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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 97. Köln, 8. September 1848.

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Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 97. Köln, Freitag den 8. September. 1848.

Die "Neue Rheinische Zeitung" erscheint vom 1. Juni an, mit Ausnahme des Montags, täglich. Bestellungen für das nächste Quartal, Oktober bis Dezember, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an.

Für Frankreich übernehmen Abonnements Hr. G. A. Alexander, Nr. 28 Brandgasse in Straßburg, und Nr. 23 Rue Notre-Dame de Nazareth in Paris, so wie das königl. Ober-Postamt in Aachen; für England die Herren J. J. Ewer et Comp. 72 Newgate-Street in London; für Belgien und Holland die resp. königl. Brief-Postämter und das Postbureau in Lüttich.

Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 1 Thlr. 24 Sgr 6 Pf. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.

Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung.

Die neuerdings getroffenen Anordnungen werden es in wenigen Tagen der Expedition möglich machen, die Versendung des Blattes mit der größten Regelmäßigkeit zu besorgen.

Uebersicht.

Deutschland. Köln. (Der dänische Waffenstillstand. -- Das Reichsministerium). Frankfurt. (Nationalversammlung. -- Der Waffenstillstand sistirt). Berlin. (Bereinbarungssitzung. -- Das Ministerium). Wien (Reichstag. -- Vereinbarungstheorie. -- Zug nach dem Grabe der Augusttodten verboten). Provinz Sachsen (Thüringer Volkstag. -- Krackrügge). Mücheln. (Die rothe Republik). Dessau. (Beziehungen zur Centralgewalt. Associationsrecht der Soldaten). Aus dem südlichen Holstein. (Moltke in Rendsburg). Rendsburg. (Republikanische Kundgebungen. -- Die Truppen verweigern den preußischen Offizieren den Gehorsam). Hamburg (Aufhebung der Blokade).

Italien. (Die Oesterreicher in Piacenza. -- Oesterreichische Artillerie. -- Wimpffen Gouverneur von Mailand. -- Der Herzog von Modena). Florenz. (L'Alba über französische Intervention und deutsche Reaktion. -- Livorno ruhig).

Frankreich. Paris. (Die honnette Republik zwischen Royalisten und Arbeitern. -- Amtliches. -- Preßverfolgung. -- Arbeiterpetition. -- Elend. Nationalversammlung).

Spanien. Madrid. (Duguesa Montpensier).

Großbritannien. London. (Die Thronrede).

Dänemark. Kopenhagen. (Gedanken eines Dänen über den Waffenstillstand).

Norwegen. Christiania. (Der Storthing geschlossen).

Donaufürstenthümer. Czernowitz. (Der Bruch Rußlands und der Pforte).

Deutschland.
** Köln, 7. Sept.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
19 Köln, 7. Sept.

(Die Reichsminister und die Interpellationen.)

Als der berüchtigte Georg Jeffreys, jener biedere Freund des "angestammten Herrscherhauses", der sich als Präsident der "blutigen Assisen" durch seine politische Verfolgungssucht ein Denkmal gesetzt, wie kaum irgend ein preußischer Staatsprokurator, Kriminal- oder Polizeidirektor neuester Zeitrechnung, -- als Georg Jeffreys von Jakob II. zum Lordkanzler ernannt wurde, sagte ein Trinkgenosse zu ihm: "Ihr werdet ein schweres Amt finden, mein Freund." Und der wackere Lord antwortete: "Nein! Ich werde mir's leicht machen."

Jeffreys starb im Tower, nachdem Jakob II., der "letzte Stuart," von seinen getreuen Unterthanen verjagt worden war; er erlebte den gerechten Spruch der Richter nicht. Aber sein edles Streben, die Schwierigkeit der Geschäfte zu vereinfachen, ist nicht umsonst gewesen, das Geschlecht der Jeffreys' lebt in den Frankfurter Reichsministern fort.

"Niemand verkennt," sagte der Minister des Innern, Herr Schmerling, bei Uebernahme seines Amtes, "welche schweren Anforderungen wir übernommen haben. Wir machen uns durchaus keine Illusionen."

Wir haben uns in diesem letztern Punkte nie mit Hrn. Schmerling in Widerspruch befunden. Die Antworten der Reichsminister auf die an sie gestellten Interpellationen werden uns den besten Beweis liefern, in wie weit wir von den Thaten dieses "deutschen" Ministeriums zu viel erwartet.

In der Sitzung vom 24. Juli gab zunächst Herr Schmerling, der damals noch Inneres und Aeußeres verwaltete, Erklärungen auf eine Anfrage des Abgeordneten Franke über den angeblichen Waffenstillstand zwischen Dänemark und Deutschland. Dieser nach dänischen Blättern in deutschen Zeitungen (s. Nr. 52 d. N. Rh. Z.) mitgetheilte Waffenstillstand war im Wesentlichen desselben Inhalts, wie die gegenwärtigen Waffenstillstandsbedingungen, die unsern Lesern bereits bekannt sind.

Herr Schmerling sagte: "Nach einer Depesche des General Wrangel ist jener Waffenstillstand, der gerechte Unruhe in Deutschland erregt hat, nicht angenommen worden. General Wrangel meldet in dieser Depesche, er werde für jeden Fall nur einen Waffenstillstand eingehen, der der Ehre Deutschlands angemessen ist, und welcher der Art sei, daß er von Seiten der Centralgewalt genehmigt werden könne."

Man weiß, welchen Schutz die "Ehre Deutschlands" neuerdings an den Reichsministern und der Centralgewalt gefunden hat. Woher dieser Zwiespalt der großen Worte des Reichsministeriums, welches am 15. Juli von der Nothwendigkeit "hohen Muthes" sprach, mit der jüngsten kleinen Kabinetsfrage betreff des wirklichen Waffenstillstandes? Ist es, weil Hr. Camphausen damals noch nicht als preußischer Bevollmächtigter unabweisbare argumenta ad hominem gegeben hatte, daß der dänische Waffenstillstand nicht allein keine "gerechte Unruhe" erregen, sondern "wahre Ruhe", wahres Vertrauen allen Krämern und Beutelschneidern einflößen werde? Ist es, weil Hr. Heckscher, der jüdische Advokat aus Hamburg und Compagnon des steckbrieflich verfolgten Spekulanten Freiberg, damals noch nicht Minister des Aeußern war? Ist vielleicht der General Wrangel bei dem jüngsten Waffenstillstand blos deshalb umgangen worden, weil er einem komischen Volk von 1 1/2 Millionen die "Ehre Deutschlands" wahren zu wollen erklärte, und versicherte nur einen solchen Waffenstillstand einzugehen, der (betreff der "deutschen Ehre") von der "deutschen Centralgewalt genehmigt werden -- könne"?

In derselben Sitzung vom 24. Juli gibt Hr. Schmerling Erklärung über "Triest und seinen Hafen". Ebenso feig, wie sich das Reichsministerium in dem schleswig-holsteinischen Krieg gezeigt, wo England und Rußland mit Intervention drohten, eben so viel "hohen Muth" bewährt dasselbe in der Triestiner Angelegenheit, wo -- keine Gefahr drohte.

Welche hohe Begeisterung für die "deutsche Einheit" unter Ministerium und Nationalversammelten! General Welden fällt mit 25,000 Mann in's italienische Gebiet ein, und Radetzki benutzt den "deutschen Hafen" zu Triest, um die östreichische Flotte gegen die Italiener auszurüsten und zu unterstützen; die Italiener blokiren darauf den feindlichen triestiner Hafen, und Reichsministerium und Nationalversammlung erklären die Fortsetzung der Blokade für eine Kriegserklärung -- nicht gegen Radetzki und die östreichische Reaktion, sondern gegen das "freie und einige Deutschland!" Mit welchem Recht fielen die "Deutschen" in Jütland ein? Haben sie etwas Anderes gethan, als die Italiener, als ein Theil ihres Landes von den gemeinschaftlichen Feinden bedroht wurde?

Aber vielleicht verlangt auch der "hohe Muth" des Reichsministeriums, daß die deutschen Bundestruppen an den jütischen Grenzen stehen und dem Krieg der Schleswig-Holsteiner gegen Dänemark zusehen sollen, wie er das unthätige Zusehen der Italiener beim Angriff der Oestreicher auf die italienische Stadt Venedig verlangt.

(Schluß folgt.)

!!! Frankfurt, 5. August.

Sitzung der National-Versammlung. Präsident v. Gagern. Beginn 1/2 10 Uhr. Die Kirche ist gepfropft voll, weil man die Entscheidung der schleswig-holsteinischen Waffenstillstandsfrage erwartet.

Nach der Anzeige von einigen Beiträgen zur Kriegsflotte und nach der Anzeige einiger Berichte, theilt der Präsident jedoch ein Schreiben des Ministerpräsidenten Leiningen mit: "Das Reichsministerium beabsichtigt der Berichterstattung der vereinigten Ausschüsse über die schleswig-holsteinische Frage und der Berathung darüber beizuwohnen und bittet, da es erst gegen 12 Uhr in der Sitzung erscheinen kann, diesen Gegenstand bis 12 Uhr auszusetzen."

(Hr. Radowitz fehlt; er fehlt sonst nie -- heut wird er wohl bis 12 Uhr im Ministerrath sitzen).

Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 97. Köln, Freitag den 8. September. 1848.

Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an, mit Ausnahme des Montags, täglich. Bestellungen für das nächste Quartal, Oktober bis Dezember, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an.

Für Frankreich übernehmen Abonnements Hr. G. A. Alexander, Nr. 28 Brandgasse in Straßburg, und Nr. 23 Rue Notre-Dame de Nazareth in Paris, so wie das königl. Ober-Postamt in Aachen; für England die Herren J. J. Ewer et Comp. 72 Newgate-Street in London; für Belgien und Holland die resp. königl. Brief-Postämter und das Postbureau in Lüttich.

Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 1 Thlr. 24 Sgr 6 Pf. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.

Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung.

Die neuerdings getroffenen Anordnungen werden es in wenigen Tagen der Expedition möglich machen, die Versendung des Blattes mit der größten Regelmäßigkeit zu besorgen.

Uebersicht.

Deutschland. Köln. (Der dänische Waffenstillstand. — Das Reichsministerium). Frankfurt. (Nationalversammlung. — Der Waffenstillstand sistirt). Berlin. (Bereinbarungssitzung. — Das Ministerium). Wien (Reichstag. — Vereinbarungstheorie. — Zug nach dem Grabe der Augusttodten verboten). Provinz Sachsen (Thüringer Volkstag. — Krackrügge). Mücheln. (Die rothe Republik). Dessau. (Beziehungen zur Centralgewalt. Associationsrecht der Soldaten). Aus dem südlichen Holstein. (Moltke in Rendsburg). Rendsburg. (Republikanische Kundgebungen. — Die Truppen verweigern den preußischen Offizieren den Gehorsam). Hamburg (Aufhebung der Blokade).

Italien. (Die Oesterreicher in Piacenza. — Oesterreichische Artillerie. — Wimpffen Gouverneur von Mailand. — Der Herzog von Modena). Florenz. (L'Alba über französische Intervention und deutsche Reaktion. — Livorno ruhig).

Frankreich. Paris. (Die honnette Republik zwischen Royalisten und Arbeitern. — Amtliches. — Preßverfolgung. — Arbeiterpetition. — Elend. Nationalversammlung).

Spanien. Madrid. (Duguesa Montpensier).

Großbritannien. London. (Die Thronrede).

Dänemark. Kopenhagen. (Gedanken eines Dänen über den Waffenstillstand).

Norwegen. Christiania. (Der Storthing geschlossen).

Donaufürstenthümer. Czernowitz. (Der Bruch Rußlands und der Pforte).

Deutschland.
** Köln, 7. Sept.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
19 Köln, 7. Sept.

(Die Reichsminister und die Interpellationen.)

Als der berüchtigte Georg Jeffreys, jener biedere Freund des „angestammten Herrscherhauses“, der sich als Präsident der „blutigen Assisen“ durch seine politische Verfolgungssucht ein Denkmal gesetzt, wie kaum irgend ein preußischer Staatsprokurator, Kriminal- oder Polizeidirektor neuester Zeitrechnung, — als Georg Jeffreys von Jakob II. zum Lordkanzler ernannt wurde, sagte ein Trinkgenosse zu ihm: „Ihr werdet ein schweres Amt finden, mein Freund.“ Und der wackere Lord antwortete: „Nein! Ich werde mir's leicht machen.“

Jeffreys starb im Tower, nachdem Jakob II., der „letzte Stuart,“ von seinen getreuen Unterthanen verjagt worden war; er erlebte den gerechten Spruch der Richter nicht. Aber sein edles Streben, die Schwierigkeit der Geschäfte zu vereinfachen, ist nicht umsonst gewesen, das Geschlecht der Jeffreys' lebt in den Frankfurter Reichsministern fort.

„Niemand verkennt,“ sagte der Minister des Innern, Herr Schmerling, bei Uebernahme seines Amtes, „welche schweren Anforderungen wir übernommen haben. Wir machen uns durchaus keine Illusionen.“

Wir haben uns in diesem letztern Punkte nie mit Hrn. Schmerling in Widerspruch befunden. Die Antworten der Reichsminister auf die an sie gestellten Interpellationen werden uns den besten Beweis liefern, in wie weit wir von den Thaten dieses „deutschen“ Ministeriums zu viel erwartet.

In der Sitzung vom 24. Juli gab zunächst Herr Schmerling, der damals noch Inneres und Aeußeres verwaltete, Erklärungen auf eine Anfrage des Abgeordneten Franke über den angeblichen Waffenstillstand zwischen Dänemark und Deutschland. Dieser nach dänischen Blättern in deutschen Zeitungen (s. Nr. 52 d. N. Rh. Z.) mitgetheilte Waffenstillstand war im Wesentlichen desselben Inhalts, wie die gegenwärtigen Waffenstillstandsbedingungen, die unsern Lesern bereits bekannt sind.

Herr Schmerling sagte: „Nach einer Depesche des General Wrangel ist jener Waffenstillstand, der gerechte Unruhe in Deutschland erregt hat, nicht angenommen worden. General Wrangel meldet in dieser Depesche, er werde für jeden Fall nur einen Waffenstillstand eingehen, der der Ehre Deutschlands angemessen ist, und welcher der Art sei, daß er von Seiten der Centralgewalt genehmigt werden könne.“

Man weiß, welchen Schutz die „Ehre Deutschlands“ neuerdings an den Reichsministern und der Centralgewalt gefunden hat. Woher dieser Zwiespalt der großen Worte des Reichsministeriums, welches am 15. Juli von der Nothwendigkeit „hohen Muthes“ sprach, mit der jüngsten kleinen Kabinetsfrage betreff des wirklichen Waffenstillstandes? Ist es, weil Hr. Camphausen damals noch nicht als preußischer Bevollmächtigter unabweisbare argumenta ad hominem gegeben hatte, daß der dänische Waffenstillstand nicht allein keine „gerechte Unruhe“ erregen, sondern „wahre Ruhe“, wahres Vertrauen allen Krämern und Beutelschneidern einflößen werde? Ist es, weil Hr. Heckscher, der jüdische Advokat aus Hamburg und Compagnon des steckbrieflich verfolgten Spekulanten Freiberg, damals noch nicht Minister des Aeußern war? Ist vielleicht der General Wrangel bei dem jüngsten Waffenstillstand blos deshalb umgangen worden, weil er einem komischen Volk von 1 1/2 Millionen die „Ehre Deutschlands“ wahren zu wollen erklärte, und versicherte nur einen solchen Waffenstillstand einzugehen, der (betreff der „deutschen Ehre“) von der „deutschen Centralgewalt genehmigt werden — könne“?

In derselben Sitzung vom 24. Juli gibt Hr. Schmerling Erklärung über „Triest und seinen Hafen“. Ebenso feig, wie sich das Reichsministerium in dem schleswig-holsteinischen Krieg gezeigt, wo England und Rußland mit Intervention drohten, eben so viel „hohen Muth“ bewährt dasselbe in der Triestiner Angelegenheit, wo — keine Gefahr drohte.

Welche hohe Begeisterung für die „deutsche Einheit“ unter Ministerium und Nationalversammelten! General Welden fällt mit 25,000 Mann in's italienische Gebiet ein, und Radetzki benutzt den „deutschen Hafen“ zu Triest, um die östreichische Flotte gegen die Italiener auszurüsten und zu unterstützen; die Italiener blokiren darauf den feindlichen triestiner Hafen, und Reichsministerium und Nationalversammlung erklären die Fortsetzung der Blokade für eine Kriegserklärung — nicht gegen Radetzki und die östreichische Reaktion, sondern gegen das „freie und einige Deutschland!“ Mit welchem Recht fielen die „Deutschen“ in Jütland ein? Haben sie etwas Anderes gethan, als die Italiener, als ein Theil ihres Landes von den gemeinschaftlichen Feinden bedroht wurde?

Aber vielleicht verlangt auch der „hohe Muth“ des Reichsministeriums, daß die deutschen Bundestruppen an den jütischen Grenzen stehen und dem Krieg der Schleswig-Holsteiner gegen Dänemark zusehen sollen, wie er das unthätige Zusehen der Italiener beim Angriff der Oestreicher auf die italienische Stadt Venedig verlangt.

(Schluß folgt.)

!!! Frankfurt, 5. August.

Sitzung der National-Versammlung. Präsident v. Gagern. Beginn 1/2 10 Uhr. Die Kirche ist gepfropft voll, weil man die Entscheidung der schleswig-holsteinischen Waffenstillstandsfrage erwartet.

Nach der Anzeige von einigen Beiträgen zur Kriegsflotte und nach der Anzeige einiger Berichte, theilt der Präsident jedoch ein Schreiben des Ministerpräsidenten Leiningen mit: „Das Reichsministerium beabsichtigt der Berichterstattung der vereinigten Ausschüsse über die schleswig-holsteinische Frage und der Berathung darüber beizuwohnen und bittet, da es erst gegen 12 Uhr in der Sitzung erscheinen kann, diesen Gegenstand bis 12 Uhr auszusetzen.“

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          <p>In der Sitzung vom 24. Juli gab zunächst Herr Schmerling, der damals noch                         Inneres und Aeußeres verwaltete, Erklärungen auf eine Anfrage des                         Abgeordneten Franke über den angeblichen Waffenstillstand zwischen Dänemark                         und Deutschland. Dieser nach dänischen Blättern in deutschen Zeitungen (s.                         Nr. 52 d. N. Rh. Z.) mitgetheilte Waffenstillstand war im Wesentlichen                         desselben Inhalts, wie die gegenwärtigen Waffenstillstandsbedingungen, die                         unsern Lesern bereits bekannt sind.</p>
          <p>Herr Schmerling sagte: &#x201E;Nach einer Depesche des General Wrangel ist jener                         Waffenstillstand, der <hi rendition="#b">gerechte Unruhe</hi> in Deutschland                         erregt hat, <hi rendition="#b">nicht angenommen worden.</hi> General Wrangel                         meldet in dieser Depesche, er werde für jeden Fall nur einen                         Waffenstillstand eingehen, der <hi rendition="#g">der Ehre Deutschlands</hi> angemessen ist, und welcher der Art sei, daß er von Seiten der Centralgewalt                         genehmigt werden könne.&#x201C;</p>
          <p>Man weiß, welchen Schutz die &#x201E;Ehre Deutschlands&#x201C; neuerdings an den                         Reichsministern und der Centralgewalt gefunden hat. Woher dieser Zwiespalt                         der großen Worte des Reichsministeriums, welches am 15. Juli von der                         Nothwendigkeit &#x201E;hohen Muthes&#x201C; sprach, mit der jüngsten kleinen Kabinetsfrage                         betreff des wirklichen Waffenstillstandes? Ist es, weil Hr. Camphausen                         damals noch nicht als preußischer Bevollmächtigter unabweisbare argumenta ad                         hominem gegeben hatte, daß der dänische Waffenstillstand nicht allein keine                         &#x201E;gerechte Unruhe&#x201C; erregen, sondern &#x201E;wahre Ruhe&#x201C;, wahres Vertrauen allen                         Krämern und Beutelschneidern einflößen werde? Ist es, weil Hr. Heckscher,                         der jüdische Advokat aus Hamburg und Compagnon des steckbrieflich verfolgten                         Spekulanten Freiberg, damals noch nicht Minister des Aeußern war? Ist                         vielleicht der General Wrangel bei dem jüngsten Waffenstillstand blos                         deshalb umgangen worden, weil er einem komischen Volk von 1 1/2 Millionen                         die &#x201E;Ehre Deutschlands&#x201C; wahren zu wollen erklärte, und versicherte nur einen                         solchen Waffenstillstand einzugehen, der (betreff der &#x201E;deutschen Ehre&#x201C;) von                         der &#x201E;deutschen Centralgewalt genehmigt werden &#x2014; könne&#x201C;?</p>
          <p>In derselben Sitzung vom 24. Juli gibt Hr. Schmerling Erklärung über &#x201E;Triest                         und seinen Hafen&#x201C;. Ebenso feig, wie sich das Reichsministerium in dem                         schleswig-holsteinischen Krieg gezeigt, wo England und Rußland mit                         Intervention drohten, eben so viel &#x201E;hohen Muth&#x201C; bewährt dasselbe in der                         Triestiner Angelegenheit, wo &#x2014; keine Gefahr drohte.</p>
          <p>Welche hohe Begeisterung für die &#x201E;deutsche Einheit&#x201C; unter Ministerium und                         Nationalversammelten! General Welden fällt mit 25,000 Mann in's italienische                         Gebiet ein, und Radetzki benutzt den &#x201E;deutschen Hafen&#x201C; zu Triest, um die                         östreichische Flotte gegen die Italiener auszurüsten und zu unterstützen;                         die Italiener blokiren darauf den feindlichen triestiner Hafen, und                         Reichsministerium und Nationalversammlung erklären die Fortsetzung der                         Blokade für eine Kriegserklärung &#x2014; nicht gegen Radetzki und die                         östreichische Reaktion, sondern gegen das &#x201E;freie und einige Deutschland!&#x201C;                         Mit welchem Recht fielen die &#x201E;Deutschen&#x201C; in Jütland ein? Haben sie etwas                         Anderes gethan, als die Italiener, als ein Theil ihres Landes von den                         gemeinschaftlichen Feinden bedroht wurde?</p>
          <p>Aber vielleicht verlangt auch der &#x201E;hohe Muth&#x201C; des Reichsministeriums, daß die                         deutschen Bundestruppen an den jütischen Grenzen stehen und dem Krieg der                         Schleswig-Holsteiner gegen Dänemark zusehen sollen, wie er das unthätige                         Zusehen der Italiener beim Angriff der Oestreicher auf die italienische                         Stadt Venedig verlangt.</p>
          <p>
            <ref type="link">(Schluß folgt.)</ref>
          </p>
        </div>
        <div xml:id="ar097_003" type="jArticle">
          <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, 5. August.</head>
          <p>Sitzung der National-Versammlung. Präsident v. Gagern. Beginn 1/2 10 Uhr. Die                         Kirche ist gepfropft voll, weil man die Entscheidung der                         schleswig-holsteinischen Waffenstillstandsfrage erwartet.</p>
          <p>Nach der Anzeige von einigen Beiträgen zur Kriegsflotte und nach der Anzeige                         einiger Berichte, theilt der Präsident jedoch ein Schreiben des                         Ministerpräsidenten Leiningen mit: &#x201E;Das Reichsministerium beabsichtigt der                         Berichterstattung der vereinigten Ausschüsse über die                         schleswig-holsteinische Frage und der Berathung darüber beizuwohnen und                         bittet, da es erst gegen 12 Uhr in der Sitzung erscheinen kann, diesen                         Gegenstand bis 12 Uhr auszusetzen.&#x201C;</p>
          <p>(Hr. Radowitz fehlt; er fehlt sonst nie &#x2014; heut wird er wohl bis 12 Uhr im                         Ministerrath sitzen).</p>
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</TEI>
[0485/0001] Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 97. Köln, Freitag den 8. September. 1848. Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an, mit Ausnahme des Montags, täglich. Bestellungen für das nächste Quartal, Oktober bis Dezember, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an. Für Frankreich übernehmen Abonnements Hr. G. A. Alexander, Nr. 28 Brandgasse in Straßburg, und Nr. 23 Rue Notre-Dame de Nazareth in Paris, so wie das königl. Ober-Postamt in Aachen; für England die Herren J. J. Ewer et Comp. 72 Newgate-Street in London; für Belgien und Holland die resp. königl. Brief-Postämter und das Postbureau in Lüttich. Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 1 Thlr. 24 Sgr 6 Pf. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung. Die neuerdings getroffenen Anordnungen werden es in wenigen Tagen der Expedition möglich machen, die Versendung des Blattes mit der größten Regelmäßigkeit zu besorgen. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Der dänische Waffenstillstand. — Das Reichsministerium). Frankfurt. (Nationalversammlung. — Der Waffenstillstand sistirt). Berlin. (Bereinbarungssitzung. — Das Ministerium). Wien (Reichstag. — Vereinbarungstheorie. — Zug nach dem Grabe der Augusttodten verboten). Provinz Sachsen (Thüringer Volkstag. — Krackrügge). Mücheln. (Die rothe Republik). Dessau. (Beziehungen zur Centralgewalt. Associationsrecht der Soldaten). Aus dem südlichen Holstein. (Moltke in Rendsburg). Rendsburg. (Republikanische Kundgebungen. — Die Truppen verweigern den preußischen Offizieren den Gehorsam). Hamburg (Aufhebung der Blokade). Italien. (Die Oesterreicher in Piacenza. — Oesterreichische Artillerie. — Wimpffen Gouverneur von Mailand. — Der Herzog von Modena). Florenz. (L'Alba über französische Intervention und deutsche Reaktion. — Livorno ruhig). Frankreich. Paris. (Die honnette Republik zwischen Royalisten und Arbeitern. — Amtliches. — Preßverfolgung. — Arbeiterpetition. — Elend. Nationalversammlung). Spanien. Madrid. (Duguesa Montpensier). Großbritannien. London. (Die Thronrede). Dänemark. Kopenhagen. (Gedanken eines Dänen über den Waffenstillstand). Norwegen. Christiania. (Der Storthing geschlossen). Donaufürstenthümer. Czernowitz. (Der Bruch Rußlands und der Pforte). Deutschland. ** Köln, 7. Sept. _ 19 Köln, 7. Sept. (Die Reichsminister und die Interpellationen.) Als der berüchtigte Georg Jeffreys, jener biedere Freund des „angestammten Herrscherhauses“, der sich als Präsident der „blutigen Assisen“ durch seine politische Verfolgungssucht ein Denkmal gesetzt, wie kaum irgend ein preußischer Staatsprokurator, Kriminal- oder Polizeidirektor neuester Zeitrechnung, — als Georg Jeffreys von Jakob II. zum Lordkanzler ernannt wurde, sagte ein Trinkgenosse zu ihm: „Ihr werdet ein schweres Amt finden, mein Freund.“ Und der wackere Lord antwortete: „Nein! Ich werde mir's leicht machen.“ Jeffreys starb im Tower, nachdem Jakob II., der „letzte Stuart,“ von seinen getreuen Unterthanen verjagt worden war; er erlebte den gerechten Spruch der Richter nicht. Aber sein edles Streben, die Schwierigkeit der Geschäfte zu vereinfachen, ist nicht umsonst gewesen, das Geschlecht der Jeffreys' lebt in den Frankfurter Reichsministern fort. „Niemand verkennt,“ sagte der Minister des Innern, Herr Schmerling, bei Uebernahme seines Amtes, „welche schweren Anforderungen wir übernommen haben. Wir machen uns durchaus keine Illusionen.“ Wir haben uns in diesem letztern Punkte nie mit Hrn. Schmerling in Widerspruch befunden. Die Antworten der Reichsminister auf die an sie gestellten Interpellationen werden uns den besten Beweis liefern, in wie weit wir von den Thaten dieses „deutschen“ Ministeriums zu viel erwartet. In der Sitzung vom 24. Juli gab zunächst Herr Schmerling, der damals noch Inneres und Aeußeres verwaltete, Erklärungen auf eine Anfrage des Abgeordneten Franke über den angeblichen Waffenstillstand zwischen Dänemark und Deutschland. Dieser nach dänischen Blättern in deutschen Zeitungen (s. Nr. 52 d. N. Rh. Z.) mitgetheilte Waffenstillstand war im Wesentlichen desselben Inhalts, wie die gegenwärtigen Waffenstillstandsbedingungen, die unsern Lesern bereits bekannt sind. Herr Schmerling sagte: „Nach einer Depesche des General Wrangel ist jener Waffenstillstand, der gerechte Unruhe in Deutschland erregt hat, nicht angenommen worden. General Wrangel meldet in dieser Depesche, er werde für jeden Fall nur einen Waffenstillstand eingehen, der der Ehre Deutschlands angemessen ist, und welcher der Art sei, daß er von Seiten der Centralgewalt genehmigt werden könne.“ Man weiß, welchen Schutz die „Ehre Deutschlands“ neuerdings an den Reichsministern und der Centralgewalt gefunden hat. Woher dieser Zwiespalt der großen Worte des Reichsministeriums, welches am 15. Juli von der Nothwendigkeit „hohen Muthes“ sprach, mit der jüngsten kleinen Kabinetsfrage betreff des wirklichen Waffenstillstandes? Ist es, weil Hr. Camphausen damals noch nicht als preußischer Bevollmächtigter unabweisbare argumenta ad hominem gegeben hatte, daß der dänische Waffenstillstand nicht allein keine „gerechte Unruhe“ erregen, sondern „wahre Ruhe“, wahres Vertrauen allen Krämern und Beutelschneidern einflößen werde? Ist es, weil Hr. Heckscher, der jüdische Advokat aus Hamburg und Compagnon des steckbrieflich verfolgten Spekulanten Freiberg, damals noch nicht Minister des Aeußern war? Ist vielleicht der General Wrangel bei dem jüngsten Waffenstillstand blos deshalb umgangen worden, weil er einem komischen Volk von 1 1/2 Millionen die „Ehre Deutschlands“ wahren zu wollen erklärte, und versicherte nur einen solchen Waffenstillstand einzugehen, der (betreff der „deutschen Ehre“) von der „deutschen Centralgewalt genehmigt werden — könne“? In derselben Sitzung vom 24. Juli gibt Hr. Schmerling Erklärung über „Triest und seinen Hafen“. Ebenso feig, wie sich das Reichsministerium in dem schleswig-holsteinischen Krieg gezeigt, wo England und Rußland mit Intervention drohten, eben so viel „hohen Muth“ bewährt dasselbe in der Triestiner Angelegenheit, wo — keine Gefahr drohte. Welche hohe Begeisterung für die „deutsche Einheit“ unter Ministerium und Nationalversammelten! General Welden fällt mit 25,000 Mann in's italienische Gebiet ein, und Radetzki benutzt den „deutschen Hafen“ zu Triest, um die östreichische Flotte gegen die Italiener auszurüsten und zu unterstützen; die Italiener blokiren darauf den feindlichen triestiner Hafen, und Reichsministerium und Nationalversammlung erklären die Fortsetzung der Blokade für eine Kriegserklärung — nicht gegen Radetzki und die östreichische Reaktion, sondern gegen das „freie und einige Deutschland!“ Mit welchem Recht fielen die „Deutschen“ in Jütland ein? Haben sie etwas Anderes gethan, als die Italiener, als ein Theil ihres Landes von den gemeinschaftlichen Feinden bedroht wurde? Aber vielleicht verlangt auch der „hohe Muth“ des Reichsministeriums, daß die deutschen Bundestruppen an den jütischen Grenzen stehen und dem Krieg der Schleswig-Holsteiner gegen Dänemark zusehen sollen, wie er das unthätige Zusehen der Italiener beim Angriff der Oestreicher auf die italienische Stadt Venedig verlangt. (Schluß folgt.) !!! Frankfurt, 5. August. Sitzung der National-Versammlung. Präsident v. Gagern. Beginn 1/2 10 Uhr. Die Kirche ist gepfropft voll, weil man die Entscheidung der schleswig-holsteinischen Waffenstillstandsfrage erwartet. Nach der Anzeige von einigen Beiträgen zur Kriegsflotte und nach der Anzeige einiger Berichte, theilt der Präsident jedoch ein Schreiben des Ministerpräsidenten Leiningen mit: „Das Reichsministerium beabsichtigt der Berichterstattung der vereinigten Ausschüsse über die schleswig-holsteinische Frage und der Berathung darüber beizuwohnen und bittet, da es erst gegen 12 Uhr in der Sitzung erscheinen kann, diesen Gegenstand bis 12 Uhr auszusetzen.“ (Hr. Radowitz fehlt; er fehlt sonst nie — heut wird er wohl bis 12 Uhr im Ministerrath sitzen).

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 97. Köln, 8. September 1848, S. 0485. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz097_1848/1>, abgerufen am 28.03.2024.