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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 156. Köln, 30. November 1848.

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Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 156. Köln, Donnerstag den 30. November. 1848.

Keine Steuern mehr!!!

An unsere Abonnenten zur Nachricht: Zu Nr. 154 ist Dienstags früh eine Beilage, und zu Nr. 155 ist zugleich mit dem Hauptblatt eine Beilage, so wie Mittwoch früh ein Extrablatt ausgegeben worden.

Uebersicht.

Deutschland. Köln. (Das Organ Manteuffel und Johannes. -- Die Rheinprovinz und der König von Preußen. -- Die revolutionäre Bewegung in Italien. -- Deutsche Professorengemeinheit. -- Die zwei Völker in Preußen.) Trier. (Sebald. Imandt. Bernkastel. Saarbrück.) Andernach. (Conflikt.) Gerresheim. (Entwaffnung der Bürgerwehr.) Münster. (Die Preußenwirthschaft zu Münster -- Die Vorfälle am 28.) Berlin. (Der Stadtphysikus Steinbeck.) Olmütz. (Vorbereitung des ministeriellen Programms.) Frankfurt. (National-Versammlung.) -- Todtenfeier Robert Blums. -- Erklärung Hartmann's.) Von der ungarischen Grenze. (Gefecht bei Neudorf.)

Italien. Vom Comer-See. (Die Herrschaft Radetzky's.) Rom. (Die Ereignisse vom 17. November.) Neapel. (Sieg der liberalen Partei bei den Wahlen. -- Ferdinand's Angst.)

Schweiz. Bern. (Vereinigte Sitzung der Räthe. -- Der Bundesrath.) Zürich. (Die Gebietsverletzung. -- Schmerling'sche Maßregeln).

Französische Republik. Paris. (Cavaignac in seiner Nationalversammlung. -- Nationalversammlung. -- Vermischtes.)

Spanien. Barcelona. (Ein Karlistensieg.)

Belgien. Brüssel. (Ausweisung deutscher politischer Flüchtlinge.)

Großbritannien. London. (Der "Economist" über die europäische Revolution.)

Amerika. Liverpool. (Taylor Präsident. -- Der Markt. -- Neuestes aus Caraccas.)

Deutschland.
* Köln.

Die "Neue Preußische Zeitung" bestätigt die von uns schon mitgetheilte Aeußerung Manteuffel's in Bezug auf die Frankfurter Centralgewalt und Versammlung. Das Organ Manteuffel's sagt:

"Die Proklamation des Reichsverwesers mag sehr gut gemeint sein. Wir Preußen müssen sie aber entschieden zurückweisen, das Volk nicht minder als die Krone."

Das Organ Manteuffel spricht uns aus der Seele.

Dasselbe offizielle Blatt belehrt uns über die Gültigkeit der Frankfurter Beschlüsse wie folgt:

"Wir Preußen haben keinen andern Herrn als unsern König. Und nur was er gut heißt an den Frankfurter Beschlüssen, nur das wird uns binden, weil Er (preußischer Styl) es eben gut heißt, und aus keinem andern Grunde."

Wir "Preußen"!!! Wir Rheinländer haben das Glück bei dem großen Menschenschacher zu Wien, einen "Großherzog" vom Niederrhein gewonnen zu haben, der die Bedingungen nicht erfüllt hat, unter denen er "Großherzog" wurde. Ein "König von Preußen" existirt für uns erst durch die Berliner Nationalversammlung, und da für unsern "Großherzog" vom Niederrhein keine Berliner Nationalversammlung existirt, so existirt für uns kein "König von Preußen." Dem Großherzoge vom Niederrhein sind wir durch den Völkerschacher anheimgefallen! Sobald wir weit genug sind, die Seelenverkäuferei nicht mehr anzuerkennen, werden wir den "Großherzog vom Niederrhein" nach seinem "Besitztitel" fragen.

* Köln, 29. Nov.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Die Kroaten in Bonn.
Ein Beitrag zur Geschichte der rothen Monarchie.

Man nimmt jetzt in Bonn der Bürgerwehr die Waffen, damit sie dieselben nicht mißbrauchen könne. Welchen Gebrauch das 27. Regiment, das zur Vollziehung obiger Maßregel hieher gesandt ist, von seinen Waffen macht, wollen wir durch folgende Thatsache, die durch vier Zeugen erhärtet werden kann, einmal näher beleuchten.

In das Haus des jetzt abwesenden Professors K....., worin acht Personen auf fünf bewohnbare kleine Zimmer beschränkt sind, legte die Behörde drei Mann Einquartierung, wovon der eine, Regiments-Kapellmeister v. Rosenkranz, Offiziersrang bekleidet. Frau K..... war also genöthigt, die Studierstube ihres Mannes, worin dessen Papiere offen umherlagen, wie auch ihr eigenes Besuchzimmer, den unerwarteten Gästen einzuräumen. Nachdem sie in Erfahrung gebracht, daß andere Familien, die große Häuser bewohnten, nur einen Mann oder gar keine Einquartierung bekommen hatten, veranlaßte sie eine Beschwerde wegen dieser widerrechtlichen Belastung, worauf die zwei Gemeinen (welche sich übrigens ganz gut benommen hatten) ein anderes Quartier erhielten. Der Kapellmeister Rosenkranz theilte nun der Frau K..... mit, daß auch er dislocirt und statt seiner ein Paar der ärgsten "Schwarzweißen" in ihr Haus gelegt werden sollten. Als Ursache dieser neuen Chikane gab er an: "Es sei Prinzip, daß man beständig die Einquartierung wechsele, damit die Bürger und Soldaten nicht zu sehr mit einander befreundet würden."

Als Frau K..... die Vermuthung aussprach, daß man vielleicht auf diese Weise ihren Mann nöthigen wolle, zu ihrem Schutze in sein Haus zurückzukehren um sich dann seiner zu bemächtigen, erwiederte der Kapellmeister Rosenkranz: "Das ist sehr leicht möglich. Ueberhaupt kann ich Sie versichern, daß die Soldaten so von den Offizieren gegen die Demokraten fanatisirt sind, daß sie im Falle einer Revolte die Kinder mit dem Bajonett erstechen würden." -- Frau K..... fragte: "Können Sie eine solche Behauptung vertreten?", worauf der Kapellmeister noch einmal seine Worte wiederholte. Frau K..... antwortete: "In diesem Falle würde folglich uns Müttern Nichts übrig bleiben, als eine Bartholomäusnacht für die Offiziere zu veranstalten." Auf die Frage des Kapellmeisters, "sie werde ihn doch nicht die Außerung entgelten lassen, die er über den Geist seines Regiments gethan?" versicherte sie ihn: "daß im Gegentheil sie sowohl, als die ganze demokratische Partei, ihm großen Dank für diese Mittheilung schuldig sein müsse.

In der Nacht vom 23. auf den 24. Nov. schellte der Kapellmeister Rosenkranz des Nachts gleich nach 2 Uhr am K.....'schen Hause und Frau K..... öffnete die Thür. Kapellmeister Rosenkranz trat mit blankgezogenem Säbel ein und rannte an ihr vorbei in ihre Schlafstube, wo eine Freundin, welche die Nacht bei ihr zubrachte, erschrocken in das Nebenzimmer flüchtete. Trotz des Rufes der Frau Professorin, daß sein Leuchter auf der Hausflur stände, folgte er der jungen Dame bis in die Kinderstube, wo außer den 4 Kindern 2 Dienstmädchen schliefen und setzte auch diese mit seiner geschwungenen Waffe in Schrecken. Etwa eine Viertelstunde blieb er zur größten Verlegenheit der 4 Frauen im Zimmer und seine Reden ließen auf eine ziemliche Betrunkenheit schließen.

Nachdem er sich am folgenden Morgen nochmals eine Indiscretion gegen eine das Haus besuchende junge Dame erlaubt, stellte er bei Tische die Hausfrau wiederholt zur Rede, "warum sie ein so ernstes Gesicht mache?" Ausweichende Antworten halfen nichts, er bestand auf einer Erklärung, ob Frau K..... sich über ihn zu beschweren hätte. Als nun endlich diese ihm in höflichem Tone bemerkte, daß sie das nächtliche Eindringen mit gezogener Klinge in Schlaf- und Kinderstube unpassend finde, erlaubte er sich höhnische Antworten und fügte hinzu: "Wer mich insultirt, den steche ich nieder, wer es auch sei!"

Darauf wandte er sich zu den Dienstboten und sagte: "Ich gehe fort, weil Eure Madame mir viel zu grob vorgekommen ist. Ich brauche mir keine Grobheiten (d. h. Insulte) hier gefallen zu lassen."

Also eine höfliche Beschwerde, die Einem abgedrungen wird, ist nach der 27ger Logik ein Insult und -- "Wer mich insultirt, den steche ich nieder!"

Noch bin ich es dem Herrn Kommandanten von Bonn, Oberst-Lieutenant v. Götze, Ritter des preußischen rothen Adlerordens und mehrer andrer Orden, schuldig, dem Publikum die Anzeige zu machen, daß derselbe mir die offizielle Erklärung gegeben hat, er werde sofort nach eingereichter Klage die Sache aufs Strengste untersuchen lassen.

Warten wir also ab, in wie weit das Resultat dieser Untersuchung mit dem Urtheile der öffentlichen Meinung übereinstimmt!

Bonn, den 28. Nov. 1848.

A. H. Strodtmann.

Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 156. Köln, Donnerstag den 30. November. 1848.

Keine Steuern mehr!!!

An unsere Abonnenten zur Nachricht: Zu Nr. 154 ist Dienstags früh eine Beilage, und zu Nr. 155 ist zugleich mit dem Hauptblatt eine Beilage, so wie Mittwoch früh ein Extrablatt ausgegeben worden.

Uebersicht.

Deutschland. Köln. (Das Organ Manteuffel und Johannes. — Die Rheinprovinz und der König von Preußen. — Die revolutionäre Bewegung in Italien. — Deutsche Professorengemeinheit. — Die zwei Völker in Preußen.) Trier. (Sebald. Imandt. Bernkastel. Saarbrück.) Andernach. (Conflikt.) Gerresheim. (Entwaffnung der Bürgerwehr.) Münster. (Die Preußenwirthschaft zu Münster — Die Vorfälle am 28.) Berlin. (Der Stadtphysikus Steinbeck.) Olmütz. (Vorbereitung des ministeriellen Programms.) Frankfurt. (National-Versammlung.) — Todtenfeier Robert Blums. — Erklärung Hartmann's.) Von der ungarischen Grenze. (Gefecht bei Neudorf.)

Italien. Vom Comer-See. (Die Herrschaft Radetzky's.) Rom. (Die Ereignisse vom 17. November.) Neapel. (Sieg der liberalen Partei bei den Wahlen. — Ferdinand's Angst.)

Schweiz. Bern. (Vereinigte Sitzung der Räthe. — Der Bundesrath.) Zürich. (Die Gebietsverletzung. — Schmerling'sche Maßregeln).

Französische Republik. Paris. (Cavaignac in seiner Nationalversammlung. — Nationalversammlung. — Vermischtes.)

Spanien. Barcelona. (Ein Karlistensieg.)

Belgien. Brüssel. (Ausweisung deutscher politischer Flüchtlinge.)

Großbritannien. London. (Der „Economist“ über die europäische Revolution.)

Amerika. Liverpool. (Taylor Präsident. — Der Markt. — Neuestes aus Caraccas.)

Deutschland.
* Köln.

Die „Neue Preußische Zeitung“ bestätigt die von uns schon mitgetheilte Aeußerung Manteuffel's in Bezug auf die Frankfurter Centralgewalt und Versammlung. Das Organ Manteuffel's sagt:

„Die Proklamation des Reichsverwesers mag sehr gut gemeint sein. Wir Preußen müssen sie aber entschieden zurückweisen, das Volk nicht minder als die Krone.“

Das Organ Manteuffel spricht uns aus der Seele.

Dasselbe offizielle Blatt belehrt uns über die Gültigkeit der Frankfurter Beschlüsse wie folgt:

Wir Preußen haben keinen andern Herrn als unsern König. Und nur was er gut heißt an den Frankfurter Beschlüssen, nur das wird uns binden, weil Er (preußischer Styl) es eben gut heißt, und aus keinem andern Grunde.“

Wir „Preußen“!!! Wir Rheinländer haben das Glück bei dem großen Menschenschacher zu Wien, einen „Großherzog“ vom Niederrhein gewonnen zu haben, der die Bedingungen nicht erfüllt hat, unter denen er „Großherzog“ wurde. Ein „König von Preußen“ existirt für uns erst durch die Berliner Nationalversammlung, und da für unsern „Großherzog“ vom Niederrhein keine Berliner Nationalversammlung existirt, so existirt für uns kein „König von Preußen.“ Dem Großherzoge vom Niederrhein sind wir durch den Völkerschacher anheimgefallen! Sobald wir weit genug sind, die Seelenverkäuferei nicht mehr anzuerkennen, werden wir den „Großherzog vom Niederrhein“ nach seinem „Besitztitel“ fragen.

* Köln, 29. Nov.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Die Kroaten in Bonn.
Ein Beitrag zur Geschichte der rothen Monarchie.

Man nimmt jetzt in Bonn der Bürgerwehr die Waffen, damit sie dieselben nicht mißbrauchen könne. Welchen Gebrauch das 27. Regiment, das zur Vollziehung obiger Maßregel hieher gesandt ist, von seinen Waffen macht, wollen wir durch folgende Thatsache, die durch vier Zeugen erhärtet werden kann, einmal näher beleuchten.

In das Haus des jetzt abwesenden Professors K…‥, worin acht Personen auf fünf bewohnbare kleine Zimmer beschränkt sind, legte die Behörde drei Mann Einquartierung, wovon der eine, Regiments-Kapellmeister v. Rosenkranz, Offiziersrang bekleidet. Frau K…‥ war also genöthigt, die Studierstube ihres Mannes, worin dessen Papiere offen umherlagen, wie auch ihr eigenes Besuchzimmer, den unerwarteten Gästen einzuräumen. Nachdem sie in Erfahrung gebracht, daß andere Familien, die große Häuser bewohnten, nur einen Mann oder gar keine Einquartierung bekommen hatten, veranlaßte sie eine Beschwerde wegen dieser widerrechtlichen Belastung, worauf die zwei Gemeinen (welche sich übrigens ganz gut benommen hatten) ein anderes Quartier erhielten. Der Kapellmeister Rosenkranz theilte nun der Frau K…‥ mit, daß auch er dislocirt und statt seiner ein Paar der ärgsten „Schwarzweißen“ in ihr Haus gelegt werden sollten. Als Ursache dieser neuen Chikane gab er an: „Es sei Prinzip, daß man beständig die Einquartierung wechsele, damit die Bürger und Soldaten nicht zu sehr mit einander befreundet würden.“

Als Frau K…‥ die Vermuthung aussprach, daß man vielleicht auf diese Weise ihren Mann nöthigen wolle, zu ihrem Schutze in sein Haus zurückzukehren um sich dann seiner zu bemächtigen, erwiederte der Kapellmeister Rosenkranz: „Das ist sehr leicht möglich. Ueberhaupt kann ich Sie versichern, daß die Soldaten so von den Offizieren gegen die Demokraten fanatisirt sind, daß sie im Falle einer Revolte die Kinder mit dem Bajonett erstechen würden.“ — Frau K…‥ fragte: „Können Sie eine solche Behauptung vertreten?“, worauf der Kapellmeister noch einmal seine Worte wiederholte. Frau K…‥ antwortete: „In diesem Falle würde folglich uns Müttern Nichts übrig bleiben, als eine Bartholomäusnacht für die Offiziere zu veranstalten.“ Auf die Frage des Kapellmeisters, „sie werde ihn doch nicht die Außerung entgelten lassen, die er über den Geist seines Regiments gethan?“ versicherte sie ihn: „daß im Gegentheil sie sowohl, als die ganze demokratische Partei, ihm großen Dank für diese Mittheilung schuldig sein müsse.

In der Nacht vom 23. auf den 24. Nov. schellte der Kapellmeister Rosenkranz des Nachts gleich nach 2 Uhr am K…‥'schen Hause und Frau K…‥ öffnete die Thür. Kapellmeister Rosenkranz trat mit blankgezogenem Säbel ein und rannte an ihr vorbei in ihre Schlafstube, wo eine Freundin, welche die Nacht bei ihr zubrachte, erschrocken in das Nebenzimmer flüchtete. Trotz des Rufes der Frau Professorin, daß sein Leuchter auf der Hausflur stände, folgte er der jungen Dame bis in die Kinderstube, wo außer den 4 Kindern 2 Dienstmädchen schliefen und setzte auch diese mit seiner geschwungenen Waffe in Schrecken. Etwa eine Viertelstunde blieb er zur größten Verlegenheit der 4 Frauen im Zimmer und seine Reden ließen auf eine ziemliche Betrunkenheit schließen.

Nachdem er sich am folgenden Morgen nochmals eine Indiscretion gegen eine das Haus besuchende junge Dame erlaubt, stellte er bei Tische die Hausfrau wiederholt zur Rede, „warum sie ein so ernstes Gesicht mache?“ Ausweichende Antworten halfen nichts, er bestand auf einer Erklärung, ob Frau K…‥ sich über ihn zu beschweren hätte. Als nun endlich diese ihm in höflichem Tone bemerkte, daß sie das nächtliche Eindringen mit gezogener Klinge in Schlaf- und Kinderstube unpassend finde, erlaubte er sich höhnische Antworten und fügte hinzu: „Wer mich insultirt, den steche ich nieder, wer es auch sei!“

Darauf wandte er sich zu den Dienstboten und sagte: „Ich gehe fort, weil Eure Madame mir viel zu grob vorgekommen ist. Ich brauche mir keine Grobheiten (d. h. Insulte) hier gefallen zu lassen.“

Also eine höfliche Beschwerde, die Einem abgedrungen wird, ist nach der 27ger Logik ein Insult und — „Wer mich insultirt, den steche ich nieder!“

Noch bin ich es dem Herrn Kommandanten von Bonn, Oberst-Lieutenant v. Götze, Ritter des preußischen rothen Adlerordens und mehrer andrer Orden, schuldig, dem Publikum die Anzeige zu machen, daß derselbe mir die offizielle Erklärung gegeben hat, er werde sofort nach eingereichter Klage die Sache aufs Strengste untersuchen lassen.

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[0825/0001] Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 156. Köln, Donnerstag den 30. November. 1848. Keine Steuern mehr!!! An unsere Abonnenten zur Nachricht: Zu Nr. 154 ist Dienstags früh eine Beilage, und zu Nr. 155 ist zugleich mit dem Hauptblatt eine Beilage, so wie Mittwoch früh ein Extrablatt ausgegeben worden. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Das Organ Manteuffel und Johannes. — Die Rheinprovinz und der König von Preußen. — Die revolutionäre Bewegung in Italien. — Deutsche Professorengemeinheit. — Die zwei Völker in Preußen.) Trier. (Sebald. Imandt. Bernkastel. Saarbrück.) Andernach. (Conflikt.) Gerresheim. (Entwaffnung der Bürgerwehr.) Münster. (Die Preußenwirthschaft zu Münster — Die Vorfälle am 28.) Berlin. (Der Stadtphysikus Steinbeck.) Olmütz. (Vorbereitung des ministeriellen Programms.) Frankfurt. (National-Versammlung.) — Todtenfeier Robert Blums. — Erklärung Hartmann's.) Von der ungarischen Grenze. (Gefecht bei Neudorf.) Italien. Vom Comer-See. (Die Herrschaft Radetzky's.) Rom. (Die Ereignisse vom 17. November.) Neapel. (Sieg der liberalen Partei bei den Wahlen. — Ferdinand's Angst.) Schweiz. Bern. (Vereinigte Sitzung der Räthe. — Der Bundesrath.) Zürich. (Die Gebietsverletzung. — Schmerling'sche Maßregeln). Französische Republik. Paris. (Cavaignac in seiner Nationalversammlung. — Nationalversammlung. — Vermischtes.) Spanien. Barcelona. (Ein Karlistensieg.) Belgien. Brüssel. (Ausweisung deutscher politischer Flüchtlinge.) Großbritannien. London. (Der „Economist“ über die europäische Revolution.) Amerika. Liverpool. (Taylor Präsident. — Der Markt. — Neuestes aus Caraccas.) Deutschland. * Köln. Die „Neue Preußische Zeitung“ bestätigt die von uns schon mitgetheilte Aeußerung Manteuffel's in Bezug auf die Frankfurter Centralgewalt und Versammlung. Das Organ Manteuffel's sagt: „Die Proklamation des Reichsverwesers mag sehr gut gemeint sein. Wir Preußen müssen sie aber entschieden zurückweisen, das Volk nicht minder als die Krone.“ Das Organ Manteuffel spricht uns aus der Seele. Dasselbe offizielle Blatt belehrt uns über die Gültigkeit der Frankfurter Beschlüsse wie folgt: „Wir Preußen haben keinen andern Herrn als unsern König. Und nur was er gut heißt an den Frankfurter Beschlüssen, nur das wird uns binden, weil Er (preußischer Styl) es eben gut heißt, und aus keinem andern Grunde.“ Wir „Preußen“!!! Wir Rheinländer haben das Glück bei dem großen Menschenschacher zu Wien, einen „Großherzog“ vom Niederrhein gewonnen zu haben, der die Bedingungen nicht erfüllt hat, unter denen er „Großherzog“ wurde. Ein „König von Preußen“ existirt für uns erst durch die Berliner Nationalversammlung, und da für unsern „Großherzog“ vom Niederrhein keine Berliner Nationalversammlung existirt, so existirt für uns kein „König von Preußen.“ Dem Großherzoge vom Niederrhein sind wir durch den Völkerschacher anheimgefallen! Sobald wir weit genug sind, die Seelenverkäuferei nicht mehr anzuerkennen, werden wir den „Großherzog vom Niederrhein“ nach seinem „Besitztitel“ fragen. * Köln, 29. Nov. _ Die Kroaten in Bonn. Ein Beitrag zur Geschichte der rothen Monarchie. Man nimmt jetzt in Bonn der Bürgerwehr die Waffen, damit sie dieselben nicht mißbrauchen könne. Welchen Gebrauch das 27. Regiment, das zur Vollziehung obiger Maßregel hieher gesandt ist, von seinen Waffen macht, wollen wir durch folgende Thatsache, die durch vier Zeugen erhärtet werden kann, einmal näher beleuchten. In das Haus des jetzt abwesenden Professors K…‥, worin acht Personen auf fünf bewohnbare kleine Zimmer beschränkt sind, legte die Behörde drei Mann Einquartierung, wovon der eine, Regiments-Kapellmeister v. Rosenkranz, Offiziersrang bekleidet. Frau K…‥ war also genöthigt, die Studierstube ihres Mannes, worin dessen Papiere offen umherlagen, wie auch ihr eigenes Besuchzimmer, den unerwarteten Gästen einzuräumen. Nachdem sie in Erfahrung gebracht, daß andere Familien, die große Häuser bewohnten, nur einen Mann oder gar keine Einquartierung bekommen hatten, veranlaßte sie eine Beschwerde wegen dieser widerrechtlichen Belastung, worauf die zwei Gemeinen (welche sich übrigens ganz gut benommen hatten) ein anderes Quartier erhielten. Der Kapellmeister Rosenkranz theilte nun der Frau K…‥ mit, daß auch er dislocirt und statt seiner ein Paar der ärgsten „Schwarzweißen“ in ihr Haus gelegt werden sollten. Als Ursache dieser neuen Chikane gab er an: „Es sei Prinzip, daß man beständig die Einquartierung wechsele, damit die Bürger und Soldaten nicht zu sehr mit einander befreundet würden.“ Als Frau K…‥ die Vermuthung aussprach, daß man vielleicht auf diese Weise ihren Mann nöthigen wolle, zu ihrem Schutze in sein Haus zurückzukehren um sich dann seiner zu bemächtigen, erwiederte der Kapellmeister Rosenkranz: „Das ist sehr leicht möglich. Ueberhaupt kann ich Sie versichern, daß die Soldaten so von den Offizieren gegen die Demokraten fanatisirt sind, daß sie im Falle einer Revolte die Kinder mit dem Bajonett erstechen würden.“ — Frau K…‥ fragte: „Können Sie eine solche Behauptung vertreten?“, worauf der Kapellmeister noch einmal seine Worte wiederholte. Frau K…‥ antwortete: „In diesem Falle würde folglich uns Müttern Nichts übrig bleiben, als eine Bartholomäusnacht für die Offiziere zu veranstalten.“ Auf die Frage des Kapellmeisters, „sie werde ihn doch nicht die Außerung entgelten lassen, die er über den Geist seines Regiments gethan?“ versicherte sie ihn: „daß im Gegentheil sie sowohl, als die ganze demokratische Partei, ihm großen Dank für diese Mittheilung schuldig sein müsse. In der Nacht vom 23. auf den 24. Nov. schellte der Kapellmeister Rosenkranz des Nachts gleich nach 2 Uhr am K…‥'schen Hause und Frau K…‥ öffnete die Thür. Kapellmeister Rosenkranz trat mit blankgezogenem Säbel ein und rannte an ihr vorbei in ihre Schlafstube, wo eine Freundin, welche die Nacht bei ihr zubrachte, erschrocken in das Nebenzimmer flüchtete. Trotz des Rufes der Frau Professorin, daß sein Leuchter auf der Hausflur stände, folgte er der jungen Dame bis in die Kinderstube, wo außer den 4 Kindern 2 Dienstmädchen schliefen und setzte auch diese mit seiner geschwungenen Waffe in Schrecken. Etwa eine Viertelstunde blieb er zur größten Verlegenheit der 4 Frauen im Zimmer und seine Reden ließen auf eine ziemliche Betrunkenheit schließen. Nachdem er sich am folgenden Morgen nochmals eine Indiscretion gegen eine das Haus besuchende junge Dame erlaubt, stellte er bei Tische die Hausfrau wiederholt zur Rede, „warum sie ein so ernstes Gesicht mache?“ Ausweichende Antworten halfen nichts, er bestand auf einer Erklärung, ob Frau K…‥ sich über ihn zu beschweren hätte. Als nun endlich diese ihm in höflichem Tone bemerkte, daß sie das nächtliche Eindringen mit gezogener Klinge in Schlaf- und Kinderstube unpassend finde, erlaubte er sich höhnische Antworten und fügte hinzu: „Wer mich insultirt, den steche ich nieder, wer es auch sei!“ Darauf wandte er sich zu den Dienstboten und sagte: „Ich gehe fort, weil Eure Madame mir viel zu grob vorgekommen ist. Ich brauche mir keine Grobheiten (d. h. Insulte) hier gefallen zu lassen.“ Also eine höfliche Beschwerde, die Einem abgedrungen wird, ist nach der 27ger Logik ein Insult und — „Wer mich insultirt, den steche ich nieder!“ Noch bin ich es dem Herrn Kommandanten von Bonn, Oberst-Lieutenant v. Götze, Ritter des preußischen rothen Adlerordens und mehrer andrer Orden, schuldig, dem Publikum die Anzeige zu machen, daß derselbe mir die offizielle Erklärung gegeben hat, er werde sofort nach eingereichter Klage die Sache aufs Strengste untersuchen lassen. Warten wir also ab, in wie weit das Resultat dieser Untersuchung mit dem Urtheile der öffentlichen Meinung übereinstimmt! Bonn, den 28. Nov. 1848. A. H. Strodtmann.

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 156. Köln, 30. November 1848, S. 0825. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz156_1848/1>, abgerufen am 28.03.2024.