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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 21. Köln, 21. Juni 1848. Beilage.

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Beilage zu Nr. 21 der Neuen Rheinischen Zeitung,
Mittwoch, 21. Juni.
[Großbritannien]

[Verfolg von Seite 91]

Hut nach dem Sitzungssaale mitbringen und dort in voller Versammlung ihr Mittagsmahl halten. Der bäuerliche Wagen - dura ilia messorum - ist bei Ermangelung eines deutschen Bellamy nicht im Stande, die lange Discussionszeit auszudauern, Außerdem legt man ihnen übertriebene Sparsamkeit zu Last. Es ist berechnet worden, daß die Deputirten vom Dorfe an ihren Diäten täglich 2 Thlr. 15 Slbrg. sparen und wenn die Session lange währen sollte, als reiche Leute nach Hause kommen werden. Die Deputirten kosten bereits 27000 Thlr. für - Nichts. Ein satyrischer Schelm macht den Vorschlag, die Deputirten sollen auf Akordarbeiten, zu so und so viel jeder Paragraph der Verfassung. Die Deputirten vom Dorfe werden fleißig zu den soirees der verschiedenen Minister eingeladen. Hier erregen sie die nämliche Aufmerksamkeit, wie es etwa ein Trupp der Ojibbeways-Indianer in den Salons des Herzogs von Devonshire thun würde. In gesellschaftlicher Beziehung fühlen sie sich unbehaglich und nicht am Platze; in politischer Hinsicht sind sie unfähig, sei's dem Lande, sei's ihrer eigenen Klasse, irgend einen Dienst zu leisten, Der Volksinstinct hat mit auffallender Schnelligkeit ihre Mängel entdeckt und die arbeitende Klasse selbst ist es, die ihnen am energischsten ihre Mißachtung zu erkennen giebt."

* London, 18. Juni.

Eine der größten Tagesfragen ist hier zu Lande augenblicklich das Schicksal der westindischen Kolonieen. Unter dem britischen Westindien versteht man die Inseln Antigua, Barbados, Barbuda, Auguilla, Dominica, Grenada, St. Lucia, St. Vincent, Tobago, Trinidad, die Virginien Inseln und Jamaica, so wie auf dem südamerikanischen Kontinente, das sogenannte britische Guiana. Die Erzeugnisse dieser Kolonien bestehen fast ausschließlich aus Zucker, Syrop, Rum, Kaffe und Cacao; der Zucker-Produktion wegen, waren sie dem Mutterlande vor allen Dingen wichtig.

Nach jahrelanger Prosperität, die freilich auch bisweilen durch eine Periode des Darniederliegens unterbrochen wurde, hat sich die Lage dieser Kolonien in der letzten Zeit so sehr verschlechtert, daß sie der Gegenstand der ausführlichsten Parlaments-Debatten geworden ist. Fassen wir daraus die Hauptpunkte zusammen. Zwei Sachen sind es, welche die Westindianer namentlich als Grund ihres Verarmens angegeben. Die Emancipation der Sclaven und die Freihandelsmaßregeln von 1844 und 1846. Wie bekannt unterstützte das britische Parlament den Sclavenhandel eine Reihe von Jahren lang und es bedurfte der 20jährigen Agitation einiger eifrigen Philanthropen, eines Wilberforce, eines Thomas Clarkson, ehe man sich dazu entschloß, in dem bisherigen System eine Aenderung eintreten zu lassen. Am 28. Aug. 1833 passirte indeß endlich ein Akt, wonach am 1. Aug. 1834 die Sclaverei in allen britischen Kolonieen ein Ende erreichte, indem sämmtlich Schwarze indeß noch für einen gewissen Zeitraum die Lehrlinge ihrer früheren Herren blieben. Wir brauchen hier nicht auseinander zu setzen, in wie weit man sich aus rein philanthropischen oder aus ökonomischen Gründen zu diesem Experimente verleiten ließ; genug, der Staat kaufte 770, 280 Sclaven zu 12 bis 53 Pfund Sterling per Kopf, aus ihren frühern Verhältnissen los und vergütete den Pflanzern zusammen 20 Millionen Pfund. Man glaubte hiermit allen vernünftigen Anforderungen entsprochen zu haben; da indeß von jenen 20 Millionen der größere Theil für früher geleistete Vorschüsse gleich wieder in die Hände der Londoner Kapitalisten floß und die Maßregel, daß sämmtliche Sclaven noch für eine Zeit lang die Lehrlinge ihrer Herren blieben, schon im Jahre 1838 wieder aufgehoben wurde, so konnte ein Verlangen höheren Lohnes von Seiten der nun wirklich emancipirten Schwarzen eben aus Mangel an gehörigen Fonds nicht durch den Import weiterer freien Arbeiter und durch die daraus hervorgehende Konkurrenz derselben untereinander, balancirt werden. Die Vortheile der alten Sclaverei waren verschwunden; die Vortheile der auf freier Konkurrenz basirten Arbeitermisere, waren nicht so schnell wie man wünschte herbeizuführen. Selbst die im Jahre 1843 getroffene Maßregel des Parlamentes, den westindischen Pflanzern von Ost-Indien aus die Einwanderung der sogenannten Coolies zu erleichtern, konnte nicht wirksam benutzt werden. Die Klagen der Westindianer über die Thorheit jenes großen philanthropischen Experimentes wurden daher immer lauter; sie erreichten indeß ihren Gipfel, als durch die Freihandelsmaßregeln Peel's und Russel's die Zucker-Einfuhr fremder noch durch Sclavenarbeit betriebener Kolonieen mit dem Produkt der emancipirten westindischen Besitzungen auf denselben Eingangszoll gebracht wurde. Wenn man damals John Bull als einen kranken kleinen Knaben karrikirte, dem die Mutter Peel die bittere Medizin der Income-Tax mit der Vertröstung eingab, daß er auch ein recht großes Stück Zucker haben solle, wenn er das Verhaßte ruhig hinunterschlucke, so illustrirte man dadurch nur gar zu hübsch die Vortheile, welche das Mutterland von einer billigen Zucker-Einfuhr zu erwarten hatte.

Dem westindischen Pflanzer konnte damit natürlich aber wenig gedient sein, denn ob der Konsumo sich auch durch die verringerten Zölle um ein Bedeutendes steigerte, so kehrten sich die moralischen Engländer, die kurz vorher noch ungemein sensibel in Betreff der Sclaven gewesen waren, sehr wenig daran, ob sie Sclaven- oder Frei-Arbeiter-Zucker in ihren Thee warfen und kauften bei etwas niedrigem Preise bald von den Westindianern, so daß die Letztern schließlich die Kosten des ganzen Spaßes zu bezahlen hatten.

Die verwickelten Geldverhältnisse der zwei letzten Jahre und der Sturz einiger der ersten nach Westindien handelnder Londoner Häuser steigerte die Noth, namentlich der Eigner von Mauritius bis zur Verzweiflung und führte die Debatten herbei, welche eben in diesen Tagen die Zeit des Parlamentes mehr als je in Anspruch nehmen. Die alten politischen Parteien der Wigs und der Tory's, die sich in der letzten Zeit fast durchaus zu den Parteien der Protektionisten und der Freetrader umgestalten, stehen sich dabei schroff gegenüber. Auf der einen Seite die Protektionisten mit Lord George Bentinck und Disraeli an der Spitze, welche alle Schuld auf die jüngsten Freihandelsmaßregeln werfen und die Emancipation des Sclaven aufrecht erhhalten wollen; auf der andern die Freiheitsmänner, mit Russel, Peel, Cobden, Bright u. s. w. welche die Noth der Kolonien nur durch ein weiteres Befolgen des Freihandels-Systems und, wie es es namentlich Hr. Bright offen ausspricht, durch ein Wiedereinführen der Sclaverei gut zu machen suchen.

Ein wunderlicher Kampf! die hohen moralischen Lords und die demoralisirten Repräsentanten des Kommerzes treiben wieder ihr altes Spiel und es ist nur zu verwundern, daß man nicht daran denkt, wie auch wohl der ausgesogene Boden der westindischen Kolonieen, dem jungfräulichen Terrain der brasilianischen und ostindischen Flächen gegenüber, ein Grund des Verfalls der britischen Besitzungen sein kann.

27 London, 18. Juni.

Die Feinde der arbeitenden Klassen haben ihrer Ansicht nach durch die Verhinderung des Meetings auf Kennington Common einen großen Triumph errungen. Sie behaupten, jetzt sei es für immer mit den Chartisten vorbei, von nun an stehe die Herrschaft der privilegirten Klassen unerschütterlich fest. "Quem Deus vult perdere prius dementat," zu deutsch: "Wen die Götter verderben wollen, den schlagen sie mit Blindheit." Dieses Sprüchwort geht hier zu Lande seiner Erfüllung sichtbar entgegen. Die Whigs erließen weitere Siegesbülletins, als sie die Chartisten-Demonstration am Pfingstmontage wiederum durch Aufbietung von Truppen aller Waffengattungen, durch die gewöhnlichen und die Spezial-Constablers unterdrückt hatten. Zu der Zwangsbill für Irland fügten sie das Mundsperr-Gesetz gegen die arbeitende Klasse in ganz Großbritannien. Die Verurtheilung Mitchell's durch eine parteiische Jury genügt ihnen nicht, sie sperren auch diesseits über 200 Chartisten in's Gefängniß und vermehren diese Zahl noch jeden Tag. Ernest Jones wird nach Newgate geschleppt und damit er ja nicht auf freiem Fuße den Ausgang des Prozesses abwarten solle, verlangt man von ihm nicht blos eine unverschämt hohe Kaution, sondern weist auch die gleichwohl gestellten Bürgen unter allerhand Vorwände als nicht gehörig sicher zurück. Wo die Arbeiter von dem "geheiligten" Rechte der Versammlung unter freiem Himmel Gebrauch machen wollen, erläutert man ihnen dieses Recht nicht blos mit Polizei-Knütteln und Hirschfängern, sondern mit Bajonnetten und Kanonen. Die liberalen Bourgeois, Cobden, Hume und Konsorten an der Spitze, ersinnen den Humbug einer neuen Reformbewegung, um damit die arbeitende Klasse zu äffen, hinzuhalten und wenn's möglich wäre, von dem eigentlichen Ziele abzuwenden. Entblödet sich der abgenutzte Lord J. Russell nicht zu behaupten, das Volk verlange keine Reform, so ist das im Vergleich zu den Preßorganen des Ministeriums und der gesammten Bourgeoisie nur eine Kleinigkeit. Schaamloser und gemeiner ist noch nie die Presse aufgetreten, als jetzt in England Seitens der Bourgeoisie gegenüber dem Proletariat. Unter den mit jeder erdenkbaren Schmach, mit Verläumdung und Schimpf, mit Spott und Hohn von dieser Bourgeoispresse überhäuften steht O'Connor oben an. Er ist indeß nicht der Mann, der sich durch solche Manöver mürbe machen läßt. In der neuesten Nummer des "Northern Star" spricht er zu jener Zeitungsbande:

"Kommt her, ihr Krüppel! Kommt her, ihr H...., ihr Schurken, Räuber und Mörder. Ihr viehisches Gesindel steht noch unter den H....; diese armen Geschöpfe gehorchen ihrer natürlichen Leidenschaft; ihr aber folgt nur eurer unnatürlichen Lust. Wie dürft ihr zu schreiben, zu reden, zu denken wagen über etwas, das mit dem Stempel der Mannesfreiheit versehen ist? Ihr jämmerlichen Sykophanten seid gemiethete Sklaven, ihr vom "Chronicle", von den "Daily News", vom "Sun", "Dispatch" und "Manchester Examiner"! Ihr lüderliche Bande, was veranlaßt euch, über die Land-Comite verfälschte Berichte zu entwerfen und den Landplan eine Gaunerei zu nennen, während ihr gegen Bezahlung allen Eisenbahn-Gaunereien, allen Bergbau-Seifenblasen, Geldklubs, Bau-Projekten und tausend andern Täuschungen euern besten Beistand geliehen?...." Und nun, meine Freunde, wende ich meine Betrachtung von diesen Schurken, - deren Hauptheld ein notorischer Sodomit ist - ab und kehre zu meiner Wochenarbeit zurück." Er schildert hierauf seine Ankunft in Sheffield, wo ihn die gesammte Arbeiterbevölkerung in unabsehbarer Zahl an der Eisenbahnstation empfing. Unter den zahlreichen Fahnen befand sich eine, worauf ein großes Herz abgemalt war, mit der Unterschrift: "Die des Volkes Lebenskraft aussaugende Aristokratie." Auf einer andern stand: "John Mitchell, das erste Opfer der neuen Knebelungsbill"; auf einer dritten: "das größte Wohlsein für die große Masse des Volkes."

In Nottingham wurde ein großes Chartisten-Meeting abgehalten; diesmal ohne Widerstand Seitens der Regierung. Man faßte einstimmig die Resolution, "daß die Arbeiter von Nottingham den Hrn. Cobden überzeugen wollen, daß die Chartisten nicht die unbedeutend Minorität sind, als welche er sie dargestellt und den Lord J. Russell, daß die Arbeiter entschlossen sind, das, wofür sie so lange gekämpft - die Volkscharte - unverstümmelt durchzusetzen." Eine zweite Resolution drückt den "äußer-Ekel vor dem neulichen Verfahren der Regierung gegen J. Mitchell und vor den feigen und unkonstitutionellen Mitteln aus, durch welche die Verurtheilung jener edeln Natur erwirkt worden." Aehnliche Meetings in Derby, Paisley und anderen Orten, wo es der Regierung an Zeit fehlte, die nöthige Truppenmacht zur Verhinderung aufzubieten.

Auf dem Kontinent, namentlich in Deutschland, bildet sich die Bourgeois-Presse ein, daß die Chartisten-Bewegung so gut wie todt sei. Der Glaube vom Gegentheil wird ihr bald in die Hand kommen. Eine mächtige Bourgeoisie zu stürzen, ist allerdings schwerer, als einem verfaulten, korrupten Königthum "von Gottes Gnaden" mit seinen mittelalterlichen Granden und sonstigem Zubehör ein Ende zu machen. Allein das englische Proletariat wird desungeachtet seiner Feinde Meister werden, dann aber auch schnell und gründlich die bisherige Ordnung der Dinge beseitigen. Die arbeitende Klasse in Deutschland kann dieserhalb unbesorgt sein. Möge sie nur bei der gegenwärtigen revolutionären Umgestaltung dafür sorgen, daß sich die Bourgeoisie nicht eben so fest einnistet, wie die hiesige; es würde sonst eben so lange und so große Anstrengung kosten, sich ihrer Herrschaft zu entledigen, als in England.

Dublin, 14. Juni.

Hier ist das Volk über die Verhaftungen von Chartisten in London und andern Orten äußerst erbittert. Eine vollständige Harmonie, ein gemeinsames Gefühl herrscht jetzt zwischen den um ihre Rechte kämpfenden Volksklassen Irlands und Englands. Die Iren sind nicht mehr gleichgültige Zuschauer bei den Bestrebungen ihrer Brüder, der Chartisten in England, gegen Whigthum und seine Korruption. Ernest Jones ist in unserer Hauptstadt sehr populär; man bewundert seine Talente und seinen unbeugsamen Muth im Kampf gegen den gemeinsamen Feind. Der heißeste Wunsch unter dem Volke ist, daß er den blutdürstigen Schurken, in deren Schlingen er gerathen, nicht ebenfalls zum Opfer fallen möge. - Es werden bald mehrere neue Blätter erscheinen, die im republikanischen Geiste die Rechte Irlands und der arbeitenden Klassen im ganzen Reiche zu verfechten bestimmt sind. An die Stelle des "United Irishman" (der durch Mitchell's Deportation untergegangen) tritt am 24. Juni der "irische Hochverräther." Ein anderes Blatt (der "irische Tribun") erscheint seit Sonnabend. Mit dem O'Connell'schen Humbug in der "Versöhnungshalle" ist es für immer zu Ende. Der Abkömmling des "dicken irischen Bettlers" mag sein politisches Bündel schnüren; mit seinem Geschäft ist es aus und seine Repeal-Firma bankerott.

Bei Ipswich wurden in diesen Tagen, was das Fortrücken von Häusern betrifft, die Amerikaner, die es darin zu einer außerordentlichen Geschicklichkeit gebracht haben, noch überboten. Unter Leitung des Ingenieurs Hrn. Worby ward ein 2 Stock hohes, aus Ziegeln erbautes 26 Fuß langes und 18 Fuß breites Haus 70 Fuß weit fortgerückt und um 21/2 Fuß erhöht, ohne daß die Mauern oder Decken auch nur den geringsten Ritz davon trugen. Die Wanderung des Hauses ging allerdings langsam vor sich, 25 Fuß in einem Tage; langsam aber sicher.

Amerika.
Boston, 29. Mai.

Nach allen geschriebenen gedruckten und mündlichen Berichten steht dies Jahr wiederum eine der reichsten Ernten für das ganze umfangreiche Gebiet der Vereinigten Staaten in Aussicht. - Der vor 8 Tagen in Baltimore versammelte demokratische Kongreß hatte zum Zweck, Kandidaten für die im November stattfindende Wahl eines Präsidenten und Vicepräsidenten zu ernennen. Nach 5tägigen Vorbereitungen und Debatte wurde General Caß (früher Gesandter in Paris und der nämliche welcher in der Oregonfrage am heftigsten gegen England auftrat) als Kandidat für den Präsidentenstuhl und Gen. Butler (gegenwärtig in Mexiko) für die Vice-Präsidentschaft aufgestellt. Gleich vom Beginn des Kongresses an bis zu seinem Schluß trat es klar hervor, daß General Caß der allgemeine Lieblings ist. Wurden gleich ein halb Dutzend Namen laut, so hatte er doch eigentlich nur zwei Mitbewerber: Woodburg (New Hampshire) und Buchanan (Pennsylvania), denen jedoch nur wenig Stimmen zufielen. Ich ziehe daraus einen günstigen Schluß für die Einmüthigkeit der demokratischen Parthei und den glücklichen Erfolg ihrer Kandidaten.

Der Whig-Kongreß tritt in 9 Tagen zu Philadelphia zusammen und man bezeichnet Henry Clay, Gen. Scott und Gen. Taylor als die drei Bewerber um die Präsidentschaft. Entschlösse man sich für Clay oder Scott, so ist die Niederlage der Whig-Parthei gewiß. Entscheidet man sich andererseits für den "alten Zack", wie Gen. Taylor beim Volke heißt, so würde ein großer Theil der demokratischen Parthei für ihn stimmen und ein heißer Kampf zwischen den beiden Generalen (Caß und Taylor) entstehen. Jedoch, die Whig-Parthei ist sehr getheilt und desorganisirt. Daraus und aus andern Umständen folgere ich, daß die Ernennung Caß zum Präsidenten fast gewiß ist. In solchem Fall bleibt die bisherige Politik, die Handlungsweise der jetzigen Verwaltung, in voller Kraft.

Sie wissen, daß ich auf Prophetenthum keinen Anspruch mache; allein in Betreff des Friedensvertrages mit Mexiko, hat sich meine Voraussagung als richtig erwiesen. Er ist verworfen worden, und wir müssen den Krieg auf's Neue beginnen, um das ganze Land zu erobern und zu annexiren. So werden die südlichen Sklaven Staaten in der Union den Ausschlag geben.

Ich erwähnte schon früher mehrmals, daß der Süden in der Fabrikindustrie mittelst Sklavenarbeit reißende Fortschritte macht. Verschiedene neue Fabriken gehen ihrer Vollendung entgegen, und andere sind eben jetzt in Thätigkeit getreten. Das ist ein sehr bedeutsames Moment in dem Fortschreitten dieses Landes und für die Fabrikanten der Nord- und Ost-Staaten, wie für die in Großbritannien, von höchster Wichtigkeit. Die Transportkosten für ein Pfund Baumwolle von Mobile nach Boston belaufen sich auf 11/2 Cents; mehr noch kostet es, die verarbeitete Waare dahin zurück zu schaffen. Rechnet man hinzu, daß die Sklavenarbeit 40 Prozent am Salär erspart, so liegt es auf der Hand, daß der Süden Baumwollenzeuge und Mischwaaren aus Wolle und Baumwolle um mindestens 30 Prozent billiger fabrizirt als dies in Lowell oder Lawrence geschehen kann. Einen Beweis hierfür liefert der eben jetzt von der Regierung mit einer großen Fabrik in Georgia abgeschlossene Kontrakt wegen einer bedeutenden Lieferung von "Osnabrugs" für die Armee. Nach einer genauen Prüfung der Qualität und Preise im Vergleich zu ähnlichen Fabrikanten der mittleren und östlichen Staaten hat sich die Regierung zum Abschluß jenes Kontraktes veranlaßt gefunden.

(The Economist.)
[Deutschland]
Ludwigsburg, 17. Juni.

Gestern Nacht um 9 Uhr marschirte eine Abtheilung Militär (1 Regiment Reiterei, 1 Bataillon Infanterie und 1 Batterie reitende Artillerie) von Ludwigsburg nach Heilbronn ab, um den dortigen Tumulten steuern zu helfen. Sie zogen von Ludwigsburg ab unter dem häufig wiederholten Rufe: "Hecker hoch!" ein Ruf, in welchen jedoch die Reiterei nicht einzustimmen schien. - Von Stuttgart wurde das 4. Infanterieregiment nach Heilbronn beordert und durch drei verschiedene Eisenbahnzüge nach Ludwigsburg befördert. Jeder Zug, von denen der letzte erst halb 11 Uhr ankam, wurde in Ludwigsburg von einer großen Volksmasse mit lauten Lebehochrufen auf Hecker, die weithin durch die Nacht erschallten, im Vorbeifahren begrüßt.

(Südd. polit. Zeit.)
7 Frankfurt, 15. Juni.

Die drei Ausgewiesen, Esselen, Pelz und Löwenstein sind hieher zurückgekehrt, nachdem sie der Polizei einfach angezeigt hatten, sie würden trotz ihrer Ausweisung dem Demokratenkongreß beiwohnen, da sie von ihren Committenten dazu beauftragt seien.

Bericht

des Ausschusses der konstituirenden Nationalversammlung wegen Errichtung einer provisorischen Centralgewalt für Deutschland.

Berichterstatter: Dahlmann.

Bereits seit manchem Jahrzehend lebt in dem deutschen Volke die Ueberzeugung, die bisherige Bundesverfassung sei ungenügend für die Sicherstellung Deutschlands vor inneren und äußeren Gefahren, und nach den großen Umwälzungen vom März d. J. hat der Fünfzigerausschuß in seinen Sitzungen vom 18., 26. und 27. April die wunde Seite unseres Gemeinwesens vollends aufgedeckt. Man stellte hier, im Einverständniß mit einem Ausschusse der 17 Vertrauensmänner, den Antrag auf eine exekutive Gewalt, welche in eilenden Fällen unter eigener Verantwortlichkeit handle, in allen andern Fällen aber nach dem Rathe der Bundesversammlung verfahre. Man lehnte somit den Plan an die bestehenden Gewalten an, ja die drei Männer, welchen man die exekutive Gewalt vertraut wissen will, werden lediglich als eine Verstärkung der Bundesversammlung betrachtet, in welcher sie mit berathender Stimme Platz nehmen. Sie sollen von der Bundesversammlung im Einverständniß mit den Vertrauensmännern und den Fünfzigern, den Regierungen vorgeschlagen werden.

Von da an ist der Plan häufigst in kleineren und größeren Kreisen, bei den deutschen Höfen und in der Bundesversammlung, allein und in Verbindung mit den 17 Vertrauensmännern, besprochen; man fühlte das gesteigerte Bedürfniß, aber die Erledigung blieb aus. Dieselben Uebel, welche man durch eine Verstärkung des Vollziehungs-Organs heilen wollte, waren vermuhlich die Ursache, daß diese nicht zur Vollziehung kam.

Seit dem Zusammentritt der konstituirenden Nationalversammlung häuften sich die dringendsten Anträge in dieser Richtung. Es liegen deren eine große Anzahl, zum Theil von einer bedeutenden Zahl von Abgeordneten unterzeichnet, dem Ausschusse vor und eine Beilage (A) zu diesem Berichte wird solche, nebst einer Anzeige vom Inhalte der vielen Bittschriften dieses Gegenstandes, zur Kenntniß der hohen Versammlung bringen.

Möchten die Ansichten der verschiedenen Antragsteller noch so sehr auseinanderlaufen, und würde es ermüdend sein, in ihre Unterschiede hier einzugehen, die hohe Versammlung hat augenscheinlich einem in ganz Deutschland tiefgefühlten Bedürfnisse entsprochen, als sie am 8. d. M. den Ausschuß von 15 Mitgliedern aus den Abtheilungen zu erwählen, niedersetzte, welcher sich heute beehrt, derselben von dem Ergebniß seiner vielfachen Berathungen, vom 3. bis zum 16. d. gepflogen, Bericht zu erstatten.

Beilage zu Nr. 21 der Neuen Rheinischen Zeitung,
Mittwoch, 21. Juni.
[Großbritannien]

[Verfolg von Seite 91]

Hut nach dem Sitzungssaale mitbringen und dort in voller Versammlung ihr Mittagsmahl halten. Der bäuerliche Wagen ‒ dura ilia messorum ‒ ist bei Ermangelung eines deutschen Bellamy nicht im Stande, die lange Discussionszeit auszudauern, Außerdem legt man ihnen übertriebene Sparsamkeit zu Last. Es ist berechnet worden, daß die Deputirten vom Dorfe an ihren Diäten täglich 2 Thlr. 15 Slbrg. sparen und wenn die Session lange währen sollte, als reiche Leute nach Hause kommen werden. Die Deputirten kosten bereits 27000 Thlr. für ‒ Nichts. Ein satyrischer Schelm macht den Vorschlag, die Deputirten sollen auf Akordarbeiten, zu so und so viel jeder Paragraph der Verfassung. Die Deputirten vom Dorfe werden fleißig zu den soirées der verschiedenen Minister eingeladen. Hier erregen sie die nämliche Aufmerksamkeit, wie es etwa ein Trupp der Ojibbeways-Indianer in den Salons des Herzogs von Devonshire thun würde. In gesellschaftlicher Beziehung fühlen sie sich unbehaglich und nicht am Platze; in politischer Hinsicht sind sie unfähig, sei's dem Lande, sei's ihrer eigenen Klasse, irgend einen Dienst zu leisten, Der Volksinstinct hat mit auffallender Schnelligkeit ihre Mängel entdeckt und die arbeitende Klasse selbst ist es, die ihnen am energischsten ihre Mißachtung zu erkennen giebt.“

* London, 18. Juni.

Eine der größten Tagesfragen ist hier zu Lande augenblicklich das Schicksal der westindischen Kolonieen. Unter dem britischen Westindien versteht man die Inseln Antigua, Barbados, Barbuda, Auguilla, Dominica, Grenada, St. Lucia, St. Vincent, Tobago, Trinidad, die Virginien Inseln und Jamaica, so wie auf dem südamerikanischen Kontinente, das sogenannte britische Guiana. Die Erzeugnisse dieser Kolonien bestehen fast ausschließlich aus Zucker, Syrop, Rum, Kaffé und Cacao; der Zucker-Produktion wegen, waren sie dem Mutterlande vor allen Dingen wichtig.

Nach jahrelanger Prosperität, die freilich auch bisweilen durch eine Periode des Darniederliegens unterbrochen wurde, hat sich die Lage dieser Kolonien in der letzten Zeit so sehr verschlechtert, daß sie der Gegenstand der ausführlichsten Parlaments-Debatten geworden ist. Fassen wir daraus die Hauptpunkte zusammen. Zwei Sachen sind es, welche die Westindianer namentlich als Grund ihres Verarmens angegeben. Die Emancipation der Sclaven und die Freihandelsmaßregeln von 1844 und 1846. Wie bekannt unterstützte das britische Parlament den Sclavenhandel eine Reihe von Jahren lang und es bedurfte der 20jährigen Agitation einiger eifrigen Philanthropen, eines Wilberforce, eines Thomas Clarkson, ehe man sich dazu entschloß, in dem bisherigen System eine Aenderung eintreten zu lassen. Am 28. Aug. 1833 passirte indeß endlich ein Akt, wonach am 1. Aug. 1834 die Sclaverei in allen britischen Kolonieen ein Ende erreichte, indem sämmtlich Schwarze indeß noch für einen gewissen Zeitraum die Lehrlinge ihrer früheren Herren blieben. Wir brauchen hier nicht auseinander zu setzen, in wie weit man sich aus rein philanthropischen oder aus ökonomischen Gründen zu diesem Experimente verleiten ließ; genug, der Staat kaufte 770, 280 Sclaven zu 12 bis 53 Pfund Sterling per Kopf, aus ihren frühern Verhältnissen los und vergütete den Pflanzern zusammen 20 Millionen Pfund. Man glaubte hiermit allen vernünftigen Anforderungen entsprochen zu haben; da indeß von jenen 20 Millionen der größere Theil für früher geleistete Vorschüsse gleich wieder in die Hände der Londoner Kapitalisten floß und die Maßregel, daß sämmtliche Sclaven noch für eine Zeit lang die Lehrlinge ihrer Herren blieben, schon im Jahre 1838 wieder aufgehoben wurde, so konnte ein Verlangen höheren Lohnes von Seiten der nun wirklich emancipirten Schwarzen eben aus Mangel an gehörigen Fonds nicht durch den Import weiterer freien Arbeiter und durch die daraus hervorgehende Konkurrenz derselben untereinander, balancirt werden. Die Vortheile der alten Sclaverei waren verschwunden; die Vortheile der auf freier Konkurrenz basirten Arbeitermisère, waren nicht so schnell wie man wünschte herbeizuführen. Selbst die im Jahre 1843 getroffene Maßregel des Parlamentes, den westindischen Pflanzern von Ost-Indien aus die Einwanderung der sogenannten Coolies zu erleichtern, konnte nicht wirksam benutzt werden. Die Klagen der Westindianer über die Thorheit jenes großen philanthropischen Experimentes wurden daher immer lauter; sie erreichten indeß ihren Gipfel, als durch die Freihandelsmaßregeln Peel's und Russel's die Zucker-Einfuhr fremder noch durch Sclavenarbeit betriebener Kolonieen mit dem Produkt der emancipirten westindischen Besitzungen auf denselben Eingangszoll gebracht wurde. Wenn man damals John Bull als einen kranken kleinen Knaben karrikirte, dem die Mutter Peel die bittere Medizin der Income-Tax mit der Vertröstung eingab, daß er auch ein recht großes Stück Zucker haben solle, wenn er das Verhaßte ruhig hinunterschlucke, so illustrirte man dadurch nur gar zu hübsch die Vortheile, welche das Mutterland von einer billigen Zucker-Einfuhr zu erwarten hatte.

Dem westindischen Pflanzer konnte damit natürlich aber wenig gedient sein, denn ob der Konsumo sich auch durch die verringerten Zölle um ein Bedeutendes steigerte, so kehrten sich die moralischen Engländer, die kurz vorher noch ungemein sensibel in Betreff der Sclaven gewesen waren, sehr wenig daran, ob sie Sclaven- oder Frei-Arbeiter-Zucker in ihren Thee warfen und kauften bei etwas niedrigem Preise bald von den Westindianern, so daß die Letztern schließlich die Kosten des ganzen Spaßes zu bezahlen hatten.

Die verwickelten Geldverhältnisse der zwei letzten Jahre und der Sturz einiger der ersten nach Westindien handelnder Londoner Häuser steigerte die Noth, namentlich der Eigner von Mauritius bis zur Verzweiflung und führte die Debatten herbei, welche eben in diesen Tagen die Zeit des Parlamentes mehr als je in Anspruch nehmen. Die alten politischen Parteien der Wigs und der Tory's, die sich in der letzten Zeit fast durchaus zu den Parteien der Protektionisten und der Freetrader umgestalten, stehen sich dabei schroff gegenüber. Auf der einen Seite die Protektionisten mit Lord George Bentinck und Disraeli an der Spitze, welche alle Schuld auf die jüngsten Freihandelsmaßregeln werfen und die Emancipation des Sclaven aufrecht erhhalten wollen; auf der andern die Freiheitsmänner, mit Russel, Peel, Cobden, Bright u. s. w. welche die Noth der Kolonien nur durch ein weiteres Befolgen des Freihandels-Systems und, wie es es namentlich Hr. Bright offen ausspricht, durch ein Wiedereinführen der Sclaverei gut zu machen suchen.

Ein wunderlicher Kampf! die hohen moralischen Lords und die demoralisirten Repräsentanten des Kommerzes treiben wieder ihr altes Spiel und es ist nur zu verwundern, daß man nicht daran denkt, wie auch wohl der ausgesogene Boden der westindischen Kolonieen, dem jungfräulichen Terrain der brasilianischen und ostindischen Flächen gegenüber, ein Grund des Verfalls der britischen Besitzungen sein kann.

27 London, 18. Juni.

Die Feinde der arbeitenden Klassen haben ihrer Ansicht nach durch die Verhinderung des Meetings auf Kennington Common einen großen Triumph errungen. Sie behaupten, jetzt sei es für immer mit den Chartisten vorbei, von nun an stehe die Herrschaft der privilegirten Klassen unerschütterlich fest. „Quem Deus vult perdere prius dementat,“ zu deutsch: „Wen die Götter verderben wollen, den schlagen sie mit Blindheit.“ Dieses Sprüchwort geht hier zu Lande seiner Erfüllung sichtbar entgegen. Die Whigs erließen weitere Siegesbülletins, als sie die Chartisten-Demonstration am Pfingstmontage wiederum durch Aufbietung von Truppen aller Waffengattungen, durch die gewöhnlichen und die Spezial-Constablers unterdrückt hatten. Zu der Zwangsbill für Irland fügten sie das Mundsperr-Gesetz gegen die arbeitende Klasse in ganz Großbritannien. Die Verurtheilung Mitchell's durch eine parteiische Jury genügt ihnen nicht, sie sperren auch diesseits über 200 Chartisten in's Gefängniß und vermehren diese Zahl noch jeden Tag. Ernest Jones wird nach Newgate geschleppt und damit er ja nicht auf freiem Fuße den Ausgang des Prozesses abwarten solle, verlangt man von ihm nicht blos eine unverschämt hohe Kaution, sondern weist auch die gleichwohl gestellten Bürgen unter allerhand Vorwände als nicht gehörig sicher zurück. Wo die Arbeiter von dem „geheiligten“ Rechte der Versammlung unter freiem Himmel Gebrauch machen wollen, erläutert man ihnen dieses Recht nicht blos mit Polizei-Knütteln und Hirschfängern, sondern mit Bajonnetten und Kanonen. Die liberalen Bourgeois, Cobden, Hume und Konsorten an der Spitze, ersinnen den Humbug einer neuen Reformbewegung, um damit die arbeitende Klasse zu äffen, hinzuhalten und wenn's möglich wäre, von dem eigentlichen Ziele abzuwenden. Entblödet sich der abgenutzte Lord J. Russell nicht zu behaupten, das Volk verlange keine Reform, so ist das im Vergleich zu den Preßorganen des Ministeriums und der gesammten Bourgeoisie nur eine Kleinigkeit. Schaamloser und gemeiner ist noch nie die Presse aufgetreten, als jetzt in England Seitens der Bourgeoisie gegenüber dem Proletariat. Unter den mit jeder erdenkbaren Schmach, mit Verläumdung und Schimpf, mit Spott und Hohn von dieser Bourgeoispresse überhäuften steht O'Connor oben an. Er ist indeß nicht der Mann, der sich durch solche Manöver mürbe machen läßt. In der neuesten Nummer des „Northern Star“ spricht er zu jener Zeitungsbande:

„Kommt her, ihr Krüppel! Kommt her, ihr H...., ihr Schurken, Räuber und Mörder. Ihr viehisches Gesindel steht noch unter den H....; diese armen Geschöpfe gehorchen ihrer natürlichen Leidenschaft; ihr aber folgt nur eurer unnatürlichen Lust. Wie dürft ihr zu schreiben, zu reden, zu denken wagen über etwas, das mit dem Stempel der Mannesfreiheit versehen ist? Ihr jämmerlichen Sykophanten seid gemiethete Sklaven, ihr vom „Chronicle“, von den „Daily News“, vom „Sun“, „Dispatch“ und „Manchester Examiner“! Ihr lüderliche Bande, was veranlaßt euch, über die Land-Comité verfälschte Berichte zu entwerfen und den Landplan eine Gaunerei zu nennen, während ihr gegen Bezahlung allen Eisenbahn-Gaunereien, allen Bergbau-Seifenblasen, Geldklubs, Bau-Projekten und tausend andern Täuschungen euern besten Beistand geliehen?....“ Und nun, meine Freunde, wende ich meine Betrachtung von diesen Schurken, ‒ deren Hauptheld ein notorischer Sodomit ist ‒ ab und kehre zu meiner Wochenarbeit zurück.“ Er schildert hierauf seine Ankunft in Sheffield, wo ihn die gesammte Arbeiterbevölkerung in unabsehbarer Zahl an der Eisenbahnstation empfing. Unter den zahlreichen Fahnen befand sich eine, worauf ein großes Herz abgemalt war, mit der Unterschrift: „Die des Volkes Lebenskraft aussaugende Aristokratie.“ Auf einer andern stand: „John Mitchell, das erste Opfer der neuen Knebelungsbill“; auf einer dritten: „das größte Wohlsein für die große Masse des Volkes.“

In Nottingham wurde ein großes Chartisten-Meeting abgehalten; diesmal ohne Widerstand Seitens der Regierung. Man faßte einstimmig die Resolution, „daß die Arbeiter von Nottingham den Hrn. Cobden überzeugen wollen, daß die Chartisten nicht die unbedeutend Minorität sind, als welche er sie dargestellt und den Lord J. Russell, daß die Arbeiter entschlossen sind, das, wofür sie so lange gekämpft ‒ die Volkscharte ‒ unverstümmelt durchzusetzen.“ Eine zweite Resolution drückt den „äußer-Ekel vor dem neulichen Verfahren der Regierung gegen J. Mitchell und vor den feigen und unkonstitutionellen Mitteln aus, durch welche die Verurtheilung jener edeln Natur erwirkt worden.“ Aehnliche Meetings in Derby, Paisley und anderen Orten, wo es der Regierung an Zeit fehlte, die nöthige Truppenmacht zur Verhinderung aufzubieten.

Auf dem Kontinent, namentlich in Deutschland, bildet sich die Bourgeois-Presse ein, daß die Chartisten-Bewegung so gut wie todt sei. Der Glaube vom Gegentheil wird ihr bald in die Hand kommen. Eine mächtige Bourgeoisie zu stürzen, ist allerdings schwerer, als einem verfaulten, korrupten Königthum „von Gottes Gnaden“ mit seinen mittelalterlichen Granden und sonstigem Zubehör ein Ende zu machen. Allein das englische Proletariat wird desungeachtet seiner Feinde Meister werden, dann aber auch schnell und gründlich die bisherige Ordnung der Dinge beseitigen. Die arbeitende Klasse in Deutschland kann dieserhalb unbesorgt sein. Möge sie nur bei der gegenwärtigen revolutionären Umgestaltung dafür sorgen, daß sich die Bourgeoisie nicht eben so fest einnistet, wie die hiesige; es würde sonst eben so lange und so große Anstrengung kosten, sich ihrer Herrschaft zu entledigen, als in England.

Dublin, 14. Juni.

Hier ist das Volk über die Verhaftungen von Chartisten in London und andern Orten äußerst erbittert. Eine vollständige Harmonie, ein gemeinsames Gefühl herrscht jetzt zwischen den um ihre Rechte kämpfenden Volksklassen Irlands und Englands. Die Iren sind nicht mehr gleichgültige Zuschauer bei den Bestrebungen ihrer Brüder, der Chartisten in England, gegen Whigthum und seine Korruption. Ernest Jones ist in unserer Hauptstadt sehr populär; man bewundert seine Talente und seinen unbeugsamen Muth im Kampf gegen den gemeinsamen Feind. Der heißeste Wunsch unter dem Volke ist, daß er den blutdürstigen Schurken, in deren Schlingen er gerathen, nicht ebenfalls zum Opfer fallen möge. ‒ Es werden bald mehrere neue Blätter erscheinen, die im republikanischen Geiste die Rechte Irlands und der arbeitenden Klassen im ganzen Reiche zu verfechten bestimmt sind. An die Stelle des „United Irishman“ (der durch Mitchell's Deportation untergegangen) tritt am 24. Juni der „irische Hochverräther.“ Ein anderes Blatt (der „irische Tribun“) erscheint seit Sonnabend. Mit dem O'Connell'schen Humbug in der „Versöhnungshalle“ ist es für immer zu Ende. Der Abkömmling des „dicken irischen Bettlers“ mag sein politisches Bündel schnüren; mit seinem Geschäft ist es aus und seine Repeal-Firma bankerott.

Bei Ipswich wurden in diesen Tagen, was das Fortrücken von Häusern betrifft, die Amerikaner, die es darin zu einer außerordentlichen Geschicklichkeit gebracht haben, noch überboten. Unter Leitung des Ingenieurs Hrn. Worby ward ein 2 Stock hohes, aus Ziegeln erbautes 26 Fuß langes und 18 Fuß breites Haus 70 Fuß weit fortgerückt und um 21/2 Fuß erhöht, ohne daß die Mauern oder Decken auch nur den geringsten Ritz davon trugen. Die Wanderung des Hauses ging allerdings langsam vor sich, 25 Fuß in einem Tage; langsam aber sicher.

Amerika.
Boston, 29. Mai.

Nach allen geschriebenen gedruckten und mündlichen Berichten steht dies Jahr wiederum eine der reichsten Ernten für das ganze umfangreiche Gebiet der Vereinigten Staaten in Aussicht. ‒ Der vor 8 Tagen in Baltimore versammelte demokratische Kongreß hatte zum Zweck, Kandidaten für die im November stattfindende Wahl eines Präsidenten und Vicepräsidenten zu ernennen. Nach 5tägigen Vorbereitungen und Debatte wurde General Caß (früher Gesandter in Paris und der nämliche welcher in der Oregonfrage am heftigsten gegen England auftrat) als Kandidat für den Präsidentenstuhl und Gen. Butler (gegenwärtig in Mexiko) für die Vice-Präsidentschaft aufgestellt. Gleich vom Beginn des Kongresses an bis zu seinem Schluß trat es klar hervor, daß General Caß der allgemeine Lieblings ist. Wurden gleich ein halb Dutzend Namen laut, so hatte er doch eigentlich nur zwei Mitbewerber: Woodburg (New Hampshire) und Buchanan (Pennsylvania), denen jedoch nur wenig Stimmen zufielen. Ich ziehe daraus einen günstigen Schluß für die Einmüthigkeit der demokratischen Parthei und den glücklichen Erfolg ihrer Kandidaten.

Der Whig-Kongreß tritt in 9 Tagen zu Philadelphia zusammen und man bezeichnet Henry Clay, Gen. Scott und Gen. Taylor als die drei Bewerber um die Präsidentschaft. Entschlösse man sich für Clay oder Scott, so ist die Niederlage der Whig-Parthei gewiß. Entscheidet man sich andererseits für den „alten Zack“, wie Gen. Taylor beim Volke heißt, so würde ein großer Theil der demokratischen Parthei für ihn stimmen und ein heißer Kampf zwischen den beiden Generalen (Caß und Taylor) entstehen. Jedoch, die Whig-Parthei ist sehr getheilt und desorganisirt. Daraus und aus andern Umständen folgere ich, daß die Ernennung Caß zum Präsidenten fast gewiß ist. In solchem Fall bleibt die bisherige Politik, die Handlungsweise der jetzigen Verwaltung, in voller Kraft.

Sie wissen, daß ich auf Prophetenthum keinen Anspruch mache; allein in Betreff des Friedensvertrages mit Mexiko, hat sich meine Voraussagung als richtig erwiesen. Er ist verworfen worden, und wir müssen den Krieg auf's Neue beginnen, um das ganze Land zu erobern und zu annexiren. So werden die südlichen Sklaven Staaten in der Union den Ausschlag geben.

Ich erwähnte schon früher mehrmals, daß der Süden in der Fabrikindustrie mittelst Sklavenarbeit reißende Fortschritte macht. Verschiedene neue Fabriken gehen ihrer Vollendung entgegen, und andere sind eben jetzt in Thätigkeit getreten. Das ist ein sehr bedeutsames Moment in dem Fortschreitten dieses Landes und für die Fabrikanten der Nord- und Ost-Staaten, wie für die in Großbritannien, von höchster Wichtigkeit. Die Transportkosten für ein Pfund Baumwolle von Mobile nach Boston belaufen sich auf 11/2 Cents; mehr noch kostet es, die verarbeitete Waare dahin zurück zu schaffen. Rechnet man hinzu, daß die Sklavenarbeit 40 Prozent am Salär erspart, so liegt es auf der Hand, daß der Süden Baumwollenzeuge und Mischwaaren aus Wolle und Baumwolle um mindestens 30 Prozent billiger fabrizirt als dies in Lowell oder Lawrence geschehen kann. Einen Beweis hierfür liefert der eben jetzt von der Regierung mit einer großen Fabrik in Georgia abgeschlossene Kontrakt wegen einer bedeutenden Lieferung von „Osnabrugs“ für die Armee. Nach einer genauen Prüfung der Qualität und Preise im Vergleich zu ähnlichen Fabrikanten der mittleren und östlichen Staaten hat sich die Regierung zum Abschluß jenes Kontraktes veranlaßt gefunden.

(The Economist.)
[Deutschland]
Ludwigsburg, 17. Juni.

Gestern Nacht um 9 Uhr marschirte eine Abtheilung Militär (1 Regiment Reiterei, 1 Bataillon Infanterie und 1 Batterie reitende Artillerie) von Ludwigsburg nach Heilbronn ab, um den dortigen Tumulten steuern zu helfen. Sie zogen von Ludwigsburg ab unter dem häufig wiederholten Rufe: „Hecker hoch!“ ein Ruf, in welchen jedoch die Reiterei nicht einzustimmen schien. ‒ Von Stuttgart wurde das 4. Infanterieregiment nach Heilbronn beordert und durch drei verschiedene Eisenbahnzüge nach Ludwigsburg befördert. Jeder Zug, von denen der letzte erst halb 11 Uhr ankam, wurde in Ludwigsburg von einer großen Volksmasse mit lauten Lebehochrufen auf Hecker, die weithin durch die Nacht erschallten, im Vorbeifahren begrüßt.

(Südd. polit. Zeit.)
7 Frankfurt, 15. Juni.

Die drei Ausgewiesen, Esselen, Pelz und Löwenstein sind hieher zurückgekehrt, nachdem sie der Polizei einfach angezeigt hatten, sie würden trotz ihrer Ausweisung dem Demokratenkongreß beiwohnen, da sie von ihren Committenten dazu beauftragt seien.

Bericht

des Ausschusses der konstituirenden Nationalversammlung wegen Errichtung einer provisorischen Centralgewalt für Deutschland.

Berichterstatter: Dahlmann.

Bereits seit manchem Jahrzehend lebt in dem deutschen Volke die Ueberzeugung, die bisherige Bundesverfassung sei ungenügend für die Sicherstellung Deutschlands vor inneren und äußeren Gefahren, und nach den großen Umwälzungen vom März d. J. hat der Fünfzigerausschuß in seinen Sitzungen vom 18., 26. und 27. April die wunde Seite unseres Gemeinwesens vollends aufgedeckt. Man stellte hier, im Einverständniß mit einem Ausschusse der 17 Vertrauensmänner, den Antrag auf eine exekutive Gewalt, welche in eilenden Fällen unter eigener Verantwortlichkeit handle, in allen andern Fällen aber nach dem Rathe der Bundesversammlung verfahre. Man lehnte somit den Plan an die bestehenden Gewalten an, ja die drei Männer, welchen man die exekutive Gewalt vertraut wissen will, werden lediglich als eine Verstärkung der Bundesversammlung betrachtet, in welcher sie mit berathender Stimme Platz nehmen. Sie sollen von der Bundesversammlung im Einverständniß mit den Vertrauensmännern und den Fünfzigern, den Regierungen vorgeschlagen werden.

Von da an ist der Plan häufigst in kleineren und größeren Kreisen, bei den deutschen Höfen und in der Bundesversammlung, allein und in Verbindung mit den 17 Vertrauensmännern, besprochen; man fühlte das gesteigerte Bedürfniß, aber die Erledigung blieb aus. Dieselben Uebel, welche man durch eine Verstärkung des Vollziehungs-Organs heilen wollte, waren vermuhlich die Ursache, daß diese nicht zur Vollziehung kam.

Seit dem Zusammentritt der konstituirenden Nationalversammlung häuften sich die dringendsten Anträge in dieser Richtung. Es liegen deren eine große Anzahl, zum Theil von einer bedeutenden Zahl von Abgeordneten unterzeichnet, dem Ausschusse vor und eine Beilage (A) zu diesem Berichte wird solche, nebst einer Anzeige vom Inhalte der vielen Bittschriften dieses Gegenstandes, zur Kenntniß der hohen Versammlung bringen.

Möchten die Ansichten der verschiedenen Antragsteller noch so sehr auseinanderlaufen, und würde es ermüdend sein, in ihre Unterschiede hier einzugehen, die hohe Versammlung hat augenscheinlich einem in ganz Deutschland tiefgefühlten Bedürfnisse entsprochen, als sie am 8. d. M. den Ausschuß von 15 Mitgliedern aus den Abtheilungen zu erwählen, niedersetzte, welcher sich heute beehrt, derselben von dem Ergebniß seiner vielfachen Berathungen, vom 3. bis zum 16. d. gepflogen, Bericht zu erstatten.

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        <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 21 der Neuen Rheinischen Zeitung,</titlePart>
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          <docDate>Mittwoch, 21. Juni.</docDate>
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        <head>[Großbritannien]</head>
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          <p>
            <ref type="link">[Verfolg von Seite 91]</ref>
          </p>
          <p>Hut nach dem Sitzungssaale mitbringen und dort in voller Versammlung ihr                         Mittagsmahl halten. Der bäuerliche Wagen &#x2012; dura ilia messorum &#x2012; ist bei                         Ermangelung eines deutschen Bellamy nicht im Stande, die lange                         Discussionszeit auszudauern, Außerdem legt man ihnen übertriebene                         Sparsamkeit zu Last. Es ist berechnet worden, daß die Deputirten vom Dorfe                         an ihren Diäten täglich 2 Thlr. 15 Slbrg. sparen und wenn die Session lange                         währen sollte, als reiche Leute nach Hause kommen werden. Die Deputirten                         kosten bereits 27000 Thlr. für &#x2012; Nichts. Ein satyrischer Schelm macht den                         Vorschlag, die Deputirten sollen auf Akordarbeiten, zu so und so viel jeder                         Paragraph der Verfassung. Die Deputirten vom Dorfe werden fleißig zu den                         soirées der verschiedenen Minister eingeladen. Hier erregen sie die nämliche                         Aufmerksamkeit, wie es etwa ein Trupp der Ojibbeways-Indianer in den Salons                         des Herzogs von Devonshire thun würde. In gesellschaftlicher Beziehung                         fühlen sie sich unbehaglich und nicht am Platze; in politischer Hinsicht                         sind sie unfähig, sei's dem Lande, sei's ihrer eigenen Klasse, irgend einen                         Dienst zu leisten, Der Volksinstinct hat mit auffallender Schnelligkeit ihre                         Mängel entdeckt und die arbeitende Klasse selbst ist es, die ihnen am                         energischsten ihre Mißachtung zu erkennen giebt.&#x201C;</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 18. Juni.</head>
          <p>Eine der größten Tagesfragen ist hier zu Lande augenblicklich das Schicksal                         der westindischen Kolonieen. Unter dem britischen Westindien versteht man                         die Inseln Antigua, Barbados, Barbuda, Auguilla, Dominica, Grenada, St.                         Lucia, St. Vincent, Tobago, Trinidad, die Virginien Inseln und Jamaica, so                         wie auf dem südamerikanischen Kontinente, das sogenannte britische Guiana.                         Die Erzeugnisse dieser Kolonien bestehen fast ausschließlich aus Zucker,                         Syrop, Rum, Kaffé und Cacao; der Zucker-Produktion wegen, waren sie dem                         Mutterlande vor allen Dingen wichtig.</p>
          <p>Nach jahrelanger Prosperität, die freilich auch bisweilen durch eine Periode                         des Darniederliegens unterbrochen wurde, hat sich die Lage dieser Kolonien                         in der letzten Zeit so sehr verschlechtert, daß sie der Gegenstand der                         ausführlichsten Parlaments-Debatten geworden ist. Fassen wir daraus die                         Hauptpunkte zusammen. Zwei Sachen sind es, welche die Westindianer                         namentlich als Grund ihres Verarmens angegeben. Die Emancipation der Sclaven                         und die Freihandelsmaßregeln von 1844 und 1846. Wie bekannt unterstützte das                         britische Parlament den Sclavenhandel eine Reihe von Jahren lang und es                         bedurfte der 20jährigen Agitation einiger eifrigen Philanthropen, eines                         Wilberforce, eines Thomas Clarkson, ehe man sich dazu entschloß, in dem                         bisherigen System eine Aenderung eintreten zu lassen. Am 28. Aug. 1833                         passirte indeß endlich ein Akt, wonach am 1. Aug. 1834 die Sclaverei in                         allen britischen Kolonieen ein Ende erreichte, indem sämmtlich Schwarze                         indeß noch für einen gewissen Zeitraum die Lehrlinge ihrer früheren Herren                         blieben. Wir brauchen hier nicht auseinander zu setzen, in wie weit man sich                         aus rein philanthropischen oder aus ökonomischen Gründen zu diesem                         Experimente verleiten ließ; genug, der Staat kaufte 770, 280 Sclaven zu 12                         bis 53 Pfund Sterling per Kopf, aus ihren frühern Verhältnissen los und                         vergütete den Pflanzern zusammen 20 Millionen Pfund. Man glaubte hiermit                         allen vernünftigen Anforderungen entsprochen zu haben; da indeß von jenen 20                         Millionen der größere Theil für früher geleistete Vorschüsse gleich wieder                         in die Hände der Londoner Kapitalisten floß und die Maßregel, daß sämmtliche                         Sclaven noch für eine Zeit lang die Lehrlinge ihrer Herren blieben, schon im                         Jahre 1838 wieder aufgehoben wurde, so konnte ein Verlangen höheren Lohnes                         von Seiten der nun wirklich emancipirten Schwarzen eben aus Mangel an                         gehörigen Fonds nicht durch den Import weiterer freien Arbeiter und durch                         die daraus hervorgehende Konkurrenz derselben untereinander, balancirt                         werden. Die Vortheile der alten Sclaverei waren verschwunden; die Vortheile                         der auf freier Konkurrenz basirten Arbeitermisère, waren nicht so schnell                         wie man wünschte herbeizuführen. Selbst die im Jahre 1843 getroffene                         Maßregel des Parlamentes, den westindischen Pflanzern von Ost-Indien aus die                         Einwanderung der sogenannten Coolies zu erleichtern, konnte nicht wirksam                         benutzt werden. Die Klagen der Westindianer über die Thorheit jenes großen                         philanthropischen Experimentes wurden daher immer lauter; sie erreichten                         indeß ihren Gipfel, als durch die Freihandelsmaßregeln Peel's und Russel's                         die Zucker-Einfuhr fremder noch durch Sclavenarbeit betriebener Kolonieen                         mit dem Produkt der emancipirten westindischen Besitzungen auf denselben                         Eingangszoll gebracht wurde. Wenn man damals John Bull als einen kranken                         kleinen Knaben karrikirte, dem die Mutter Peel die bittere Medizin der                         Income-Tax mit der Vertröstung eingab, daß er auch ein recht großes Stück                         Zucker haben solle, wenn er das Verhaßte ruhig hinunterschlucke, so                         illustrirte man dadurch nur gar zu hübsch die Vortheile, welche das                         Mutterland von einer billigen Zucker-Einfuhr zu erwarten hatte.</p>
          <p>Dem westindischen Pflanzer konnte damit natürlich aber wenig gedient sein,                         denn ob der Konsumo sich auch durch die verringerten Zölle um ein                         Bedeutendes steigerte, so kehrten sich die moralischen Engländer, die kurz                         vorher noch ungemein sensibel in Betreff der Sclaven gewesen waren, sehr                         wenig daran, ob sie Sclaven- oder Frei-Arbeiter-Zucker in ihren Thee warfen                         und kauften bei etwas niedrigem Preise bald von den Westindianern, so daß                         die Letztern schließlich die Kosten des ganzen Spaßes zu bezahlen                         hatten.</p>
          <p>Die verwickelten Geldverhältnisse der zwei letzten Jahre und der Sturz                         einiger der ersten nach Westindien handelnder Londoner Häuser steigerte die                         Noth, namentlich der Eigner von Mauritius bis zur Verzweiflung und führte                         die Debatten herbei, welche eben in diesen Tagen die Zeit des Parlamentes                         mehr als je in Anspruch nehmen. Die alten politischen Parteien der Wigs und                         der Tory's, die sich in der letzten Zeit fast durchaus zu den Parteien der                         Protektionisten und der Freetrader umgestalten, stehen sich dabei schroff                         gegenüber. Auf der einen Seite die Protektionisten mit Lord George Bentinck                         und Disraeli an der Spitze, welche alle Schuld auf die jüngsten                         Freihandelsmaßregeln werfen und die Emancipation des Sclaven aufrecht                         erhhalten wollen; auf der andern die Freiheitsmänner, mit Russel, Peel,                         Cobden, Bright u. s. w. welche die Noth der Kolonien nur durch ein weiteres                         Befolgen des Freihandels-Systems und, wie es es namentlich Hr. Bright offen                         ausspricht, durch ein Wiedereinführen der Sclaverei gut zu machen                         suchen.</p>
          <p>Ein wunderlicher Kampf! die hohen moralischen Lords und die demoralisirten                         Repräsentanten des Kommerzes treiben wieder ihr altes Spiel und es ist nur                         zu verwundern, daß man nicht daran denkt, wie auch wohl der ausgesogene                         Boden der westindischen Kolonieen, dem jungfräulichen Terrain der                         brasilianischen und ostindischen Flächen gegenüber, ein Grund des Verfalls                         der britischen Besitzungen sein kann.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar021b_003" type="jArticle">
          <head><bibl><author>27</author></bibl> London, 18. Juni.</head>
          <p>Die Feinde der arbeitenden Klassen haben ihrer Ansicht nach durch die                         Verhinderung des Meetings auf Kennington Common einen großen Triumph                         errungen. Sie behaupten, jetzt sei es für immer mit den Chartisten vorbei,                         von nun an stehe die Herrschaft der privilegirten Klassen unerschütterlich                         fest. &#x201E;Quem Deus vult perdere prius dementat,&#x201C; zu deutsch: &#x201E;Wen die Götter                         verderben wollen, den schlagen sie mit Blindheit.&#x201C; Dieses Sprüchwort geht                         hier zu Lande seiner Erfüllung sichtbar entgegen. Die Whigs erließen weitere                         Siegesbülletins, als sie die Chartisten-Demonstration am Pfingstmontage                         wiederum durch Aufbietung von Truppen aller Waffengattungen, durch die                         gewöhnlichen und die Spezial-Constablers unterdrückt hatten. Zu der                         Zwangsbill für Irland fügten sie das Mundsperr-Gesetz gegen die arbeitende                         Klasse in ganz Großbritannien. Die Verurtheilung Mitchell's durch eine                         parteiische Jury genügt ihnen nicht, sie sperren auch diesseits über 200                         Chartisten in's Gefängniß und vermehren diese Zahl noch jeden Tag. <hi rendition="#g">Ernest Jones</hi> wird nach Newgate geschleppt und damit                         er ja nicht auf freiem Fuße den Ausgang des Prozesses abwarten solle,                         verlangt man von ihm nicht blos eine unverschämt hohe Kaution, sondern weist                         auch die gleichwohl gestellten Bürgen unter allerhand Vorwände als nicht                         gehörig sicher zurück. Wo die Arbeiter von dem &#x201E;geheiligten&#x201C; Rechte der                         Versammlung unter freiem Himmel Gebrauch machen wollen, erläutert man ihnen                         dieses Recht nicht blos mit Polizei-Knütteln und Hirschfängern, sondern mit                         Bajonnetten und Kanonen. Die liberalen Bourgeois, Cobden, Hume und Konsorten                         an der Spitze, ersinnen den Humbug einer neuen Reformbewegung, um damit die                         arbeitende Klasse zu äffen, hinzuhalten und wenn's möglich wäre, von dem                         eigentlichen Ziele abzuwenden. Entblödet sich der abgenutzte Lord J. Russell                         nicht zu behaupten, das Volk verlange keine Reform, so ist das im Vergleich                         zu den Preßorganen des Ministeriums und der gesammten Bourgeoisie nur eine                         Kleinigkeit. Schaamloser und gemeiner ist noch nie die Presse aufgetreten,                         als jetzt in England Seitens der Bourgeoisie gegenüber dem Proletariat.                         Unter den mit jeder erdenkbaren Schmach, mit Verläumdung und Schimpf, mit                         Spott und Hohn von dieser Bourgeoispresse überhäuften steht O'Connor oben                         an. Er ist indeß nicht der Mann, der sich durch solche Manöver mürbe machen                         läßt. In der neuesten Nummer des &#x201E;Northern Star&#x201C; spricht er zu jener                         Zeitungsbande:</p>
          <p>&#x201E;Kommt her, ihr Krüppel! Kommt her, ihr H...., ihr Schurken, Räuber und                         Mörder. Ihr viehisches Gesindel steht noch unter den H....; diese armen                         Geschöpfe gehorchen ihrer natürlichen Leidenschaft; ihr aber folgt nur eurer                         unnatürlichen Lust. Wie dürft ihr zu schreiben, zu reden, zu denken wagen                         über etwas, das mit dem Stempel der Mannesfreiheit versehen ist? Ihr                         jämmerlichen Sykophanten seid gemiethete Sklaven, ihr vom &#x201E;Chronicle&#x201C;, von                         den &#x201E;Daily News&#x201C;, vom &#x201E;Sun&#x201C;, &#x201E;Dispatch&#x201C; und &#x201E;Manchester Examiner&#x201C;! Ihr                         lüderliche Bande, was veranlaßt euch, über die Land-Comité verfälschte                         Berichte zu entwerfen und den Landplan eine Gaunerei zu nennen, während ihr                         gegen Bezahlung allen Eisenbahn-Gaunereien, allen Bergbau-Seifenblasen,                         Geldklubs, Bau-Projekten und tausend andern Täuschungen euern besten                         Beistand geliehen?....&#x201C; Und nun, meine Freunde, wende ich meine Betrachtung                         von diesen Schurken, &#x2012; deren Hauptheld ein notorischer Sodomit ist &#x2012; ab und                         kehre zu meiner Wochenarbeit zurück.&#x201C; Er schildert hierauf seine Ankunft in                         Sheffield, wo ihn die gesammte Arbeiterbevölkerung in unabsehbarer Zahl an                         der Eisenbahnstation empfing. Unter den zahlreichen Fahnen befand sich eine,                         worauf ein großes Herz abgemalt war, mit der Unterschrift: &#x201E;Die des Volkes                         Lebenskraft aussaugende Aristokratie.&#x201C; Auf einer andern stand: &#x201E;John                         Mitchell, das erste Opfer der neuen Knebelungsbill&#x201C;; auf einer dritten: &#x201E;das                         größte Wohlsein für die große Masse des Volkes.&#x201C;</p>
          <p>In <hi rendition="#g">Nottingham</hi> wurde ein großes Chartisten-Meeting                         abgehalten; diesmal ohne Widerstand Seitens der Regierung. Man faßte                         einstimmig die Resolution, &#x201E;daß die Arbeiter von Nottingham den Hrn. Cobden                         überzeugen wollen, daß die Chartisten nicht die unbedeutend Minorität sind,                         als welche er sie dargestellt und den Lord J. Russell, daß die Arbeiter                         entschlossen sind, das, wofür sie so lange gekämpft &#x2012; die Volkscharte &#x2012;                         unverstümmelt durchzusetzen.&#x201C; Eine zweite Resolution drückt den &#x201E;äußer-Ekel                         vor dem neulichen Verfahren der Regierung gegen J. Mitchell und vor den                         feigen und unkonstitutionellen Mitteln aus, durch welche die Verurtheilung                         jener edeln Natur erwirkt worden.&#x201C; Aehnliche Meetings in Derby, Paisley und                         anderen Orten, wo es der Regierung an Zeit fehlte, die nöthige Truppenmacht                         zur Verhinderung aufzubieten.</p>
          <p>Auf dem Kontinent, namentlich in Deutschland, bildet sich die                         Bourgeois-Presse ein, daß die Chartisten-Bewegung so gut wie todt sei. Der                         Glaube vom Gegentheil wird ihr bald in die Hand kommen. Eine mächtige                         Bourgeoisie zu stürzen, ist allerdings schwerer, als einem verfaulten,                         korrupten Königthum &#x201E;von Gottes Gnaden&#x201C; mit seinen mittelalterlichen Granden                         und sonstigem Zubehör ein Ende zu machen. Allein das englische Proletariat                         wird desungeachtet seiner Feinde Meister werden, dann aber auch schnell und                         gründlich die bisherige Ordnung der Dinge beseitigen. Die arbeitende Klasse                         in Deutschland kann dieserhalb unbesorgt sein. Möge sie nur bei der                         gegenwärtigen revolutionären Umgestaltung dafür sorgen, daß sich die                         Bourgeoisie nicht eben so fest einnistet, wie die hiesige; es würde sonst                         eben so lange und so große Anstrengung kosten, sich ihrer Herrschaft zu                         entledigen, als in England.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar021b_004" type="jArticle">
          <head>Dublin, 14. Juni.</head>
          <p>Hier ist das Volk über die Verhaftungen von Chartisten in London und andern                         Orten äußerst erbittert. Eine vollständige Harmonie, ein gemeinsames Gefühl                         herrscht jetzt zwischen den um ihre Rechte kämpfenden Volksklassen Irlands                         und Englands. Die Iren sind nicht mehr gleichgültige Zuschauer bei den                         Bestrebungen ihrer Brüder, der Chartisten in England, gegen Whigthum und                         seine Korruption. Ernest Jones ist in unserer Hauptstadt sehr populär; man                         bewundert seine Talente und seinen unbeugsamen Muth im Kampf gegen den                         gemeinsamen Feind. Der heißeste Wunsch unter dem Volke ist, daß er den                         blutdürstigen Schurken, in deren Schlingen er gerathen, nicht ebenfalls zum                         Opfer fallen möge. &#x2012; Es werden bald mehrere neue Blätter erscheinen, die im                         republikanischen Geiste die Rechte Irlands und der arbeitenden Klassen im                         ganzen Reiche zu verfechten bestimmt sind. An die Stelle des &#x201E;United                         Irishman&#x201C; (der durch Mitchell's Deportation untergegangen) tritt am 24. Juni                         der &#x201E;irische Hochverräther.&#x201C; Ein anderes Blatt (der &#x201E;irische Tribun&#x201C;)                         erscheint seit Sonnabend. Mit dem O'Connell'schen Humbug in der                         &#x201E;Versöhnungshalle&#x201C; ist es für immer zu Ende. Der Abkömmling des &#x201E;dicken                         irischen Bettlers&#x201C; mag sein politisches Bündel schnüren; mit seinem Geschäft                         ist es aus und seine Repeal-Firma bankerott.</p>
          <p>Bei <hi rendition="#g">Ipswich</hi> wurden in diesen Tagen, was das                         Fortrücken von Häusern betrifft, die Amerikaner, die es darin zu einer                         außerordentlichen Geschicklichkeit gebracht haben, noch überboten. Unter                         Leitung des Ingenieurs Hrn. Worby ward ein 2 Stock hohes, aus Ziegeln                         erbautes 26 Fuß langes und 18 Fuß breites Haus 70 Fuß weit fortgerückt und                         um 21/2 Fuß erhöht, ohne daß die Mauern oder Decken auch nur den geringsten                         Ritz davon trugen. Die Wanderung des Hauses ging allerdings langsam vor                         sich, 25 Fuß in einem Tage; langsam aber sicher.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Amerika.</head>
        <div xml:id="ar021b_005" type="jArticle">
          <head>Boston, 29. Mai.</head>
          <p>Nach allen geschriebenen gedruckten und mündlichen Berichten steht dies Jahr                         wiederum eine der reichsten Ernten für das ganze umfangreiche Gebiet der                         Vereinigten Staaten in Aussicht. &#x2012; Der vor 8 Tagen in Baltimore versammelte                         demokratische Kongreß hatte zum Zweck, Kandidaten für die im November                         stattfindende Wahl eines Präsidenten und Vicepräsidenten zu ernennen. Nach                         5tägigen Vorbereitungen und Debatte wurde General Caß (früher Gesandter in                         Paris und der nämliche welcher in der Oregonfrage am heftigsten gegen                         England auftrat) als Kandidat für den Präsidentenstuhl und Gen. Butler                         (gegenwärtig in Mexiko) für die Vice-Präsidentschaft aufgestellt. Gleich vom                         Beginn des Kongresses an bis zu seinem Schluß trat es klar hervor, daß                         General Caß der allgemeine Lieblings ist. Wurden gleich ein halb Dutzend                         Namen laut, so hatte er doch eigentlich nur zwei Mitbewerber: Woodburg (New                         Hampshire) und Buchanan (Pennsylvania), denen jedoch nur wenig Stimmen                         zufielen. Ich ziehe daraus einen günstigen Schluß für die Einmüthigkeit der                         demokratischen Parthei und den glücklichen Erfolg ihrer Kandidaten.</p>
          <p>Der Whig-Kongreß tritt in 9 Tagen zu Philadelphia zusammen und man bezeichnet                         Henry Clay, Gen. Scott und Gen. Taylor als die drei Bewerber um die                         Präsidentschaft. Entschlösse man sich für Clay oder Scott, so ist die                         Niederlage der Whig-Parthei gewiß. Entscheidet man sich andererseits für den                         &#x201E;alten Zack&#x201C;, wie Gen. Taylor beim Volke heißt, so würde ein großer Theil                         der demokratischen Parthei für ihn stimmen und ein heißer Kampf zwischen den                         beiden Generalen (Caß und Taylor) entstehen. Jedoch, die Whig-Parthei ist                         sehr getheilt und desorganisirt. Daraus und aus andern Umständen folgere                         ich, daß die Ernennung Caß zum Präsidenten fast gewiß ist. In solchem Fall                         bleibt die bisherige Politik, die Handlungsweise der jetzigen Verwaltung, in                         voller Kraft.</p>
          <p>Sie wissen, daß ich auf Prophetenthum keinen Anspruch mache; allein in                         Betreff des Friedensvertrages mit Mexiko, hat sich meine Voraussagung als                         richtig erwiesen. Er ist verworfen worden, und wir müssen den Krieg auf's                         Neue beginnen, um das ganze Land zu erobern und zu annexiren. So werden die                         südlichen Sklaven Staaten in der Union den Ausschlag geben.</p>
          <p>Ich erwähnte schon früher mehrmals, daß der Süden in der Fabrikindustrie                         mittelst Sklavenarbeit reißende Fortschritte macht. Verschiedene neue                         Fabriken gehen ihrer Vollendung entgegen, und andere sind eben jetzt in                         Thätigkeit getreten. Das ist ein sehr bedeutsames Moment in dem                         Fortschreitten dieses Landes und für die Fabrikanten der Nord- und                         Ost-Staaten, wie für die in Großbritannien, von höchster Wichtigkeit. Die                         Transportkosten für ein Pfund Baumwolle von Mobile nach Boston belaufen sich                         auf 11/2 Cents; mehr noch kostet es, die verarbeitete Waare dahin zurück zu                         schaffen. Rechnet man hinzu, daß die Sklavenarbeit 40 Prozent am Salär                         erspart, so liegt es auf der Hand, daß der Süden Baumwollenzeuge und                         Mischwaaren aus Wolle und Baumwolle um mindestens 30 Prozent billiger                         fabrizirt als dies in Lowell oder Lawrence geschehen kann. Einen Beweis                         hierfür liefert der eben jetzt von der Regierung mit einer großen Fabrik in                         Georgia abgeschlossene Kontrakt wegen einer bedeutenden Lieferung von                         &#x201E;Osnabrugs&#x201C; für die Armee. Nach einer genauen Prüfung der Qualität und                         Preise im Vergleich zu ähnlichen Fabrikanten der mittleren und östlichen                         Staaten hat sich die Regierung zum Abschluß jenes Kontraktes veranlaßt                         gefunden.</p>
          <bibl>(The Economist.)</bibl>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>[Deutschland]</head>
        <div xml:id="ar021b_006" type="jArticle">
          <head>Ludwigsburg, 17. Juni.</head>
          <p>Gestern Nacht um 9 Uhr marschirte eine Abtheilung Militär (1 Regiment                         Reiterei, 1 Bataillon Infanterie und 1 Batterie reitende Artillerie) von                         Ludwigsburg nach Heilbronn ab, um den dortigen Tumulten steuern zu helfen.                         Sie zogen von Ludwigsburg ab unter dem häufig wiederholten Rufe: &#x201E;Hecker                         hoch!&#x201C; ein Ruf, in welchen jedoch die Reiterei nicht einzustimmen schien. &#x2012;                         Von Stuttgart wurde das 4. Infanterieregiment nach Heilbronn beordert und                         durch drei verschiedene Eisenbahnzüge nach Ludwigsburg befördert. Jeder Zug,                         von denen der letzte erst halb 11 Uhr ankam, wurde in Ludwigsburg von einer                         großen Volksmasse mit lauten Lebehochrufen auf Hecker, die weithin durch die                         Nacht erschallten, im Vorbeifahren begrüßt.</p>
          <bibl>(Südd. polit. Zeit.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar021b_007" type="jArticle">
          <head><bibl><author>7</author></bibl> Frankfurt, 15. Juni.</head>
          <p>Die drei Ausgewiesen, Esselen, Pelz und Löwenstein sind hieher zurückgekehrt,                         nachdem sie der Polizei einfach angezeigt hatten, sie würden trotz ihrer                         Ausweisung dem Demokratenkongreß beiwohnen, da sie von ihren Committenten                         dazu beauftragt seien.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar021b_008" type="jArticle">
          <head>Bericht</head>
          <p> <hi rendition="#b">des Ausschusses der konstituirenden Nationalversammlung                             wegen Errichtung einer provisorischen Centralgewalt für                             Deutschland.</hi> </p>
          <p>Berichterstatter: <hi rendition="#g">Dahlmann.</hi> </p>
          <p>Bereits seit manchem Jahrzehend lebt in dem deutschen Volke die Ueberzeugung,                         die bisherige Bundesverfassung sei ungenügend für die Sicherstellung                         Deutschlands vor inneren und äußeren Gefahren, und nach den großen                         Umwälzungen vom März d. J. hat der Fünfzigerausschuß in seinen Sitzungen vom                         18., 26. und 27. April die wunde Seite unseres Gemeinwesens vollends                         aufgedeckt. Man stellte hier, im Einverständniß mit einem Ausschusse der 17                         Vertrauensmänner, den Antrag auf eine exekutive Gewalt, welche in eilenden                         Fällen unter eigener Verantwortlichkeit handle, in allen andern Fällen aber                         nach dem Rathe der Bundesversammlung verfahre. Man lehnte somit den Plan an                         die bestehenden Gewalten an, ja die drei Männer, welchen man die exekutive                         Gewalt vertraut wissen will, werden lediglich als eine Verstärkung der                         Bundesversammlung betrachtet, in welcher sie mit berathender Stimme Platz                         nehmen. Sie sollen von der Bundesversammlung im Einverständniß mit den                         Vertrauensmännern und den Fünfzigern, den Regierungen vorgeschlagen                         werden.</p>
          <p>Von da an ist der Plan häufigst in kleineren und größeren Kreisen, bei den                         deutschen Höfen und in der Bundesversammlung, allein und in Verbindung mit                         den 17 Vertrauensmännern, besprochen; man fühlte das gesteigerte Bedürfniß,                         aber die Erledigung blieb aus. Dieselben Uebel, welche man durch eine                         Verstärkung des Vollziehungs-Organs heilen wollte, waren vermuhlich die                         Ursache, daß diese nicht zur Vollziehung kam.</p>
          <p>Seit dem Zusammentritt der konstituirenden Nationalversammlung häuften sich                         die dringendsten Anträge in dieser Richtung. Es liegen deren eine große                         Anzahl, zum Theil von einer bedeutenden Zahl von Abgeordneten unterzeichnet,                         dem Ausschusse vor und eine Beilage (A) zu diesem Berichte wird solche,                         nebst einer Anzeige vom Inhalte der vielen Bittschriften dieses                         Gegenstandes, zur Kenntniß der hohen Versammlung bringen.</p>
          <p>Möchten die Ansichten der verschiedenen Antragsteller noch so sehr                         auseinanderlaufen, und würde es ermüdend sein, in ihre Unterschiede hier                         einzugehen, die hohe Versammlung hat augenscheinlich einem in ganz                         Deutschland tiefgefühlten Bedürfnisse entsprochen, als sie am 8. d. M. den                         Ausschuß von 15 Mitgliedern aus den Abtheilungen zu erwählen, niedersetzte,                         welcher sich heute beehrt, derselben von dem Ergebniß seiner vielfachen                         Berathungen, vom 3. bis zum 16. d. gepflogen, Bericht zu erstatten.</p>
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</TEI>
[0093/0001] Beilage zu Nr. 21 der Neuen Rheinischen Zeitung, Mittwoch, 21. Juni. [Großbritannien] [Verfolg von Seite 91] Hut nach dem Sitzungssaale mitbringen und dort in voller Versammlung ihr Mittagsmahl halten. Der bäuerliche Wagen ‒ dura ilia messorum ‒ ist bei Ermangelung eines deutschen Bellamy nicht im Stande, die lange Discussionszeit auszudauern, Außerdem legt man ihnen übertriebene Sparsamkeit zu Last. Es ist berechnet worden, daß die Deputirten vom Dorfe an ihren Diäten täglich 2 Thlr. 15 Slbrg. sparen und wenn die Session lange währen sollte, als reiche Leute nach Hause kommen werden. Die Deputirten kosten bereits 27000 Thlr. für ‒ Nichts. Ein satyrischer Schelm macht den Vorschlag, die Deputirten sollen auf Akordarbeiten, zu so und so viel jeder Paragraph der Verfassung. Die Deputirten vom Dorfe werden fleißig zu den soirées der verschiedenen Minister eingeladen. Hier erregen sie die nämliche Aufmerksamkeit, wie es etwa ein Trupp der Ojibbeways-Indianer in den Salons des Herzogs von Devonshire thun würde. In gesellschaftlicher Beziehung fühlen sie sich unbehaglich und nicht am Platze; in politischer Hinsicht sind sie unfähig, sei's dem Lande, sei's ihrer eigenen Klasse, irgend einen Dienst zu leisten, Der Volksinstinct hat mit auffallender Schnelligkeit ihre Mängel entdeckt und die arbeitende Klasse selbst ist es, die ihnen am energischsten ihre Mißachtung zu erkennen giebt.“ * London, 18. Juni. Eine der größten Tagesfragen ist hier zu Lande augenblicklich das Schicksal der westindischen Kolonieen. Unter dem britischen Westindien versteht man die Inseln Antigua, Barbados, Barbuda, Auguilla, Dominica, Grenada, St. Lucia, St. Vincent, Tobago, Trinidad, die Virginien Inseln und Jamaica, so wie auf dem südamerikanischen Kontinente, das sogenannte britische Guiana. Die Erzeugnisse dieser Kolonien bestehen fast ausschließlich aus Zucker, Syrop, Rum, Kaffé und Cacao; der Zucker-Produktion wegen, waren sie dem Mutterlande vor allen Dingen wichtig. Nach jahrelanger Prosperität, die freilich auch bisweilen durch eine Periode des Darniederliegens unterbrochen wurde, hat sich die Lage dieser Kolonien in der letzten Zeit so sehr verschlechtert, daß sie der Gegenstand der ausführlichsten Parlaments-Debatten geworden ist. Fassen wir daraus die Hauptpunkte zusammen. Zwei Sachen sind es, welche die Westindianer namentlich als Grund ihres Verarmens angegeben. Die Emancipation der Sclaven und die Freihandelsmaßregeln von 1844 und 1846. Wie bekannt unterstützte das britische Parlament den Sclavenhandel eine Reihe von Jahren lang und es bedurfte der 20jährigen Agitation einiger eifrigen Philanthropen, eines Wilberforce, eines Thomas Clarkson, ehe man sich dazu entschloß, in dem bisherigen System eine Aenderung eintreten zu lassen. Am 28. Aug. 1833 passirte indeß endlich ein Akt, wonach am 1. Aug. 1834 die Sclaverei in allen britischen Kolonieen ein Ende erreichte, indem sämmtlich Schwarze indeß noch für einen gewissen Zeitraum die Lehrlinge ihrer früheren Herren blieben. Wir brauchen hier nicht auseinander zu setzen, in wie weit man sich aus rein philanthropischen oder aus ökonomischen Gründen zu diesem Experimente verleiten ließ; genug, der Staat kaufte 770, 280 Sclaven zu 12 bis 53 Pfund Sterling per Kopf, aus ihren frühern Verhältnissen los und vergütete den Pflanzern zusammen 20 Millionen Pfund. Man glaubte hiermit allen vernünftigen Anforderungen entsprochen zu haben; da indeß von jenen 20 Millionen der größere Theil für früher geleistete Vorschüsse gleich wieder in die Hände der Londoner Kapitalisten floß und die Maßregel, daß sämmtliche Sclaven noch für eine Zeit lang die Lehrlinge ihrer Herren blieben, schon im Jahre 1838 wieder aufgehoben wurde, so konnte ein Verlangen höheren Lohnes von Seiten der nun wirklich emancipirten Schwarzen eben aus Mangel an gehörigen Fonds nicht durch den Import weiterer freien Arbeiter und durch die daraus hervorgehende Konkurrenz derselben untereinander, balancirt werden. Die Vortheile der alten Sclaverei waren verschwunden; die Vortheile der auf freier Konkurrenz basirten Arbeitermisère, waren nicht so schnell wie man wünschte herbeizuführen. Selbst die im Jahre 1843 getroffene Maßregel des Parlamentes, den westindischen Pflanzern von Ost-Indien aus die Einwanderung der sogenannten Coolies zu erleichtern, konnte nicht wirksam benutzt werden. Die Klagen der Westindianer über die Thorheit jenes großen philanthropischen Experimentes wurden daher immer lauter; sie erreichten indeß ihren Gipfel, als durch die Freihandelsmaßregeln Peel's und Russel's die Zucker-Einfuhr fremder noch durch Sclavenarbeit betriebener Kolonieen mit dem Produkt der emancipirten westindischen Besitzungen auf denselben Eingangszoll gebracht wurde. Wenn man damals John Bull als einen kranken kleinen Knaben karrikirte, dem die Mutter Peel die bittere Medizin der Income-Tax mit der Vertröstung eingab, daß er auch ein recht großes Stück Zucker haben solle, wenn er das Verhaßte ruhig hinunterschlucke, so illustrirte man dadurch nur gar zu hübsch die Vortheile, welche das Mutterland von einer billigen Zucker-Einfuhr zu erwarten hatte. Dem westindischen Pflanzer konnte damit natürlich aber wenig gedient sein, denn ob der Konsumo sich auch durch die verringerten Zölle um ein Bedeutendes steigerte, so kehrten sich die moralischen Engländer, die kurz vorher noch ungemein sensibel in Betreff der Sclaven gewesen waren, sehr wenig daran, ob sie Sclaven- oder Frei-Arbeiter-Zucker in ihren Thee warfen und kauften bei etwas niedrigem Preise bald von den Westindianern, so daß die Letztern schließlich die Kosten des ganzen Spaßes zu bezahlen hatten. Die verwickelten Geldverhältnisse der zwei letzten Jahre und der Sturz einiger der ersten nach Westindien handelnder Londoner Häuser steigerte die Noth, namentlich der Eigner von Mauritius bis zur Verzweiflung und führte die Debatten herbei, welche eben in diesen Tagen die Zeit des Parlamentes mehr als je in Anspruch nehmen. Die alten politischen Parteien der Wigs und der Tory's, die sich in der letzten Zeit fast durchaus zu den Parteien der Protektionisten und der Freetrader umgestalten, stehen sich dabei schroff gegenüber. Auf der einen Seite die Protektionisten mit Lord George Bentinck und Disraeli an der Spitze, welche alle Schuld auf die jüngsten Freihandelsmaßregeln werfen und die Emancipation des Sclaven aufrecht erhhalten wollen; auf der andern die Freiheitsmänner, mit Russel, Peel, Cobden, Bright u. s. w. welche die Noth der Kolonien nur durch ein weiteres Befolgen des Freihandels-Systems und, wie es es namentlich Hr. Bright offen ausspricht, durch ein Wiedereinführen der Sclaverei gut zu machen suchen. Ein wunderlicher Kampf! die hohen moralischen Lords und die demoralisirten Repräsentanten des Kommerzes treiben wieder ihr altes Spiel und es ist nur zu verwundern, daß man nicht daran denkt, wie auch wohl der ausgesogene Boden der westindischen Kolonieen, dem jungfräulichen Terrain der brasilianischen und ostindischen Flächen gegenüber, ein Grund des Verfalls der britischen Besitzungen sein kann. 27 London, 18. Juni. Die Feinde der arbeitenden Klassen haben ihrer Ansicht nach durch die Verhinderung des Meetings auf Kennington Common einen großen Triumph errungen. Sie behaupten, jetzt sei es für immer mit den Chartisten vorbei, von nun an stehe die Herrschaft der privilegirten Klassen unerschütterlich fest. „Quem Deus vult perdere prius dementat,“ zu deutsch: „Wen die Götter verderben wollen, den schlagen sie mit Blindheit.“ Dieses Sprüchwort geht hier zu Lande seiner Erfüllung sichtbar entgegen. Die Whigs erließen weitere Siegesbülletins, als sie die Chartisten-Demonstration am Pfingstmontage wiederum durch Aufbietung von Truppen aller Waffengattungen, durch die gewöhnlichen und die Spezial-Constablers unterdrückt hatten. Zu der Zwangsbill für Irland fügten sie das Mundsperr-Gesetz gegen die arbeitende Klasse in ganz Großbritannien. Die Verurtheilung Mitchell's durch eine parteiische Jury genügt ihnen nicht, sie sperren auch diesseits über 200 Chartisten in's Gefängniß und vermehren diese Zahl noch jeden Tag. Ernest Jones wird nach Newgate geschleppt und damit er ja nicht auf freiem Fuße den Ausgang des Prozesses abwarten solle, verlangt man von ihm nicht blos eine unverschämt hohe Kaution, sondern weist auch die gleichwohl gestellten Bürgen unter allerhand Vorwände als nicht gehörig sicher zurück. Wo die Arbeiter von dem „geheiligten“ Rechte der Versammlung unter freiem Himmel Gebrauch machen wollen, erläutert man ihnen dieses Recht nicht blos mit Polizei-Knütteln und Hirschfängern, sondern mit Bajonnetten und Kanonen. Die liberalen Bourgeois, Cobden, Hume und Konsorten an der Spitze, ersinnen den Humbug einer neuen Reformbewegung, um damit die arbeitende Klasse zu äffen, hinzuhalten und wenn's möglich wäre, von dem eigentlichen Ziele abzuwenden. Entblödet sich der abgenutzte Lord J. Russell nicht zu behaupten, das Volk verlange keine Reform, so ist das im Vergleich zu den Preßorganen des Ministeriums und der gesammten Bourgeoisie nur eine Kleinigkeit. Schaamloser und gemeiner ist noch nie die Presse aufgetreten, als jetzt in England Seitens der Bourgeoisie gegenüber dem Proletariat. Unter den mit jeder erdenkbaren Schmach, mit Verläumdung und Schimpf, mit Spott und Hohn von dieser Bourgeoispresse überhäuften steht O'Connor oben an. Er ist indeß nicht der Mann, der sich durch solche Manöver mürbe machen läßt. In der neuesten Nummer des „Northern Star“ spricht er zu jener Zeitungsbande: „Kommt her, ihr Krüppel! Kommt her, ihr H...., ihr Schurken, Räuber und Mörder. Ihr viehisches Gesindel steht noch unter den H....; diese armen Geschöpfe gehorchen ihrer natürlichen Leidenschaft; ihr aber folgt nur eurer unnatürlichen Lust. Wie dürft ihr zu schreiben, zu reden, zu denken wagen über etwas, das mit dem Stempel der Mannesfreiheit versehen ist? Ihr jämmerlichen Sykophanten seid gemiethete Sklaven, ihr vom „Chronicle“, von den „Daily News“, vom „Sun“, „Dispatch“ und „Manchester Examiner“! Ihr lüderliche Bande, was veranlaßt euch, über die Land-Comité verfälschte Berichte zu entwerfen und den Landplan eine Gaunerei zu nennen, während ihr gegen Bezahlung allen Eisenbahn-Gaunereien, allen Bergbau-Seifenblasen, Geldklubs, Bau-Projekten und tausend andern Täuschungen euern besten Beistand geliehen?....“ Und nun, meine Freunde, wende ich meine Betrachtung von diesen Schurken, ‒ deren Hauptheld ein notorischer Sodomit ist ‒ ab und kehre zu meiner Wochenarbeit zurück.“ Er schildert hierauf seine Ankunft in Sheffield, wo ihn die gesammte Arbeiterbevölkerung in unabsehbarer Zahl an der Eisenbahnstation empfing. Unter den zahlreichen Fahnen befand sich eine, worauf ein großes Herz abgemalt war, mit der Unterschrift: „Die des Volkes Lebenskraft aussaugende Aristokratie.“ Auf einer andern stand: „John Mitchell, das erste Opfer der neuen Knebelungsbill“; auf einer dritten: „das größte Wohlsein für die große Masse des Volkes.“ In Nottingham wurde ein großes Chartisten-Meeting abgehalten; diesmal ohne Widerstand Seitens der Regierung. Man faßte einstimmig die Resolution, „daß die Arbeiter von Nottingham den Hrn. Cobden überzeugen wollen, daß die Chartisten nicht die unbedeutend Minorität sind, als welche er sie dargestellt und den Lord J. Russell, daß die Arbeiter entschlossen sind, das, wofür sie so lange gekämpft ‒ die Volkscharte ‒ unverstümmelt durchzusetzen.“ Eine zweite Resolution drückt den „äußer-Ekel vor dem neulichen Verfahren der Regierung gegen J. Mitchell und vor den feigen und unkonstitutionellen Mitteln aus, durch welche die Verurtheilung jener edeln Natur erwirkt worden.“ Aehnliche Meetings in Derby, Paisley und anderen Orten, wo es der Regierung an Zeit fehlte, die nöthige Truppenmacht zur Verhinderung aufzubieten. Auf dem Kontinent, namentlich in Deutschland, bildet sich die Bourgeois-Presse ein, daß die Chartisten-Bewegung so gut wie todt sei. Der Glaube vom Gegentheil wird ihr bald in die Hand kommen. Eine mächtige Bourgeoisie zu stürzen, ist allerdings schwerer, als einem verfaulten, korrupten Königthum „von Gottes Gnaden“ mit seinen mittelalterlichen Granden und sonstigem Zubehör ein Ende zu machen. Allein das englische Proletariat wird desungeachtet seiner Feinde Meister werden, dann aber auch schnell und gründlich die bisherige Ordnung der Dinge beseitigen. Die arbeitende Klasse in Deutschland kann dieserhalb unbesorgt sein. Möge sie nur bei der gegenwärtigen revolutionären Umgestaltung dafür sorgen, daß sich die Bourgeoisie nicht eben so fest einnistet, wie die hiesige; es würde sonst eben so lange und so große Anstrengung kosten, sich ihrer Herrschaft zu entledigen, als in England. Dublin, 14. Juni. Hier ist das Volk über die Verhaftungen von Chartisten in London und andern Orten äußerst erbittert. Eine vollständige Harmonie, ein gemeinsames Gefühl herrscht jetzt zwischen den um ihre Rechte kämpfenden Volksklassen Irlands und Englands. Die Iren sind nicht mehr gleichgültige Zuschauer bei den Bestrebungen ihrer Brüder, der Chartisten in England, gegen Whigthum und seine Korruption. Ernest Jones ist in unserer Hauptstadt sehr populär; man bewundert seine Talente und seinen unbeugsamen Muth im Kampf gegen den gemeinsamen Feind. Der heißeste Wunsch unter dem Volke ist, daß er den blutdürstigen Schurken, in deren Schlingen er gerathen, nicht ebenfalls zum Opfer fallen möge. ‒ Es werden bald mehrere neue Blätter erscheinen, die im republikanischen Geiste die Rechte Irlands und der arbeitenden Klassen im ganzen Reiche zu verfechten bestimmt sind. An die Stelle des „United Irishman“ (der durch Mitchell's Deportation untergegangen) tritt am 24. Juni der „irische Hochverräther.“ Ein anderes Blatt (der „irische Tribun“) erscheint seit Sonnabend. Mit dem O'Connell'schen Humbug in der „Versöhnungshalle“ ist es für immer zu Ende. Der Abkömmling des „dicken irischen Bettlers“ mag sein politisches Bündel schnüren; mit seinem Geschäft ist es aus und seine Repeal-Firma bankerott. Bei Ipswich wurden in diesen Tagen, was das Fortrücken von Häusern betrifft, die Amerikaner, die es darin zu einer außerordentlichen Geschicklichkeit gebracht haben, noch überboten. Unter Leitung des Ingenieurs Hrn. Worby ward ein 2 Stock hohes, aus Ziegeln erbautes 26 Fuß langes und 18 Fuß breites Haus 70 Fuß weit fortgerückt und um 21/2 Fuß erhöht, ohne daß die Mauern oder Decken auch nur den geringsten Ritz davon trugen. Die Wanderung des Hauses ging allerdings langsam vor sich, 25 Fuß in einem Tage; langsam aber sicher. Amerika. Boston, 29. Mai. Nach allen geschriebenen gedruckten und mündlichen Berichten steht dies Jahr wiederum eine der reichsten Ernten für das ganze umfangreiche Gebiet der Vereinigten Staaten in Aussicht. ‒ Der vor 8 Tagen in Baltimore versammelte demokratische Kongreß hatte zum Zweck, Kandidaten für die im November stattfindende Wahl eines Präsidenten und Vicepräsidenten zu ernennen. Nach 5tägigen Vorbereitungen und Debatte wurde General Caß (früher Gesandter in Paris und der nämliche welcher in der Oregonfrage am heftigsten gegen England auftrat) als Kandidat für den Präsidentenstuhl und Gen. Butler (gegenwärtig in Mexiko) für die Vice-Präsidentschaft aufgestellt. Gleich vom Beginn des Kongresses an bis zu seinem Schluß trat es klar hervor, daß General Caß der allgemeine Lieblings ist. Wurden gleich ein halb Dutzend Namen laut, so hatte er doch eigentlich nur zwei Mitbewerber: Woodburg (New Hampshire) und Buchanan (Pennsylvania), denen jedoch nur wenig Stimmen zufielen. Ich ziehe daraus einen günstigen Schluß für die Einmüthigkeit der demokratischen Parthei und den glücklichen Erfolg ihrer Kandidaten. Der Whig-Kongreß tritt in 9 Tagen zu Philadelphia zusammen und man bezeichnet Henry Clay, Gen. Scott und Gen. Taylor als die drei Bewerber um die Präsidentschaft. Entschlösse man sich für Clay oder Scott, so ist die Niederlage der Whig-Parthei gewiß. Entscheidet man sich andererseits für den „alten Zack“, wie Gen. Taylor beim Volke heißt, so würde ein großer Theil der demokratischen Parthei für ihn stimmen und ein heißer Kampf zwischen den beiden Generalen (Caß und Taylor) entstehen. Jedoch, die Whig-Parthei ist sehr getheilt und desorganisirt. Daraus und aus andern Umständen folgere ich, daß die Ernennung Caß zum Präsidenten fast gewiß ist. In solchem Fall bleibt die bisherige Politik, die Handlungsweise der jetzigen Verwaltung, in voller Kraft. Sie wissen, daß ich auf Prophetenthum keinen Anspruch mache; allein in Betreff des Friedensvertrages mit Mexiko, hat sich meine Voraussagung als richtig erwiesen. Er ist verworfen worden, und wir müssen den Krieg auf's Neue beginnen, um das ganze Land zu erobern und zu annexiren. So werden die südlichen Sklaven Staaten in der Union den Ausschlag geben. Ich erwähnte schon früher mehrmals, daß der Süden in der Fabrikindustrie mittelst Sklavenarbeit reißende Fortschritte macht. Verschiedene neue Fabriken gehen ihrer Vollendung entgegen, und andere sind eben jetzt in Thätigkeit getreten. Das ist ein sehr bedeutsames Moment in dem Fortschreitten dieses Landes und für die Fabrikanten der Nord- und Ost-Staaten, wie für die in Großbritannien, von höchster Wichtigkeit. Die Transportkosten für ein Pfund Baumwolle von Mobile nach Boston belaufen sich auf 11/2 Cents; mehr noch kostet es, die verarbeitete Waare dahin zurück zu schaffen. Rechnet man hinzu, daß die Sklavenarbeit 40 Prozent am Salär erspart, so liegt es auf der Hand, daß der Süden Baumwollenzeuge und Mischwaaren aus Wolle und Baumwolle um mindestens 30 Prozent billiger fabrizirt als dies in Lowell oder Lawrence geschehen kann. Einen Beweis hierfür liefert der eben jetzt von der Regierung mit einer großen Fabrik in Georgia abgeschlossene Kontrakt wegen einer bedeutenden Lieferung von „Osnabrugs“ für die Armee. Nach einer genauen Prüfung der Qualität und Preise im Vergleich zu ähnlichen Fabrikanten der mittleren und östlichen Staaten hat sich die Regierung zum Abschluß jenes Kontraktes veranlaßt gefunden. (The Economist.) [Deutschland] Ludwigsburg, 17. Juni. Gestern Nacht um 9 Uhr marschirte eine Abtheilung Militär (1 Regiment Reiterei, 1 Bataillon Infanterie und 1 Batterie reitende Artillerie) von Ludwigsburg nach Heilbronn ab, um den dortigen Tumulten steuern zu helfen. Sie zogen von Ludwigsburg ab unter dem häufig wiederholten Rufe: „Hecker hoch!“ ein Ruf, in welchen jedoch die Reiterei nicht einzustimmen schien. ‒ Von Stuttgart wurde das 4. Infanterieregiment nach Heilbronn beordert und durch drei verschiedene Eisenbahnzüge nach Ludwigsburg befördert. Jeder Zug, von denen der letzte erst halb 11 Uhr ankam, wurde in Ludwigsburg von einer großen Volksmasse mit lauten Lebehochrufen auf Hecker, die weithin durch die Nacht erschallten, im Vorbeifahren begrüßt. (Südd. polit. Zeit.) 7 Frankfurt, 15. Juni. Die drei Ausgewiesen, Esselen, Pelz und Löwenstein sind hieher zurückgekehrt, nachdem sie der Polizei einfach angezeigt hatten, sie würden trotz ihrer Ausweisung dem Demokratenkongreß beiwohnen, da sie von ihren Committenten dazu beauftragt seien. Bericht des Ausschusses der konstituirenden Nationalversammlung wegen Errichtung einer provisorischen Centralgewalt für Deutschland. Berichterstatter: Dahlmann. Bereits seit manchem Jahrzehend lebt in dem deutschen Volke die Ueberzeugung, die bisherige Bundesverfassung sei ungenügend für die Sicherstellung Deutschlands vor inneren und äußeren Gefahren, und nach den großen Umwälzungen vom März d. J. hat der Fünfzigerausschuß in seinen Sitzungen vom 18., 26. und 27. April die wunde Seite unseres Gemeinwesens vollends aufgedeckt. Man stellte hier, im Einverständniß mit einem Ausschusse der 17 Vertrauensmänner, den Antrag auf eine exekutive Gewalt, welche in eilenden Fällen unter eigener Verantwortlichkeit handle, in allen andern Fällen aber nach dem Rathe der Bundesversammlung verfahre. Man lehnte somit den Plan an die bestehenden Gewalten an, ja die drei Männer, welchen man die exekutive Gewalt vertraut wissen will, werden lediglich als eine Verstärkung der Bundesversammlung betrachtet, in welcher sie mit berathender Stimme Platz nehmen. Sie sollen von der Bundesversammlung im Einverständniß mit den Vertrauensmännern und den Fünfzigern, den Regierungen vorgeschlagen werden. Von da an ist der Plan häufigst in kleineren und größeren Kreisen, bei den deutschen Höfen und in der Bundesversammlung, allein und in Verbindung mit den 17 Vertrauensmännern, besprochen; man fühlte das gesteigerte Bedürfniß, aber die Erledigung blieb aus. Dieselben Uebel, welche man durch eine Verstärkung des Vollziehungs-Organs heilen wollte, waren vermuhlich die Ursache, daß diese nicht zur Vollziehung kam. Seit dem Zusammentritt der konstituirenden Nationalversammlung häuften sich die dringendsten Anträge in dieser Richtung. Es liegen deren eine große Anzahl, zum Theil von einer bedeutenden Zahl von Abgeordneten unterzeichnet, dem Ausschusse vor und eine Beilage (A) zu diesem Berichte wird solche, nebst einer Anzeige vom Inhalte der vielen Bittschriften dieses Gegenstandes, zur Kenntniß der hohen Versammlung bringen. Möchten die Ansichten der verschiedenen Antragsteller noch so sehr auseinanderlaufen, und würde es ermüdend sein, in ihre Unterschiede hier einzugehen, die hohe Versammlung hat augenscheinlich einem in ganz Deutschland tiefgefühlten Bedürfnisse entsprochen, als sie am 8. d. M. den Ausschuß von 15 Mitgliedern aus den Abtheilungen zu erwählen, niedersetzte, welcher sich heute beehrt, derselben von dem Ergebniß seiner vielfachen Berathungen, vom 3. bis zum 16. d. gepflogen, Bericht zu erstatten.

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 21. Köln, 21. Juni 1848. Beilage, S. 0093. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz021b_1848/1>, abgerufen am 28.03.2024.