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Marburger Zeitung. Nr. 135, Marburg, 12.11.1901.

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Nr. 135, 12. November 1901. Marburger Zeitung

[Spaltenumbruch] wird. -- Auf der Tagesordnung steht: 1. Vereins-
angelegenheiten. 2. Vortrag des Herrn Bürgerschul-
lehrers Othmar Praz ak: "Ueber Höflichkeit und
andere Unarten". 3. Vorträge von Musikstücken auf
der Geige von Herrn Ludwig Schachenhofer, Musik-
lehrer des philharmonischen Vereines, auf dem Flügel
begleitet von Herrn Musikdirector Hans Rosensteiner.
Herr Musiklehrer Ludwig Schachenhofer wird nach-
stehende Tonwerke auf der Geige zum Vortrage
bringen: Ch. d. Beriot op 16, Violinconcert in D-dur;
August Wilhelmy op. 10 "Romanze" in E-dur und
ein eigenes Tonwerk "Abend", Idylle. -- Gäste
sind willkommen.

(Verband alpenländischer Handels-
angestellten, Zweigverein Marburg.)

Mit Mittwoch, den 13. d. beginnen wieder die regel-
mäßigen Vereinsabende im Hofsalon des Hotel
Werhonigg. Die Mitglieder werden ersucht sich recht
zahlreich einzufinden.

(Auch ein Jubiläum!)

Das kleine
Lotto in Oesterreich feiert morgen Mittwoch, den
13. November sein 50jähriges Jubiläum. Es trägt
dem Staate an acht Millionen Gulden jährlich.
Außer bei uns gibt es nur noch in Italien diese
-- Dummheitssteuer!

(Die geplante neue deutsche Schul-
orthographie)

wird, wie im Deutschen Reiche,
so auch in Deutsch-Oesterreich zur Einführung
kommen. Die bezüglichen Conferenz-Verhandlungen
im österreichischen Unterrichtsministerium wurden
am Freitag abgeschlossen.

(Vom Theater.)

Morgen: "Die Schroe-
derischen", Wiener Volksstück mit Gesang von H.
Schrottenbach, Musik von Josef Domes, Kapell-
meister des hies. Stadttheaters. Donnerstag gelangt
das mit großem Beifalle aufgenommene Lustspiel
"Die Wienerinnen" von Hermann Bahr zum
zweiten- und letztenmale zur Aufführung.

(Die Sängergesellschaft Mannsfeld
aus Wien)

wird morgen Mittwoch, d. 13. und
Donnerstag, den 14. d. im Casinosaale spielen.
Die Gesellschaft ist ob ihrer Leistungen sehr be-
kannt und beliebt.

(Kaiser-Panorama.)

Die jetzt ausge-
stellten Bilder aus Algerien und Nubien gewähren
einen hochinteressanten Einblick in das dortige Leben
und Treiben. Besonders die Stadt Algier, von
welcher mehrere Aufnahmen vorgeführt werden, sei
erwähnt. Wer nun diese Länder aus eigener An-
schauung kennen lernen will, möge dem Panorama
in der Burggasse einen Besuch abstatten und Land
und Leute vorbeiziehen lassen. Wir bemerken, dass
der hiesige Aufenthalt nur noch kurze Zeit währt.

(Personal-Einkommensteuer.)

Von
der k. k. Bezirkshauptmannschaft Marburg wird be-
kanntgegeben, dass die Verzeichnisse über die Ein-
reihung der Personaleinkommensteuerpflichtigen im
3. Wahlkörper behufs Vornahme der Ersatzwahlen
für die mit Ende des Jahres 1901 ausscheidenden
gewählten Mitglieder der Schätzungscommissionen
und deren Stellvertreter für die Schätzungsbezirke
Marburg Stadt und Marburg Land, vom 13. No-
vember 1901 angefangen aufliegen. Den genügend
legitimierten Personaleinkommensteuerpflichtigen steht
es frei, in die aufgelegten Wählerzeichnisse während
den Amtsstunden (vormittags von 8 bis 12 und
nachmittags von 2 bis 6 Uhr) in der Steuerreferats-
kanzlei (Bezirkshauptmannschaft) Einsicht zu nehmen.
Beschwerden sind innerhalb 8 Tagen, vom 13.
November 1901 angefangen, bei der k. k. Bezirks-
hauptmannschaft Marburg stempelfrei einzubringen,
stehen jedoch der Fortsetzung der Amtshandlungen,
insbesondere der Vornahme giltiger Wahlen nicht
im Wege.

(Fopperei.)

Die "Südst. Presse" ist über
die Vorstellungen des Kinematographen, die am vor-
letzten Montag nur Herren zugänglich waren, worunter
sich auch einige Geistliche befanden, sehr entrüstet;
da sie aber von Fopperei spricht, so ist die Ent-
rüstung nicht recht begreiflich. Fühlten die Herren
sich "gefoppt", weil ihre Erwartungen nicht erfüllt
wurden, dann sollen sie doch nicht nach Polizei
rufen, welche ja eben keinen Grund zum Einschreiten
hatte, die Wünsche der "Gefoppten" aber kaum er-
füllen könnte.

(Ein todtes Kind gefunden.)

Heute
vormittags wurde in der Kärntnerstraße am linken
Drauufer, im Gestrüppe versteckt, ein todtes neu-
geborenes Kind weiblichen Geschlechtes, vollkommen
entwickelt, gefunden. Ob das Kind, welches nackt
gefunden wurde, bereits todt ins Gebüsch gelegt
wurde oder erst dort -- vielleicht infolge der nächt-
lichen Kälte -- der Tod eingetreten ist, wird erst
[Spaltenumbruch] die Obduction zeigen. Den Leichnam des Kindes
wurde in die Todtenkammer gebracht. Die Mutter
des Kindes konnte bisher noch nicht ausgeforscht
werden.

(Die Gattin angeschossen.)

Freitag
wurde, wie wir der "D. W." entnehmen, die
25jährige Grundbesitzersgattin Katharina Podgor-
schek aus Heiligen Kreuz bei Stranitzen mit einer
schweren Schusswunde in der Brust in das Cillier
Krankenhaus gebracht. Ihr Gatte hatte gegen sie
und ihre Mutter, in der Absicht sie zu tödten, aus
einem Gewehre mehrere Schüsse abgefeuert.

(Entgleisung.)

Freitag abends um halb
11 Uhr ereignete sich am Bahneinschnitte zwischen
Tüchern und Store eine Entgleisung, welche er-
freulicherweise keine schlimmen Folgen nach sich zog.
In dem Lastzuge 167, der zu dieser Zeit die er-
wähnte Stelle passierte, waren auf einem offenen
Wagen Eisenwellen verladen, welche nicht genügend
verbolzt waren. Sie geriethen infolgedessen ins
Rollen, drückten auf die Wand des Wagens und
warfen ihn durch ihr Gewicht aus den Schienen.
Es entgleisten sechs Wagen, welche auf die Bö-
schung fielen. Das eine Geleise wurde zerstört, so
dass der Verkehr nur auf einem Geleise weiterge-
führt werden konnte. Samstag vormittags wurde
das Geleise wieder vollkommen hergestellt.

(Messerhelden.)

Am 9. d. M. um 9 Uhr
kam es in der Triesterstraße vor dem Hause Nr. 15
zu einer Rauferei, bei welcher der Taglöhner Matth.
Rotter drei Stichwunden im Kopfe, Joh. Jeremitz
einen Stich in die linke Kniescheibe bekam. Beide wur-
den ins allgemeine Krankenhaus gebracht.




Aus dem Gerichtssaale.
Maytner-Verhandlung.

Gestern fand vor dem Bezirksgertchte wieder
eine Verhandlung gegen Maytner wegen Amts-
ehrenbeleidigung der Staatsanwaltschaft statt. Da-
zu kamen noch einige andere Delicte. Maytner
hatte kürzlich ein Flugblatt herstellen lassen, wel-
ches in der Steindruckerei Rabitsch ohne Angabe des
Druckortes gedruckt und der Staatsanwaltschaft
nicht vorgelegt wurde. Die Verhandlung wegen
Amtsehrenbeleidigung wurde vertagt, dagegen Herr
Rabitsch zu 40 Kronen Geldstrafe, eventuell zu 4
Tagen Arrest und die "Freundin" Maytners,
Anna Krainer, wegen Colportage des Flugzettels
zu 48 Stunden Arrest verurtheilt.




Schaubühne.

Sonntag, den 10. d. M. gelangte zur Schiller-
Feier "Die Räuber" zur Aufführung. Es ist
immerhin ein Wagnis, ein derartiges Werk an
einer Provinzbühne aufzuführen, aber wir müssen
sagen, dank der trefflichen Inscenierung durch unseren
verdienstvollen Oberspielleiter Herrn Friedrich und
der Mühe, die sich jeder einzelne Künstler im Interesse
nahm, war die Aufführung eine derart glänzende,
die einer jeder größeren Bühne Ehre gemacht hätte.
Herr Werner-Eigen spielte den Räuber Moor mit
viel Verständnis und dem richtigen Effect. Er kann
den Karl zu einer seiner Glanzrollen zählen. Herr
Schneider hat unsere Hoffnungen beiweitem über-
troffen. Er kann sich mit seinem Franz an jeder
besseren Bühne sehen lassen. Wenn er so fortführt,
wird er gewiss bald zu einem guten Ziele gelangen.
Frl. Schlür hat ihrer Krone wieder eine Perle ein-
gesetzt; sie wusste den richtigen Ton für die auf der
einen Seite mit ganzem Herzen liebende und auf
der anderen ebenso hassende Amalia zu finden. Herr
Nekut hätte mit seinem Kosinsky befriedigt, nur war
die Maske eine so unnatürliche, dass ihm niemand
den Jüngling glaubte. Er sah älter als der Räuber
Moor selbst aus. Herr Grasselly (Hermann) sah
reizend aus und spielte mit Feuer, Verve und
Temperament. Die Herren Friedrich, Gerhardt,
Krüger bewiesen, dass man sich auch in kleinen
Rollen angenehm bemerkbar machen kann. Kurz
alles gieng befriedigt nach Hause, das Publicum
mit den Leistungen, der Director mit dem mate-
riellen, die Darsteller mit dem künstlerischen Erfolge.

Wohl wegen des schönen Tages war auch
die letzte Nachmittagsvorstellung schwach besucht
und verdienen die Darsteller für ihr trotzdem vor-
zügliches Spiel alle Anerkennung. Die Besucher
wurden durch die lustige Posse "Heirat auf Probe"
in die heiterste Stimmung versetzt und spendeten
gerne Beifall.




[Spaltenumbruch]

Wir erhalten ein Schreiben, welches sich in
dankenswerter Weise mit den im Theater öfters
vorkommenden,
vom Publicum selbst aus-
gehenden Störungen befasst. Bei fesselnden
Momenten gibt es für mich, und ich glaube auch
für manchen anderen Gleichgesinnten kein außerhalb
der dramatischen Handlung liegendes Interesse. Aber
nicht alle gehen der wahren Kunst zuliebe ins
Theater, sondern gewisse Leute aus Langeweile.
Diese leben und fühlen mit den Darstellern nicht
mit und sind abgestumpfte Gemüther, die schöne
Scenen und Worte lächerlich finden und Glossen
machen, was wahrlich nicht von Berständnis und
Herzensbildung zeigt? So geschehen bei "Flachs-
mann als Erzieher" und bei der Aufführung "Rosen-
montag". Dabei muss ich aber betonen, dass ich
diese Profanierung des Dichterwortes im Parterre
mit anhören musste -- wo man der Meinung ist,
sogenannte "bessere", gebildetere Menschen zu treffen.
Nur so nebenbei betone ich es auch, dass es rück-
sichtslos ist, lauschende Zuhörer durch halblautes
Tratschen in ihren Empfindungen zu stören und zu
verletzen. Heute, wo ich dieses niederschreibe, stehen
wir am Vorabende zu Schillers Geburtstagsfeier,
und weise ich darauf hin, dass am 17. September
1801 in Leipzig bei der Erstausführung der "Jung-
frau von Orleans" unser große Lieblingsdichter
ein verständnisinnigeres Publicum vor Augen hatte,
als er es heute in unserem Theater hätte. Ich will
mit diesen Ausführungen nicht die Gesammtheit
treffen, wohl aber diejenigen, welche es direct an-
geht, denn wer kunstfreundlich gesinnt ist, wer edle
Gefühle hegt und pflegt, wird mir recht geben und
dankbar sein.




Literarisches.

"Das Wissen für Alle." Volksthüm-
liche Vorträge und populärwissenschaftliche Rund-
schau. Der Inhalt der soeben erschienenen 46. Num-
mer ist folgender: 1. Abtheilung. Volksthümliche
Vorträge: Prof. Dr. F. Tezner: Die allgemeinen
Rechte der Staatsbürger. Dr. Max Adler: Ueber
die Grenzen und die Macht der Phantasie. 1. Die
Bedeutung der Phantasie. Dr. N. Krebs: Karst
und Küste. 2. Abtheilung. Populärwissenschaftliche
Rundschau: E. Sch.: Der Tabak und das Rauchen.
Notizen. Vom Büchertisch. -- 3. Abtheilung. Die
Rast nach der Arbeit: M. Geron: Die Welt ohne
Geld. Romane und Wirklichkeiten. Mittheilung.
Abonnements zu K 2·50 vierteljährig nehmen die
Administration des "Wissen für Alle", Wien, I.,
Schulerstraße 20, Buchhandlungen und Zeitungs-
verschleiße entgegen. Einzelne Nummern in Wien
20 h, in der Provinz 24 h.




Stimmen aus dem Publicum.

Keil's Fußbodenlack ist der vorzüglichste
Anstrich für weiche Fußböden. Der Anstrich ist außer-
ordentlich dauerhaft und trocknet sofort, so dass die
Zimmer nach einigen Stunden wieder benützt werden
können. Flaschen a 68 kr. und fl. 1.35 sind in der
Droguerie Max Wolfram, Herrengasse 33 in
Marburg erhältlich. 2

[irrelevantes Material]

Nr. 135, 12. November 1901. Marburger Zeitung

[Spaltenumbruch] wird. — Auf der Tagesordnung ſteht: 1. Vereins-
angelegenheiten. 2. Vortrag des Herrn Bürgerſchul-
lehrers Othmar Praž ak: „Ueber Höflichkeit und
andere Unarten“. 3. Vorträge von Muſikſtücken auf
der Geige von Herrn Ludwig Schachenhofer, Muſik-
lehrer des philharmoniſchen Vereines, auf dem Flügel
begleitet von Herrn Muſikdirector Hans Roſenſteiner.
Herr Muſiklehrer Ludwig Schachenhofer wird nach-
ſtehende Tonwerke auf der Geige zum Vortrage
bringen: Ch. d. Beriot op 16, Violinconcert in D-dur;
Auguſt Wilhelmy op. 10 „Romanze“ in E-dur und
ein eigenes Tonwerk „Abend“, Idylle. — Gäſte
ſind willkommen.

(Verband alpenländiſcher Handels-
angeſtellten, Zweigverein Marburg.)

Mit Mittwoch, den 13. d. beginnen wieder die regel-
mäßigen Vereinsabende im Hofſalon des Hotel
Werhonigg. Die Mitglieder werden erſucht ſich recht
zahlreich einzufinden.

(Auch ein Jubiläum!)

Das kleine
Lotto in Oeſterreich feiert morgen Mittwoch, den
13. November ſein 50jähriges Jubiläum. Es trägt
dem Staate an acht Millionen Gulden jährlich.
Außer bei uns gibt es nur noch in Italien dieſe
Dummheitsſteuer!

(Die geplante neue deutſche Schul-
orthographie)

wird, wie im Deutſchen Reiche,
ſo auch in Deutſch-Oeſterreich zur Einführung
kommen. Die bezüglichen Conferenz-Verhandlungen
im öſterreichiſchen Unterrichtsminiſterium wurden
am Freitag abgeſchloſſen.

(Vom Theater.)

Morgen: „Die Schroe-
deriſchen“, Wiener Volksſtück mit Geſang von H.
Schrottenbach, Muſik von Joſef Domes, Kapell-
meiſter des hieſ. Stadttheaters. Donnerstag gelangt
das mit großem Beifalle aufgenommene Luſtſpiel
„Die Wienerinnen“ von Hermann Bahr zum
zweiten- und letztenmale zur Aufführung.

(Die Sängergeſellſchaft Mannsfeld
aus Wien)

wird morgen Mittwoch, d. 13. und
Donnerstag, den 14. d. im Caſinoſaale ſpielen.
Die Geſellſchaft iſt ob ihrer Leiſtungen ſehr be-
kannt und beliebt.

(Kaiſer-Panorama.)

Die jetzt ausge-
ſtellten Bilder aus Algerien und Nubien gewähren
einen hochintereſſanten Einblick in das dortige Leben
und Treiben. Beſonders die Stadt Algier, von
welcher mehrere Aufnahmen vorgeführt werden, ſei
erwähnt. Wer nun dieſe Länder aus eigener An-
ſchauung kennen lernen will, möge dem Panorama
in der Burggaſſe einen Beſuch abſtatten und Land
und Leute vorbeiziehen laſſen. Wir bemerken, daſs
der hieſige Aufenthalt nur noch kurze Zeit währt.

(Perſonal-Einkommenſteuer.)

Von
der k. k. Bezirkshauptmannſchaft Marburg wird be-
kanntgegeben, daſs die Verzeichniſſe über die Ein-
reihung der Perſonaleinkommenſteuerpflichtigen im
3. Wahlkörper behufs Vornahme der Erſatzwahlen
für die mit Ende des Jahres 1901 ausſcheidenden
gewählten Mitglieder der Schätzungscommiſſionen
und deren Stellvertreter für die Schätzungsbezirke
Marburg Stadt und Marburg Land, vom 13. No-
vember 1901 angefangen aufliegen. Den genügend
legitimierten Perſonaleinkommenſteuerpflichtigen ſteht
es frei, in die aufgelegten Wählerzeichniſſe während
den Amtsſtunden (vormittags von 8 bis 12 und
nachmittags von 2 bis 6 Uhr) in der Steuerreferats-
kanzlei (Bezirkshauptmannſchaft) Einſicht zu nehmen.
Beſchwerden ſind innerhalb 8 Tagen, vom 13.
November 1901 angefangen, bei der k. k. Bezirks-
hauptmannſchaft Marburg ſtempelfrei einzubringen,
ſtehen jedoch der Fortſetzung der Amtshandlungen,
inſbeſondere der Vornahme giltiger Wahlen nicht
im Wege.

(Fopperei.)

Die „Südſt. Preſſe“ iſt über
die Vorſtellungen des Kinematographen, die am vor-
letzten Montag nur Herren zugänglich waren, worunter
ſich auch einige Geiſtliche befanden, ſehr entrüſtet;
da ſie aber von Fopperei ſpricht, ſo iſt die Ent-
rüſtung nicht recht begreiflich. Fühlten die Herren
ſich „gefoppt“, weil ihre Erwartungen nicht erfüllt
wurden, dann ſollen ſie doch nicht nach Polizei
rufen, welche ja eben keinen Grund zum Einſchreiten
hatte, die Wünſche der „Gefoppten“ aber kaum er-
füllen könnte.

(Ein todtes Kind gefunden.)

Heute
vormittags wurde in der Kärntnerſtraße am linken
Drauufer, im Geſtrüppe verſteckt, ein todtes neu-
geborenes Kind weiblichen Geſchlechtes, vollkommen
entwickelt, gefunden. Ob das Kind, welches nackt
gefunden wurde, bereits todt ins Gebüſch gelegt
wurde oder erſt dort — vielleicht infolge der nächt-
lichen Kälte — der Tod eingetreten iſt, wird erſt
[Spaltenumbruch] die Obduction zeigen. Den Leichnam des Kindes
wurde in die Todtenkammer gebracht. Die Mutter
des Kindes konnte bisher noch nicht ausgeforſcht
werden.

(Die Gattin angeſchoſſen.)

Freitag
wurde, wie wir der „D. W.“ entnehmen, die
25jährige Grundbeſitzersgattin Katharina Podgor-
ſchek aus Heiligen Kreuz bei Stranitzen mit einer
ſchweren Schuſswunde in der Bruſt in das Cillier
Krankenhaus gebracht. Ihr Gatte hatte gegen ſie
und ihre Mutter, in der Abſicht ſie zu tödten, aus
einem Gewehre mehrere Schüſſe abgefeuert.

(Entgleiſung.)

Freitag abends um halb
11 Uhr ereignete ſich am Bahneinſchnitte zwiſchen
Tüchern und Storé eine Entgleiſung, welche er-
freulicherweiſe keine ſchlimmen Folgen nach ſich zog.
In dem Laſtzuge 167, der zu dieſer Zeit die er-
wähnte Stelle paſſierte, waren auf einem offenen
Wagen Eiſenwellen verladen, welche nicht genügend
verbolzt waren. Sie geriethen infolgedeſſen ins
Rollen, drückten auf die Wand des Wagens und
warfen ihn durch ihr Gewicht aus den Schienen.
Es entgleisten ſechs Wagen, welche auf die Bö-
ſchung fielen. Das eine Geleiſe wurde zerſtört, ſo
daſs der Verkehr nur auf einem Geleiſe weiterge-
führt werden konnte. Samstag vormittags wurde
das Geleiſe wieder vollkommen hergeſtellt.

(Meſſerhelden.)

Am 9. d. M. um 9 Uhr
kam es in der Trieſterſtraße vor dem Hauſe Nr. 15
zu einer Rauferei, bei welcher der Taglöhner Matth.
Rotter drei Stichwunden im Kopfe, Joh. Jeremitz
einen Stich in die linke Knieſcheibe bekam. Beide wur-
den ins allgemeine Krankenhaus gebracht.




Aus dem Gerichtsſaale.
Maytner-Verhandlung.

Geſtern fand vor dem Bezirksgertchte wieder
eine Verhandlung gegen Maytner wegen Amts-
ehrenbeleidigung der Staatsanwaltſchaft ſtatt. Da-
zu kamen noch einige andere Delicte. Maytner
hatte kürzlich ein Flugblatt herſtellen laſſen, wel-
ches in der Steindruckerei Rabitſch ohne Angabe des
Druckortes gedruckt und der Staatsanwaltſchaft
nicht vorgelegt wurde. Die Verhandlung wegen
Amtsehrenbeleidigung wurde vertagt, dagegen Herr
Rabitſch zu 40 Kronen Geldſtrafe, eventuell zu 4
Tagen Arreſt und die „Freundin“ Maytners,
Anna Krainer, wegen Colportage des Flugzettels
zu 48 Stunden Arreſt verurtheilt.




Schaubühne.

Sonntag, den 10. d. M. gelangte zur Schiller-
Feier „Die Räuber“ zur Aufführung. Es iſt
immerhin ein Wagnis, ein derartiges Werk an
einer Provinzbühne aufzuführen, aber wir müſſen
ſagen, dank der trefflichen Inſcenierung durch unſeren
verdienſtvollen Oberſpielleiter Herrn Friedrich und
der Mühe, die ſich jeder einzelne Künſtler im Intereſſe
nahm, war die Aufführung eine derart glänzende,
die einer jeder größeren Bühne Ehre gemacht hätte.
Herr Werner-Eigen ſpielte den Räuber Moor mit
viel Verſtändnis und dem richtigen Effect. Er kann
den Karl zu einer ſeiner Glanzrollen zählen. Herr
Schneider hat unſere Hoffnungen beiweitem über-
troffen. Er kann ſich mit ſeinem Franz an jeder
beſſeren Bühne ſehen laſſen. Wenn er ſo fortführt,
wird er gewiſs bald zu einem guten Ziele gelangen.
Frl. Schlür hat ihrer Krone wieder eine Perle ein-
geſetzt; ſie wuſste den richtigen Ton für die auf der
einen Seite mit ganzem Herzen liebende und auf
der anderen ebenſo haſſende Amalia zu finden. Herr
Nekut hätte mit ſeinem Koſinsky befriedigt, nur war
die Maske eine ſo unnatürliche, daſs ihm niemand
den Jüngling glaubte. Er ſah älter als der Räuber
Moor ſelbſt aus. Herr Graſſelly (Hermann) ſah
reizend aus und ſpielte mit Feuer, Verve und
Temperament. Die Herren Friedrich, Gerhardt,
Krüger bewieſen, daſs man ſich auch in kleinen
Rollen angenehm bemerkbar machen kann. Kurz
alles gieng befriedigt nach Hauſe, das Publicum
mit den Leiſtungen, der Director mit dem mate-
riellen, die Darſteller mit dem künſtleriſchen Erfolge.

Wohl wegen des ſchönen Tages war auch
die letzte Nachmittagsvorſtellung ſchwach beſucht
und verdienen die Darſteller für ihr trotzdem vor-
zügliches Spiel alle Anerkennung. Die Beſucher
wurden durch die luſtige Poſſe „Heirat auf Probe“
in die heiterſte Stimmung verſetzt und ſpendeten
gerne Beifall.




[Spaltenumbruch]

Wir erhalten ein Schreiben, welches ſich in
dankenswerter Weiſe mit den im Theater öfters
vorkommenden,
vom Publicum ſelbſt aus-
gehenden Störungen befaſst. Bei feſſelnden
Momenten gibt es für mich, und ich glaube auch
für manchen anderen Gleichgeſinnten kein außerhalb
der dramatiſchen Handlung liegendes Intereſſe. Aber
nicht alle gehen der wahren Kunſt zuliebe ins
Theater, ſondern gewiſſe Leute aus Langeweile.
Dieſe leben und fühlen mit den Darſtellern nicht
mit und ſind abgeſtumpfte Gemüther, die ſchöne
Scenen und Worte lächerlich finden und Gloſſen
machen, was wahrlich nicht von Berſtändnis und
Herzensbildung zeigt? So geſchehen bei „Flachs-
mann als Erzieher“ und bei der Aufführung „Roſen-
montag“. Dabei muſs ich aber betonen, daſs ich
dieſe Profanierung des Dichterwortes im Parterre
mit anhören muſste — wo man der Meinung iſt,
ſogenannte „beſſere“, gebildetere Menſchen zu treffen.
Nur ſo nebenbei betone ich es auch, daſs es rück-
ſichtslos iſt, lauſchende Zuhörer durch halblautes
Tratſchen in ihren Empfindungen zu ſtören und zu
verletzen. Heute, wo ich dieſes niederſchreibe, ſtehen
wir am Vorabende zu Schillers Geburtstagsfeier,
und weiſe ich darauf hin, daſs am 17. September
1801 in Leipzig bei der Erſtauſführung der „Jung-
frau von Orleans“ unſer große Lieblingsdichter
ein verſtändnisinnigeres Publicum vor Augen hatte,
als er es heute in unſerem Theater hätte. Ich will
mit dieſen Ausführungen nicht die Geſammtheit
treffen, wohl aber diejenigen, welche es direct an-
geht, denn wer kunſtfreundlich geſinnt iſt, wer edle
Gefühle hegt und pflegt, wird mir recht geben und
dankbar ſein.




Literariſches.

„Das Wiſſen für Alle.“ Volksthüm-
liche Vorträge und populärwiſſenſchaftliche Rund-
ſchau. Der Inhalt der ſoeben erſchienenen 46. Num-
mer iſt folgender: 1. Abtheilung. Volksthümliche
Vorträge: Prof. Dr. F. Tezner: Die allgemeinen
Rechte der Staatsbürger. Dr. Max Adler: Ueber
die Grenzen und die Macht der Phantaſie. 1. Die
Bedeutung der Phantaſie. Dr. N. Krebs: Karſt
und Küſte. 2. Abtheilung. Populärwiſſenſchaftliche
Rundſchau: E. Sch.: Der Tabak und das Rauchen.
Notizen. Vom Büchertiſch. — 3. Abtheilung. Die
Raſt nach der Arbeit: M. Geron: Die Welt ohne
Geld. Romane und Wirklichkeiten. Mittheilung.
Abonnements zu K 2·50 vierteljährig nehmen die
Adminiſtration des „Wiſſen für Alle“, Wien, I.,
Schulerſtraße 20, Buchhandlungen und Zeitungs-
verſchleiße entgegen. Einzelne Nummern in Wien
20 h, in der Provinz 24 h.




Stimmen aus dem Publicum.

Keil’s Fußbodenlack iſt der vorzüglichſte
Anſtrich für weiche Fußböden. Der Anſtrich iſt außer-
ordentlich dauerhaft und trocknet ſofort, ſo daſs die
Zimmer nach einigen Stunden wieder benützt werden
können. Flaſchen à 68 kr. und fl. 1.35 ſind in der
Droguerie Max Wolfram, Herrengaſſe 33 in
Marburg erhältlich. 2

[irrelevantes Material]
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[5/0005] Nr. 135, 12. November 1901. Marburger Zeitung wird. — Auf der Tagesordnung ſteht: 1. Vereins- angelegenheiten. 2. Vortrag des Herrn Bürgerſchul- lehrers Othmar Praž ak: „Ueber Höflichkeit und andere Unarten“. 3. Vorträge von Muſikſtücken auf der Geige von Herrn Ludwig Schachenhofer, Muſik- lehrer des philharmoniſchen Vereines, auf dem Flügel begleitet von Herrn Muſikdirector Hans Roſenſteiner. Herr Muſiklehrer Ludwig Schachenhofer wird nach- ſtehende Tonwerke auf der Geige zum Vortrage bringen: Ch. d. Beriot op 16, Violinconcert in D-dur; Auguſt Wilhelmy op. 10 „Romanze“ in E-dur und ein eigenes Tonwerk „Abend“, Idylle. — Gäſte ſind willkommen. (Verband alpenländiſcher Handels- angeſtellten, Zweigverein Marburg.) Mit Mittwoch, den 13. d. beginnen wieder die regel- mäßigen Vereinsabende im Hofſalon des Hotel Werhonigg. Die Mitglieder werden erſucht ſich recht zahlreich einzufinden. (Auch ein Jubiläum!) Das kleine Lotto in Oeſterreich feiert morgen Mittwoch, den 13. November ſein 50jähriges Jubiläum. Es trägt dem Staate an acht Millionen Gulden jährlich. Außer bei uns gibt es nur noch in Italien dieſe — Dummheitsſteuer! (Die geplante neue deutſche Schul- orthographie) wird, wie im Deutſchen Reiche, ſo auch in Deutſch-Oeſterreich zur Einführung kommen. Die bezüglichen Conferenz-Verhandlungen im öſterreichiſchen Unterrichtsminiſterium wurden am Freitag abgeſchloſſen. (Vom Theater.) Morgen: „Die Schroe- deriſchen“, Wiener Volksſtück mit Geſang von H. Schrottenbach, Muſik von Joſef Domes, Kapell- meiſter des hieſ. Stadttheaters. Donnerstag gelangt das mit großem Beifalle aufgenommene Luſtſpiel „Die Wienerinnen“ von Hermann Bahr zum zweiten- und letztenmale zur Aufführung. (Die Sängergeſellſchaft Mannsfeld aus Wien) wird morgen Mittwoch, d. 13. und Donnerstag, den 14. d. im Caſinoſaale ſpielen. Die Geſellſchaft iſt ob ihrer Leiſtungen ſehr be- kannt und beliebt. (Kaiſer-Panorama.) Die jetzt ausge- ſtellten Bilder aus Algerien und Nubien gewähren einen hochintereſſanten Einblick in das dortige Leben und Treiben. Beſonders die Stadt Algier, von welcher mehrere Aufnahmen vorgeführt werden, ſei erwähnt. Wer nun dieſe Länder aus eigener An- ſchauung kennen lernen will, möge dem Panorama in der Burggaſſe einen Beſuch abſtatten und Land und Leute vorbeiziehen laſſen. Wir bemerken, daſs der hieſige Aufenthalt nur noch kurze Zeit währt. (Perſonal-Einkommenſteuer.) Von der k. k. Bezirkshauptmannſchaft Marburg wird be- kanntgegeben, daſs die Verzeichniſſe über die Ein- reihung der Perſonaleinkommenſteuerpflichtigen im 3. Wahlkörper behufs Vornahme der Erſatzwahlen für die mit Ende des Jahres 1901 ausſcheidenden gewählten Mitglieder der Schätzungscommiſſionen und deren Stellvertreter für die Schätzungsbezirke Marburg Stadt und Marburg Land, vom 13. No- vember 1901 angefangen aufliegen. Den genügend legitimierten Perſonaleinkommenſteuerpflichtigen ſteht es frei, in die aufgelegten Wählerzeichniſſe während den Amtsſtunden (vormittags von 8 bis 12 und nachmittags von 2 bis 6 Uhr) in der Steuerreferats- kanzlei (Bezirkshauptmannſchaft) Einſicht zu nehmen. Beſchwerden ſind innerhalb 8 Tagen, vom 13. November 1901 angefangen, bei der k. k. Bezirks- hauptmannſchaft Marburg ſtempelfrei einzubringen, ſtehen jedoch der Fortſetzung der Amtshandlungen, inſbeſondere der Vornahme giltiger Wahlen nicht im Wege. (Fopperei.) Die „Südſt. Preſſe“ iſt über die Vorſtellungen des Kinematographen, die am vor- letzten Montag nur Herren zugänglich waren, worunter ſich auch einige Geiſtliche befanden, ſehr entrüſtet; da ſie aber von Fopperei ſpricht, ſo iſt die Ent- rüſtung nicht recht begreiflich. Fühlten die Herren ſich „gefoppt“, weil ihre Erwartungen nicht erfüllt wurden, dann ſollen ſie doch nicht nach Polizei rufen, welche ja eben keinen Grund zum Einſchreiten hatte, die Wünſche der „Gefoppten“ aber kaum er- füllen könnte. (Ein todtes Kind gefunden.) Heute vormittags wurde in der Kärntnerſtraße am linken Drauufer, im Geſtrüppe verſteckt, ein todtes neu- geborenes Kind weiblichen Geſchlechtes, vollkommen entwickelt, gefunden. Ob das Kind, welches nackt gefunden wurde, bereits todt ins Gebüſch gelegt wurde oder erſt dort — vielleicht infolge der nächt- lichen Kälte — der Tod eingetreten iſt, wird erſt die Obduction zeigen. Den Leichnam des Kindes wurde in die Todtenkammer gebracht. Die Mutter des Kindes konnte bisher noch nicht ausgeforſcht werden. (Die Gattin angeſchoſſen.) Freitag wurde, wie wir der „D. W.“ entnehmen, die 25jährige Grundbeſitzersgattin Katharina Podgor- ſchek aus Heiligen Kreuz bei Stranitzen mit einer ſchweren Schuſswunde in der Bruſt in das Cillier Krankenhaus gebracht. Ihr Gatte hatte gegen ſie und ihre Mutter, in der Abſicht ſie zu tödten, aus einem Gewehre mehrere Schüſſe abgefeuert. (Entgleiſung.) Freitag abends um halb 11 Uhr ereignete ſich am Bahneinſchnitte zwiſchen Tüchern und Storé eine Entgleiſung, welche er- freulicherweiſe keine ſchlimmen Folgen nach ſich zog. In dem Laſtzuge 167, der zu dieſer Zeit die er- wähnte Stelle paſſierte, waren auf einem offenen Wagen Eiſenwellen verladen, welche nicht genügend verbolzt waren. Sie geriethen infolgedeſſen ins Rollen, drückten auf die Wand des Wagens und warfen ihn durch ihr Gewicht aus den Schienen. Es entgleisten ſechs Wagen, welche auf die Bö- ſchung fielen. Das eine Geleiſe wurde zerſtört, ſo daſs der Verkehr nur auf einem Geleiſe weiterge- führt werden konnte. Samstag vormittags wurde das Geleiſe wieder vollkommen hergeſtellt. (Meſſerhelden.) Am 9. d. M. um 9 Uhr kam es in der Trieſterſtraße vor dem Hauſe Nr. 15 zu einer Rauferei, bei welcher der Taglöhner Matth. Rotter drei Stichwunden im Kopfe, Joh. Jeremitz einen Stich in die linke Knieſcheibe bekam. Beide wur- den ins allgemeine Krankenhaus gebracht. Aus dem Gerichtsſaale. Maytner-Verhandlung. Geſtern fand vor dem Bezirksgertchte wieder eine Verhandlung gegen Maytner wegen Amts- ehrenbeleidigung der Staatsanwaltſchaft ſtatt. Da- zu kamen noch einige andere Delicte. Maytner hatte kürzlich ein Flugblatt herſtellen laſſen, wel- ches in der Steindruckerei Rabitſch ohne Angabe des Druckortes gedruckt und der Staatsanwaltſchaft nicht vorgelegt wurde. Die Verhandlung wegen Amtsehrenbeleidigung wurde vertagt, dagegen Herr Rabitſch zu 40 Kronen Geldſtrafe, eventuell zu 4 Tagen Arreſt und die „Freundin“ Maytners, Anna Krainer, wegen Colportage des Flugzettels zu 48 Stunden Arreſt verurtheilt. Schaubühne. Sonntag, den 10. d. M. gelangte zur Schiller- Feier „Die Räuber“ zur Aufführung. Es iſt immerhin ein Wagnis, ein derartiges Werk an einer Provinzbühne aufzuführen, aber wir müſſen ſagen, dank der trefflichen Inſcenierung durch unſeren verdienſtvollen Oberſpielleiter Herrn Friedrich und der Mühe, die ſich jeder einzelne Künſtler im Intereſſe nahm, war die Aufführung eine derart glänzende, die einer jeder größeren Bühne Ehre gemacht hätte. Herr Werner-Eigen ſpielte den Räuber Moor mit viel Verſtändnis und dem richtigen Effect. Er kann den Karl zu einer ſeiner Glanzrollen zählen. Herr Schneider hat unſere Hoffnungen beiweitem über- troffen. Er kann ſich mit ſeinem Franz an jeder beſſeren Bühne ſehen laſſen. Wenn er ſo fortführt, wird er gewiſs bald zu einem guten Ziele gelangen. Frl. Schlür hat ihrer Krone wieder eine Perle ein- geſetzt; ſie wuſste den richtigen Ton für die auf der einen Seite mit ganzem Herzen liebende und auf der anderen ebenſo haſſende Amalia zu finden. Herr Nekut hätte mit ſeinem Koſinsky befriedigt, nur war die Maske eine ſo unnatürliche, daſs ihm niemand den Jüngling glaubte. Er ſah älter als der Räuber Moor ſelbſt aus. Herr Graſſelly (Hermann) ſah reizend aus und ſpielte mit Feuer, Verve und Temperament. Die Herren Friedrich, Gerhardt, Krüger bewieſen, daſs man ſich auch in kleinen Rollen angenehm bemerkbar machen kann. Kurz alles gieng befriedigt nach Hauſe, das Publicum mit den Leiſtungen, der Director mit dem mate- riellen, die Darſteller mit dem künſtleriſchen Erfolge. Wohl wegen des ſchönen Tages war auch die letzte Nachmittagsvorſtellung ſchwach beſucht und verdienen die Darſteller für ihr trotzdem vor- zügliches Spiel alle Anerkennung. Die Beſucher wurden durch die luſtige Poſſe „Heirat auf Probe“ in die heiterſte Stimmung verſetzt und ſpendeten gerne Beifall. Wir erhalten ein Schreiben, welches ſich in dankenswerter Weiſe mit den im Theater öfters vorkommenden, vom Publicum ſelbſt aus- gehenden Störungen befaſst. Bei feſſelnden Momenten gibt es für mich, und ich glaube auch für manchen anderen Gleichgeſinnten kein außerhalb der dramatiſchen Handlung liegendes Intereſſe. Aber nicht alle gehen der wahren Kunſt zuliebe ins Theater, ſondern gewiſſe Leute aus Langeweile. Dieſe leben und fühlen mit den Darſtellern nicht mit und ſind abgeſtumpfte Gemüther, die ſchöne Scenen und Worte lächerlich finden und Gloſſen machen, was wahrlich nicht von Berſtändnis und Herzensbildung zeigt? So geſchehen bei „Flachs- mann als Erzieher“ und bei der Aufführung „Roſen- montag“. Dabei muſs ich aber betonen, daſs ich dieſe Profanierung des Dichterwortes im Parterre mit anhören muſste — wo man der Meinung iſt, ſogenannte „beſſere“, gebildetere Menſchen zu treffen. Nur ſo nebenbei betone ich es auch, daſs es rück- ſichtslos iſt, lauſchende Zuhörer durch halblautes Tratſchen in ihren Empfindungen zu ſtören und zu verletzen. Heute, wo ich dieſes niederſchreibe, ſtehen wir am Vorabende zu Schillers Geburtstagsfeier, und weiſe ich darauf hin, daſs am 17. September 1801 in Leipzig bei der Erſtauſführung der „Jung- frau von Orleans“ unſer große Lieblingsdichter ein verſtändnisinnigeres Publicum vor Augen hatte, als er es heute in unſerem Theater hätte. Ich will mit dieſen Ausführungen nicht die Geſammtheit treffen, wohl aber diejenigen, welche es direct an- geht, denn wer kunſtfreundlich geſinnt iſt, wer edle Gefühle hegt und pflegt, wird mir recht geben und dankbar ſein. K. R. Literariſches. „Das Wiſſen für Alle.“ Volksthüm- liche Vorträge und populärwiſſenſchaftliche Rund- ſchau. Der Inhalt der ſoeben erſchienenen 46. Num- mer iſt folgender: 1. Abtheilung. Volksthümliche Vorträge: Prof. Dr. F. Tezner: Die allgemeinen Rechte der Staatsbürger. Dr. Max Adler: Ueber die Grenzen und die Macht der Phantaſie. 1. Die Bedeutung der Phantaſie. Dr. N. Krebs: Karſt und Küſte. 2. Abtheilung. Populärwiſſenſchaftliche Rundſchau: E. Sch.: Der Tabak und das Rauchen. Notizen. Vom Büchertiſch. — 3. Abtheilung. Die Raſt nach der Arbeit: M. Geron: Die Welt ohne Geld. Romane und Wirklichkeiten. Mittheilung. Abonnements zu K 2·50 vierteljährig nehmen die Adminiſtration des „Wiſſen für Alle“, Wien, I., Schulerſtraße 20, Buchhandlungen und Zeitungs- verſchleiße entgegen. Einzelne Nummern in Wien 20 h, in der Provinz 24 h. Stimmen aus dem Publicum. Keil’s Fußbodenlack iſt der vorzüglichſte Anſtrich für weiche Fußböden. Der Anſtrich iſt außer- ordentlich dauerhaft und trocknet ſofort, ſo daſs die Zimmer nach einigen Stunden wieder benützt werden können. Flaſchen à 68 kr. und fl. 1.35 ſind in der Droguerie Max Wolfram, Herrengaſſe 33 in Marburg erhältlich. 2 _

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Zitationshilfe: Marburger Zeitung. Nr. 135, Marburg, 12.11.1901, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_marburger135_1901/5>, abgerufen am 18.04.2024.