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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 201. Köln, 21. Januar 1849. Beilage.

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1. Beilage zu Nr. 201 der Neuen Rheinischen Zeitung.
Organ der Demokratie.
Sonntag 21. Januar 1849.
[Deutschland]

[Fortsetzung] cher Polizeidirektor, dessen "Geldzeugerei" doch für eine christlich-germanische Regierung von unschätzbarem Werth sein mußte. Doch hoffen wir, daß das Fehlende bald nachkommt! An ausgezeichnete Dienste wird das Schwarzweißthum sich schon zu erinnern wissen.

087 Frankenstein, (in Schlesien) 16. Jan.

Ich hoffe, wir werden hier bei den Wahlen den Sieg behaupten. Eduard Reichenbach war vor einigen Tagen in Wahlangelegenheiten hier und hat auf die Landleute einen äußerst günstigen Eindruck gemacht, so daß seine Wahl zur zweiten Kammer nicht zweifelhaft sein könnte, wollte er hier gewählt werden. Er wird aber, wie ich glaube, seine Wahl im Neisser Kreise vorziehen.

Die Landleute haben sich überzeugt, daß die Demokratie es allein aufrichtig mit ihnen meint. Das octroyirte Ablösungsgesetz mit seinen Manteufeleien hat sie vor der "gottbegnadeten" Regierung noch stutziger und gegen sie erboster gemacht, als sie's ohnehin waren.

Seit Kurzem ist hier auch ein "konstitutionell-monarchischer" Verein -- aus preußischen Beamten, Geistlichen und Lehrern bestehend -- gebildet worden. Dieser Verein sandte, um die Bauern "für Gott, König und Junkerschaft" zu gewinnen, 32 Apostel in die umliegenden Dörfer. Aber die Bauern waren so unhöflich, die Einen geradezu herauszuschmeißen, die Andern friedlich gehen zu heißen und die Uebrigen durch Lebehochs auf Reichenbach und Ebel (einen entschiedenen Demokraten) zu vertreiben. Darüber Angstgestöhn im konstitutionell-monarchischen Israel!

24 Wien, 15. Jan.

Ueber die neulich auf das Militär erfolgten Schüsse vom rothen Haus, welche das bekannte Plakat des Gouverneurs Welden veranlaßte, erfährt man jetzt, daß muthwillige Knaben und zwar die Enkel eines Marschalls die Urheber waren. Wenigstens wird dies von den übrigen Hausbewohnern, die durch die strengen militärischen Maßregeln in Angst und Unruhe versetzt wurden, steif und fest behauptet.

Aus Gratz wird gemeldet: "Hier ziehen viele Ergänzungstransporte zu den Regimentern nach Italien durch; in letzter Zeit bestanden sie großentheils aus Studenten und Proletariern, welche in Folge der Wiener Oktoberereignisse gestellt wurden."

Der bekannte General Bem ist, nachdem er den in Siebenbürgen gestandenen k. k. General Wardener geschlagen, durch die Bukowina in Galizien eingerückt, soll nach Wegnahme des Radautzer Gestütes, ohne Hindernisse nördlich gezogen sein, und jetzt, durch Zuwachs im Lande auf 50,000 Mann angeschwollen, in Stanislawow (10 Meilen von Lemberg) stehen. Die von Truppen fast entblößte Provinz wird sonach der Schauplatz eines romantischen Feldzuges werden, der wohl keine günstigen Chancen haben dürfte, aber jedenfalls Verlegenheiten ernster Art der Regierung bereitet. Obwohl man bei Todesstrafe angeordnet, daß sämmtliche Bauern sich bewaffnen und den wenigen Truppen anschließen sollen, steht doch eine baldige Vernichtung und Sprengung dieses, der Zahl nach wahrscheinlich überschätzten Korps, zu bezweifeln, wenn nicht General Schlick eiligst von Kaschau zurückkehrt, oder gar russ. Streitkräfte einrücken.

In den mährischen Provinzialblättern wurden die Signalements Pulsky's, Tausenau's und Kossuth's angegeben, da man der Vermuthung Raum giebt, daß sie auf diesem Wege sich nach Schlesien zu flüchten beabsichtigen.

Der inländische Verkehr mit Eisenschmiedwaaren (Sensen, Sicheln, Strohmessern) ist mit Ausnahme des Belagerungsrayons freigegeben worden und es dürfen die auf der Hauptmauth angelangten und noch anlangenden Colli's verabfolgt werden.

Aus Semlin wird unterm 10. d. Mts. mitgetheilt, daß 9000 Mann reguläre serbische Truppen mit 30 Kanonen die Donau überschritten haben, um sich an die kaiserl. Armee im Banat anzuschließen.

Prag, 15. Jan.

Gestern ist hier nachstehende Kundmachung erschienen: "Von dem k. k. provisorischen Preßgerichte wird hiemit bekannt gemacht, daß in Gemäßheit des § 48 der provisorischen Verordnung über das Verfahren in Preßsachen die Namen der gewählten Geschwornen am 19. Jänner l. J. durch das Loos in Reihen von je hundert Namen werden vertheilt werden, und daß hiebei zugleich durch das Loos die Ordnung für das ganze Jahr bestimmt werden wird, in welcher diese Reihen monatsweise das Geschwornengericht zu bilden haben. Diese Amtshandlung wird am gedachten Tage um 9 Uhr Vormittags im Saale des St. Wenzelsbades öffentlich unter Zulassung des Publikums vorgenommmen werden. Prag, am 10. Jänner 1849. Joseph Roskoschny, Präsident des Preßgerichtes. Johann Hlawacek, k. k. Landrath."

!!! Frankfurt, 18. Januar.

National-Versammlung. Fortsetzung der Kaiserdebatte. -- Vor der Tagesordnung wird der Austritt des Dr. Liebelt aus Posen angezeigt.

Der Ministerpräsident von Gagern beantwortet zwei Interpellationen:

1) von Freudentheil und Genossen, betreffend die verweigerte Publikation der Grundrechte in Hannover. Ob dies wahr? und was die Centralgewalt thun wird?

Gagern verliest ein langes Schreiben des königl. hannöverschen Bevollmächtigten vom 20. Dezember, dessen kurzer Sinn: daß Hannover keine Lust hat die Grundrechte aufzunehmen.

Hierauf folgte die bekannte Besprechung des Reichsministers mit den Bevollmächtigten der Einzelstaaten, worin er sie recht sehr bat, doch ja die Grundrechte anzunehmen. In dieser Besprechung blieb Hannover dabei, die Grundrechte zwar publiciren, aber erst nach dem Zusammentreten der hannöverschen Stände als gültig für Hannover betrachten zu wollen. Das hannöversche Ministerium erließ eine desfallsige Publikation. -- In Anerkennung der sonstigen Bereitwilligkeit Hannovers -- nimmt das Reichsministerium an, daß die Grundrechte für Hannover maßgebend sind -- und wird bei einlaufenden Beschwerden das Nöthige veranlassen. (Bravo rechts.)

2) Auf H. Simon's Interpellation betreffend Temme's Wahl.

Die Wahlakten sind noch nicht beim Reichsministerium eingelaufen, es hat aber beim preußischen Bevollmächtigten beantragt, die bezüglichen Akten ungesäumt der Versammlung einzusenden.

Tagesordnung.

Die Reihe der Redner führt einen gewissen Barth aus Kaufbeuern auf die Tribüne, welcher ganz unbedeutend für den Erbkaiser spricht. -- Wir haben, sagt er, (in den Grundrechten) Gott gegeben was Gottes ist, lassen Sie uns dem Kaiser geben, was des Kaisers ist. -- (Bravo rechts -- Gelächter links.)

Eisenstuck (Sachsen): In dieser Frage müsse man sich nur auf den Boden der Empirie, nicht auf den der Diplomatie stellen, die uns seit Jahrhunderten ruinirt hat. -- Der Bundesstaat mit einer veränderlichen Spitze ist bewährt und praktisch; er ist es für den ich mich entscheide.

Die linke Seite des Hauses hat dies von Anbeginn vor Augen gehabt, und ist einig geblieben bis auf diesen Tag, während die Rechte sich in Fraktionen und Fraktiönchen zerspalten hat. Daraus schließe ich, daß diese Seite (nach Rechts) die Zwietracht, und jene (die Linke) die Eintracht vertritt. (Langer Beifall.) Sollte man zu keinem endlichen Oberhaupt in dieser Versammlung kommen, so möge man an die Wahl des Volkes appelliren. Zu einem so wichtigen Beschluß, wie dem vorliegenden, gehören wenigstens 7/8 der Stimmen des Hauses. (Widerspruch im Centrum.)

Der Redner beleuchtet die Handelspolitik Preußens, und geht die Beziehungen zu Deutschland durch, im Fall Preußen an die Spitze Kleindeutschlands treten würde. Er erinnert dabei an die durch dies Haus überhaupt verabsäumten materiellen Interessen des Volks, und droht mit der unvermeidlichen Revolution, welche in Folge dieser Versäumniß mit ein Damoklesschwert über unsern Hauptern schwebt. (Michel im Centrum macht ungläubigen Tumult, die Gallerien sind E[unleserliches Material]enstuck's Ansicht.)

In den Bemerkungen über deutsche Handelspolitik sagt er u. a., die deutschen Zolltarife sind seit 1820 von London diktirt worden.

Zum Schluß erfahren wir, daß Biedermann (der vorgestern für den Erbkaiser sprach) vor seiner Wahl, seinen Wählern sich als praktischen Republikaner anempfahl. (Wie nennen Sie das?)

Herr Eisenstuck geißelt den braven Biedermann tüchtig durch -- Die Sachsen haben von der unglücklichen Theilung her, ihren Widerwillen gegen Preußen noch nicht vergessen, sagt E. zum Schluß, dies ad notam von Sachsen zu einem preußisch-deutschen Kaiserthum. (Zum Schluß Beifall links und Tribünen.) Eisenstuck sprach 1 1/2 Stunde.

Welker (der Exreichskommissar und Exstaatsmann und Expatriot): poltert mit den Resten seiner Weisheit für Oestreich. Der greise Aposkat macht plötzlich Fiasko. Man wird ganz konfus an diesen Nationalversammlern. Herr Welker poltert heut mit furchtbarer Wuth gegen das Ministerium Gagern, gegen Preußen, gegen die unglückselige Ober-Post-Amts-Zeitung unter immerwährendem Jubel und Beifall der Linken los. -- Rechte und Centrum sind erstarrt -- So ein Abgeordneter kann doch Alles. Welker begeistert sich wahrhaft wüthend für Deutschlands Einheit und den festen Anschluß an Oestreich.

Das Ministerium ist so empört über Welker's Rede, daß der Justizminister Mohl in die Höhe springt und den Redner vom Platze aus mit dem erbosten Ruf "nicht wahr!" unterbricht.

In der Politik, sagt Welker u. a., kann man keinen größern Bock schießen, als thun, was seine Feinde freut. Ich frage Sie, wie werden Russen und Franzosen jubeln über Ihre neue Theilung Deutschlands? (Langer Beifall links und Gallerien.) Eine schöne Einheit haben Sie gemacht! -- Ich will mich, sagt Welker, eventuell für alle moglichen Anträge erklären, wenn nur der preußische Erbkaiser wegbleibt. (Ungeheurer Beifall und große Heiterkeit. Der von Vinke berstet beinahe.) Zum Schluß bittet er Gagern nicht als Minister, sondern Gagern als Abgeordneten -- umzukehren und die Achtung, die er wohl allgemein genießt (??) sich nicht zu vergeben. Er bittet ihn um Gerechtigkeit für die Oestreicher, sonst wird man uns zurufen: "Frei wollt ihr sein, und wisset nicht gerecht zu sein." (Zum Schluß anhaltender Beifall der linken Majorität und der Gallerien.) Welker sprach 2 Stunden.

Wernher von Nierstein, deklamirt für den erblichen Kaiser. (Die Theilnahme schwindet. Man geht zum Mittagessen.)

Siemens für ein lebenslängliches Wahl-Oberhaupt. -- Neue, mitunter spaßhafte Anträge werden eingegeben.

Lassaulx (der braungelockte Jüngling von ultra montes) schwärmt bei leerem Hause. Auch er spricht höhnisch von einem preußischen Kaiser. In Berlin sei allerdings mehr Wissenschaft und Kunst -- aber in Wien mehr Thatkraft. (Windischgrätz!) In Wien sei mehr Manneskraft als in Berlin. (Heiterkeit, man denkt an Preußens Erblosigkeit!) Darum, sagt Lassaulx, soll einmal ein deutscher Kaiser gemacht werden, so ist mir Oestreich's unbefleckte Krone lieber, als -- (Geheul rechts.)

Simson der Präsident meint, Lassaulx solle diese Worte erklären.

Lassauix wiederholt. (Bravo.)

Simson: Er hoffe, der Redner wolle nicht etwa einen Vergleich zum Nachtheil einer andern Krone machen. (Horribles Gelächter. -- Wie groß muß doch der Widerwille gegen Preußens Krone sein, wenn man diese Lassaulx'schen Lobreden auf Oestreich beklatscht.)

Lassauix: Lassen Sie uns keine theoretische Form machen, worein die Praxis nicht hereinpaßt. Sehen wir auf Frankreich und England. Wir können in der Politik von ihnen lernen trotz unsrer Professorenweisheit. (Wie naiv bescheiden Herr Professor.) Lassen Sie uns ein großes Deutschland bilden mit dem jugendlichen Kaiser von Oestreich an der Spitze, und umgeben von jenen großen Feldherrn -- Windischgrätz -- Jellachich. (Furchtbares Gelächter. -- Zuruf: ohne die Feldherrn.)

Nach Lassaulx wird um 3/4 3 Uhr die Sitzung bis Morgen vertagt.

Morgen vielleicht Schluß.

Frankfurt, 18. Jan.

Heckscher, der Reichsgesandte in Turin und Neapel, wird seine öffentliche Laufbahn wieder schließen, er wird zurückkehren und wieder Advokat der kleinen Börse werden, deren Rechnungen er bisher regelte und einklagte.

(D. Z.)
* Dresden, 17. Jan.

Heute ist der Landtag durch den König eröffnet worden. Die Leser werden uns Dank wissen, wenn wir sie mit der Thronrede verschonen, da jetzt blos in unsern 36 geliebten Vaterländern jährlich 3 Dutzend Thronreden gehalten werden, die man, bis auf einzelne mehr oder weniger komische Ausnahmen, schon auswendig weiß, sobald man nur einmal die Schablone dazu gesehen hat.

Desto interessanter werden die Verhandlungen des Landtags selber sein, da in ihm etwa 20 Deputirte auf der Rechten, und alle übrigen auf der Linken sitzen. Es kann sich also nur um "gemäßigte" und äußerste Linke handeln, so lange, bis vielleicht auch über diesen Landtag das Donnerwetter der Contrerevolution losbricht.

*** Hamburg, 17. Januar.

Hamburg hatte bisher noch das Glück, seine "Errungenschaft" ziemlich treu bewahrt zu sehen. Dieses Glück scheint ihm nun von irgend einer Seite mißgönnt zu werden; zum ersten Male seit langer Zeit taucht die Polizeiwillkühr in ihrer krassesten Kraßheit wieder auf; der erste Schritt der Contre-Revolution ist geschehen.

Es war in voriger Woche, als wir durch die Nachricht überrascht wurden, Weitling solle ausgewiesen werden. Weitling! Ist Weitling hier? fragten die Leute. Sie wußten es nicht einmal, trotzdem daß er schon über sechs Wochen unter uns gelebt hatte. Aber die Polizei wußte es, sie ließ ihn kommen, und gab ihm in kühlen Worten zu verstehen, daß er fort müsse. Weitling protestirte und blieb. Der Bürger-Verein hörte die Geschichte, und hatte nichts Eiligeres zu thun, als daraus eine Tagesordnung zu machen. Er convocirte sämmtliche Vereine zu einer General-Versammlung, die sodann eine Deputation an die Polizeibehörde beschloß und abfertigte. Als die Deputation den Polizeiherrn, Herrn Senator Goßler fragte, warum Weitling ausgewiesen werden solle? antwortete derselbe Folgendes: "Weitling sei vor vier Jahren hier als Kommunist durchgebracht worden, sei demnach ein sehr gefährlicher Mensch, und müsse natürlicher Weise ausgewiesen werden." Was sagen Sie? Der Mann, der diese Antwort ertheilte, ist der liberalste Senator, den Hamburg bis jetzt gehabt hat, die liberale Partei stellt ihn bei jeder Gelegenheit als ein Muster hin, und hat ihn sogar zum Abgeordneten gemacht. Alles wegen seiner liberalen Ansichten. Die Polizei verläugnete auch diesmal ihre Natur nicht, und bewilligte nichts weiter, als einen Aufschub der Ausweisung. Die Deputation wandte sich sodann an den Senat. Wissen Sie, was ein Senat ist? Der Senat ist ein Körper. Die Deputation wandte sich also an diesen Körper. Sie setzte das Unsinnige des Verfahrens gegen Weitling in energischen, klaren Worten auseinander. Das war nur Verschwendung von Seiten der Deputation. Sie kennen doch die Wachsfiguren, die mit dem Kopfe nicken, die Augen verdrehen und sonstige Capriolen machen?

Also Weitling muß fort. Er hat sich seinen Paß nach Altona visiren lassen, d. h. er wohnt in Altona und lebt in Hamburg. Alles Komödie in der Welt!

Die demokratische Partei in Hamburg will endlich anfangen, sich zu organisiren. Die Idee geht vom Bürger-Vereine aus, von demjenigen Vereine, der mit Recht die Spitze der revolutionären Bewegung in Hamburg genannt worden ist. In der That, wo es galt, irgend etwas Energisches, Bedeutsames für die Zwecke der Demokratie zu erwirken, da wandte man sich noch immer an den Bürger-Verein. Und dieser entledigte sich seiner Aufgabe großentheils.

Nächst dem Bürger-Verein ist es der Bildungs-Verein für Arbeiter, welcher stets schlagfertig ist. Leider hat er in der neueren Zeit an Theilnahme sehr verloren; dem Vernehmen nach soll jedoch eine Hebung bevorstehen. Der Bildungs-Verein steht übrigens, was radikale Erziehung und Bildung anbelangt, allen übrigen Vereinen voran. In wenigen Wochen wird er sein Stiftungsfest begehen. Ich werde darauf zurückkommen.

Was die übrigen Arbeiter-Vereine anbetrifft, so gibt es deren unzählige. Jede Branche der Arbeit findet auch ihren aparten Verein. Diese Absperrung taugt nichts, und es wäre wohl an der Zeit, daß alle übrigen Arbeiter-Vereine des hamburgischen Gebiets mit dem Bildungs-Vereine einen einzigen Verein ausmachten.

Der Arbeiter-Verein von St. Georg hat vor einiger Zeit das erste Social-Bankett veranstaltet, das in Hamburg vorgekommen ist. Hoffentlich wird dieser kleine Anfang einen guten Fortgang haben. Dieser Verein war bisher unter der Leitung des Kommunisten Bühring; jetzt hat sich ein jugendlicher Kommis als Leiter eingefunden und ist auch acceptirt worden.

Soll ich Ihnen noch ein Bild des deutschen Klubs entwerfen? Stellen Sie sich hamburgische Liberale vor, und Sie haben den deutschen Klub. Ein hamburgischer Liberaler ist ein Mann, der bei festlicher Gelegenheit ein weißes Halstuch trägt, der den gemäßigten Fortschritt anerkennt, an Gott glaubt und Banco-Conto hat. Der deutsche Klub hat Banco-Conto und will die rechte Mitte. Unser Freund Baumeister ist Präsident. Dem Vernehmen nach soll der deutsche Klub bei der Polizeibehörde in sehr gutem Ansehen stehen.

Von unserer Constituante schreibe ich Ihnen nichts. Sie schien neulich einen Anlauf nehmen zu wollen; aber es war blos Schein. In den Ausschuß zur Begutachtung der gewerblichen Verhältnisse hat sie, horribile dictu! bourgeois gewählt, welche die Schlächter-, die Schneider-, die Kaufmanns-Interessen u. s. w. zu vertreten haben! Dann hat sie verfügt, daß die Paragraphen in den Grundrechten über das Schulwesen zur Grundlage der Arbeiten für die Schulkommission dienen sollen.

Polen.
* Lemberg, 10. Jan.

Durch folgende Proklamationen ist das Königreich Galizien und Krakau in Belagerungszustand erklärt worden:

Die dermaligen Verhältnisse Galiziens veranlassen mich, im Einvernehmen mit dem Hrn. Landesgouvernerr Ritter von Zaleski zur Aufrechthaltung der allgemeinen Ruhe und Sicherheit, so wie zum Schutze von Leben und Eigenthum eines Jeden, die Provinz Galizien mit Einschluß der Bukowina, dann der Stadt und Gebietes von Krakau, vom Tage dieser Kundmachung an in den Kriegszustand zu erklären.

In Folge dessen verordne ich: 1) Die allgemeine Entwaffnung des ganzen Landes mit Ausnahme der durch ihre Dienstesverhältnisse zum Tragen von Seitengewehren als Uniformstück berechtigten k. k. Beamten, der Finanzwache und des auf meinen Befehl organisirten und dem k. k. Militär untergestellten Aufgebotes. -- 2) Die Unterordnung aller Civilbehörden, die im Uebrigen in ihren Funktionen unbeirrt verbleiben, unter die Militärbehörden. -- 3) Alle Tagesblätter hören mit dem Tage der Publikation dieser Kundmachung auf zu erscheinen, ausgenommen, die hier verlegte deutsche und polnische Lemb. Ztg., dann jene, welche bereits die diesseitige Erlaubniß erhalten haben, und endlich in Krakau die "Gazeta Krakowska" unter genauer Kontrole des dortigen Militär-Oberkommando; so wie auch nichts gedruckt und veröffentlicht werden darf ohne Genehmigung der Kreisämter oder der Militärbehörde. -- 4) Die Einstellung aller Klubs und des Assoziationsrechts. -- 5) Werden alle Zusammenrottungen in den Städten und auf dem flachen Lande strengstens untersagt. -- 6) Wird die genaueste Handhabung des Paß-, Polizei- und Meldungswesens eingeschärft und jeder im Lande Reisende darauf aufmerksam gemacht, sich mit den erforderlichen Pässen oder Passirzetteln von der Orts- oder Kreisbehörde zu versehen und dieselben gehöriger Zeit visiren zu lassen.

Sonach wird unterzogen

a) dem standrechtlichen Verfahren und mit dem Tode bestraft: 1) Wer nach vollbrachter Verkündigung der Entwaffnung und Ablauf des dafür bedingt durch lokale Umstände anberaumten Termins mit den Waffen in der Hand ergriffen wird, oder solche noch verborgen hält. 2) Wer durch Wort oder Schrift zum offenen Aufruhr auffordert. 3) Wer dem gewöhnlichen Post-, dann Staffetten- oder Courierverkehr gewaltsame Hindernisse in den Weg legt. 4) Wer sich eines gewaltsamen Angriffs auf Leben und Eigenthum von Personen schuldig macht. 5) Wer sich in welch immer ein Einverständniß mit Insurgenten einläßt, und denselben freiwillig Vorschub leistet. 6) Wer bei Zusammenrottungen den Aufforderungen von Seiten der Militär- oder Civilbehörde, auseinander zu gehen, nicht alsogleich Folge leistet, oder gar bewaffneten Widerstand entgegen setzt.
b) Dem kriegsrechtlichen Verfahren, und zwar nach Militärgesetzen: 1) Wer durch Ausstreuung nachtheiliger Gerüchte eine Beunruhigung der Gemüther hervorzurufen trachtet. 2) Wer Farben oder Abzeichen trägt, die eine Hinneigung zur aufrührerischen Partei an den Tag geben sollen. 3) Wer nach Ablauf des zur Anmeldung und Visirung der Pässe lokal anberaumt werdenden Termines mit einem zum Aufenthalt im Lande nicht visirten Passe oder ganz ohne solchen betreten wird, sowie auch wer derartigen paßlosen Individuen Unterstand gewährt hat. 4) Wer der Verpflegung und Fortschaffung der k. k. Truppen und deren Bagage welch' immer geflissentliches Hinderniß durch die That oder Vernachläßigung in den Weg legt.

Um diesen Vorschriften und Anordnungen einen wirksameren und schnelleren Vollzug zu verschaffen, habe ich in folgenden Stationen Militärkommissionen aufzustellen für gut befunden, und nachstehende Kreise an dieselben gewiesen, nämlich: Den Cernowitzer, Kolomener, Cortkower und Stanislawower Kreis an das Hauptquartier der in der Bukowina operirenden k. k. Armee, den Tarnopoler, Zloczower Zolkiewer, Lemberger, Brezezaner, Stryer, Samborer und Przemysler Kreis an das k. k. Stadtkommando zu Lemberg, den Rzeszower, Tarnower, Sanoker und Jasloer Kreis an das k. k. Militärkommando zu Tarnow, endlich den Sanderer, Bochniaer, Wadowicer Kreis, dann Stadt und Gebiet von Krakau an das k. k. Militärkommando zu Krakau u. s. w.

Was vom Eindringen des General Bem in Gallizien gemeldet worden, bestätigt sich wohl am Besten durch vorstehende Proklamation. Es sind von hier alle nur irgend entbehrlichen Truppen an die bedrohten Punkte abgeschickt worden. Hier ist Alles theils in freudiger Bewegung, die allerdings nicht laut werden darf, theils in ängstlicher Erwartung der weiteren Ereignisse. Es heißt, "daß die Zollämter an der ungarischen Grenze bereits durch vorgedrungene Magyaren aufgehoben worden sind, und andererseits man hier im Orte selbst die schleunigsten Rüstungen wahrnimmt."

Krakau, vom 14. Januar.

Von heute beginnt für Galizien und Krakau der Belagerungszustand, und zwar in strengster Form.

Ungarn.

(Fortsetzung des gestrigen aus der A.-O.-Z. entlehnten Berichtes.)

In Komorn ließ man die für die Festung nöthige Besatzung, wozu auch die Gyösche Brigade gehörte, zurück; und mit dem Rest der Armee zog

1. Beilage zu Nr. 201 der Neuen Rheinischen Zeitung.
Organ der Demokratie.
Sonntag 21. Januar 1849.
[Deutschland]

[Fortsetzung] cher Polizeidirektor, dessen „Geldzeugerei“ doch für eine christlich-germanische Regierung von unschätzbarem Werth sein mußte. Doch hoffen wir, daß das Fehlende bald nachkommt! An ausgezeichnete Dienste wird das Schwarzweißthum sich schon zu erinnern wissen.

087 Frankenstein, (in Schlesien) 16. Jan.

Ich hoffe, wir werden hier bei den Wahlen den Sieg behaupten. Eduard Reichenbach war vor einigen Tagen in Wahlangelegenheiten hier und hat auf die Landleute einen äußerst günstigen Eindruck gemacht, so daß seine Wahl zur zweiten Kammer nicht zweifelhaft sein könnte, wollte er hier gewählt werden. Er wird aber, wie ich glaube, seine Wahl im Neisser Kreise vorziehen.

Die Landleute haben sich überzeugt, daß die Demokratie es allein aufrichtig mit ihnen meint. Das octroyirte Ablösungsgesetz mit seinen Manteufeleien hat sie vor der „gottbegnadeten“ Regierung noch stutziger und gegen sie erboster gemacht, als sie's ohnehin waren.

Seit Kurzem ist hier auch ein „konstitutionell-monarchischer“ Verein — aus preußischen Beamten, Geistlichen und Lehrern bestehend — gebildet worden. Dieser Verein sandte, um die Bauern „für Gott, König und Junkerschaft“ zu gewinnen, 32 Apostel in die umliegenden Dörfer. Aber die Bauern waren so unhöflich, die Einen geradezu herauszuschmeißen, die Andern friedlich gehen zu heißen und die Uebrigen durch Lebehochs auf Reichenbach und Ebel (einen entschiedenen Demokraten) zu vertreiben. Darüber Angstgestöhn im konstitutionell-monarchischen Israel!

24 Wien, 15. Jan.

Ueber die neulich auf das Militär erfolgten Schüsse vom rothen Haus, welche das bekannte Plakat des Gouverneurs Welden veranlaßte, erfährt man jetzt, daß muthwillige Knaben und zwar die Enkel eines Marschalls die Urheber waren. Wenigstens wird dies von den übrigen Hausbewohnern, die durch die strengen militärischen Maßregeln in Angst und Unruhe versetzt wurden, steif und fest behauptet.

Aus Gratz wird gemeldet: „Hier ziehen viele Ergänzungstransporte zu den Regimentern nach Italien durch; in letzter Zeit bestanden sie großentheils aus Studenten und Proletariern, welche in Folge der Wiener Oktoberereignisse gestellt wurden.“

Der bekannte General Bém ist, nachdem er den in Siebenbürgen gestandenen k. k. General Wardener geschlagen, durch die Bukowina in Galizien eingerückt, soll nach Wegnahme des Radautzer Gestütes, ohne Hindernisse nördlich gezogen sein, und jetzt, durch Zuwachs im Lande auf 50,000 Mann angeschwollen, in Stanislawow (10 Meilen von Lemberg) stehen. Die von Truppen fast entblößte Provinz wird sonach der Schauplatz eines romantischen Feldzuges werden, der wohl keine günstigen Chancen haben dürfte, aber jedenfalls Verlegenheiten ernster Art der Regierung bereitet. Obwohl man bei Todesstrafe angeordnet, daß sämmtliche Bauern sich bewaffnen und den wenigen Truppen anschließen sollen, steht doch eine baldige Vernichtung und Sprengung dieses, der Zahl nach wahrscheinlich überschätzten Korps, zu bezweifeln, wenn nicht General Schlick eiligst von Kaschau zurückkehrt, oder gar russ. Streitkräfte einrücken.

In den mährischen Provinzialblättern wurden die Signalements Pulsky's, Tausenau's und Kossuth's angegeben, da man der Vermuthung Raum giebt, daß sie auf diesem Wege sich nach Schlesien zu flüchten beabsichtigen.

Der inländische Verkehr mit Eisenschmiedwaaren (Sensen, Sicheln, Strohmessern) ist mit Ausnahme des Belagerungsrayons freigegeben worden und es dürfen die auf der Hauptmauth angelangten und noch anlangenden Colli's verabfolgt werden.

Aus Semlin wird unterm 10. d. Mts. mitgetheilt, daß 9000 Mann reguläre serbische Truppen mit 30 Kanonen die Donau überschritten haben, um sich an die kaiserl. Armee im Banat anzuschließen.

Prag, 15. Jan.

Gestern ist hier nachstehende Kundmachung erschienen: „Von dem k. k. provisorischen Preßgerichte wird hiemit bekannt gemacht, daß in Gemäßheit des § 48 der provisorischen Verordnung über das Verfahren in Preßsachen die Namen der gewählten Geschwornen am 19. Jänner l. J. durch das Loos in Reihen von je hundert Namen werden vertheilt werden, und daß hiebei zugleich durch das Loos die Ordnung für das ganze Jahr bestimmt werden wird, in welcher diese Reihen monatsweise das Geschwornengericht zu bilden haben. Diese Amtshandlung wird am gedachten Tage um 9 Uhr Vormittags im Saale des St. Wenzelsbades öffentlich unter Zulassung des Publikums vorgenommmen werden. Prag, am 10. Jänner 1849. Joseph Roskoschny, Präsident des Preßgerichtes. Johann Hlawacek, k. k. Landrath.“

!!! Frankfurt, 18. Januar.

National-Versammlung. Fortsetzung der Kaiserdebatte. — Vor der Tagesordnung wird der Austritt des Dr. Liebelt aus Posen angezeigt.

Der Ministerpräsident von Gagern beantwortet zwei Interpellationen:

1) von Freudentheil und Genossen, betreffend die verweigerte Publikation der Grundrechte in Hannover. Ob dies wahr? und was die Centralgewalt thun wird?

Gagern verliest ein langes Schreiben des königl. hannöverschen Bevollmächtigten vom 20. Dezember, dessen kurzer Sinn: daß Hannover keine Lust hat die Grundrechte aufzunehmen.

Hierauf folgte die bekannte Besprechung des Reichsministers mit den Bevollmächtigten der Einzelstaaten, worin er sie recht sehr bat, doch ja die Grundrechte anzunehmen. In dieser Besprechung blieb Hannover dabei, die Grundrechte zwar publiciren, aber erst nach dem Zusammentreten der hannöverschen Stände als gültig für Hannover betrachten zu wollen. Das hannöversche Ministerium erließ eine desfallsige Publikation. — In Anerkennung der sonstigen Bereitwilligkeit Hannovers — nimmt das Reichsministerium an, daß die Grundrechte für Hannover maßgebend sind — und wird bei einlaufenden Beschwerden das Nöthige veranlassen. (Bravo rechts.)

2) Auf H. Simon's Interpellation betreffend Temme's Wahl.

Die Wahlakten sind noch nicht beim Reichsministerium eingelaufen, es hat aber beim preußischen Bevollmächtigten beantragt, die bezüglichen Akten ungesäumt der Versammlung einzusenden.

Tagesordnung.

Die Reihe der Redner führt einen gewissen Barth aus Kaufbeuern auf die Tribüne, welcher ganz unbedeutend für den Erbkaiser spricht. — Wir haben, sagt er, (in den Grundrechten) Gott gegeben was Gottes ist, lassen Sie uns dem Kaiser geben, was des Kaisers ist. — (Bravo rechts — Gelächter links.)

Eisenstuck (Sachsen): In dieser Frage müsse man sich nur auf den Boden der Empirie, nicht auf den der Diplomatie stellen, die uns seit Jahrhunderten ruinirt hat. — Der Bundesstaat mit einer veränderlichen Spitze ist bewährt und praktisch; er ist es für den ich mich entscheide.

Die linke Seite des Hauses hat dies von Anbeginn vor Augen gehabt, und ist einig geblieben bis auf diesen Tag, während die Rechte sich in Fraktionen und Fraktiönchen zerspalten hat. Daraus schließe ich, daß diese Seite (nach Rechts) die Zwietracht, und jene (die Linke) die Eintracht vertritt. (Langer Beifall.) Sollte man zu keinem endlichen Oberhaupt in dieser Versammlung kommen, so möge man an die Wahl des Volkes appelliren. Zu einem so wichtigen Beschluß, wie dem vorliegenden, gehören wenigstens 7/8 der Stimmen des Hauses. (Widerspruch im Centrum.)

Der Redner beleuchtet die Handelspolitik Preußens, und geht die Beziehungen zu Deutschland durch, im Fall Preußen an die Spitze Kleindeutschlands treten würde. Er erinnert dabei an die durch dies Haus überhaupt verabsäumten materiellen Interessen des Volks, und droht mit der unvermeidlichen Revolution, welche in Folge dieser Versäumniß mit ein Damoklesschwert über unsern Hauptern schwebt. (Michel im Centrum macht ungläubigen Tumult, die Gallerien sind E[unleserliches Material]enstuck's Ansicht.)

In den Bemerkungen über deutsche Handelspolitik sagt er u. a., die deutschen Zolltarife sind seit 1820 von London diktirt worden.

Zum Schluß erfahren wir, daß Biedermann (der vorgestern für den Erbkaiser sprach) vor seiner Wahl, seinen Wählern sich als praktischen Republikaner anempfahl. (Wie nennen Sie das?)

Herr Eisenstuck geißelt den braven Biedermann tüchtig durch — Die Sachsen haben von der unglücklichen Theilung her, ihren Widerwillen gegen Preußen noch nicht vergessen, sagt E. zum Schluß, dies ad notam von Sachsen zu einem preußisch-deutschen Kaiserthum. (Zum Schluß Beifall links und Tribünen.) Eisenstuck sprach 1 1/2 Stunde.

Welker (der Exreichskommissar und Exstaatsmann und Expatriot): poltert mit den Resten seiner Weisheit für Oestreich. Der greise Aposkat macht plötzlich Fiasko. Man wird ganz konfus an diesen Nationalversammlern. Herr Welker poltert heut mit furchtbarer Wuth gegen das Ministerium Gagern, gegen Preußen, gegen die unglückselige Ober-Post-Amts-Zeitung unter immerwährendem Jubel und Beifall der Linken los. — Rechte und Centrum sind erstarrt — So ein Abgeordneter kann doch Alles. Welker begeistert sich wahrhaft wüthend für Deutschlands Einheit und den festen Anschluß an Oestreich.

Das Ministerium ist so empört über Welker's Rede, daß der Justizminister Mohl in die Höhe springt und den Redner vom Platze aus mit dem erbosten Ruf „nicht wahr!“ unterbricht.

In der Politik, sagt Welker u. a., kann man keinen größern Bock schießen, als thun, was seine Feinde freut. Ich frage Sie, wie werden Russen und Franzosen jubeln über Ihre neue Theilung Deutschlands? (Langer Beifall links und Gallerien.) Eine schöne Einheit haben Sie gemacht! — Ich will mich, sagt Welker, eventuell für alle moglichen Anträge erklären, wenn nur der preußische Erbkaiser wegbleibt. (Ungeheurer Beifall und große Heiterkeit. Der von Vinke berstet beinahe.) Zum Schluß bittet er Gagern nicht als Minister, sondern Gagern als Abgeordneten — umzukehren und die Achtung, die er wohl allgemein genießt (??) sich nicht zu vergeben. Er bittet ihn um Gerechtigkeit für die Oestreicher, sonst wird man uns zurufen: „Frei wollt ihr sein, und wisset nicht gerecht zu sein.“ (Zum Schluß anhaltender Beifall der linken Majorität und der Gallerien.) Welker sprach 2 Stunden.

Wernher von Nierstein, deklamirt für den erblichen Kaiser. (Die Theilnahme schwindet. Man geht zum Mittagessen.)

Siemens für ein lebenslängliches Wahl-Oberhaupt. — Neue, mitunter spaßhafte Anträge werden eingegeben.

Lassaulx (der braungelockte Jüngling von ultra montes) schwärmt bei leerem Hause. Auch er spricht höhnisch von einem preußischen Kaiser. In Berlin sei allerdings mehr Wissenschaft und Kunst — aber in Wien mehr Thatkraft. (Windischgrätz!) In Wien sei mehr Manneskraft als in Berlin. (Heiterkeit, man denkt an Preußens Erblosigkeit!) Darum, sagt Lassaulx, soll einmal ein deutscher Kaiser gemacht werden, so ist mir Oestreich's unbefleckte Krone lieber, als — (Geheul rechts.)

Simson der Präsident meint, Lassaulx solle diese Worte erklären.

Lassauix wiederholt. (Bravo.)

Simson: Er hoffe, der Redner wolle nicht etwa einen Vergleich zum Nachtheil einer andern Krone machen. (Horribles Gelächter. — Wie groß muß doch der Widerwille gegen Preußens Krone sein, wenn man diese Lassaulx'schen Lobreden auf Oestreich beklatscht.)

Lassauix: Lassen Sie uns keine theoretische Form machen, worein die Praxis nicht hereinpaßt. Sehen wir auf Frankreich und England. Wir können in der Politik von ihnen lernen trotz unsrer Professorenweisheit. (Wie naiv bescheiden Herr Professor.) Lassen Sie uns ein großes Deutschland bilden mit dem jugendlichen Kaiser von Oestreich an der Spitze, und umgeben von jenen großen Feldherrn — Windischgrätz — Jellachich. (Furchtbares Gelächter. — Zuruf: ohne die Feldherrn.)

Nach Lassaulx wird um 3/4 3 Uhr die Sitzung bis Morgen vertagt.

Morgen vielleicht Schluß.

Frankfurt, 18. Jan.

Heckscher, der Reichsgesandte in Turin und Neapel, wird seine öffentliche Laufbahn wieder schließen, er wird zurückkehren und wieder Advokat der kleinen Börse werden, deren Rechnungen er bisher regelte und einklagte.

(D. Z.)
* Dresden, 17. Jan.

Heute ist der Landtag durch den König eröffnet worden. Die Leser werden uns Dank wissen, wenn wir sie mit der Thronrede verschonen, da jetzt blos in unsern 36 geliebten Vaterländern jährlich 3 Dutzend Thronreden gehalten werden, die man, bis auf einzelne mehr oder weniger komische Ausnahmen, schon auswendig weiß, sobald man nur einmal die Schablone dazu gesehen hat.

Desto interessanter werden die Verhandlungen des Landtags selber sein, da in ihm etwa 20 Deputirte auf der Rechten, und alle übrigen auf der Linken sitzen. Es kann sich also nur um „gemäßigte“ und äußerste Linke handeln, so lange, bis vielleicht auch über diesen Landtag das Donnerwetter der Contrerevolution losbricht.

*** Hamburg, 17. Januar.

Hamburg hatte bisher noch das Glück, seine „Errungenschaft“ ziemlich treu bewahrt zu sehen. Dieses Glück scheint ihm nun von irgend einer Seite mißgönnt zu werden; zum ersten Male seit langer Zeit taucht die Polizeiwillkühr in ihrer krassesten Kraßheit wieder auf; der erste Schritt der Contre-Revolution ist geschehen.

Es war in voriger Woche, als wir durch die Nachricht überrascht wurden, Weitling solle ausgewiesen werden. Weitling! Ist Weitling hier? fragten die Leute. Sie wußten es nicht einmal, trotzdem daß er schon über sechs Wochen unter uns gelebt hatte. Aber die Polizei wußte es, sie ließ ihn kommen, und gab ihm in kühlen Worten zu verstehen, daß er fort müsse. Weitling protestirte und blieb. Der Bürger-Verein hörte die Geschichte, und hatte nichts Eiligeres zu thun, als daraus eine Tagesordnung zu machen. Er convocirte sämmtliche Vereine zu einer General-Versammlung, die sodann eine Deputation an die Polizeibehörde beschloß und abfertigte. Als die Deputation den Polizeiherrn, Herrn Senator Goßler fragte, warum Weitling ausgewiesen werden solle? antwortete derselbe Folgendes: „Weitling sei vor vier Jahren hier als Kommunist durchgebracht worden, sei demnach ein sehr gefährlicher Mensch, und müsse natürlicher Weise ausgewiesen werden.“ Was sagen Sie? Der Mann, der diese Antwort ertheilte, ist der liberalste Senator, den Hamburg bis jetzt gehabt hat, die liberale Partei stellt ihn bei jeder Gelegenheit als ein Muster hin, und hat ihn sogar zum Abgeordneten gemacht. Alles wegen seiner liberalen Ansichten. Die Polizei verläugnete auch diesmal ihre Natur nicht, und bewilligte nichts weiter, als einen Aufschub der Ausweisung. Die Deputation wandte sich sodann an den Senat. Wissen Sie, was ein Senat ist? Der Senat ist ein Körper. Die Deputation wandte sich also an diesen Körper. Sie setzte das Unsinnige des Verfahrens gegen Weitling in energischen, klaren Worten auseinander. Das war nur Verschwendung von Seiten der Deputation. Sie kennen doch die Wachsfiguren, die mit dem Kopfe nicken, die Augen verdrehen und sonstige Capriolen machen?

Also Weitling muß fort. Er hat sich seinen Paß nach Altona visiren lassen, d. h. er wohnt in Altona und lebt in Hamburg. Alles Komödie in der Welt!

Die demokratische Partei in Hamburg will endlich anfangen, sich zu organisiren. Die Idee geht vom Bürger-Vereine aus, von demjenigen Vereine, der mit Recht die Spitze der revolutionären Bewegung in Hamburg genannt worden ist. In der That, wo es galt, irgend etwas Energisches, Bedeutsames für die Zwecke der Demokratie zu erwirken, da wandte man sich noch immer an den Bürger-Verein. Und dieser entledigte sich seiner Aufgabe großentheils.

Nächst dem Bürger-Verein ist es der Bildungs-Verein für Arbeiter, welcher stets schlagfertig ist. Leider hat er in der neueren Zeit an Theilnahme sehr verloren; dem Vernehmen nach soll jedoch eine Hebung bevorstehen. Der Bildungs-Verein steht übrigens, was radikale Erziehung und Bildung anbelangt, allen übrigen Vereinen voran. In wenigen Wochen wird er sein Stiftungsfest begehen. Ich werde darauf zurückkommen.

Was die übrigen Arbeiter-Vereine anbetrifft, so gibt es deren unzählige. Jede Branche der Arbeit findet auch ihren aparten Verein. Diese Absperrung taugt nichts, und es wäre wohl an der Zeit, daß alle übrigen Arbeiter-Vereine des hamburgischen Gebiets mit dem Bildungs-Vereine einen einzigen Verein ausmachten.

Der Arbeiter-Verein von St. Georg hat vor einiger Zeit das erste Social-Bankett veranstaltet, das in Hamburg vorgekommen ist. Hoffentlich wird dieser kleine Anfang einen guten Fortgang haben. Dieser Verein war bisher unter der Leitung des Kommunisten Bühring; jetzt hat sich ein jugendlicher Kommis als Leiter eingefunden und ist auch acceptirt worden.

Soll ich Ihnen noch ein Bild des deutschen Klubs entwerfen? Stellen Sie sich hamburgische Liberale vor, und Sie haben den deutschen Klub. Ein hamburgischer Liberaler ist ein Mann, der bei festlicher Gelegenheit ein weißes Halstuch trägt, der den gemäßigten Fortschritt anerkennt, an Gott glaubt und Banco-Conto hat. Der deutsche Klub hat Banco-Conto und will die rechte Mitte. Unser Freund Baumeister ist Präsident. Dem Vernehmen nach soll der deutsche Klub bei der Polizeibehörde in sehr gutem Ansehen stehen.

Von unserer Constituante schreibe ich Ihnen nichts. Sie schien neulich einen Anlauf nehmen zu wollen; aber es war blos Schein. In den Ausschuß zur Begutachtung der gewerblichen Verhältnisse hat sie, horribile dictu! bourgeois gewählt, welche die Schlächter-, die Schneider-, die Kaufmanns-Interessen u. s. w. zu vertreten haben! Dann hat sie verfügt, daß die Paragraphen in den Grundrechten über das Schulwesen zur Grundlage der Arbeiten für die Schulkommission dienen sollen.

Polen.
* Lemberg, 10. Jan.

Durch folgende Proklamationen ist das Königreich Galizien und Krakau in Belagerungszustand erklärt worden:

Die dermaligen Verhältnisse Galiziens veranlassen mich, im Einvernehmen mit dem Hrn. Landesgouvernerr Ritter von Zaleski zur Aufrechthaltung der allgemeinen Ruhe und Sicherheit, so wie zum Schutze von Leben und Eigenthum eines Jeden, die Provinz Galizien mit Einschluß der Bukowina, dann der Stadt und Gebietes von Krakau, vom Tage dieser Kundmachung an in den Kriegszustand zu erklären.

In Folge dessen verordne ich: 1) Die allgemeine Entwaffnung des ganzen Landes mit Ausnahme der durch ihre Dienstesverhältnisse zum Tragen von Seitengewehren als Uniformstück berechtigten k. k. Beamten, der Finanzwache und des auf meinen Befehl organisirten und dem k. k. Militär untergestellten Aufgebotes. — 2) Die Unterordnung aller Civilbehörden, die im Uebrigen in ihren Funktionen unbeirrt verbleiben, unter die Militärbehörden. — 3) Alle Tagesblätter hören mit dem Tage der Publikation dieser Kundmachung auf zu erscheinen, ausgenommen, die hier verlegte deutsche und polnische Lemb. Ztg., dann jene, welche bereits die diesseitige Erlaubniß erhalten haben, und endlich in Krakau die „Gazeta Krakowska“ unter genauer Kontrole des dortigen Militär-Oberkommando; so wie auch nichts gedruckt und veröffentlicht werden darf ohne Genehmigung der Kreisämter oder der Militärbehörde. — 4) Die Einstellung aller Klubs und des Assoziationsrechts. — 5) Werden alle Zusammenrottungen in den Städten und auf dem flachen Lande strengstens untersagt. — 6) Wird die genaueste Handhabung des Paß-, Polizei- und Meldungswesens eingeschärft und jeder im Lande Reisende darauf aufmerksam gemacht, sich mit den erforderlichen Pässen oder Passirzetteln von der Orts- oder Kreisbehörde zu versehen und dieselben gehöriger Zeit visiren zu lassen.

Sonach wird unterzogen

a) dem standrechtlichen Verfahren und mit dem Tode bestraft: 1) Wer nach vollbrachter Verkündigung der Entwaffnung und Ablauf des dafür bedingt durch lokale Umstände anberaumten Termins mit den Waffen in der Hand ergriffen wird, oder solche noch verborgen hält. 2) Wer durch Wort oder Schrift zum offenen Aufruhr auffordert. 3) Wer dem gewöhnlichen Post-, dann Staffetten- oder Courierverkehr gewaltsame Hindernisse in den Weg legt. 4) Wer sich eines gewaltsamen Angriffs auf Leben und Eigenthum von Personen schuldig macht. 5) Wer sich in welch immer ein Einverständniß mit Insurgenten einläßt, und denselben freiwillig Vorschub leistet. 6) Wer bei Zusammenrottungen den Aufforderungen von Seiten der Militär- oder Civilbehörde, auseinander zu gehen, nicht alsogleich Folge leistet, oder gar bewaffneten Widerstand entgegen setzt.
b) Dem kriegsrechtlichen Verfahren, und zwar nach Militärgesetzen: 1) Wer durch Ausstreuung nachtheiliger Gerüchte eine Beunruhigung der Gemüther hervorzurufen trachtet. 2) Wer Farben oder Abzeichen trägt, die eine Hinneigung zur aufrührerischen Partei an den Tag geben sollen. 3) Wer nach Ablauf des zur Anmeldung und Visirung der Pässe lokal anberaumt werdenden Termines mit einem zum Aufenthalt im Lande nicht visirten Passe oder ganz ohne solchen betreten wird, sowie auch wer derartigen paßlosen Individuen Unterstand gewährt hat. 4) Wer der Verpflegung und Fortschaffung der k. k. Truppen und deren Bagage welch' immer geflissentliches Hinderniß durch die That oder Vernachläßigung in den Weg legt.

Um diesen Vorschriften und Anordnungen einen wirksameren und schnelleren Vollzug zu verschaffen, habe ich in folgenden Stationen Militärkommissionen aufzustellen für gut befunden, und nachstehende Kreise an dieselben gewiesen, nämlich: Den Cernowitzer, Kolomener, Cortkower und Stanislawower Kreis an das Hauptquartier der in der Bukowina operirenden k. k. Armee, den Tarnopoler, Zloczower Zolkiewer, Lemberger, Brezezaner, Stryer, Samborer und Przemysler Kreis an das k. k. Stadtkommando zu Lemberg, den Rzeszower, Tarnower, Sanoker und Jasloer Kreis an das k. k. Militärkommando zu Tarnow, endlich den Sanderer, Bochniaer, Wadowicer Kreis, dann Stadt und Gebiet von Krakau an das k. k. Militärkommando zu Krakau u. s. w.

Was vom Eindringen des General Bem in Gallizien gemeldet worden, bestätigt sich wohl am Besten durch vorstehende Proklamation. Es sind von hier alle nur irgend entbehrlichen Truppen an die bedrohten Punkte abgeschickt worden. Hier ist Alles theils in freudiger Bewegung, die allerdings nicht laut werden darf, theils in ängstlicher Erwartung der weiteren Ereignisse. Es heißt, „daß die Zollämter an der ungarischen Grenze bereits durch vorgedrungene Magyaren aufgehoben worden sind, und andererseits man hier im Orte selbst die schleunigsten Rüstungen wahrnimmt.“

Krakau, vom 14. Januar.

Von heute beginnt für Galizien und Krakau der Belagerungszustand, und zwar in strengster Form.

Ungarn.

(Fortsetzung des gestrigen aus der A.-O.-Z. entlehnten Berichtes.)

In Komorn ließ man die für die Festung nöthige Besatzung, wozu auch die Gyösche Brigade gehörte, zurück; und mit dem Rest der Armee zog

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        <titlePart type="main">1. Beilage zu Nr. 201 der Neuen Rheinischen Zeitung.</titlePart>
        <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart>
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          <docDate>Sonntag 21. Januar 1849.</docDate>
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        <head>[Deutschland]</head>
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          <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> cher Polizeidirektor, dessen &#x201E;Geldzeugerei&#x201C; doch für eine christlich-germanische Regierung von unschätzbarem Werth sein mußte. Doch hoffen wir, daß das Fehlende bald nachkommt! An ausgezeichnete Dienste wird das Schwarzweißthum sich schon zu erinnern wissen.</p>
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          <head><bibl><author>087</author></bibl> Frankenstein, (in Schlesien) 16. Jan.</head>
          <p>Ich hoffe, wir werden hier bei den Wahlen den Sieg behaupten. <hi rendition="#g">Eduard Reichenbach</hi> war vor einigen Tagen in Wahlangelegenheiten hier und hat auf die Landleute einen äußerst günstigen Eindruck gemacht, so daß seine Wahl zur zweiten Kammer nicht zweifelhaft sein könnte, wollte er hier gewählt werden. Er wird aber, wie ich glaube, seine Wahl im Neisser Kreise vorziehen.</p>
          <p>Die Landleute haben sich überzeugt, daß die Demokratie es allein aufrichtig mit ihnen meint. Das octroyirte Ablösungsgesetz mit seinen Manteufeleien hat sie vor der &#x201E;gottbegnadeten&#x201C; Regierung noch stutziger und gegen sie erboster gemacht, als sie's ohnehin waren.</p>
          <p>Seit Kurzem ist hier auch ein &#x201E;konstitutionell-monarchischer&#x201C; Verein &#x2014; aus preußischen Beamten, Geistlichen und Lehrern bestehend &#x2014; gebildet worden. Dieser Verein sandte, um die Bauern &#x201E;für Gott, König und Junkerschaft&#x201C; zu gewinnen, 32 Apostel in die umliegenden Dörfer. Aber die Bauern waren so unhöflich, die Einen geradezu herauszuschmeißen, die Andern friedlich gehen zu heißen und die Uebrigen durch Lebehochs auf Reichenbach und Ebel (einen entschiedenen Demokraten) zu vertreiben. Darüber Angstgestöhn im konstitutionell-monarchischen Israel!</p>
        </div>
        <div xml:id="ar201b_003" type="jArticle">
          <head><bibl><author>24</author></bibl> Wien, 15. Jan.</head>
          <p>Ueber die neulich auf das Militär erfolgten Schüsse vom rothen Haus, welche das bekannte Plakat des Gouverneurs Welden veranlaßte, erfährt man jetzt, daß muthwillige Knaben und zwar die Enkel eines Marschalls die Urheber waren. Wenigstens wird dies von den übrigen Hausbewohnern, die durch die strengen militärischen Maßregeln in Angst und Unruhe versetzt wurden, steif und fest behauptet.</p>
          <p>Aus <hi rendition="#g">Gratz</hi> wird gemeldet: &#x201E;Hier ziehen viele Ergänzungstransporte zu den Regimentern nach Italien durch; in letzter Zeit bestanden sie großentheils aus Studenten und Proletariern, welche in Folge der Wiener Oktoberereignisse gestellt wurden.&#x201C;</p>
          <p>Der bekannte General Bém ist, nachdem er den in Siebenbürgen gestandenen k. k. General Wardener geschlagen, durch die Bukowina in Galizien eingerückt, soll nach Wegnahme des Radautzer Gestütes, ohne Hindernisse nördlich gezogen sein, und jetzt, durch Zuwachs im Lande auf 50,000 Mann angeschwollen, in Stanislawow (10 Meilen von Lemberg) stehen. Die von Truppen fast entblößte Provinz wird sonach der Schauplatz eines romantischen Feldzuges werden, der wohl keine günstigen Chancen haben dürfte, aber jedenfalls Verlegenheiten ernster Art der Regierung bereitet. Obwohl man bei Todesstrafe angeordnet, daß sämmtliche Bauern sich bewaffnen und den wenigen Truppen anschließen sollen, steht doch eine baldige Vernichtung und Sprengung dieses, der Zahl nach wahrscheinlich überschätzten Korps, zu bezweifeln, wenn nicht General Schlick eiligst von Kaschau zurückkehrt, oder gar russ. Streitkräfte einrücken.</p>
          <p>In den mährischen Provinzialblättern wurden die Signalements Pulsky's, Tausenau's und Kossuth's angegeben, da man der Vermuthung Raum giebt, daß sie auf diesem Wege sich nach Schlesien zu flüchten beabsichtigen.</p>
          <p>Der inländische Verkehr mit Eisenschmiedwaaren (Sensen, Sicheln, Strohmessern) ist mit Ausnahme des Belagerungsrayons freigegeben worden und es dürfen die auf der Hauptmauth angelangten und noch anlangenden Colli's verabfolgt werden.</p>
          <p>Aus <hi rendition="#g">Semlin</hi> wird unterm 10. d. Mts. mitgetheilt, daß 9000 Mann reguläre serbische Truppen mit 30 Kanonen die Donau überschritten haben, um sich an die kaiserl. Armee im Banat anzuschließen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar201b_004" type="jArticle">
          <head>Prag, 15. Jan.</head>
          <p>Gestern ist hier nachstehende Kundmachung erschienen: &#x201E;Von dem k. k. provisorischen Preßgerichte wird hiemit bekannt gemacht, daß in Gemäßheit des § 48 der provisorischen Verordnung über das Verfahren in Preßsachen die Namen der gewählten Geschwornen am 19. Jänner l. J. durch das Loos in Reihen von je hundert Namen werden vertheilt werden, und daß hiebei zugleich durch das Loos die Ordnung für das ganze Jahr bestimmt werden wird, in welcher diese Reihen monatsweise das Geschwornengericht zu bilden haben. Diese Amtshandlung wird am gedachten Tage um 9 Uhr Vormittags im Saale des St. Wenzelsbades öffentlich unter Zulassung des Publikums vorgenommmen werden. Prag, am 10. Jänner 1849. Joseph Roskoschny, Präsident des Preßgerichtes. Johann Hlawacek, k. k. Landrath.&#x201C;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar201b_005" type="jArticle">
          <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, 18. Januar.</head>
          <p>National-Versammlung. Fortsetzung der Kaiserdebatte. &#x2014; Vor der Tagesordnung wird der Austritt des Dr. Liebelt aus Posen angezeigt.</p>
          <p>Der Ministerpräsident von Gagern beantwortet zwei Interpellationen:</p>
          <p rendition="#et">1) von Freudentheil und Genossen, betreffend die verweigerte Publikation der Grundrechte in Hannover. Ob dies wahr? und was die Centralgewalt thun wird?</p>
          <p>Gagern verliest ein langes Schreiben des königl. hannöverschen Bevollmächtigten vom 20. Dezember, dessen kurzer Sinn: daß Hannover keine Lust hat die Grundrechte aufzunehmen.</p>
          <p>Hierauf folgte die bekannte Besprechung des Reichsministers mit den Bevollmächtigten der Einzelstaaten, worin er sie recht sehr bat, doch ja die Grundrechte anzunehmen. In dieser Besprechung blieb Hannover dabei, die Grundrechte zwar publiciren, aber erst nach dem Zusammentreten der hannöverschen Stände als gültig für Hannover betrachten zu wollen. Das hannöversche Ministerium erließ eine desfallsige Publikation. &#x2014; In Anerkennung der sonstigen Bereitwilligkeit Hannovers &#x2014; nimmt das Reichsministerium an, daß die Grundrechte für Hannover maßgebend sind &#x2014; und wird bei einlaufenden Beschwerden das Nöthige veranlassen. (Bravo rechts.)</p>
          <p rendition="#et">2) Auf H. Simon's Interpellation betreffend Temme's Wahl.</p>
          <p>Die Wahlakten sind noch nicht beim Reichsministerium eingelaufen, es hat aber beim preußischen Bevollmächtigten beantragt, die bezüglichen Akten ungesäumt der Versammlung einzusenden.</p>
          <p><hi rendition="#g">Tagesordnung</hi>.</p>
          <p>Die Reihe der Redner führt einen gewissen <hi rendition="#g">Barth</hi> aus Kaufbeuern auf die Tribüne, welcher ganz unbedeutend für den Erbkaiser spricht. &#x2014; Wir haben, sagt er, (in den Grundrechten) Gott gegeben was Gottes ist, lassen Sie uns dem Kaiser geben, was des Kaisers ist. &#x2014; (Bravo rechts &#x2014; Gelächter links.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Eisenstuck</hi> (Sachsen): In dieser Frage müsse man sich nur auf den Boden der Empirie, nicht auf den der Diplomatie stellen, die uns seit Jahrhunderten ruinirt hat. &#x2014; Der Bundesstaat mit einer veränderlichen Spitze ist bewährt und praktisch; er ist es für den ich mich entscheide.</p>
          <p>Die linke Seite des Hauses hat dies von Anbeginn vor Augen gehabt, und ist einig geblieben bis auf diesen Tag, während die Rechte sich in Fraktionen und Fraktiönchen zerspalten hat. Daraus schließe ich, daß diese Seite (nach Rechts) die Zwietracht, und jene (die Linke) die Eintracht vertritt. (Langer Beifall.) Sollte man zu keinem endlichen Oberhaupt in dieser Versammlung kommen, so möge man an die Wahl des Volkes appelliren. Zu einem so wichtigen Beschluß, wie dem vorliegenden, gehören wenigstens 7/8 der Stimmen des Hauses. (Widerspruch im Centrum.)</p>
          <p>Der Redner beleuchtet die Handelspolitik Preußens, und geht die Beziehungen zu Deutschland durch, im Fall Preußen an die Spitze Kleindeutschlands treten würde. Er erinnert dabei an die durch dies Haus überhaupt verabsäumten materiellen Interessen des Volks, und droht mit der unvermeidlichen Revolution, welche in Folge dieser Versäumniß mit ein Damoklesschwert über unsern Hauptern schwebt. (Michel im Centrum macht ungläubigen Tumult, die Gallerien sind E<gap reason="illegible"/>enstuck's Ansicht.)</p>
          <p>In den Bemerkungen über deutsche Handelspolitik sagt er u. a., die deutschen Zolltarife sind seit 1820 von London diktirt worden.</p>
          <p>Zum Schluß erfahren wir, daß Biedermann (der vorgestern für den Erbkaiser sprach) vor seiner Wahl, seinen Wählern sich als praktischen Republikaner anempfahl. (Wie nennen Sie das?)</p>
          <p>Herr Eisenstuck geißelt den braven Biedermann tüchtig durch &#x2014; Die Sachsen haben von der unglücklichen Theilung her, ihren Widerwillen gegen Preußen noch nicht vergessen, sagt E. zum Schluß, dies ad notam von Sachsen zu einem preußisch-deutschen Kaiserthum. (Zum Schluß Beifall links und Tribünen.) Eisenstuck sprach 1 1/2 Stunde.</p>
          <p><hi rendition="#g">Welker</hi> (der Exreichskommissar und Exstaatsmann und Expatriot): poltert mit den Resten seiner Weisheit für Oestreich. Der greise Aposkat macht plötzlich Fiasko. Man wird ganz konfus an diesen Nationalversammlern. Herr Welker poltert heut mit furchtbarer Wuth gegen das Ministerium Gagern, gegen Preußen, gegen die unglückselige Ober-Post-Amts-Zeitung unter immerwährendem Jubel und Beifall der Linken los. &#x2014; Rechte und Centrum sind erstarrt &#x2014; So ein Abgeordneter kann doch Alles. Welker begeistert sich wahrhaft wüthend für Deutschlands Einheit und den festen Anschluß an Oestreich.</p>
          <p>Das Ministerium ist so empört über Welker's Rede, daß der Justizminister Mohl in die Höhe springt und den Redner vom Platze aus mit dem erbosten Ruf &#x201E;nicht wahr!&#x201C; unterbricht.</p>
          <p>In der Politik, sagt Welker u. a., kann man keinen größern Bock schießen, als thun, was seine Feinde freut. Ich frage Sie, wie werden Russen und Franzosen jubeln über Ihre neue Theilung Deutschlands? (Langer Beifall links und Gallerien.) Eine schöne Einheit haben Sie gemacht! &#x2014; Ich will mich, sagt Welker, eventuell für alle moglichen Anträge erklären, wenn nur der preußische Erbkaiser wegbleibt. (Ungeheurer Beifall und große Heiterkeit. Der von Vinke berstet beinahe.) Zum Schluß bittet er Gagern nicht als Minister, sondern Gagern als Abgeordneten &#x2014; umzukehren und die Achtung, die er wohl allgemein genießt (??) sich nicht zu vergeben. Er bittet ihn um Gerechtigkeit für die Oestreicher, sonst wird man uns zurufen: &#x201E;Frei wollt ihr sein, und wisset nicht gerecht zu sein.&#x201C; (Zum Schluß anhaltender Beifall der linken Majorität und der Gallerien.) Welker sprach 2 Stunden.</p>
          <p><hi rendition="#g">Wernher</hi> von Nierstein, deklamirt für den erblichen Kaiser. (Die Theilnahme schwindet. Man geht zum Mittagessen.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Siemens</hi> für ein lebenslängliches Wahl-Oberhaupt. &#x2014; Neue, mitunter spaßhafte Anträge werden eingegeben.</p>
          <p><hi rendition="#g">Lassaulx</hi> (der braungelockte Jüngling von ultra montes) schwärmt bei leerem Hause. Auch er spricht höhnisch von einem preußischen Kaiser. In Berlin sei allerdings mehr Wissenschaft und Kunst &#x2014; aber in Wien mehr Thatkraft. (Windischgrätz!) In Wien sei mehr Manneskraft als in Berlin. (Heiterkeit, man denkt an Preußens Erblosigkeit!) Darum, sagt Lassaulx, soll einmal ein deutscher Kaiser gemacht werden, so ist mir Oestreich's unbefleckte Krone lieber, als &#x2014; (Geheul rechts.)</p>
          <p>Simson der Präsident meint, Lassaulx solle diese Worte erklären.</p>
          <p>Lassauix wiederholt. (Bravo.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Simson</hi>: Er hoffe, der Redner wolle nicht etwa einen Vergleich zum Nachtheil einer andern Krone machen. (Horribles Gelächter. &#x2014; Wie groß muß doch der Widerwille gegen Preußens Krone sein, wenn man diese Lassaulx'schen Lobreden auf Oestreich beklatscht.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Lassauix</hi>: Lassen Sie uns keine theoretische Form machen, worein die Praxis nicht hereinpaßt. Sehen wir auf Frankreich und England. Wir können in der Politik von ihnen lernen trotz unsrer Professorenweisheit. (Wie naiv bescheiden Herr Professor.) Lassen Sie uns ein großes Deutschland bilden mit dem jugendlichen Kaiser von Oestreich an der Spitze, und umgeben von jenen großen Feldherrn &#x2014; Windischgrätz &#x2014; Jellachich. (Furchtbares Gelächter. &#x2014; Zuruf: ohne die Feldherrn.)</p>
          <p>Nach Lassaulx wird um 3/4 3 Uhr die Sitzung bis Morgen vertagt.</p>
          <p>Morgen vielleicht Schluß.</p>
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          <p>Heckscher, der Reichsgesandte in Turin und Neapel, wird seine öffentliche Laufbahn wieder schließen, er wird zurückkehren und wieder Advokat der kleinen Börse werden, deren Rechnungen er bisher regelte und einklagte.</p>
          <bibl>(D. Z.)</bibl>
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          <p>Desto interessanter werden die Verhandlungen des Landtags selber sein, da in ihm etwa 20 Deputirte auf der Rechten, und alle übrigen auf der <hi rendition="#g">Linken</hi> sitzen. Es kann sich also nur um &#x201E;gemäßigte&#x201C; und äußerste Linke handeln, so lange, bis vielleicht auch über diesen Landtag das Donnerwetter der Contrerevolution losbricht.</p>
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          <head><bibl><author>***</author></bibl> Hamburg, 17. Januar.</head>
          <p>Hamburg hatte bisher noch das Glück, seine &#x201E;Errungenschaft&#x201C; ziemlich treu bewahrt zu sehen. Dieses Glück scheint ihm nun von irgend einer Seite mißgönnt zu werden; zum ersten Male seit langer Zeit taucht die Polizeiwillkühr in ihrer krassesten Kraßheit wieder auf; der erste Schritt der Contre-Revolution ist geschehen.</p>
          <p>Es war in voriger Woche, als wir durch die Nachricht überrascht wurden, Weitling solle ausgewiesen werden. Weitling! Ist Weitling hier? fragten die Leute. Sie wußten es nicht einmal, trotzdem daß er schon über sechs Wochen unter uns gelebt hatte. Aber die Polizei wußte es, sie ließ ihn kommen, und gab ihm in kühlen Worten zu verstehen, daß er fort müsse. Weitling protestirte und blieb. Der Bürger-Verein hörte die Geschichte, und hatte nichts Eiligeres zu thun, als daraus eine Tagesordnung zu machen. Er convocirte sämmtliche Vereine zu einer General-Versammlung, die sodann eine Deputation an die Polizeibehörde beschloß und abfertigte. Als die Deputation den Polizeiherrn, Herrn Senator Goßler fragte, warum Weitling ausgewiesen werden solle? antwortete derselbe Folgendes: &#x201E;Weitling sei vor vier Jahren hier als Kommunist durchgebracht worden, sei demnach ein sehr gefährlicher Mensch, und müsse natürlicher Weise ausgewiesen werden.&#x201C; Was sagen Sie? Der Mann, der diese Antwort ertheilte, ist der liberalste Senator, den Hamburg bis jetzt gehabt hat, die liberale Partei stellt ihn bei jeder Gelegenheit als ein Muster hin, und hat ihn sogar zum Abgeordneten gemacht. Alles wegen seiner liberalen Ansichten. Die Polizei verläugnete auch diesmal ihre Natur nicht, und bewilligte nichts weiter, als einen Aufschub der Ausweisung. Die Deputation wandte sich sodann an den Senat. Wissen Sie, was ein Senat ist? Der Senat ist ein Körper. Die Deputation wandte sich also an diesen Körper. Sie setzte das Unsinnige des Verfahrens gegen Weitling in energischen, klaren Worten auseinander. Das war nur Verschwendung von Seiten der Deputation. Sie kennen doch die Wachsfiguren, die mit dem Kopfe nicken, die Augen verdrehen und sonstige Capriolen machen?</p>
          <p>Also Weitling muß fort. Er hat sich seinen Paß nach Altona visiren lassen, d. h. er wohnt in Altona und lebt in Hamburg. Alles Komödie in der Welt!</p>
          <p>Die demokratische Partei in Hamburg will endlich anfangen, sich zu organisiren. Die Idee geht vom Bürger-Vereine aus, von demjenigen Vereine, der mit Recht die Spitze der revolutionären Bewegung in Hamburg genannt worden ist. In der That, wo es galt, irgend etwas Energisches, Bedeutsames für die Zwecke der Demokratie zu erwirken, da wandte man sich noch immer an den Bürger-Verein. Und dieser entledigte sich seiner Aufgabe großentheils.</p>
          <p>Nächst dem Bürger-Verein ist es der Bildungs-Verein für Arbeiter, welcher stets schlagfertig ist. Leider hat er in der neueren Zeit an Theilnahme sehr verloren; dem Vernehmen nach soll jedoch eine Hebung bevorstehen. Der Bildungs-Verein steht übrigens, was radikale Erziehung und Bildung anbelangt, allen übrigen Vereinen voran. In wenigen Wochen wird er sein Stiftungsfest begehen. Ich werde darauf zurückkommen.</p>
          <p>Was die übrigen Arbeiter-Vereine anbetrifft, so gibt es deren unzählige. Jede Branche der Arbeit findet auch ihren aparten Verein. Diese Absperrung taugt nichts, und es wäre wohl an der Zeit, daß alle übrigen Arbeiter-Vereine des hamburgischen Gebiets mit dem Bildungs-Vereine einen einzigen Verein ausmachten.</p>
          <p>Der Arbeiter-Verein von St. Georg hat vor einiger Zeit das erste Social-Bankett veranstaltet, das in Hamburg vorgekommen ist. Hoffentlich wird dieser kleine Anfang einen guten Fortgang haben. Dieser Verein war bisher unter der Leitung des Kommunisten Bühring; jetzt hat sich ein jugendlicher Kommis als Leiter eingefunden und ist auch acceptirt worden.</p>
          <p>Soll ich Ihnen noch ein Bild des deutschen Klubs entwerfen? Stellen Sie sich hamburgische Liberale vor, und Sie haben den deutschen Klub. Ein hamburgischer Liberaler ist ein Mann, der bei festlicher Gelegenheit ein weißes Halstuch trägt, der den gemäßigten Fortschritt anerkennt, an Gott glaubt und Banco-Conto hat. Der deutsche Klub hat Banco-Conto und will die rechte Mitte. Unser Freund Baumeister ist Präsident. Dem Vernehmen nach soll der deutsche Klub bei der Polizeibehörde in sehr gutem Ansehen stehen.</p>
          <p>Von unserer Constituante schreibe ich Ihnen nichts. Sie schien neulich einen Anlauf nehmen zu wollen; aber es war blos Schein. In den Ausschuß zur Begutachtung der gewerblichen Verhältnisse hat sie, horribile dictu! bourgeois gewählt, welche die Schlächter-, die Schneider-, die Kaufmanns-Interessen u. s. w. zu vertreten haben! Dann hat sie verfügt, daß die Paragraphen in den Grundrechten über das Schulwesen zur Grundlage der Arbeiten für die Schulkommission dienen sollen.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Polen.</head>
        <div xml:id="ar201b_009" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Lemberg, 10. Jan.</head>
          <p>Durch folgende Proklamationen ist das Königreich Galizien und Krakau in Belagerungszustand erklärt worden:</p>
          <p>Die dermaligen Verhältnisse Galiziens veranlassen mich, im Einvernehmen mit dem Hrn. Landesgouvernerr Ritter von Zaleski zur Aufrechthaltung der allgemeinen Ruhe und Sicherheit, so wie zum Schutze von Leben und Eigenthum eines Jeden, die Provinz Galizien mit Einschluß der Bukowina, dann der Stadt und Gebietes von Krakau, vom Tage dieser Kundmachung an in den Kriegszustand zu erklären.</p>
          <p>In Folge dessen verordne ich: 1) Die allgemeine Entwaffnung des ganzen Landes mit Ausnahme der durch ihre Dienstesverhältnisse zum Tragen von Seitengewehren als Uniformstück berechtigten k. k. Beamten, der Finanzwache und des auf meinen Befehl organisirten und dem k. k. Militär untergestellten Aufgebotes. &#x2014; 2) Die Unterordnung aller Civilbehörden, die im Uebrigen in ihren Funktionen unbeirrt verbleiben, unter die Militärbehörden. &#x2014; 3) Alle Tagesblätter hören mit dem Tage der Publikation dieser Kundmachung auf zu erscheinen, ausgenommen, die hier verlegte deutsche und polnische Lemb. Ztg., dann jene, welche bereits die diesseitige Erlaubniß erhalten haben, und endlich in Krakau die &#x201E;Gazeta Krakowska&#x201C; unter genauer Kontrole des dortigen Militär-Oberkommando; so wie auch nichts gedruckt und veröffentlicht werden darf ohne Genehmigung der Kreisämter oder der Militärbehörde. &#x2014; 4) Die Einstellung aller Klubs und des Assoziationsrechts. &#x2014; 5) Werden alle Zusammenrottungen in den Städten und auf dem flachen Lande strengstens untersagt. &#x2014; 6) Wird die genaueste Handhabung des Paß-, Polizei- und Meldungswesens eingeschärft und jeder im Lande Reisende darauf aufmerksam gemacht, sich mit den erforderlichen Pässen oder Passirzetteln von der Orts- oder Kreisbehörde zu versehen und dieselben gehöriger Zeit visiren zu lassen.</p>
          <p>Sonach wird unterzogen</p>
          <p rendition="#et">a) dem standrechtlichen Verfahren und mit dem Tode bestraft: 1) Wer nach vollbrachter Verkündigung der Entwaffnung und Ablauf des dafür bedingt durch lokale Umstände anberaumten Termins mit den Waffen in der Hand ergriffen wird, oder solche noch verborgen hält. 2) Wer durch Wort oder Schrift zum offenen Aufruhr auffordert. 3) Wer dem gewöhnlichen Post-, dann Staffetten- oder Courierverkehr gewaltsame Hindernisse in den Weg legt. 4) Wer sich eines gewaltsamen Angriffs auf Leben und Eigenthum von Personen schuldig macht. 5) Wer sich in welch immer ein Einverständniß mit Insurgenten einläßt, und denselben freiwillig Vorschub leistet. 6) Wer bei Zusammenrottungen den Aufforderungen von Seiten der Militär- oder Civilbehörde, auseinander zu gehen, nicht alsogleich Folge leistet, oder gar bewaffneten Widerstand entgegen setzt.<lb/>
b) Dem kriegsrechtlichen Verfahren, und zwar nach Militärgesetzen: 1) Wer durch Ausstreuung nachtheiliger Gerüchte eine Beunruhigung der Gemüther hervorzurufen trachtet. 2) Wer Farben oder Abzeichen trägt, die eine Hinneigung zur aufrührerischen Partei an den Tag geben sollen. 3) Wer nach Ablauf des zur Anmeldung und Visirung der Pässe lokal anberaumt werdenden Termines mit einem zum Aufenthalt im Lande nicht visirten Passe oder ganz ohne solchen betreten wird, sowie auch wer derartigen paßlosen Individuen Unterstand gewährt hat. 4) Wer der Verpflegung und Fortschaffung der k. k. Truppen und deren Bagage welch' immer geflissentliches Hinderniß durch die That oder Vernachläßigung in den Weg legt.</p>
          <p>Um diesen Vorschriften und Anordnungen einen wirksameren und schnelleren Vollzug zu verschaffen, habe ich in folgenden Stationen Militärkommissionen aufzustellen für gut befunden, und nachstehende Kreise an dieselben gewiesen, nämlich: Den Cernowitzer, Kolomener, Cortkower und Stanislawower Kreis an das Hauptquartier der in der Bukowina operirenden k. k. Armee, den Tarnopoler, Zloczower Zolkiewer, Lemberger, Brezezaner, Stryer, Samborer und Przemysler Kreis an das k. k. Stadtkommando zu Lemberg, den Rzeszower, Tarnower, Sanoker und Jasloer Kreis an das k. k. Militärkommando zu Tarnow, endlich den Sanderer, Bochniaer, Wadowicer Kreis, dann Stadt und Gebiet von Krakau an das k. k. Militärkommando zu Krakau u. s. w.</p>
          <p>Was vom Eindringen des General <hi rendition="#g">Bem</hi> in Gallizien gemeldet worden, bestätigt sich wohl am Besten durch vorstehende Proklamation. Es sind von hier alle nur irgend entbehrlichen Truppen an die bedrohten Punkte abgeschickt worden. Hier ist Alles theils in freudiger Bewegung, die allerdings nicht laut werden darf, theils in ängstlicher Erwartung der weiteren Ereignisse. Es heißt, &#x201E;daß die Zollämter an der ungarischen Grenze bereits durch vorgedrungene Magyaren aufgehoben worden sind, und andererseits man hier im Orte selbst die schleunigsten Rüstungen wahrnimmt.&#x201C;</p>
        </div>
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          <head>Krakau, vom 14. Januar. </head>
          <p>Von heute beginnt für Galizien und Krakau der Belagerungszustand, und zwar in strengster Form.</p>
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        <head>Ungarn.</head>
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          <p>
            <ref type="link">(Fortsetzung des gestrigen aus der A.-O.-Z. entlehnten Berichtes.)</ref>
          </p>
          <p>In Komorn ließ man die für die Festung nöthige Besatzung, wozu auch die Gyösche Brigade gehörte, zurück; und mit dem Rest der Armee zog
</p>
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[1097/0001] 1. Beilage zu Nr. 201 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Sonntag 21. Januar 1849. [Deutschland] [Fortsetzung] cher Polizeidirektor, dessen „Geldzeugerei“ doch für eine christlich-germanische Regierung von unschätzbarem Werth sein mußte. Doch hoffen wir, daß das Fehlende bald nachkommt! An ausgezeichnete Dienste wird das Schwarzweißthum sich schon zu erinnern wissen. 087 Frankenstein, (in Schlesien) 16. Jan. Ich hoffe, wir werden hier bei den Wahlen den Sieg behaupten. Eduard Reichenbach war vor einigen Tagen in Wahlangelegenheiten hier und hat auf die Landleute einen äußerst günstigen Eindruck gemacht, so daß seine Wahl zur zweiten Kammer nicht zweifelhaft sein könnte, wollte er hier gewählt werden. Er wird aber, wie ich glaube, seine Wahl im Neisser Kreise vorziehen. Die Landleute haben sich überzeugt, daß die Demokratie es allein aufrichtig mit ihnen meint. Das octroyirte Ablösungsgesetz mit seinen Manteufeleien hat sie vor der „gottbegnadeten“ Regierung noch stutziger und gegen sie erboster gemacht, als sie's ohnehin waren. Seit Kurzem ist hier auch ein „konstitutionell-monarchischer“ Verein — aus preußischen Beamten, Geistlichen und Lehrern bestehend — gebildet worden. Dieser Verein sandte, um die Bauern „für Gott, König und Junkerschaft“ zu gewinnen, 32 Apostel in die umliegenden Dörfer. Aber die Bauern waren so unhöflich, die Einen geradezu herauszuschmeißen, die Andern friedlich gehen zu heißen und die Uebrigen durch Lebehochs auf Reichenbach und Ebel (einen entschiedenen Demokraten) zu vertreiben. Darüber Angstgestöhn im konstitutionell-monarchischen Israel! 24 Wien, 15. Jan. Ueber die neulich auf das Militär erfolgten Schüsse vom rothen Haus, welche das bekannte Plakat des Gouverneurs Welden veranlaßte, erfährt man jetzt, daß muthwillige Knaben und zwar die Enkel eines Marschalls die Urheber waren. Wenigstens wird dies von den übrigen Hausbewohnern, die durch die strengen militärischen Maßregeln in Angst und Unruhe versetzt wurden, steif und fest behauptet. Aus Gratz wird gemeldet: „Hier ziehen viele Ergänzungstransporte zu den Regimentern nach Italien durch; in letzter Zeit bestanden sie großentheils aus Studenten und Proletariern, welche in Folge der Wiener Oktoberereignisse gestellt wurden.“ Der bekannte General Bém ist, nachdem er den in Siebenbürgen gestandenen k. k. General Wardener geschlagen, durch die Bukowina in Galizien eingerückt, soll nach Wegnahme des Radautzer Gestütes, ohne Hindernisse nördlich gezogen sein, und jetzt, durch Zuwachs im Lande auf 50,000 Mann angeschwollen, in Stanislawow (10 Meilen von Lemberg) stehen. Die von Truppen fast entblößte Provinz wird sonach der Schauplatz eines romantischen Feldzuges werden, der wohl keine günstigen Chancen haben dürfte, aber jedenfalls Verlegenheiten ernster Art der Regierung bereitet. Obwohl man bei Todesstrafe angeordnet, daß sämmtliche Bauern sich bewaffnen und den wenigen Truppen anschließen sollen, steht doch eine baldige Vernichtung und Sprengung dieses, der Zahl nach wahrscheinlich überschätzten Korps, zu bezweifeln, wenn nicht General Schlick eiligst von Kaschau zurückkehrt, oder gar russ. Streitkräfte einrücken. In den mährischen Provinzialblättern wurden die Signalements Pulsky's, Tausenau's und Kossuth's angegeben, da man der Vermuthung Raum giebt, daß sie auf diesem Wege sich nach Schlesien zu flüchten beabsichtigen. Der inländische Verkehr mit Eisenschmiedwaaren (Sensen, Sicheln, Strohmessern) ist mit Ausnahme des Belagerungsrayons freigegeben worden und es dürfen die auf der Hauptmauth angelangten und noch anlangenden Colli's verabfolgt werden. Aus Semlin wird unterm 10. d. Mts. mitgetheilt, daß 9000 Mann reguläre serbische Truppen mit 30 Kanonen die Donau überschritten haben, um sich an die kaiserl. Armee im Banat anzuschließen. Prag, 15. Jan. Gestern ist hier nachstehende Kundmachung erschienen: „Von dem k. k. provisorischen Preßgerichte wird hiemit bekannt gemacht, daß in Gemäßheit des § 48 der provisorischen Verordnung über das Verfahren in Preßsachen die Namen der gewählten Geschwornen am 19. Jänner l. J. durch das Loos in Reihen von je hundert Namen werden vertheilt werden, und daß hiebei zugleich durch das Loos die Ordnung für das ganze Jahr bestimmt werden wird, in welcher diese Reihen monatsweise das Geschwornengericht zu bilden haben. Diese Amtshandlung wird am gedachten Tage um 9 Uhr Vormittags im Saale des St. Wenzelsbades öffentlich unter Zulassung des Publikums vorgenommmen werden. Prag, am 10. Jänner 1849. Joseph Roskoschny, Präsident des Preßgerichtes. Johann Hlawacek, k. k. Landrath.“ !!! Frankfurt, 18. Januar. National-Versammlung. Fortsetzung der Kaiserdebatte. — Vor der Tagesordnung wird der Austritt des Dr. Liebelt aus Posen angezeigt. Der Ministerpräsident von Gagern beantwortet zwei Interpellationen: 1) von Freudentheil und Genossen, betreffend die verweigerte Publikation der Grundrechte in Hannover. Ob dies wahr? und was die Centralgewalt thun wird? Gagern verliest ein langes Schreiben des königl. hannöverschen Bevollmächtigten vom 20. Dezember, dessen kurzer Sinn: daß Hannover keine Lust hat die Grundrechte aufzunehmen. Hierauf folgte die bekannte Besprechung des Reichsministers mit den Bevollmächtigten der Einzelstaaten, worin er sie recht sehr bat, doch ja die Grundrechte anzunehmen. In dieser Besprechung blieb Hannover dabei, die Grundrechte zwar publiciren, aber erst nach dem Zusammentreten der hannöverschen Stände als gültig für Hannover betrachten zu wollen. Das hannöversche Ministerium erließ eine desfallsige Publikation. — In Anerkennung der sonstigen Bereitwilligkeit Hannovers — nimmt das Reichsministerium an, daß die Grundrechte für Hannover maßgebend sind — und wird bei einlaufenden Beschwerden das Nöthige veranlassen. (Bravo rechts.) 2) Auf H. Simon's Interpellation betreffend Temme's Wahl. Die Wahlakten sind noch nicht beim Reichsministerium eingelaufen, es hat aber beim preußischen Bevollmächtigten beantragt, die bezüglichen Akten ungesäumt der Versammlung einzusenden. Tagesordnung. Die Reihe der Redner führt einen gewissen Barth aus Kaufbeuern auf die Tribüne, welcher ganz unbedeutend für den Erbkaiser spricht. — Wir haben, sagt er, (in den Grundrechten) Gott gegeben was Gottes ist, lassen Sie uns dem Kaiser geben, was des Kaisers ist. — (Bravo rechts — Gelächter links.) Eisenstuck (Sachsen): In dieser Frage müsse man sich nur auf den Boden der Empirie, nicht auf den der Diplomatie stellen, die uns seit Jahrhunderten ruinirt hat. — Der Bundesstaat mit einer veränderlichen Spitze ist bewährt und praktisch; er ist es für den ich mich entscheide. Die linke Seite des Hauses hat dies von Anbeginn vor Augen gehabt, und ist einig geblieben bis auf diesen Tag, während die Rechte sich in Fraktionen und Fraktiönchen zerspalten hat. Daraus schließe ich, daß diese Seite (nach Rechts) die Zwietracht, und jene (die Linke) die Eintracht vertritt. (Langer Beifall.) Sollte man zu keinem endlichen Oberhaupt in dieser Versammlung kommen, so möge man an die Wahl des Volkes appelliren. Zu einem so wichtigen Beschluß, wie dem vorliegenden, gehören wenigstens 7/8 der Stimmen des Hauses. (Widerspruch im Centrum.) Der Redner beleuchtet die Handelspolitik Preußens, und geht die Beziehungen zu Deutschland durch, im Fall Preußen an die Spitze Kleindeutschlands treten würde. Er erinnert dabei an die durch dies Haus überhaupt verabsäumten materiellen Interessen des Volks, und droht mit der unvermeidlichen Revolution, welche in Folge dieser Versäumniß mit ein Damoklesschwert über unsern Hauptern schwebt. (Michel im Centrum macht ungläubigen Tumult, die Gallerien sind E_ enstuck's Ansicht.) In den Bemerkungen über deutsche Handelspolitik sagt er u. a., die deutschen Zolltarife sind seit 1820 von London diktirt worden. Zum Schluß erfahren wir, daß Biedermann (der vorgestern für den Erbkaiser sprach) vor seiner Wahl, seinen Wählern sich als praktischen Republikaner anempfahl. (Wie nennen Sie das?) Herr Eisenstuck geißelt den braven Biedermann tüchtig durch — Die Sachsen haben von der unglücklichen Theilung her, ihren Widerwillen gegen Preußen noch nicht vergessen, sagt E. zum Schluß, dies ad notam von Sachsen zu einem preußisch-deutschen Kaiserthum. (Zum Schluß Beifall links und Tribünen.) Eisenstuck sprach 1 1/2 Stunde. Welker (der Exreichskommissar und Exstaatsmann und Expatriot): poltert mit den Resten seiner Weisheit für Oestreich. Der greise Aposkat macht plötzlich Fiasko. Man wird ganz konfus an diesen Nationalversammlern. Herr Welker poltert heut mit furchtbarer Wuth gegen das Ministerium Gagern, gegen Preußen, gegen die unglückselige Ober-Post-Amts-Zeitung unter immerwährendem Jubel und Beifall der Linken los. — Rechte und Centrum sind erstarrt — So ein Abgeordneter kann doch Alles. Welker begeistert sich wahrhaft wüthend für Deutschlands Einheit und den festen Anschluß an Oestreich. Das Ministerium ist so empört über Welker's Rede, daß der Justizminister Mohl in die Höhe springt und den Redner vom Platze aus mit dem erbosten Ruf „nicht wahr!“ unterbricht. In der Politik, sagt Welker u. a., kann man keinen größern Bock schießen, als thun, was seine Feinde freut. Ich frage Sie, wie werden Russen und Franzosen jubeln über Ihre neue Theilung Deutschlands? (Langer Beifall links und Gallerien.) Eine schöne Einheit haben Sie gemacht! — Ich will mich, sagt Welker, eventuell für alle moglichen Anträge erklären, wenn nur der preußische Erbkaiser wegbleibt. (Ungeheurer Beifall und große Heiterkeit. Der von Vinke berstet beinahe.) Zum Schluß bittet er Gagern nicht als Minister, sondern Gagern als Abgeordneten — umzukehren und die Achtung, die er wohl allgemein genießt (??) sich nicht zu vergeben. Er bittet ihn um Gerechtigkeit für die Oestreicher, sonst wird man uns zurufen: „Frei wollt ihr sein, und wisset nicht gerecht zu sein.“ (Zum Schluß anhaltender Beifall der linken Majorität und der Gallerien.) Welker sprach 2 Stunden. Wernher von Nierstein, deklamirt für den erblichen Kaiser. (Die Theilnahme schwindet. Man geht zum Mittagessen.) Siemens für ein lebenslängliches Wahl-Oberhaupt. — Neue, mitunter spaßhafte Anträge werden eingegeben. Lassaulx (der braungelockte Jüngling von ultra montes) schwärmt bei leerem Hause. Auch er spricht höhnisch von einem preußischen Kaiser. In Berlin sei allerdings mehr Wissenschaft und Kunst — aber in Wien mehr Thatkraft. (Windischgrätz!) In Wien sei mehr Manneskraft als in Berlin. (Heiterkeit, man denkt an Preußens Erblosigkeit!) Darum, sagt Lassaulx, soll einmal ein deutscher Kaiser gemacht werden, so ist mir Oestreich's unbefleckte Krone lieber, als — (Geheul rechts.) Simson der Präsident meint, Lassaulx solle diese Worte erklären. Lassauix wiederholt. (Bravo.) Simson: Er hoffe, der Redner wolle nicht etwa einen Vergleich zum Nachtheil einer andern Krone machen. (Horribles Gelächter. — Wie groß muß doch der Widerwille gegen Preußens Krone sein, wenn man diese Lassaulx'schen Lobreden auf Oestreich beklatscht.) Lassauix: Lassen Sie uns keine theoretische Form machen, worein die Praxis nicht hereinpaßt. Sehen wir auf Frankreich und England. Wir können in der Politik von ihnen lernen trotz unsrer Professorenweisheit. (Wie naiv bescheiden Herr Professor.) Lassen Sie uns ein großes Deutschland bilden mit dem jugendlichen Kaiser von Oestreich an der Spitze, und umgeben von jenen großen Feldherrn — Windischgrätz — Jellachich. (Furchtbares Gelächter. — Zuruf: ohne die Feldherrn.) Nach Lassaulx wird um 3/4 3 Uhr die Sitzung bis Morgen vertagt. Morgen vielleicht Schluß. Frankfurt, 18. Jan. Heckscher, der Reichsgesandte in Turin und Neapel, wird seine öffentliche Laufbahn wieder schließen, er wird zurückkehren und wieder Advokat der kleinen Börse werden, deren Rechnungen er bisher regelte und einklagte. (D. Z.) * Dresden, 17. Jan. Heute ist der Landtag durch den König eröffnet worden. Die Leser werden uns Dank wissen, wenn wir sie mit der Thronrede verschonen, da jetzt blos in unsern 36 geliebten Vaterländern jährlich 3 Dutzend Thronreden gehalten werden, die man, bis auf einzelne mehr oder weniger komische Ausnahmen, schon auswendig weiß, sobald man nur einmal die Schablone dazu gesehen hat. Desto interessanter werden die Verhandlungen des Landtags selber sein, da in ihm etwa 20 Deputirte auf der Rechten, und alle übrigen auf der Linken sitzen. Es kann sich also nur um „gemäßigte“ und äußerste Linke handeln, so lange, bis vielleicht auch über diesen Landtag das Donnerwetter der Contrerevolution losbricht. *** Hamburg, 17. Januar. Hamburg hatte bisher noch das Glück, seine „Errungenschaft“ ziemlich treu bewahrt zu sehen. Dieses Glück scheint ihm nun von irgend einer Seite mißgönnt zu werden; zum ersten Male seit langer Zeit taucht die Polizeiwillkühr in ihrer krassesten Kraßheit wieder auf; der erste Schritt der Contre-Revolution ist geschehen. Es war in voriger Woche, als wir durch die Nachricht überrascht wurden, Weitling solle ausgewiesen werden. Weitling! Ist Weitling hier? fragten die Leute. Sie wußten es nicht einmal, trotzdem daß er schon über sechs Wochen unter uns gelebt hatte. Aber die Polizei wußte es, sie ließ ihn kommen, und gab ihm in kühlen Worten zu verstehen, daß er fort müsse. Weitling protestirte und blieb. Der Bürger-Verein hörte die Geschichte, und hatte nichts Eiligeres zu thun, als daraus eine Tagesordnung zu machen. Er convocirte sämmtliche Vereine zu einer General-Versammlung, die sodann eine Deputation an die Polizeibehörde beschloß und abfertigte. Als die Deputation den Polizeiherrn, Herrn Senator Goßler fragte, warum Weitling ausgewiesen werden solle? antwortete derselbe Folgendes: „Weitling sei vor vier Jahren hier als Kommunist durchgebracht worden, sei demnach ein sehr gefährlicher Mensch, und müsse natürlicher Weise ausgewiesen werden.“ Was sagen Sie? Der Mann, der diese Antwort ertheilte, ist der liberalste Senator, den Hamburg bis jetzt gehabt hat, die liberale Partei stellt ihn bei jeder Gelegenheit als ein Muster hin, und hat ihn sogar zum Abgeordneten gemacht. Alles wegen seiner liberalen Ansichten. Die Polizei verläugnete auch diesmal ihre Natur nicht, und bewilligte nichts weiter, als einen Aufschub der Ausweisung. Die Deputation wandte sich sodann an den Senat. Wissen Sie, was ein Senat ist? Der Senat ist ein Körper. Die Deputation wandte sich also an diesen Körper. Sie setzte das Unsinnige des Verfahrens gegen Weitling in energischen, klaren Worten auseinander. Das war nur Verschwendung von Seiten der Deputation. Sie kennen doch die Wachsfiguren, die mit dem Kopfe nicken, die Augen verdrehen und sonstige Capriolen machen? Also Weitling muß fort. Er hat sich seinen Paß nach Altona visiren lassen, d. h. er wohnt in Altona und lebt in Hamburg. Alles Komödie in der Welt! Die demokratische Partei in Hamburg will endlich anfangen, sich zu organisiren. Die Idee geht vom Bürger-Vereine aus, von demjenigen Vereine, der mit Recht die Spitze der revolutionären Bewegung in Hamburg genannt worden ist. In der That, wo es galt, irgend etwas Energisches, Bedeutsames für die Zwecke der Demokratie zu erwirken, da wandte man sich noch immer an den Bürger-Verein. Und dieser entledigte sich seiner Aufgabe großentheils. Nächst dem Bürger-Verein ist es der Bildungs-Verein für Arbeiter, welcher stets schlagfertig ist. Leider hat er in der neueren Zeit an Theilnahme sehr verloren; dem Vernehmen nach soll jedoch eine Hebung bevorstehen. Der Bildungs-Verein steht übrigens, was radikale Erziehung und Bildung anbelangt, allen übrigen Vereinen voran. In wenigen Wochen wird er sein Stiftungsfest begehen. Ich werde darauf zurückkommen. Was die übrigen Arbeiter-Vereine anbetrifft, so gibt es deren unzählige. Jede Branche der Arbeit findet auch ihren aparten Verein. Diese Absperrung taugt nichts, und es wäre wohl an der Zeit, daß alle übrigen Arbeiter-Vereine des hamburgischen Gebiets mit dem Bildungs-Vereine einen einzigen Verein ausmachten. Der Arbeiter-Verein von St. Georg hat vor einiger Zeit das erste Social-Bankett veranstaltet, das in Hamburg vorgekommen ist. Hoffentlich wird dieser kleine Anfang einen guten Fortgang haben. Dieser Verein war bisher unter der Leitung des Kommunisten Bühring; jetzt hat sich ein jugendlicher Kommis als Leiter eingefunden und ist auch acceptirt worden. Soll ich Ihnen noch ein Bild des deutschen Klubs entwerfen? Stellen Sie sich hamburgische Liberale vor, und Sie haben den deutschen Klub. Ein hamburgischer Liberaler ist ein Mann, der bei festlicher Gelegenheit ein weißes Halstuch trägt, der den gemäßigten Fortschritt anerkennt, an Gott glaubt und Banco-Conto hat. Der deutsche Klub hat Banco-Conto und will die rechte Mitte. Unser Freund Baumeister ist Präsident. Dem Vernehmen nach soll der deutsche Klub bei der Polizeibehörde in sehr gutem Ansehen stehen. Von unserer Constituante schreibe ich Ihnen nichts. Sie schien neulich einen Anlauf nehmen zu wollen; aber es war blos Schein. In den Ausschuß zur Begutachtung der gewerblichen Verhältnisse hat sie, horribile dictu! bourgeois gewählt, welche die Schlächter-, die Schneider-, die Kaufmanns-Interessen u. s. w. zu vertreten haben! Dann hat sie verfügt, daß die Paragraphen in den Grundrechten über das Schulwesen zur Grundlage der Arbeiten für die Schulkommission dienen sollen. Polen. * Lemberg, 10. Jan. Durch folgende Proklamationen ist das Königreich Galizien und Krakau in Belagerungszustand erklärt worden: Die dermaligen Verhältnisse Galiziens veranlassen mich, im Einvernehmen mit dem Hrn. Landesgouvernerr Ritter von Zaleski zur Aufrechthaltung der allgemeinen Ruhe und Sicherheit, so wie zum Schutze von Leben und Eigenthum eines Jeden, die Provinz Galizien mit Einschluß der Bukowina, dann der Stadt und Gebietes von Krakau, vom Tage dieser Kundmachung an in den Kriegszustand zu erklären. In Folge dessen verordne ich: 1) Die allgemeine Entwaffnung des ganzen Landes mit Ausnahme der durch ihre Dienstesverhältnisse zum Tragen von Seitengewehren als Uniformstück berechtigten k. k. Beamten, der Finanzwache und des auf meinen Befehl organisirten und dem k. k. Militär untergestellten Aufgebotes. — 2) Die Unterordnung aller Civilbehörden, die im Uebrigen in ihren Funktionen unbeirrt verbleiben, unter die Militärbehörden. — 3) Alle Tagesblätter hören mit dem Tage der Publikation dieser Kundmachung auf zu erscheinen, ausgenommen, die hier verlegte deutsche und polnische Lemb. Ztg., dann jene, welche bereits die diesseitige Erlaubniß erhalten haben, und endlich in Krakau die „Gazeta Krakowska“ unter genauer Kontrole des dortigen Militär-Oberkommando; so wie auch nichts gedruckt und veröffentlicht werden darf ohne Genehmigung der Kreisämter oder der Militärbehörde. — 4) Die Einstellung aller Klubs und des Assoziationsrechts. — 5) Werden alle Zusammenrottungen in den Städten und auf dem flachen Lande strengstens untersagt. — 6) Wird die genaueste Handhabung des Paß-, Polizei- und Meldungswesens eingeschärft und jeder im Lande Reisende darauf aufmerksam gemacht, sich mit den erforderlichen Pässen oder Passirzetteln von der Orts- oder Kreisbehörde zu versehen und dieselben gehöriger Zeit visiren zu lassen. Sonach wird unterzogen a) dem standrechtlichen Verfahren und mit dem Tode bestraft: 1) Wer nach vollbrachter Verkündigung der Entwaffnung und Ablauf des dafür bedingt durch lokale Umstände anberaumten Termins mit den Waffen in der Hand ergriffen wird, oder solche noch verborgen hält. 2) Wer durch Wort oder Schrift zum offenen Aufruhr auffordert. 3) Wer dem gewöhnlichen Post-, dann Staffetten- oder Courierverkehr gewaltsame Hindernisse in den Weg legt. 4) Wer sich eines gewaltsamen Angriffs auf Leben und Eigenthum von Personen schuldig macht. 5) Wer sich in welch immer ein Einverständniß mit Insurgenten einläßt, und denselben freiwillig Vorschub leistet. 6) Wer bei Zusammenrottungen den Aufforderungen von Seiten der Militär- oder Civilbehörde, auseinander zu gehen, nicht alsogleich Folge leistet, oder gar bewaffneten Widerstand entgegen setzt. b) Dem kriegsrechtlichen Verfahren, und zwar nach Militärgesetzen: 1) Wer durch Ausstreuung nachtheiliger Gerüchte eine Beunruhigung der Gemüther hervorzurufen trachtet. 2) Wer Farben oder Abzeichen trägt, die eine Hinneigung zur aufrührerischen Partei an den Tag geben sollen. 3) Wer nach Ablauf des zur Anmeldung und Visirung der Pässe lokal anberaumt werdenden Termines mit einem zum Aufenthalt im Lande nicht visirten Passe oder ganz ohne solchen betreten wird, sowie auch wer derartigen paßlosen Individuen Unterstand gewährt hat. 4) Wer der Verpflegung und Fortschaffung der k. k. Truppen und deren Bagage welch' immer geflissentliches Hinderniß durch die That oder Vernachläßigung in den Weg legt. Um diesen Vorschriften und Anordnungen einen wirksameren und schnelleren Vollzug zu verschaffen, habe ich in folgenden Stationen Militärkommissionen aufzustellen für gut befunden, und nachstehende Kreise an dieselben gewiesen, nämlich: Den Cernowitzer, Kolomener, Cortkower und Stanislawower Kreis an das Hauptquartier der in der Bukowina operirenden k. k. Armee, den Tarnopoler, Zloczower Zolkiewer, Lemberger, Brezezaner, Stryer, Samborer und Przemysler Kreis an das k. k. Stadtkommando zu Lemberg, den Rzeszower, Tarnower, Sanoker und Jasloer Kreis an das k. k. Militärkommando zu Tarnow, endlich den Sanderer, Bochniaer, Wadowicer Kreis, dann Stadt und Gebiet von Krakau an das k. k. Militärkommando zu Krakau u. s. w. Was vom Eindringen des General Bem in Gallizien gemeldet worden, bestätigt sich wohl am Besten durch vorstehende Proklamation. Es sind von hier alle nur irgend entbehrlichen Truppen an die bedrohten Punkte abgeschickt worden. Hier ist Alles theils in freudiger Bewegung, die allerdings nicht laut werden darf, theils in ängstlicher Erwartung der weiteren Ereignisse. Es heißt, „daß die Zollämter an der ungarischen Grenze bereits durch vorgedrungene Magyaren aufgehoben worden sind, und andererseits man hier im Orte selbst die schleunigsten Rüstungen wahrnimmt.“ Krakau, vom 14. Januar. Von heute beginnt für Galizien und Krakau der Belagerungszustand, und zwar in strengster Form. Ungarn. (Fortsetzung des gestrigen aus der A.-O.-Z. entlehnten Berichtes.) In Komorn ließ man die für die Festung nöthige Besatzung, wozu auch die Gyösche Brigade gehörte, zurück; und mit dem Rest der Armee zog

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 201. Köln, 21. Januar 1849. Beilage, S. 1097. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz201b_1849/1>, abgerufen am 28.03.2024.