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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 24. Köln, 24. Juni 1848.

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ihrer Waare zu verdanken. Die Lager der hiesigen Wollhändler sind noch wenig geräumt und würden die Rheinländer, wenn sie Kauflust zeigen sollten, sich hier vollständig befriedigen können.

- 20. Juni. Die russische Note, welche gestern Abend durch einen Courier hier eingegangen ist, soll die Erklärung Nesselrode's enthalten, daß Rußland die Existenz eines auf nationaler Grundlage reorganisirten Posens unter keiner Bedingung dulden werde, und das Beharren der preußischen Regierung auf den Reorganisationsplänen für einen casus belli ansehen müsse.

* Frankfurt, 18. Juni.

(Verspätet.) Während die Nationalversammlung ihre Sitzungen aussetzt, theils weil sie beschlossen hatte, nichts zu thun, theils weil sie wirklich nichts zu thun hatte, wurde hier in den Tagen des 14. bis 17. Juni der Kongreß der demokratischen Partei gehalten. Veranlassung hierzu war die Nothwendigkeit, daß die Partei aus ihrem bisherigen naturwüchsigen Zustande heraustrete, die Rücksichten auf lokale Verhältnisse und alle damit zusammenhängende Bestrebungen fallen lasse, sich unter einem großen Princip zu einem großen Ganzen vereinige, und auf die Durchführung dieses Princips ihre ganze Thätigkeit concentrire.

Ungefähr neunzig Vereine der verschiedenen Theile Deutschlands hatten zu diesem Kongresse Abgeordnete gesandt; die großen Städte, in denen mehrere Vereine bestehen, waren mehrfach vertreten. So Berlin, Breslau, Köln, Leipzig, Frankfurt, Mainz u. s. w. Von Wien erschienen zwei Abgeordnete als Repräsentanten des Volkscomites, d. h. der Stadt selber. Nur München hatte nicht deputirt, doch waren zwei Männer aus eignem Antriebe hergekommen. Im Ganzen bestand die Versammlung aus 225 Mitgliedern. Der erste Tag der Verhandlungen wurde zum größten Theile in der Berathung über den Grundsatz hingenommen, welcher das Glaubensbekenntniß der deutschen demokratischen Partei kurz und unumwunden darlegen sollte. Der Kongreß entschied sich für den Vorschlag des Abg. Gottschalk aus Köln, der mit einer unwesentlichen Abänderung in folgender Fassung angenommen wurde:

"Es gibt nur Eine für das deutsche Volk haltbare Verfassung: die demokratische Republik, d. h. eine Verfassung, in welcher die Gesammtheit für die Freiheit und Wohlfahrt jedes Einzelnen verantwortlich ist." Die langen Debatten, welche der Annahme dieses Satzes vorhergingen, hatten keineswegs ihren Grund in einer principiellen Meinungsverschiedenheit, welche die Versammlung gespalten hätte. Daß Deutschland in einer Republik der Klassenvorrechte, des Klassenmonopols, wie sie gegenwärtig die herrschende Partei in Frankreich will, zum Ziele nicht gelangen könne, darüber war man allgemein einverstanden, und nur ein einziges Mitglied fand sich veranlaßt, seinen Austritt zu erklären, weil es seine Ueberzeugung mit der des Kongresses nicht vereinbaren konnte. Die Diskussion drehte sich vielmehr um Fassungsfragen. Ein Theil der Versammlung meinte nämlich, man dürfe das Princip nicht blos einfach aussprechen, man müsse es auch motiviren, in seiner Berechtigung hinstellen, um Mißverständnissen und Verdächtigungen zu begegnen; Andere hielten dafür, man müsse der einen Partei gegenüber sich weitläufiger erklären, man müsse dem Volke sagen, welche Veränderungen in seinen sozialen Verhältnissen die Ausführung des Prinzips zur Folge haben werde, noch Andere glaubten, man werde der Partei großen Zuwachs verschaffen, wenn man ihren jetzigen Gegnern nur gründliche Erörterungen vorhalte u. s. w. Alle diese Bedenken wurden durch die Erwägung beseitigt, daß die eigne Partei keiner Aufklärung bedürfe, daß sie von ihren Bevollmächtigten nur die Verkündigung ihres Willens erwarte, sodann, daß den Gegnern gegenüber die Zeit der friedlichen Diskussion vorüber sei, daß man sie als "genugsam unterrichtet" betrachten müsse.

Uebereinstimmend mit dieser Ansicht, wodurch der Kongreß es aussprach, daß die demokratische Partei sich auf dem Boden der revolutionären Praxis bewege, beschloß die Versammlung am folgenden Tage, ihre Verhandlungen nicht zu publiciren, sondern allein ihre Beschlüsse, wie es in Nordamerika Sitte, zur öffentlichen Kenntniß zu bringen. Uebereinstimmend mit dieser Ansicht wurde endlich am dritten Tage der Antrag verworfen, ein besonderes Manifest zu erlassen. Die Aufklärer versuchten hiermit zum dritten Male ihrem Bedürfniß abzuhelfen; der wehmüthigste Predigerton wurde angeschlagen, um die Gefahren eines nakten Prinzips, die Vorzüge einer gründlich breiten Auseinandersetzung zu schildern. Die Versammlung blieb unerschütterlich, sie beschloß, als einziges Manifest ihre Beschlüsse zu betrachten und diesen nur einen faktischen Bericht über ihren Zusammentritt voranzustellen.

Dieser letztre Beschluß wurde gefaßt, nachdem der Kongreß seine zweite Hauptaufgabe bereits erledigt hatte. Die Aufstellung des Grundsatzes war die erste gewesen, die zweite bestand in der Organisation der Partei. Zu diesem Zwecke war eine Kommission niedergesetzt worden; ihre Vorschläge bildeten der Gegenstand der Verhandlungen am zweiten Tage. Die Kommission beantragte einen Centralausschuß zu bilden, welchem die obere Leitung der Angelegenheiten sämmtlicher demokratischen Vereine zu übertragen sei; das Mandat dieses Ausschusses solle unbeschränkt und er selbst nur dem Kongresse verantwortlich sein, der im Oktober dieses Jahres einzuberufen wäre. Gegen diesen letzten Antrag erhob sich sehr lebhafter Widerspruch. Man glaubte darin eine gefährliche Diktatur zu erkennen, das sei undemokratisch. Man müsse die Funktionen des Ausschusses genau bezeichnen, blindes Vertrauen auf Personen sei ein Geständniß der Unselbständigkeit; man müsse offen zu Werke gehen u. s. w. So beschloß denn die Versammlung, die Vollmacht des Ausschusses näher zu bestimmen. Sie vereinigte sich über folgende Punkte:

1. Es wird ein Central Comite niedergesetz. - Gegenantrag war, daß der Vorstand des Vereins, welcher an dem zu bestimmenden Vorort seinen Sitz habe, mit der Vollmacht des Central-Comites bekleidet werde.

2. Die Bestimmung des Central-Comites ist, die demokratisch-republikanische Partei zu einigen und zu stärken.

3. Das Comite ist zu diesem Zwecke berechtigt und verpflichtet, eine rege Korrespondenz unter sämmtlichen Vereinen durch ganz Deutschland zu erhalten.

4. Das Comite ist verpflichtet, regelmäßige Berichte der Vereine einzufordern.

5. Das Comite hat alles Wichtige aus diesen Berichten auf geeignetem Wege den Vereinen mitzutheilen.

6. Das Comite ist berechtigt, im Falle außerordentlichen Entwicklungen den demokratischen Kongreß einzuberufen. Zu Punkt 5 wurde nachträglich beschlossen, die Berichte des Central-Comites durch die "Neue Rheinische Zeitung", die "Berliner Zeitungshalle" und die nächstens wieder erscheinende "Volkszeitung" zu publiziren. In der Nachmittagssitzung dieses Tages beschloß die Versammlung zunächst die schon bekannte Adresse an die Nationalversammlung wegen der Einberufung von Fr. Hecker. Wir verbinden hiermit einen Beschluß vom folgenden Tage, welcher den Austritt eines Mitgliedes zur Folge hatte. Er ging dahin, die Nationalversammlung zu veranlassen, daß sie an die Badische Regierung die Forderung stelle, die gefänglich eingezogenen Republikaner frei zu lassen, die exilirten aber zurückzuberufen.

Auf die Adresse wegen Hecker folgte die Diskussion über den Ort, wo der Centralausschuß seinen Sitz nehmen sollte. Es zeigte sich hier zum ersten Male, daß die Versammlung sich noch nicht gänzlich von dem Geiste des Lokalpatriotismus befreit hatte. Die Kommission hatte sich für Berlin entschieden; sie hatte auf die jüngste Vergangenheit hingewiesen und auf die Rolle, welche Berlin in der deutschen Bewegung zu spielen berufen sei, sie hatte ausführlich dargelegt, weshalb Frankfurt zum Vorort nicht geeignet sei. Gleichwohl kamen die Süddeutschen auf Frankfurt zurück. Andere schlugen Leipzig vor, andere Altenburg, Bamberg, Marburg. Der Kongreß zeigte sich auch diesmal seines Berufes würdig; der Kommissionsantrag wurde von der überwiegenden Majorität angenommen. Hierauf ward die Zahl der Ausschußmitglieder festgesetzt; fünf sollen das Comite bilden; drei davon werden vom Kongreß durch geheimes Skrutinium ernannt, die beiden übrigen von den Berliner Vereinen. Zur Aufbringung der nächsten Unterhaltskosten für die drei vom Kongreß gewählten Mitglieder wurde eine Liste zum Einzeichnen von Beiträgen aufgelegt, die sich alsbald mit zahlreichen Unterschriften bedeckte.

Es blieb nur noch, um die Organisation zu vollenden, die Bestimmung der Kreisvororte übrig, welche die Vereine eines jeden Kreises miteinander in Verbindung halten, auf die Bildung neuer Vereine hinwirken und mit dem Central-Comite in direkter Kommunikation stehen. Als solche wurden am dritten Tage festgesetzt: Für Baden Mannheim, für Würtemberg Stuttgard, für Baiern Bamberg, für Oestreich Wien, für die beiden Hessen und Nassau Frankfurt und Marburg, für Thüringen Jena, für Sachsen Leipzig, für Rheinpreußen und Westphalen Köln, für Preußisch Sachsen Halle, für den Nordwesten von Deutschland Hamburg, für den Nordosten: Stettin, Berlin, Königsberg, für Schlesien Breslau. Zugleich wurde beschlossen, daß binnen 14 Tagen nach dem Schluße des Kongresses Kreiskongresse in jedem einzelnen Kreisvororte einberufen werden sollen.

Hiermit waren die wesentlichen Arbeiten der Versammlung vollendet. Wir haben aber bereits angeführt, daß noch die Debatte über ein zu erlassendes Manifest folgte. Als dieser Antrag gefallen war, kamen noch eine Menge spezieller Anträge zur Verlesung, die meistens Vorschläge zu socialen Verbesserungen enthielten. Sie wurden sämmtlich durch die Tagesordnung beseitigt. Eines Antrags gedenken wir hier, weil er wahrscheinlich Stoff zu witzigen Bemerkungen über den Kongreß bieten wird. Es ist dies der Antrag, die Frauen an die politisch socialen Debatten zu betheiligen. Die Versammlung vernahm die Motivirung dieses Antrages mit der ernstesten Aufmerksamkeit; gleichwohl entschied sie sich nicht dafür, und zwar deshalb, weil sie sich bereits dafür entschieden hatte. Die Tagesordnung wurde dahin motivirt, daß der Kongreß durch sein Grundprinzip die gleiche Berechtigung Aller anerkenne, die Frauen also ohne besondre Erklärung darin einbegriffen seien.

Jetzt sollte endlich die Versammlung zu ihrer Schlußhandlung, der Wahl der Ausschußmitglieder schreiten. Aber ein neues Hinderniß stellte sich in den Weg. Die Südländer konnten es nicht verschmerzen, daß Frankfurt nicht der Mittelpunkt der Partei sein sollte. Da dachten sie denn durch einen großen Antrag die Versammlung hinzureißen; sie verlangten, der Kongreß solle sich permanent erklären. Aber die Majorität beschloß zunächst die Wahlen vorzunehmen, sie wolle denn nachträglich auch die Permanenzanträger noch höre. Zu diesem Beschluß konnte sie indessen erst nach namentlicher Abstimmung gelangen. Die Wahlen wurden noch an demselben Abende vorgenommen und dieses Geschäft dauerte bis spät in die Nacht. Zu Mitgliedern des Centralausschusses wurde gewählt: Jul. Froebel, G. Rau aus Stuttgard, H. Kriege aus New-York. am andern Tage war der Permanenzeiser abgekühlt; man hatte eingesehen, daß es die Thätigkeit der ganzen Partei paralysiren heißt, wenn man ihre tüchtigsten Glieder auf ungewisse Aussicht so zur Unthätigkeit verdamme. Es wurde beschlossen, bis zur definitiven Konstituirung des Central-Comites fünf Mitglieder des Kongresses in Frankfurt zurückzulassen.

Schlesisch-polnische Gränze.

In Kalisch proklamirt ein russischer Priester in der griechischen Kirche ein neues Manifest des Kaisers an seine treuen Unterthanen, welches ziemlich lächerlich klingt, aber deutlich zeigt, was eigentlich die Russen beabsichtigen. Es heißt darin nämlich: "Die griechische Religion unterscheidet sich wenig von der kath. Weil nun beide Confessionen wenig oder vielmehr gar nicht von einander abweichen und der Kaiser aller Reußen das Haupt der einen sei, so müsse er auch die andere vertheidigen und sie nicht entehren lassen. Im Großherzogthum Posen aber und in Galizien werden katholische Priester von den Deutschen und Juden auf das grausamste gemißhandelt und in Gefängnisse geworfen, katholische Kirchen werden von der rohen Soldateska entweiht und beraubt. Es sei hier viel unschuldiges katholisches Blut vergossen worden. Diese Gründe bewegen den Kaiser, den Beherrscher aller Gläubigen, einen Kreuzzug gegen diese Barbaren zu unternehmen und Rache zu nehmen an den Unterdrückern der katholischen Kirche und der slavischen Völker. Dies sind die wichtigsten Punkte des Manifestes.

Es heißt überhaupt, daß die Russen den 16. (28.) oder den 20. (2. Juli) d. Mts. nach dem russischen Kalender nach Posen unter Erlon einrücken werden, 200 Wagen sind in der Umgegend von Kalisch zum Fortschaffen der Bagage auf diesen Termin bestellt."

(A. O. Z.)
Ungarn.
Preßburg, 17. Juni.

So eben hören wir, daß Carlovitz, der Sitz der illyrischen Rebellen, vom F. M. L. Hrabovsky nach dreimaliger Aufforderung zur Uebergabe, bombardirt und eingenommen worden ist. Der General der nur 900 Mann reguläre Truppen befehligte, hatte den sechstausend Mann zählenden Feind in die Flucht geschlagen, und eine große Niederlage (wie verlautet sollen von den Letzteren 2000 gefallen sein) unter ihnen gemacht.

Schweiz.
***Zürich, 19. Juni.

In diesen Tagen beendigt die Tagsatzung ihre Berathungen über die Bundesrevision, worauf dann die einzelnen Kantone über Annahme oder Verwerfung der neuen Bundesverfassung ihre Gesandten für die nächste ordentliche Tagsatzung, die am 3. Juli zusammentritt, zu instruiren haben; in den meisten Kantonen wird, da es eine Verfassungsveränderung ist, eine Abstimmung des ganzen Volkes über Annahme oder Verwerfung stattfinden. Bis jetzt ist das Interesse des größten Theils der Bevölkerung für die Revisionsarbeiten außerordentlich gering gewesen; keine Spur von den heftigen Geburtswehen, welche sonst ein Volk durchzucken, wenn es sich aus veralteten und verknöcherten Formen losringt; die Frühlingsstürme, welche Europa durchbrausen, dringen nicht zu uns herein, und wir freuen uns, daß bei uns Alles so hübsch ordentlich und ruhig zugeht. Die Fragen, ob die eidgenössischen Soldaten Helm, Tschakko oder Käppi tragen sollten, ob unter die eidgenössische Kavallerie auch Stumpfschwänze aufgenommen werden dürften, hat zu Zeiten sowohl in der Tagsatzung, als im Publikum größere Aufregung hervorgebracht, als gegenwärtig die ganze Bundesrevision. Und doch hat man das mangelhafte und drückende der alten Bundesverfassung lange und lebhaft genug gefühlt; die neue Bundesverfassung leidet an manchen Gebrechen und Inkonsequenzen, weil sie jeden entschiedenen Bruch mit dem historisch Gegebenen ängstlich vermeiden und allen bestehenden Verhältnissen möglichst Rechnung tragen wollte; dennoch enthält sie anerkennenswerthe und wesentliche Verbesserungen. An die Stelle der Tagsatzung, welche der Kantonalsouveränetät gegenüber machtlos war, und auf welcher die 13,000 Urner grade soviel galten, als die 430,000 Berner, tritt eine enervische Bundesbehörde, in welcher nicht blos die einzelnen Kontone gertreten sind, sondern, im Nationalrathe, auch die Gesammtbevölkerung, so, daß also die größern Kantone den ihnen gebührenden größern Einfluß auf die Entscheidung gemeinschaftlicher Angelegenheiten erhalten. Zölle, Posten u. s. w. werden centralisirt, die innern Zölle eines Kontons gegen den andern fallen gänzlich weg. Freies Niederlassungsrecht, Ausübung des aktiven Bürgerrechts für den Niedergelassenen dort, wo er seit zwei Jahren niedergelassen ist, freie Kultusübung (für die anerkannten christlichen Confessionen) Preßfreiheit werden von Bundeswegen garantirt und also den willkürlichen Beschränkungen einzelner Kantone entzogen; die Kantonsverfassungen, wenn sie Nichts enthalten, was diesen allgemeinen Bundesbestimmungen widerspricht, werden vom Bunde garantirt und somit vor etwaigen Putschen und Handstreichern sicher gestellt. Niemand, der die Schweizer Verhältnisse nur einigermaßen kennt, wird verkennen, daß dieses Alles wesentliche Reformen sind, und daß sie grade für die Schweiz wesentlicher und bedeutender sind, als sie vielleicht für ein anderes Land erscheinen könnten. Und dennoch diese geringe Theilnahme des Volkes! Der Grund mag einestheils darin liegen, daß die ganze Bundesrevision sich so lange hingezogen hat; schon seit Anfang der dreißiger Jahre bildet die Bundesrevision einen stehenden Artikel unter den Tractanden der Tagsatzung, und als nun endlich zu Anfang dieses Jahres die Bundesrevisionskommission niedergesetzt wurde, so konnten die geheimen Sitzungen derselben, welche der ganzen Sache ein ziemlich diplomatisches oder büreaukratisches Ansehen gaben, sich nicht wohl dazu eignen, eine besondere Theilnahme des Volkes anzuregen. Dazu kömmt noch, daß während der jetzt zu Ende gehenden Tagsatzungsverhandlungen über die Bundesrevision beständig die ziemlich abkühlende Aussicht im Hintergrunde steht, die ganze Arbeit könne möglicherweise umsonst sein, und die neue Verfassung schließlich von den Kantonen verworfen werden. "Uebersehen wir nicht, meine Herren", sagte Herr Bürgermeister Furrer bei der Instruktionsberathung im Zürcher Gr. Rathe, "daß die ganze Sache möglicherweise wieder unter's Eis gehen kann;" schon vorher hatte er bemerkt, "die Sache sei ihm bis zum Sterben verleidet"; er hatte nämlich an allen langweiligen Verhandlungen der Bundesrevisionskommission so wie in Zürich an den Vorberathungen der dem Gr. Rathe vorzulegenden Instruktionen von Anfang bis zu Ende Theil genommen. Aber alles dieses erklärt noch nicht zur Genüge die Lauheit des Volkes gegen die Bundesrevision; der Hauptgrund liegt in dem Bewußtsein, daß die neue Verfassung mit der Vergangenheit durchaus nicht bricht, daß sie nur auf dem bestehenden herrschenden System fortbaut, daß sie keinen qualitativen Fortschritt bildet. Dieses macht die Anhänger des Bestehenden - und dazu gehört auch der größte Theil der Radikalen - ruhig, die wirklichen entschiedenen Radikalen hingegen mißmuthig und gleichgültig gegen die gebotenen Verbesserungen. Nicht einer unmittelbar aus dem Volk hervorgegangenen konstitutionellen Nationalversammlung (Verfassungsrath) wurde die Bundesreform übertragen, sondern der alten Bundesbehörde selbst, der Tagsatzung, deren Impotenz nur von der des hochseligen Frankfurter Bundestages übertroffen wurde. Dann war gleich ausgesprochen, daß man nicht eine durchgreifende Umgestalung, eine neue Errichtung der Eidgenossenschaft auf neuen Grundlagen wollte, sondern nur eine Verbesserung des Bestehenden, so gut es gehen mochte. Und das ist in der That der Wille der Mehrheit des Schweizer Volkes, was auch die Radikalen, die den Verfassungsrath verlangten, dagegen sagen mochten. Was gegenwärtig andere Völker zunächst bewegt, Erlangung gleicher politischer Rechte für Alle, das hat der Schweizer voraus, d. h. in der Verfassung; in der Wirklichkeit sind die Schweizer'schen Republiken so gut Bourgeoisie- und Polizeistaaten, wie alle andern. Darum hat sich auch die Bundesrevision sorgfältig gehütet, an den herrschenden socialen Verhältnissen auch nur im Geringsten zu rütteln, und darum hat man auch vor den dargebotenen Reformen keine große Angst. Und doch ist unter den neuen Verfassungsbestimmungen eine, welche, vielleicht gegen den Willen der Schweizer selbst, wirkliche Umgestaltungen der Verhältnisse hervorbringen kann. Diese ist das freie Niederlassungsrecht, über dessen Bedeutung ich Ihnen ein anderesmal schreiben werde.

Italien.
*Turin, 15. Juni.
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7Turin, 16. Juni.
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*Mailand, 12. Juni.
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20Mailand, 14. Juni.
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**Rom, 12. Juni.
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*Neapel, 8. Juni.
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7Palermo, 10. Juni.
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Venedig, 13. Juni.

Ich halte es für wichtig genug Ihnen ungesäumt folgendes zu melden. Bereits früher, nachdem man

ihrer Waare zu verdanken. Die Lager der hiesigen Wollhändler sind noch wenig geräumt und würden die Rheinländer, wenn sie Kauflust zeigen sollten, sich hier vollständig befriedigen können.

‒ 20. Juni. Die russische Note, welche gestern Abend durch einen Courier hier eingegangen ist, soll die Erklärung Nesselrode's enthalten, daß Rußland die Existenz eines auf nationaler Grundlage reorganisirten Posens unter keiner Bedingung dulden werde, und das Beharren der preußischen Regierung auf den Reorganisationsplänen für einen casus belli ansehen müsse.

* Frankfurt, 18. Juni.

(Verspätet.) Während die Nationalversammlung ihre Sitzungen aussetzt, theils weil sie beschlossen hatte, nichts zu thun, theils weil sie wirklich nichts zu thun hatte, wurde hier in den Tagen des 14. bis 17. Juni der Kongreß der demokratischen Partei gehalten. Veranlassung hierzu war die Nothwendigkeit, daß die Partei aus ihrem bisherigen naturwüchsigen Zustande heraustrete, die Rücksichten auf lokale Verhältnisse und alle damit zusammenhängende Bestrebungen fallen lasse, sich unter einem großen Princip zu einem großen Ganzen vereinige, und auf die Durchführung dieses Princips ihre ganze Thätigkeit concentrire.

Ungefähr neunzig Vereine der verschiedenen Theile Deutschlands hatten zu diesem Kongresse Abgeordnete gesandt; die großen Städte, in denen mehrere Vereine bestehen, waren mehrfach vertreten. So Berlin, Breslau, Köln, Leipzig, Frankfurt, Mainz u. s. w. Von Wien erschienen zwei Abgeordnete als Repräsentanten des Volkscomités, d. h. der Stadt selber. Nur München hatte nicht deputirt, doch waren zwei Männer aus eignem Antriebe hergekommen. Im Ganzen bestand die Versammlung aus 225 Mitgliedern. Der erste Tag der Verhandlungen wurde zum größten Theile in der Berathung über den Grundsatz hingenommen, welcher das Glaubensbekenntniß der deutschen demokratischen Partei kurz und unumwunden darlegen sollte. Der Kongreß entschied sich für den Vorschlag des Abg. Gottschalk aus Köln, der mit einer unwesentlichen Abänderung in folgender Fassung angenommen wurde:

Es gibt nur Eine für das deutsche Volk haltbare Verfassung: die demokratische Republik, d. h. eine Verfassung, in welcher die Gesammtheit für die Freiheit und Wohlfahrt jedes Einzelnen verantwortlich ist.“ Die langen Debatten, welche der Annahme dieses Satzes vorhergingen, hatten keineswegs ihren Grund in einer principiellen Meinungsverschiedenheit, welche die Versammlung gespalten hätte. Daß Deutschland in einer Republik der Klassenvorrechte, des Klassenmonopols, wie sie gegenwärtig die herrschende Partei in Frankreich will, zum Ziele nicht gelangen könne, darüber war man allgemein einverstanden, und nur ein einziges Mitglied fand sich veranlaßt, seinen Austritt zu erklären, weil es seine Ueberzeugung mit der des Kongresses nicht vereinbaren konnte. Die Diskussion drehte sich vielmehr um Fassungsfragen. Ein Theil der Versammlung meinte nämlich, man dürfe das Princip nicht blos einfach aussprechen, man müsse es auch motiviren, in seiner Berechtigung hinstellen, um Mißverständnissen und Verdächtigungen zu begegnen; Andere hielten dafür, man müsse der einen Partei gegenüber sich weitläufiger erklären, man müsse dem Volke sagen, welche Veränderungen in seinen sozialen Verhältnissen die Ausführung des Prinzips zur Folge haben werde, noch Andere glaubten, man werde der Partei großen Zuwachs verschaffen, wenn man ihren jetzigen Gegnern nur gründliche Erörterungen vorhalte u. s. w. Alle diese Bedenken wurden durch die Erwägung beseitigt, daß die eigne Partei keiner Aufklärung bedürfe, daß sie von ihren Bevollmächtigten nur die Verkündigung ihres Willens erwarte, sodann, daß den Gegnern gegenüber die Zeit der friedlichen Diskussion vorüber sei, daß man sie als „genugsam unterrichtet“ betrachten müsse.

Uebereinstimmend mit dieser Ansicht, wodurch der Kongreß es aussprach, daß die demokratische Partei sich auf dem Boden der revolutionären Praxis bewege, beschloß die Versammlung am folgenden Tage, ihre Verhandlungen nicht zu publiciren, sondern allein ihre Beschlüsse, wie es in Nordamerika Sitte, zur öffentlichen Kenntniß zu bringen. Uebereinstimmend mit dieser Ansicht wurde endlich am dritten Tage der Antrag verworfen, ein besonderes Manifest zu erlassen. Die Aufklärer versuchten hiermit zum dritten Male ihrem Bedürfniß abzuhelfen; der wehmüthigste Predigerton wurde angeschlagen, um die Gefahren eines nakten Prinzips, die Vorzüge einer gründlich breiten Auseinandersetzung zu schildern. Die Versammlung blieb unerschütterlich, sie beschloß, als einziges Manifest ihre Beschlüsse zu betrachten und diesen nur einen faktischen Bericht über ihren Zusammentritt voranzustellen.

Dieser letztre Beschluß wurde gefaßt, nachdem der Kongreß seine zweite Hauptaufgabe bereits erledigt hatte. Die Aufstellung des Grundsatzes war die erste gewesen, die zweite bestand in der Organisation der Partei. Zu diesem Zwecke war eine Kommission niedergesetzt worden; ihre Vorschläge bildeten der Gegenstand der Verhandlungen am zweiten Tage. Die Kommission beantragte einen Centralausschuß zu bilden, welchem die obere Leitung der Angelegenheiten sämmtlicher demokratischen Vereine zu übertragen sei; das Mandat dieses Ausschusses solle unbeschränkt und er selbst nur dem Kongresse verantwortlich sein, der im Oktober dieses Jahres einzuberufen wäre. Gegen diesen letzten Antrag erhob sich sehr lebhafter Widerspruch. Man glaubte darin eine gefährliche Diktatur zu erkennen, das sei undemokratisch. Man müsse die Funktionen des Ausschusses genau bezeichnen, blindes Vertrauen auf Personen sei ein Geständniß der Unselbständigkeit; man müsse offen zu Werke gehen u. s. w. So beschloß denn die Versammlung, die Vollmacht des Ausschusses näher zu bestimmen. Sie vereinigte sich über folgende Punkte:

1. Es wird ein Central Comité niedergesetz. ‒ Gegenantrag war, daß der Vorstand des Vereins, welcher an dem zu bestimmenden Vorort seinen Sitz habe, mit der Vollmacht des Central-Comités bekleidet werde.

2. Die Bestimmung des Central-Comités ist, die demokratisch-republikanische Partei zu einigen und zu stärken.

3. Das Comité ist zu diesem Zwecke berechtigt und verpflichtet, eine rege Korrespondenz unter sämmtlichen Vereinen durch ganz Deutschland zu erhalten.

4. Das Comité ist verpflichtet, regelmäßige Berichte der Vereine einzufordern.

5. Das Comité hat alles Wichtige aus diesen Berichten auf geeignetem Wege den Vereinen mitzutheilen.

6. Das Comité ist berechtigt, im Falle außerordentlichen Entwicklungen den demokratischen Kongreß einzuberufen. Zu Punkt 5 wurde nachträglich beschlossen, die Berichte des Central-Comités durch die „Neue Rheinische Zeitung“, die „Berliner Zeitungshalle“ und die nächstens wieder erscheinende „Volkszeitung“ zu publiziren. In der Nachmittagssitzung dieses Tages beschloß die Versammlung zunächst die schon bekannte Adresse an die Nationalversammlung wegen der Einberufung von Fr. Hecker. Wir verbinden hiermit einen Beschluß vom folgenden Tage, welcher den Austritt eines Mitgliedes zur Folge hatte. Er ging dahin, die Nationalversammlung zu veranlassen, daß sie an die Badische Regierung die Forderung stelle, die gefänglich eingezogenen Republikaner frei zu lassen, die exilirten aber zurückzuberufen.

Auf die Adresse wegen Hecker folgte die Diskussion über den Ort, wo der Centralausschuß seinen Sitz nehmen sollte. Es zeigte sich hier zum ersten Male, daß die Versammlung sich noch nicht gänzlich von dem Geiste des Lokalpatriotismus befreit hatte. Die Kommission hatte sich für Berlin entschieden; sie hatte auf die jüngste Vergangenheit hingewiesen und auf die Rolle, welche Berlin in der deutschen Bewegung zu spielen berufen sei, sie hatte ausführlich dargelegt, weshalb Frankfurt zum Vorort nicht geeignet sei. Gleichwohl kamen die Süddeutschen auf Frankfurt zurück. Andere schlugen Leipzig vor, andere Altenburg, Bamberg, Marburg. Der Kongreß zeigte sich auch diesmal seines Berufes würdig; der Kommissionsantrag wurde von der überwiegenden Majorität angenommen. Hierauf ward die Zahl der Ausschußmitglieder festgesetzt; fünf sollen das Comité bilden; drei davon werden vom Kongreß durch geheimes Skrutinium ernannt, die beiden übrigen von den Berliner Vereinen. Zur Aufbringung der nächsten Unterhaltskosten für die drei vom Kongreß gewählten Mitglieder wurde eine Liste zum Einzeichnen von Beiträgen aufgelegt, die sich alsbald mit zahlreichen Unterschriften bedeckte.

Es blieb nur noch, um die Organisation zu vollenden, die Bestimmung der Kreisvororte übrig, welche die Vereine eines jeden Kreises miteinander in Verbindung halten, auf die Bildung neuer Vereine hinwirken und mit dem Central-Comité in direkter Kommunikation stehen. Als solche wurden am dritten Tage festgesetzt: Für Baden Mannheim, für Würtemberg Stuttgard, für Baiern Bamberg, für Oestreich Wien, für die beiden Hessen und Nassau Frankfurt und Marburg, für Thüringen Jena, für Sachsen Leipzig, für Rheinpreußen und Westphalen Köln, für Preußisch Sachsen Halle, für den Nordwesten von Deutschland Hamburg, für den Nordosten: Stettin, Berlin, Königsberg, für Schlesien Breslau. Zugleich wurde beschlossen, daß binnen 14 Tagen nach dem Schluße des Kongresses Kreiskongresse in jedem einzelnen Kreisvororte einberufen werden sollen.

Hiermit waren die wesentlichen Arbeiten der Versammlung vollendet. Wir haben aber bereits angeführt, daß noch die Debatte über ein zu erlassendes Manifest folgte. Als dieser Antrag gefallen war, kamen noch eine Menge spezieller Anträge zur Verlesung, die meistens Vorschläge zu socialen Verbesserungen enthielten. Sie wurden sämmtlich durch die Tagesordnung beseitigt. Eines Antrags gedenken wir hier, weil er wahrscheinlich Stoff zu witzigen Bemerkungen über den Kongreß bieten wird. Es ist dies der Antrag, die Frauen an die politisch socialen Debatten zu betheiligen. Die Versammlung vernahm die Motivirung dieses Antrages mit der ernstesten Aufmerksamkeit; gleichwohl entschied sie sich nicht dafür, und zwar deshalb, weil sie sich bereits dafür entschieden hatte. Die Tagesordnung wurde dahin motivirt, daß der Kongreß durch sein Grundprinzip die gleiche Berechtigung Aller anerkenne, die Frauen also ohne besondre Erklärung darin einbegriffen seien.

Jetzt sollte endlich die Versammlung zu ihrer Schlußhandlung, der Wahl der Ausschußmitglieder schreiten. Aber ein neues Hinderniß stellte sich in den Weg. Die Südländer konnten es nicht verschmerzen, daß Frankfurt nicht der Mittelpunkt der Partei sein sollte. Da dachten sie denn durch einen großen Antrag die Versammlung hinzureißen; sie verlangten, der Kongreß solle sich permanent erklären. Aber die Majorität beschloß zunächst die Wahlen vorzunehmen, sie wolle denn nachträglich auch die Permanenzanträger noch höre. Zu diesem Beschluß konnte sie indessen erst nach namentlicher Abstimmung gelangen. Die Wahlen wurden noch an demselben Abende vorgenommen und dieses Geschäft dauerte bis spät in die Nacht. Zu Mitgliedern des Centralausschusses wurde gewählt: Jul. Froebel, G. Rau aus Stuttgard, H. Kriege aus New-York. am andern Tage war der Permanenzeiser abgekühlt; man hatte eingesehen, daß es die Thätigkeit der ganzen Partei paralysiren heißt, wenn man ihre tüchtigsten Glieder auf ungewisse Aussicht so zur Unthätigkeit verdamme. Es wurde beschlossen, bis zur definitiven Konstituirung des Central-Comités fünf Mitglieder des Kongresses in Frankfurt zurückzulassen.

Schlesisch-polnische Gränze.

In Kalisch proklamirt ein russischer Priester in der griechischen Kirche ein neues Manifest des Kaisers an seine treuen Unterthanen, welches ziemlich lächerlich klingt, aber deutlich zeigt, was eigentlich die Russen beabsichtigen. Es heißt darin nämlich: „Die griechische Religion unterscheidet sich wenig von der kath. Weil nun beide Confessionen wenig oder vielmehr gar nicht von einander abweichen und der Kaiser aller Reußen das Haupt der einen sei, so müsse er auch die andere vertheidigen und sie nicht entehren lassen. Im Großherzogthum Posen aber und in Galizien werden katholische Priester von den Deutschen und Juden auf das grausamste gemißhandelt und in Gefängnisse geworfen, katholische Kirchen werden von der rohen Soldateska entweiht und beraubt. Es sei hier viel unschuldiges katholisches Blut vergossen worden. Diese Gründe bewegen den Kaiser, den Beherrscher aller Gläubigen, einen Kreuzzug gegen diese Barbaren zu unternehmen und Rache zu nehmen an den Unterdrückern der katholischen Kirche und der slavischen Völker. Dies sind die wichtigsten Punkte des Manifestes.

Es heißt überhaupt, daß die Russen den 16. (28.) oder den 20. (2. Juli) d. Mts. nach dem russischen Kalender nach Posen unter Erlon einrücken werden, 200 Wagen sind in der Umgegend von Kalisch zum Fortschaffen der Bagage auf diesen Termin bestellt.“

(A. O. Z.)
Ungarn.
Preßburg, 17. Juni.

So eben hören wir, daß Carlovitz, der Sitz der illyrischen Rebellen, vom F. M. L. Hrabovsky nach dreimaliger Aufforderung zur Uebergabe, bombardirt und eingenommen worden ist. Der General der nur 900 Mann reguläre Truppen befehligte, hatte den sechstausend Mann zählenden Feind in die Flucht geschlagen, und eine große Niederlage (wie verlautet sollen von den Letzteren 2000 gefallen sein) unter ihnen gemacht.

Schweiz.
***Zürich, 19. Juni.

In diesen Tagen beendigt die Tagsatzung ihre Berathungen über die Bundesrevision, worauf dann die einzelnen Kantone über Annahme oder Verwerfung der neuen Bundesverfassung ihre Gesandten für die nächste ordentliche Tagsatzung, die am 3. Juli zusammentritt, zu instruiren haben; in den meisten Kantonen wird, da es eine Verfassungsveränderung ist, eine Abstimmung des ganzen Volkes über Annahme oder Verwerfung stattfinden. Bis jetzt ist das Interesse des größten Theils der Bevölkerung für die Revisionsarbeiten außerordentlich gering gewesen; keine Spur von den heftigen Geburtswehen, welche sonst ein Volk durchzucken, wenn es sich aus veralteten und verknöcherten Formen losringt; die Frühlingsstürme, welche Europa durchbrausen, dringen nicht zu uns herein, und wir freuen uns, daß bei uns Alles so hübsch ordentlich und ruhig zugeht. Die Fragen, ob die eidgenössischen Soldaten Helm, Tschakko oder Käppi tragen sollten, ob unter die eidgenössische Kavallerie auch Stumpfschwänze aufgenommen werden dürften, hat zu Zeiten sowohl in der Tagsatzung, als im Publikum größere Aufregung hervorgebracht, als gegenwärtig die ganze Bundesrevision. Und doch hat man das mangelhafte und drückende der alten Bundesverfassung lange und lebhaft genug gefühlt; die neue Bundesverfassung leidet an manchen Gebrechen und Inkonsequenzen, weil sie jeden entschiedenen Bruch mit dem historisch Gegebenen ängstlich vermeiden und allen bestehenden Verhältnissen möglichst Rechnung tragen wollte; dennoch enthält sie anerkennenswerthe und wesentliche Verbesserungen. An die Stelle der Tagsatzung, welche der Kantonalsouveränetät gegenüber machtlos war, und auf welcher die 13,000 Urner grade soviel galten, als die 430,000 Berner, tritt eine enervische Bundesbehörde, in welcher nicht blos die einzelnen Kontone gertreten sind, sondern, im Nationalrathe, auch die Gesammtbevölkerung, so, daß also die größern Kantone den ihnen gebührenden größern Einfluß auf die Entscheidung gemeinschaftlicher Angelegenheiten erhalten. Zölle, Posten u. s. w. werden centralisirt, die innern Zölle eines Kontons gegen den andern fallen gänzlich weg. Freies Niederlassungsrecht, Ausübung des aktiven Bürgerrechts für den Niedergelassenen dort, wo er seit zwei Jahren niedergelassen ist, freie Kultusübung (für die anerkannten christlichen Confessionen) Preßfreiheit werden von Bundeswegen garantirt und also den willkürlichen Beschränkungen einzelner Kantone entzogen; die Kantonsverfassungen, wenn sie Nichts enthalten, was diesen allgemeinen Bundesbestimmungen widerspricht, werden vom Bunde garantirt und somit vor etwaigen Putschen und Handstreichern sicher gestellt. Niemand, der die Schweizer Verhältnisse nur einigermaßen kennt, wird verkennen, daß dieses Alles wesentliche Reformen sind, und daß sie grade für die Schweiz wesentlicher und bedeutender sind, als sie vielleicht für ein anderes Land erscheinen könnten. Und dennoch diese geringe Theilnahme des Volkes! Der Grund mag einestheils darin liegen, daß die ganze Bundesrevision sich so lange hingezogen hat; schon seit Anfang der dreißiger Jahre bildet die Bundesrevision einen stehenden Artikel unter den Tractanden der Tagsatzung, und als nun endlich zu Anfang dieses Jahres die Bundesrevisionskommission niedergesetzt wurde, so konnten die geheimen Sitzungen derselben, welche der ganzen Sache ein ziemlich diplomatisches oder büreaukratisches Ansehen gaben, sich nicht wohl dazu eignen, eine besondere Theilnahme des Volkes anzuregen. Dazu kömmt noch, daß während der jetzt zu Ende gehenden Tagsatzungsverhandlungen über die Bundesrevision beständig die ziemlich abkühlende Aussicht im Hintergrunde steht, die ganze Arbeit könne möglicherweise umsonst sein, und die neue Verfassung schließlich von den Kantonen verworfen werden. „Uebersehen wir nicht, meine Herren“, sagte Herr Bürgermeister Furrer bei der Instruktionsberathung im Zürcher Gr. Rathe, „daß die ganze Sache möglicherweise wieder unter's Eis gehen kann;“ schon vorher hatte er bemerkt, „die Sache sei ihm bis zum Sterben verleidet“; er hatte nämlich an allen langweiligen Verhandlungen der Bundesrevisionskommission so wie in Zürich an den Vorberathungen der dem Gr. Rathe vorzulegenden Instruktionen von Anfang bis zu Ende Theil genommen. Aber alles dieses erklärt noch nicht zur Genüge die Lauheit des Volkes gegen die Bundesrevision; der Hauptgrund liegt in dem Bewußtsein, daß die neue Verfassung mit der Vergangenheit durchaus nicht bricht, daß sie nur auf dem bestehenden herrschenden System fortbaut, daß sie keinen qualitativen Fortschritt bildet. Dieses macht die Anhänger des Bestehenden ‒ und dazu gehört auch der größte Theil der Radikalen ‒ ruhig, die wirklichen entschiedenen Radikalen hingegen mißmuthig und gleichgültig gegen die gebotenen Verbesserungen. Nicht einer unmittelbar aus dem Volk hervorgegangenen konstitutionellen Nationalversammlung (Verfassungsrath) wurde die Bundesreform übertragen, sondern der alten Bundesbehörde selbst, der Tagsatzung, deren Impotenz nur von der des hochseligen Frankfurter Bundestages übertroffen wurde. Dann war gleich ausgesprochen, daß man nicht eine durchgreifende Umgestalung, eine neue Errichtung der Eidgenossenschaft auf neuen Grundlagen wollte, sondern nur eine Verbesserung des Bestehenden, so gut es gehen mochte. Und das ist in der That der Wille der Mehrheit des Schweizer Volkes, was auch die Radikalen, die den Verfassungsrath verlangten, dagegen sagen mochten. Was gegenwärtig andere Völker zunächst bewegt, Erlangung gleicher politischer Rechte für Alle, das hat der Schweizer voraus, d. h. in der Verfassung; in der Wirklichkeit sind die Schweizer'schen Republiken so gut Bourgeoisie- und Polizeistaaten, wie alle andern. Darum hat sich auch die Bundesrevision sorgfältig gehütet, an den herrschenden socialen Verhältnissen auch nur im Geringsten zu rütteln, und darum hat man auch vor den dargebotenen Reformen keine große Angst. Und doch ist unter den neuen Verfassungsbestimmungen eine, welche, vielleicht gegen den Willen der Schweizer selbst, wirkliche Umgestaltungen der Verhältnisse hervorbringen kann. Diese ist das freie Niederlassungsrecht, über dessen Bedeutung ich Ihnen ein anderesmal schreiben werde.

Italien.
*Turin, 15. Juni.
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7Turin, 16. Juni.
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*Mailand, 12. Juni.
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20Mailand, 14. Juni.
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**Rom, 12. Juni.
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*Neapel, 8. Juni.
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7Palermo, 10. Juni.
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Venedig, 13. Juni.

Ich halte es für wichtig genug Ihnen ungesäumt folgendes zu melden. Bereits früher, nachdem man

<TEI>
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          <p><pb facs="#f0002" n="0108"/>
ihrer Waare zu verdanken. Die Lager der                         hiesigen Wollhändler sind noch wenig geräumt und würden die Rheinländer,                         wenn sie Kauflust zeigen sollten, sich hier vollständig befriedigen                         können.</p>
          <p>&#x2012; 20. Juni. Die russische Note, welche gestern Abend durch einen Courier hier                         eingegangen ist, soll die Erklärung Nesselrode's enthalten, daß Rußland die                         Existenz eines auf nationaler Grundlage reorganisirten Posens unter keiner                         Bedingung dulden werde, und das Beharren der preußischen Regierung auf den                         Reorganisationsplänen für einen casus belli ansehen müsse.</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Frankfurt, 18. Juni.</head>
          <p>(Verspätet.) Während die Nationalversammlung ihre Sitzungen aussetzt, theils                         weil sie beschlossen hatte, nichts zu thun, theils weil sie wirklich nichts                         zu thun hatte, wurde hier in den Tagen des 14. bis 17. Juni der Kongreß der                         demokratischen Partei gehalten. Veranlassung hierzu war die Nothwendigkeit,                         daß die Partei aus ihrem bisherigen naturwüchsigen Zustande heraustrete, die                         Rücksichten auf lokale Verhältnisse und alle damit zusammenhängende                         Bestrebungen fallen lasse, sich unter einem großen Princip zu einem großen                         Ganzen vereinige, und auf die Durchführung dieses Princips ihre ganze                         Thätigkeit concentrire.</p>
          <p>Ungefähr neunzig Vereine der verschiedenen Theile Deutschlands hatten zu                         diesem Kongresse Abgeordnete gesandt; die großen Städte, in denen mehrere                         Vereine bestehen, waren mehrfach vertreten. So Berlin, Breslau, Köln,                         Leipzig, Frankfurt, Mainz u. s. w. Von Wien erschienen zwei Abgeordnete als                         Repräsentanten des Volkscomités, d. h. der Stadt selber. Nur München hatte                         nicht deputirt, doch waren zwei Männer aus eignem Antriebe hergekommen. Im                         Ganzen bestand die Versammlung aus 225 Mitgliedern. Der erste Tag der                         Verhandlungen wurde zum größten Theile in der Berathung über den Grundsatz                         hingenommen, welcher das Glaubensbekenntniß der deutschen demokratischen                         Partei kurz und unumwunden darlegen sollte. Der Kongreß entschied sich für                         den Vorschlag des Abg. Gottschalk aus Köln, der mit einer unwesentlichen                         Abänderung in folgender Fassung angenommen wurde:</p>
          <p>&#x201E;<hi rendition="#g">Es gibt nur Eine für das deutsche Volk haltbare                             Verfassung: die demokratische Republik, d. h. eine Verfassung, in                             welcher die Gesammtheit für die Freiheit und Wohlfahrt jedes Einzelnen                             verantwortlich ist.</hi>&#x201C; Die langen Debatten, welche der Annahme dieses                         Satzes vorhergingen, hatten keineswegs ihren Grund in einer principiellen                         Meinungsverschiedenheit, welche die Versammlung gespalten hätte. Daß                         Deutschland in einer Republik der Klassenvorrechte, des Klassenmonopols, wie                         sie gegenwärtig die herrschende Partei in Frankreich will, zum Ziele nicht                         gelangen könne, darüber war man allgemein einverstanden, und nur ein                         einziges Mitglied fand sich veranlaßt, seinen Austritt zu erklären, weil es                         seine Ueberzeugung mit der des Kongresses nicht vereinbaren konnte. Die                         Diskussion drehte sich vielmehr um Fassungsfragen. Ein Theil der Versammlung                         meinte nämlich, man dürfe das Princip nicht blos einfach aussprechen, man                         müsse es auch motiviren, in seiner Berechtigung hinstellen, um                         Mißverständnissen und Verdächtigungen zu begegnen; Andere hielten dafür, man                         müsse der einen Partei gegenüber sich weitläufiger erklären, man müsse dem                         Volke sagen, welche Veränderungen in seinen sozialen Verhältnissen die                         Ausführung des Prinzips zur Folge haben werde, noch Andere glaubten, man                         werde der Partei großen Zuwachs verschaffen, wenn man ihren jetzigen Gegnern                         nur gründliche Erörterungen vorhalte u. s. w. Alle diese Bedenken wurden                         durch die Erwägung beseitigt, daß die eigne Partei keiner Aufklärung                         bedürfe, daß sie von ihren Bevollmächtigten nur die Verkündigung ihres                         Willens erwarte, sodann, daß den Gegnern gegenüber die Zeit der friedlichen                         Diskussion vorüber sei, daß man sie als &#x201E;genugsam unterrichtet&#x201C; betrachten                         müsse.</p>
          <p>Uebereinstimmend mit dieser Ansicht, wodurch der Kongreß es aussprach, daß                         die demokratische Partei sich auf dem Boden der revolutionären <hi rendition="#g">Praxis</hi> bewege, beschloß die Versammlung am folgenden                         Tage, ihre Verhandlungen nicht zu publiciren, sondern allein ihre                         Beschlüsse, wie es in Nordamerika Sitte, zur öffentlichen Kenntniß zu                         bringen. Uebereinstimmend mit dieser Ansicht wurde endlich am dritten Tage                         der Antrag verworfen, ein besonderes Manifest zu erlassen. Die Aufklärer                         versuchten hiermit zum dritten Male ihrem Bedürfniß abzuhelfen; der                         wehmüthigste Predigerton wurde angeschlagen, um die Gefahren eines nakten                         Prinzips, die Vorzüge einer gründlich breiten Auseinandersetzung zu                         schildern. Die Versammlung blieb unerschütterlich, sie beschloß, als                         einziges Manifest ihre Beschlüsse zu betrachten und diesen nur einen                         faktischen Bericht über ihren Zusammentritt voranzustellen.</p>
          <p>Dieser letztre Beschluß wurde gefaßt, nachdem der Kongreß seine zweite                         Hauptaufgabe bereits erledigt hatte. Die Aufstellung des Grundsatzes war die                         erste gewesen, die zweite bestand in der Organisation der Partei. Zu diesem                         Zwecke war eine Kommission niedergesetzt worden; ihre Vorschläge bildeten                         der Gegenstand der Verhandlungen am zweiten Tage. Die Kommission beantragte                         einen Centralausschuß zu bilden, welchem die obere Leitung der                         Angelegenheiten sämmtlicher demokratischen Vereine zu übertragen sei; das                         Mandat dieses Ausschusses solle unbeschränkt und er selbst nur dem Kongresse                         verantwortlich sein, der im Oktober dieses Jahres einzuberufen wäre. Gegen                         diesen letzten Antrag erhob sich sehr lebhafter Widerspruch. Man glaubte                         darin eine gefährliche Diktatur zu erkennen, das sei undemokratisch. Man                         müsse die Funktionen des Ausschusses genau bezeichnen, blindes Vertrauen auf                         Personen sei ein Geständniß der Unselbständigkeit; man müsse offen zu Werke                         gehen u. s. w. So beschloß denn die Versammlung, die Vollmacht des                         Ausschusses näher zu bestimmen. Sie vereinigte sich über folgende                         Punkte:</p>
          <p>1. Es wird ein Central Comité niedergesetz. &#x2012; Gegenantrag war, daß der                         Vorstand des Vereins, welcher an dem zu bestimmenden Vorort seinen Sitz                         habe, mit der Vollmacht des Central-Comités bekleidet werde.</p>
          <p>2. Die Bestimmung des Central-Comités ist, die demokratisch-republikanische                         Partei zu einigen und zu stärken.</p>
          <p>3. Das Comité ist zu diesem Zwecke berechtigt und verpflichtet, eine rege                         Korrespondenz unter sämmtlichen Vereinen durch ganz Deutschland zu                         erhalten.</p>
          <p>4. Das Comité ist verpflichtet, regelmäßige Berichte der Vereine                         einzufordern.</p>
          <p>5. Das Comité hat alles Wichtige aus diesen Berichten auf geeignetem Wege den                         Vereinen mitzutheilen.</p>
          <p>6. Das Comité ist berechtigt, im Falle außerordentlichen Entwicklungen den                         demokratischen Kongreß einzuberufen. Zu Punkt 5 wurde nachträglich                         beschlossen, die Berichte des Central-Comités durch die &#x201E;Neue Rheinische                         Zeitung&#x201C;, die &#x201E;Berliner Zeitungshalle&#x201C; und die nächstens wieder erscheinende                         &#x201E;Volkszeitung&#x201C; zu publiziren. In der Nachmittagssitzung dieses Tages                         beschloß die Versammlung zunächst die schon bekannte Adresse an die                         Nationalversammlung wegen der Einberufung von Fr. Hecker. Wir verbinden                         hiermit einen Beschluß vom folgenden Tage, welcher den Austritt eines                         Mitgliedes zur Folge hatte. Er ging dahin, die Nationalversammlung zu                         veranlassen, daß sie an die Badische Regierung die Forderung stelle, die                         gefänglich eingezogenen Republikaner frei zu lassen, die exilirten aber                         zurückzuberufen.</p>
          <p>Auf die Adresse wegen Hecker folgte die Diskussion über den Ort, wo der                         Centralausschuß seinen Sitz nehmen sollte. Es zeigte sich hier zum ersten                         Male, daß die Versammlung sich noch nicht gänzlich von dem Geiste des                         Lokalpatriotismus befreit hatte. Die Kommission hatte sich für Berlin                         entschieden; sie hatte auf die jüngste Vergangenheit hingewiesen und auf die                         Rolle, welche Berlin in der deutschen Bewegung zu spielen berufen sei, sie                         hatte ausführlich dargelegt, weshalb Frankfurt zum Vorort nicht geeignet                         sei. Gleichwohl kamen die Süddeutschen auf Frankfurt zurück. Andere schlugen                         Leipzig vor, andere Altenburg, Bamberg, Marburg. Der Kongreß zeigte sich                         auch diesmal seines Berufes würdig; der Kommissionsantrag wurde von der                         überwiegenden Majorität angenommen. Hierauf ward die Zahl der                         Ausschußmitglieder festgesetzt; fünf sollen das Comité bilden; drei davon                         werden vom Kongreß durch geheimes Skrutinium ernannt, die beiden übrigen von                         den Berliner Vereinen. Zur Aufbringung der nächsten Unterhaltskosten für die                         drei vom Kongreß gewählten Mitglieder wurde eine Liste zum Einzeichnen von                         Beiträgen aufgelegt, die sich alsbald mit zahlreichen Unterschriften                         bedeckte.</p>
          <p>Es blieb nur noch, um die Organisation zu vollenden, die Bestimmung der                         Kreisvororte übrig, welche die Vereine eines jeden Kreises miteinander in                         Verbindung halten, auf die Bildung neuer Vereine hinwirken und mit dem                         Central-Comité in direkter Kommunikation stehen. Als solche wurden am                         dritten Tage festgesetzt: Für Baden Mannheim, für Würtemberg Stuttgard, für                         Baiern Bamberg, für Oestreich Wien, für die beiden Hessen und Nassau                         Frankfurt und Marburg, für Thüringen Jena, für Sachsen Leipzig, für                         Rheinpreußen und Westphalen Köln, für Preußisch Sachsen Halle, für den                         Nordwesten von Deutschland Hamburg, für den Nordosten: Stettin, Berlin,                         Königsberg, für Schlesien Breslau. Zugleich wurde beschlossen, daß binnen 14                         Tagen nach dem Schluße des Kongresses Kreiskongresse in jedem einzelnen                         Kreisvororte einberufen werden sollen.</p>
          <p>Hiermit waren die wesentlichen Arbeiten der Versammlung vollendet. Wir haben                         aber bereits angeführt, daß noch die Debatte über ein zu erlassendes                         Manifest folgte. Als dieser Antrag gefallen war, kamen noch eine Menge                         spezieller Anträge zur Verlesung, die meistens Vorschläge zu socialen                         Verbesserungen enthielten. Sie wurden sämmtlich durch die Tagesordnung                         beseitigt. Eines Antrags gedenken wir hier, weil er wahrscheinlich Stoff zu                         witzigen Bemerkungen über den Kongreß bieten wird. Es ist dies der Antrag,                         die Frauen an die politisch socialen Debatten zu betheiligen. Die                         Versammlung vernahm die Motivirung dieses Antrages mit der ernstesten                         Aufmerksamkeit; gleichwohl entschied sie sich nicht dafür, und zwar deshalb,                         weil sie sich bereits dafür entschieden hatte. Die Tagesordnung wurde dahin                         motivirt, daß der Kongreß durch sein Grundprinzip die gleiche Berechtigung                         Aller anerkenne, die Frauen also ohne besondre Erklärung darin einbegriffen                         seien.</p>
          <p>Jetzt sollte endlich die Versammlung zu ihrer Schlußhandlung, der Wahl der                         Ausschußmitglieder schreiten. Aber ein neues Hinderniß stellte sich in den                         Weg. Die Südländer konnten es nicht verschmerzen, daß Frankfurt nicht der                         Mittelpunkt der Partei sein sollte. Da dachten sie denn durch einen großen                         Antrag die Versammlung hinzureißen; sie verlangten, der Kongreß solle sich                         permanent erklären. Aber die Majorität beschloß zunächst die Wahlen                         vorzunehmen, sie wolle denn nachträglich auch die Permanenzanträger noch                         höre. Zu diesem Beschluß konnte sie indessen erst nach namentlicher                         Abstimmung gelangen. Die Wahlen wurden noch an demselben Abende vorgenommen                         und dieses Geschäft dauerte bis spät in die Nacht. Zu Mitgliedern des                         Centralausschusses wurde gewählt: Jul. Froebel, G. Rau aus Stuttgard, H.                         Kriege aus New-York. am andern Tage war der Permanenzeiser abgekühlt; man                         hatte eingesehen, daß es die Thätigkeit der ganzen Partei paralysiren heißt,                         wenn man ihre tüchtigsten Glieder auf ungewisse Aussicht so zur Unthätigkeit                         verdamme. Es wurde beschlossen, bis zur definitiven Konstituirung des                         Central-Comités fünf Mitglieder des Kongresses in Frankfurt                         zurückzulassen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar024_007" type="jArticle">
          <head>Schlesisch-polnische Gränze.</head>
          <p>In Kalisch proklamirt ein russischer Priester in der griechischen Kirche ein                         neues Manifest des Kaisers an seine treuen Unterthanen, welches ziemlich                         lächerlich klingt, aber deutlich zeigt, was eigentlich die Russen                         beabsichtigen. Es heißt darin nämlich: &#x201E;Die griechische Religion                         unterscheidet sich wenig von der kath. Weil nun beide Confessionen wenig                         oder vielmehr gar nicht von einander abweichen und der Kaiser aller Reußen                         das Haupt der einen sei, so müsse er auch die andere vertheidigen und sie                         nicht entehren lassen. Im Großherzogthum Posen aber und in Galizien werden                         katholische Priester von den Deutschen und Juden auf das grausamste                         gemißhandelt und in Gefängnisse geworfen, katholische Kirchen werden von der                         rohen Soldateska entweiht und beraubt. Es sei hier viel unschuldiges                         katholisches Blut vergossen worden. Diese Gründe bewegen den Kaiser, den                         Beherrscher aller Gläubigen, einen Kreuzzug gegen diese Barbaren zu                         unternehmen und Rache zu nehmen an den Unterdrückern der katholischen Kirche                         und der slavischen Völker. Dies sind die wichtigsten Punkte des                         Manifestes.</p>
          <p>Es heißt überhaupt, daß die Russen den 16. (28.) oder den 20. (2. Juli) d.                         Mts. nach dem russischen Kalender nach Posen unter Erlon einrücken werden,                         200 Wagen sind in der Umgegend von Kalisch zum Fortschaffen der Bagage auf                         diesen Termin bestellt.&#x201C;</p>
          <bibl>(A. O. Z.)</bibl>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Ungarn.</head>
        <div xml:id="ar024_008" type="jArticle">
          <head>Preßburg, 17. Juni.</head>
          <p>So eben hören wir, daß Carlovitz, der Sitz der illyrischen Rebellen, vom F.                         M. L. <hi rendition="#g">Hrabovsky</hi> nach dreimaliger Aufforderung zur                         Uebergabe, bombardirt und eingenommen worden ist. Der General der nur 900                         Mann reguläre Truppen befehligte, hatte den sechstausend Mann zählenden                         Feind in die Flucht geschlagen, und eine große Niederlage (wie verlautet                         sollen von den Letzteren 2000 gefallen sein) unter ihnen gemacht.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Schweiz.</head>
        <div xml:id="ar024_009" type="jArticle">
          <head><bibl><author>***</author></bibl>Zürich, 19. Juni.</head>
          <p>In diesen Tagen beendigt die Tagsatzung ihre Berathungen über die                         Bundesrevision, worauf dann die einzelnen Kantone über Annahme oder                         Verwerfung der neuen Bundesverfassung ihre Gesandten für die nächste                         ordentliche Tagsatzung, die am 3. Juli zusammentritt, zu instruiren haben;                         in den meisten Kantonen wird, da es eine Verfassungsveränderung ist, eine                         Abstimmung des ganzen Volkes über Annahme oder Verwerfung stattfinden. Bis                         jetzt ist das Interesse des größten Theils der Bevölkerung für die                         Revisionsarbeiten außerordentlich gering gewesen; keine Spur von den                         heftigen Geburtswehen, welche sonst ein Volk durchzucken, wenn es sich aus                         veralteten und verknöcherten Formen losringt; die Frühlingsstürme, welche                         Europa durchbrausen, dringen nicht zu uns herein, und wir freuen uns, daß                         bei uns Alles so hübsch ordentlich und ruhig zugeht. Die Fragen, ob die                         eidgenössischen Soldaten Helm, Tschakko oder Käppi tragen sollten, ob unter                         die eidgenössische Kavallerie auch Stumpfschwänze aufgenommen werden                         dürften, hat zu Zeiten sowohl in der Tagsatzung, als im Publikum größere                         Aufregung hervorgebracht, als gegenwärtig die ganze Bundesrevision. Und doch                         hat man das mangelhafte und drückende der alten Bundesverfassung lange und                         lebhaft genug gefühlt; die neue Bundesverfassung leidet an manchen Gebrechen                         und Inkonsequenzen, weil sie jeden entschiedenen Bruch mit dem historisch                         Gegebenen ängstlich vermeiden und allen bestehenden Verhältnissen möglichst                         Rechnung tragen wollte; dennoch enthält sie anerkennenswerthe und                         wesentliche Verbesserungen. An die Stelle der Tagsatzung, welche der                         Kantonalsouveränetät gegenüber machtlos war, und auf welcher die 13,000                         Urner grade soviel galten, als die 430,000 Berner, tritt eine enervische                         Bundesbehörde, in welcher nicht blos die einzelnen Kontone gertreten sind,                         sondern, im Nationalrathe, auch die Gesammtbevölkerung, so, daß also die                         größern Kantone den ihnen gebührenden größern Einfluß auf die Entscheidung                         gemeinschaftlicher Angelegenheiten erhalten. Zölle, Posten u. s. w. werden                         centralisirt, die innern Zölle eines Kontons gegen den andern fallen                         gänzlich weg. Freies Niederlassungsrecht, Ausübung des aktiven Bürgerrechts                         für den Niedergelassenen dort, wo er seit zwei Jahren niedergelassen ist,                         freie Kultusübung (für die anerkannten christlichen Confessionen)                         Preßfreiheit werden von Bundeswegen garantirt und also den willkürlichen                         Beschränkungen einzelner Kantone entzogen; die Kantonsverfassungen, wenn sie                         Nichts enthalten, was diesen allgemeinen Bundesbestimmungen widerspricht,                         werden vom Bunde garantirt und somit vor etwaigen Putschen und                         Handstreichern sicher gestellt. Niemand, der die Schweizer Verhältnisse nur                         einigermaßen kennt, wird verkennen, daß dieses Alles wesentliche Reformen                         sind, und daß sie grade für die Schweiz wesentlicher und bedeutender sind,                         als sie vielleicht für ein anderes Land erscheinen könnten. Und dennoch                         diese geringe Theilnahme des Volkes! Der Grund mag einestheils darin liegen,                         daß die ganze Bundesrevision sich so lange hingezogen hat; schon seit Anfang                         der dreißiger Jahre bildet die Bundesrevision einen stehenden Artikel unter                         den Tractanden der Tagsatzung, und als nun endlich zu Anfang dieses Jahres                         die Bundesrevisionskommission niedergesetzt wurde, so konnten die geheimen                         Sitzungen derselben, welche der ganzen Sache ein ziemlich diplomatisches                         oder büreaukratisches Ansehen gaben, sich nicht wohl dazu eignen, eine                         besondere Theilnahme des Volkes anzuregen. Dazu kömmt noch, daß während der                         jetzt zu Ende gehenden Tagsatzungsverhandlungen über die Bundesrevision                         beständig die ziemlich abkühlende Aussicht im Hintergrunde steht, die ganze                         Arbeit könne möglicherweise umsonst sein, und die neue Verfassung                         schließlich von den Kantonen verworfen werden. &#x201E;Uebersehen wir nicht, meine                         Herren&#x201C;, sagte Herr Bürgermeister Furrer bei der Instruktionsberathung im                         Zürcher Gr. Rathe, &#x201E;daß die ganze Sache möglicherweise wieder unter's Eis                         gehen kann;&#x201C; schon vorher hatte er bemerkt, &#x201E;die Sache sei ihm bis zum                         Sterben verleidet&#x201C;; er hatte nämlich an allen langweiligen Verhandlungen der                         Bundesrevisionskommission so wie in Zürich an den Vorberathungen der dem Gr.                         Rathe vorzulegenden Instruktionen von Anfang bis zu Ende Theil genommen.                         Aber alles dieses erklärt noch nicht zur Genüge die Lauheit des Volkes gegen                         die Bundesrevision; der Hauptgrund liegt in dem Bewußtsein, daß die neue                         Verfassung mit der Vergangenheit durchaus nicht bricht, daß sie nur auf dem                         bestehenden herrschenden System fortbaut, daß sie keinen <hi rendition="#g">qualitativen Fortschritt</hi> bildet. Dieses macht die Anhänger des                         Bestehenden &#x2012; und dazu gehört auch der größte Theil der Radikalen &#x2012; ruhig,                         die wirklichen entschiedenen Radikalen hingegen mißmuthig und gleichgültig                         gegen die gebotenen Verbesserungen. Nicht einer unmittelbar aus dem Volk                         hervorgegangenen konstitutionellen Nationalversammlung (Verfassungsrath)                         wurde die Bundesreform übertragen, sondern der alten Bundesbehörde selbst,                         der Tagsatzung, deren Impotenz nur von der des hochseligen Frankfurter                         Bundestages übertroffen wurde. Dann war gleich ausgesprochen, daß man nicht                         eine durchgreifende Umgestalung, eine neue Errichtung der Eidgenossenschaft                         auf neuen Grundlagen wollte, sondern nur eine Verbesserung des Bestehenden,                         so gut es gehen mochte. Und das ist in der That der Wille der Mehrheit des                         Schweizer Volkes, was auch die Radikalen, die den Verfassungsrath                         verlangten, dagegen sagen mochten. Was gegenwärtig andere Völker <hi rendition="#g">zunächst</hi> bewegt, Erlangung gleicher politischer                         Rechte für Alle, das hat der Schweizer voraus, d. h. in der Verfassung; in                         der Wirklichkeit sind die Schweizer'schen Republiken so gut Bourgeoisie- und                         Polizeistaaten, wie alle andern. Darum hat sich auch die Bundesrevision                         sorgfältig gehütet, an den herrschenden socialen Verhältnissen auch nur im                         Geringsten zu rütteln, und darum hat man auch vor den dargebotenen Reformen                         keine große Angst. Und doch ist unter den neuen Verfassungsbestimmungen                         eine, welche, vielleicht gegen den Willen der Schweizer selbst, wirkliche                         Umgestaltungen der Verhältnisse hervorbringen kann. Diese ist das freie                         Niederlassungsrecht, über dessen Bedeutung ich Ihnen ein anderesmal                         schreiben werde.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Italien.</head>
        <div xml:id="ar024_010_c" type="jArticle">
          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 24. Juni 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 164.</bibl></note>
          <head><bibl><author>*</author></bibl>Turin, 15. Juni.</head>
          <gap reason="copyright"/>
        </div>
        <div xml:id="ar024_011_c" type="jArticle">
          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 24. Juni 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 164.</bibl></note>
          <head><bibl><author>7</author></bibl>Turin, 16. Juni.</head>
          <gap reason="copyright"/>
        </div>
        <div xml:id="ar024_012_c" type="jArticle">
          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 24. Juni 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 164.</bibl></note>
          <head><bibl><author>*</author></bibl>Mailand, 12. Juni.</head>
          <gap reason="copyright"/>
        </div>
        <div xml:id="ar024_013_c" type="jArticle">
          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 24. Juni 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 164.</bibl></note>
          <head><bibl><author>20</author></bibl>Mailand, 14. Juni.</head>
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          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 24. Juni 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 164.</bibl></note>
          <head><bibl><author>**</author></bibl>Rom, 12. Juni.</head>
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          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 24. Juni 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 164.</bibl></note>
          <head><bibl><author>*</author></bibl>Neapel, 8. Juni.</head>
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          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 24. Juni 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 164.</bibl></note>
          <head><bibl><author>7</author></bibl>Palermo, 10. Juni.</head>
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          <head>Venedig, 13. Juni.</head>
          <p>Ich halte es für wichtig genug Ihnen ungesäumt folgendes zu melden. Bereits                         früher, nachdem man
</p>
        </div>
      </div>
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</TEI>
[0108/0002] ihrer Waare zu verdanken. Die Lager der hiesigen Wollhändler sind noch wenig geräumt und würden die Rheinländer, wenn sie Kauflust zeigen sollten, sich hier vollständig befriedigen können. ‒ 20. Juni. Die russische Note, welche gestern Abend durch einen Courier hier eingegangen ist, soll die Erklärung Nesselrode's enthalten, daß Rußland die Existenz eines auf nationaler Grundlage reorganisirten Posens unter keiner Bedingung dulden werde, und das Beharren der preußischen Regierung auf den Reorganisationsplänen für einen casus belli ansehen müsse. * Frankfurt, 18. Juni. (Verspätet.) Während die Nationalversammlung ihre Sitzungen aussetzt, theils weil sie beschlossen hatte, nichts zu thun, theils weil sie wirklich nichts zu thun hatte, wurde hier in den Tagen des 14. bis 17. Juni der Kongreß der demokratischen Partei gehalten. Veranlassung hierzu war die Nothwendigkeit, daß die Partei aus ihrem bisherigen naturwüchsigen Zustande heraustrete, die Rücksichten auf lokale Verhältnisse und alle damit zusammenhängende Bestrebungen fallen lasse, sich unter einem großen Princip zu einem großen Ganzen vereinige, und auf die Durchführung dieses Princips ihre ganze Thätigkeit concentrire. Ungefähr neunzig Vereine der verschiedenen Theile Deutschlands hatten zu diesem Kongresse Abgeordnete gesandt; die großen Städte, in denen mehrere Vereine bestehen, waren mehrfach vertreten. So Berlin, Breslau, Köln, Leipzig, Frankfurt, Mainz u. s. w. Von Wien erschienen zwei Abgeordnete als Repräsentanten des Volkscomités, d. h. der Stadt selber. Nur München hatte nicht deputirt, doch waren zwei Männer aus eignem Antriebe hergekommen. Im Ganzen bestand die Versammlung aus 225 Mitgliedern. Der erste Tag der Verhandlungen wurde zum größten Theile in der Berathung über den Grundsatz hingenommen, welcher das Glaubensbekenntniß der deutschen demokratischen Partei kurz und unumwunden darlegen sollte. Der Kongreß entschied sich für den Vorschlag des Abg. Gottschalk aus Köln, der mit einer unwesentlichen Abänderung in folgender Fassung angenommen wurde: „Es gibt nur Eine für das deutsche Volk haltbare Verfassung: die demokratische Republik, d. h. eine Verfassung, in welcher die Gesammtheit für die Freiheit und Wohlfahrt jedes Einzelnen verantwortlich ist.“ Die langen Debatten, welche der Annahme dieses Satzes vorhergingen, hatten keineswegs ihren Grund in einer principiellen Meinungsverschiedenheit, welche die Versammlung gespalten hätte. Daß Deutschland in einer Republik der Klassenvorrechte, des Klassenmonopols, wie sie gegenwärtig die herrschende Partei in Frankreich will, zum Ziele nicht gelangen könne, darüber war man allgemein einverstanden, und nur ein einziges Mitglied fand sich veranlaßt, seinen Austritt zu erklären, weil es seine Ueberzeugung mit der des Kongresses nicht vereinbaren konnte. Die Diskussion drehte sich vielmehr um Fassungsfragen. Ein Theil der Versammlung meinte nämlich, man dürfe das Princip nicht blos einfach aussprechen, man müsse es auch motiviren, in seiner Berechtigung hinstellen, um Mißverständnissen und Verdächtigungen zu begegnen; Andere hielten dafür, man müsse der einen Partei gegenüber sich weitläufiger erklären, man müsse dem Volke sagen, welche Veränderungen in seinen sozialen Verhältnissen die Ausführung des Prinzips zur Folge haben werde, noch Andere glaubten, man werde der Partei großen Zuwachs verschaffen, wenn man ihren jetzigen Gegnern nur gründliche Erörterungen vorhalte u. s. w. Alle diese Bedenken wurden durch die Erwägung beseitigt, daß die eigne Partei keiner Aufklärung bedürfe, daß sie von ihren Bevollmächtigten nur die Verkündigung ihres Willens erwarte, sodann, daß den Gegnern gegenüber die Zeit der friedlichen Diskussion vorüber sei, daß man sie als „genugsam unterrichtet“ betrachten müsse. Uebereinstimmend mit dieser Ansicht, wodurch der Kongreß es aussprach, daß die demokratische Partei sich auf dem Boden der revolutionären Praxis bewege, beschloß die Versammlung am folgenden Tage, ihre Verhandlungen nicht zu publiciren, sondern allein ihre Beschlüsse, wie es in Nordamerika Sitte, zur öffentlichen Kenntniß zu bringen. Uebereinstimmend mit dieser Ansicht wurde endlich am dritten Tage der Antrag verworfen, ein besonderes Manifest zu erlassen. Die Aufklärer versuchten hiermit zum dritten Male ihrem Bedürfniß abzuhelfen; der wehmüthigste Predigerton wurde angeschlagen, um die Gefahren eines nakten Prinzips, die Vorzüge einer gründlich breiten Auseinandersetzung zu schildern. Die Versammlung blieb unerschütterlich, sie beschloß, als einziges Manifest ihre Beschlüsse zu betrachten und diesen nur einen faktischen Bericht über ihren Zusammentritt voranzustellen. Dieser letztre Beschluß wurde gefaßt, nachdem der Kongreß seine zweite Hauptaufgabe bereits erledigt hatte. Die Aufstellung des Grundsatzes war die erste gewesen, die zweite bestand in der Organisation der Partei. Zu diesem Zwecke war eine Kommission niedergesetzt worden; ihre Vorschläge bildeten der Gegenstand der Verhandlungen am zweiten Tage. Die Kommission beantragte einen Centralausschuß zu bilden, welchem die obere Leitung der Angelegenheiten sämmtlicher demokratischen Vereine zu übertragen sei; das Mandat dieses Ausschusses solle unbeschränkt und er selbst nur dem Kongresse verantwortlich sein, der im Oktober dieses Jahres einzuberufen wäre. Gegen diesen letzten Antrag erhob sich sehr lebhafter Widerspruch. Man glaubte darin eine gefährliche Diktatur zu erkennen, das sei undemokratisch. Man müsse die Funktionen des Ausschusses genau bezeichnen, blindes Vertrauen auf Personen sei ein Geständniß der Unselbständigkeit; man müsse offen zu Werke gehen u. s. w. So beschloß denn die Versammlung, die Vollmacht des Ausschusses näher zu bestimmen. Sie vereinigte sich über folgende Punkte: 1. Es wird ein Central Comité niedergesetz. ‒ Gegenantrag war, daß der Vorstand des Vereins, welcher an dem zu bestimmenden Vorort seinen Sitz habe, mit der Vollmacht des Central-Comités bekleidet werde. 2. Die Bestimmung des Central-Comités ist, die demokratisch-republikanische Partei zu einigen und zu stärken. 3. Das Comité ist zu diesem Zwecke berechtigt und verpflichtet, eine rege Korrespondenz unter sämmtlichen Vereinen durch ganz Deutschland zu erhalten. 4. Das Comité ist verpflichtet, regelmäßige Berichte der Vereine einzufordern. 5. Das Comité hat alles Wichtige aus diesen Berichten auf geeignetem Wege den Vereinen mitzutheilen. 6. Das Comité ist berechtigt, im Falle außerordentlichen Entwicklungen den demokratischen Kongreß einzuberufen. Zu Punkt 5 wurde nachträglich beschlossen, die Berichte des Central-Comités durch die „Neue Rheinische Zeitung“, die „Berliner Zeitungshalle“ und die nächstens wieder erscheinende „Volkszeitung“ zu publiziren. In der Nachmittagssitzung dieses Tages beschloß die Versammlung zunächst die schon bekannte Adresse an die Nationalversammlung wegen der Einberufung von Fr. Hecker. Wir verbinden hiermit einen Beschluß vom folgenden Tage, welcher den Austritt eines Mitgliedes zur Folge hatte. Er ging dahin, die Nationalversammlung zu veranlassen, daß sie an die Badische Regierung die Forderung stelle, die gefänglich eingezogenen Republikaner frei zu lassen, die exilirten aber zurückzuberufen. Auf die Adresse wegen Hecker folgte die Diskussion über den Ort, wo der Centralausschuß seinen Sitz nehmen sollte. Es zeigte sich hier zum ersten Male, daß die Versammlung sich noch nicht gänzlich von dem Geiste des Lokalpatriotismus befreit hatte. Die Kommission hatte sich für Berlin entschieden; sie hatte auf die jüngste Vergangenheit hingewiesen und auf die Rolle, welche Berlin in der deutschen Bewegung zu spielen berufen sei, sie hatte ausführlich dargelegt, weshalb Frankfurt zum Vorort nicht geeignet sei. Gleichwohl kamen die Süddeutschen auf Frankfurt zurück. Andere schlugen Leipzig vor, andere Altenburg, Bamberg, Marburg. Der Kongreß zeigte sich auch diesmal seines Berufes würdig; der Kommissionsantrag wurde von der überwiegenden Majorität angenommen. Hierauf ward die Zahl der Ausschußmitglieder festgesetzt; fünf sollen das Comité bilden; drei davon werden vom Kongreß durch geheimes Skrutinium ernannt, die beiden übrigen von den Berliner Vereinen. Zur Aufbringung der nächsten Unterhaltskosten für die drei vom Kongreß gewählten Mitglieder wurde eine Liste zum Einzeichnen von Beiträgen aufgelegt, die sich alsbald mit zahlreichen Unterschriften bedeckte. Es blieb nur noch, um die Organisation zu vollenden, die Bestimmung der Kreisvororte übrig, welche die Vereine eines jeden Kreises miteinander in Verbindung halten, auf die Bildung neuer Vereine hinwirken und mit dem Central-Comité in direkter Kommunikation stehen. Als solche wurden am dritten Tage festgesetzt: Für Baden Mannheim, für Würtemberg Stuttgard, für Baiern Bamberg, für Oestreich Wien, für die beiden Hessen und Nassau Frankfurt und Marburg, für Thüringen Jena, für Sachsen Leipzig, für Rheinpreußen und Westphalen Köln, für Preußisch Sachsen Halle, für den Nordwesten von Deutschland Hamburg, für den Nordosten: Stettin, Berlin, Königsberg, für Schlesien Breslau. Zugleich wurde beschlossen, daß binnen 14 Tagen nach dem Schluße des Kongresses Kreiskongresse in jedem einzelnen Kreisvororte einberufen werden sollen. Hiermit waren die wesentlichen Arbeiten der Versammlung vollendet. Wir haben aber bereits angeführt, daß noch die Debatte über ein zu erlassendes Manifest folgte. Als dieser Antrag gefallen war, kamen noch eine Menge spezieller Anträge zur Verlesung, die meistens Vorschläge zu socialen Verbesserungen enthielten. Sie wurden sämmtlich durch die Tagesordnung beseitigt. Eines Antrags gedenken wir hier, weil er wahrscheinlich Stoff zu witzigen Bemerkungen über den Kongreß bieten wird. Es ist dies der Antrag, die Frauen an die politisch socialen Debatten zu betheiligen. Die Versammlung vernahm die Motivirung dieses Antrages mit der ernstesten Aufmerksamkeit; gleichwohl entschied sie sich nicht dafür, und zwar deshalb, weil sie sich bereits dafür entschieden hatte. Die Tagesordnung wurde dahin motivirt, daß der Kongreß durch sein Grundprinzip die gleiche Berechtigung Aller anerkenne, die Frauen also ohne besondre Erklärung darin einbegriffen seien. Jetzt sollte endlich die Versammlung zu ihrer Schlußhandlung, der Wahl der Ausschußmitglieder schreiten. Aber ein neues Hinderniß stellte sich in den Weg. Die Südländer konnten es nicht verschmerzen, daß Frankfurt nicht der Mittelpunkt der Partei sein sollte. Da dachten sie denn durch einen großen Antrag die Versammlung hinzureißen; sie verlangten, der Kongreß solle sich permanent erklären. Aber die Majorität beschloß zunächst die Wahlen vorzunehmen, sie wolle denn nachträglich auch die Permanenzanträger noch höre. Zu diesem Beschluß konnte sie indessen erst nach namentlicher Abstimmung gelangen. Die Wahlen wurden noch an demselben Abende vorgenommen und dieses Geschäft dauerte bis spät in die Nacht. Zu Mitgliedern des Centralausschusses wurde gewählt: Jul. Froebel, G. Rau aus Stuttgard, H. Kriege aus New-York. am andern Tage war der Permanenzeiser abgekühlt; man hatte eingesehen, daß es die Thätigkeit der ganzen Partei paralysiren heißt, wenn man ihre tüchtigsten Glieder auf ungewisse Aussicht so zur Unthätigkeit verdamme. Es wurde beschlossen, bis zur definitiven Konstituirung des Central-Comités fünf Mitglieder des Kongresses in Frankfurt zurückzulassen. Schlesisch-polnische Gränze. In Kalisch proklamirt ein russischer Priester in der griechischen Kirche ein neues Manifest des Kaisers an seine treuen Unterthanen, welches ziemlich lächerlich klingt, aber deutlich zeigt, was eigentlich die Russen beabsichtigen. Es heißt darin nämlich: „Die griechische Religion unterscheidet sich wenig von der kath. Weil nun beide Confessionen wenig oder vielmehr gar nicht von einander abweichen und der Kaiser aller Reußen das Haupt der einen sei, so müsse er auch die andere vertheidigen und sie nicht entehren lassen. Im Großherzogthum Posen aber und in Galizien werden katholische Priester von den Deutschen und Juden auf das grausamste gemißhandelt und in Gefängnisse geworfen, katholische Kirchen werden von der rohen Soldateska entweiht und beraubt. Es sei hier viel unschuldiges katholisches Blut vergossen worden. Diese Gründe bewegen den Kaiser, den Beherrscher aller Gläubigen, einen Kreuzzug gegen diese Barbaren zu unternehmen und Rache zu nehmen an den Unterdrückern der katholischen Kirche und der slavischen Völker. Dies sind die wichtigsten Punkte des Manifestes. Es heißt überhaupt, daß die Russen den 16. (28.) oder den 20. (2. Juli) d. Mts. nach dem russischen Kalender nach Posen unter Erlon einrücken werden, 200 Wagen sind in der Umgegend von Kalisch zum Fortschaffen der Bagage auf diesen Termin bestellt.“ (A. O. Z.) Ungarn. Preßburg, 17. Juni. So eben hören wir, daß Carlovitz, der Sitz der illyrischen Rebellen, vom F. M. L. Hrabovsky nach dreimaliger Aufforderung zur Uebergabe, bombardirt und eingenommen worden ist. Der General der nur 900 Mann reguläre Truppen befehligte, hatte den sechstausend Mann zählenden Feind in die Flucht geschlagen, und eine große Niederlage (wie verlautet sollen von den Letzteren 2000 gefallen sein) unter ihnen gemacht. Schweiz. ***Zürich, 19. Juni. In diesen Tagen beendigt die Tagsatzung ihre Berathungen über die Bundesrevision, worauf dann die einzelnen Kantone über Annahme oder Verwerfung der neuen Bundesverfassung ihre Gesandten für die nächste ordentliche Tagsatzung, die am 3. Juli zusammentritt, zu instruiren haben; in den meisten Kantonen wird, da es eine Verfassungsveränderung ist, eine Abstimmung des ganzen Volkes über Annahme oder Verwerfung stattfinden. Bis jetzt ist das Interesse des größten Theils der Bevölkerung für die Revisionsarbeiten außerordentlich gering gewesen; keine Spur von den heftigen Geburtswehen, welche sonst ein Volk durchzucken, wenn es sich aus veralteten und verknöcherten Formen losringt; die Frühlingsstürme, welche Europa durchbrausen, dringen nicht zu uns herein, und wir freuen uns, daß bei uns Alles so hübsch ordentlich und ruhig zugeht. Die Fragen, ob die eidgenössischen Soldaten Helm, Tschakko oder Käppi tragen sollten, ob unter die eidgenössische Kavallerie auch Stumpfschwänze aufgenommen werden dürften, hat zu Zeiten sowohl in der Tagsatzung, als im Publikum größere Aufregung hervorgebracht, als gegenwärtig die ganze Bundesrevision. Und doch hat man das mangelhafte und drückende der alten Bundesverfassung lange und lebhaft genug gefühlt; die neue Bundesverfassung leidet an manchen Gebrechen und Inkonsequenzen, weil sie jeden entschiedenen Bruch mit dem historisch Gegebenen ängstlich vermeiden und allen bestehenden Verhältnissen möglichst Rechnung tragen wollte; dennoch enthält sie anerkennenswerthe und wesentliche Verbesserungen. An die Stelle der Tagsatzung, welche der Kantonalsouveränetät gegenüber machtlos war, und auf welcher die 13,000 Urner grade soviel galten, als die 430,000 Berner, tritt eine enervische Bundesbehörde, in welcher nicht blos die einzelnen Kontone gertreten sind, sondern, im Nationalrathe, auch die Gesammtbevölkerung, so, daß also die größern Kantone den ihnen gebührenden größern Einfluß auf die Entscheidung gemeinschaftlicher Angelegenheiten erhalten. Zölle, Posten u. s. w. werden centralisirt, die innern Zölle eines Kontons gegen den andern fallen gänzlich weg. Freies Niederlassungsrecht, Ausübung des aktiven Bürgerrechts für den Niedergelassenen dort, wo er seit zwei Jahren niedergelassen ist, freie Kultusübung (für die anerkannten christlichen Confessionen) Preßfreiheit werden von Bundeswegen garantirt und also den willkürlichen Beschränkungen einzelner Kantone entzogen; die Kantonsverfassungen, wenn sie Nichts enthalten, was diesen allgemeinen Bundesbestimmungen widerspricht, werden vom Bunde garantirt und somit vor etwaigen Putschen und Handstreichern sicher gestellt. Niemand, der die Schweizer Verhältnisse nur einigermaßen kennt, wird verkennen, daß dieses Alles wesentliche Reformen sind, und daß sie grade für die Schweiz wesentlicher und bedeutender sind, als sie vielleicht für ein anderes Land erscheinen könnten. Und dennoch diese geringe Theilnahme des Volkes! Der Grund mag einestheils darin liegen, daß die ganze Bundesrevision sich so lange hingezogen hat; schon seit Anfang der dreißiger Jahre bildet die Bundesrevision einen stehenden Artikel unter den Tractanden der Tagsatzung, und als nun endlich zu Anfang dieses Jahres die Bundesrevisionskommission niedergesetzt wurde, so konnten die geheimen Sitzungen derselben, welche der ganzen Sache ein ziemlich diplomatisches oder büreaukratisches Ansehen gaben, sich nicht wohl dazu eignen, eine besondere Theilnahme des Volkes anzuregen. Dazu kömmt noch, daß während der jetzt zu Ende gehenden Tagsatzungsverhandlungen über die Bundesrevision beständig die ziemlich abkühlende Aussicht im Hintergrunde steht, die ganze Arbeit könne möglicherweise umsonst sein, und die neue Verfassung schließlich von den Kantonen verworfen werden. „Uebersehen wir nicht, meine Herren“, sagte Herr Bürgermeister Furrer bei der Instruktionsberathung im Zürcher Gr. Rathe, „daß die ganze Sache möglicherweise wieder unter's Eis gehen kann;“ schon vorher hatte er bemerkt, „die Sache sei ihm bis zum Sterben verleidet“; er hatte nämlich an allen langweiligen Verhandlungen der Bundesrevisionskommission so wie in Zürich an den Vorberathungen der dem Gr. Rathe vorzulegenden Instruktionen von Anfang bis zu Ende Theil genommen. Aber alles dieses erklärt noch nicht zur Genüge die Lauheit des Volkes gegen die Bundesrevision; der Hauptgrund liegt in dem Bewußtsein, daß die neue Verfassung mit der Vergangenheit durchaus nicht bricht, daß sie nur auf dem bestehenden herrschenden System fortbaut, daß sie keinen qualitativen Fortschritt bildet. Dieses macht die Anhänger des Bestehenden ‒ und dazu gehört auch der größte Theil der Radikalen ‒ ruhig, die wirklichen entschiedenen Radikalen hingegen mißmuthig und gleichgültig gegen die gebotenen Verbesserungen. Nicht einer unmittelbar aus dem Volk hervorgegangenen konstitutionellen Nationalversammlung (Verfassungsrath) wurde die Bundesreform übertragen, sondern der alten Bundesbehörde selbst, der Tagsatzung, deren Impotenz nur von der des hochseligen Frankfurter Bundestages übertroffen wurde. Dann war gleich ausgesprochen, daß man nicht eine durchgreifende Umgestalung, eine neue Errichtung der Eidgenossenschaft auf neuen Grundlagen wollte, sondern nur eine Verbesserung des Bestehenden, so gut es gehen mochte. Und das ist in der That der Wille der Mehrheit des Schweizer Volkes, was auch die Radikalen, die den Verfassungsrath verlangten, dagegen sagen mochten. Was gegenwärtig andere Völker zunächst bewegt, Erlangung gleicher politischer Rechte für Alle, das hat der Schweizer voraus, d. h. in der Verfassung; in der Wirklichkeit sind die Schweizer'schen Republiken so gut Bourgeoisie- und Polizeistaaten, wie alle andern. Darum hat sich auch die Bundesrevision sorgfältig gehütet, an den herrschenden socialen Verhältnissen auch nur im Geringsten zu rütteln, und darum hat man auch vor den dargebotenen Reformen keine große Angst. Und doch ist unter den neuen Verfassungsbestimmungen eine, welche, vielleicht gegen den Willen der Schweizer selbst, wirkliche Umgestaltungen der Verhältnisse hervorbringen kann. Diese ist das freie Niederlassungsrecht, über dessen Bedeutung ich Ihnen ein anderesmal schreiben werde. Italien. *Turin, 15. Juni. _ 7Turin, 16. Juni. _ *Mailand, 12. Juni. _ 20Mailand, 14. Juni. _ **Rom, 12. Juni. _ *Neapel, 8. Juni. _ 7Palermo, 10. Juni. _ Venedig, 13. Juni. Ich halte es für wichtig genug Ihnen ungesäumt folgendes zu melden. Bereits früher, nachdem man

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 24. Köln, 24. Juni 1848, S. 0108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz024_1848/2>, abgerufen am 19.04.2024.