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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 197. Köln, 17. Januar 1849.

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068 London, 13. Januar.

Wie der "Herald" mittheilt, soll der jetzige Vicecönig von Irland (Carl of Clarendon) erster Admiralitätslord werden. Wüßte man für Lord Normanby einen andern Gesandten nach Paris zu senden, so würde Normanby die Stelle eines Vicekönigs von Irland erhalten. Wie die Sachen jetzt stehen, wird wahrscheinlich Lord Carlisle (der frühere Lord Morpeth, erster irischer Sekretär unter Lord Normanby's Verwaltung,) Lordlieutenant oder Vicekönig von Irland werden. Es ist zugleich von eigentlichen Kabinetsveränderungen die Rede.

Französische Republik.
12 Paris, 14. Januar.

Apres l'orage le calme: das heißt nach dem Sturme gänzliche Windesstille. Die arme Kammer: sie glich gestern völlig einem Menschen, der an irgend einem Uebel leidet, das er aus Furcht vor dem Schmerz nicht zu sondiren wagt. Um nun aber nicht vollends vom Schmerz überrascht zu werden, entschloß sich die Kammer die Wunde zu sondiren: sie hat die Hände an die leidende Stelle gelegt und, o weh! welch ein Schmerz! Sie sieht ihr Leben auf's Spiel gesetzt: die Urne soll darüber unterscheiden. Keiner hat jetzt mehr Furcht vor der Urne als der "National". Das allgemeine Stimmrecht hat ihm so sonderbare Ueberraschungen vorbehalten. Wenn man denkt, wie bei der Fassung des Artikels in der Constitution über die Präsidentenwahl der "National" so sicher war, sein ganzes Personal in die Präsidentur und Vizepräsidentur hineinzubringen, und daß aller dieser Sicherheit zum Trotz auf einmal aus der Urne Leute wie Napoleon und Consorten hervorsprangen, so kann man sich wohl vorstellen, mit welchem Mißtrauen derselbe National einer zweiten Wahl entgegensieht, wo es sich um seine letzten Reste, um seine Bänke in der Kammer handelt. Wer weiß, ob ihm das Land nicht abermals einen Streich spielen und ihm gar einen Henri V. aufbinden will? Alles ist möglich! Die neue Kammer braucht nur aus Leuten zusammenzukommen, wie der jetzt gewählte Marquis von Barbancois, dem das Departement de l'Indre fast alle Stimmen gegeben hat, und Henri V. wäre Präsident trotz der Constitution, trotz Napoleon, trotz der 7 Millionen. Henri V. wäre, wenn nicht nominel, so doch wirklich derjenige Präsident, der so zu sagen durch indirekte Wahlen, durch die Wahlen der Wahlmänner, resp. der neuen Deputirten zusammengebracht worden wäre. Und hat nicht Montalembert ganz in diesem Sinne für die Auflösung der Kammer gesprochen?

Scherz bei Seite! National und Reform begreifen ebensowenig die Kundgebungen im Lande für die Legitimisten, als sie vorher die Kundgebungen für Napoleon begriffen. Das ganze Volk ist jetzt in die Bewegung hineingerissen und spielt weiß oder roth! Wenn die Montagne für die Beibehaltung der jetzigen Kammer gesprochen und gestimmt hat, so ging sie von derselben irrthümlichen Befürchtung aus, wie bei Napoleon. Noch einmal -- in den neuen Wahlen, gleichviel wie und wann sie zusammenkommen, handelt es sich um weiß oder roth. Die Weißen sind die Legitimisten mit Inbegriff der Orleanisten, die Rothen sind die Partei Ledru Rollin's und Raspail's. Der National hat alle Chancen verloren. Die Einberufung einer neuen Kammer ist, wie wir früher bereits gezeigt, weiter nichts als eine Zusammensetzung eines neuen Napoleon's.

Der Napoleon, der früher en gros gewäht, wird durch die neue Kammer en detail aufs Neue gewählt. Die einzelnen Parteien, die in Napoleon zusammenschmolzen, zerlegen, zertheilen sich und es hat sich jetzt bereits herausgestellt, daß der eigentliche Napoleon, der Napoleon, wie er sich in abstracto genommen, der Napoleon in Hut, Sporn und Stiefel in drei Wochen älter geworden, als selbst die Kammer, ungeachtet aller ihrer Hinfälligkeit.

In der kaiserlichen Familie selbst herrscht bereits Zwietracht und in der Sitzung selbst ist dieselbe durch die Rede Peter Napoleons, der die Partei der Kammer gegen Barrot und Louis Napoleon ergriff, recht hervorgetreten. Zur Charakterisirung der gestrigen Sitzung müssen wir noch die Schilderung der Debats hinzufügen: Hr. Billault sagt zu Herrn Barrot: "Was thut die Regierung? Die ganze Zeit ihrer Dauer hat sie nicht eine einzige Maßregel beantragt." "Und was thut dann die Kammer?" versetzte Herr Barrot, "seit zwei Monaten hat sie nicht ein einziges organisches Gesetz fertig gebracht." Hr. Barrot hat Recht, aber Hr. Billault hat nicht Unrecht. Das kommt so ziemlich auf das bekannte Gespräch hinaus: "Peter, was machst Du?" "Nichts, mein Herr." "Und Du Paul?" "Ich, mein Herr, ich helfe Peter!" "Und Du, Napoleon?" fragen wir weiter, "Ich, mein Herr, ich helfe Paul!" Alle drei, Barrot, Napoleon und die Kammer helfen sich gegenseitig, nichts zu thun.

Bilanz Frankreichs.
(Schluß)
16 Paris, 13. Jan.

Die Tabellen ergeben, daß auf 1000 Einwohner 1544 Stück vierfüßiges Vieh kommen. (Esel, Maulesel, Pferde mitgerechnet), und in den 376 Städten über 10,000 Einwohner, also 4,805,415 im Total, die Fleischkonsumtion des Individuums 100 Pf. jährlich beträgt. Daneben erscheint die jährliche Fleischkonsumtion des Landbewohners um die Hälfte geringer. Im Nordosten Frankreichs (8 Mill. Menschen), im Südosten (7 Mill. Menschen) findet das nämliche statt; wobei im Nordosten etwa 4 Pf. mehr jährlich auf den Einzelnen kommen, als im Südosten; oder etwa 17 Franken für Fleisch im Nordosten und 15 im Südosten per Jahr.

Die Weinproduktion Frankreichs im Jahre mag 40 Millionen Hectoliter ausmachen, wovon die im Girondedepartement 1/20; davon exportirt man jährlich 1,100,000 Hectoliter für 40-50 Mill. Franken, etwa 36 Frankan der Hectoliter; auf den Einwohner kämen also etwas über 100 Liter (d. h. ein Hectoliter) jährlich. Im Total beträgt aber der Export jährlich 36 Mill. Hectoliter Wein a 419 Mill. Franken, und 1 Mill. Branntwein a 59 Mill. Franken; diese offizielle Angabe ist jedenfalls zu gering.

Die Zeugungskräfte des französischen Bodens würden unbestritten durch Kultur steigen; aber schon jetzt ist das empörende Mißverhältniß in den Rationen arg genug. Ist es nicht schändlich, daß bis zum März 1848 (erst das republikanische Provisorium besaß Verstand genug) der Flottenmatrose niemals warm frühstücken, nur einmal in der Woche Fleisch essen durfte? Erst die Februarrevolution hat ihm etwa drei Pfund fester und flüssiger Nahrung täglich verschafft; der Soldat, sowohl Kavalerist wie Infanterist, hatte sie schon längst. Und das ist noch nicht gerade hinreichend laut den Chemikern Dumas und Liebig (ohne das Trinkwasser zu rechnen, sind 1900 bis 2000 Grammen feste und flüssige Speise nöthig). Das scheert aber keinen Malthusianer; der verzehrt mehr als er nöthig hat, und räumt der producirenden Kanaille blos die Ehre ein, für ihn das Essen zu schaffen, dessen Küchendunst er ihr gütig überläßt.

Auf jeden Einwohner kommen etwa 1248 Gramme täglich; die Kinder unter sechs Jahren und die Greise davon abgezogen, ergibt sich allerdings ein nur dicht unter der Minimumslinie bleibendes Quantum per Kopf; desto schlimmer steht es aber mit der Quantität dieses Quantums, und das Quantum selbst könnte ein vierfaches durch bessere Kultur werden. Das heutige Arbeitsprodukt entspricht nur den Arbeitskräften der sieben Millionen Arbeitender, deren wir früher das Nähere erwähnt haben. Diese sieben Millionen armer Teufel stecken dazu in so miserabeln Umständen, daß ihnen Lust und Sinn fürs Arbeiten bald schwindet. Mit mehr Arbeitern ließe sich nicht nur mehr, sondern auch besser arbeiten.

Die Malthusianer haben die thörichte Gewohnheit stets bei dem Worte "todthungern" an ein jähes Zusammenfallen und Sterben zu denken; sie begreifen daher nicht wie wir behaupten, diese und jene Kategorie sei am Todthungern. Die Herren sollten wissen, daß man Jahre lang todthungern kann. Aus unserm niedrigsten Anschlage ergibt sich uns -- und welcher Malthusianer mögte es leugnen, da er wahrlich für seine eigenen Verdauungorgane kein Minimist ist! -- daß als absolutes Minimum, unter dessen Niveau bereits todthungern anfängt, für den Mann täglich 1 Fr. 12 Centimen, für die Frau 92 Centimen, für das Kind 32 Centimen festzusetzen sind. Streicht man selbst 1500 Mill. Franken, die Frankreich jährlich für überseeische Produkte ausgeben muß, ab von der 11,075,673000 Franken betragenden Summe, zu deren Belauf wir dreist die Werthe der Nahrungsrationen sämmtlicher 14 Mill. Männer, 14 Mill. Frauen und 5 Mill. Kinder in Frankreich schätzen dürfen, so bleiben immer noch neuntausend fünfhundert Mill. Fr. Rest, wodurch die für Frankreichs Einwohner nothwendige Nahrung vergoldet werden könnte. Aber Frankreich producirt heute in Landerzeugnissen, mitgerechnet das Saat- und Viehfutter, nicht über sechstausend Mill. Franken. Es mangelten also zwei Drittel. Wie gefällt das Speisedefizit unsern Optimisten?

Wir müßten heute folgende Karte aufzuweisen haben:

Ackerland im Verhältniß zum menschlichen Bedarf 200 Milliarden (nicht Millionen) an Werth; zum thierischen Bedarf 100; Wohnungen 140, Häuser auf dem Lande 50, Möbeln 28, Kleider 3, ländliches Mobilar 5, Industriewerkzeuge 10, Summa 536 Milliarden. Und heute besitzt unsre Nation ein Kapital an Mobilien und Immobilien von nur 120 Milliarden.

Desgleichen ist leicht zu beweisen, daß die 33 Mill. menschlicher Leiber in Frankreich für 3 Milliarden 633 Millionen Franken Leinwand und Wollenzeug und Baumwolle verbrauchen sollten, um sich anständig und gesundheitsgemäß zu kleiden. Aber man producirt bei uns nur für 1 Milliard 600 Millionen; und nach der Juni-Insurrektion schienen die Bourgeois von Paris so wüthend gegen die Ateliers, wo 25000 Frauen Hemden gemacht hatten, daß Cavaignac selbige Werkstätten schloß, wie die der Männer; Hemden, die freilich bis zur Masse von 600,000 Stück anwuchsen und in den Magazinen des Palais National aufgestapelt hinter Thür und Riegel gehalten wurden, weil das mit zerrissenem Hemde oder auch ohne Hemde herumirrende Proletariat beides Geschlechts zwar Hemden machen, aber nicht Geld machen konnte sie zu kaufen. Die Blödsinnigkeit und Bosheit der Bourgeoisie war dabei so groß, daß sie immerfort auf "Ueberproduktion" schimpfte, während sie das dem Proletariat zum Kaufen des Hemdes nöthige Geld vergrub; sie selbst hatte freilich zuviel Hemden ...

Malthus hat gesiegt; doch nicht auf lange. Arbeiten wir allesammt tapfer; Statistiken dieser Art und Associationen seien fortan unsre Waffen, bis anderes Geschütz nöthig wird. Die Zeit kommt, wo das behutsam kritisirende Secirmesser, das chirurgische Operationsbisturi ein Schlachtschwert, ein flammendes Schwert des Erzengels wird; wo die stille Lupe ein Feldherrentelescop; wo die chemische Probirflüssigkeit zur privilegiumvernichtenden Sturmflut, zur Sündflut für die ganze malthusianische Welt wird, deren Inventarium wir aufzunehmen beschäftigt waren.

Hiermit schließt diese Bilanz Frankreichs. (S. Näheres La Phalange, Dezember 1848.) Ihr Verfasser war unser persönlicher Freund, der eben so geist- als kenntnißreiche junge Mitredakteur der "Demokratie pacifique", Bürger Perreymond, dem auch die deutsche Literatur nicht fremd geblieben.

Die Herren vom Parket wollen sich rächen für ihre neuliche Blamage, als die Jury den proudhoschen "Peuple" frei sprach; sie haben ihn wieder konfiszirt und auf den 3. Januar vor Gericht bestellt. "Diese dummen Teufel bilden sich ein, dadurch zu siegen, die Sozialreformatoren zu ermüden? Wohlauf, wir nehmen die Parthie an und wollen sehen, wer von uns Beiden zuerst das Maul hält; ihr schmeißt uns in feste Kerker und brandschatzt uns. Wir werden natürlich just das Nämliche, mindestens das Nämliche, mit euch vornehmen müssen, wenn das Blatt der Weltgeschichte sich gewendet haben wird. Es ist eine Pinselei, eine Feigheit, eine frevelhafte Großmuth sonder Gleichen gewesen, durch die wir selbst in den Tagen des Frühlings 1848 uns von allen Repressalien und Repressionen abhalten ließen. Wir haben jetzt die bittern Früchte unseres abgeschmackten Philantropisirens a la Lamartine und Comp. zu verdauen. Wir müssen zur Strafe unserer damaligen Lauheit und Faulheit mit niederträchtigen Hallunken, die sich Redaktoren von Ordnungsjournalen nennen, mit den Skriblern der von Graf Mole diktirten Assamblee nationale, des Constitutionnel, der Hermine, des bordeaurer Memorial u. s. w. herumdisputiren, statt daß ein Drohen mit dem Finger bereits hinreichen sollte, jenen vaterlandsverrätherischen Franzosen, die, den großen gallischen Nationalnamen schändend, mit einem Radetzky und Windischgrätz, mit Jellachich und Wrangel, mit Wellington und Narvaez auf du und du stehen (se tutoyent), den Respekt vor der republikanischen Macht in's Gedächtniß zurückzurufen ... Ei was, unsre werthen Landsleute vom Constitutionnel werden mit größtem Kaltmuth uns niederschießen lassen, nachdem sie dem Morde Blum's bekanntlich Beifall geklatscht. Und wir Demokraten, denen die deutschen Soldateskachefs und Meister der Lanzenknechte seit 4 Monaten öffentlich europäischen Unterricht im Standrechten mit Pulver und Blei gegeben haben, wir sollen nicht das Spiel umdrehen und unsererseits pulvern und bleien? (et poudrer et plomber quand notre tour de role sera venu). Die gottbegnadeten Könige langer und kurzer Taille, dünnen und dicken Bauches, jovialen und brutalen Temperaments, gleichviel, haben seit Jahr und Tag, im tiefsten Frieden Europa's und im kühlen Schatten der Wiener Volksschändungsverträge mehr ihrer treuen Städte in Belagerungszustand erklärt und zusammengeknallt, als im heftigsten Krieg. Mögen aber unsere dermaligen Würger und Belagerer, die Herren Bourgeois und Königsknechte, sich's gesagt sein lassen, wir schmettern einst in die Posaune und erklären sie für belagert, entwaffnen die ganze Brut und betrauen das bewaffnete Arbeitervolk mit der unerbittlichen Handhabung des Belagerungszustandes. Dann ist das Arbeitsvolk zur Arbeitsgewalt, Arbeitsmacht (Force ouvriere) geworden, und dann hat das Prinzip der Arbeit gesiegt; der Müßiggänger, und sei er ein König und Krösus, wird alsdann verhungern, wenn er nicht vorher dem Volksstandrechte unterlag." (Constituant von Toulouse). -- Die Demokratie pacifique publizirt ein Schreiben von Lorenzo Valerio, Redakteur der turiner "Concordia" und Kammermitglied, worin es heißt: "Erlauben Sie der Concordia wenigstens einen kleinen Beitrag zu Robert Blum's Ehrendenkmale Ihnen einzusenden; leider verstattet die ungeheure Anstrengung Italiens in diesem Augenblick nicht mehr zu thun. Wir senden 25 Franken." Die Freude der Volksfeinde über den Tagesbefehl Radetzky's: "er werde nach zwei Treffen mit seinen Kroaten an die Thore Turins klopfen," ist groß und innig; desgleichen ihr Verdruß über gewisse in die Departementalpresse übergegangene Artikel der "Neuen Rheinischen Zeitung" über Frankreichs gegenwärtige Situation.

Paris, 14. Januar.

Bey Callimachi überreichte gesten dem Präsidenten der Republik die Papiere, welche ihn als ausserordentlichen bevollmächtigten Gesandten der Pforte bevollmächtigen.

-- Der Moniteur veröffentlicht heute die Liste aller Personen, welche sich im Laufe des vierten Trimesters 1848 durch eine tapfere Handlung ausgezeichnet haben. Minister Leon Faucher schlägt dem Präsidenten der Republik vor, diesen Braven die Ehren- oder sogenannte Rettungs-Medaille zu verleihen. Diese Liste füllt drei Seiten.

-- Das Bedürfniß, den öffenttichen Geist zu kennen und auf ihn zu wirken, veranlaßt den Präsidenten der Republik, das mit Cavaignac eingegangene Büreau de l'Esprit Public wieder herzustellen. Dasselbe wird jedoch nicht im Ministerium des Innern, sondern im Elysee National selbst angelegt.

-- Wir sprachen gestern von den Versuchen, die Auflösungsdebatte in die Länge zu ziehen. Als solche Versuche können folgende Amendements betrachtet werden:

1) Wolowski, Fr. Lasheyrie und Gerard beantragen: "Artikel I. Die legislative Kammer wird für den 10. April 1849 zusammengerufen. Die Mandate der Nationalversammlung erlöschen an diesem Tage. Artikel II. Die Wahlen für Ernennung der 750 Glieder jener Kammer sollen am 25. März 1849 statthaben.
2) Dabaur (Haute-Garonne) verlangt die Abschaffung des Gesetzes vom 15. Dezember 1848, das die zehn organischen Gesetze aufzählt, welche sich die Nationalversammlung zu berathen noch vorgenommen hatte. Sie solle nur das Wahlgesetz berathen und dann unmittelbar die neue Kammer einrufen. Dieser Dabaur ist einer der vollblutigsten Legitimisten, welchen uns die spanische Gränze in die Nationalversammlung schickte.
3) Endlich liegen noch die Bixio'schen und Pagnerre'schen Anträge vor.

-- Die Ersatzwahlen für die Nationalversammlung, welche in mehreren Departements vorgenommen werden mußten, sind eigenthümlich ausgefallen. Im Indredepartement z. B. wurde der berüchtigte Marquis Barbancois an Bethmont's Stelle gewählt. Dieser Barbancois ist einer der reichsten Grundbesitzer jener Gegend, und wurde durch die Schlauheit berüchtigt, mit welcher er die Flucht des Don Carlos aus Bourges bewerkstelligte. Er ist ein Stocklegitimist. Der Oberrhein hat uns dagegen einen rothen Republikaner, Fawetier, zugeschickt. Die Manche hat den Bonapartisten Napoleon Darn zu ihrem Vertreter gewählt.

-- Der "Constitutionnel" läugnet, daß eine Ministerkrisis vorhanden. Das Kabinet, meint er, wäre auch dann noch nicht erschüttert worden, selbst wenn sich einige Stimmen gegen den Rateauschen Antrag ausgesprochen hätten. Hinter der unbesiegbaren Stütze des Nationalwillens seien die Minister jetzt um so unangreifbarer, als sich bei dem ersten Votum über eine wichtige Frage, wie die Auflösung ist, die Nationalversammlung sogleich der Ansicht des Kabinets beigesellte!

Man sprach gestern an der Börse und im Operngange von der Ausrüstung einer neuen Flotille gegen die Römischen Demokraten. Es hieß sogar schon, die Regierung habe Befehl gegeben, in Toulon für Civita Vecchia 7 bis 8000 Mann einzuschiffen. Papa Constitutionnel läßt sich in der That folgende Details hierüber schreiben:

Toulon, 8. Jan.

In unserm Hafen ist plötzlich ein Leben und eine Thätigkeit eingetreten, welche gegen die Ruhe der letzten Tage ganz sonderbar absticht.

Die maritimen Behörden haben mittels des Telegraphen Befehl erhalten, die möglichst große Zahl von Segel- und Dampfschiffen zur Abfahrt bereit zu setzen und die diesfälligen Vorbereitungen mit größtem Nachdruck zu treffen. Schon haben die Fregatten Cacique und Magellan, die Dampfkorvette Katon und der Dämpfer Limone ihre Gesundheitsatteste genommen und warten nur auf den Wink des Telegraphen.

Dies ist das dritte Mal, seit Frankreich Republik ist, daß unser Hafen ein solches Schauspiel bietet. Dieses Mal lauten aber die Vorschriften viel umfassender als bei den frühern, denn sie erstrecken sich auf alle Fahrzeuge, welche irgend wie bewaffnet und ausgerüstet werden können. Eilf Dämpfer können, versichert man uns, vor Ablauf der nächsten Woche ins Meer stechen. Sie sind so eingerichtet, daß sie Infanterie und Kavallerie an Bord nehmen können. Man arbeitet Tag und Nacht. Es fehlt an Matrosen; es werden daher Aushebungen vorgenommen u. s. w.

10 Uhr Abends. Die Magazin-Verwaltungen erhalten so eben Befehl, die ganze Nacht hindurch offen zu halten. Die Fahrzeuge setzen sich in der Rhede in Bewegung. Man erwartet von einem Augenblick zum andern die Ankunft einer wichtigen Person, welche die Regierung zum Pabst nach Gaeta sende etc.

Der Marseiller Nouvelliste vom 10. Januar sagt in einem Postscriptum:

Wir können aus bester Quelle versichern, daß eine telegraphische Depesche dem Seepräfekten in Toulon die sofortige Ausrüstung von 11 Dämpfern vorschrieb. Bald nach dem Eingang jener Depesche heitzte die Dampfkorvette Solon und fuhr nach Gaeta mit einer geheimen Mission an den Pabst ab.

Obgleich über diese Ausrüstungen noch ein Geheimniß schwebt, so unterliegt es doch keinem Zweifel, daß sie nur in Aussicht auf eine Intervention in den Kirchenstaaten geschehen. Wir erfahren aus einer Quelle, welche unser vollkommenes Vertrauen verdient, daß der Pabst zu diesem, ihm von den Großmächten längst gemachten Vorschlage seine Zustimmung endlich gegeben hat. Man weiß nur noch nicht den Antheil zu bestimmen, den jede der andern Großmächte bei dieser Intervention zu nehmen übernommen; doch sagt man uns so viel, daß sie alle wenigstens diplomatisch die Intervention unterstützen werden. Wir erwarten hier in Marseille einen Theil jener Fahrzeuge, um die Mollieresche Brigade einzuschiffen."

Hier in Paris schüttelt man zu diesen maritimen Hiobsposten sehr bedenklich die Köpfe.

Thatsache ist, daß die Kardinäle von Cambrai und Bourges zum Pabst abgereist sind, um ihm die Erklärung zu bringen, daß es das Bonaparte'sche Ministerium sehr gerne sehen würde, wenn der Pabst eine Reise nach Frankreich machte.

Dieses zeigt uns das Univers an.

-- Die Journalpolemik ist null. Bemerkenswerth ist das tägliche Steigen der Zahl der Brief- und Drucksachen-Expedition seit dem niedrigen Porto.

-- Die Nationalversammlung hat morgen zur Erneuerungswahl ihrer Präsidenten zu schreiten.

-- General Pelet geht mit einer Spezialmission nach Turin.

Spanien.
Madrid, 8. Januar.

Mon hat seinen Kabinetskollegen das neue Büdget vorgelegt, in dem er durch bedeutende Ersparnisse a Garnier Pages Spanien vor dem Nationalbankerott retten will. Alle Kabinetsglieder haben diesen großen Ersparnissen ihre volle Zustimmung ertheilt. Man wird dasselbe demnächst der Kammer vorlegen.

Rußland.
Von der russischen Gränze.

Um dem größern Publikum die Nothwendigkeit unseres Wunsches und die Nichtswürdigkeit klar vor Augen zu halten, mit welcher das in hiesiger Gegend [Fortsetzung]

Hierzu eine Beilage.

068 London, 13. Januar.

Wie der „Herald“ mittheilt, soll der jetzige Vicecönig von Irland (Carl of Clarendon) erster Admiralitätslord werden. Wüßte man für Lord Normanby einen andern Gesandten nach Paris zu senden, so würde Normanby die Stelle eines Vicekönigs von Irland erhalten. Wie die Sachen jetzt stehen, wird wahrscheinlich Lord Carlisle (der frühere Lord Morpeth, erster irischer Sekretär unter Lord Normanby's Verwaltung,) Lordlieutenant oder Vicekönig von Irland werden. Es ist zugleich von eigentlichen Kabinetsveränderungen die Rede.

Französische Republik.
12 Paris, 14. Januar.

Après l'orage le calme: das heißt nach dem Sturme gänzliche Windesstille. Die arme Kammer: sie glich gestern völlig einem Menschen, der an irgend einem Uebel leidet, das er aus Furcht vor dem Schmerz nicht zu sondiren wagt. Um nun aber nicht vollends vom Schmerz überrascht zu werden, entschloß sich die Kammer die Wunde zu sondiren: sie hat die Hände an die leidende Stelle gelegt und, o weh! welch ein Schmerz! Sie sieht ihr Leben auf's Spiel gesetzt: die Urne soll darüber unterscheiden. Keiner hat jetzt mehr Furcht vor der Urne als der „National“. Das allgemeine Stimmrecht hat ihm so sonderbare Ueberraschungen vorbehalten. Wenn man denkt, wie bei der Fassung des Artikels in der Constitution über die Präsidentenwahl der „National“ so sicher war, sein ganzes Personal in die Präsidentur und Vizepräsidentur hineinzubringen, und daß aller dieser Sicherheit zum Trotz auf einmal aus der Urne Leute wie Napoleon und Consorten hervorsprangen, so kann man sich wohl vorstellen, mit welchem Mißtrauen derselbe National einer zweiten Wahl entgegensieht, wo es sich um seine letzten Reste, um seine Bänke in der Kammer handelt. Wer weiß, ob ihm das Land nicht abermals einen Streich spielen und ihm gar einen Henri V. aufbinden will? Alles ist möglich! Die neue Kammer braucht nur aus Leuten zusammenzukommen, wie der jetzt gewählte Marquis von Barbancois, dem das Departement de l'Indre fast alle Stimmen gegeben hat, und Henri V. wäre Präsident trotz der Constitution, trotz Napoleon, trotz der 7 Millionen. Henri V. wäre, wenn nicht nominel, so doch wirklich derjenige Präsident, der so zu sagen durch indirekte Wahlen, durch die Wahlen der Wahlmänner, resp. der neuen Deputirten zusammengebracht worden wäre. Und hat nicht Montalembert ganz in diesem Sinne für die Auflösung der Kammer gesprochen?

Scherz bei Seite! National und Reform begreifen ebensowenig die Kundgebungen im Lande für die Legitimisten, als sie vorher die Kundgebungen für Napoleon begriffen. Das ganze Volk ist jetzt in die Bewegung hineingerissen und spielt weiß oder roth! Wenn die Montagne für die Beibehaltung der jetzigen Kammer gesprochen und gestimmt hat, so ging sie von derselben irrthümlichen Befürchtung aus, wie bei Napoleon. Noch einmal — in den neuen Wahlen, gleichviel wie und wann sie zusammenkommen, handelt es sich um weiß oder roth. Die Weißen sind die Legitimisten mit Inbegriff der Orleanisten, die Rothen sind die Partei Ledru Rollin's und Raspail's. Der National hat alle Chancen verloren. Die Einberufung einer neuen Kammer ist, wie wir früher bereits gezeigt, weiter nichts als eine Zusammensetzung eines neuen Napoleon's.

Der Napoleon, der früher en gros gewäht, wird durch die neue Kammer en détail aufs Neue gewählt. Die einzelnen Parteien, die in Napoleon zusammenschmolzen, zerlegen, zertheilen sich und es hat sich jetzt bereits herausgestellt, daß der eigentliche Napoleon, der Napoleon, wie er sich in abstracto genommen, der Napoleon in Hut, Sporn und Stiefel in drei Wochen älter geworden, als selbst die Kammer, ungeachtet aller ihrer Hinfälligkeit.

In der kaiserlichen Familie selbst herrscht bereits Zwietracht und in der Sitzung selbst ist dieselbe durch die Rede Peter Napoleons, der die Partei der Kammer gegen Barrot und Louis Napoleon ergriff, recht hervorgetreten. Zur Charakterisirung der gestrigen Sitzung müssen wir noch die Schilderung der Debats hinzufügen: Hr. Billault sagt zu Herrn Barrot: „Was thut die Regierung? Die ganze Zeit ihrer Dauer hat sie nicht eine einzige Maßregel beantragt.“ „Und was thut dann die Kammer?“ versetzte Herr Barrot, „seit zwei Monaten hat sie nicht ein einziges organisches Gesetz fertig gebracht.“ Hr. Barrot hat Recht, aber Hr. Billault hat nicht Unrecht. Das kommt so ziemlich auf das bekannte Gespräch hinaus: „Peter, was machst Du?“ „Nichts, mein Herr.“ „Und Du Paul?“ „Ich, mein Herr, ich helfe Peter!“ „Und Du, Napoleon?“ fragen wir weiter, „Ich, mein Herr, ich helfe Paul!“ Alle drei, Barrot, Napoleon und die Kammer helfen sich gegenseitig, nichts zu thun.

Bilanz Frankreichs.
(Schluß)
16 Paris, 13. Jan.

Die Tabellen ergeben, daß auf 1000 Einwohner 1544 Stück vierfüßiges Vieh kommen. (Esel, Maulesel, Pferde mitgerechnet), und in den 376 Städten über 10,000 Einwohner, also 4,805,415 im Total, die Fleischkonsumtion des Individuums 100 Pf. jährlich beträgt. Daneben erscheint die jährliche Fleischkonsumtion des Landbewohners um die Hälfte geringer. Im Nordosten Frankreichs (8 Mill. Menschen), im Südosten (7 Mill. Menschen) findet das nämliche statt; wobei im Nordosten etwa 4 Pf. mehr jährlich auf den Einzelnen kommen, als im Südosten; oder etwa 17 Franken für Fleisch im Nordosten und 15 im Südosten per Jahr.

Die Weinproduktion Frankreichs im Jahre mag 40 Millionen Hectoliter ausmachen, wovon die im Girondedepartement 1/20; davon exportirt man jährlich 1,100,000 Hectoliter für 40-50 Mill. Franken, etwa 36 Frankan der Hectoliter; auf den Einwohner kämen also etwas über 100 Liter (d. h. ein Hectoliter) jährlich. Im Total beträgt aber der Export jährlich 36 Mill. Hectoliter Wein à 419 Mill. Franken, und 1 Mill. Branntwein à 59 Mill. Franken; diese offizielle Angabe ist jedenfalls zu gering.

Die Zeugungskräfte des französischen Bodens würden unbestritten durch Kultur steigen; aber schon jetzt ist das empörende Mißverhältniß in den Rationen arg genug. Ist es nicht schändlich, daß bis zum März 1848 (erst das republikanische Provisorium besaß Verstand genug) der Flottenmatrose niemals warm frühstücken, nur einmal in der Woche Fleisch essen durfte? Erst die Februarrevolution hat ihm etwa drei Pfund fester und flüssiger Nahrung täglich verschafft; der Soldat, sowohl Kavalerist wie Infanterist, hatte sie schon längst. Und das ist noch nicht gerade hinreichend laut den Chemikern Dumas und Liebig (ohne das Trinkwasser zu rechnen, sind 1900 bis 2000 Grammen feste und flüssige Speise nöthig). Das scheert aber keinen Malthusianer; der verzehrt mehr als er nöthig hat, und räumt der producirenden Kanaille blos die Ehre ein, für ihn das Essen zu schaffen, dessen Küchendunst er ihr gütig überläßt.

Auf jeden Einwohner kommen etwa 1248 Gramme täglich; die Kinder unter sechs Jahren und die Greise davon abgezogen, ergibt sich allerdings ein nur dicht unter der Minimumslinie bleibendes Quantum per Kopf; desto schlimmer steht es aber mit der Quantität dieses Quantums, und das Quantum selbst könnte ein vierfaches durch bessere Kultur werden. Das heutige Arbeitsprodukt entspricht nur den Arbeitskräften der sieben Millionen Arbeitender, deren wir früher das Nähere erwähnt haben. Diese sieben Millionen armer Teufel stecken dazu in so miserabeln Umständen, daß ihnen Lust und Sinn fürs Arbeiten bald schwindet. Mit mehr Arbeitern ließe sich nicht nur mehr, sondern auch besser arbeiten.

Die Malthusianer haben die thörichte Gewohnheit stets bei dem Worte „todthungern“ an ein jähes Zusammenfallen und Sterben zu denken; sie begreifen daher nicht wie wir behaupten, diese und jene Kategorie sei am Todthungern. Die Herren sollten wissen, daß man Jahre lang todthungern kann. Aus unserm niedrigsten Anschlage ergibt sich uns — und welcher Malthusianer mögte es leugnen, da er wahrlich für seine eigenen Verdauungorgane kein Minimist ist! — daß als absolutes Minimum, unter dessen Niveau bereits todthungern anfängt, für den Mann täglich 1 Fr. 12 Centimen, für die Frau 92 Centimen, für das Kind 32 Centimen festzusetzen sind. Streicht man selbst 1500 Mill. Franken, die Frankreich jährlich für überseeische Produkte ausgeben muß, ab von der 11,075,673000 Franken betragenden Summe, zu deren Belauf wir dreist die Werthe der Nahrungsrationen sämmtlicher 14 Mill. Männer, 14 Mill. Frauen und 5 Mill. Kinder in Frankreich schätzen dürfen, so bleiben immer noch neuntausend fünfhundert Mill. Fr. Rest, wodurch die für Frankreichs Einwohner nothwendige Nahrung vergoldet werden könnte. Aber Frankreich producirt heute in Landerzeugnissen, mitgerechnet das Saat- und Viehfutter, nicht über sechstausend Mill. Franken. Es mangelten also zwei Drittel. Wie gefällt das Speisedefizit unsern Optimisten?

Wir müßten heute folgende Karte aufzuweisen haben:

Ackerland im Verhältniß zum menschlichen Bedarf 200 Milliarden (nicht Millionen) an Werth; zum thierischen Bedarf 100; Wohnungen 140, Häuser auf dem Lande 50, Möbeln 28, Kleider 3, ländliches Mobilar 5, Industriewerkzeuge 10, Summa 536 Milliarden. Und heute besitzt unsre Nation ein Kapital an Mobilien und Immobilien von nur 120 Milliarden.

Desgleichen ist leicht zu beweisen, daß die 33 Mill. menschlicher Leiber in Frankreich für 3 Milliarden 633 Millionen Franken Leinwand und Wollenzeug und Baumwolle verbrauchen sollten, um sich anständig und gesundheitsgemäß zu kleiden. Aber man producirt bei uns nur für 1 Milliard 600 Millionen; und nach der Juni-Insurrektion schienen die Bourgeois von Paris so wüthend gegen die Ateliers, wo 25000 Frauen Hemden gemacht hatten, daß Cavaignac selbige Werkstätten schloß, wie die der Männer; Hemden, die freilich bis zur Masse von 600,000 Stück anwuchsen und in den Magazinen des Palais National aufgestapelt hinter Thür und Riegel gehalten wurden, weil das mit zerrissenem Hemde oder auch ohne Hemde herumirrende Proletariat beides Geschlechts zwar Hemden machen, aber nicht Geld machen konnte sie zu kaufen. Die Blödsinnigkeit und Bosheit der Bourgeoisie war dabei so groß, daß sie immerfort auf „Ueberproduktion“ schimpfte, während sie das dem Proletariat zum Kaufen des Hemdes nöthige Geld vergrub; sie selbst hatte freilich zuviel Hemden …

Malthus hat gesiegt; doch nicht auf lange. Arbeiten wir allesammt tapfer; Statistiken dieser Art und Associationen seien fortan unsre Waffen, bis anderes Geschütz nöthig wird. Die Zeit kommt, wo das behutsam kritisirende Secirmesser, das chirurgische Operationsbisturi ein Schlachtschwert, ein flammendes Schwert des Erzengels wird; wo die stille Lupe ein Feldherrentelescop; wo die chemische Probirflüssigkeit zur privilegiumvernichtenden Sturmflut, zur Sündflut für die ganze malthusianische Welt wird, deren Inventarium wir aufzunehmen beschäftigt waren.

Hiermit schließt diese Bilanz Frankreichs. (S. Näheres La Phalange, Dezember 1848.) Ihr Verfasser war unser persönlicher Freund, der eben so geist- als kenntnißreiche junge Mitredakteur der „Demokratie pacifique“, Bürger Perreymond, dem auch die deutsche Literatur nicht fremd geblieben.

Die Herren vom Parket wollen sich rächen für ihre neuliche Blamage, als die Jury den proudhoschen „Peuple“ frei sprach; sie haben ihn wieder konfiszirt und auf den 3. Januar vor Gericht bestellt. „Diese dummen Teufel bilden sich ein, dadurch zu siegen, die Sozialreformatoren zu ermüden? Wohlauf, wir nehmen die Parthie an und wollen sehen, wer von uns Beiden zuerst das Maul hält; ihr schmeißt uns in feste Kerker und brandschatzt uns. Wir werden natürlich just das Nämliche, mindestens das Nämliche, mit euch vornehmen müssen, wenn das Blatt der Weltgeschichte sich gewendet haben wird. Es ist eine Pinselei, eine Feigheit, eine frevelhafte Großmuth sonder Gleichen gewesen, durch die wir selbst in den Tagen des Frühlings 1848 uns von allen Repressalien und Repressionen abhalten ließen. Wir haben jetzt die bittern Früchte unseres abgeschmackten Philantropisirens a la Lamartine und Comp. zu verdauen. Wir müssen zur Strafe unserer damaligen Lauheit und Faulheit mit niederträchtigen Hallunken, die sich Redaktoren von Ordnungsjournalen nennen, mit den Skriblern der von Graf Molé diktirten Assamblée nationale, des Constitutionnel, der Hermine, des bordeaurer Memorial u. s. w. herumdisputiren, statt daß ein Drohen mit dem Finger bereits hinreichen sollte, jenen vaterlandsverrätherischen Franzosen, die, den großen gallischen Nationalnamen schändend, mit einem Radetzky und Windischgrätz, mit Jellachich und Wrangel, mit Wellington und Narvaez auf du und du stehen (se tutoyent), den Respekt vor der republikanischen Macht in's Gedächtniß zurückzurufen … Ei was, unsre werthen Landsleute vom Constitutionnel werden mit größtem Kaltmuth uns niederschießen lassen, nachdem sie dem Morde Blum's bekanntlich Beifall geklatscht. Und wir Demokraten, denen die deutschen Soldateskachefs und Meister der Lanzenknechte seit 4 Monaten öffentlich europäischen Unterricht im Standrechten mit Pulver und Blei gegeben haben, wir sollen nicht das Spiel umdrehen und unsererseits pulvern und bleien? (et poudrer et plomber quand notre tour de role sera venu). Die gottbegnadeten Könige langer und kurzer Taille, dünnen und dicken Bauches, jovialen und brutalen Temperaments, gleichviel, haben seit Jahr und Tag, im tiefsten Frieden Europa's und im kühlen Schatten der Wiener Volksschändungsverträge mehr ihrer treuen Städte in Belagerungszustand erklärt und zusammengeknallt, als im heftigsten Krieg. Mögen aber unsere dermaligen Würger und Belagerer, die Herren Bourgeois und Königsknechte, sich's gesagt sein lassen, wir schmettern einst in die Posaune und erklären sie für belagert, entwaffnen die ganze Brut und betrauen das bewaffnete Arbeitervolk mit der unerbittlichen Handhabung des Belagerungszustandes. Dann ist das Arbeitsvolk zur Arbeitsgewalt, Arbeitsmacht (Force ouvrière) geworden, und dann hat das Prinzip der Arbeit gesiegt; der Müßiggänger, und sei er ein König und Krösus, wird alsdann verhungern, wenn er nicht vorher dem Volksstandrechte unterlag.“ (Constituant von Toulouse). — Die Demokratie pacifique publizirt ein Schreiben von Lorenzo Valerio, Redakteur der turiner „Concordia“ und Kammermitglied, worin es heißt: „Erlauben Sie der Concordia wenigstens einen kleinen Beitrag zu Robert Blum's Ehrendenkmale Ihnen einzusenden; leider verstattet die ungeheure Anstrengung Italiens in diesem Augenblick nicht mehr zu thun. Wir senden 25 Franken.“ Die Freude der Volksfeinde über den Tagesbefehl Radetzky's: „er werde nach zwei Treffen mit seinen Kroaten an die Thore Turins klopfen,“ ist groß und innig; desgleichen ihr Verdruß über gewisse in die Departementalpresse übergegangene Artikel der „Neuen Rheinischen Zeitung“ über Frankreichs gegenwärtige Situation.

Paris, 14. Januar.

Bey Callimachi überreichte gesten dem Präsidenten der Republik die Papiere, welche ihn als ausserordentlichen bevollmächtigten Gesandten der Pforte bevollmächtigen.

— Der Moniteur veröffentlicht heute die Liste aller Personen, welche sich im Laufe des vierten Trimesters 1848 durch eine tapfere Handlung ausgezeichnet haben. Minister Leon Faucher schlägt dem Präsidenten der Republik vor, diesen Braven die Ehren- oder sogenannte Rettungs-Medaille zu verleihen. Diese Liste füllt drei Seiten.

— Das Bedürfniß, den öffenttichen Geist zu kennen und auf ihn zu wirken, veranlaßt den Präsidenten der Republik, das mit Cavaignac eingegangene Büreau de l'Esprit Public wieder herzustellen. Dasselbe wird jedoch nicht im Ministerium des Innern, sondern im Elysée National selbst angelegt.

— Wir sprachen gestern von den Versuchen, die Auflösungsdebatte in die Länge zu ziehen. Als solche Versuche können folgende Amendements betrachtet werden:

1) Wolowski, Fr. Lasheyrie und Gerard beantragen: „Artikel I. Die legislative Kammer wird für den 10. April 1849 zusammengerufen. Die Mandate der Nationalversammlung erlöschen an diesem Tage. Artikel II. Die Wahlen für Ernennung der 750 Glieder jener Kammer sollen am 25. März 1849 statthaben.
2) Dabaur (Haute-Garonne) verlangt die Abschaffung des Gesetzes vom 15. Dezember 1848, das die zehn organischen Gesetze aufzählt, welche sich die Nationalversammlung zu berathen noch vorgenommen hatte. Sie solle nur das Wahlgesetz berathen und dann unmittelbar die neue Kammer einrufen. Dieser Dabaur ist einer der vollblutigsten Legitimisten, welchen uns die spanische Gränze in die Nationalversammlung schickte.
3) Endlich liegen noch die Bixio'schen und Pagnerre'schen Anträge vor.

— Die Ersatzwahlen für die Nationalversammlung, welche in mehreren Departements vorgenommen werden mußten, sind eigenthümlich ausgefallen. Im Indredepartement z. B. wurde der berüchtigte Marquis Barbancois an Bethmont's Stelle gewählt. Dieser Barbancois ist einer der reichsten Grundbesitzer jener Gegend, und wurde durch die Schlauheit berüchtigt, mit welcher er die Flucht des Don Carlos aus Bourges bewerkstelligte. Er ist ein Stocklegitimist. Der Oberrhein hat uns dagegen einen rothen Republikaner, Fawetier, zugeschickt. Die Manche hat den Bonapartisten Napoleon Darn zu ihrem Vertreter gewählt.

— Der „Constitutionnel“ läugnet, daß eine Ministerkrisis vorhanden. Das Kabinet, meint er, wäre auch dann noch nicht erschüttert worden, selbst wenn sich einige Stimmen gegen den Rateauschen Antrag ausgesprochen hätten. Hinter der unbesiegbaren Stütze des Nationalwillens seien die Minister jetzt um so unangreifbarer, als sich bei dem ersten Votum über eine wichtige Frage, wie die Auflösung ist, die Nationalversammlung sogleich der Ansicht des Kabinets beigesellte!

Man sprach gestern an der Börse und im Operngange von der Ausrüstung einer neuen Flotille gegen die Römischen Demokraten. Es hieß sogar schon, die Regierung habe Befehl gegeben, in Toulon für Civita Vecchia 7 bis 8000 Mann einzuschiffen. Papa Constitutionnel läßt sich in der That folgende Details hierüber schreiben:

Toulon, 8. Jan.

In unserm Hafen ist plötzlich ein Leben und eine Thätigkeit eingetreten, welche gegen die Ruhe der letzten Tage ganz sonderbar absticht.

Die maritimen Behörden haben mittels des Telegraphen Befehl erhalten, die möglichst große Zahl von Segel- und Dampfschiffen zur Abfahrt bereit zu setzen und die diesfälligen Vorbereitungen mit größtem Nachdruck zu treffen. Schon haben die Fregatten Cacique und Magellan, die Dampfkorvette Katon und der Dämpfer Limone ihre Gesundheitsatteste genommen und warten nur auf den Wink des Telegraphen.

Dies ist das dritte Mal, seit Frankreich Republik ist, daß unser Hafen ein solches Schauspiel bietet. Dieses Mal lauten aber die Vorschriften viel umfassender als bei den frühern, denn sie erstrecken sich auf alle Fahrzeuge, welche irgend wie bewaffnet und ausgerüstet werden können. Eilf Dämpfer können, versichert man uns, vor Ablauf der nächsten Woche ins Meer stechen. Sie sind so eingerichtet, daß sie Infanterie und Kavallerie an Bord nehmen können. Man arbeitet Tag und Nacht. Es fehlt an Matrosen; es werden daher Aushebungen vorgenommen u. s. w.

10 Uhr Abends. Die Magazin-Verwaltungen erhalten so eben Befehl, die ganze Nacht hindurch offen zu halten. Die Fahrzeuge setzen sich in der Rhede in Bewegung. Man erwartet von einem Augenblick zum andern die Ankunft einer wichtigen Person, welche die Regierung zum Pabst nach Gaeta sende etc.

Der Marseiller Nouvelliste vom 10. Januar sagt in einem Postscriptum:

Wir können aus bester Quelle versichern, daß eine telegraphische Depesche dem Seepräfekten in Toulon die sofortige Ausrüstung von 11 Dämpfern vorschrieb. Bald nach dem Eingang jener Depesche heitzte die Dampfkorvette Solon und fuhr nach Gaeta mit einer geheimen Mission an den Pabst ab.

Obgleich über diese Ausrüstungen noch ein Geheimniß schwebt, so unterliegt es doch keinem Zweifel, daß sie nur in Aussicht auf eine Intervention in den Kirchenstaaten geschehen. Wir erfahren aus einer Quelle, welche unser vollkommenes Vertrauen verdient, daß der Pabst zu diesem, ihm von den Großmächten längst gemachten Vorschlage seine Zustimmung endlich gegeben hat. Man weiß nur noch nicht den Antheil zu bestimmen, den jede der andern Großmächte bei dieser Intervention zu nehmen übernommen; doch sagt man uns so viel, daß sie alle wenigstens diplomatisch die Intervention unterstützen werden. Wir erwarten hier in Marseille einen Theil jener Fahrzeuge, um die Mollièresche Brigade einzuschiffen.“

Hier in Paris schüttelt man zu diesen maritimen Hiobsposten sehr bedenklich die Köpfe.

Thatsache ist, daß die Kardinäle von Cambrai und Bourges zum Pabst abgereist sind, um ihm die Erklärung zu bringen, daß es das Bonaparte'sche Ministerium sehr gerne sehen würde, wenn der Pabst eine Reise nach Frankreich machte.

Dieses zeigt uns das Univers an.

— Die Journalpolemik ist null. Bemerkenswerth ist das tägliche Steigen der Zahl der Brief- und Drucksachen-Expedition seit dem niedrigen Porto.

— Die Nationalversammlung hat morgen zur Erneuerungswahl ihrer Präsidenten zu schreiten.

— General Pelet geht mit einer Spezialmission nach Turin.

Spanien.
Madrid, 8. Januar.

Mon hat seinen Kabinetskollegen das neue Büdget vorgelegt, in dem er durch bedeutende Ersparnisse à Garnier Pages Spanien vor dem Nationalbankerott retten will. Alle Kabinetsglieder haben diesen großen Ersparnissen ihre volle Zustimmung ertheilt. Man wird dasselbe demnächst der Kammer vorlegen.

Rußland.
Von der russischen Gränze.

Um dem größern Publikum die Nothwendigkeit unseres Wunsches und die Nichtswürdigkeit klar vor Augen zu halten, mit welcher das in hiesiger Gegend [Fortsetzung]

Hierzu eine Beilage.

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          <head><bibl><author>068</author></bibl> London, 13. Januar.</head>
          <p>Wie der &#x201E;Herald&#x201C; mittheilt, soll der jetzige Vicecönig von Irland (Carl of Clarendon) erster Admiralitätslord werden. Wüßte man für Lord Normanby einen andern Gesandten nach Paris zu senden, so würde Normanby die Stelle eines Vicekönigs von Irland erhalten. Wie die Sachen jetzt stehen, wird wahrscheinlich Lord Carlisle (der frühere Lord Morpeth, erster irischer Sekretär unter Lord Normanby's Verwaltung,) Lordlieutenant oder Vicekönig von Irland werden. Es ist zugleich von eigentlichen Kabinetsveränderungen die Rede.</p>
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        <head>Französische Republik.</head>
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          <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 14. Januar.</head>
          <p>Après l'orage le calme: das heißt nach dem Sturme gänzliche Windesstille. Die arme Kammer: sie glich gestern völlig einem Menschen, der an irgend einem Uebel leidet, das er aus Furcht vor dem Schmerz nicht zu sondiren wagt. Um nun aber nicht vollends vom Schmerz überrascht zu werden, entschloß sich die Kammer die Wunde zu sondiren: sie hat die Hände an die leidende Stelle gelegt und, o weh! welch ein Schmerz! Sie sieht ihr Leben auf's Spiel gesetzt: die Urne soll darüber unterscheiden. Keiner hat jetzt mehr Furcht vor der Urne als der &#x201E;National&#x201C;. Das allgemeine Stimmrecht hat ihm so sonderbare Ueberraschungen vorbehalten. Wenn man denkt, wie bei der Fassung des Artikels in der Constitution über die Präsidentenwahl der &#x201E;National&#x201C; so sicher war, sein ganzes Personal in die Präsidentur und Vizepräsidentur hineinzubringen, und daß aller dieser Sicherheit zum Trotz auf einmal aus der Urne Leute wie Napoleon und Consorten hervorsprangen, so kann man sich wohl vorstellen, mit welchem Mißtrauen derselbe National einer zweiten Wahl entgegensieht, wo es sich um seine letzten Reste, um seine Bänke in der Kammer handelt. Wer weiß, ob ihm das Land nicht abermals einen Streich spielen und ihm gar einen Henri V. aufbinden will? Alles ist möglich! Die neue Kammer braucht nur aus Leuten zusammenzukommen, wie der jetzt gewählte Marquis von Barbancois, dem das Departement de l'Indre fast alle Stimmen gegeben hat, und Henri V. wäre Präsident trotz der Constitution, trotz Napoleon, trotz der 7 Millionen. Henri V. wäre, wenn nicht nominel, so doch wirklich derjenige Präsident, der so zu sagen durch indirekte Wahlen, durch die Wahlen der Wahlmänner, resp. der neuen Deputirten zusammengebracht worden wäre. Und hat nicht Montalembert ganz in diesem Sinne für die Auflösung der Kammer gesprochen?</p>
          <p>Scherz bei Seite! National und Reform begreifen ebensowenig die Kundgebungen im Lande für die Legitimisten, als sie vorher die Kundgebungen für Napoleon begriffen. Das ganze Volk ist jetzt in die Bewegung hineingerissen und spielt weiß oder roth! Wenn die Montagne für die Beibehaltung der jetzigen Kammer gesprochen und gestimmt hat, so ging sie von derselben irrthümlichen Befürchtung aus, wie bei Napoleon. Noch einmal &#x2014; in den neuen Wahlen, gleichviel wie und wann sie zusammenkommen, handelt es sich um weiß oder roth. Die Weißen sind die Legitimisten mit Inbegriff der Orleanisten, die Rothen sind die Partei Ledru Rollin's und Raspail's. Der National hat alle Chancen verloren. Die Einberufung einer neuen Kammer ist, wie wir früher bereits gezeigt, weiter nichts als eine Zusammensetzung eines neuen Napoleon's.</p>
          <p>Der Napoleon, der früher en gros gewäht, wird durch die neue Kammer en détail aufs Neue gewählt. Die einzelnen Parteien, die in Napoleon zusammenschmolzen, zerlegen, zertheilen sich und es hat sich jetzt bereits herausgestellt, daß der eigentliche Napoleon, der Napoleon, wie er sich in abstracto genommen, der Napoleon in Hut, Sporn und Stiefel in drei Wochen älter geworden, als selbst die Kammer, ungeachtet aller ihrer Hinfälligkeit.</p>
          <p>In der kaiserlichen Familie selbst herrscht bereits Zwietracht und in der Sitzung selbst ist dieselbe durch die Rede Peter Napoleons, der die Partei der Kammer gegen Barrot und Louis Napoleon ergriff, recht hervorgetreten. Zur Charakterisirung der gestrigen Sitzung müssen wir noch die Schilderung der Debats hinzufügen: Hr. Billault sagt zu Herrn Barrot: &#x201E;Was thut die Regierung? Die ganze Zeit ihrer Dauer hat sie nicht eine einzige Maßregel beantragt.&#x201C; &#x201E;Und was thut dann die Kammer?&#x201C; versetzte Herr Barrot, &#x201E;seit zwei Monaten hat sie nicht ein einziges organisches Gesetz fertig gebracht.&#x201C; Hr. Barrot hat Recht, aber Hr. Billault hat nicht Unrecht. Das kommt so ziemlich auf das bekannte Gespräch hinaus: &#x201E;Peter, was machst Du?&#x201C; &#x201E;Nichts, mein Herr.&#x201C; &#x201E;Und Du Paul?&#x201C; &#x201E;Ich, mein Herr, ich helfe Peter!&#x201C; &#x201E;Und Du, Napoleon?&#x201C; fragen <hi rendition="#g">wir</hi> weiter, &#x201E;Ich, mein Herr, ich helfe Paul!&#x201C; Alle drei, Barrot, Napoleon und die Kammer helfen sich gegenseitig, nichts zu thun.</p>
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          <head><hi rendition="#g">Bilanz Frankreichs</hi>.<lb/>
(Schluß)<lb/><bibl><author>16</author></bibl> Paris, 13. Jan.</head>
          <p>Die Tabellen ergeben, daß auf 1000 Einwohner 1544 Stück vierfüßiges Vieh kommen. (Esel, Maulesel, Pferde mitgerechnet), und in den 376 Städten über 10,000 Einwohner, also 4,805,415 im Total, die Fleischkonsumtion des Individuums 100 Pf. jährlich beträgt. Daneben erscheint die jährliche Fleischkonsumtion des Landbewohners um die Hälfte geringer. Im Nordosten Frankreichs (8 Mill. Menschen), im Südosten (7 Mill. Menschen) findet das nämliche statt; wobei im Nordosten etwa 4 Pf. mehr jährlich auf den Einzelnen kommen, als im Südosten; oder etwa 17 Franken für Fleisch im Nordosten und 15 im Südosten per Jahr.</p>
          <p>Die Weinproduktion Frankreichs im Jahre mag 40 Millionen Hectoliter ausmachen, wovon die im Girondedepartement 1/20; davon exportirt man jährlich 1,100,000 Hectoliter für 40-50 Mill. Franken, etwa 36 Frankan der Hectoliter; auf den Einwohner kämen also etwas über 100 Liter (d. h. ein Hectoliter) jährlich. Im Total beträgt aber der Export jährlich 36 Mill. Hectoliter Wein à 419 Mill. Franken, und 1 Mill. Branntwein à 59 Mill. Franken; diese offizielle Angabe ist jedenfalls zu gering.</p>
          <p>Die Zeugungskräfte des französischen Bodens würden unbestritten durch Kultur steigen; aber schon jetzt ist das empörende Mißverhältniß in den Rationen arg genug. Ist es nicht schändlich, daß bis zum März 1848 (erst das republikanische Provisorium besaß Verstand genug) der Flottenmatrose niemals warm frühstücken, nur einmal in der Woche Fleisch essen durfte? Erst die Februarrevolution hat ihm etwa drei Pfund fester und flüssiger Nahrung täglich verschafft; der Soldat, sowohl Kavalerist wie Infanterist, hatte sie schon längst. Und das ist noch nicht gerade hinreichend laut den Chemikern Dumas und Liebig (ohne das Trinkwasser zu rechnen, sind 1900 bis 2000 Grammen feste und flüssige Speise nöthig). Das scheert aber keinen Malthusianer; der verzehrt mehr als er nöthig hat, und räumt der producirenden Kanaille blos die Ehre ein, für ihn das Essen zu schaffen, dessen Küchendunst er ihr gütig überläßt.</p>
          <p>Auf jeden Einwohner kommen etwa 1248 Gramme täglich; die Kinder unter sechs Jahren und die Greise davon abgezogen, ergibt sich allerdings ein nur dicht unter der Minimumslinie bleibendes Quantum per Kopf; desto schlimmer steht es aber mit der Quantität dieses Quantums, und das Quantum selbst könnte ein vierfaches durch bessere Kultur werden. Das heutige Arbeitsprodukt entspricht nur den Arbeitskräften der sieben Millionen Arbeitender, deren wir früher das Nähere erwähnt haben. Diese sieben Millionen armer Teufel stecken dazu in so miserabeln Umständen, daß ihnen Lust und Sinn fürs Arbeiten bald schwindet. Mit mehr Arbeitern ließe sich nicht nur mehr, sondern auch besser arbeiten.</p>
          <p>Die Malthusianer haben die thörichte Gewohnheit stets bei dem Worte &#x201E;todthungern&#x201C; an ein jähes Zusammenfallen und Sterben zu denken; sie begreifen daher nicht wie wir behaupten, diese und jene Kategorie sei am Todthungern. Die Herren sollten wissen, daß man Jahre lang todthungern kann. Aus unserm niedrigsten Anschlage ergibt sich uns &#x2014; und welcher Malthusianer mögte es leugnen, da er wahrlich für seine eigenen Verdauungorgane kein Minimist ist! &#x2014; daß als absolutes Minimum, unter dessen Niveau bereits todthungern anfängt, für den Mann täglich 1 Fr. 12 Centimen, für die Frau 92 Centimen, für das Kind 32 Centimen festzusetzen sind. Streicht man selbst 1500 Mill. Franken, die Frankreich jährlich für überseeische Produkte ausgeben muß, ab von der 11,075,673000 Franken betragenden Summe, zu deren Belauf wir dreist die Werthe der Nahrungsrationen sämmtlicher 14 Mill. Männer, 14 Mill. Frauen und 5 Mill. Kinder in Frankreich schätzen dürfen, so bleiben immer noch neuntausend fünfhundert Mill. Fr. Rest, wodurch die für Frankreichs Einwohner nothwendige Nahrung vergoldet werden könnte. Aber Frankreich producirt heute in Landerzeugnissen, mitgerechnet das Saat- und Viehfutter, nicht über sechstausend Mill. Franken. Es mangelten also zwei Drittel. Wie gefällt das Speisedefizit unsern Optimisten?</p>
          <p>Wir müßten heute folgende Karte aufzuweisen haben:</p>
          <p>Ackerland im Verhältniß zum menschlichen Bedarf 200 Milliarden (nicht Millionen) an Werth; zum thierischen Bedarf 100; Wohnungen 140, Häuser auf dem Lande 50, Möbeln 28, Kleider 3, ländliches Mobilar 5, Industriewerkzeuge 10, Summa 536 Milliarden. Und heute besitzt unsre Nation ein Kapital an Mobilien und Immobilien von nur 120 Milliarden.</p>
          <p>Desgleichen ist leicht zu beweisen, daß die 33 Mill. menschlicher Leiber in Frankreich für 3 Milliarden 633 Millionen Franken Leinwand und Wollenzeug und Baumwolle verbrauchen sollten, um sich anständig und gesundheitsgemäß zu kleiden. Aber man producirt bei uns nur für 1 Milliard 600 Millionen; und nach der Juni-Insurrektion schienen die Bourgeois von Paris so wüthend gegen die Ateliers, wo 25000 Frauen Hemden gemacht hatten, daß Cavaignac selbige Werkstätten schloß, wie die der Männer; Hemden, die freilich bis zur Masse von 600,000 Stück anwuchsen und in den Magazinen des Palais National aufgestapelt hinter Thür und Riegel gehalten wurden, weil das mit zerrissenem Hemde oder auch ohne Hemde herumirrende Proletariat beides Geschlechts zwar <hi rendition="#g">Hemden</hi> machen, aber nicht <hi rendition="#g">Geld</hi> machen konnte sie zu kaufen. Die Blödsinnigkeit und Bosheit der Bourgeoisie war dabei so groß, daß sie immerfort auf &#x201E;Ueberproduktion&#x201C; schimpfte, während sie das dem Proletariat zum Kaufen des Hemdes nöthige Geld vergrub; sie selbst hatte freilich zuviel Hemden &#x2026;</p>
          <p><hi rendition="#g">Malthus hat gesiegt;</hi> doch nicht auf lange. Arbeiten wir allesammt tapfer; Statistiken dieser Art und Associationen seien fortan unsre Waffen, bis anderes Geschütz nöthig wird. Die Zeit kommt, wo das behutsam kritisirende Secirmesser, das chirurgische Operationsbisturi ein Schlachtschwert, ein flammendes Schwert des Erzengels wird; wo die stille Lupe ein Feldherrentelescop; wo die chemische Probirflüssigkeit zur privilegiumvernichtenden Sturmflut, zur Sündflut für die ganze malthusianische Welt wird, deren Inventarium wir aufzunehmen beschäftigt waren.</p>
          <p>Hiermit schließt diese Bilanz Frankreichs. (S. Näheres La Phalange, Dezember 1848.) Ihr Verfasser war unser persönlicher Freund, der eben so geist- als kenntnißreiche junge Mitredakteur der &#x201E;Demokratie pacifique&#x201C;, Bürger Perreymond, dem auch die deutsche Literatur nicht fremd geblieben.</p>
          <p>Die Herren vom Parket wollen sich rächen für ihre neuliche Blamage, als die Jury den proudhoschen &#x201E;Peuple&#x201C; frei sprach; sie haben ihn wieder konfiszirt und auf den 3. Januar vor Gericht bestellt. &#x201E;Diese dummen Teufel bilden sich ein, dadurch zu siegen, die Sozialreformatoren zu ermüden? Wohlauf, wir nehmen die Parthie an und wollen sehen, wer von uns Beiden zuerst das Maul hält; ihr schmeißt uns in feste Kerker und brandschatzt uns. Wir werden natürlich just das Nämliche, mindestens das Nämliche, mit euch vornehmen müssen, wenn das Blatt der Weltgeschichte sich gewendet haben wird. Es ist eine Pinselei, eine Feigheit, eine frevelhafte Großmuth sonder Gleichen gewesen, durch die wir selbst in den Tagen des Frühlings 1848 uns von allen Repressalien und Repressionen abhalten ließen. Wir haben jetzt die bittern Früchte unseres abgeschmackten Philantropisirens a la Lamartine und Comp. zu verdauen. Wir müssen zur Strafe unserer damaligen Lauheit und Faulheit mit niederträchtigen Hallunken, die sich Redaktoren von Ordnungsjournalen nennen, mit den Skriblern der von Graf Molé diktirten Assamblée nationale, des Constitutionnel, der Hermine, des bordeaurer Memorial u. s. w. herumdisputiren, statt daß ein Drohen mit dem Finger bereits hinreichen sollte, jenen vaterlandsverrätherischen Franzosen, die, den großen gallischen Nationalnamen schändend, mit einem Radetzky und Windischgrätz, mit Jellachich und Wrangel, mit Wellington und Narvaez auf du und du stehen (se tutoyent), den Respekt vor der republikanischen Macht in's Gedächtniß zurückzurufen &#x2026; Ei was, unsre werthen Landsleute vom Constitutionnel werden mit größtem Kaltmuth uns niederschießen lassen, nachdem sie dem Morde Blum's bekanntlich Beifall geklatscht. Und wir Demokraten, denen die deutschen Soldateskachefs und Meister der Lanzenknechte seit 4 Monaten öffentlich europäischen Unterricht im Standrechten mit Pulver und Blei gegeben haben, wir sollen nicht das Spiel umdrehen und unsererseits pulvern und bleien? (et <hi rendition="#i">poudrer</hi> et <hi rendition="#i">plomber</hi> quand notre tour de role sera venu). Die gottbegnadeten Könige langer und kurzer Taille, dünnen und dicken Bauches, jovialen und brutalen Temperaments, gleichviel, haben seit Jahr und Tag, im tiefsten Frieden Europa's und im kühlen Schatten der Wiener Volksschändungsverträge mehr ihrer treuen Städte in Belagerungszustand erklärt und zusammengeknallt, als im heftigsten Krieg. Mögen aber unsere dermaligen Würger und Belagerer, die Herren Bourgeois und Königsknechte, sich's gesagt sein lassen, <hi rendition="#g">wir</hi> schmettern einst in die Posaune und erklären <hi rendition="#g">sie</hi> für belagert, entwaffnen die ganze Brut und betrauen das bewaffnete Arbeitervolk mit der unerbittlichen Handhabung des Belagerungszustandes. Dann ist das Arbeitsvolk zur Arbeitsgewalt, Arbeitsmacht (Force ouvrière) geworden, und dann hat das Prinzip der Arbeit gesiegt; der Müßiggänger, und sei er ein König und Krösus, wird alsdann verhungern, wenn er nicht vorher dem Volksstandrechte unterlag.&#x201C; (Constituant von Toulouse). &#x2014; Die Demokratie pacifique publizirt ein Schreiben von Lorenzo Valerio, Redakteur der turiner &#x201E;Concordia&#x201C; und Kammermitglied, worin es heißt: &#x201E;Erlauben Sie der Concordia wenigstens einen kleinen Beitrag zu Robert Blum's Ehrendenkmale Ihnen einzusenden; leider verstattet die ungeheure Anstrengung Italiens in diesem Augenblick nicht mehr zu thun. Wir senden 25 Franken.&#x201C; Die Freude der Volksfeinde über den Tagesbefehl Radetzky's: &#x201E;er werde nach zwei Treffen mit seinen Kroaten an die Thore Turins klopfen,&#x201C; ist groß und innig; desgleichen ihr Verdruß über gewisse in die Departementalpresse übergegangene Artikel der &#x201E;Neuen Rheinischen Zeitung&#x201C; über Frankreichs gegenwärtige Situation.</p>
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          <p>&#x2014; Der Moniteur veröffentlicht heute die Liste aller Personen, welche sich im Laufe des vierten Trimesters 1848 durch eine tapfere Handlung ausgezeichnet haben. Minister Leon Faucher schlägt dem Präsidenten der Republik vor, diesen Braven die Ehren- oder sogenannte Rettungs-Medaille zu verleihen. Diese Liste füllt drei Seiten.</p>
          <p>&#x2014; Das Bedürfniß, den öffenttichen Geist zu kennen und auf ihn zu wirken, veranlaßt den Präsidenten der Republik, das mit Cavaignac eingegangene Büreau de l'Esprit Public wieder herzustellen. Dasselbe wird jedoch nicht im Ministerium des Innern, sondern im Elysée National selbst angelegt.</p>
          <p>&#x2014; Wir sprachen gestern von den Versuchen, die Auflösungsdebatte in die Länge zu ziehen. Als solche Versuche können folgende Amendements betrachtet werden:</p>
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2) Dabaur (Haute-Garonne) verlangt die Abschaffung des Gesetzes vom 15. Dezember 1848, das die zehn organischen Gesetze aufzählt, welche sich die Nationalversammlung zu berathen noch vorgenommen hatte. Sie solle nur das Wahlgesetz berathen und dann unmittelbar die neue Kammer einrufen. Dieser Dabaur ist einer der vollblutigsten Legitimisten, welchen uns die spanische Gränze in die Nationalversammlung schickte.<lb/>
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          <p>&#x2014; Die Ersatzwahlen für die Nationalversammlung, welche in mehreren Departements vorgenommen werden mußten, sind eigenthümlich ausgefallen. Im Indredepartement z. B. wurde der berüchtigte Marquis Barbancois an Bethmont's Stelle gewählt. Dieser Barbancois ist einer der reichsten Grundbesitzer jener Gegend, und wurde durch die Schlauheit berüchtigt, mit welcher er die Flucht des Don Carlos aus Bourges bewerkstelligte. Er ist ein Stocklegitimist. Der Oberrhein hat uns dagegen einen rothen Republikaner, Fawetier, zugeschickt. Die Manche hat den Bonapartisten Napoleon Darn zu ihrem Vertreter gewählt.</p>
          <p>&#x2014; Der &#x201E;Constitutionnel&#x201C; läugnet, daß eine <hi rendition="#g">Ministerkrisis</hi> vorhanden. Das Kabinet, meint er, wäre auch dann noch nicht erschüttert worden, selbst wenn sich einige Stimmen gegen den Rateauschen Antrag ausgesprochen hätten. Hinter der unbesiegbaren Stütze des Nationalwillens seien die Minister jetzt um so unangreifbarer, als sich bei dem ersten Votum über eine wichtige Frage, wie die Auflösung ist, die Nationalversammlung sogleich der Ansicht des Kabinets beigesellte!</p>
          <p>Man sprach gestern an der Börse und im Operngange von der Ausrüstung einer neuen Flotille gegen die Römischen Demokraten. Es hieß sogar schon, die Regierung habe Befehl gegeben, in Toulon für Civita Vecchia 7 bis 8000 Mann einzuschiffen. Papa Constitutionnel läßt sich in der That folgende Details hierüber schreiben:</p>
          <p>Toulon, 8. Jan.</p>
          <p>In unserm Hafen ist plötzlich ein Leben und eine Thätigkeit eingetreten, welche gegen die Ruhe der letzten Tage ganz sonderbar absticht.</p>
          <p>Die maritimen Behörden haben mittels des Telegraphen Befehl erhalten, die möglichst große Zahl von Segel- und Dampfschiffen zur Abfahrt bereit zu setzen und die diesfälligen Vorbereitungen mit größtem Nachdruck zu treffen. Schon haben die Fregatten Cacique und Magellan, die Dampfkorvette Katon und der Dämpfer Limone ihre Gesundheitsatteste genommen und warten nur auf den Wink des Telegraphen.</p>
          <p>Dies ist das dritte Mal, seit Frankreich Republik ist, daß unser Hafen ein solches Schauspiel bietet. Dieses Mal lauten aber die Vorschriften viel umfassender als bei den frühern, denn sie erstrecken sich auf alle Fahrzeuge, welche irgend wie bewaffnet und ausgerüstet werden können. Eilf Dämpfer können, versichert man uns, vor Ablauf der nächsten Woche ins Meer stechen. Sie sind so eingerichtet, daß sie Infanterie und Kavallerie an Bord nehmen können. Man arbeitet Tag und Nacht. Es fehlt an Matrosen; es werden daher Aushebungen vorgenommen u. s. w.</p>
          <p>10 Uhr Abends. Die Magazin-Verwaltungen erhalten so eben Befehl, die ganze Nacht hindurch offen zu halten. Die Fahrzeuge setzen sich in der Rhede in Bewegung. Man erwartet von einem Augenblick zum andern die Ankunft einer wichtigen Person, welche die Regierung zum Pabst nach Gaeta sende etc.</p>
          <p>Der Marseiller <hi rendition="#g">Nouvelliste</hi> vom 10. Januar sagt in einem Postscriptum:</p>
          <p>Wir können aus bester Quelle versichern, daß eine telegraphische Depesche dem Seepräfekten in Toulon die sofortige Ausrüstung von 11 Dämpfern vorschrieb. Bald nach dem Eingang jener Depesche heitzte die Dampfkorvette Solon und fuhr nach Gaeta mit einer geheimen Mission an den Pabst ab.</p>
          <p>Obgleich über diese Ausrüstungen noch ein Geheimniß schwebt, so unterliegt es doch keinem Zweifel, daß sie nur in Aussicht auf eine Intervention in den Kirchenstaaten geschehen. Wir erfahren aus einer Quelle, welche unser vollkommenes Vertrauen verdient, daß der Pabst zu diesem, ihm von den Großmächten längst gemachten Vorschlage seine Zustimmung endlich gegeben hat. Man weiß nur noch nicht den Antheil zu bestimmen, den jede der andern Großmächte bei dieser Intervention zu nehmen übernommen; doch sagt man uns so viel, daß sie alle wenigstens diplomatisch die Intervention unterstützen werden. Wir erwarten hier in Marseille einen Theil jener Fahrzeuge, um die Mollièresche Brigade einzuschiffen.&#x201C;</p>
          <p>Hier in Paris schüttelt man zu diesen maritimen Hiobsposten sehr bedenklich die Köpfe.</p>
          <p>Thatsache ist, daß die Kardinäle von Cambrai und Bourges zum Pabst abgereist sind, um ihm die Erklärung zu bringen, daß es das Bonaparte'sche Ministerium sehr gerne sehen würde, wenn der Pabst eine Reise nach Frankreich machte.</p>
          <p>Dieses zeigt uns das <hi rendition="#g">Univers</hi> an.</p>
          <p>&#x2014; Die Journalpolemik ist null. Bemerkenswerth ist das tägliche Steigen der Zahl der Brief- und Drucksachen-Expedition seit dem niedrigen Porto.</p>
          <p>&#x2014; Die Nationalversammlung hat morgen zur Erneuerungswahl ihrer Präsidenten zu schreiten.</p>
          <p>&#x2014; General Pelet geht mit einer Spezialmission nach Turin.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Spanien.</head>
        <div xml:id="ar197_026" type="jArticle">
          <head>Madrid, 8. Januar.</head>
          <p>Mon hat seinen Kabinetskollegen das neue Büdget vorgelegt, in dem er durch bedeutende Ersparnisse à Garnier Pages Spanien vor dem Nationalbankerott retten will. Alle Kabinetsglieder haben diesen großen Ersparnissen ihre volle Zustimmung ertheilt. Man wird dasselbe demnächst der Kammer vorlegen.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Rußland.</head>
        <div xml:id="ar197_027" type="jArticle">
          <head>Von der russischen Gränze.</head>
          <p>Um dem größern Publikum die Nothwendigkeit unseres Wunsches und die Nichtswürdigkeit klar vor Augen zu halten, mit welcher das in hiesiger Gegend <ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref>                </p>
          <p>
            <ref type="link">Hierzu eine Beilage.</ref>
          </p>
        </div>
      </div>
    </body>
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</TEI>
[1072/0004] 068 London, 13. Januar. Wie der „Herald“ mittheilt, soll der jetzige Vicecönig von Irland (Carl of Clarendon) erster Admiralitätslord werden. Wüßte man für Lord Normanby einen andern Gesandten nach Paris zu senden, so würde Normanby die Stelle eines Vicekönigs von Irland erhalten. Wie die Sachen jetzt stehen, wird wahrscheinlich Lord Carlisle (der frühere Lord Morpeth, erster irischer Sekretär unter Lord Normanby's Verwaltung,) Lordlieutenant oder Vicekönig von Irland werden. Es ist zugleich von eigentlichen Kabinetsveränderungen die Rede. Französische Republik. 12 Paris, 14. Januar. Après l'orage le calme: das heißt nach dem Sturme gänzliche Windesstille. Die arme Kammer: sie glich gestern völlig einem Menschen, der an irgend einem Uebel leidet, das er aus Furcht vor dem Schmerz nicht zu sondiren wagt. Um nun aber nicht vollends vom Schmerz überrascht zu werden, entschloß sich die Kammer die Wunde zu sondiren: sie hat die Hände an die leidende Stelle gelegt und, o weh! welch ein Schmerz! Sie sieht ihr Leben auf's Spiel gesetzt: die Urne soll darüber unterscheiden. Keiner hat jetzt mehr Furcht vor der Urne als der „National“. Das allgemeine Stimmrecht hat ihm so sonderbare Ueberraschungen vorbehalten. Wenn man denkt, wie bei der Fassung des Artikels in der Constitution über die Präsidentenwahl der „National“ so sicher war, sein ganzes Personal in die Präsidentur und Vizepräsidentur hineinzubringen, und daß aller dieser Sicherheit zum Trotz auf einmal aus der Urne Leute wie Napoleon und Consorten hervorsprangen, so kann man sich wohl vorstellen, mit welchem Mißtrauen derselbe National einer zweiten Wahl entgegensieht, wo es sich um seine letzten Reste, um seine Bänke in der Kammer handelt. Wer weiß, ob ihm das Land nicht abermals einen Streich spielen und ihm gar einen Henri V. aufbinden will? Alles ist möglich! Die neue Kammer braucht nur aus Leuten zusammenzukommen, wie der jetzt gewählte Marquis von Barbancois, dem das Departement de l'Indre fast alle Stimmen gegeben hat, und Henri V. wäre Präsident trotz der Constitution, trotz Napoleon, trotz der 7 Millionen. Henri V. wäre, wenn nicht nominel, so doch wirklich derjenige Präsident, der so zu sagen durch indirekte Wahlen, durch die Wahlen der Wahlmänner, resp. der neuen Deputirten zusammengebracht worden wäre. Und hat nicht Montalembert ganz in diesem Sinne für die Auflösung der Kammer gesprochen? Scherz bei Seite! National und Reform begreifen ebensowenig die Kundgebungen im Lande für die Legitimisten, als sie vorher die Kundgebungen für Napoleon begriffen. Das ganze Volk ist jetzt in die Bewegung hineingerissen und spielt weiß oder roth! Wenn die Montagne für die Beibehaltung der jetzigen Kammer gesprochen und gestimmt hat, so ging sie von derselben irrthümlichen Befürchtung aus, wie bei Napoleon. Noch einmal — in den neuen Wahlen, gleichviel wie und wann sie zusammenkommen, handelt es sich um weiß oder roth. Die Weißen sind die Legitimisten mit Inbegriff der Orleanisten, die Rothen sind die Partei Ledru Rollin's und Raspail's. Der National hat alle Chancen verloren. Die Einberufung einer neuen Kammer ist, wie wir früher bereits gezeigt, weiter nichts als eine Zusammensetzung eines neuen Napoleon's. Der Napoleon, der früher en gros gewäht, wird durch die neue Kammer en détail aufs Neue gewählt. Die einzelnen Parteien, die in Napoleon zusammenschmolzen, zerlegen, zertheilen sich und es hat sich jetzt bereits herausgestellt, daß der eigentliche Napoleon, der Napoleon, wie er sich in abstracto genommen, der Napoleon in Hut, Sporn und Stiefel in drei Wochen älter geworden, als selbst die Kammer, ungeachtet aller ihrer Hinfälligkeit. In der kaiserlichen Familie selbst herrscht bereits Zwietracht und in der Sitzung selbst ist dieselbe durch die Rede Peter Napoleons, der die Partei der Kammer gegen Barrot und Louis Napoleon ergriff, recht hervorgetreten. Zur Charakterisirung der gestrigen Sitzung müssen wir noch die Schilderung der Debats hinzufügen: Hr. Billault sagt zu Herrn Barrot: „Was thut die Regierung? Die ganze Zeit ihrer Dauer hat sie nicht eine einzige Maßregel beantragt.“ „Und was thut dann die Kammer?“ versetzte Herr Barrot, „seit zwei Monaten hat sie nicht ein einziges organisches Gesetz fertig gebracht.“ Hr. Barrot hat Recht, aber Hr. Billault hat nicht Unrecht. Das kommt so ziemlich auf das bekannte Gespräch hinaus: „Peter, was machst Du?“ „Nichts, mein Herr.“ „Und Du Paul?“ „Ich, mein Herr, ich helfe Peter!“ „Und Du, Napoleon?“ fragen wir weiter, „Ich, mein Herr, ich helfe Paul!“ Alle drei, Barrot, Napoleon und die Kammer helfen sich gegenseitig, nichts zu thun. Bilanz Frankreichs. (Schluß) 16 Paris, 13. Jan. Die Tabellen ergeben, daß auf 1000 Einwohner 1544 Stück vierfüßiges Vieh kommen. (Esel, Maulesel, Pferde mitgerechnet), und in den 376 Städten über 10,000 Einwohner, also 4,805,415 im Total, die Fleischkonsumtion des Individuums 100 Pf. jährlich beträgt. Daneben erscheint die jährliche Fleischkonsumtion des Landbewohners um die Hälfte geringer. Im Nordosten Frankreichs (8 Mill. Menschen), im Südosten (7 Mill. Menschen) findet das nämliche statt; wobei im Nordosten etwa 4 Pf. mehr jährlich auf den Einzelnen kommen, als im Südosten; oder etwa 17 Franken für Fleisch im Nordosten und 15 im Südosten per Jahr. Die Weinproduktion Frankreichs im Jahre mag 40 Millionen Hectoliter ausmachen, wovon die im Girondedepartement 1/20; davon exportirt man jährlich 1,100,000 Hectoliter für 40-50 Mill. Franken, etwa 36 Frankan der Hectoliter; auf den Einwohner kämen also etwas über 100 Liter (d. h. ein Hectoliter) jährlich. Im Total beträgt aber der Export jährlich 36 Mill. Hectoliter Wein à 419 Mill. Franken, und 1 Mill. Branntwein à 59 Mill. Franken; diese offizielle Angabe ist jedenfalls zu gering. Die Zeugungskräfte des französischen Bodens würden unbestritten durch Kultur steigen; aber schon jetzt ist das empörende Mißverhältniß in den Rationen arg genug. Ist es nicht schändlich, daß bis zum März 1848 (erst das republikanische Provisorium besaß Verstand genug) der Flottenmatrose niemals warm frühstücken, nur einmal in der Woche Fleisch essen durfte? Erst die Februarrevolution hat ihm etwa drei Pfund fester und flüssiger Nahrung täglich verschafft; der Soldat, sowohl Kavalerist wie Infanterist, hatte sie schon längst. Und das ist noch nicht gerade hinreichend laut den Chemikern Dumas und Liebig (ohne das Trinkwasser zu rechnen, sind 1900 bis 2000 Grammen feste und flüssige Speise nöthig). Das scheert aber keinen Malthusianer; der verzehrt mehr als er nöthig hat, und räumt der producirenden Kanaille blos die Ehre ein, für ihn das Essen zu schaffen, dessen Küchendunst er ihr gütig überläßt. Auf jeden Einwohner kommen etwa 1248 Gramme täglich; die Kinder unter sechs Jahren und die Greise davon abgezogen, ergibt sich allerdings ein nur dicht unter der Minimumslinie bleibendes Quantum per Kopf; desto schlimmer steht es aber mit der Quantität dieses Quantums, und das Quantum selbst könnte ein vierfaches durch bessere Kultur werden. Das heutige Arbeitsprodukt entspricht nur den Arbeitskräften der sieben Millionen Arbeitender, deren wir früher das Nähere erwähnt haben. Diese sieben Millionen armer Teufel stecken dazu in so miserabeln Umständen, daß ihnen Lust und Sinn fürs Arbeiten bald schwindet. Mit mehr Arbeitern ließe sich nicht nur mehr, sondern auch besser arbeiten. Die Malthusianer haben die thörichte Gewohnheit stets bei dem Worte „todthungern“ an ein jähes Zusammenfallen und Sterben zu denken; sie begreifen daher nicht wie wir behaupten, diese und jene Kategorie sei am Todthungern. Die Herren sollten wissen, daß man Jahre lang todthungern kann. Aus unserm niedrigsten Anschlage ergibt sich uns — und welcher Malthusianer mögte es leugnen, da er wahrlich für seine eigenen Verdauungorgane kein Minimist ist! — daß als absolutes Minimum, unter dessen Niveau bereits todthungern anfängt, für den Mann täglich 1 Fr. 12 Centimen, für die Frau 92 Centimen, für das Kind 32 Centimen festzusetzen sind. Streicht man selbst 1500 Mill. Franken, die Frankreich jährlich für überseeische Produkte ausgeben muß, ab von der 11,075,673000 Franken betragenden Summe, zu deren Belauf wir dreist die Werthe der Nahrungsrationen sämmtlicher 14 Mill. Männer, 14 Mill. Frauen und 5 Mill. Kinder in Frankreich schätzen dürfen, so bleiben immer noch neuntausend fünfhundert Mill. Fr. Rest, wodurch die für Frankreichs Einwohner nothwendige Nahrung vergoldet werden könnte. Aber Frankreich producirt heute in Landerzeugnissen, mitgerechnet das Saat- und Viehfutter, nicht über sechstausend Mill. Franken. Es mangelten also zwei Drittel. Wie gefällt das Speisedefizit unsern Optimisten? Wir müßten heute folgende Karte aufzuweisen haben: Ackerland im Verhältniß zum menschlichen Bedarf 200 Milliarden (nicht Millionen) an Werth; zum thierischen Bedarf 100; Wohnungen 140, Häuser auf dem Lande 50, Möbeln 28, Kleider 3, ländliches Mobilar 5, Industriewerkzeuge 10, Summa 536 Milliarden. Und heute besitzt unsre Nation ein Kapital an Mobilien und Immobilien von nur 120 Milliarden. Desgleichen ist leicht zu beweisen, daß die 33 Mill. menschlicher Leiber in Frankreich für 3 Milliarden 633 Millionen Franken Leinwand und Wollenzeug und Baumwolle verbrauchen sollten, um sich anständig und gesundheitsgemäß zu kleiden. Aber man producirt bei uns nur für 1 Milliard 600 Millionen; und nach der Juni-Insurrektion schienen die Bourgeois von Paris so wüthend gegen die Ateliers, wo 25000 Frauen Hemden gemacht hatten, daß Cavaignac selbige Werkstätten schloß, wie die der Männer; Hemden, die freilich bis zur Masse von 600,000 Stück anwuchsen und in den Magazinen des Palais National aufgestapelt hinter Thür und Riegel gehalten wurden, weil das mit zerrissenem Hemde oder auch ohne Hemde herumirrende Proletariat beides Geschlechts zwar Hemden machen, aber nicht Geld machen konnte sie zu kaufen. Die Blödsinnigkeit und Bosheit der Bourgeoisie war dabei so groß, daß sie immerfort auf „Ueberproduktion“ schimpfte, während sie das dem Proletariat zum Kaufen des Hemdes nöthige Geld vergrub; sie selbst hatte freilich zuviel Hemden … Malthus hat gesiegt; doch nicht auf lange. Arbeiten wir allesammt tapfer; Statistiken dieser Art und Associationen seien fortan unsre Waffen, bis anderes Geschütz nöthig wird. Die Zeit kommt, wo das behutsam kritisirende Secirmesser, das chirurgische Operationsbisturi ein Schlachtschwert, ein flammendes Schwert des Erzengels wird; wo die stille Lupe ein Feldherrentelescop; wo die chemische Probirflüssigkeit zur privilegiumvernichtenden Sturmflut, zur Sündflut für die ganze malthusianische Welt wird, deren Inventarium wir aufzunehmen beschäftigt waren. Hiermit schließt diese Bilanz Frankreichs. (S. Näheres La Phalange, Dezember 1848.) Ihr Verfasser war unser persönlicher Freund, der eben so geist- als kenntnißreiche junge Mitredakteur der „Demokratie pacifique“, Bürger Perreymond, dem auch die deutsche Literatur nicht fremd geblieben. Die Herren vom Parket wollen sich rächen für ihre neuliche Blamage, als die Jury den proudhoschen „Peuple“ frei sprach; sie haben ihn wieder konfiszirt und auf den 3. Januar vor Gericht bestellt. „Diese dummen Teufel bilden sich ein, dadurch zu siegen, die Sozialreformatoren zu ermüden? Wohlauf, wir nehmen die Parthie an und wollen sehen, wer von uns Beiden zuerst das Maul hält; ihr schmeißt uns in feste Kerker und brandschatzt uns. Wir werden natürlich just das Nämliche, mindestens das Nämliche, mit euch vornehmen müssen, wenn das Blatt der Weltgeschichte sich gewendet haben wird. Es ist eine Pinselei, eine Feigheit, eine frevelhafte Großmuth sonder Gleichen gewesen, durch die wir selbst in den Tagen des Frühlings 1848 uns von allen Repressalien und Repressionen abhalten ließen. Wir haben jetzt die bittern Früchte unseres abgeschmackten Philantropisirens a la Lamartine und Comp. zu verdauen. Wir müssen zur Strafe unserer damaligen Lauheit und Faulheit mit niederträchtigen Hallunken, die sich Redaktoren von Ordnungsjournalen nennen, mit den Skriblern der von Graf Molé diktirten Assamblée nationale, des Constitutionnel, der Hermine, des bordeaurer Memorial u. s. w. herumdisputiren, statt daß ein Drohen mit dem Finger bereits hinreichen sollte, jenen vaterlandsverrätherischen Franzosen, die, den großen gallischen Nationalnamen schändend, mit einem Radetzky und Windischgrätz, mit Jellachich und Wrangel, mit Wellington und Narvaez auf du und du stehen (se tutoyent), den Respekt vor der republikanischen Macht in's Gedächtniß zurückzurufen … Ei was, unsre werthen Landsleute vom Constitutionnel werden mit größtem Kaltmuth uns niederschießen lassen, nachdem sie dem Morde Blum's bekanntlich Beifall geklatscht. Und wir Demokraten, denen die deutschen Soldateskachefs und Meister der Lanzenknechte seit 4 Monaten öffentlich europäischen Unterricht im Standrechten mit Pulver und Blei gegeben haben, wir sollen nicht das Spiel umdrehen und unsererseits pulvern und bleien? (et poudrer et plomber quand notre tour de role sera venu). Die gottbegnadeten Könige langer und kurzer Taille, dünnen und dicken Bauches, jovialen und brutalen Temperaments, gleichviel, haben seit Jahr und Tag, im tiefsten Frieden Europa's und im kühlen Schatten der Wiener Volksschändungsverträge mehr ihrer treuen Städte in Belagerungszustand erklärt und zusammengeknallt, als im heftigsten Krieg. Mögen aber unsere dermaligen Würger und Belagerer, die Herren Bourgeois und Königsknechte, sich's gesagt sein lassen, wir schmettern einst in die Posaune und erklären sie für belagert, entwaffnen die ganze Brut und betrauen das bewaffnete Arbeitervolk mit der unerbittlichen Handhabung des Belagerungszustandes. Dann ist das Arbeitsvolk zur Arbeitsgewalt, Arbeitsmacht (Force ouvrière) geworden, und dann hat das Prinzip der Arbeit gesiegt; der Müßiggänger, und sei er ein König und Krösus, wird alsdann verhungern, wenn er nicht vorher dem Volksstandrechte unterlag.“ (Constituant von Toulouse). — Die Demokratie pacifique publizirt ein Schreiben von Lorenzo Valerio, Redakteur der turiner „Concordia“ und Kammermitglied, worin es heißt: „Erlauben Sie der Concordia wenigstens einen kleinen Beitrag zu Robert Blum's Ehrendenkmale Ihnen einzusenden; leider verstattet die ungeheure Anstrengung Italiens in diesem Augenblick nicht mehr zu thun. Wir senden 25 Franken.“ Die Freude der Volksfeinde über den Tagesbefehl Radetzky's: „er werde nach zwei Treffen mit seinen Kroaten an die Thore Turins klopfen,“ ist groß und innig; desgleichen ihr Verdruß über gewisse in die Departementalpresse übergegangene Artikel der „Neuen Rheinischen Zeitung“ über Frankreichs gegenwärtige Situation. Paris, 14. Januar. Bey Callimachi überreichte gesten dem Präsidenten der Republik die Papiere, welche ihn als ausserordentlichen bevollmächtigten Gesandten der Pforte bevollmächtigen. — Der Moniteur veröffentlicht heute die Liste aller Personen, welche sich im Laufe des vierten Trimesters 1848 durch eine tapfere Handlung ausgezeichnet haben. Minister Leon Faucher schlägt dem Präsidenten der Republik vor, diesen Braven die Ehren- oder sogenannte Rettungs-Medaille zu verleihen. Diese Liste füllt drei Seiten. — Das Bedürfniß, den öffenttichen Geist zu kennen und auf ihn zu wirken, veranlaßt den Präsidenten der Republik, das mit Cavaignac eingegangene Büreau de l'Esprit Public wieder herzustellen. Dasselbe wird jedoch nicht im Ministerium des Innern, sondern im Elysée National selbst angelegt. — Wir sprachen gestern von den Versuchen, die Auflösungsdebatte in die Länge zu ziehen. Als solche Versuche können folgende Amendements betrachtet werden: 1) Wolowski, Fr. Lasheyrie und Gerard beantragen: „Artikel I. Die legislative Kammer wird für den 10. April 1849 zusammengerufen. Die Mandate der Nationalversammlung erlöschen an diesem Tage. Artikel II. Die Wahlen für Ernennung der 750 Glieder jener Kammer sollen am 25. März 1849 statthaben. 2) Dabaur (Haute-Garonne) verlangt die Abschaffung des Gesetzes vom 15. Dezember 1848, das die zehn organischen Gesetze aufzählt, welche sich die Nationalversammlung zu berathen noch vorgenommen hatte. Sie solle nur das Wahlgesetz berathen und dann unmittelbar die neue Kammer einrufen. Dieser Dabaur ist einer der vollblutigsten Legitimisten, welchen uns die spanische Gränze in die Nationalversammlung schickte. 3) Endlich liegen noch die Bixio'schen und Pagnerre'schen Anträge vor. — Die Ersatzwahlen für die Nationalversammlung, welche in mehreren Departements vorgenommen werden mußten, sind eigenthümlich ausgefallen. Im Indredepartement z. B. wurde der berüchtigte Marquis Barbancois an Bethmont's Stelle gewählt. Dieser Barbancois ist einer der reichsten Grundbesitzer jener Gegend, und wurde durch die Schlauheit berüchtigt, mit welcher er die Flucht des Don Carlos aus Bourges bewerkstelligte. Er ist ein Stocklegitimist. Der Oberrhein hat uns dagegen einen rothen Republikaner, Fawetier, zugeschickt. Die Manche hat den Bonapartisten Napoleon Darn zu ihrem Vertreter gewählt. — Der „Constitutionnel“ läugnet, daß eine Ministerkrisis vorhanden. Das Kabinet, meint er, wäre auch dann noch nicht erschüttert worden, selbst wenn sich einige Stimmen gegen den Rateauschen Antrag ausgesprochen hätten. Hinter der unbesiegbaren Stütze des Nationalwillens seien die Minister jetzt um so unangreifbarer, als sich bei dem ersten Votum über eine wichtige Frage, wie die Auflösung ist, die Nationalversammlung sogleich der Ansicht des Kabinets beigesellte! Man sprach gestern an der Börse und im Operngange von der Ausrüstung einer neuen Flotille gegen die Römischen Demokraten. Es hieß sogar schon, die Regierung habe Befehl gegeben, in Toulon für Civita Vecchia 7 bis 8000 Mann einzuschiffen. Papa Constitutionnel läßt sich in der That folgende Details hierüber schreiben: Toulon, 8. Jan. In unserm Hafen ist plötzlich ein Leben und eine Thätigkeit eingetreten, welche gegen die Ruhe der letzten Tage ganz sonderbar absticht. Die maritimen Behörden haben mittels des Telegraphen Befehl erhalten, die möglichst große Zahl von Segel- und Dampfschiffen zur Abfahrt bereit zu setzen und die diesfälligen Vorbereitungen mit größtem Nachdruck zu treffen. Schon haben die Fregatten Cacique und Magellan, die Dampfkorvette Katon und der Dämpfer Limone ihre Gesundheitsatteste genommen und warten nur auf den Wink des Telegraphen. Dies ist das dritte Mal, seit Frankreich Republik ist, daß unser Hafen ein solches Schauspiel bietet. Dieses Mal lauten aber die Vorschriften viel umfassender als bei den frühern, denn sie erstrecken sich auf alle Fahrzeuge, welche irgend wie bewaffnet und ausgerüstet werden können. Eilf Dämpfer können, versichert man uns, vor Ablauf der nächsten Woche ins Meer stechen. Sie sind so eingerichtet, daß sie Infanterie und Kavallerie an Bord nehmen können. Man arbeitet Tag und Nacht. Es fehlt an Matrosen; es werden daher Aushebungen vorgenommen u. s. w. 10 Uhr Abends. Die Magazin-Verwaltungen erhalten so eben Befehl, die ganze Nacht hindurch offen zu halten. Die Fahrzeuge setzen sich in der Rhede in Bewegung. Man erwartet von einem Augenblick zum andern die Ankunft einer wichtigen Person, welche die Regierung zum Pabst nach Gaeta sende etc. Der Marseiller Nouvelliste vom 10. Januar sagt in einem Postscriptum: Wir können aus bester Quelle versichern, daß eine telegraphische Depesche dem Seepräfekten in Toulon die sofortige Ausrüstung von 11 Dämpfern vorschrieb. Bald nach dem Eingang jener Depesche heitzte die Dampfkorvette Solon und fuhr nach Gaeta mit einer geheimen Mission an den Pabst ab. Obgleich über diese Ausrüstungen noch ein Geheimniß schwebt, so unterliegt es doch keinem Zweifel, daß sie nur in Aussicht auf eine Intervention in den Kirchenstaaten geschehen. Wir erfahren aus einer Quelle, welche unser vollkommenes Vertrauen verdient, daß der Pabst zu diesem, ihm von den Großmächten längst gemachten Vorschlage seine Zustimmung endlich gegeben hat. Man weiß nur noch nicht den Antheil zu bestimmen, den jede der andern Großmächte bei dieser Intervention zu nehmen übernommen; doch sagt man uns so viel, daß sie alle wenigstens diplomatisch die Intervention unterstützen werden. Wir erwarten hier in Marseille einen Theil jener Fahrzeuge, um die Mollièresche Brigade einzuschiffen.“ Hier in Paris schüttelt man zu diesen maritimen Hiobsposten sehr bedenklich die Köpfe. Thatsache ist, daß die Kardinäle von Cambrai und Bourges zum Pabst abgereist sind, um ihm die Erklärung zu bringen, daß es das Bonaparte'sche Ministerium sehr gerne sehen würde, wenn der Pabst eine Reise nach Frankreich machte. Dieses zeigt uns das Univers an. — Die Journalpolemik ist null. Bemerkenswerth ist das tägliche Steigen der Zahl der Brief- und Drucksachen-Expedition seit dem niedrigen Porto. — Die Nationalversammlung hat morgen zur Erneuerungswahl ihrer Präsidenten zu schreiten. — General Pelet geht mit einer Spezialmission nach Turin. Spanien. Madrid, 8. Januar. Mon hat seinen Kabinetskollegen das neue Büdget vorgelegt, in dem er durch bedeutende Ersparnisse à Garnier Pages Spanien vor dem Nationalbankerott retten will. Alle Kabinetsglieder haben diesen großen Ersparnissen ihre volle Zustimmung ertheilt. Man wird dasselbe demnächst der Kammer vorlegen. Rußland. Von der russischen Gränze. Um dem größern Publikum die Nothwendigkeit unseres Wunsches und die Nichtswürdigkeit klar vor Augen zu halten, mit welcher das in hiesiger Gegend [Fortsetzung] Hierzu eine Beilage.

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 197. Köln, 17. Januar 1849, S. 1072. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz197_1849/4>, abgerufen am 19.04.2024.