der Herzogin v. Angouleme, wird er noch 300,000 Fr. erben.

Umgebung des Prinzen: Der Herzog von Levi, ein alter Mann, der 400,000 Fr. Renten zu verzehren hat, lebt am Hofe des Herzogs, nach strenger alter Etiquette, und dies einzig und allein, um den Prinzen zu überwachen und zu beherrschen. Niemand kann zum Prinzen vordringen, ohne erst bei dem Herrn von Levi angemeldet zu werden. Außer dem Herrn von Levi sehen wir noch am Hofe und in der nächsten Umgebung des Prinzen den alten Minister von Montbel, der unter Karl X. die Ordonnanzen mit unterzeichnet hat. Herr von Montbel ist ein Mann von Geist, der anfänglich beabsichtigte, der Erziehung des Prinzen eine freisinnigere Form zu geben; aber selbst schwach, ohne Vermögen und Einfluß, sah er sich genöthigt, seine guten Absichten dem Herrn von Levi zum Opfer zu bringen. Er hat sich kürzlich zum dritten Male verheirathet und hat eine zahlreiche Familie.

Von Nicolai, Schwiegersohn des Herrn von Levi, von Blancar und seine Frau, von Menti und d'Oguerty bilden am Hofe von Frohnsdorff die Partei, welche, in Uebereinstimmung mit der Herzogin von Berry, eine Restauration mittelst der Waffen will. — Der Herzog von Levi hält den Prinzen in beständiger Vormundschaft, und der Abbé Trebuquet beherrscht ihn ausschließlich. — Der Herzog von Bordeaux hat jetzt schon die näschige Gefräßigkeit Karls X. — Das Personal des Hofes besteht aus 25 Dienern.

Seit den neuen Ereignissen fängt der Hof von Frohnsdorff wieder an, aufzuleben. Den ganzen Tag beschäftigt man sich damit, die Ministerstellen und Präfektenplätze zu vertheilen.

Paris, 30. Jan.

Paris ist vollkommen ruhig. Der gesammte militärische Troß, mittelst welchem man die demokratische Partei in die Pfanne zu hauen gedachte, ist wieder verschwunden: Paris hat seine gewöhnliche Physiognomie an diesen Morgen. Wir können den 29. Januar mit vollem Recht nennen la journée des dupes, und die Dupirten sind die Contrerevolutionäre.

— Die Nationalversammlung endigte gestern Abend so spät, daß wir das Resultat nicht mittheilen konnten.

Der Namensruf mit Kugelabstimmung konstatirte die Theilnahme von 821 Gliedern, von denen 405 für die Grevyschen Conclusionen d. h. unbedingte Verwerfung aller Auflösungsanträge stimmten, aber 416 dagegen.

Das Journal des Debats sagt zu diesem Votum:

„Die Ausschuß-Konklusionen sind mit einer Majorität von 11 Stimmen verworfen worden. Aber das bezeichnet noch nicht, daß die Rateausche Proposition angenommen wäre. Wir glauben selbst, um aufrichtig zu sprechen, daß sie verworfen worden wäre, wenn sie ganz allein stände. Das Votum bezeichnet also nur, daß sich über die drei andern Propositionen, sowie über die Amendements, die dazu gestellt werden dürften, eine zweite Deliberation eröffnen werde. Die Kammer hat nur die unbedingten und schneidenden Conklusionen des Rapports verworfen; sie behält sich eine neue Prüfung vor.

Ihr Votum hat keine andere Bedeutung. Indessen ist es ein Beweis (und wir sind glücklich, ihn hervorzuheben), daß die Kammer, wie wir dessen überhaupt sicher waren, keineswegs daran denke, sich auf die Bahn unbegränzter Diktatur zu werfen. Die Kammer hat durch ihr Votum dem Lande zeigen wollen, daß sie geneigt sei, ihrem Mandate selbst eine Grenze zu setzen.“

Der Jubel der übrigen konservativen Blätter ist bei weitem mäßiger, als es sich nach einem so aufgeregten Tage voraussetzen ließe. Ihre Freude (selbst die Schmeichelei des Constitutionnel) ist erkünstelt und macht sich in allerlei schwülstigen Phrasen Luft, die eine heimliche Ueberzeugung naher Niederlage verrathen.

— Als gestern Abend 8 1/2 Uhr Marrast das Stimmenresultat verkündete, klatschten viele Deputirte der Rechten in die Hände. Die äußerste Linke rief ihnen zu: Nieder mit den Royalisten! Eine Stimme von der Journalistenbühne ergänzte: C'est la Convention!

— Als Andenken an den unsterblichen 29. Jan. mag folgende Proklamation des Barrotkabinets hier einen Platz finden, mit der dasselbe gestern Abend sich vor der Pariser Bürgerschaft wegen des Militärspektakels zu rechtfertigen suchte:

Proklamation des Ministers des Innern.

Bürger von Paris! Wir haben die Bürgerwehr unter die Waffen gerufen. Dies geschah zur Vertheidigung der gesellschaftlichen Ordnung, welche noch einmal von denselben Feinden bedroht war, die sie in den Junitagen angriffen. Die Pläne dieser Menschen haben sich noch nicht geändert. Was sie wollen, das ist: zu jedem Preise die Etablirung einer geregelten und honetten Regierung zu hindern. Was sie bedürfen, das ist: fortwährende Agitation, Anarchie, Zerstörung des Eigenthums, Umsturz aller Prinzipien. Den Despotismus der Minoritäten hoffen sie zu gründen, indem sie wie ein Privilegium das gemeinschaftliche Eigenthum, den heiligen Namen der Republik usurpiren. Um die Widerspenstigkeit gegen die Gesetze zu färben, sagen sie, daß wir die Verfassung verletzt haben und daß wir die republikanische Regierung zerstören wollen. Das ist eine verächtliche Verläumdung. Die Republik hat keine festere Stützen als diejenigen, welche sie gegen die ultrarevolutionären Exzesse zu bewahren suchen, mit denen man diese Regierungsform nur zu sehr verwechselte. Was die Verfassung betrifft, so hat der Herr Präsident der Republik geschworen, sie zu respektiren und respektiren zu lassen: er wird seinen Schwur halten. Seine Minister haben eine Vergangenheit, welche Niemanden das Recht gibt, ihre Intentionen zu verdächtigen und sie können keine größere Probe ihrer Anhänglichkeit an die republikanischen Staatseinrichtungen geben, als die Energie, mit welcher sie entschlossen sind, jede Ruhestörung zu unterdrücken, von welcher Proportion sie auch immer sein möge.

Bewohner von Paris, es genügt nicht, daß die Gesellschaft stark sei; sie muß auch ihre Stärke zeigen. Ruhe und Sicherheit sind zu diesem Preise. Mögen darum alle guten Bürger die Regierung in Unterdrückung der Unordnungen unterstützen, welche auf öffentlichem Platze entstehen könnte. Die Republik, die Gesellschaft selbst, die ewigen Grundlagen der Regierungsgewalt sind es, welche die Perturbatoren in Frage stellen. Der Sieg der Ordnung muß entscheidend und unwiderruflich sein. Möge also Jeder seine Pflicht thuen; die Regierung wird die ihrige nicht versäumen.

Paris, den 29. Januar 1849.

Der Minister des Innern. (gez.) Leon Faucher

Auf diese (offenbar schon am 28. Jan. verfaßte und gänzlich fehlgeschlagene Proklamation des Hrn. Ministers) bringt die Ledru Rollinsche Revolution eine sprühende Erwiderung, worin sie den Hrn. Leon Faucher und „die übrigen Malthusianer“ der Lüge und Verläumdung zeiht, wofür sie ihr vor der Nat.-Versammlung bald Rechenschaft stehen müssen. Wahrscheinlich lassen die Malthusianer diese Nummer wegnehmen.

— „Peuple“ erläßt an der Spitze seiner Nummer eine Proklamation an die Republikaner, worin es ihnen für die edele Haltung am gestrigen Tage dankt. „Künftig ist der Bürgerkrieg unmöglich. Ihr sahet ein, daß Ihr, wenn Ihr losgeschlagen hättet, nur der Reaktion in die Hände gearbeitet haben würdet. Das Volk marschire stets mit seinen Vertretern Hand in Hand und es wird Alles durchsetzen. Neulich zählte die Demokratie nur 288, heute zählt sie schon 405‥‥ Verlasset nicht wieder Euere Werkstätten, bis wir Euch rufen. Lasset Militär und Bürgerwehr, Mouchards und Polizei allein spazieren gehen und geht nicht auf die Straße… Die eigentliche Frage lag nicht im Rateau'schen Antrage, sondern in einem Staatsstreiche‥‥ Wohlan, der Sieg, den sich das Ministerium auf der Straße versprach, kommt Euch zu Gute; Ihr habt ihn Euch durch Eure feste Haltung angeeignet. Wie dürftig ist der Lohn des Kabinets? Eine Majorität von sechs Stimmen!

Paris, 30. Januar 1849.

(Unterschriften der Red.)

— Das Ministerium wird in jedem Falle sehr bald gewechselt. Als Bonaparte gestern um 2 Uhr Nachmittags die Truppen auf dem Concordienplatze und einem kleinen Theil der westlichen Boulevards zu Pferde besuchte, rief ihm das Volk zu: Es lebe die Republik! Es lebe die Amnestie! Weg mit Changarnier! Wir wollen andere Minister etc.! „Ihr sollet sie haben!“ antwortete der Präsident auf dem Pferde und ritt rasch weiter.

— Marrast versuchte gestern seinen Liebling Lamoricière an die Stelle Changarnier's zu schmuggeln, fiel aber mit seinem Vorschlage bei Bonaparte durch. Uebrigens versprach ihm Bonaparte einige neue Portefeuilles‥‥ in nächster Zukunft.

— Bugeaud ist zur Alpenarmee abgereist.

— Thomas ist noch nicht todt, sondern auf dem Wege der Besserung.

— Gegen 2 Uhr sollen gestern bei hellem Tage einige verkleidete Polizeispione an dem Place de Chatelet wirklich das Pflaster aufzureißen und eine Barrikade zu bauen vorgeschlagen haben. Aber die Arbeiter selbst jagten sie zum Teufel. Kein Mensch sah sie wieder.

Sonst melden die Journale zahlreiche Verhaftungen.

— Aus Toulon erhalten wir eben die Blätter vom 25. Januar. Die Flotille liegt vernachläßigt im Hafen; einige Fahrzeuge sind abgelöst und von „Expedition“ ist keine Rede mehr.

— D'Alton Shee ist verhaftet.

— Montrol und etwa fünfzig sonstige Cavaignacisten und Marrastianer beabsichtigen, diesen Nachmittag zu Bonaparte zu gehen und ihn zu ersuchen, wenn nicht sein ganzes Ministerium, jedoch wenigstens Faucher zu entlassen.

Ob der Schritt geschehen, haben wir noch nicht erfahren können; aber soviel wird man aus den Verhandlungen der Nationalversammlung ersehen, daß Faucher von der Bergpartei heftig interpellirt wurde.

Die Nationalversammlung hat nach stürmischer Debatte eine parlamentarische Untersuchung der gestrigen Komödie beschlossen.

— Am 1. Januar 1845 betrug die Gesammtsumme des in Frankreich gemünzten Goldes und Silbers ungefähr 5 Milliarden, d. h. 5000 Millionen Francs. Darunter befinden sich 2,508,359,530 Fr. in Fünffrankenthalern.

— Mazzini, eines der Häupter der republikanischen Partei, befindet sich seit einigen Tagen in Marseille.

Nationalversammlung. Sitzung vom 30. Jan. Aller militärischer Lärm ist verschwunden; Vicepräsident Billaut eröffnet um 1 1/4 Uhr die Sitzung. Das gestrige Protokoll wird verlesen.

Mole überreicht einen neuen Stoß von Bittschriften für die Auflösung der Nationalversammlung.

Kerdrel thut desgleichen.

Degeorge überreicht drei Petitionen gegen die Auflösung.

Ihm folgt eine lange Reihe von Abgeordneten mit ähnlichen Petitionen. Jeder will dabei sprechen.

Stimmen links: Deponirt! Keine Explikationen! (Lärmen zur Rechten.)

Sarrans verlangt das Wort vor der Tagesordnung zu Interpellationen an den Minister des Innern. Forestier, Oberst der 6. Legion, beginnt er, sei gestern im Mairieamte verhaftet worden, angeblich weil er einen Brief an Marrast, Präsidenten der Nationalversammlung, gerichtet habe, in welchem er ihm die 6. Legion zum Schutz der Nationalversammlung anbot und ihm den Vorschlag machte, mit der ganzen Linken die Sitzung in das Rue St. Martin gelegene Kunst- und Gewerbe-Conservatorium zu verlegen, falls man das bisherige Gebäude stürmen sollte. Ich frage den Minister, ob Forestier aus diesen Gründen von ihm arretirt wurde? —

Stimmen: Changarnier ließ ihn verhaften!

Sarrans: Ware das etwa ein Verbrechen, sich zum Schutze der Nationalversammlung zu stellen? Eine zweite Veranlassung, warum ich den Minister interpellire, liegt in dem Gerücht, daß Changarnier einen unziemlichen Brief an Marrast richtete, um ihm das unerhörte Truppenaufgebot anzuzeigen. Ich verlange, daß dieser Brief auf den Tisch gelegt werde. Einen dritten Grund, weshalb ich den Minister interpellire, fand ich in der Proklamation, die Faucher an die Pariser richtet und worin er von Conspiration spricht. Ja, es herrscht Verschwörung, aber gegen die Republik … ich verlange eine parlamentarische Untersuchung über diese Thatsachen. (Ja, Ja!)

Faucher, Minister: Zwei Punkte verdienen Widerlegung 1) Changarnier solle einen unehrbietigen Brief an den Präsidenten Marrast geschrieben haben. Ist dieser Brief wirklich unehrbietig, so glaube ich ist Hr. Marrast ein zu eifersüchtiger Wächter der Ehre seines Amts, um eines Fürsprechers zu bedürfen. Warum klagte Marrast nicht selbst? Er schwieg aber. — 2) Forestier wäre sicher nicht verhaftet worden, wenn er nur jenen Brief geschrieben hätte. Aber es liegt gegen ihn eine Anklage auf Truppenverführung vor; es ist eine gerichtliche Untersuchung gegen ihn eingeleitet; man wolle also ihrem Erfolge nicht vorgreifen. Was endlich 3) die Vorsichtsmaaßregeln, Proklamation u. s. w. betrifft, so waren wir von Komplotten unterrichtet, geheime Gesellschaften warteten nur auf das Zeichen zum Losbruch. (Oh, Oh!) Es sind mehr als 100 Personen verhaftet worden; die Untersuchungen werden das Nähere herausstellen. (Ah!) Wären wir überrascht worden, wie sehr würde man das Cabinet getadelt haben. (Unterbrechung, Lärm.)

Marrast: (tiefe Stille) Ich besteige die Bühne, um gegen die Behauptung zu protestiren, daß Changarnier einen unziemlichen Brief an mich geschrieben. Hier ist derselbe (Marrast liest ihn vor). Was Forestier betrifft, so hat der Brief, den er an mich richtet, seine Haft nicht hervorgerufen. (Marrast liest auch diesen Brief vor.)

Bac (vom Berge): Ich unterstütze den Antrag auf Untersuchung. Die gestrige Kriegskomödie muß untersucht werden. Die Sache war offenbar vorher abgekartet. (Der Redner liest das Journal de la Gironde vor, das den ganzen Putsch vorherkündete.) Lärm und Sensation. Einer sagt, daß die Proklamation den Berg angreife.

Malleville untelbricht ironisch: Ah, ah ! Getroffen.

Faucher erklärt, daß er das J. de la Gironde nicht kenne.

Guinard und Quinet erheben sich mächtig für Forestier und bieten sich als Caution an.

Flocon sagt energisch zur Rechten und zu den Ministern: Ihr habt einen Staatsstreich ausführen wollen. (Er tritt in Details.) Zum Schluß, zum Schluß! Nach zweimaliger Probe wird eine Enquète entschieden. (Große Agitation.) Die Versammlung geht zur Erbschafts- oder Goudchaux'schen Invention über.

Die allgemeine Diskussion über Goudchaux's neue Steuer bietet wenig Interesse, doch verdient sie Erwähnung.

Goudchaux schlägt vor, die Einschreibegebühren folgendermaßen zu dekretiren:

Auf Mobilien: Auf Immobilien:
Bei Erbschaften in direkter Linie 1 Fr. — 1 Fr.
Bei Erbschaften zwischen Ehegatten 2 1/2 Fr. — 5 Fr.

Die Commission, der sein Antrag zur Prüfung überwiesen wurde, schlägt vor:

Auf Mobilien: Auf Immobilien:
In direkter Linie 75 Centimes — 1 Fr. 50 Cent.
Zwischen Ehegatten 2 1/2 Franks — 5 Fr. 0 Cent.
Zwischen Brüdern, Schwestern, Onkeln und Neffen 5 Franks — 7 Fr. 50 Cent.

Marcel Barthe bekämpft den Entwurf. Seit 1720 greife der Fiskus fortwährend die Erbschaften an. Dieser Appetit des Fiskus sei intolerable. Zuletzt werde er sich in den Nachlaß der Bürger ganz theilen. (Allgemeine Heiterkeit.)

Lerembource findet dies ebenfalls unerhört. Man solle nicht die Einnahmen des Staates, sondern die Ausgaben mindern.(Oh, Oh!)

Perré (vom Siècle) widersetzt sich dem Gesetzentwurf; er phantasirt zu Gunsten des kleinen Grundbesitzers; wird aber wenig gehört.

Boursat schlägt niedrigere Sätze vor, fällt aber durch. Aber auch Goudchaux's Chiffern erleiden eine Aenderung.

Parrieu vertheidigt als Rapporteur besonders die Sätze auf Immobilien (1 1/2 Prozent.)

Passy, Finanzminister, prophezeit Böses. Man verdreifache die Lasten der ärmeren Klasse. (Oh, Oh!) In Frankreich habe der Grund und Boden den höchsten Werth von allen Ländern, (Oh, Oh! Haha!) aber schon die indirekten Steuern lasten zu hart auf dem Landmanne. Es solle der Entwurf noch einmal erwägt werden. Die Sitzung wird um 6 1/2 Uhr aufgehoben.

Belgien.
43 Brüssel, 28. Januar.

Die hier schon seit einiger Zeit bestehende Société „démocratique fraternelle“, deren Präsident Advokat Faider ist, hatte heute ein wirklich großartiges Bankett dem großen Saale des Estaminet Palais royal außerhalb dem Namür'schen Thore veranstaltet, woran sich mehr als tausend Personen betheiligten. Ein Beweis, wie sehr die Demokratie hier an Ansehen gewonnen hat, liegt darin, daß man sich gar keiner Affichen und sonstigen Ausposaunungen bedient hat, und dennoch der Saal nicht alle Theilnehmer fassen konnte. Unter den vielen gediegenen Reden und Toasten, die dort gebracht wurden, sind besonders bemerkenswerth: der Toast des Präsidenten Faider: „es lebe die demokratische sociale Republik!“ Diese Worte fanden ein derartiges Echo, daß nicht allein der Saal, sondern auch die benachbarten Straßen davon erdröhnten. In einer späteren Rede entwickelte derselbe Redner die jetzige günstige Stellung der Demokratie in ganz Europa, unter andern gedachte er der jetzt in Preußen stattgefundenen demokratischen Wahlen, trotz aller Reaktion; von Frankreich her berichtete er, daß Ledru-Rollin einen Anklageakt gegen das Ministerium Odilon-Barrot und Faucher in der Nationalversammlung deponirt habe u. s. w. Ferner sprachen Mathieu und noch einige andere Demokraten über die soicale Frage, der Organisation der Arbeit, und wußten dieselben mit einer solchen Beredsamkeit auseinanderzusetzen, daß selbst der unbewußte Proletarier daraus recht gut vernehmen konnte, daß nur der Umsturz der jetzigen Organisation der Gesellschaft dem Proletarier sein Recht bringen könne. Es hatten sich auch eine Menge deutscher Demokraten an diesem Bankett betheiligt, und gern hätte Einer der Deutschen das Wort genommen, um den belgischen Demokraten zu beweisen, daß auch sie dieselbe Sympathie für die Demokratie hegten, allein, leider! unterliegt der Fremde hier noch so sehr der Reaktion, denn der Redner würde jedenfalls expulsirt worden sein. — Ein belgischer Demokrat Gigot nahm das Wort im Namen der Deutschen, und sagte, daß wir Alle nach demselben Ziele strebten, und auch dahin gelangten, wo wir alsdann keine Grenzen und keine Nationalfarben mehr kennen würden, und überhaupt alle Demokraten, deutsche, französische, belgische etc. nur die rothe Farbe als die allgemeine anerkennten. Ein außerordentlicher Applaus erfolgte. Hierauf wurde ein Schreiben von dem allgemein beliebten Tedesco, der im Kerker sitzt und also nicht an dem Bankett Theil nehmen konnte, vorgelesen, woraus sich ergab, daß trotz der langen Kerkerhaft noch immer derselbe Geist ihn beseele und er noch eifrig betheuert, daß selbst vom Kerker aus er noch immer so viel wie mögtich für die gute Sache wirken werde. — Bemerkenswerth ist, daß bei dieser Masse Menschen die größte Ruhe und Ordnung herrschte, und nach einer 5 stündigen Sitzung begab man sich ruhig ohne Störung nach Hause.

Da dieses Bankett eine so zahlreiche Theilnahme gehabt und überhaupt sich viel Sympathie für die Volkssache zeigte, so ist für den 25. Februar ein zweites demokratisch soziales Bankett festgestellt.

Großbritannien.
* London, 29. Jan.

„Den armen Mann zerschmettert das Gesetz, und reiche Männer regeln die Gesetze!“ Mit diesem Motto leitet der treffliche Harney seinen 31. Brief an die arbeitenden Klassen in der vorletzten Nummer des „Northern Star“ ein, einen Brief, dessen Thema so wichtig und dessen Form und Haltung so ausgezeichnet sind, daß ich denselben um so lieber seiner ganzen Länge nach folgen lasse, als der politische Moment zu anderen Mittheilungen aus London so gut wie gar keinen Anlaß bietet. Der Fall, an welchen Harney seine Betrachtungen anknüpft, ist Ihren Lesern durch meine früheren Berichte zur Genüge bekannt geworden.

„Brüder Proletarier! Die Zerstörung von Menschenleben in dem Armenkinder-Asyl zu Tooting ist ein neues abschreckendes Beispiel des saubern Systems, welches man kürzlich als „die Bewunderung der Welt und den Neid der Nachbarnationen“ so oft gepriesen hat. Unter dem „System“ verstehe ich nicht blos das Regiment von Königin, Lords, Commons, Federbett-Feldmarschällen, Ehrendamen, Richtern, Bischöfen, Soldaten, Polizisten und Spionen. Ich meine das System in seinem sozialen sowohl, als in seinem politischen Charakter, und nenne es ein niederträchtiges, ein mörderisches System. „Gehen Sie doch,“ sagte die Times vor einigen Monaten in ihrer Ansprache an Louis Blanc, gehen Sie doch durch Regent-Street und blicken dort auf die Läden, die vom Kunstfleiße Englands und vom Reichthum der Welt voll sind bis zur Ueberfülle! Sehen Sie sie an und halten Sie die halb ruinirte Hauptstadt dagegen, welche Sie verlassen haben, und Sie werden [Fortsetzung]

Hierzu eine Beilage.

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Gesicht bourbonisch, Gesichtsfarbe gesund und roth; Anlagen zum Bauche; Bart wenig, kleiner blonder Schnurrbart.</p>
          <p>Der Prinz wird von seiner Umgebung mit Majestät angeredet, und als Majestät behandelt. Jeden Morgen geht er in die Messe, welche in der Schloßkapelle vom Abbé Trebuquet gelesen wird. Nach der Messe geht er auf die Jagd bis 12 Uhr, wo gefrühstückt wird. Nach dem Frühstück Lektüre der französischen Journale und Briefe aus Paris; das dauert bis zum Diner. Abends wird Whist gespielt.</p>
          <p>Hr. v. Barante leitete die Erziehung des Herzogs v. Bordeaux bis zum Jahre 1830. Nach der Julirevolution wurde diese anfänglich dem Hrn. v. Blacas und dann dem Hrn. v. Levi anvertraut. Letzterer ist ein alter, eingerosteter Gentilhomme. Der Abbé Trebuquet, Vendeer und in dem Vendeer Aufstand von 1832 kompromittirt, Kreatur der Herzogin v. Berry, hat die Seelsorge des Herzogs v. Bordeaux zu leiten. Als eingefleischter Jesuit hat der Abbé seinem Zöglinge die größte Antipathie gegen Alles Moderne einzuimpfen gewußt. Der Prinz mit seinen Ideen paßt weit eher in ein Kloster des 15. Jahrhunderts, als in unsere moderner Gesellschaft. Alles trägt an dem Hofe von Frohnsdorf das Gepräge der Vergangenheit: die Etiquette bis in ihren geringfügigsten Details wird auf's strengste beobachtet, ganz wie am Hofe Karls des Zehnten.</p>
          <p><hi rendition="#g">Familienverhältnisse</hi>. Die Herzogin v. Berry, die Mutter des Herzogs, hat jetzt bereits vier andere Kinder von dem Grafen Luchezi; sie ist sehr stark beleibt und lebt im Schlosse von Brunvie, sechs Meilen von Gratz. Der Herzog kann es seiner Mutter nicht verzeihen, daß sie ihm einen Bruder in der Vendee gegeben hat; sie unterhält mit dem Herzog einen rein politischen Briefwechsel.</p>
          <p>Die Herzogin v. Angouleme, die sehr fromm ist, nährt in dem Prinzen die eben nicht liebevolle Gesinnung gegen seine Mutter.</p>
          <p>Die Frau des Herzogs v. Bordeaux ist zwei Jahre älter als er; sie hat also über 30 Jahre; ist groß, mager, dürr, häßlich, zänkisch und ihren Mann beherrschend. Sie ist übrigens sehr gebildet und fein in ihrem Benehmen, sogar etwas gelehrt. An diesem Puppenhofe gibt es eine Camarilla, die sich um die Herzogin und nicht um den Herzog gruppirt. Des Letztern vollkommene Nullität weiß Jeder gehörig zu würdigen.</p>
          <p>Der Prinz hat 500,000 Fr. jährliche Rente, die ihm Karl X. vermacht hat; bei dem Tode seiner Tante, der Herzogin v. Angouleme, wird er noch 300,000 Fr. erben.</p>
          <p><hi rendition="#g">Umgebung des Prinzen:</hi> Der Herzog von Levi, ein alter Mann, der 400,000 Fr. Renten zu verzehren hat, lebt am Hofe des Herzogs, nach strenger alter Etiquette, und dies einzig und allein, um den Prinzen zu überwachen und zu beherrschen. Niemand kann zum Prinzen vordringen, ohne erst bei dem Herrn von Levi angemeldet zu werden. Außer dem Herrn von Levi sehen wir noch am Hofe und in der nächsten Umgebung des Prinzen den alten Minister von Montbel, der unter Karl X. die Ordonnanzen mit unterzeichnet hat. Herr von Montbel ist ein Mann von Geist, der anfänglich beabsichtigte, der Erziehung des Prinzen eine freisinnigere Form zu geben; aber selbst schwach, ohne Vermögen und Einfluß, sah er sich genöthigt, seine guten Absichten dem Herrn von Levi zum Opfer zu bringen. Er hat sich kürzlich zum dritten Male verheirathet und hat eine zahlreiche Familie.</p>
          <p>Von Nicolai, Schwiegersohn des Herrn von Levi, von Blancar und seine Frau, von Menti und d'Oguerty bilden am Hofe von Frohnsdorff die Partei, welche, in Uebereinstimmung mit der Herzogin von Berry, eine Restauration mittelst der Waffen will. &#x2014; Der Herzog von Levi hält den Prinzen in beständiger Vormundschaft, und der Abbé Trebuquet beherrscht ihn ausschließlich. &#x2014; Der Herzog von Bordeaux hat jetzt schon die näschige Gefräßigkeit Karls X. &#x2014; Das Personal des Hofes besteht aus 25 Dienern.</p>
          <p>Seit den neuen Ereignissen fängt der Hof von Frohnsdorff wieder an, aufzuleben. Den ganzen Tag beschäftigt man sich damit, die Ministerstellen und Präfektenplätze zu vertheilen.</p>
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          <head>Paris, 30. Jan.</head>
          <p>Paris ist vollkommen ruhig. Der gesammte militärische Troß, mittelst welchem man die demokratische Partei in die Pfanne zu hauen gedachte, ist wieder verschwunden: Paris hat seine gewöhnliche Physiognomie an diesen Morgen. Wir können den 29. Januar mit vollem Recht nennen la journée des dupes, und die Dupirten sind die Contrerevolutionäre.</p>
          <p>&#x2014; Die Nationalversammlung endigte gestern Abend so spät, daß wir das Resultat nicht mittheilen konnten.</p>
          <p>Der Namensruf mit Kugelabstimmung konstatirte die Theilnahme von 821 Gliedern, von denen 405 <hi rendition="#g">für</hi> die Grevyschen Conclusionen d. h. unbedingte Verwerfung aller Auflösungsanträge stimmten, aber 416 dagegen.</p>
          <p>Das Journal des Debats sagt zu diesem Votum:</p>
          <p>&#x201E;Die Ausschuß-Konklusionen sind mit einer Majorität von 11 Stimmen verworfen worden. Aber das bezeichnet noch nicht, daß die Rateausche Proposition angenommen wäre. Wir glauben selbst, um aufrichtig zu sprechen, daß sie verworfen worden wäre, wenn sie ganz allein stände. Das Votum bezeichnet also nur, daß sich über die drei andern Propositionen, sowie über die Amendements, die dazu gestellt werden dürften, eine zweite Deliberation eröffnen werde. Die Kammer hat nur die unbedingten und schneidenden Conklusionen des Rapports verworfen; sie behält sich eine neue Prüfung vor.</p>
          <p>Ihr Votum hat keine andere Bedeutung. Indessen ist es ein Beweis (und wir sind glücklich, ihn hervorzuheben), daß die Kammer, wie wir dessen überhaupt sicher waren, keineswegs daran denke, sich auf die Bahn unbegränzter Diktatur zu werfen. Die Kammer hat durch ihr Votum dem Lande zeigen wollen, daß sie geneigt sei, ihrem Mandate selbst eine Grenze zu setzen.&#x201C;</p>
          <p>Der Jubel der übrigen konservativen Blätter ist bei weitem mäßiger, als es sich nach einem so aufgeregten Tage voraussetzen ließe. Ihre Freude (selbst die Schmeichelei des Constitutionnel) ist erkünstelt und macht sich in allerlei schwülstigen Phrasen Luft, die eine heimliche Ueberzeugung naher Niederlage verrathen.</p>
          <p>&#x2014; Als gestern Abend 8 1/2 Uhr Marrast das Stimmenresultat verkündete, klatschten viele Deputirte der Rechten in die Hände. Die äußerste Linke rief ihnen zu: Nieder mit den Royalisten! Eine Stimme von der Journalistenbühne ergänzte: C'est la Convention!</p>
          <p>&#x2014; Als Andenken an den unsterblichen 29. Jan. mag folgende Proklamation des Barrotkabinets hier einen Platz finden, mit der dasselbe gestern Abend sich vor der Pariser Bürgerschaft wegen des Militärspektakels zu rechtfertigen suchte: </p>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#g">Proklamation des Ministers des Innern</hi>.</p>
          <p>Bürger von Paris! <hi rendition="#g">Wir</hi> haben die Bürgerwehr unter die Waffen gerufen. Dies geschah zur Vertheidigung der gesellschaftlichen Ordnung, welche noch einmal von denselben Feinden bedroht war, die sie in den Junitagen angriffen. Die Pläne dieser Menschen haben sich noch nicht geändert. Was sie wollen, das ist: zu jedem Preise die Etablirung einer geregelten und honetten Regierung zu hindern. Was sie bedürfen, das ist: fortwährende Agitation, Anarchie, Zerstörung des Eigenthums, Umsturz aller Prinzipien. Den Despotismus der Minoritäten hoffen sie zu gründen, indem sie wie ein Privilegium das gemeinschaftliche Eigenthum, den heiligen Namen der Republik usurpiren. Um die Widerspenstigkeit gegen die Gesetze zu färben, sagen sie, daß wir die Verfassung verletzt haben und daß wir die republikanische Regierung zerstören wollen. Das ist eine verächtliche Verläumdung. Die Republik hat keine festere Stützen als diejenigen, welche sie gegen die ultrarevolutionären Exzesse zu bewahren suchen, mit denen man diese Regierungsform nur zu sehr verwechselte. Was die Verfassung betrifft, so hat der Herr Präsident der Republik geschworen, sie zu respektiren und respektiren zu lassen: er wird seinen Schwur halten. Seine Minister haben eine Vergangenheit, welche Niemanden das Recht gibt, ihre Intentionen zu verdächtigen und sie können keine größere Probe ihrer Anhänglichkeit an die republikanischen Staatseinrichtungen geben, als die Energie, mit welcher sie entschlossen sind, jede Ruhestörung zu unterdrücken, von welcher Proportion sie auch immer sein möge.</p>
          <p>Bewohner von Paris, es genügt nicht, daß die Gesellschaft stark sei; sie muß auch ihre Stärke zeigen. Ruhe und Sicherheit sind zu diesem Preise. Mögen darum alle guten Bürger die Regierung in Unterdrückung der Unordnungen unterstützen, welche auf öffentlichem Platze entstehen könnte. Die Republik, die Gesellschaft selbst, die ewigen Grundlagen der Regierungsgewalt sind es, welche die Perturbatoren in Frage stellen. Der Sieg der Ordnung muß entscheidend und unwiderruflich sein. Möge also Jeder seine Pflicht thuen; die Regierung wird die ihrige nicht versäumen.</p>
          <p>Paris, den 29. Januar 1849.</p>
          <p>Der Minister des Innern. (gez.) <hi rendition="#g">Leon Faucher</hi> </p>
          <p>Auf diese (offenbar schon am 28. Jan. verfaßte und gänzlich fehlgeschlagene Proklamation des Hrn. Ministers) bringt die Ledru Rollinsche <hi rendition="#g">Revolution</hi> eine sprühende Erwiderung, worin sie den Hrn. Leon Faucher und &#x201E;die übrigen Malthusianer&#x201C; <hi rendition="#g">der Lüge und Verläumdung</hi> zeiht, wofür sie ihr vor der Nat.-Versammlung bald Rechenschaft stehen müssen. Wahrscheinlich lassen die Malthusianer diese Nummer wegnehmen.</p>
          <p>&#x2014; &#x201E;Peuple&#x201C; erläßt an der Spitze seiner Nummer eine Proklamation an die Republikaner, worin es ihnen für die edele Haltung am gestrigen Tage dankt. &#x201E;Künftig ist der Bürgerkrieg unmöglich. Ihr sahet ein, daß Ihr, wenn Ihr losgeschlagen hättet, nur der Reaktion in die Hände gearbeitet haben würdet. Das Volk marschire stets mit seinen Vertretern Hand in Hand und es wird Alles durchsetzen. Neulich zählte die Demokratie nur 288, heute zählt sie schon 405&#x2025;&#x2025; Verlasset nicht wieder Euere Werkstätten, bis wir Euch rufen. Lasset Militär und Bürgerwehr, Mouchards und Polizei allein spazieren gehen und geht nicht auf die Straße&#x2026; Die eigentliche Frage lag nicht im Rateau'schen Antrage, sondern in einem Staatsstreiche&#x2025;&#x2025; Wohlan, der Sieg, den sich das Ministerium auf der Straße versprach, kommt Euch zu Gute; Ihr habt ihn Euch durch Eure feste Haltung angeeignet. Wie dürftig ist der Lohn des Kabinets? Eine Majorität von sechs Stimmen!</p>
          <p>Paris, 30. Januar 1849.</p>
          <p>(Unterschriften der Red.)</p>
          <p>&#x2014; Das Ministerium wird in jedem Falle sehr bald gewechselt. Als Bonaparte gestern um 2 Uhr Nachmittags die Truppen auf dem Concordienplatze und einem kleinen Theil der westlichen Boulevards zu Pferde besuchte, rief ihm das Volk zu: Es lebe die Republik! Es lebe die Amnestie! Weg mit Changarnier! Wir wollen andere Minister etc.! &#x201E;Ihr sollet sie haben!&#x201C; antwortete der Präsident auf dem Pferde und ritt rasch weiter.</p>
          <p>&#x2014; Marrast versuchte gestern seinen Liebling Lamoricière an die Stelle Changarnier's zu schmuggeln, fiel aber mit seinem Vorschlage bei Bonaparte durch. Uebrigens versprach ihm Bonaparte einige neue Portefeuilles&#x2025;&#x2025; in nächster Zukunft.</p>
          <p>&#x2014; Bugeaud ist zur Alpenarmee abgereist.</p>
          <p>&#x2014; Thomas ist noch nicht todt, sondern auf dem Wege der Besserung.</p>
          <p>&#x2014; Gegen 2 Uhr sollen gestern bei hellem Tage einige verkleidete Polizeispione an dem Place de Chatelet wirklich das Pflaster aufzureißen und eine Barrikade zu bauen vorgeschlagen haben. Aber die Arbeiter selbst jagten sie zum Teufel. Kein Mensch sah sie wieder.</p>
          <p>Sonst melden die Journale zahlreiche Verhaftungen.</p>
          <p>&#x2014; Aus Toulon erhalten wir eben die Blätter vom 25. Januar. Die Flotille liegt vernachläßigt im Hafen; einige Fahrzeuge sind abgelöst und von &#x201E;Expedition&#x201C; ist keine Rede mehr.</p>
          <p>&#x2014; D'Alton Shee ist verhaftet.</p>
          <p>&#x2014; Montrol und etwa fünfzig sonstige Cavaignacisten und Marrastianer beabsichtigen, diesen Nachmittag zu Bonaparte zu gehen und ihn zu ersuchen, wenn nicht sein ganzes Ministerium, jedoch wenigstens Faucher zu entlassen.</p>
          <p>Ob der Schritt geschehen, haben wir noch nicht erfahren können; aber soviel wird man aus den Verhandlungen der Nationalversammlung ersehen, daß Faucher von der Bergpartei heftig interpellirt wurde.</p>
          <p>Die Nationalversammlung hat nach stürmischer Debatte eine parlamentarische Untersuchung der gestrigen Komödie beschlossen.</p>
          <p>&#x2014; Am 1. Januar 1845 betrug die Gesammtsumme des in Frankreich gemünzten Goldes und Silbers ungefähr 5 Milliarden, d. h. 5000 Millionen Francs. Darunter befinden sich 2,508,359,530 Fr. in Fünffrankenthalern.</p>
          <p>&#x2014; Mazzini, eines der Häupter der republikanischen Partei, befindet sich seit einigen Tagen in Marseille.</p>
          <p><hi rendition="#g">Nationalversammlung</hi>. Sitzung vom 30. Jan. Aller militärischer Lärm ist verschwunden; Vicepräsident Billaut eröffnet um 1 1/4 Uhr die Sitzung. Das gestrige Protokoll wird verlesen.</p>
          <p>Mole überreicht einen neuen Stoß von Bittschriften für die Auflösung der Nationalversammlung.</p>
          <p>Kerdrel thut desgleichen.</p>
          <p>Degeorge überreicht drei Petitionen gegen die Auflösung.</p>
          <p>Ihm folgt eine lange Reihe von Abgeordneten mit ähnlichen Petitionen. Jeder will dabei sprechen.</p>
          <p>Stimmen links: Deponirt! Keine Explikationen! (Lärmen zur Rechten.)</p>
          <p>Sarrans verlangt das Wort vor der Tagesordnung zu Interpellationen an den Minister des Innern. Forestier, Oberst der 6. Legion, beginnt er, sei gestern im Mairieamte verhaftet worden, angeblich weil er einen Brief an Marrast, Präsidenten der Nationalversammlung, gerichtet habe, in welchem er ihm die 6. Legion zum Schutz der Nationalversammlung anbot und ihm den Vorschlag machte, mit der ganzen Linken die Sitzung in das Rue St. Martin gelegene Kunst- und Gewerbe-Conservatorium zu verlegen, falls man das bisherige Gebäude stürmen sollte. Ich frage den Minister, ob Forestier aus diesen Gründen von ihm arretirt wurde? &#x2014;</p>
          <p>Stimmen: Changarnier ließ ihn verhaften!</p>
          <p><hi rendition="#g">Sarrans</hi>: Ware das etwa ein Verbrechen, sich zum Schutze der Nationalversammlung zu stellen? Eine zweite Veranlassung, warum ich den Minister interpellire, liegt in dem Gerücht, daß Changarnier einen unziemlichen Brief an Marrast richtete, um ihm das unerhörte Truppenaufgebot anzuzeigen. Ich verlange, daß dieser Brief auf den Tisch gelegt werde. Einen dritten Grund, weshalb ich den Minister interpellire, fand ich in der Proklamation, die Faucher an die Pariser richtet und worin er von Conspiration spricht. Ja, es herrscht Verschwörung, aber <hi rendition="#g">gegen</hi> die Republik &#x2026; ich verlange eine parlamentarische Untersuchung über diese Thatsachen. (Ja, Ja!)</p>
          <p><hi rendition="#g">Faucher,</hi> Minister: Zwei Punkte verdienen Widerlegung 1) Changarnier solle einen unehrbietigen Brief an den Präsidenten Marrast geschrieben haben. Ist dieser Brief wirklich unehrbietig, so glaube ich ist Hr. Marrast ein zu eifersüchtiger Wächter der Ehre seines Amts, um eines Fürsprechers zu bedürfen. Warum klagte Marrast nicht selbst? Er schwieg aber. &#x2014; 2) Forestier wäre sicher nicht verhaftet worden, wenn er nur jenen Brief geschrieben hätte. Aber es liegt gegen ihn eine Anklage auf Truppenverführung vor; es ist eine gerichtliche Untersuchung gegen ihn eingeleitet; man wolle also ihrem Erfolge nicht vorgreifen. Was endlich 3) die Vorsichtsmaaßregeln, Proklamation u. s. w. betrifft, so waren wir von Komplotten unterrichtet, geheime Gesellschaften warteten nur auf das Zeichen zum Losbruch. (Oh, Oh!) Es sind mehr als 100 Personen verhaftet worden; die Untersuchungen werden das Nähere herausstellen. (Ah!) Wären wir überrascht worden, wie sehr würde man das Cabinet getadelt haben. (Unterbrechung, Lärm.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Marrast:</hi> (tiefe Stille) Ich besteige die Bühne, um gegen die Behauptung zu protestiren, daß Changarnier einen unziemlichen Brief an mich geschrieben. Hier ist derselbe (Marrast liest ihn vor). Was Forestier betrifft, so hat der Brief, den er an mich richtet, seine Haft nicht hervorgerufen. (Marrast liest auch diesen Brief vor.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Bac</hi> (vom Berge): Ich unterstütze den Antrag auf Untersuchung. Die gestrige <hi rendition="#g">Kriegskomödie</hi> muß untersucht werden. Die Sache war offenbar vorher abgekartet. (Der Redner liest das Journal de la Gironde vor, das den ganzen Putsch vorherkündete.) Lärm und Sensation. Einer sagt, daß die Proklamation den Berg angreife.</p>
          <p>Malleville untelbricht ironisch: Ah, ah ! Getroffen.</p>
          <p>Faucher erklärt, daß er das J. de la Gironde nicht kenne.</p>
          <p>Guinard und Quinet erheben sich mächtig für Forestier und bieten sich als Caution an.</p>
          <p><hi rendition="#g">Flocon</hi> sagt energisch zur Rechten und zu den Ministern: Ihr habt einen Staatsstreich ausführen wollen. (Er tritt in Details.) Zum Schluß, zum Schluß! Nach zweimaliger Probe wird eine Enquète entschieden. (Große Agitation.) Die Versammlung geht zur <hi rendition="#g">Erbschafts</hi>- oder Goudchaux'schen Invention über.</p>
          <p>Die allgemeine Diskussion über Goudchaux's neue Steuer bietet wenig Interesse, doch verdient sie Erwähnung.</p>
          <p><hi rendition="#g">Goudchaux</hi> schlägt vor, die Einschreibegebühren folgendermaßen zu dekretiren:</p>
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            <row>
              <cell> <hi rendition="#g">Auf Mobilien: Auf Immobilien:</hi> </cell>
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            <row>
              <cell>Bei Erbschaften in direkter Linie 1 Fr. &#x2014; 1 Fr.</cell>
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              <cell>Bei Erbschaften zwischen Ehegatten 2 1/2 Fr. &#x2014; 5 Fr.</cell>
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          <p>Die Commission, der sein Antrag zur Prüfung überwiesen wurde, schlägt vor:</p>
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              <cell> <hi rendition="#g">Auf Mobilien: Auf Immobilien:</hi> </cell>
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              <cell>In direkter Linie 75 Centimes &#x2014; 1 Fr. 50 Cent.</cell>
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              <cell>Zwischen Ehegatten 2 1/2 Franks &#x2014; 5 Fr. 0 Cent.</cell>
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              <cell>Zwischen Brüdern, Schwestern, Onkeln und Neffen 5 Franks &#x2014; 7 Fr. 50 Cent.</cell>
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          </table>
          <p><hi rendition="#g">Marcel Barthe</hi> bekämpft den Entwurf. Seit 1720 greife der Fiskus fortwährend die Erbschaften an. Dieser Appetit des Fiskus sei intolerable. Zuletzt werde er sich in den Nachlaß der Bürger ganz theilen. (Allgemeine Heiterkeit.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Lerembource</hi> findet dies ebenfalls unerhört. Man solle nicht die Einnahmen des Staates, sondern die Ausgaben mindern.(Oh, Oh!)</p>
          <p><hi rendition="#g">Perré</hi> (vom Siècle) widersetzt sich dem Gesetzentwurf; er phantasirt zu Gunsten des kleinen Grundbesitzers; wird aber wenig gehört.</p>
          <p><hi rendition="#g">Boursat</hi> schlägt niedrigere Sätze vor, fällt aber durch. Aber auch Goudchaux's Chiffern erleiden eine Aenderung.</p>
          <p><hi rendition="#g">Parrieu</hi> vertheidigt als Rapporteur besonders die Sätze auf Immobilien (1 1/2 Prozent.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Passy,</hi> Finanzminister, prophezeit Böses. Man verdreifache die Lasten der ärmeren Klasse. (Oh, Oh!) In Frankreich habe der Grund und Boden den höchsten Werth von allen Ländern, (Oh, Oh! Haha!) aber schon die indirekten Steuern lasten zu hart auf dem Landmanne. Es solle der Entwurf noch einmal erwägt werden. Die Sitzung wird um 6 1/2 Uhr aufgehoben.</p>
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      <div n="1">
        <head>Belgien.</head>
        <div xml:id="ar211_027" type="jArticle">
          <head><bibl><author>43</author></bibl> Brüssel, 28. Januar.</head>
          <p>Die hier schon seit einiger Zeit bestehende Société &#x201E;démocratique fraternelle&#x201C;, deren Präsident Advokat Faider ist, hatte heute ein wirklich großartiges Bankett dem großen Saale des Estaminet Palais royal außerhalb dem Namür'schen Thore veranstaltet, woran sich mehr als tausend Personen betheiligten. Ein Beweis, wie sehr die Demokratie hier an Ansehen gewonnen hat, liegt darin, daß man sich gar keiner Affichen und sonstigen Ausposaunungen bedient hat, und dennoch der Saal nicht alle Theilnehmer fassen konnte. Unter den vielen gediegenen Reden und Toasten, die dort gebracht wurden, sind besonders bemerkenswerth: der Toast des Präsidenten Faider: &#x201E;es lebe die demokratische sociale Republik!&#x201C; Diese Worte fanden ein derartiges Echo, daß nicht allein der Saal, sondern auch die benachbarten Straßen davon erdröhnten. In einer späteren Rede entwickelte derselbe Redner die jetzige günstige Stellung der Demokratie in ganz Europa, unter andern gedachte er der jetzt in Preußen stattgefundenen demokratischen Wahlen, trotz aller Reaktion; von Frankreich her berichtete er, daß Ledru-Rollin einen Anklageakt gegen das Ministerium Odilon-Barrot und Faucher in der Nationalversammlung deponirt habe u. s. w. Ferner sprachen Mathieu und noch einige andere Demokraten über die soicale Frage, der Organisation der Arbeit, und wußten dieselben mit einer solchen Beredsamkeit auseinanderzusetzen, daß selbst der unbewußte Proletarier daraus recht gut vernehmen konnte, daß nur der Umsturz der jetzigen Organisation der Gesellschaft dem Proletarier sein Recht bringen könne. Es hatten sich auch eine Menge deutscher Demokraten an diesem Bankett betheiligt, und gern hätte Einer der Deutschen das Wort genommen, um den belgischen Demokraten zu beweisen, daß auch sie dieselbe Sympathie für die Demokratie hegten, allein, leider! unterliegt der Fremde hier noch so sehr der Reaktion, denn der Redner würde jedenfalls expulsirt worden sein. &#x2014; Ein belgischer Demokrat Gigot nahm das Wort im Namen der Deutschen, und sagte, daß wir Alle nach demselben Ziele strebten, und auch dahin gelangten, wo wir alsdann keine Grenzen und keine Nationalfarben mehr kennen würden, und überhaupt alle Demokraten, deutsche, französische, belgische etc. nur die rothe Farbe als die allgemeine anerkennten. Ein außerordentlicher Applaus erfolgte. Hierauf wurde ein Schreiben von dem allgemein beliebten Tedesco, der im Kerker sitzt und also nicht an dem Bankett Theil nehmen konnte, vorgelesen, woraus sich ergab, daß trotz der langen Kerkerhaft noch immer derselbe Geist ihn beseele und er noch eifrig betheuert, daß selbst vom Kerker aus er noch immer so viel wie mögtich für die gute Sache wirken werde. &#x2014; Bemerkenswerth ist, daß bei dieser Masse Menschen die größte Ruhe und Ordnung herrschte, und nach einer 5 stündigen Sitzung begab man sich ruhig ohne Störung nach Hause.</p>
          <p>Da dieses Bankett eine so zahlreiche Theilnahme gehabt und überhaupt sich viel Sympathie für die Volkssache zeigte, so ist für den 25. Februar ein zweites demokratisch soziales Bankett festgestellt.</p>
        </div>
      </div>
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        <head>Großbritannien.</head>
        <div xml:id="ar211_028" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 29. Jan.</head>
          <p>&#x201E;Den armen Mann zerschmettert das Gesetz, und reiche Männer regeln die Gesetze!&#x201C; Mit diesem Motto leitet der treffliche Harney seinen 31. Brief an die arbeitenden Klassen in der vorletzten Nummer des &#x201E;Northern Star&#x201C; ein, einen Brief, dessen Thema so wichtig und dessen Form und Haltung so ausgezeichnet sind, daß ich denselben um so lieber seiner ganzen Länge nach folgen lasse, als der politische Moment zu anderen Mittheilungen aus London so gut wie gar keinen Anlaß bietet. Der Fall, an welchen Harney seine Betrachtungen anknüpft, ist Ihren Lesern durch meine früheren Berichte zur Genüge bekannt geworden.</p>
          <p>&#x201E;Brüder Proletarier! Die Zerstörung von Menschenleben in dem Armenkinder-Asyl zu Tooting ist ein neues abschreckendes Beispiel des saubern Systems, welches man kürzlich als &#x201E;die Bewunderung der Welt und den Neid der Nachbarnationen&#x201C; so oft gepriesen hat. Unter dem &#x201E;System&#x201C; verstehe ich nicht blos das Regiment von Königin, Lords, Commons, Federbett-Feldmarschällen, Ehrendamen, Richtern, Bischöfen, Soldaten, Polizisten und Spionen. Ich meine das System in seinem sozialen sowohl, als in seinem politischen Charakter, und nenne es ein niederträchtiges, ein mörderisches System. &#x201E;Gehen Sie doch,&#x201C; sagte die Times vor einigen Monaten in ihrer Ansprache an Louis Blanc, gehen Sie doch durch Regent-Street und blicken dort auf die Läden, die vom Kunstfleiße Englands und vom Reichthum der Welt voll sind bis zur Ueberfülle! Sehen Sie sie an und halten Sie die halb ruinirte Hauptstadt dagegen, welche Sie verlassen haben, und Sie werden <ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref>                </p>
          <p>
            <ref type="link">Hierzu eine Beilage.</ref>
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</TEI>
[1158/0004] Gesicht bourbonisch, Gesichtsfarbe gesund und roth; Anlagen zum Bauche; Bart wenig, kleiner blonder Schnurrbart. Der Prinz wird von seiner Umgebung mit Majestät angeredet, und als Majestät behandelt. Jeden Morgen geht er in die Messe, welche in der Schloßkapelle vom Abbé Trebuquet gelesen wird. Nach der Messe geht er auf die Jagd bis 12 Uhr, wo gefrühstückt wird. Nach dem Frühstück Lektüre der französischen Journale und Briefe aus Paris; das dauert bis zum Diner. Abends wird Whist gespielt. Hr. v. Barante leitete die Erziehung des Herzogs v. Bordeaux bis zum Jahre 1830. Nach der Julirevolution wurde diese anfänglich dem Hrn. v. Blacas und dann dem Hrn. v. Levi anvertraut. Letzterer ist ein alter, eingerosteter Gentilhomme. Der Abbé Trebuquet, Vendeer und in dem Vendeer Aufstand von 1832 kompromittirt, Kreatur der Herzogin v. Berry, hat die Seelsorge des Herzogs v. Bordeaux zu leiten. Als eingefleischter Jesuit hat der Abbé seinem Zöglinge die größte Antipathie gegen Alles Moderne einzuimpfen gewußt. Der Prinz mit seinen Ideen paßt weit eher in ein Kloster des 15. Jahrhunderts, als in unsere moderner Gesellschaft. Alles trägt an dem Hofe von Frohnsdorf das Gepräge der Vergangenheit: die Etiquette bis in ihren geringfügigsten Details wird auf's strengste beobachtet, ganz wie am Hofe Karls des Zehnten. Familienverhältnisse. Die Herzogin v. Berry, die Mutter des Herzogs, hat jetzt bereits vier andere Kinder von dem Grafen Luchezi; sie ist sehr stark beleibt und lebt im Schlosse von Brunvie, sechs Meilen von Gratz. Der Herzog kann es seiner Mutter nicht verzeihen, daß sie ihm einen Bruder in der Vendee gegeben hat; sie unterhält mit dem Herzog einen rein politischen Briefwechsel. Die Herzogin v. Angouleme, die sehr fromm ist, nährt in dem Prinzen die eben nicht liebevolle Gesinnung gegen seine Mutter. Die Frau des Herzogs v. Bordeaux ist zwei Jahre älter als er; sie hat also über 30 Jahre; ist groß, mager, dürr, häßlich, zänkisch und ihren Mann beherrschend. Sie ist übrigens sehr gebildet und fein in ihrem Benehmen, sogar etwas gelehrt. An diesem Puppenhofe gibt es eine Camarilla, die sich um die Herzogin und nicht um den Herzog gruppirt. Des Letztern vollkommene Nullität weiß Jeder gehörig zu würdigen. Der Prinz hat 500,000 Fr. jährliche Rente, die ihm Karl X. vermacht hat; bei dem Tode seiner Tante, der Herzogin v. Angouleme, wird er noch 300,000 Fr. erben. Umgebung des Prinzen: Der Herzog von Levi, ein alter Mann, der 400,000 Fr. Renten zu verzehren hat, lebt am Hofe des Herzogs, nach strenger alter Etiquette, und dies einzig und allein, um den Prinzen zu überwachen und zu beherrschen. Niemand kann zum Prinzen vordringen, ohne erst bei dem Herrn von Levi angemeldet zu werden. Außer dem Herrn von Levi sehen wir noch am Hofe und in der nächsten Umgebung des Prinzen den alten Minister von Montbel, der unter Karl X. die Ordonnanzen mit unterzeichnet hat. Herr von Montbel ist ein Mann von Geist, der anfänglich beabsichtigte, der Erziehung des Prinzen eine freisinnigere Form zu geben; aber selbst schwach, ohne Vermögen und Einfluß, sah er sich genöthigt, seine guten Absichten dem Herrn von Levi zum Opfer zu bringen. Er hat sich kürzlich zum dritten Male verheirathet und hat eine zahlreiche Familie. Von Nicolai, Schwiegersohn des Herrn von Levi, von Blancar und seine Frau, von Menti und d'Oguerty bilden am Hofe von Frohnsdorff die Partei, welche, in Uebereinstimmung mit der Herzogin von Berry, eine Restauration mittelst der Waffen will. — Der Herzog von Levi hält den Prinzen in beständiger Vormundschaft, und der Abbé Trebuquet beherrscht ihn ausschließlich. — Der Herzog von Bordeaux hat jetzt schon die näschige Gefräßigkeit Karls X. — Das Personal des Hofes besteht aus 25 Dienern. Seit den neuen Ereignissen fängt der Hof von Frohnsdorff wieder an, aufzuleben. Den ganzen Tag beschäftigt man sich damit, die Ministerstellen und Präfektenplätze zu vertheilen. Paris, 30. Jan. Paris ist vollkommen ruhig. Der gesammte militärische Troß, mittelst welchem man die demokratische Partei in die Pfanne zu hauen gedachte, ist wieder verschwunden: Paris hat seine gewöhnliche Physiognomie an diesen Morgen. Wir können den 29. Januar mit vollem Recht nennen la journée des dupes, und die Dupirten sind die Contrerevolutionäre. — Die Nationalversammlung endigte gestern Abend so spät, daß wir das Resultat nicht mittheilen konnten. Der Namensruf mit Kugelabstimmung konstatirte die Theilnahme von 821 Gliedern, von denen 405 für die Grevyschen Conclusionen d. h. unbedingte Verwerfung aller Auflösungsanträge stimmten, aber 416 dagegen. Das Journal des Debats sagt zu diesem Votum: „Die Ausschuß-Konklusionen sind mit einer Majorität von 11 Stimmen verworfen worden. Aber das bezeichnet noch nicht, daß die Rateausche Proposition angenommen wäre. Wir glauben selbst, um aufrichtig zu sprechen, daß sie verworfen worden wäre, wenn sie ganz allein stände. Das Votum bezeichnet also nur, daß sich über die drei andern Propositionen, sowie über die Amendements, die dazu gestellt werden dürften, eine zweite Deliberation eröffnen werde. Die Kammer hat nur die unbedingten und schneidenden Conklusionen des Rapports verworfen; sie behält sich eine neue Prüfung vor. Ihr Votum hat keine andere Bedeutung. Indessen ist es ein Beweis (und wir sind glücklich, ihn hervorzuheben), daß die Kammer, wie wir dessen überhaupt sicher waren, keineswegs daran denke, sich auf die Bahn unbegränzter Diktatur zu werfen. Die Kammer hat durch ihr Votum dem Lande zeigen wollen, daß sie geneigt sei, ihrem Mandate selbst eine Grenze zu setzen.“ Der Jubel der übrigen konservativen Blätter ist bei weitem mäßiger, als es sich nach einem so aufgeregten Tage voraussetzen ließe. Ihre Freude (selbst die Schmeichelei des Constitutionnel) ist erkünstelt und macht sich in allerlei schwülstigen Phrasen Luft, die eine heimliche Ueberzeugung naher Niederlage verrathen. — Als gestern Abend 8 1/2 Uhr Marrast das Stimmenresultat verkündete, klatschten viele Deputirte der Rechten in die Hände. Die äußerste Linke rief ihnen zu: Nieder mit den Royalisten! Eine Stimme von der Journalistenbühne ergänzte: C'est la Convention! — Als Andenken an den unsterblichen 29. Jan. mag folgende Proklamation des Barrotkabinets hier einen Platz finden, mit der dasselbe gestern Abend sich vor der Pariser Bürgerschaft wegen des Militärspektakels zu rechtfertigen suchte: Proklamation des Ministers des Innern. Bürger von Paris! Wir haben die Bürgerwehr unter die Waffen gerufen. Dies geschah zur Vertheidigung der gesellschaftlichen Ordnung, welche noch einmal von denselben Feinden bedroht war, die sie in den Junitagen angriffen. Die Pläne dieser Menschen haben sich noch nicht geändert. Was sie wollen, das ist: zu jedem Preise die Etablirung einer geregelten und honetten Regierung zu hindern. Was sie bedürfen, das ist: fortwährende Agitation, Anarchie, Zerstörung des Eigenthums, Umsturz aller Prinzipien. Den Despotismus der Minoritäten hoffen sie zu gründen, indem sie wie ein Privilegium das gemeinschaftliche Eigenthum, den heiligen Namen der Republik usurpiren. Um die Widerspenstigkeit gegen die Gesetze zu färben, sagen sie, daß wir die Verfassung verletzt haben und daß wir die republikanische Regierung zerstören wollen. Das ist eine verächtliche Verläumdung. Die Republik hat keine festere Stützen als diejenigen, welche sie gegen die ultrarevolutionären Exzesse zu bewahren suchen, mit denen man diese Regierungsform nur zu sehr verwechselte. Was die Verfassung betrifft, so hat der Herr Präsident der Republik geschworen, sie zu respektiren und respektiren zu lassen: er wird seinen Schwur halten. Seine Minister haben eine Vergangenheit, welche Niemanden das Recht gibt, ihre Intentionen zu verdächtigen und sie können keine größere Probe ihrer Anhänglichkeit an die republikanischen Staatseinrichtungen geben, als die Energie, mit welcher sie entschlossen sind, jede Ruhestörung zu unterdrücken, von welcher Proportion sie auch immer sein möge. Bewohner von Paris, es genügt nicht, daß die Gesellschaft stark sei; sie muß auch ihre Stärke zeigen. Ruhe und Sicherheit sind zu diesem Preise. Mögen darum alle guten Bürger die Regierung in Unterdrückung der Unordnungen unterstützen, welche auf öffentlichem Platze entstehen könnte. Die Republik, die Gesellschaft selbst, die ewigen Grundlagen der Regierungsgewalt sind es, welche die Perturbatoren in Frage stellen. Der Sieg der Ordnung muß entscheidend und unwiderruflich sein. Möge also Jeder seine Pflicht thuen; die Regierung wird die ihrige nicht versäumen. Paris, den 29. Januar 1849. Der Minister des Innern. (gez.) Leon Faucher Auf diese (offenbar schon am 28. Jan. verfaßte und gänzlich fehlgeschlagene Proklamation des Hrn. Ministers) bringt die Ledru Rollinsche Revolution eine sprühende Erwiderung, worin sie den Hrn. Leon Faucher und „die übrigen Malthusianer“ der Lüge und Verläumdung zeiht, wofür sie ihr vor der Nat.-Versammlung bald Rechenschaft stehen müssen. Wahrscheinlich lassen die Malthusianer diese Nummer wegnehmen. — „Peuple“ erläßt an der Spitze seiner Nummer eine Proklamation an die Republikaner, worin es ihnen für die edele Haltung am gestrigen Tage dankt. „Künftig ist der Bürgerkrieg unmöglich. Ihr sahet ein, daß Ihr, wenn Ihr losgeschlagen hättet, nur der Reaktion in die Hände gearbeitet haben würdet. Das Volk marschire stets mit seinen Vertretern Hand in Hand und es wird Alles durchsetzen. Neulich zählte die Demokratie nur 288, heute zählt sie schon 405‥‥ Verlasset nicht wieder Euere Werkstätten, bis wir Euch rufen. Lasset Militär und Bürgerwehr, Mouchards und Polizei allein spazieren gehen und geht nicht auf die Straße… Die eigentliche Frage lag nicht im Rateau'schen Antrage, sondern in einem Staatsstreiche‥‥ Wohlan, der Sieg, den sich das Ministerium auf der Straße versprach, kommt Euch zu Gute; Ihr habt ihn Euch durch Eure feste Haltung angeeignet. Wie dürftig ist der Lohn des Kabinets? Eine Majorität von sechs Stimmen! Paris, 30. Januar 1849. (Unterschriften der Red.) — Das Ministerium wird in jedem Falle sehr bald gewechselt. Als Bonaparte gestern um 2 Uhr Nachmittags die Truppen auf dem Concordienplatze und einem kleinen Theil der westlichen Boulevards zu Pferde besuchte, rief ihm das Volk zu: Es lebe die Republik! Es lebe die Amnestie! Weg mit Changarnier! Wir wollen andere Minister etc.! „Ihr sollet sie haben!“ antwortete der Präsident auf dem Pferde und ritt rasch weiter. — Marrast versuchte gestern seinen Liebling Lamoricière an die Stelle Changarnier's zu schmuggeln, fiel aber mit seinem Vorschlage bei Bonaparte durch. Uebrigens versprach ihm Bonaparte einige neue Portefeuilles‥‥ in nächster Zukunft. — Bugeaud ist zur Alpenarmee abgereist. — Thomas ist noch nicht todt, sondern auf dem Wege der Besserung. — Gegen 2 Uhr sollen gestern bei hellem Tage einige verkleidete Polizeispione an dem Place de Chatelet wirklich das Pflaster aufzureißen und eine Barrikade zu bauen vorgeschlagen haben. Aber die Arbeiter selbst jagten sie zum Teufel. Kein Mensch sah sie wieder. Sonst melden die Journale zahlreiche Verhaftungen. — Aus Toulon erhalten wir eben die Blätter vom 25. Januar. Die Flotille liegt vernachläßigt im Hafen; einige Fahrzeuge sind abgelöst und von „Expedition“ ist keine Rede mehr. — D'Alton Shee ist verhaftet. — Montrol und etwa fünfzig sonstige Cavaignacisten und Marrastianer beabsichtigen, diesen Nachmittag zu Bonaparte zu gehen und ihn zu ersuchen, wenn nicht sein ganzes Ministerium, jedoch wenigstens Faucher zu entlassen. Ob der Schritt geschehen, haben wir noch nicht erfahren können; aber soviel wird man aus den Verhandlungen der Nationalversammlung ersehen, daß Faucher von der Bergpartei heftig interpellirt wurde. Die Nationalversammlung hat nach stürmischer Debatte eine parlamentarische Untersuchung der gestrigen Komödie beschlossen. — Am 1. Januar 1845 betrug die Gesammtsumme des in Frankreich gemünzten Goldes und Silbers ungefähr 5 Milliarden, d. h. 5000 Millionen Francs. Darunter befinden sich 2,508,359,530 Fr. in Fünffrankenthalern. — Mazzini, eines der Häupter der republikanischen Partei, befindet sich seit einigen Tagen in Marseille. Nationalversammlung. Sitzung vom 30. Jan. Aller militärischer Lärm ist verschwunden; Vicepräsident Billaut eröffnet um 1 1/4 Uhr die Sitzung. Das gestrige Protokoll wird verlesen. Mole überreicht einen neuen Stoß von Bittschriften für die Auflösung der Nationalversammlung. Kerdrel thut desgleichen. Degeorge überreicht drei Petitionen gegen die Auflösung. Ihm folgt eine lange Reihe von Abgeordneten mit ähnlichen Petitionen. Jeder will dabei sprechen. Stimmen links: Deponirt! Keine Explikationen! (Lärmen zur Rechten.) Sarrans verlangt das Wort vor der Tagesordnung zu Interpellationen an den Minister des Innern. Forestier, Oberst der 6. Legion, beginnt er, sei gestern im Mairieamte verhaftet worden, angeblich weil er einen Brief an Marrast, Präsidenten der Nationalversammlung, gerichtet habe, in welchem er ihm die 6. Legion zum Schutz der Nationalversammlung anbot und ihm den Vorschlag machte, mit der ganzen Linken die Sitzung in das Rue St. Martin gelegene Kunst- und Gewerbe-Conservatorium zu verlegen, falls man das bisherige Gebäude stürmen sollte. Ich frage den Minister, ob Forestier aus diesen Gründen von ihm arretirt wurde? — Stimmen: Changarnier ließ ihn verhaften! Sarrans: Ware das etwa ein Verbrechen, sich zum Schutze der Nationalversammlung zu stellen? Eine zweite Veranlassung, warum ich den Minister interpellire, liegt in dem Gerücht, daß Changarnier einen unziemlichen Brief an Marrast richtete, um ihm das unerhörte Truppenaufgebot anzuzeigen. Ich verlange, daß dieser Brief auf den Tisch gelegt werde. Einen dritten Grund, weshalb ich den Minister interpellire, fand ich in der Proklamation, die Faucher an die Pariser richtet und worin er von Conspiration spricht. Ja, es herrscht Verschwörung, aber gegen die Republik … ich verlange eine parlamentarische Untersuchung über diese Thatsachen. (Ja, Ja!) Faucher, Minister: Zwei Punkte verdienen Widerlegung 1) Changarnier solle einen unehrbietigen Brief an den Präsidenten Marrast geschrieben haben. Ist dieser Brief wirklich unehrbietig, so glaube ich ist Hr. Marrast ein zu eifersüchtiger Wächter der Ehre seines Amts, um eines Fürsprechers zu bedürfen. Warum klagte Marrast nicht selbst? Er schwieg aber. — 2) Forestier wäre sicher nicht verhaftet worden, wenn er nur jenen Brief geschrieben hätte. Aber es liegt gegen ihn eine Anklage auf Truppenverführung vor; es ist eine gerichtliche Untersuchung gegen ihn eingeleitet; man wolle also ihrem Erfolge nicht vorgreifen. Was endlich 3) die Vorsichtsmaaßregeln, Proklamation u. s. w. betrifft, so waren wir von Komplotten unterrichtet, geheime Gesellschaften warteten nur auf das Zeichen zum Losbruch. (Oh, Oh!) Es sind mehr als 100 Personen verhaftet worden; die Untersuchungen werden das Nähere herausstellen. (Ah!) Wären wir überrascht worden, wie sehr würde man das Cabinet getadelt haben. (Unterbrechung, Lärm.) Marrast: (tiefe Stille) Ich besteige die Bühne, um gegen die Behauptung zu protestiren, daß Changarnier einen unziemlichen Brief an mich geschrieben. Hier ist derselbe (Marrast liest ihn vor). Was Forestier betrifft, so hat der Brief, den er an mich richtet, seine Haft nicht hervorgerufen. (Marrast liest auch diesen Brief vor.) Bac (vom Berge): Ich unterstütze den Antrag auf Untersuchung. Die gestrige Kriegskomödie muß untersucht werden. Die Sache war offenbar vorher abgekartet. (Der Redner liest das Journal de la Gironde vor, das den ganzen Putsch vorherkündete.) Lärm und Sensation. Einer sagt, daß die Proklamation den Berg angreife. Malleville untelbricht ironisch: Ah, ah ! Getroffen. Faucher erklärt, daß er das J. de la Gironde nicht kenne. Guinard und Quinet erheben sich mächtig für Forestier und bieten sich als Caution an. Flocon sagt energisch zur Rechten und zu den Ministern: Ihr habt einen Staatsstreich ausführen wollen. (Er tritt in Details.) Zum Schluß, zum Schluß! Nach zweimaliger Probe wird eine Enquète entschieden. (Große Agitation.) Die Versammlung geht zur Erbschafts- oder Goudchaux'schen Invention über. Die allgemeine Diskussion über Goudchaux's neue Steuer bietet wenig Interesse, doch verdient sie Erwähnung. Goudchaux schlägt vor, die Einschreibegebühren folgendermaßen zu dekretiren: Auf Mobilien: Auf Immobilien: Bei Erbschaften in direkter Linie 1 Fr. — 1 Fr. Bei Erbschaften zwischen Ehegatten 2 1/2 Fr. — 5 Fr. Die Commission, der sein Antrag zur Prüfung überwiesen wurde, schlägt vor: Auf Mobilien: Auf Immobilien: In direkter Linie 75 Centimes — 1 Fr. 50 Cent. Zwischen Ehegatten 2 1/2 Franks — 5 Fr. 0 Cent. Zwischen Brüdern, Schwestern, Onkeln und Neffen 5 Franks — 7 Fr. 50 Cent. Marcel Barthe bekämpft den Entwurf. Seit 1720 greife der Fiskus fortwährend die Erbschaften an. Dieser Appetit des Fiskus sei intolerable. Zuletzt werde er sich in den Nachlaß der Bürger ganz theilen. (Allgemeine Heiterkeit.) Lerembource findet dies ebenfalls unerhört. Man solle nicht die Einnahmen des Staates, sondern die Ausgaben mindern.(Oh, Oh!) Perré (vom Siècle) widersetzt sich dem Gesetzentwurf; er phantasirt zu Gunsten des kleinen Grundbesitzers; wird aber wenig gehört. Boursat schlägt niedrigere Sätze vor, fällt aber durch. Aber auch Goudchaux's Chiffern erleiden eine Aenderung. Parrieu vertheidigt als Rapporteur besonders die Sätze auf Immobilien (1 1/2 Prozent.) Passy, Finanzminister, prophezeit Böses. Man verdreifache die Lasten der ärmeren Klasse. (Oh, Oh!) In Frankreich habe der Grund und Boden den höchsten Werth von allen Ländern, (Oh, Oh! Haha!) aber schon die indirekten Steuern lasten zu hart auf dem Landmanne. Es solle der Entwurf noch einmal erwägt werden. Die Sitzung wird um 6 1/2 Uhr aufgehoben. Belgien. 43 Brüssel, 28. Januar. Die hier schon seit einiger Zeit bestehende Société „démocratique fraternelle“, deren Präsident Advokat Faider ist, hatte heute ein wirklich großartiges Bankett dem großen Saale des Estaminet Palais royal außerhalb dem Namür'schen Thore veranstaltet, woran sich mehr als tausend Personen betheiligten. Ein Beweis, wie sehr die Demokratie hier an Ansehen gewonnen hat, liegt darin, daß man sich gar keiner Affichen und sonstigen Ausposaunungen bedient hat, und dennoch der Saal nicht alle Theilnehmer fassen konnte. Unter den vielen gediegenen Reden und Toasten, die dort gebracht wurden, sind besonders bemerkenswerth: der Toast des Präsidenten Faider: „es lebe die demokratische sociale Republik!“ Diese Worte fanden ein derartiges Echo, daß nicht allein der Saal, sondern auch die benachbarten Straßen davon erdröhnten. In einer späteren Rede entwickelte derselbe Redner die jetzige günstige Stellung der Demokratie in ganz Europa, unter andern gedachte er der jetzt in Preußen stattgefundenen demokratischen Wahlen, trotz aller Reaktion; von Frankreich her berichtete er, daß Ledru-Rollin einen Anklageakt gegen das Ministerium Odilon-Barrot und Faucher in der Nationalversammlung deponirt habe u. s. w. Ferner sprachen Mathieu und noch einige andere Demokraten über die soicale Frage, der Organisation der Arbeit, und wußten dieselben mit einer solchen Beredsamkeit auseinanderzusetzen, daß selbst der unbewußte Proletarier daraus recht gut vernehmen konnte, daß nur der Umsturz der jetzigen Organisation der Gesellschaft dem Proletarier sein Recht bringen könne. Es hatten sich auch eine Menge deutscher Demokraten an diesem Bankett betheiligt, und gern hätte Einer der Deutschen das Wort genommen, um den belgischen Demokraten zu beweisen, daß auch sie dieselbe Sympathie für die Demokratie hegten, allein, leider! unterliegt der Fremde hier noch so sehr der Reaktion, denn der Redner würde jedenfalls expulsirt worden sein. — Ein belgischer Demokrat Gigot nahm das Wort im Namen der Deutschen, und sagte, daß wir Alle nach demselben Ziele strebten, und auch dahin gelangten, wo wir alsdann keine Grenzen und keine Nationalfarben mehr kennen würden, und überhaupt alle Demokraten, deutsche, französische, belgische etc. nur die rothe Farbe als die allgemeine anerkennten. Ein außerordentlicher Applaus erfolgte. Hierauf wurde ein Schreiben von dem allgemein beliebten Tedesco, der im Kerker sitzt und also nicht an dem Bankett Theil nehmen konnte, vorgelesen, woraus sich ergab, daß trotz der langen Kerkerhaft noch immer derselbe Geist ihn beseele und er noch eifrig betheuert, daß selbst vom Kerker aus er noch immer so viel wie mögtich für die gute Sache wirken werde. — Bemerkenswerth ist, daß bei dieser Masse Menschen die größte Ruhe und Ordnung herrschte, und nach einer 5 stündigen Sitzung begab man sich ruhig ohne Störung nach Hause. Da dieses Bankett eine so zahlreiche Theilnahme gehabt und überhaupt sich viel Sympathie für die Volkssache zeigte, so ist für den 25. Februar ein zweites demokratisch soziales Bankett festgestellt. Großbritannien. * London, 29. Jan. „Den armen Mann zerschmettert das Gesetz, und reiche Männer regeln die Gesetze!“ Mit diesem Motto leitet der treffliche Harney seinen 31. Brief an die arbeitenden Klassen in der vorletzten Nummer des „Northern Star“ ein, einen Brief, dessen Thema so wichtig und dessen Form und Haltung so ausgezeichnet sind, daß ich denselben um so lieber seiner ganzen Länge nach folgen lasse, als der politische Moment zu anderen Mittheilungen aus London so gut wie gar keinen Anlaß bietet. Der Fall, an welchen Harney seine Betrachtungen anknüpft, ist Ihren Lesern durch meine früheren Berichte zur Genüge bekannt geworden. „Brüder Proletarier! Die Zerstörung von Menschenleben in dem Armenkinder-Asyl zu Tooting ist ein neues abschreckendes Beispiel des saubern Systems, welches man kürzlich als „die Bewunderung der Welt und den Neid der Nachbarnationen“ so oft gepriesen hat. Unter dem „System“ verstehe ich nicht blos das Regiment von Königin, Lords, Commons, Federbett-Feldmarschällen, Ehrendamen, Richtern, Bischöfen, Soldaten, Polizisten und Spionen. Ich meine das System in seinem sozialen sowohl, als in seinem politischen Charakter, und nenne es ein niederträchtiges, ein mörderisches System. „Gehen Sie doch,“ sagte die Times vor einigen Monaten in ihrer Ansprache an Louis Blanc, gehen Sie doch durch Regent-Street und blicken dort auf die Läden, die vom Kunstfleiße Englands und vom Reichthum der Welt voll sind bis zur Ueberfülle! Sehen Sie sie an und halten Sie die halb ruinirte Hauptstadt dagegen, welche Sie verlassen haben, und Sie werden [Fortsetzung] Hierzu eine Beilage.

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 211. Köln, 2. Februar 1849, S. 1158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz211_1849/4>, abgerufen am 19.04.2024.