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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 164. Köln, 9. Dezember 1848.

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[Fortsetzung] Wer weiß, was aus dem ehemaligen hessischen Schulmeister geworden ist! Das letzte, was wir von seinen poetischen Ergüssen zu Gesicht bekamen, war ein Loblied auf Radetzky! -- Dingelstedt freute sich über den Fall Mailands und hoffte, daß auch die Schlangenbrut am Fuße des Stephansthurmes bald vertilgt sein würde.

Man sieht, daß Herr Dingelstedt auf der untersten Stufe eines würtembergischen Lakai's angekommen ist.

Der Kollege Dingelstedt's ist Herr Hackländer, eine lustige Fliege, deren Humor leider im Sumpfe des würtembergischen Hofes untergegangen ist. Herr Hackländer ergötzte den Kronprinzen durch Nachahmung von Thierstimmen, und avancirte dadurch ebenfalls zum Hofrath.

Amüsant war es, wie einst Dingelstedt und Hackländer in Konflikt geriethen.

Als Hackländer nämlich ebenfalls Hofrath wurde, erklärte Dingelstedt, daß er unmöglich länger simpler Hofrath bleiben könne -- Hackländer mache blos Thierstimmen nach; er, Dingelstedt, imitire aber als nachahmender Poet: Menschenstimmen. Wenn man Hacklander zum Hofrath mache, so müsse er, Dingelstedt, wenigstens Legationsrath werden; und also geschah es.

Mit den ekelerregenden Erzeugnissen der beiden würtembergischen Parvenü's würzt jetzt die Kölnische Zeitung ihr Feuilleton. Es ist bekannt, daß Dingelstedt Herrn Levy Schmul stets in der Augsb. Allg. Zeitung lobte, und daß Schmul sich auch jedesmal in der "Kölnischen" revangirte. Es freut uns, daß das alte Schutz- und Trutzbündniß zwischen dem Nachtwächter und dem Schmul auch heute noch fortbesteht. Pfui, über diese literarische Jammerclique!

[Deutschland]

öffentlich dieselbe Sprache geführt; während die französische Republik jedoch nur Phrasen gemacht, habe Palmerston im durchaus umgekehrten Sinne gehandelt. Der geheime Gedanke des englischen Staatssekretärs," heißt es, "war aber ein ganz anderer. Er schickte Lord Minto nach Italien. Ueberall, wo der englische Agent durchkam, brach die Revolution aus. Ueberall war derselbe leitende Gedanke, nicht nur Freiheit der Institutionen, sondern auch Einheit der Ländergebiete und der Nation." Und weiter: "Oestreich wollte alles Land bis an den Mincio aufgeben, die Kabinette von Paris und London wiesen dieses Anerbieten zurück. Das Glück (!) wandte sich. Der Marschall zog in Mailand ein, die Piemontesen wurden in ihre Gränze zurückgedrängt. Jetzt wurden die Unterhandlungen von den westlichen Kabinetten anfgenommen. Man war in der Lage, die ganze Provinz zu behaupten; der Vorschlag der westlichen Kabinette war nicht mehr annehmbar. -- Am unbeugsamsten in seinen Ansprüchen erschien Lord Palmerston. (Schönes Kompliment für die franz. Bourgeois!) Der Lieblingsgedanke, aus den italienischen Staaten ein Land zu machen, war ein Plan, der seinen abentheuerlichen Ehrgeiz allerdings reizen mochte."

Auffallender Weise werden die abgelieferten Waffen, welche man alle in das Bollwerk "Neugebäude", vor der St. Marxer Linie, gebracht hatte, seit einigen Tagen in die Stadt zurückgeführt. Man spricht davon, alles Militär aus der Stadt zu ziehen und die guten Bürger wieder zu bewaffnen. -- Die Wiener Zeitung rühmt es, daß von 20,000 Proletariern jetzt nu[n] mehr 5000 da seien. Wo sind denn die 15,000 geblieben? Sie sind nach Schmerlings alten noch nicht abgeschafften Gesetzen abgeschafft worden.

An dem bewaffneten Widerstande haben hier viele Franzosen Theil genommen; Windischgrätz hat sich aber gehütet, welche festnehmen und standrechtlich verurtheilen zu lassen.

* Wien, 4. Dez.

War das heilige römische Reich teutscher Nation endlich zum Kinderspott geworden, so war es das eben nur allmälig, nach Jahrhunderten der Kraft und des Ansehens geworden. Die jetzige deutsche Centralgewalt hat sich aber nach allen Seiten hin schon in ihren ersten Lebensregungen so viel Schmach auf den Hals geladen, so viel Verhöhnung erduldet, daß sie selbst unter den Kinderspott herabgesunken ist. So ist's in Oestreich. Erst die Blamage von Welcker-Mosle, und damit nicht zufrieden, sendet der mit Metternich, wie es heißt, in eifriger und regelmäßiger Korrespondenz stehende Schmerling wiederum Kommissäre. Wenn die mit ihren erhaltenen Fußtritten heimziehen, werden wir wohl das Vergnügen haben, eine dritte Sendung hier zu sehen u. s. w. Das Alles würde dem bekannten endlosen Liede "vom Nagelschmied" nahe kommen, wenn die östreichische Contrerevolution nicht vorzöge, diese diplomatischen Spiegelfechtereien abzukürzen. Die Erklärung der amtlichen "Wiener Zeitung" iu Betreff der Ermordung Robert Blum's ist deutlich genng. Dieses Blatt sagt:

"Es erübrigt noch zu untersuchen, ob die Eigenschaft eines Abgeordneten des deutschen Parlaments das Urtheil aufheben konnte. -- Wir sagen unbedingt: Nein. -- Der Richter kann nach keinen andern als den ihm offiziell bekannt gegebenen Gesetzen urtheilen. Ein Gesetz über die Unverletzlichkeit der Frankfurter Deputirten wurde bisher keiner Behörde, am wenigsten einer militärischen Central-Untersnchungskommission zur Darnachachtung bekannt gemacht. Der Richter konnte und durfte darauf keine Rücksicht nehmen, er hätte seine Befugniß überschritten und nicht mehr gerecht, das ist nach den Gesetzen, sondern willkürlich gehandelt.

Allein die Regierung war nicht einmal ermächtigt, ohne Zustimmung des östreichischen Reichstages ein solches allgemein bindendes Gesetz zu geben. Die Unverantwortlichkeit der Frankfurter Deputirten in Oestreich anerkennen, hieße Oestreich dem Frankfurter Parlament unterordnen, und das kann und darf die Regierung ohne Zustimmung des Reichstages nicht."

* Wien, 4. Dez.

Gegen Ungarn ist eine Heeresmacht von 150,000 Mann aufgeboten. -- Die Hoffnungen auf eine friedliche Ausgleichung mit diesem Lande sind nach zuverlässigen Nachrichten unbegründet. Vielmehr wird der ernstlichste Angriff sogleich nach des jungen Kaisers Hierherkunft beginnen. Diese wird in einigen Tagen erfolgen, die hier konzentrirten Truppen werden den neuen Fahneneid schwören, der Kaiser dieselben in großer Revue passiren lassen und hierauf wieder nach Ollmütz zurückkehren. Fürst Windischgrätz aber wird hier verweileu und hat das Kommando bereits dem Feldmarschall-Lieutenant Gruber übertragen.

Die erste That des neuen Kaisers war die Ernennung des unter Metternich berühmten Gesandtschaftsattaches in den Niederlanden, Baron Kulmer, eiuem Erzfeinde der Ungarn, zum Minister ohne Portefeuille.

Aus Siebenbürgen ist die Nachricht eingetroffen, daß Klausenburg sich an das dort operirende kaiserl. Armeekorps ergeben hat.

Italien.
*

Dem Pariser Journal des Debats vom 6. Dez. schreibt man aus Neapel vom 27. Nov. noch folgende neue Details über die Flucht des Pabstes: "Graf Spaur, Gesandter des Königs von Baiern, trug mit dem Herrn Harcourt das meiste zur Rettung des Pabstes bei. Man weiß, daß die Römer den Pabst bis in seine Zimmer bewachten. Niemand wurde ohne Zeugen zugelassen. Spaur schützte die Nothwendigkeit einer Unterredung mit Sr. Heiligkeit, wegen Ertheilung eines Heirathsdispenses für die Vermählung einer baierischen Prinzessin mit dem Grafen Trapani (!!!) vor und drang so bis zu dem Kabinet des Pabstes vor. Die Thüren standen offen und die Wachen konnten genau sehen, was im Arbeitszimmer des Pabstes vorging. Bald darauf erschien Harcourt, dessen Zulassung weniger Schwierigkeit unterworfen wurde. Offenbar der Vater des Fluchtversuchs, oder wenigstens in das Geheimniß eingeweiht, stellte er sich in die Thür und während Spaur angeblich noch mit dem Pabste arbeitete, fädelte Harcourt mit den Schildwachen ein Gespräch ein. Die Unterhandlungen dauern ihm jedoch zu lange; man tritt endlich in das Kabinet und fand dasselbe leer. Spaur und der Pabst waren durch eine Seitenthür verschwunden." Ueber Terracina eilten Spaur und Pius, der, nur in eine schwarze Sontane gekleidet, als Kaplan des baierischen Gesandten galt und alle Wachtposten getäuscht hatte, der neapolitanischen Gränze zu. Vor Gaeta angekommen, forderte der Offizier des Thorpostens die Pässe der Reisenden. Spaur übergab ihm den seinigen; der Kaplan hatte jedoch keinen. Spaur neigte sich gegen den Offizier und raunte ihm einige Worte ins Ohr, worauf der Offizier auf die Knie sank und die Füße des Pabstes küßte. Hierdurch erfuhren alle Anwesenden, daß jener Kaplan des baierischen Gesandten Niemand anders als Pius IX. selbst sei. Die Flucht geschah so eilig und so vorsichtig, daß der Pabst keine andere Kleider mit sich führte. Der Hof von Neapel hat es ihm jedoch an Nichts fehlen lassen u. s. w.

Als Aufenthaltsort für den Pabst und seine Kardinäle nennt man den königl. Lustsitz Caserta, eine Stunde von Neapel entfernt, indem man das Kloster Monte Casino zu einsam und unsicher fand. Auch nennt man Malta, auch Spanien und zuletzt Frankreich.

* Rom, 26. Nov.

Die Deputirtenkammer hat gestern unter dem Präsidium des Advokaten Sturbinetti eine Sitzung gehalten. Dreizehn Deputirte waren anwesend. Der Kriegsminister, Hr. Campello, verlangte einen Kredit von 55,000 Scudi für Equipirungskosten und das unumgänglich nothwendige baare Geld für die tapfern römischen Soldaten, die sich für die Unabhängigkeit Venedigs geschlagen haben. Es sind deren 4779, wovon 600 krank und 600 ohne Equipirung. In Anbetracht der Dringlichkeit verlangt Prinz Canino augenblickliche Abstimmung über diesen Gegenstand; der Antrag wird einstimmig angenommen. Der Präsident verliest hierauf eine Adresse der ersten mobil gemachten Legion gegen die Zurücksendung des Garibaldischen Stabes, wie auch einen Brief des Obersten Galetti, im Namen der Legion, an den Prolegaten von Navenna, worin dieser gebeten wird, die Abreise Garibaldis zu verhindern. Wenn eine falsche antinationale Politik vielleicht schon zu einem unrichtigen Schritte in dieser Beziehung hingerissen haben möchte, so hält es die Kammer wie das Ministerium für Pflicht, eventuelle Befehle dieser Art sofort zu widerrufen.

* Bologna, 26. Nov.

Die Oestreicher haben sich auf die Nachricht von den Ereignissen zu Rom in Bewegung gesetzt und koncentriren ihre Streitkräfte auf der römischen Grenze. Ein halbes Bataillon mit zwei Geschützen ist von Modena nach der Brücke von St. Ambrosio, ein anderes halbes Bataillon ist nach der Brücke Navicello detachirt worden. Von hier sind einige Schweizerkompagnien und Dragoner nach Castelfranco und S. Giovanni abgegangen. Von Forli sind alle disponiblen Truppen einberufen.

* Florenz.

Ganz Toskana befindet sich in Folge der römischen Revolution in der größten Aufregung. Man sieht eine Intervention voraus und ruft zu den Waffen. "Zwischen der Flucht des Pabstes von Rom," sagt die Alba, "und seiner Rückkehr auf der Spitze der ausländischen Bajonette liegt ein ungeheurer Abgrund, den zu überschreiten wir für keine leichte Sache halten. Hüten wir uns vor den Schlingen der Diplomatie und bieten wir alles auf, unsere Nationalität zu vertheidigen! Zu den Waffen, zu den Waffen! Die Repräsentanten von ganz Italien müssen nach Rom eilen, um das Vaterland in Gefahr zu schützen!"

* Die englischen Blätter vom Mittwoch bringen keineswegs die Bestätigung ihrer Nachricht von gestern, der Pabst sei auf Malta angekommen.

* Neapel.

Wie man hier die konstitutionelle Monarchie versteht, darüber entnehmen wir einem italienischen Blatt einige neue Data. Wir zweifeln nicht, daß Hr. Manteuffel sich beeilen wird, die reifere Erfahrung der neapolitanischen "Konstitutionellen" zum Vorbild zu nehmen und ein ähnliches Wohlfahrtsbureau baldigst einzurichten:

Der Privatsekretär des Königs, Leopoldo Corsi, hat in der Hauptstadt ein Haus als Centralbureau eingerichtet, wohin alle Berichte der alten Spione Delcarrettos, die jetzt als wüthende "Konstitutionelle" wieder in Dienst getreten sind, einlaufen. Hier wird berathen und beschlossen: dieser und jener soll durchgeprügelt oder mit Kolben mißhandelt und eingesteckt, dieses Haus soll geplündert werden, in diesem Ort wird man einen Krawall hervorrufen, um ihn plündern und züchtigen zu können, diese Stadt wird in Belagerungszustand versetzt u. s. w. Für die Ausführung sorgen dann in den Provinzen der Fürst Ischitella, Kriegs- und Marineminister, und in Neapel der Chef der Garde du Corps Turchierola oder der Gardenoberst Fürst Sangro. Das italienische Blatt setzt hinzu: "Und das nennt er konstitutionelle Freiheit, dieser Bourbone, der sich zum Hauptmann von Mördern gemacht hat; Gott gebe ihm nach seinem Verdienst. (Iddio gliene renda secondo il suo merito.)

Schweiz.
** Waadt.

Wie es heißt, soll der Bischof von Freiburg, Lausanne und Genf, Stephan Marilley, in dieser Woche aus seiner Haft in Chillon entlassen werden, da alle fünf Diözesankantone das Konkordat wegen seiner Suspension ratifizirt haben. Der Aufenthalt in den fünf Kantonen soll ihm jedoch untersagt werden.

** Genf.

Hier hat sich ebenfalls ein Blum-Komite zur Sammlung von Subskriptionen gebildet. J. L. Fazy steht an der Spitze. Die Subskriptionen sollen zwischen 5 und 50 Centimen sein.

** Schaffhausen.

Auf den Antrag eines "Junkers" ist vom Großen Rath beschlossen worden, den Titel "Junker" in öffentlichen Dokumenten hinfüro wegzulassen. Die Civilisation marschirt, wie man sieht. "Junker" tituliren sich in den Schweizer Reichsstädten nämlich die Patrizier.

** Baselland.

Die Behörden haben sich wirklich dir Mühe gegeben unter dem Bette der Kronenwirthin zu Arlesheim nach der berühmten Kiste Flinten zu suchen. Der Regierungsstatthalter, begleitet von einem Polizeibeamten und mehreren Landjägern, hat die wichtige Operation vollzogen und natürlich nichts gefunden. Derselbe hat sich auch zu Hrn. Landrath Hammel, Löwenwirth auf dem Birsfeld begeben, um auch dort nach den denunzirten Waffen zu suchen und ebenfalls nichts gefunden. So werden unsere Beamte von den badischen Behörden zum Narren gehalten und zu Amtsverrichtungen aufgefordert, die nur den Zweck haben, sie bei ihren Verwalteten unpopulär und verhaßt zu machen. Aber dergleichen abgeschmackte Denunziationen und Requisitionen sind nun genug vorgekommen und wir sind überzeugt, daß wenn auch das ganze heilige römische Reich sich in Bewegung setzte, es doch den Arlesheimer Regierungsstatthalter nicht dahin bringen würde, noch einmal seine Nase unter das Bett einer Wirthin zu stecken. Plus souvent!

** Graubündten.

Die sämmtlichen italienischen Flüchtlinge die an der Valtelliner Insurrektion Theil genommen haben, sind ins Innere der Schweiz abgegangen. Auch ihr Chef, Francesco Dolzino, hat den Kanton verlassen. Nach manchen Anzeichen zu schließen, hatte Dolzino den Aufstand auf großartige Versprechungen von verschiedenen Seiten hin begonnen und wurde im entscheidenden Augenblick von diesen "einflußreichen" Herrn Bourgeois und Gutsbesitzern im Stich gelassen.

Französische Republik.
Paris, den 6. Decbr,

Aus Rom nichts Neues. Das Wetter ist so schlecht, dnß die Telegraphen nicht benützt werden können.

-- Es liegt außer allem Zweifel, daß der Papst wenigstens vorläufig gar nicht daran dachte, nach Frankreich zu gehen. Indessen geht aus einer Stelle der Harcourt'schen Depeschen an Bastide hervor, daß der Papst und seine Kardinäle den Novembersturm in Rom längst voraussahen und sich schon vorher heimlich an Cavaignac um Unterstützung gewandt hatten; denn in No. 2. der von Harcourt an Bastide gerichteten und im Ausschusse des Aeußeren bekannt gewordenen Depeschen heißt es wörtlich:

"... Vielleicht werden wir es zu bedauern haben, daß "wir dem souverainen Pontifikus nicht zur gehörigen Zeit "(dans le temps) Hülfe leisteten."

-- Cabet ersucht in der neuesten Nummer seines "Populair" alle Ikarier, nicht für ihn zu stimmen, sondern für Raspail oder einen andern Socialisten. Er selbst werde bald nach Texas (Ikarien) abreisen.

* Paris, 6. Dezbr.

Die unter Molliere's Befehl gestellte Brigade wird sich nach Ankona begeben, um den Einmarsch der Oestreicher in den Kirchenstaat zu verhindern.

-- Nationalversammlung: Sitzung vom 6. Decbr. Anfang 2 Uhr. Vizepräsident Labrosse.

Die Sitzung beginnt so spät, weil die gestrigen Wahlen von sechs Vizepräsidenten und zwei Schreibern wegen Hartnäckigkeit von etwa 90 Gliedern der Rue de Poitiers annullirt werden mußten. Von zwölf bis zwei Uhr wurden die Wahlen in den Abtheilungen erneuert und man gewärtigt deren Resultat im Laufe der Sitzung.

An der Tagesordnung ist die Fortsetzung des 1848er Büdgets.

Bineau erhält dann als Berichterstatter des Finanzausschusses das Wort, um über einen Gehaltsabzug von der obersten Centralbehörde (Ministerien) zu berichten. Die Chefs dieser Behörden bezogen bisher 20,000 Fr. jährlich; sie sollen von jetzt an nur 15,000 Fr. beziehen. Ebenso sollen die Generalsekretaire Abzüge erleiden.

Die Versammlung genehmigt diese Abzüge.

Lejeard de la Dirvais findet diese Ziffern noch zu hoch und will namentlich den Gehalt des Staatssekretärs der Staatsbauten noch um 3000 Fr. verringert wissen.

Vivien, Staatsbautenminister bekämpft ihn aber und die weitere Verringerung findet keinen Beifall.

Lacrosse, der Minister des Innern, verlangt das Wort für eine Kommunikation der Regierung: (Hört! Hört!).

Alle Welt rennt auf die Plätze und hofft, neue Depeschen zu hören.

Dufaure (tiefe Stille): Ich habe die Ehre, Ihnen einen Gesetzentwurf vorzulegen, welcher das Dekret vom 19. Septbr. 1848 rücksichtlich der Nationalbelohnungen streicht. (Ah! Ah! Allgemeine Enttäuschung zur Linken.)

De la Larochejaquelin durch eine außergewöhnliche Agitation auf der Bühne: Ich konstatire hiermit, daß das Ministerium nur der gerechten Entrüstung der Nationalversammlung nachgegeben hat (Oh, oh! Nein, nein! Ja, ja!), als es einen Beschluß zurückzog, der allen Conspirateurs (Oh, oh!) seit 1820 Nationalbelohnungen versprach. (Fürchterliche Unterbrechung vom Berge. Es entspinnt sich ein Zank zwischen dem Redner und einigen Berggliedern.)

Larochejaquelin mit Heftigkeit: Ich verlange, daß das Ministerium die Akten vorlege, auf die es seinen heutigen Entwurf gründet. (Neuer Lärm aus der Ebene.)

Die Versammlung setzt nach diesem Incident die Büdgetdebatte ohne erhebliches Interesse fort.

Gegen 4 Uhr verlies't der Präsident folgendes Wahlresultat: Zu Vizepräsidenten werden proklamirt: Bedsau, Lacrosse, Bixio, Havin, Goudchaux, Corbon (Leon de Malleville ist glücklich beseitigt, er erhielt nur 199 Stimmen). Zu Schreibern: E. Langlois und Laussedat.

Das Ausgabenbüdget wird endlich vollendet und man geht zum Einnahmenbüdget über.

Die Versammlung geht ohne allgemeine Diskussion zur Berathung der einzelnen Kapitel über.

Leon Faucher interpellirt den Minister wegen der Salzsteuer.

Trouve Chauvel erwidert, daß dieselben 1849 nur modifizirt, nicht abgeschafft werden solle.

Aehnliche Fragen werden an denselben Minister rücksichtlich der Einkommensteuer- und Erbschaftssteuer-Einführung gestellt.

Der Minister gibt hierüber vagen Bescheid.

Die übrigen Kapitel des Einnahme-Büdgets gehen rasch durch.

Somit wäre das Büdget bis auf die General-Addition erledigt.

Lacrosse will die Sitzung schließen.

Cremieu[x] trägt indessen darauf an, doch vorher den Tag zu bestimmen, an welchem das Gesetz diskutirt werden solle, das sich über die Verantwortlichkeit des Präsidenten der Republik ausspricht. Man könne doch unmöglich in Gegenwart des Präsidenten selbst diskutiren.

Man beschließt die Debatte schon morgen zu beginnen.

Um 5 1/2 Uhr geht die Versammlung auseinander.

Neueste Nachrichten.
!!! Frankfurt, 7. Dezbr.

Gegen Ende der heutigen Sitzung in der reformirten Kirche stellt Wesendonk den dringlichen Antrag: "Die Auflösung der preußischen Nationalversammlung nnd die Octroyirung einer Verfassung für null und nichtig zu erklären." Es wird beschlossen, diesen Antrag dem sogen. Biedermann'schen Ausschuß zur schleunigsten Berichterstattung zu überweisen.

* Berlin, 6. Dec.

Der "Pr. St.-A." enthält heute folgende contrerevolutionäre Schriftstücke:

1) Intermi. Wahlgesetz für die erste Kammer.

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc. etc. verordnen in Betreff der ersten Wahlen für die erste Kammer auf den Antrag unseres Staats-Ministeriums, was folgt:

Art. 1. Die erste Kammer besteht aus 180 Mitgliedern, die Wahlbezirke werden nach Maßgabe der Bevölkerung festgestellt.

Es können weder wählen noch gewählt werden diejenigen, welche in Folge rechtskräftigen richterlichen Erkenntnisses den Vollgenuß der bürgerlichen Rechte entbehren.

Art. 2. Für die erste Kammer ist jeder Preuße, welcher das dreißigste Lebensjahr vollendet hat und einen jährlichen Klassensteuersatz von mindestens 8 Thalern zahlt, oder einen Grundbesitz im Werthe von mindestens 5000 Thalern, oder ein reines jährliches Einkommen von 500 Thalern nachweist, stimmberechtigter Urwähler in derjenigen Gemeinde, worin er seit sechs Monaten seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat.

Die Aufstellung der Wählerlisten liegt dem Landrathe unter Mitwirkung der Kommunalbehörden ob, in den Städten, die einem Kreisverbande nicht angehören, dem Kommunal-Vorstande. Die Entscheidung über die dagegen erhobenen Reclamationen erfolgt für die klassensteuerpflichtigen Ortschaften durch die nach der Verordnung vom 17. Januar 1830 (Gesetzsammlung Seite 19) zur Mitwirkung bei der Klassensteuer-Veranlagung bestimmte Kommission, für die nicht klassensteuerpflichtigen Orte durch eine von den Gemeinde-Behörden zu bildende Kommission.

Art. 3. Je 100 Urwähler wählen einen Wahlmann.

In jeder Gemeinde, welche 200 oder mehr Urwähler hat, erfolgt die Wahl nach Abtheilungen. Die Abtheilungen werden von den Gemeindebehörden in der Art begränzt, daß in einer Abtheilung nicht mehr als 5 Wahlmänner zu wählen sind.

Hat eine Gemeinde oder eine nicht zu einem Gemeindeverbande gehörende bewohnte Besitzung weniger als 100 Urwähler, so wird dieselbe durch den Landrath mit einer oder mehreren benachbarten Gemeinden zu einem Wahldistrikte verbunden.

Art. 4. Die Wahlmänner werden aus der Zahl der stimmberechtigten Urwähler der Gemeinde (des Distrikts, der Abtheilung) gewählt. Die etwa nöthig werdenden Ersatzwahlen werden von den ursprünglich gewählten Wahlmännern vollzogen; jedoch ist an die Stelle jedes Wahlmannes, welcher durch den Tod, durch Wohnorts-Veränderung oder auf andere Weise ausscheidet, sofort ein neuer Wahlmann zu wählen.

[Fortsetzung] Wer weiß, was aus dem ehemaligen hessischen Schulmeister geworden ist! Das letzte, was wir von seinen poetischen Ergüssen zu Gesicht bekamen, war ein Loblied auf Radetzky! — Dingelstedt freute sich über den Fall Mailands und hoffte, daß auch die Schlangenbrut am Fuße des Stephansthurmes bald vertilgt sein würde.

Man sieht, daß Herr Dingelstedt auf der untersten Stufe eines würtembergischen Lakai's angekommen ist.

Der Kollege Dingelstedt's ist Herr Hackländer, eine lustige Fliege, deren Humor leider im Sumpfe des würtembergischen Hofes untergegangen ist. Herr Hackländer ergötzte den Kronprinzen durch Nachahmung von Thierstimmen, und avancirte dadurch ebenfalls zum Hofrath.

Amüsant war es, wie einst Dingelstedt und Hackländer in Konflikt geriethen.

Als Hackländer nämlich ebenfalls Hofrath wurde, erklärte Dingelstedt, daß er unmöglich länger simpler Hofrath bleiben könne — Hackländer mache blos Thierstimmen nach; er, Dingelstedt, imitire aber als nachahmender Poet: Menschenstimmen. Wenn man Hacklander zum Hofrath mache, so müsse er, Dingelstedt, wenigstens Legationsrath werden; und also geschah es.

Mit den ekelerregenden Erzeugnissen der beiden würtembergischen Parvenü's würzt jetzt die Kölnische Zeitung ihr Feuilleton. Es ist bekannt, daß Dingelstedt Herrn Levy Schmul stets in der Augsb. Allg. Zeitung lobte, und daß Schmul sich auch jedesmal in der „Kölnischen“ revangirte. Es freut uns, daß das alte Schutz- und Trutzbündniß zwischen dem Nachtwächter und dem Schmul auch heute noch fortbesteht. Pfui, über diese literarische Jammerclique!

[Deutschland]

öffentlich dieselbe Sprache geführt; während die französische Republik jedoch nur Phrasen gemacht, habe Palmerston im durchaus umgekehrten Sinne gehandelt. Der geheime Gedanke des englischen Staatssekretärs,“ heißt es, „war aber ein ganz anderer. Er schickte Lord Minto nach Italien. Ueberall, wo der englische Agent durchkam, brach die Revolution aus. Ueberall war derselbe leitende Gedanke, nicht nur Freiheit der Institutionen, sondern auch Einheit der Ländergebiete und der Nation.“ Und weiter: „Oestreich wollte alles Land bis an den Mincio aufgeben, die Kabinette von Paris und London wiesen dieses Anerbieten zurück. Das Glück (!) wandte sich. Der Marschall zog in Mailand ein, die Piemontesen wurden in ihre Gränze zurückgedrängt. Jetzt wurden die Unterhandlungen von den westlichen Kabinetten anfgenommen. Man war in der Lage, die ganze Provinz zu behaupten; der Vorschlag der westlichen Kabinette war nicht mehr annehmbar. — Am unbeugsamsten in seinen Ansprüchen erschien Lord Palmerston. (Schönes Kompliment für die franz. Bourgeois!) Der Lieblingsgedanke, aus den italienischen Staaten ein Land zu machen, war ein Plan, der seinen abentheuerlichen Ehrgeiz allerdings reizen mochte.“

Auffallender Weise werden die abgelieferten Waffen, welche man alle in das Bollwerk „Neugebäude“, vor der St. Marxer Linie, gebracht hatte, seit einigen Tagen in die Stadt zurückgeführt. Man spricht davon, alles Militär aus der Stadt zu ziehen und die guten Bürger wieder zu bewaffnen. — Die Wiener Zeitung rühmt es, daß von 20,000 Proletariern jetzt nu[n] mehr 5000 da seien. Wo sind denn die 15,000 geblieben? Sie sind nach Schmerlings alten noch nicht abgeschafften Gesetzen abgeschafft worden.

An dem bewaffneten Widerstande haben hier viele Franzosen Theil genommen; Windischgrätz hat sich aber gehütet, welche festnehmen und standrechtlich verurtheilen zu lassen.

* Wien, 4. Dez.

War das heilige römische Reich teutscher Nation endlich zum Kinderspott geworden, so war es das eben nur allmälig, nach Jahrhunderten der Kraft und des Ansehens geworden. Die jetzige deutsche Centralgewalt hat sich aber nach allen Seiten hin schon in ihren ersten Lebensregungen so viel Schmach auf den Hals geladen, so viel Verhöhnung erduldet, daß sie selbst unter den Kinderspott herabgesunken ist. So ist's in Oestreich. Erst die Blamage von Welcker-Mosle, und damit nicht zufrieden, sendet der mit Metternich, wie es heißt, in eifriger und regelmäßiger Korrespondenz stehende Schmerling wiederum Kommissäre. Wenn die mit ihren erhaltenen Fußtritten heimziehen, werden wir wohl das Vergnügen haben, eine dritte Sendung hier zu sehen u. s. w. Das Alles würde dem bekannten endlosen Liede „vom Nagelschmied“ nahe kommen, wenn die östreichische Contrerevolution nicht vorzöge, diese diplomatischen Spiegelfechtereien abzukürzen. Die Erklärung der amtlichen „Wiener Zeitung“ iu Betreff der Ermordung Robert Blum's ist deutlich genng. Dieses Blatt sagt:

„Es erübrigt noch zu untersuchen, ob die Eigenschaft eines Abgeordneten des deutschen Parlaments das Urtheil aufheben konnte. — Wir sagen unbedingt: Nein. — Der Richter kann nach keinen andern als den ihm offiziell bekannt gegebenen Gesetzen urtheilen. Ein Gesetz über die Unverletzlichkeit der Frankfurter Deputirten wurde bisher keiner Behörde, am wenigsten einer militärischen Central-Untersnchungskommission zur Darnachachtung bekannt gemacht. Der Richter konnte und durfte darauf keine Rücksicht nehmen, er hätte seine Befugniß überschritten und nicht mehr gerecht, das ist nach den Gesetzen, sondern willkürlich gehandelt.

Allein die Regierung war nicht einmal ermächtigt, ohne Zustimmung des östreichischen Reichstages ein solches allgemein bindendes Gesetz zu geben. Die Unverantwortlichkeit der Frankfurter Deputirten in Oestreich anerkennen, hieße Oestreich dem Frankfurter Parlament unterordnen, und das kann und darf die Regierung ohne Zustimmung des Reichstages nicht.“

* Wien, 4. Dez.

Gegen Ungarn ist eine Heeresmacht von 150,000 Mann aufgeboten. — Die Hoffnungen auf eine friedliche Ausgleichung mit diesem Lande sind nach zuverlässigen Nachrichten unbegründet. Vielmehr wird der ernstlichste Angriff sogleich nach des jungen Kaisers Hierherkunft beginnen. Diese wird in einigen Tagen erfolgen, die hier konzentrirten Truppen werden den neuen Fahneneid schwören, der Kaiser dieselben in großer Revue passiren lassen und hierauf wieder nach Ollmütz zurückkehren. Fürst Windischgrätz aber wird hier verweileu und hat das Kommando bereits dem Feldmarschall-Lieutenant Gruber übertragen.

Die erste That des neuen Kaisers war die Ernennung des unter Metternich berühmten Gesandtschaftsattachés in den Niederlanden, Baron Kulmer, eiuem Erzfeinde der Ungarn, zum Minister ohne Portefeuille.

Aus Siebenbürgen ist die Nachricht eingetroffen, daß Klausenburg sich an das dort operirende kaiserl. Armeekorps ergeben hat.

Italien.
*

Dem Pariser Journal des Debats vom 6. Dez. schreibt man aus Neapel vom 27. Nov. noch folgende neue Details über die Flucht des Pabstes: „Graf Spaur, Gesandter des Königs von Baiern, trug mit dem Herrn Harcourt das meiste zur Rettung des Pabstes bei. Man weiß, daß die Römer den Pabst bis in seine Zimmer bewachten. Niemand wurde ohne Zeugen zugelassen. Spaur schützte die Nothwendigkeit einer Unterredung mit Sr. Heiligkeit, wegen Ertheilung eines Heirathsdispenses für die Vermählung einer baierischen Prinzessin mit dem Grafen Trapani (!!!) vor und drang so bis zu dem Kabinet des Pabstes vor. Die Thüren standen offen und die Wachen konnten genau sehen, was im Arbeitszimmer des Pabstes vorging. Bald darauf erschien Harcourt, dessen Zulassung weniger Schwierigkeit unterworfen wurde. Offenbar der Vater des Fluchtversuchs, oder wenigstens in das Geheimniß eingeweiht, stellte er sich in die Thür und während Spaur angeblich noch mit dem Pabste arbeitete, fädelte Harcourt mit den Schildwachen ein Gespräch ein. Die Unterhandlungen dauern ihm jedoch zu lange; man tritt endlich in das Kabinet und fand dasselbe leer. Spaur und der Pabst waren durch eine Seitenthür verschwunden.“ Ueber Terracina eilten Spaur und Pius, der, nur in eine schwarze Sontane gekleidet, als Kaplan des baierischen Gesandten galt und alle Wachtposten getäuscht hatte, der neapolitanischen Gränze zu. Vor Gaeta angekommen, forderte der Offizier des Thorpostens die Pässe der Reisenden. Spaur übergab ihm den seinigen; der Kaplan hatte jedoch keinen. Spaur neigte sich gegen den Offizier und raunte ihm einige Worte ins Ohr, worauf der Offizier auf die Knie sank und die Füße des Pabstes küßte. Hierdurch erfuhren alle Anwesenden, daß jener Kaplan des baierischen Gesandten Niemand anders als Pius IX. selbst sei. Die Flucht geschah so eilig und so vorsichtig, daß der Pabst keine andere Kleider mit sich führte. Der Hof von Neapel hat es ihm jedoch an Nichts fehlen lassen u. s. w.

Als Aufenthaltsort für den Pabst und seine Kardinäle nennt man den königl. Lustsitz Caserta, eine Stunde von Neapel entfernt, indem man das Kloster Monte Casino zu einsam und unsicher fand. Auch nennt man Malta, auch Spanien und zuletzt Frankreich.

* Rom, 26. Nov.

Die Deputirtenkammer hat gestern unter dem Präsidium des Advokaten Sturbinetti eine Sitzung gehalten. Dreizehn Deputirte waren anwesend. Der Kriegsminister, Hr. Campello, verlangte einen Kredit von 55,000 Scudi für Equipirungskosten und das unumgänglich nothwendige baare Geld für die tapfern römischen Soldaten, die sich für die Unabhängigkeit Venedigs geschlagen haben. Es sind deren 4779, wovon 600 krank und 600 ohne Equipirung. In Anbetracht der Dringlichkeit verlangt Prinz Canino augenblickliche Abstimmung über diesen Gegenstand; der Antrag wird einstimmig angenommen. Der Präsident verliest hierauf eine Adresse der ersten mobil gemachten Legion gegen die Zurücksendung des Garibaldischen Stabes, wie auch einen Brief des Obersten Galetti, im Namen der Legion, an den Prolegaten von Navenna, worin dieser gebeten wird, die Abreise Garibaldis zu verhindern. Wenn eine falsche antinationale Politik vielleicht schon zu einem unrichtigen Schritte in dieser Beziehung hingerissen haben möchte, so hält es die Kammer wie das Ministerium für Pflicht, eventuelle Befehle dieser Art sofort zu widerrufen.

* Bologna, 26. Nov.

Die Oestreicher haben sich auf die Nachricht von den Ereignissen zu Rom in Bewegung gesetzt und koncentriren ihre Streitkräfte auf der römischen Grenze. Ein halbes Bataillon mit zwei Geschützen ist von Modena nach der Brücke von St. Ambrosio, ein anderes halbes Bataillon ist nach der Brücke Navicello detachirt worden. Von hier sind einige Schweizerkompagnien und Dragoner nach Castelfranco und S. Giovanni abgegangen. Von Forli sind alle disponiblen Truppen einberufen.

* Florenz.

Ganz Toskana befindet sich in Folge der römischen Revolution in der größten Aufregung. Man sieht eine Intervention voraus und ruft zu den Waffen. „Zwischen der Flucht des Pabstes von Rom,“ sagt die Alba, „und seiner Rückkehr auf der Spitze der ausländischen Bajonette liegt ein ungeheurer Abgrund, den zu überschreiten wir für keine leichte Sache halten. Hüten wir uns vor den Schlingen der Diplomatie und bieten wir alles auf, unsere Nationalität zu vertheidigen! Zu den Waffen, zu den Waffen! Die Repräsentanten von ganz Italien müssen nach Rom eilen, um das Vaterland in Gefahr zu schützen!“

* Die englischen Blätter vom Mittwoch bringen keineswegs die Bestätigung ihrer Nachricht von gestern, der Pabst sei auf Malta angekommen.

* Neapel.

Wie man hier die konstitutionelle Monarchie versteht, darüber entnehmen wir einem italienischen Blatt einige neue Data. Wir zweifeln nicht, daß Hr. Manteuffel sich beeilen wird, die reifere Erfahrung der neapolitanischen „Konstitutionellen“ zum Vorbild zu nehmen und ein ähnliches Wohlfahrtsbureau baldigst einzurichten:

Der Privatsekretär des Königs, Leopoldo Corsi, hat in der Hauptstadt ein Haus als Centralbureau eingerichtet, wohin alle Berichte der alten Spione Delcarrettos, die jetzt als wüthende „Konstitutionelle“ wieder in Dienst getreten sind, einlaufen. Hier wird berathen und beschlossen: dieser und jener soll durchgeprügelt oder mit Kolben mißhandelt und eingesteckt, dieses Haus soll geplündert werden, in diesem Ort wird man einen Krawall hervorrufen, um ihn plündern und züchtigen zu können, diese Stadt wird in Belagerungszustand versetzt u. s. w. Für die Ausführung sorgen dann in den Provinzen der Fürst Ischitella, Kriegs- und Marineminister, und in Neapel der Chef der Garde du Corps Turchierola oder der Gardenoberst Fürst Sangro. Das italienische Blatt setzt hinzu: „Und das nennt er konstitutionelle Freiheit, dieser Bourbone, der sich zum Hauptmann von Mördern gemacht hat; Gott gebe ihm nach seinem Verdienst. (Iddio gliene renda secondo il suo merito.)

Schweiz.
** Waadt.

Wie es heißt, soll der Bischof von Freiburg, Lausanne und Genf, Stephan Marilley, in dieser Woche aus seiner Haft in Chillon entlassen werden, da alle fünf Diözesankantone das Konkordat wegen seiner Suspension ratifizirt haben. Der Aufenthalt in den fünf Kantonen soll ihm jedoch untersagt werden.

** Genf.

Hier hat sich ebenfalls ein Blum-Komité zur Sammlung von Subskriptionen gebildet. J. L. Fazy steht an der Spitze. Die Subskriptionen sollen zwischen 5 und 50 Centimen sein.

** Schaffhausen.

Auf den Antrag eines „Junkers“ ist vom Großen Rath beschlossen worden, den Titel „Junker“ in öffentlichen Dokumenten hinfüro wegzulassen. Die Civilisation marschirt, wie man sieht. „Junker“ tituliren sich in den Schweizer Reichsstädten nämlich die Patrizier.

** Baselland.

Die Behörden haben sich wirklich dir Mühe gegeben unter dem Bette der Kronenwirthin zu Arlesheim nach der berühmten Kiste Flinten zu suchen. Der Regierungsstatthalter, begleitet von einem Polizeibeamten und mehreren Landjägern, hat die wichtige Operation vollzogen und natürlich nichts gefunden. Derselbe hat sich auch zu Hrn. Landrath Hammel, Löwenwirth auf dem Birsfeld begeben, um auch dort nach den denunzirten Waffen zu suchen und ebenfalls nichts gefunden. So werden unsere Beamte von den badischen Behörden zum Narren gehalten und zu Amtsverrichtungen aufgefordert, die nur den Zweck haben, sie bei ihren Verwalteten unpopulär und verhaßt zu machen. Aber dergleichen abgeschmackte Denunziationen und Requisitionen sind nun genug vorgekommen und wir sind überzeugt, daß wenn auch das ganze heilige römische Reich sich in Bewegung setzte, es doch den Arlesheimer Regierungsstatthalter nicht dahin bringen würde, noch einmal seine Nase unter das Bett einer Wirthin zu stecken. Plus souvent!

** Graubündten.

Die sämmtlichen italienischen Flüchtlinge die an der Valtelliner Insurrektion Theil genommen haben, sind ins Innere der Schweiz abgegangen. Auch ihr Chef, Francesco Dolzino, hat den Kanton verlassen. Nach manchen Anzeichen zu schließen, hatte Dolzino den Aufstand auf großartige Versprechungen von verschiedenen Seiten hin begonnen und wurde im entscheidenden Augenblick von diesen „einflußreichen“ Herrn Bourgeois und Gutsbesitzern im Stich gelassen.

Französische Republik.
Paris, den 6. Decbr,

Aus Rom nichts Neues. Das Wetter ist so schlecht, dnß die Telegraphen nicht benützt werden können.

— Es liegt außer allem Zweifel, daß der Papst wenigstens vorläufig gar nicht daran dachte, nach Frankreich zu gehen. Indessen geht aus einer Stelle der Harcourt'schen Depeschen an Bastide hervor, daß der Papst und seine Kardinäle den Novembersturm in Rom längst voraussahen und sich schon vorher heimlich an Cavaignac um Unterstützung gewandt hatten; denn in No. 2. der von Harcourt an Bastide gerichteten und im Ausschusse des Aeußeren bekannt gewordenen Depeschen heißt es wörtlich:

„… Vielleicht werden wir es zu bedauern haben, daß „wir dem souverainen Pontifikus nicht zur gehörigen Zeit „(dans le temps) Hülfe leisteten.“

— Cabet ersucht in der neuesten Nummer seines „Populair“ alle Ikarier, nicht für ihn zu stimmen, sondern für Raspail oder einen andern Socialisten. Er selbst werde bald nach Texas (Ikarien) abreisen.

* Paris, 6. Dezbr.

Die unter Mollière's Befehl gestellte Brigade wird sich nach Ankona begeben, um den Einmarsch der Oestreicher in den Kirchenstaat zu verhindern.

Nationalversammlung: Sitzung vom 6. Decbr. Anfang 2 Uhr. Vizepräsident Labrosse.

Die Sitzung beginnt so spät, weil die gestrigen Wahlen von sechs Vizepräsidenten und zwei Schreibern wegen Hartnäckigkeit von etwa 90 Gliedern der Rue de Poitiers annullirt werden mußten. Von zwölf bis zwei Uhr wurden die Wahlen in den Abtheilungen erneuert und man gewärtigt deren Resultat im Laufe der Sitzung.

An der Tagesordnung ist die Fortsetzung des 1848er Büdgets.

Bineau erhält dann als Berichterstatter des Finanzausschusses das Wort, um über einen Gehaltsabzug von der obersten Centralbehörde (Ministerien) zu berichten. Die Chefs dieser Behörden bezogen bisher 20,000 Fr. jährlich; sie sollen von jetzt an nur 15,000 Fr. beziehen. Ebenso sollen die Generalsekretaire Abzüge erleiden.

Die Versammlung genehmigt diese Abzüge.

Lejeard de la Dirvais findet diese Ziffern noch zu hoch und will namentlich den Gehalt des Staatssekretärs der Staatsbauten noch um 3000 Fr. verringert wissen.

Vivien, Staatsbautenminister bekämpft ihn aber und die weitere Verringerung findet keinen Beifall.

Lacrosse, der Minister des Innern, verlangt das Wort für eine Kommunikation der Regierung: (Hört! Hört!).

Alle Welt rennt auf die Plätze und hofft, neue Depeschen zu hören.

Dufaure (tiefe Stille): Ich habe die Ehre, Ihnen einen Gesetzentwurf vorzulegen, welcher das Dekret vom 19. Septbr. 1848 rücksichtlich der Nationalbelohnungen streicht. (Ah! Ah! Allgemeine Enttäuschung zur Linken.)

De la Larochejaquelin durch eine außergewöhnliche Agitation auf der Bühne: Ich konstatire hiermit, daß das Ministerium nur der gerechten Entrüstung der Nationalversammlung nachgegeben hat (Oh, oh! Nein, nein! Ja, ja!), als es einen Beschluß zurückzog, der allen Conspirateurs (Oh, oh!) seit 1820 Nationalbelohnungen versprach. (Fürchterliche Unterbrechung vom Berge. Es entspinnt sich ein Zank zwischen dem Redner und einigen Berggliedern.)

Larochejaquelin mit Heftigkeit: Ich verlange, daß das Ministerium die Akten vorlege, auf die es seinen heutigen Entwurf gründet. (Neuer Lärm aus der Ebene.)

Die Versammlung setzt nach diesem Incident die Büdgetdebatte ohne erhebliches Interesse fort.

Gegen 4 Uhr verlies't der Präsident folgendes Wahlresultat: Zu Vizepräsidenten werden proklamirt: Bedsau, Lacrosse, Bixio, Havin, Goudchaux, Corbon (Leon de Malleville ist glücklich beseitigt, er erhielt nur 199 Stimmen). Zu Schreibern: E. Langlois und Laussedat.

Das Ausgabenbüdget wird endlich vollendet und man geht zum Einnahmenbüdget über.

Die Versammlung geht ohne allgemeine Diskussion zur Berathung der einzelnen Kapitel über.

Leon Faucher interpellirt den Minister wegen der Salzsteuer.

Trouvé Chauvel erwidert, daß dieselben 1849 nur modifizirt, nicht abgeschafft werden solle.

Aehnliche Fragen werden an denselben Minister rücksichtlich der Einkommensteuer- und Erbschaftssteuer-Einführung gestellt.

Der Minister gibt hierüber vagen Bescheid.

Die übrigen Kapitel des Einnahme-Büdgets gehen rasch durch.

Somit wäre das Büdget bis auf die General-Addition erledigt.

Lacrosse will die Sitzung schließen.

Cremieu[x] trägt indessen darauf an, doch vorher den Tag zu bestimmen, an welchem das Gesetz diskutirt werden solle, das sich über die Verantwortlichkeit des Präsidenten der Republik ausspricht. Man könne doch unmöglich in Gegenwart des Präsidenten selbst diskutiren.

Man beschließt die Debatte schon morgen zu beginnen.

Um 5 1/2 Uhr geht die Versammlung auseinander.

Neueste Nachrichten.
!!! Frankfurt, 7. Dezbr.

Gegen Ende der heutigen Sitzung in der reformirten Kirche stellt Wesendonk den dringlichen Antrag: „Die Auflösung der preußischen Nationalversammlung nnd die Octroyirung einer Verfassung für null und nichtig zu erklären.“ Es wird beschlossen, diesen Antrag dem sogen. Biedermann'schen Ausschuß zur schleunigsten Berichterstattung zu überweisen.

* Berlin, 6. Dec.

Der „Pr. St.-A.“ enthält heute folgende contrerevolutionäre Schriftstücke:

1) Intermi. Wahlgesetz für die erste Kammer.

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc. etc. verordnen in Betreff der ersten Wahlen für die erste Kammer auf den Antrag unseres Staats-Ministeriums, was folgt:

Art. 1. Die erste Kammer besteht aus 180 Mitgliedern, die Wahlbezirke werden nach Maßgabe der Bevölkerung festgestellt.

Es können weder wählen noch gewählt werden diejenigen, welche in Folge rechtskräftigen richterlichen Erkenntnisses den Vollgenuß der bürgerlichen Rechte entbehren.

Art. 2. Für die erste Kammer ist jeder Preuße, welcher das dreißigste Lebensjahr vollendet hat und einen jährlichen Klassensteuersatz von mindestens 8 Thalern zahlt, oder einen Grundbesitz im Werthe von mindestens 5000 Thalern, oder ein reines jährliches Einkommen von 500 Thalern nachweist, stimmberechtigter Urwähler in derjenigen Gemeinde, worin er seit sechs Monaten seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat.

Die Aufstellung der Wählerlisten liegt dem Landrathe unter Mitwirkung der Kommunalbehörden ob, in den Städten, die einem Kreisverbande nicht angehören, dem Kommunal-Vorstande. Die Entscheidung über die dagegen erhobenen Reclamationen erfolgt für die klassensteuerpflichtigen Ortschaften durch die nach der Verordnung vom 17. Januar 1830 (Gesetzsammlung Seite 19) zur Mitwirkung bei der Klassensteuer-Veranlagung bestimmte Kommission, für die nicht klassensteuerpflichtigen Orte durch eine von den Gemeinde-Behörden zu bildende Kommission.

Art. 3. Je 100 Urwähler wählen einen Wahlmann.

In jeder Gemeinde, welche 200 oder mehr Urwähler hat, erfolgt die Wahl nach Abtheilungen. Die Abtheilungen werden von den Gemeindebehörden in der Art begränzt, daß in einer Abtheilung nicht mehr als 5 Wahlmänner zu wählen sind.

Hat eine Gemeinde oder eine nicht zu einem Gemeindeverbande gehörende bewohnte Besitzung weniger als 100 Urwähler, so wird dieselbe durch den Landrath mit einer oder mehreren benachbarten Gemeinden zu einem Wahldistrikte verbunden.

Art. 4. Die Wahlmänner werden aus der Zahl der stimmberechtigten Urwähler der Gemeinde (des Distrikts, der Abtheilung) gewählt. Die etwa nöthig werdenden Ersatzwahlen werden von den ursprünglich gewählten Wahlmännern vollzogen; jedoch ist an die Stelle jedes Wahlmannes, welcher durch den Tod, durch Wohnorts-Veränderung oder auf andere Weise ausscheidet, sofort ein neuer Wahlmann zu wählen.

<TEI>
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          <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> Wer weiß, was aus dem ehemaligen hessischen Schulmeister geworden ist! Das letzte, was wir von seinen poetischen Ergüssen zu Gesicht bekamen, war ein Loblied auf Radetzky! &#x2014; Dingelstedt freute sich über den Fall Mailands und hoffte, daß auch die Schlangenbrut am Fuße des Stephansthurmes bald vertilgt sein würde.</p>
          <p>Man sieht, daß Herr Dingelstedt auf der untersten Stufe eines würtembergischen Lakai's angekommen ist.</p>
          <p>Der Kollege Dingelstedt's ist Herr Hackländer, eine lustige Fliege, deren Humor leider im Sumpfe des würtembergischen Hofes untergegangen ist. Herr Hackländer ergötzte den Kronprinzen durch Nachahmung von Thierstimmen, und avancirte dadurch ebenfalls zum Hofrath.</p>
          <p>Amüsant war es, wie einst Dingelstedt und Hackländer in Konflikt geriethen.</p>
          <p>Als Hackländer nämlich ebenfalls Hofrath wurde, erklärte Dingelstedt, daß er unmöglich länger simpler Hofrath bleiben könne &#x2014; Hackländer mache blos Thierstimmen nach; er, Dingelstedt, imitire aber als nachahmender Poet: Menschenstimmen. Wenn man Hacklander zum Hofrath mache, so müsse er, Dingelstedt, wenigstens Legationsrath werden; und also geschah es.</p>
          <p>Mit den ekelerregenden Erzeugnissen der beiden würtembergischen Parvenü's würzt jetzt die Kölnische Zeitung ihr Feuilleton. Es ist bekannt, daß Dingelstedt Herrn Levy Schmul stets in der Augsb. Allg. Zeitung lobte, und daß Schmul sich auch jedesmal in der &#x201E;Kölnischen&#x201C; revangirte. Es freut uns, daß das alte Schutz- und Trutzbündniß zwischen dem Nachtwächter und dem Schmul auch heute noch fortbesteht. Pfui, über diese literarische Jammerclique!</p>
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        <head>[Deutschland]</head>
        <div xml:id="ar164_015" type="jArticle">
          <p>öffentlich dieselbe Sprache geführt; während die französische Republik jedoch nur Phrasen gemacht, habe Palmerston im durchaus umgekehrten Sinne gehandelt. Der geheime Gedanke des englischen Staatssekretärs,&#x201C; heißt es, &#x201E;war aber ein ganz anderer. Er schickte Lord Minto nach Italien. Ueberall, wo der englische Agent durchkam, brach die Revolution aus. Ueberall war derselbe leitende Gedanke, nicht nur Freiheit der Institutionen, sondern auch Einheit der Ländergebiete und der Nation.&#x201C; Und weiter: &#x201E;Oestreich wollte alles Land bis an den Mincio aufgeben, die Kabinette von Paris und London wiesen dieses Anerbieten zurück. Das Glück (!) wandte sich. Der Marschall zog in Mailand ein, die Piemontesen wurden in ihre Gränze zurückgedrängt. Jetzt wurden die Unterhandlungen von den westlichen Kabinetten anfgenommen. Man war in der Lage, die ganze Provinz zu behaupten; der Vorschlag der westlichen Kabinette war nicht mehr annehmbar. &#x2014; Am unbeugsamsten in seinen Ansprüchen erschien Lord Palmerston. (Schönes Kompliment für die franz. Bourgeois!) Der Lieblingsgedanke, aus den italienischen Staaten <hi rendition="#g">ein</hi> Land zu machen, war ein Plan, der seinen <hi rendition="#g">abentheuerlichen Ehrgeiz</hi> allerdings reizen mochte.&#x201C;</p>
          <p>Auffallender Weise werden die abgelieferten Waffen, welche man alle in das Bollwerk &#x201E;Neugebäude&#x201C;, vor der St. Marxer Linie, gebracht hatte, seit einigen Tagen in die Stadt zurückgeführt. Man spricht davon, alles Militär aus der Stadt zu ziehen und die guten Bürger wieder zu bewaffnen. &#x2014; Die Wiener Zeitung rühmt es, daß von 20,000 Proletariern jetzt nu[n] mehr 5000 da seien. Wo sind denn die 15,000 geblieben? Sie sind nach Schmerlings alten noch nicht abgeschafften Gesetzen abgeschafft worden.</p>
          <p>An dem bewaffneten Widerstande haben hier viele Franzosen Theil genommen; Windischgrätz hat sich aber gehütet, welche festnehmen und standrechtlich verurtheilen zu lassen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar164_016" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 4. Dez.</head>
          <p>War das heilige römische Reich teutscher Nation endlich zum Kinderspott geworden, so war es das eben nur allmälig, nach Jahrhunderten der Kraft und des Ansehens geworden. Die jetzige deutsche Centralgewalt hat sich aber nach allen Seiten hin schon in ihren ersten Lebensregungen so viel Schmach auf den Hals geladen, so viel Verhöhnung erduldet, daß sie selbst unter den Kinderspott herabgesunken ist. So ist's in Oestreich. Erst die Blamage von Welcker-Mosle, und damit nicht zufrieden, sendet der mit Metternich, wie es heißt, in eifriger und regelmäßiger Korrespondenz stehende <hi rendition="#g">Schmerling</hi> wiederum Kommissäre. Wenn die mit ihren erhaltenen Fußtritten heimziehen, werden wir wohl das Vergnügen haben, eine dritte Sendung hier zu sehen u. s. w. Das Alles würde dem bekannten endlosen Liede &#x201E;vom Nagelschmied&#x201C; nahe kommen, wenn die östreichische Contrerevolution nicht vorzöge, diese diplomatischen Spiegelfechtereien abzukürzen. Die Erklärung der amtlichen &#x201E;Wiener Zeitung&#x201C; iu Betreff der Ermordung <hi rendition="#g">Robert Blum's</hi> ist deutlich genng. Dieses Blatt sagt:</p>
          <p>&#x201E;Es erübrigt noch zu untersuchen, ob die Eigenschaft eines Abgeordneten des deutschen Parlaments das Urtheil aufheben konnte. &#x2014; Wir sagen unbedingt: Nein. &#x2014; Der Richter kann nach keinen andern als den ihm offiziell bekannt gegebenen Gesetzen urtheilen. Ein Gesetz über die Unverletzlichkeit der Frankfurter Deputirten wurde bisher keiner Behörde, am wenigsten einer militärischen Central-Untersnchungskommission zur Darnachachtung bekannt gemacht. Der Richter konnte und durfte darauf keine Rücksicht nehmen, er hätte seine Befugniß überschritten und nicht mehr gerecht, das ist nach den Gesetzen, sondern willkürlich gehandelt.</p>
          <p>Allein die Regierung war nicht einmal ermächtigt, ohne Zustimmung des östreichischen Reichstages ein solches allgemein bindendes Gesetz zu geben. Die Unverantwortlichkeit der Frankfurter Deputirten in Oestreich anerkennen, hieße Oestreich dem Frankfurter Parlament unterordnen, und das kann und darf die Regierung ohne Zustimmung des Reichstages nicht.&#x201C;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar164_017" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 4. Dez.</head>
          <p>Gegen Ungarn ist eine Heeresmacht von 150,000 Mann aufgeboten. &#x2014; Die Hoffnungen auf eine friedliche Ausgleichung mit diesem Lande sind nach zuverlässigen Nachrichten unbegründet. Vielmehr wird der ernstlichste Angriff sogleich nach des jungen Kaisers Hierherkunft beginnen. Diese wird in einigen Tagen erfolgen, die hier konzentrirten Truppen werden den neuen Fahneneid schwören, der Kaiser dieselben in großer Revue passiren lassen und hierauf wieder nach Ollmütz zurückkehren. Fürst Windischgrätz aber wird hier verweileu und hat das Kommando bereits dem Feldmarschall-Lieutenant Gruber übertragen.</p>
          <p>Die erste That des neuen Kaisers war die Ernennung des unter Metternich berühmten Gesandtschaftsattachés in den Niederlanden, Baron Kulmer, eiuem Erzfeinde der Ungarn, zum Minister ohne Portefeuille.</p>
          <p>Aus Siebenbürgen ist die Nachricht eingetroffen, daß Klausenburg sich an das dort operirende kaiserl. Armeekorps ergeben hat.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Italien.</head>
        <div xml:id="ar164_018" type="jArticle">
          <head>
            <bibl>
              <author>*</author>
            </bibl>
          </head>
          <p>Dem Pariser Journal des Debats vom 6. Dez. schreibt man aus Neapel vom 27. Nov. noch folgende neue Details über die Flucht des Pabstes: &#x201E;Graf Spaur, Gesandter des Königs von Baiern, trug mit dem Herrn Harcourt das meiste zur Rettung des Pabstes bei. Man weiß, daß die Römer den Pabst bis in seine Zimmer bewachten. Niemand wurde ohne Zeugen zugelassen. Spaur schützte die Nothwendigkeit einer Unterredung mit Sr. Heiligkeit, wegen Ertheilung eines Heirathsdispenses für die Vermählung einer baierischen Prinzessin mit dem Grafen Trapani (!!!) vor und drang so bis zu dem Kabinet des Pabstes vor. Die Thüren standen offen und die Wachen konnten genau sehen, was im Arbeitszimmer des Pabstes vorging. Bald darauf erschien Harcourt, dessen Zulassung weniger Schwierigkeit unterworfen wurde. Offenbar der Vater des Fluchtversuchs, oder wenigstens in das Geheimniß eingeweiht, stellte er sich in die Thür und während Spaur angeblich noch mit dem Pabste arbeitete, fädelte Harcourt mit den Schildwachen ein Gespräch ein. Die Unterhandlungen dauern ihm jedoch zu lange; man tritt endlich in das Kabinet und fand dasselbe leer. Spaur und der Pabst waren durch eine Seitenthür verschwunden.&#x201C; Ueber Terracina eilten Spaur und Pius, der, nur in eine schwarze Sontane gekleidet, als Kaplan des baierischen Gesandten galt und alle Wachtposten getäuscht hatte, der neapolitanischen Gränze zu. Vor Gaeta angekommen, forderte der Offizier des Thorpostens die Pässe der Reisenden. Spaur übergab ihm den seinigen; der Kaplan hatte jedoch keinen. Spaur neigte sich gegen den Offizier und raunte ihm einige Worte ins Ohr, worauf der Offizier auf die Knie sank und die Füße des Pabstes küßte. Hierdurch erfuhren alle Anwesenden, daß jener Kaplan des baierischen Gesandten Niemand anders als Pius IX. selbst sei. Die Flucht geschah so eilig und so vorsichtig, daß der Pabst keine andere Kleider mit sich führte. Der Hof von Neapel hat es ihm jedoch an Nichts fehlen lassen u. s. w.</p>
          <p>Als Aufenthaltsort für den Pabst und seine Kardinäle nennt man den königl. Lustsitz Caserta, eine Stunde von Neapel entfernt, indem man das Kloster Monte Casino zu einsam und unsicher fand. Auch nennt man Malta, auch Spanien und zuletzt Frankreich.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar164_019" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Rom, 26. Nov.</head>
          <p>Die Deputirtenkammer hat gestern unter dem Präsidium des Advokaten Sturbinetti eine Sitzung gehalten. Dreizehn Deputirte waren anwesend. Der Kriegsminister, Hr. Campello, verlangte einen Kredit von 55,000 Scudi für Equipirungskosten und das unumgänglich nothwendige baare Geld für die tapfern römischen Soldaten, die sich für die Unabhängigkeit Venedigs geschlagen haben. Es sind deren 4779, wovon 600 krank und 600 ohne Equipirung. In Anbetracht der Dringlichkeit verlangt Prinz Canino augenblickliche Abstimmung über diesen Gegenstand; der Antrag wird einstimmig angenommen. Der Präsident verliest hierauf eine Adresse der ersten mobil gemachten Legion gegen die Zurücksendung des Garibaldischen Stabes, wie auch einen Brief des Obersten Galetti, im Namen der Legion, an den Prolegaten von Navenna, worin dieser gebeten wird, die Abreise Garibaldis zu verhindern. Wenn eine falsche antinationale Politik vielleicht schon zu einem unrichtigen Schritte in dieser Beziehung hingerissen haben möchte, so hält es die Kammer wie das Ministerium für Pflicht, eventuelle Befehle dieser Art sofort zu widerrufen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar164_020" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Bologna, 26. Nov.</head>
          <p>Die Oestreicher haben sich auf die Nachricht von den Ereignissen zu Rom in Bewegung gesetzt und koncentriren ihre Streitkräfte auf der römischen Grenze. Ein halbes Bataillon mit zwei Geschützen ist von Modena nach der Brücke von St. Ambrosio, ein anderes halbes Bataillon ist nach der Brücke Navicello detachirt worden. Von hier sind einige Schweizerkompagnien und Dragoner nach Castelfranco und S. Giovanni abgegangen. Von Forli sind alle disponiblen Truppen einberufen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar164_021" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Florenz.</head>
          <p>Ganz Toskana befindet sich in Folge der römischen Revolution in der größten Aufregung. Man sieht eine Intervention voraus und ruft zu den Waffen. &#x201E;Zwischen der Flucht des Pabstes von Rom,&#x201C; sagt die Alba, &#x201E;und seiner Rückkehr auf der Spitze der ausländischen Bajonette liegt ein ungeheurer Abgrund, den zu überschreiten wir für keine leichte Sache halten. Hüten wir uns vor den Schlingen der Diplomatie und bieten wir alles auf, unsere Nationalität zu vertheidigen! Zu den Waffen, zu den Waffen! Die Repräsentanten von ganz Italien müssen nach Rom eilen, um das Vaterland in Gefahr zu schützen!&#x201C;</p>
          <p>* Die englischen Blätter vom Mittwoch bringen keineswegs die Bestätigung ihrer Nachricht von gestern, der Pabst sei auf Malta angekommen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar164_022" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Neapel.</head>
          <p>Wie man hier die konstitutionelle Monarchie versteht, darüber entnehmen wir einem italienischen Blatt einige neue Data. Wir zweifeln nicht, daß Hr. Manteuffel sich beeilen wird, die reifere Erfahrung der neapolitanischen &#x201E;Konstitutionellen&#x201C; zum Vorbild zu nehmen und ein ähnliches Wohlfahrtsbureau baldigst einzurichten:</p>
          <p>Der Privatsekretär des Königs, Leopoldo Corsi, hat in der Hauptstadt ein Haus als Centralbureau eingerichtet, wohin alle Berichte der alten Spione Delcarrettos, die jetzt als wüthende &#x201E;Konstitutionelle&#x201C; wieder in Dienst getreten sind, einlaufen. Hier wird berathen und beschlossen: dieser und jener soll durchgeprügelt oder mit Kolben mißhandelt und eingesteckt, dieses Haus soll geplündert werden, in diesem Ort wird man einen Krawall hervorrufen, um ihn plündern und züchtigen zu können, diese Stadt wird in Belagerungszustand versetzt u. s. w. Für die Ausführung sorgen dann in den Provinzen der Fürst Ischitella, Kriegs- und Marineminister, und in Neapel der Chef der Garde du Corps Turchierola oder der Gardenoberst Fürst Sangro. Das italienische Blatt setzt hinzu: &#x201E;Und das nennt er konstitutionelle Freiheit, dieser Bourbone, der sich zum Hauptmann von Mördern gemacht hat; Gott gebe ihm nach seinem Verdienst. (Iddio gliene renda secondo il suo merito.)</p>
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        <head>Schweiz.</head>
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          <head><bibl><author>**</author></bibl> Waadt.</head>
          <p>Wie es heißt, soll der Bischof von Freiburg, Lausanne und Genf, Stephan Marilley, in dieser Woche aus seiner Haft in Chillon entlassen werden, da alle fünf Diözesankantone das Konkordat wegen seiner Suspension ratifizirt haben. Der Aufenthalt in den fünf Kantonen soll ihm jedoch untersagt werden.</p>
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          <head><bibl><author>**</author></bibl> Genf.</head>
          <p>Hier hat sich ebenfalls ein Blum-Komité zur Sammlung von Subskriptionen gebildet. J. L. Fazy steht an der Spitze. Die Subskriptionen sollen zwischen 5 und 50 Centimen sein.</p>
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          <head><bibl><author>**</author></bibl> Schaffhausen.</head>
          <p>Auf den Antrag eines &#x201E;Junkers&#x201C; ist vom Großen Rath beschlossen worden, den Titel &#x201E;Junker&#x201C; in öffentlichen Dokumenten hinfüro wegzulassen. Die Civilisation marschirt, wie man sieht. &#x201E;Junker&#x201C; tituliren sich in den Schweizer Reichsstädten nämlich die Patrizier.</p>
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          <head><bibl><author>**</author></bibl> Baselland.</head>
          <p>Die Behörden haben sich wirklich dir Mühe gegeben unter dem Bette der Kronenwirthin zu Arlesheim nach der berühmten Kiste Flinten zu suchen. Der Regierungsstatthalter, begleitet von einem Polizeibeamten und mehreren Landjägern, hat die wichtige Operation vollzogen und natürlich nichts gefunden. Derselbe hat sich auch zu Hrn. Landrath Hammel, Löwenwirth auf dem Birsfeld begeben, um auch dort nach den denunzirten Waffen zu suchen und ebenfalls nichts gefunden. So werden unsere Beamte von den badischen Behörden zum Narren gehalten und zu Amtsverrichtungen aufgefordert, die nur den Zweck haben, sie bei ihren Verwalteten unpopulär und verhaßt zu machen. Aber dergleichen abgeschmackte Denunziationen und Requisitionen sind nun genug vorgekommen und wir sind überzeugt, daß wenn auch das ganze heilige römische Reich sich in Bewegung setzte, es doch den Arlesheimer Regierungsstatthalter nicht dahin bringen würde, noch einmal seine Nase unter das Bett einer Wirthin zu stecken. Plus souvent!</p>
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          <head><bibl><author>**</author></bibl> Graubündten.</head>
          <p>Die sämmtlichen italienischen Flüchtlinge die an der Valtelliner Insurrektion Theil genommen haben, sind ins Innere der Schweiz abgegangen. Auch ihr Chef, Francesco Dolzino, hat den Kanton verlassen. Nach manchen Anzeichen zu schließen, hatte Dolzino den Aufstand auf großartige Versprechungen von verschiedenen Seiten hin begonnen und wurde im entscheidenden Augenblick von diesen &#x201E;einflußreichen&#x201C; Herrn Bourgeois und Gutsbesitzern im Stich gelassen.</p>
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          <head>Paris, den 6. Decbr,</head>
          <p>Aus Rom nichts Neues. Das Wetter ist so schlecht, dnß die Telegraphen nicht benützt werden können.</p>
          <p>&#x2014; Es liegt außer allem Zweifel, daß der Papst wenigstens vorläufig gar nicht daran dachte, nach Frankreich zu gehen. Indessen geht aus einer Stelle der Harcourt'schen Depeschen an Bastide hervor, daß der Papst und seine Kardinäle den Novembersturm in Rom längst voraussahen und sich schon vorher heimlich an Cavaignac um Unterstützung gewandt hatten; denn in No. 2. der von Harcourt an Bastide gerichteten und im Ausschusse des Aeußeren bekannt gewordenen Depeschen heißt es wörtlich:</p>
          <p rendition="#et">&#x201E;&#x2026; Vielleicht werden wir es zu bedauern haben, daß &#x201E;wir dem souverainen Pontifikus nicht zur gehörigen Zeit &#x201E;(dans le temps) Hülfe leisteten.&#x201C;</p>
          <p>&#x2014; Cabet ersucht in der neuesten Nummer seines &#x201E;Populair&#x201C; alle Ikarier, nicht für ihn zu stimmen, sondern für Raspail oder einen andern Socialisten. Er selbst werde bald nach Texas (Ikarien) abreisen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar164_029" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Paris, 6. Dezbr.</head>
          <p>Die unter Mollière's Befehl gestellte Brigade wird sich nach Ankona begeben, um den Einmarsch der Oestreicher in den Kirchenstaat zu verhindern.</p>
          <p>&#x2014; <hi rendition="#g">Nationalversammlung</hi>: Sitzung vom 6. Decbr. Anfang 2 Uhr. Vizepräsident Labrosse.</p>
          <p>Die Sitzung beginnt so spät, weil die gestrigen Wahlen von sechs Vizepräsidenten und zwei Schreibern wegen Hartnäckigkeit von etwa 90 Gliedern der Rue de Poitiers annullirt werden mußten. Von zwölf bis zwei Uhr wurden die Wahlen in den Abtheilungen erneuert und man gewärtigt deren Resultat im Laufe der Sitzung.</p>
          <p>An der Tagesordnung ist die Fortsetzung des 1848er Büdgets.</p>
          <p>Bineau erhält dann als Berichterstatter des Finanzausschusses das Wort, um über einen Gehaltsabzug von der obersten Centralbehörde (Ministerien) zu berichten. Die Chefs dieser Behörden bezogen bisher 20,000 Fr. jährlich; sie sollen von jetzt an nur 15,000 Fr. beziehen. Ebenso sollen die Generalsekretaire Abzüge erleiden.</p>
          <p>Die Versammlung genehmigt diese Abzüge.</p>
          <p>Lejeard de la Dirvais findet diese Ziffern noch zu hoch und will namentlich den Gehalt des Staatssekretärs der Staatsbauten noch um 3000 Fr. verringert wissen.</p>
          <p>Vivien, Staatsbautenminister bekämpft ihn aber und die weitere Verringerung findet keinen Beifall.</p>
          <p>Lacrosse, der Minister des Innern, verlangt das Wort für eine Kommunikation der Regierung: (Hört! Hört!).</p>
          <p>Alle Welt rennt auf die Plätze und hofft, neue Depeschen zu hören.</p>
          <p>Dufaure (tiefe Stille): Ich habe die Ehre, Ihnen einen Gesetzentwurf vorzulegen, welcher das Dekret vom 19. Septbr. 1848 rücksichtlich der Nationalbelohnungen streicht. (Ah! Ah! Allgemeine Enttäuschung zur Linken.)</p>
          <p>De la Larochejaquelin durch eine außergewöhnliche Agitation auf der Bühne: Ich konstatire hiermit, daß das Ministerium nur der gerechten Entrüstung der Nationalversammlung nachgegeben hat (Oh, oh! Nein, nein! Ja, ja!), als es einen Beschluß zurückzog, der allen Conspirateurs (Oh, oh!) seit 1820 Nationalbelohnungen versprach. (Fürchterliche Unterbrechung vom Berge. Es entspinnt sich ein Zank zwischen dem Redner und einigen Berggliedern.)</p>
          <p>Larochejaquelin mit Heftigkeit: Ich verlange, daß das Ministerium die Akten vorlege, auf die es seinen heutigen Entwurf gründet. (Neuer Lärm aus der Ebene.)</p>
          <p>Die Versammlung setzt nach diesem Incident die Büdgetdebatte ohne erhebliches Interesse fort.</p>
          <p> Gegen 4 Uhr verlies't der Präsident folgendes Wahlresultat: Zu Vizepräsidenten werden proklamirt: Bedsau, Lacrosse, Bixio, Havin, Goudchaux, Corbon (Leon de Malleville ist glücklich beseitigt, er erhielt nur 199 Stimmen). Zu Schreibern: E. Langlois und Laussedat.</p>
          <p>Das Ausgabenbüdget wird endlich vollendet und man geht zum Einnahmenbüdget über.</p>
          <p>Die Versammlung geht ohne allgemeine Diskussion zur Berathung der einzelnen Kapitel über.</p>
          <p>Leon Faucher interpellirt den Minister wegen der Salzsteuer.</p>
          <p>Trouvé Chauvel erwidert, daß dieselben 1849 nur modifizirt, nicht abgeschafft werden solle.</p>
          <p>Aehnliche Fragen werden an denselben Minister rücksichtlich der Einkommensteuer- und Erbschaftssteuer-Einführung gestellt.</p>
          <p>Der Minister gibt hierüber vagen Bescheid.</p>
          <p>Die übrigen Kapitel des Einnahme-Büdgets gehen rasch durch.</p>
          <p>Somit wäre das Büdget bis auf die General-Addition erledigt.</p>
          <p>Lacrosse will die Sitzung schließen.</p>
          <p>Cremieu[x] trägt indessen darauf an, doch vorher den Tag zu bestimmen, an welchem das Gesetz diskutirt werden solle, das sich über die Verantwortlichkeit des Präsidenten der Republik ausspricht. Man könne doch unmöglich in Gegenwart des Präsidenten selbst diskutiren.</p>
          <p>Man beschließt die Debatte schon morgen zu beginnen.</p>
          <p>Um 5 1/2 Uhr geht die Versammlung auseinander.</p>
        </div>
      </div>
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        <head>Neueste Nachrichten.</head>
        <div xml:id="ar164_030" type="jArticle">
          <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, 7. Dezbr.</head>
          <p>Gegen Ende der heutigen Sitzung in der reformirten Kirche stellt <hi rendition="#g">Wesendonk</hi> den dringlichen Antrag: &#x201E;<hi rendition="#g">Die Auflösung der preußischen Nationalversammlung nnd die Octroyirung einer Verfassung für <hi rendition="#b">null</hi> und <hi rendition="#b">nichtig</hi> zu erklären</hi>.&#x201C; Es wird beschlossen, diesen Antrag dem sogen. Biedermann'schen Ausschuß zur <hi rendition="#g">schleunigsten</hi> Berichterstattung zu überweisen.</p>
        </div>
      </div>
      <div type="jReadersLetters" n="1">
        <div xml:id="ar164_031" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 6. Dec.</head>
          <p>Der &#x201E;Pr. St.-A.&#x201C; enthält heute folgende contrerevolutionäre Schriftstücke:</p>
          <p>1) Intermi. Wahlgesetz für die erste Kammer.</p>
          <p>Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc. etc. verordnen in Betreff der ersten Wahlen für die erste Kammer auf den Antrag unseres Staats-Ministeriums, was folgt:</p>
          <p>Art. 1. Die erste Kammer besteht aus 180 Mitgliedern, die Wahlbezirke werden nach Maßgabe der Bevölkerung festgestellt.</p>
          <p>Es können weder wählen noch gewählt werden diejenigen, welche in Folge rechtskräftigen richterlichen Erkenntnisses den Vollgenuß der bürgerlichen Rechte entbehren.</p>
          <p>Art. 2. Für die erste Kammer ist jeder Preuße, welcher das dreißigste Lebensjahr vollendet hat und einen jährlichen Klassensteuersatz von mindestens 8 Thalern zahlt, oder einen Grundbesitz im Werthe von mindestens 5000 Thalern, oder ein reines jährliches Einkommen von 500 Thalern nachweist, stimmberechtigter Urwähler in derjenigen Gemeinde, worin er seit sechs Monaten seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat.</p>
          <p>Die Aufstellung der Wählerlisten liegt dem Landrathe unter Mitwirkung der Kommunalbehörden ob, in den Städten, die einem Kreisverbande nicht angehören, dem Kommunal-Vorstande. Die Entscheidung über die dagegen erhobenen Reclamationen erfolgt für die klassensteuerpflichtigen Ortschaften durch die nach der Verordnung vom 17. Januar 1830 (<hi rendition="#g">Gesetzsammlung</hi> Seite 19) zur Mitwirkung bei der Klassensteuer-Veranlagung bestimmte Kommission, für die nicht klassensteuerpflichtigen Orte durch eine von den Gemeinde-Behörden zu bildende Kommission.</p>
          <p>Art. 3. Je 100 Urwähler wählen einen Wahlmann.</p>
          <p>In jeder Gemeinde, welche 200 oder mehr Urwähler hat, erfolgt die Wahl nach Abtheilungen. Die Abtheilungen werden von den Gemeindebehörden in der Art begränzt, daß in einer Abtheilung nicht mehr als 5 Wahlmänner zu wählen sind.</p>
          <p>Hat eine Gemeinde oder eine nicht zu einem Gemeindeverbande gehörende bewohnte Besitzung weniger als 100 Urwähler, so wird dieselbe durch den Landrath mit einer oder mehreren benachbarten Gemeinden zu einem Wahldistrikte verbunden.</p>
          <p>Art. 4. Die Wahlmänner werden aus der Zahl der stimmberechtigten Urwähler der Gemeinde (des Distrikts, der Abtheilung) gewählt. Die etwa nöthig werdenden Ersatzwahlen werden von den ursprünglich gewählten Wahlmännern vollzogen; jedoch ist an die Stelle jedes Wahlmannes, welcher durch den Tod, durch Wohnorts-Veränderung oder auf andere Weise ausscheidet, sofort ein neuer Wahlmann zu wählen.</p>
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</TEI>
[0879/0003] [Fortsetzung] Wer weiß, was aus dem ehemaligen hessischen Schulmeister geworden ist! Das letzte, was wir von seinen poetischen Ergüssen zu Gesicht bekamen, war ein Loblied auf Radetzky! — Dingelstedt freute sich über den Fall Mailands und hoffte, daß auch die Schlangenbrut am Fuße des Stephansthurmes bald vertilgt sein würde. Man sieht, daß Herr Dingelstedt auf der untersten Stufe eines würtembergischen Lakai's angekommen ist. Der Kollege Dingelstedt's ist Herr Hackländer, eine lustige Fliege, deren Humor leider im Sumpfe des würtembergischen Hofes untergegangen ist. Herr Hackländer ergötzte den Kronprinzen durch Nachahmung von Thierstimmen, und avancirte dadurch ebenfalls zum Hofrath. Amüsant war es, wie einst Dingelstedt und Hackländer in Konflikt geriethen. Als Hackländer nämlich ebenfalls Hofrath wurde, erklärte Dingelstedt, daß er unmöglich länger simpler Hofrath bleiben könne — Hackländer mache blos Thierstimmen nach; er, Dingelstedt, imitire aber als nachahmender Poet: Menschenstimmen. Wenn man Hacklander zum Hofrath mache, so müsse er, Dingelstedt, wenigstens Legationsrath werden; und also geschah es. Mit den ekelerregenden Erzeugnissen der beiden würtembergischen Parvenü's würzt jetzt die Kölnische Zeitung ihr Feuilleton. Es ist bekannt, daß Dingelstedt Herrn Levy Schmul stets in der Augsb. Allg. Zeitung lobte, und daß Schmul sich auch jedesmal in der „Kölnischen“ revangirte. Es freut uns, daß das alte Schutz- und Trutzbündniß zwischen dem Nachtwächter und dem Schmul auch heute noch fortbesteht. Pfui, über diese literarische Jammerclique! [Deutschland] öffentlich dieselbe Sprache geführt; während die französische Republik jedoch nur Phrasen gemacht, habe Palmerston im durchaus umgekehrten Sinne gehandelt. Der geheime Gedanke des englischen Staatssekretärs,“ heißt es, „war aber ein ganz anderer. Er schickte Lord Minto nach Italien. Ueberall, wo der englische Agent durchkam, brach die Revolution aus. Ueberall war derselbe leitende Gedanke, nicht nur Freiheit der Institutionen, sondern auch Einheit der Ländergebiete und der Nation.“ Und weiter: „Oestreich wollte alles Land bis an den Mincio aufgeben, die Kabinette von Paris und London wiesen dieses Anerbieten zurück. Das Glück (!) wandte sich. Der Marschall zog in Mailand ein, die Piemontesen wurden in ihre Gränze zurückgedrängt. Jetzt wurden die Unterhandlungen von den westlichen Kabinetten anfgenommen. Man war in der Lage, die ganze Provinz zu behaupten; der Vorschlag der westlichen Kabinette war nicht mehr annehmbar. — Am unbeugsamsten in seinen Ansprüchen erschien Lord Palmerston. (Schönes Kompliment für die franz. Bourgeois!) Der Lieblingsgedanke, aus den italienischen Staaten ein Land zu machen, war ein Plan, der seinen abentheuerlichen Ehrgeiz allerdings reizen mochte.“ Auffallender Weise werden die abgelieferten Waffen, welche man alle in das Bollwerk „Neugebäude“, vor der St. Marxer Linie, gebracht hatte, seit einigen Tagen in die Stadt zurückgeführt. Man spricht davon, alles Militär aus der Stadt zu ziehen und die guten Bürger wieder zu bewaffnen. — Die Wiener Zeitung rühmt es, daß von 20,000 Proletariern jetzt nu[n] mehr 5000 da seien. Wo sind denn die 15,000 geblieben? Sie sind nach Schmerlings alten noch nicht abgeschafften Gesetzen abgeschafft worden. An dem bewaffneten Widerstande haben hier viele Franzosen Theil genommen; Windischgrätz hat sich aber gehütet, welche festnehmen und standrechtlich verurtheilen zu lassen. * Wien, 4. Dez. War das heilige römische Reich teutscher Nation endlich zum Kinderspott geworden, so war es das eben nur allmälig, nach Jahrhunderten der Kraft und des Ansehens geworden. Die jetzige deutsche Centralgewalt hat sich aber nach allen Seiten hin schon in ihren ersten Lebensregungen so viel Schmach auf den Hals geladen, so viel Verhöhnung erduldet, daß sie selbst unter den Kinderspott herabgesunken ist. So ist's in Oestreich. Erst die Blamage von Welcker-Mosle, und damit nicht zufrieden, sendet der mit Metternich, wie es heißt, in eifriger und regelmäßiger Korrespondenz stehende Schmerling wiederum Kommissäre. Wenn die mit ihren erhaltenen Fußtritten heimziehen, werden wir wohl das Vergnügen haben, eine dritte Sendung hier zu sehen u. s. w. Das Alles würde dem bekannten endlosen Liede „vom Nagelschmied“ nahe kommen, wenn die östreichische Contrerevolution nicht vorzöge, diese diplomatischen Spiegelfechtereien abzukürzen. Die Erklärung der amtlichen „Wiener Zeitung“ iu Betreff der Ermordung Robert Blum's ist deutlich genng. Dieses Blatt sagt: „Es erübrigt noch zu untersuchen, ob die Eigenschaft eines Abgeordneten des deutschen Parlaments das Urtheil aufheben konnte. — Wir sagen unbedingt: Nein. — Der Richter kann nach keinen andern als den ihm offiziell bekannt gegebenen Gesetzen urtheilen. Ein Gesetz über die Unverletzlichkeit der Frankfurter Deputirten wurde bisher keiner Behörde, am wenigsten einer militärischen Central-Untersnchungskommission zur Darnachachtung bekannt gemacht. Der Richter konnte und durfte darauf keine Rücksicht nehmen, er hätte seine Befugniß überschritten und nicht mehr gerecht, das ist nach den Gesetzen, sondern willkürlich gehandelt. Allein die Regierung war nicht einmal ermächtigt, ohne Zustimmung des östreichischen Reichstages ein solches allgemein bindendes Gesetz zu geben. Die Unverantwortlichkeit der Frankfurter Deputirten in Oestreich anerkennen, hieße Oestreich dem Frankfurter Parlament unterordnen, und das kann und darf die Regierung ohne Zustimmung des Reichstages nicht.“ * Wien, 4. Dez. Gegen Ungarn ist eine Heeresmacht von 150,000 Mann aufgeboten. — Die Hoffnungen auf eine friedliche Ausgleichung mit diesem Lande sind nach zuverlässigen Nachrichten unbegründet. Vielmehr wird der ernstlichste Angriff sogleich nach des jungen Kaisers Hierherkunft beginnen. Diese wird in einigen Tagen erfolgen, die hier konzentrirten Truppen werden den neuen Fahneneid schwören, der Kaiser dieselben in großer Revue passiren lassen und hierauf wieder nach Ollmütz zurückkehren. Fürst Windischgrätz aber wird hier verweileu und hat das Kommando bereits dem Feldmarschall-Lieutenant Gruber übertragen. Die erste That des neuen Kaisers war die Ernennung des unter Metternich berühmten Gesandtschaftsattachés in den Niederlanden, Baron Kulmer, eiuem Erzfeinde der Ungarn, zum Minister ohne Portefeuille. Aus Siebenbürgen ist die Nachricht eingetroffen, daß Klausenburg sich an das dort operirende kaiserl. Armeekorps ergeben hat. Italien. * Dem Pariser Journal des Debats vom 6. Dez. schreibt man aus Neapel vom 27. Nov. noch folgende neue Details über die Flucht des Pabstes: „Graf Spaur, Gesandter des Königs von Baiern, trug mit dem Herrn Harcourt das meiste zur Rettung des Pabstes bei. Man weiß, daß die Römer den Pabst bis in seine Zimmer bewachten. Niemand wurde ohne Zeugen zugelassen. Spaur schützte die Nothwendigkeit einer Unterredung mit Sr. Heiligkeit, wegen Ertheilung eines Heirathsdispenses für die Vermählung einer baierischen Prinzessin mit dem Grafen Trapani (!!!) vor und drang so bis zu dem Kabinet des Pabstes vor. Die Thüren standen offen und die Wachen konnten genau sehen, was im Arbeitszimmer des Pabstes vorging. Bald darauf erschien Harcourt, dessen Zulassung weniger Schwierigkeit unterworfen wurde. Offenbar der Vater des Fluchtversuchs, oder wenigstens in das Geheimniß eingeweiht, stellte er sich in die Thür und während Spaur angeblich noch mit dem Pabste arbeitete, fädelte Harcourt mit den Schildwachen ein Gespräch ein. Die Unterhandlungen dauern ihm jedoch zu lange; man tritt endlich in das Kabinet und fand dasselbe leer. Spaur und der Pabst waren durch eine Seitenthür verschwunden.“ Ueber Terracina eilten Spaur und Pius, der, nur in eine schwarze Sontane gekleidet, als Kaplan des baierischen Gesandten galt und alle Wachtposten getäuscht hatte, der neapolitanischen Gränze zu. Vor Gaeta angekommen, forderte der Offizier des Thorpostens die Pässe der Reisenden. Spaur übergab ihm den seinigen; der Kaplan hatte jedoch keinen. Spaur neigte sich gegen den Offizier und raunte ihm einige Worte ins Ohr, worauf der Offizier auf die Knie sank und die Füße des Pabstes küßte. Hierdurch erfuhren alle Anwesenden, daß jener Kaplan des baierischen Gesandten Niemand anders als Pius IX. selbst sei. Die Flucht geschah so eilig und so vorsichtig, daß der Pabst keine andere Kleider mit sich führte. Der Hof von Neapel hat es ihm jedoch an Nichts fehlen lassen u. s. w. Als Aufenthaltsort für den Pabst und seine Kardinäle nennt man den königl. Lustsitz Caserta, eine Stunde von Neapel entfernt, indem man das Kloster Monte Casino zu einsam und unsicher fand. Auch nennt man Malta, auch Spanien und zuletzt Frankreich. * Rom, 26. Nov. Die Deputirtenkammer hat gestern unter dem Präsidium des Advokaten Sturbinetti eine Sitzung gehalten. Dreizehn Deputirte waren anwesend. Der Kriegsminister, Hr. Campello, verlangte einen Kredit von 55,000 Scudi für Equipirungskosten und das unumgänglich nothwendige baare Geld für die tapfern römischen Soldaten, die sich für die Unabhängigkeit Venedigs geschlagen haben. Es sind deren 4779, wovon 600 krank und 600 ohne Equipirung. In Anbetracht der Dringlichkeit verlangt Prinz Canino augenblickliche Abstimmung über diesen Gegenstand; der Antrag wird einstimmig angenommen. Der Präsident verliest hierauf eine Adresse der ersten mobil gemachten Legion gegen die Zurücksendung des Garibaldischen Stabes, wie auch einen Brief des Obersten Galetti, im Namen der Legion, an den Prolegaten von Navenna, worin dieser gebeten wird, die Abreise Garibaldis zu verhindern. Wenn eine falsche antinationale Politik vielleicht schon zu einem unrichtigen Schritte in dieser Beziehung hingerissen haben möchte, so hält es die Kammer wie das Ministerium für Pflicht, eventuelle Befehle dieser Art sofort zu widerrufen. * Bologna, 26. Nov. Die Oestreicher haben sich auf die Nachricht von den Ereignissen zu Rom in Bewegung gesetzt und koncentriren ihre Streitkräfte auf der römischen Grenze. Ein halbes Bataillon mit zwei Geschützen ist von Modena nach der Brücke von St. Ambrosio, ein anderes halbes Bataillon ist nach der Brücke Navicello detachirt worden. Von hier sind einige Schweizerkompagnien und Dragoner nach Castelfranco und S. Giovanni abgegangen. Von Forli sind alle disponiblen Truppen einberufen. * Florenz. Ganz Toskana befindet sich in Folge der römischen Revolution in der größten Aufregung. Man sieht eine Intervention voraus und ruft zu den Waffen. „Zwischen der Flucht des Pabstes von Rom,“ sagt die Alba, „und seiner Rückkehr auf der Spitze der ausländischen Bajonette liegt ein ungeheurer Abgrund, den zu überschreiten wir für keine leichte Sache halten. Hüten wir uns vor den Schlingen der Diplomatie und bieten wir alles auf, unsere Nationalität zu vertheidigen! Zu den Waffen, zu den Waffen! Die Repräsentanten von ganz Italien müssen nach Rom eilen, um das Vaterland in Gefahr zu schützen!“ * Die englischen Blätter vom Mittwoch bringen keineswegs die Bestätigung ihrer Nachricht von gestern, der Pabst sei auf Malta angekommen. * Neapel. Wie man hier die konstitutionelle Monarchie versteht, darüber entnehmen wir einem italienischen Blatt einige neue Data. Wir zweifeln nicht, daß Hr. Manteuffel sich beeilen wird, die reifere Erfahrung der neapolitanischen „Konstitutionellen“ zum Vorbild zu nehmen und ein ähnliches Wohlfahrtsbureau baldigst einzurichten: Der Privatsekretär des Königs, Leopoldo Corsi, hat in der Hauptstadt ein Haus als Centralbureau eingerichtet, wohin alle Berichte der alten Spione Delcarrettos, die jetzt als wüthende „Konstitutionelle“ wieder in Dienst getreten sind, einlaufen. Hier wird berathen und beschlossen: dieser und jener soll durchgeprügelt oder mit Kolben mißhandelt und eingesteckt, dieses Haus soll geplündert werden, in diesem Ort wird man einen Krawall hervorrufen, um ihn plündern und züchtigen zu können, diese Stadt wird in Belagerungszustand versetzt u. s. w. Für die Ausführung sorgen dann in den Provinzen der Fürst Ischitella, Kriegs- und Marineminister, und in Neapel der Chef der Garde du Corps Turchierola oder der Gardenoberst Fürst Sangro. Das italienische Blatt setzt hinzu: „Und das nennt er konstitutionelle Freiheit, dieser Bourbone, der sich zum Hauptmann von Mördern gemacht hat; Gott gebe ihm nach seinem Verdienst. (Iddio gliene renda secondo il suo merito.) Schweiz. ** Waadt. Wie es heißt, soll der Bischof von Freiburg, Lausanne und Genf, Stephan Marilley, in dieser Woche aus seiner Haft in Chillon entlassen werden, da alle fünf Diözesankantone das Konkordat wegen seiner Suspension ratifizirt haben. Der Aufenthalt in den fünf Kantonen soll ihm jedoch untersagt werden. ** Genf. Hier hat sich ebenfalls ein Blum-Komité zur Sammlung von Subskriptionen gebildet. J. L. Fazy steht an der Spitze. Die Subskriptionen sollen zwischen 5 und 50 Centimen sein. ** Schaffhausen. Auf den Antrag eines „Junkers“ ist vom Großen Rath beschlossen worden, den Titel „Junker“ in öffentlichen Dokumenten hinfüro wegzulassen. Die Civilisation marschirt, wie man sieht. „Junker“ tituliren sich in den Schweizer Reichsstädten nämlich die Patrizier. ** Baselland. Die Behörden haben sich wirklich dir Mühe gegeben unter dem Bette der Kronenwirthin zu Arlesheim nach der berühmten Kiste Flinten zu suchen. Der Regierungsstatthalter, begleitet von einem Polizeibeamten und mehreren Landjägern, hat die wichtige Operation vollzogen und natürlich nichts gefunden. Derselbe hat sich auch zu Hrn. Landrath Hammel, Löwenwirth auf dem Birsfeld begeben, um auch dort nach den denunzirten Waffen zu suchen und ebenfalls nichts gefunden. So werden unsere Beamte von den badischen Behörden zum Narren gehalten und zu Amtsverrichtungen aufgefordert, die nur den Zweck haben, sie bei ihren Verwalteten unpopulär und verhaßt zu machen. Aber dergleichen abgeschmackte Denunziationen und Requisitionen sind nun genug vorgekommen und wir sind überzeugt, daß wenn auch das ganze heilige römische Reich sich in Bewegung setzte, es doch den Arlesheimer Regierungsstatthalter nicht dahin bringen würde, noch einmal seine Nase unter das Bett einer Wirthin zu stecken. Plus souvent! ** Graubündten. Die sämmtlichen italienischen Flüchtlinge die an der Valtelliner Insurrektion Theil genommen haben, sind ins Innere der Schweiz abgegangen. Auch ihr Chef, Francesco Dolzino, hat den Kanton verlassen. Nach manchen Anzeichen zu schließen, hatte Dolzino den Aufstand auf großartige Versprechungen von verschiedenen Seiten hin begonnen und wurde im entscheidenden Augenblick von diesen „einflußreichen“ Herrn Bourgeois und Gutsbesitzern im Stich gelassen. Französische Republik. Paris, den 6. Decbr, Aus Rom nichts Neues. Das Wetter ist so schlecht, dnß die Telegraphen nicht benützt werden können. — Es liegt außer allem Zweifel, daß der Papst wenigstens vorläufig gar nicht daran dachte, nach Frankreich zu gehen. Indessen geht aus einer Stelle der Harcourt'schen Depeschen an Bastide hervor, daß der Papst und seine Kardinäle den Novembersturm in Rom längst voraussahen und sich schon vorher heimlich an Cavaignac um Unterstützung gewandt hatten; denn in No. 2. der von Harcourt an Bastide gerichteten und im Ausschusse des Aeußeren bekannt gewordenen Depeschen heißt es wörtlich: „… Vielleicht werden wir es zu bedauern haben, daß „wir dem souverainen Pontifikus nicht zur gehörigen Zeit „(dans le temps) Hülfe leisteten.“ — Cabet ersucht in der neuesten Nummer seines „Populair“ alle Ikarier, nicht für ihn zu stimmen, sondern für Raspail oder einen andern Socialisten. Er selbst werde bald nach Texas (Ikarien) abreisen. * Paris, 6. Dezbr. Die unter Mollière's Befehl gestellte Brigade wird sich nach Ankona begeben, um den Einmarsch der Oestreicher in den Kirchenstaat zu verhindern. — Nationalversammlung: Sitzung vom 6. Decbr. Anfang 2 Uhr. Vizepräsident Labrosse. Die Sitzung beginnt so spät, weil die gestrigen Wahlen von sechs Vizepräsidenten und zwei Schreibern wegen Hartnäckigkeit von etwa 90 Gliedern der Rue de Poitiers annullirt werden mußten. Von zwölf bis zwei Uhr wurden die Wahlen in den Abtheilungen erneuert und man gewärtigt deren Resultat im Laufe der Sitzung. An der Tagesordnung ist die Fortsetzung des 1848er Büdgets. Bineau erhält dann als Berichterstatter des Finanzausschusses das Wort, um über einen Gehaltsabzug von der obersten Centralbehörde (Ministerien) zu berichten. Die Chefs dieser Behörden bezogen bisher 20,000 Fr. jährlich; sie sollen von jetzt an nur 15,000 Fr. beziehen. Ebenso sollen die Generalsekretaire Abzüge erleiden. Die Versammlung genehmigt diese Abzüge. Lejeard de la Dirvais findet diese Ziffern noch zu hoch und will namentlich den Gehalt des Staatssekretärs der Staatsbauten noch um 3000 Fr. verringert wissen. Vivien, Staatsbautenminister bekämpft ihn aber und die weitere Verringerung findet keinen Beifall. Lacrosse, der Minister des Innern, verlangt das Wort für eine Kommunikation der Regierung: (Hört! Hört!). Alle Welt rennt auf die Plätze und hofft, neue Depeschen zu hören. Dufaure (tiefe Stille): Ich habe die Ehre, Ihnen einen Gesetzentwurf vorzulegen, welcher das Dekret vom 19. Septbr. 1848 rücksichtlich der Nationalbelohnungen streicht. (Ah! Ah! Allgemeine Enttäuschung zur Linken.) De la Larochejaquelin durch eine außergewöhnliche Agitation auf der Bühne: Ich konstatire hiermit, daß das Ministerium nur der gerechten Entrüstung der Nationalversammlung nachgegeben hat (Oh, oh! Nein, nein! Ja, ja!), als es einen Beschluß zurückzog, der allen Conspirateurs (Oh, oh!) seit 1820 Nationalbelohnungen versprach. (Fürchterliche Unterbrechung vom Berge. Es entspinnt sich ein Zank zwischen dem Redner und einigen Berggliedern.) Larochejaquelin mit Heftigkeit: Ich verlange, daß das Ministerium die Akten vorlege, auf die es seinen heutigen Entwurf gründet. (Neuer Lärm aus der Ebene.) Die Versammlung setzt nach diesem Incident die Büdgetdebatte ohne erhebliches Interesse fort. Gegen 4 Uhr verlies't der Präsident folgendes Wahlresultat: Zu Vizepräsidenten werden proklamirt: Bedsau, Lacrosse, Bixio, Havin, Goudchaux, Corbon (Leon de Malleville ist glücklich beseitigt, er erhielt nur 199 Stimmen). Zu Schreibern: E. Langlois und Laussedat. Das Ausgabenbüdget wird endlich vollendet und man geht zum Einnahmenbüdget über. Die Versammlung geht ohne allgemeine Diskussion zur Berathung der einzelnen Kapitel über. Leon Faucher interpellirt den Minister wegen der Salzsteuer. Trouvé Chauvel erwidert, daß dieselben 1849 nur modifizirt, nicht abgeschafft werden solle. Aehnliche Fragen werden an denselben Minister rücksichtlich der Einkommensteuer- und Erbschaftssteuer-Einführung gestellt. Der Minister gibt hierüber vagen Bescheid. Die übrigen Kapitel des Einnahme-Büdgets gehen rasch durch. Somit wäre das Büdget bis auf die General-Addition erledigt. Lacrosse will die Sitzung schließen. Cremieu[x] trägt indessen darauf an, doch vorher den Tag zu bestimmen, an welchem das Gesetz diskutirt werden solle, das sich über die Verantwortlichkeit des Präsidenten der Republik ausspricht. Man könne doch unmöglich in Gegenwart des Präsidenten selbst diskutiren. Man beschließt die Debatte schon morgen zu beginnen. Um 5 1/2 Uhr geht die Versammlung auseinander. Neueste Nachrichten. !!! Frankfurt, 7. Dezbr. Gegen Ende der heutigen Sitzung in der reformirten Kirche stellt Wesendonk den dringlichen Antrag: „Die Auflösung der preußischen Nationalversammlung nnd die Octroyirung einer Verfassung für null und nichtig zu erklären.“ Es wird beschlossen, diesen Antrag dem sogen. Biedermann'schen Ausschuß zur schleunigsten Berichterstattung zu überweisen. * Berlin, 6. Dec. Der „Pr. St.-A.“ enthält heute folgende contrerevolutionäre Schriftstücke: 1) Intermi. Wahlgesetz für die erste Kammer. Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc. etc. verordnen in Betreff der ersten Wahlen für die erste Kammer auf den Antrag unseres Staats-Ministeriums, was folgt: Art. 1. Die erste Kammer besteht aus 180 Mitgliedern, die Wahlbezirke werden nach Maßgabe der Bevölkerung festgestellt. Es können weder wählen noch gewählt werden diejenigen, welche in Folge rechtskräftigen richterlichen Erkenntnisses den Vollgenuß der bürgerlichen Rechte entbehren. Art. 2. Für die erste Kammer ist jeder Preuße, welcher das dreißigste Lebensjahr vollendet hat und einen jährlichen Klassensteuersatz von mindestens 8 Thalern zahlt, oder einen Grundbesitz im Werthe von mindestens 5000 Thalern, oder ein reines jährliches Einkommen von 500 Thalern nachweist, stimmberechtigter Urwähler in derjenigen Gemeinde, worin er seit sechs Monaten seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat. Die Aufstellung der Wählerlisten liegt dem Landrathe unter Mitwirkung der Kommunalbehörden ob, in den Städten, die einem Kreisverbande nicht angehören, dem Kommunal-Vorstande. Die Entscheidung über die dagegen erhobenen Reclamationen erfolgt für die klassensteuerpflichtigen Ortschaften durch die nach der Verordnung vom 17. Januar 1830 (Gesetzsammlung Seite 19) zur Mitwirkung bei der Klassensteuer-Veranlagung bestimmte Kommission, für die nicht klassensteuerpflichtigen Orte durch eine von den Gemeinde-Behörden zu bildende Kommission. Art. 3. Je 100 Urwähler wählen einen Wahlmann. In jeder Gemeinde, welche 200 oder mehr Urwähler hat, erfolgt die Wahl nach Abtheilungen. Die Abtheilungen werden von den Gemeindebehörden in der Art begränzt, daß in einer Abtheilung nicht mehr als 5 Wahlmänner zu wählen sind. Hat eine Gemeinde oder eine nicht zu einem Gemeindeverbande gehörende bewohnte Besitzung weniger als 100 Urwähler, so wird dieselbe durch den Landrath mit einer oder mehreren benachbarten Gemeinden zu einem Wahldistrikte verbunden. Art. 4. Die Wahlmänner werden aus der Zahl der stimmberechtigten Urwähler der Gemeinde (des Distrikts, der Abtheilung) gewählt. Die etwa nöthig werdenden Ersatzwahlen werden von den ursprünglich gewählten Wahlmännern vollzogen; jedoch ist an die Stelle jedes Wahlmannes, welcher durch den Tod, durch Wohnorts-Veränderung oder auf andere Weise ausscheidet, sofort ein neuer Wahlmann zu wählen.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

Weitere Informationen:

Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 164. Köln, 9. Dezember 1848, S. 0879. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz164_1848/3>, abgerufen am 16.04.2024.