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Marburger Zeitung. Nr. 103, Marburg, 28.08.1906.

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Marburger Zeitung. Nr. 103, 28. August 1906.

[Spaltenumbruch] nach geschehenem Raube gewendet hatten, konnte
derselbe nicht feststellen. In derselben Nacht wurde
im Privathause des Herrn Richard Sonns in
Fresen und zwar in den Keller durch Ausheben des
Fenstergitters eingebrochen und aus demselben Wein
gestohlen, mit welchem sich die Einbrecher offenbar
gestärkt hatten. Schon einige Tage darnach verübten,
wie nun festgestellt ist, dieselben Gauner einen großen
Einbruch in der viele Stunden entfernten Behausung
der Frau Ladineg in Arlberg jenseits der Drau.
Dort stahlen sie durch Ausheben des Fensterstockes
alle Kleider der Hausleute, zwei Gewehre, einen
Geldbetrag von über 100 Kronen, kurzum Gegen-
stände von über 600 Kronen Wert. Als nach er-
folgter Gendarmerieanzeige ein Gendarm des Postens
Reifnigg sich auf Erhebung begab, erfuhr er durch
ihn begegnende Bauern, welche gerade von einer
Jagd heimkehrten, daß sie sahen, wie drei verdäch-
tige Gestalten dem Walde enteilten und sich gegen
Fresen wendeten. Der diensteifrige Gendarm, dem
für seine Tat Dank und Anerkennung gebührt, ver-
folgte diese Gesellen und es gelang ihm mit Hilfe
von Bauern, die Burschen in der Gemeinde Kappel,
Bezirk Arnfels, in dem Augenblicke festzunehmen,
als diese gerade aus einem Walde schlichen. Die
betreffenden Gauner waren mit ordnungsmäßigen
Dokumenten versehen, wovon der eine die Dokumente
eines Schleifers besaß, und sind bei Luttenberg
heimisch; zwei dieser Einbrecher gehören dem Stamme
der Zigeuner an. An gestohlenen Gegenständen
hatten sie nur Geld, Zigarren und die nötigen Kleider
bei sich, die sie sich angezogen hatten. Als der Gen-
darm die Gesellen zur Einbruchstelle brachte, er-
kannten die dort dienenden Knechte sofort ihre ge-
stohlenen Hüte, während andere Kleidungsstücke vom
Einbruche in Unterfeising herrührten. Unter diesem
Eindrucke der Beweise blieb diesen abgefeimten
Gaunern nichts anderes übrig, als ein Geständnis
abzulegen, umsomehr als Ortsbewohner in Jo-
hannesberg selbst mittlerweile den Wald absuchten,
wo man diese Gauner enteilen sah, die dort einige
Bündel und die Gewehre in der Erde vergraben
hatten. Diese Einbrecher hatten die Stelle, wo sie
die gestohlenen Gegenstände in die Erde vergruben,
durch abgeschnittene Fichtenbäumchen, die sie in die
Erde steckten, kenntlich gemacht, ein Kniff, der diese
Stelle auch zu einer späteren Zeit dadurch erkennt-
lich gemacht hätte, da diese Bäume dürr und trocken
geworden wären. Hätte der wackere Gendarm die
Verfolgung nicht mit diesem Erfolge geführt, dann
wäre wohl in kurzer Zeit die Spur verwischt ge-
wesen. Dieser Fang läßt aber auch die bestimmte
Deutung zu, daß diese nun dingfest gemachten Ge-
sellen nicht das erstemal ihre Streifzüge in die
hiesige Gegend gemacht haben und daß sie schon
vor zwei Jahren den ganzen Bachern von Marburg
bis Wuchern usw. gebrandschatzt haben dürften.

Letztes Promenadekonzert.

Morgen
Mittwoch findet das letzte diesjährige Promenade-
konzert im Stadtpark statt. Infolge der früh ein-
tretenden Dunkelheit beginnt es bereits um 6 Uhr
abends. Unter anderem gelangt bei diesem Konzert
auch eine vom k. k. Musiklehrer der hiesigen Lehrer-
bildungsanstalt, Herrn E. Beran komponierte Po-
lonaise zur Aufführung.

Flucht eines Sträflings.

Der wegen Ver-
brechens des Totschlages zu sieben Jahren schweren
Kerker verurteilte Sträfling Franz Marinsek
entwich am letzten Sonnabend während der Arbeit,
die er als Maurer im Freien außerhalb der Um-
fassungsmauer der Strafanstalt in Marburg machte.
Der Flüchtling trug bei der Entweichung Zwilch-
kleider. Er konnte bisnun nicht ausgeforscht werden.

Der Marburger Gewerbevereiu

hat
in seiner am 20. August stattgefundenen Ausschuß-
sitzung einstimmig beschlossen, folgende Kundgebung
an das Herrenhaus zu richten: "Hohes Herren-
haus! Wenn auch die vom Abgeordnetenhaus be-
schlossene Gewerbegesetznovelle in allen
ihren Teilen keinesfalls sämtlichen gerechtfertigten
Wünschen des Gewerbestandes in seiner großen
Gesamtheit entspricht, so trägt doch die dermalige
Fassung dieser Novelle wenigstens den unumgänglich
notwendigen Existenz-Bedingnissen der gesamten
eigentlichen Handwerkerschaft teilweise Rechnung
und würde insbesondere jede Verschlechterung der
Neufassung der §§ 3, 14, 37, 38a, 110 und 137a
eine arge Beeinträchtigung des Handwerkerstandes
involvieren. Wir stellen deshalb nach eingehender
Prüfung und Erwägung aller Umstände die drin-
gende Bitte: "Das hohe Herrenhaus möge bei
Beratung der neuen Gewerbegesetznovelle in gerechter
Berücksichtigung, daß dem Handwerk unbedingt für
[Spaltenumbruch] seine Erzeugnisse ein wirksamer Schutz geboten
werden muß, die vom Abgeordnetenhaus beschlossene
Fassung dieser Gesetznovelle unverändert annehmen."

Der Dank für die bezahlte Zeche.

In der Nacht zum 27. d. befand sich der 28jährige
Knecht Josef Letonia, bedienstet beim Grund-
besitzer J. Reibenschuh in Pobersch, mit anderen
Burschen, darunter sich auch der 20jährige Grund-
besitzerssohn Anton Macher aus Pobersch befand,
im Gasthause des Edeltoni in Unter-Pobersch. Als
es zum Zahlen kam, behauptete der Knecht Letonja,
daß er die Zeche bereits beglichen habe. Es ent-
stand infolgedessen zwischen diesem und dem Gast-
wirte ein Wortwechsel. Macher, der es wußte, daß
die Zeche noch nicht bezahlt war, nahm sich des
Gastwirtes an und bezahlte die Zeche für Letonja.
Beim Nachhausegehen kam es auf der Straße zu
einem Streite. Letonja zog sein Taschenmesser und
versetzte dem Macher mehrere Stichwunden und
Schnitte. Gestern um 2 Uhr früh wurde Macher
in schwerverletztem Zustande in das hiesige Allge-
meine Krankenhaus gebracht.

Zwei berüchtigte Viehdiebe.

In der
Nummer vom 15. Mai d. J. teilten wir unter
obiger Spitzmarke die Verhaftung des Viehtreibers
Jug aus St. Martin bei Wurmberg und den Um-
stand mit, daß Jug angab, die Viehdiebstähle ge-
meinsam mit dem in Pobersch wohnenden Viehhändler
Ludwig Vlahovic begangen zu haben. Das Mar-
burger Kreisgericht hat nun das gegen Vlahovic
eingeleitete Strafverfahren eingestellt, da sich die
Angaben des Jug als unrichtig erwiesen.

Schon wieder einer!

Schwere Sitt-
lichkeitsverbrechen
verübte, wie man aus
Laibach schreibt, seit längerer Zeit der Pfarrer Gust.
Schiffrer in Franzdorf bei Laibach an kleinen
Schulmädchen, die er in Partien von je drei in
seine Wohnung kommen ließ, um sie für die erste
Kommunion vorzubereiten. Dieser Tage hat die
Laibacher Staatsanwaltschaft dem Treiben des
Wüstlings ein Ende bereitet, indem sie ihn ver-
haften und dem Landesgerichte einliefern ließ.

Dürfen Gemeindeu die Straßen für
den Automobilverkehr sperren?

Diese für
den Automobilismus sehr wichtige Frage beschäftigte
allerdings nur indirekt, das Reichgericht, welches
über einen bejahenden Kompetenzkonflikt, betreffend
die Beurteilung eines solchen Falles zwischen dem
Landesausschusse von Oberösterreich und dem Mini-
sterium des Innern zu entscheiden hatte. Das
Reichsgericht entschied, daß die Entscheidung, ob
gewisse Straßen von den Gemeinden für den
Automobilverkehr abgesperrt werden dürfen, den
politischen Behörden zusteht. Die Ent-
scheidungsgründe besagen u. a.: Durch den Beschluß
der Gemeindevertretung Rosenau vom 5. Februar
1905, welchem der Landesausschuß in der Sitzung
vom 8. Juni 1905 im Sinne des zuletzt zitierten
§ 28 zugestimmt hat, wurde eine Verfügung ge-
troffen, deren Wirkung, obwohl sie wörtlich auf
das Gemeindegebiet Rosenau lautet, über
dieses Gemeindegebiet hinausreicht, indem
durch die Absperrung der Rosenauer Bezirksstraße
im Gemeindegebiete von Rosenau begreiflicher-
weise der Automobilverkehr auf der ganzen
Rosenauer Bezirksstraße unterbrochen, ins-
besondere die Durchfahrt durch den Ort Rosenau
unmöglich gemacht wird. Infolgedessen handelt
es sich im vorliegenden Falle um eine Angelegen-
heit, welche nicht in den Wirkungskreis der Ge-
meinde Rosenau, sondern in den Wirkungskreis der
politischen Behörden fällt und betreffs welcher das
im § 28, Absatz 3, des Straßenpolizeigesetzes vom
24. Mai 1898, L.-G.-Bl. Nr. 21, normierte Zu-
stimmungsrecht des Landesausschusses nicht Platz
greift. Da es sich somit nicht um eine Angelegenheit
des selbständigen Wirkungskreises der Gemeinde,
sondern vielmehr um eine Angelegenheit der poli-
tischen Behörde handelt, so kann auch die Ent-
scheidung dieser Angelegenheit in höherer Instanz
nicht nach § 86 der Gemeindeordnung dem Landes-
ausschusse, sondern nach § 90 G.-O. nur den
politischen Behörden zustehen.

Selbstmord eines Soldaten.

Am 26. d.
erschoß sich der Kanonier Gustav Mulletz des
in Laibach liegenden 7. Divisions-Artillerieregimentes
unweit der Wohnung seiner Eltern in Brunndorf
an der Drauböschung. Mulletz war von Pettau, wo
sich sein Regiment auf dem Marsche nach Klagen-
furt befand, zu den Eltern nach Brunndorf ge-
fahren, um sich Geld zu verschaffen. Seine Eltern,
welche in Brunndorf ein Haus und eine Bäckerei
besitzen, gaben ihm 10 K. Das war ihm aber zu
[Spaltenumbruch] wenig. Er ging in die Stadt, kaufte sich einen
sechsläufigen, Revolver und kehrte gegen 1/211 Uhr
nachts wieder zu den Eltern zurück. Gustav Mulletz
verlangte von ihnen, sie sollen ihm 50 K. geben,
was die Eltern rundweg abschlugen, zumal zwischen
ihnen und ihrem Sohne schon seit geraumer Zeit
ein unerquickliches Verhältnis geherrscht haben soll.
Der Kanonier begab sich nun zur Uferböschung in
der Nähe des elterlichen Hauses und schoß sich
dort aus dem Revolver eine Kugel in den Kopf.
Der Tod trat sofort ein. Auf einer leeren Zigaretten-
schachtel hinterließ er folgende Aufzeichnungen:
"Wegen verschiedenen Familien zwistes. Ich
kann nicht mehr weiterleben. Dem Unterfahrts-
kanonier Sevnig bin ich noch 2 fl. schuldig,
bitte das Geld ans Regiment zu senden. Servus
der ganzen Welt! Alles was ich habe, gehört dem
Vormeister Kosteinschek. Der Zugsführer Kokol
hat mich oft in die Enge getrieben".

Ein Bubenstück.

Dem hiesigen Werkführer-
substituten Kourad Kokoll wurden vorgestern
nachts aus seinem Garten in der Etzelgasse sieben
Rosenstöcke und einige veredelte Obstbäumchen ab-
gebrochen; auch Gemüse wurde vernichtet. Im
gleichen Garten wurden auch anfangs Mai l. J.
22 Rosenstöcke beschädigt. Hoffentlich gelingt es,
den Übeltäter, auf dessen Ergreifung Herr Kokoll
eine Belohnung ausgesetzt hat, dingfest zu machen.




Gewerbetreibende-Versammlung.

Gestern abends fand in der geräumigen schönen
Gartenveranda der "Gambrinushalle" die von uns
angekündigte, vom Deutschen Handwerkervereine für
Marburg und Umgebung einberufene Versammlung
der Marburger Gewerbetreibenden statt, welche der
Annahme der neuen Gewerbenovelle im Herrenhause
galt. Weit über 200 selbständige Handwerksmeister
hatten sich dazu eingefunden.

Der Obmann des Deutschen Handwerker-
vereines, Gemeinderat Kral eröffnete die Ver-
sammlung, begrüßte die Erschienenen, u. a.
den Abg. Wastian (Heilrufe), die Kammerräte
Havlicek, Peyer, Platzer und Zollenstein, G.-R. Leeb
und Neger, die Obmänner der Genossenschaften, den
Gast Kammerrat Wegel aus Wien, ein gebürtiger
Cillier (Heilrufe), den Vertreter der Gewerbebehörde
Dr. Valentin, die Vertreter der Presse etc. und er-
teilte hierauf dem Kammerrat Wegel das Wort.
Herr Wegel verwies zuerst auf die Versammlungen,
welche bereits stattgefunden haben, um die Annahme
der Gewerbegesetznovelle im Herrenhause zu fördern
und auf jene, die noch in Aussicht stehen. Redner
warf einen Rückblick auf die früheren Gewerbegesetz-
gebungen, widerlegte den Vorwurf, daß der Be-
fäyigungsnachweis nichts nützte, indem er darauf
hinwies, daß der Befähigungsnachweis eben nicht
allen auferlegt wurde, daß Gesellschaften ihn um-
gehen könnten, daß er oft auf unlautere Weise er-
worben wird usw. Die "große Brieftasche" spiele
überhaupt eine große Rolle. Der Mann mit der
kleinen Brieftasche sei eben immer im Nachteile.
Die vom Abgeordnetenhause beschlossenen gesetz-
lichen Bestimmungen können von den Gewerbe-
treibenden nur als Abschlagszahlung aufgefaßt
werden. Unsere Abgeordneten, sagte der Redner, haben,
das muß anerkannt werden, ihre Pflicht erfüllt.
(Lebhafte Heilrufe.) Nur wenige Manchesterliberale
stimmten dagegen. Es sei eine Freude gewesen,
von der Galerie zuzuhören, wie bei der Abstimmung
ein "Ja" dem anderen folgte und nur hie und da
ertönte ein "Nein". Die Regierung habe sich früher
gegenüber dem Drängen der Gewerbetreibenden
immer auf die "Arbeitsunfähigkeit" des Abgeord-
netenhauses ausgeredet; nun stehe die Regierung
vor der Tatsache, daß das Abgeordnetenhaus trotz-
dem eine gute Arbeit getan hat und bei dem Ein-
flusse, den die Regierung auf das Herrenhaus besitzt,
wird man die wahre Gesinnung der Regierung im
Herrenhause erfahren können. Denn was die Re-
gierung will, das geschehe dann im Herrenhause.
Ein Mann, Abg. Wrabetz, hatte den traurigen
Mut, gegen die Gewerbetreibenden aufzutreten.
Dies sei umso trauriger, als Wrabetz selber Ge-
werbetreibender -- Photograph -- war! Dieser
Mann habe im Parlamente erklärt, daß von 10
Gewerbetreibenden nur einer etwas verstehe und
machen könne; 9 von ihnen können nichts! (Pfui-
rufe.) Wer arbeite denn aber für die vom liberalen
Abg. Wrabetz so gepriesenen Konfektionäre? Eben
jene Gewerbetreibenden, welche nach der Ansicht des
Herrn Wrabetz nichts verstehen! Die Konsum-
vereine seien wahre Wohltaten, meinte Wrabetz;

Marburger Zeitung. Nr. 103, 28. Auguſt 1906.

[Spaltenumbruch] nach geſchehenem Raube gewendet hatten, konnte
derſelbe nicht feſtſtellen. In derſelben Nacht wurde
im Privathauſe des Herrn Richard Sonns in
Freſen und zwar in den Keller durch Ausheben des
Fenſtergitters eingebrochen und aus demſelben Wein
geſtohlen, mit welchem ſich die Einbrecher offenbar
geſtärkt hatten. Schon einige Tage darnach verübten,
wie nun feſtgeſtellt iſt, dieſelben Gauner einen großen
Einbruch in der viele Stunden entfernten Behauſung
der Frau Ladineg in Arlberg jenſeits der Drau.
Dort ſtahlen ſie durch Ausheben des Fenſterſtockes
alle Kleider der Hausleute, zwei Gewehre, einen
Geldbetrag von über 100 Kronen, kurzum Gegen-
ſtände von über 600 Kronen Wert. Als nach er-
folgter Gendarmerieanzeige ein Gendarm des Poſtens
Reifnigg ſich auf Erhebung begab, erfuhr er durch
ihn begegnende Bauern, welche gerade von einer
Jagd heimkehrten, daß ſie ſahen, wie drei verdäch-
tige Geſtalten dem Walde enteilten und ſich gegen
Freſen wendeten. Der dienſteifrige Gendarm, dem
für ſeine Tat Dank und Anerkennung gebührt, ver-
folgte dieſe Geſellen und es gelang ihm mit Hilfe
von Bauern, die Burſchen in der Gemeinde Kappel,
Bezirk Arnfels, in dem Augenblicke feſtzunehmen,
als dieſe gerade aus einem Walde ſchlichen. Die
betreffenden Gauner waren mit ordnungsmäßigen
Dokumenten verſehen, wovon der eine die Dokumente
eines Schleifers beſaß, und ſind bei Luttenberg
heimiſch; zwei dieſer Einbrecher gehören dem Stamme
der Zigeuner an. An geſtohlenen Gegenſtänden
hatten ſie nur Geld, Zigarren und die nötigen Kleider
bei ſich, die ſie ſich angezogen hatten. Als der Gen-
darm die Geſellen zur Einbruchſtelle brachte, er-
kannten die dort dienenden Knechte ſofort ihre ge-
ſtohlenen Hüte, während andere Kleidungsſtücke vom
Einbruche in Unterfeiſing herrührten. Unter dieſem
Eindrucke der Beweiſe blieb dieſen abgefeimten
Gaunern nichts anderes übrig, als ein Geſtändnis
abzulegen, umſomehr als Ortsbewohner in Jo-
hannesberg ſelbſt mittlerweile den Wald abſuchten,
wo man dieſe Gauner enteilen ſah, die dort einige
Bündel und die Gewehre in der Erde vergraben
hatten. Dieſe Einbrecher hatten die Stelle, wo ſie
die geſtohlenen Gegenſtände in die Erde vergruben,
durch abgeſchnittene Fichtenbäumchen, die ſie in die
Erde ſteckten, kenntlich gemacht, ein Kniff, der dieſe
Stelle auch zu einer ſpäteren Zeit dadurch erkennt-
lich gemacht hätte, da dieſe Bäume dürr und trocken
geworden wären. Hätte der wackere Gendarm die
Verfolgung nicht mit dieſem Erfolge geführt, dann
wäre wohl in kurzer Zeit die Spur verwiſcht ge-
weſen. Dieſer Fang läßt aber auch die beſtimmte
Deutung zu, daß dieſe nun dingfeſt gemachten Ge-
ſellen nicht das erſtemal ihre Streifzüge in die
hieſige Gegend gemacht haben und daß ſie ſchon
vor zwei Jahren den ganzen Bachern von Marburg
bis Wuchern uſw. gebrandſchatzt haben dürften.

Letztes Promenadekonzert.

Morgen
Mittwoch findet das letzte diesjährige Promenade-
konzert im Stadtpark ſtatt. Infolge der früh ein-
tretenden Dunkelheit beginnt es bereits um 6 Uhr
abends. Unter anderem gelangt bei dieſem Konzert
auch eine vom k. k. Muſiklehrer der hieſigen Lehrer-
bildungsanſtalt, Herrn E. Beran komponierte Po-
lonaiſe zur Aufführung.

Flucht eines Sträflings.

Der wegen Ver-
brechens des Totſchlages zu ſieben Jahren ſchweren
Kerker verurteilte Sträfling Franz Marinſek
entwich am letzten Sonnabend während der Arbeit,
die er als Maurer im Freien außerhalb der Um-
faſſungsmauer der Strafanſtalt in Marburg machte.
Der Flüchtling trug bei der Entweichung Zwilch-
kleider. Er konnte bisnun nicht ausgeforſcht werden.

Der Marburger Gewerbevereiu

hat
in ſeiner am 20. Auguſt ſtattgefundenen Ausſchuß-
ſitzung einſtimmig beſchloſſen, folgende Kundgebung
an das Herrenhaus zu richten: „Hohes Herren-
haus! Wenn auch die vom Abgeordnetenhaus be-
ſchloſſene Gewerbegeſetznovelle in allen
ihren Teilen keinesfalls ſämtlichen gerechtfertigten
Wünſchen des Gewerbeſtandes in ſeiner großen
Geſamtheit entſpricht, ſo trägt doch die dermalige
Faſſung dieſer Novelle wenigſtens den unumgänglich
notwendigen Exiſtenz-Bedingniſſen der geſamten
eigentlichen Handwerkerſchaft teilweiſe Rechnung
und würde insbeſondere jede Verſchlechterung der
Neufaſſung der §§ 3, 14, 37, 38a, 110 und 137a
eine arge Beeinträchtigung des Handwerkerſtandes
involvieren. Wir ſtellen deshalb nach eingehender
Prüfung und Erwägung aller Umſtände die drin-
gende Bitte: „Das hohe Herrenhaus möge bei
Beratung der neuen Gewerbegeſetznovelle in gerechter
Berückſichtigung, daß dem Handwerk unbedingt für
[Spaltenumbruch] ſeine Erzeugniſſe ein wirkſamer Schutz geboten
werden muß, die vom Abgeordnetenhaus beſchloſſene
Faſſung dieſer Geſetznovelle unverändert annehmen.“

Der Dank für die bezahlte Zeche.

In der Nacht zum 27. d. befand ſich der 28jährige
Knecht Joſef Letonia, bedienſtet beim Grund-
beſitzer J. Reibenſchuh in Poberſch, mit anderen
Burſchen, darunter ſich auch der 20jährige Grund-
beſitzersſohn Anton Macher aus Poberſch befand,
im Gaſthauſe des Edeltoni in Unter-Poberſch. Als
es zum Zahlen kam, behauptete der Knecht Letonja,
daß er die Zeche bereits beglichen habe. Es ent-
ſtand infolgedeſſen zwiſchen dieſem und dem Gaſt-
wirte ein Wortwechſel. Macher, der es wußte, daß
die Zeche noch nicht bezahlt war, nahm ſich des
Gaſtwirtes an und bezahlte die Zeche für Letonja.
Beim Nachhauſegehen kam es auf der Straße zu
einem Streite. Letonja zog ſein Taſchenmeſſer und
verſetzte dem Macher mehrere Stichwunden und
Schnitte. Geſtern um 2 Uhr früh wurde Macher
in ſchwerverletztem Zuſtande in das hieſige Allge-
meine Krankenhaus gebracht.

Zwei berüchtigte Viehdiebe.

In der
Nummer vom 15. Mai d. J. teilten wir unter
obiger Spitzmarke die Verhaftung des Viehtreibers
Jug aus St. Martin bei Wurmberg und den Um-
ſtand mit, daß Jug angab, die Viehdiebſtähle ge-
meinſam mit dem in Poberſch wohnenden Viehhändler
Ludwig Vlahovic begangen zu haben. Das Mar-
burger Kreisgericht hat nun das gegen Vlahovic
eingeleitete Strafverfahren eingeſtellt, da ſich die
Angaben des Jug als unrichtig erwieſen.

Schon wieder einer!

Schwere Sitt-
lichkeitsverbrechen
verübte, wie man aus
Laibach ſchreibt, ſeit längerer Zeit der Pfarrer Guſt.
Schiffrer in Franzdorf bei Laibach an kleinen
Schulmädchen, die er in Partien von je drei in
ſeine Wohnung kommen ließ, um ſie für die erſte
Kommunion vorzubereiten. Dieſer Tage hat die
Laibacher Staatsanwaltſchaft dem Treiben des
Wüſtlings ein Ende bereitet, indem ſie ihn ver-
haften und dem Landesgerichte einliefern ließ.

Dürfen Gemeindeu die Straßen für
den Automobilverkehr ſperren?

Dieſe für
den Automobilismus ſehr wichtige Frage beſchäftigte
allerdings nur indirekt, das Reichgericht, welches
über einen bejahenden Kompetenzkonflikt, betreffend
die Beurteilung eines ſolchen Falles zwiſchen dem
Landesausſchuſſe von Oberöſterreich und dem Mini-
ſterium des Innern zu entſcheiden hatte. Das
Reichsgericht entſchied, daß die Entſcheidung, ob
gewiſſe Straßen von den Gemeinden für den
Automobilverkehr abgeſperrt werden dürfen, den
politiſchen Behörden zuſteht. Die Ent-
ſcheidungsgründe beſagen u. a.: Durch den Beſchluß
der Gemeindevertretung Roſenau vom 5. Februar
1905, welchem der Landesausſchuß in der Sitzung
vom 8. Juni 1905 im Sinne des zuletzt zitierten
§ 28 zugeſtimmt hat, wurde eine Verfügung ge-
troffen, deren Wirkung, obwohl ſie wörtlich auf
das Gemeindegebiet Roſenau lautet, über
dieſes Gemeindegebiet hinausreicht, indem
durch die Abſperrung der Roſenauer Bezirksſtraße
im Gemeindegebiete von Roſenau begreiflicher-
weiſe der Automobilverkehr auf der ganzen
Roſenauer Bezirksſtraße unterbrochen, ins-
beſondere die Durchfahrt durch den Ort Roſenau
unmöglich gemacht wird. Infolgedeſſen handelt
es ſich im vorliegenden Falle um eine Angelegen-
heit, welche nicht in den Wirkungskreis der Ge-
meinde Roſenau, ſondern in den Wirkungskreis der
politiſchen Behörden fällt und betreffs welcher das
im § 28, Abſatz 3, des Straßenpolizeigeſetzes vom
24. Mai 1898, L.-G.-Bl. Nr. 21, normierte Zu-
ſtimmungsrecht des Landesausſchuſſes nicht Platz
greift. Da es ſich ſomit nicht um eine Angelegenheit
des ſelbſtändigen Wirkungskreiſes der Gemeinde,
ſondern vielmehr um eine Angelegenheit der poli-
tiſchen Behörde handelt, ſo kann auch die Ent-
ſcheidung dieſer Angelegenheit in höherer Inſtanz
nicht nach § 86 der Gemeindeordnung dem Landes-
ausſchuſſe, ſondern nach § 90 G.-O. nur den
politiſchen Behörden zuſtehen.

Selbſtmord eines Soldaten.

Am 26. d.
erſchoß ſich der Kanonier Guſtav Mulletz des
in Laibach liegenden 7. Diviſions-Artillerieregimentes
unweit der Wohnung ſeiner Eltern in Brunndorf
an der Drauböſchung. Mulletz war von Pettau, wo
ſich ſein Regiment auf dem Marſche nach Klagen-
furt befand, zu den Eltern nach Brunndorf ge-
fahren, um ſich Geld zu verſchaffen. Seine Eltern,
welche in Brunndorf ein Haus und eine Bäckerei
beſitzen, gaben ihm 10 K. Das war ihm aber zu
[Spaltenumbruch] wenig. Er ging in die Stadt, kaufte ſich einen
ſechsläufigen, Revolver und kehrte gegen ½11 Uhr
nachts wieder zu den Eltern zurück. Guſtav Mulletz
verlangte von ihnen, ſie ſollen ihm 50 K. geben,
was die Eltern rundweg abſchlugen, zumal zwiſchen
ihnen und ihrem Sohne ſchon ſeit geraumer Zeit
ein unerquickliches Verhältnis geherrſcht haben ſoll.
Der Kanonier begab ſich nun zur Uferböſchung in
der Nähe des elterlichen Hauſes und ſchoß ſich
dort aus dem Revolver eine Kugel in den Kopf.
Der Tod trat ſofort ein. Auf einer leeren Zigaretten-
ſchachtel hinterließ er folgende Aufzeichnungen:
„Wegen verſchiedenen Familien zwiſtes. Ich
kann nicht mehr weiterleben. Dem Unterfahrts-
kanonier Sevnig bin ich noch 2 fl. ſchuldig,
bitte das Geld ans Regiment zu ſenden. Servus
der ganzen Welt! Alles was ich habe, gehört dem
Vormeiſter Koſteinſchek. Der Zugsführer Kokol
hat mich oft in die Enge getrieben“.

Ein Bubenſtück.

Dem hieſigen Werkführer-
ſubſtituten Kourad Kokoll wurden vorgeſtern
nachts aus ſeinem Garten in der Etzelgaſſe ſieben
Roſenſtöcke und einige veredelte Obſtbäumchen ab-
gebrochen; auch Gemüſe wurde vernichtet. Im
gleichen Garten wurden auch anfangs Mai l. J.
22 Roſenſtöcke beſchädigt. Hoffentlich gelingt es,
den Übeltäter, auf deſſen Ergreifung Herr Kokoll
eine Belohnung ausgeſetzt hat, dingfeſt zu machen.




Gewerbetreibende-Verſammlung.

Geſtern abends fand in der geräumigen ſchönen
Gartenveranda der „Gambrinushalle“ die von uns
angekündigte, vom Deutſchen Handwerkervereine für
Marburg und Umgebung einberufene Verſammlung
der Marburger Gewerbetreibenden ſtatt, welche der
Annahme der neuen Gewerbenovelle im Herrenhauſe
galt. Weit über 200 ſelbſtändige Handwerksmeiſter
hatten ſich dazu eingefunden.

Der Obmann des Deutſchen Handwerker-
vereines, Gemeinderat Kral eröffnete die Ver-
ſammlung, begrüßte die Erſchienenen, u. a.
den Abg. Waſtian (Heilrufe), die Kammerräte
Havlicek, Peyer, Platzer und Zollenſtein, G.-R. Leeb
und Neger, die Obmänner der Genoſſenſchaften, den
Gaſt Kammerrat Wegel aus Wien, ein gebürtiger
Cillier (Heilrufe), den Vertreter der Gewerbebehörde
Dr. Valentin, die Vertreter der Preſſe ꝛc. und er-
teilte hierauf dem Kammerrat Wegel das Wort.
Herr Wegel verwies zuerſt auf die Verſammlungen,
welche bereits ſtattgefunden haben, um die Annahme
der Gewerbegeſetznovelle im Herrenhauſe zu fördern
und auf jene, die noch in Ausſicht ſtehen. Redner
warf einen Rückblick auf die früheren Gewerbegeſetz-
gebungen, widerlegte den Vorwurf, daß der Be-
fäyigungsnachweis nichts nützte, indem er darauf
hinwies, daß der Befähigungsnachweis eben nicht
allen auferlegt wurde, daß Geſellſchaften ihn um-
gehen könnten, daß er oft auf unlautere Weiſe er-
worben wird uſw. Die „große Brieftaſche“ ſpiele
überhaupt eine große Rolle. Der Mann mit der
kleinen Brieftaſche ſei eben immer im Nachteile.
Die vom Abgeordnetenhauſe beſchloſſenen geſetz-
lichen Beſtimmungen können von den Gewerbe-
treibenden nur als Abſchlagszahlung aufgefaßt
werden. Unſere Abgeordneten, ſagte der Redner, haben,
das muß anerkannt werden, ihre Pflicht erfüllt.
(Lebhafte Heilrufe.) Nur wenige Mancheſterliberale
ſtimmten dagegen. Es ſei eine Freude geweſen,
von der Galerie zuzuhören, wie bei der Abſtimmung
ein „Ja“ dem anderen folgte und nur hie und da
ertönte ein „Nein“. Die Regierung habe ſich früher
gegenüber dem Drängen der Gewerbetreibenden
immer auf die „Arbeitsunfähigkeit“ des Abgeord-
netenhauſes ausgeredet; nun ſtehe die Regierung
vor der Tatſache, daß das Abgeordnetenhaus trotz-
dem eine gute Arbeit getan hat und bei dem Ein-
fluſſe, den die Regierung auf das Herrenhaus beſitzt,
wird man die wahre Geſinnung der Regierung im
Herrenhauſe erfahren können. Denn was die Re-
gierung will, das geſchehe dann im Herrenhauſe.
Ein Mann, Abg. Wrabetz, hatte den traurigen
Mut, gegen die Gewerbetreibenden aufzutreten.
Dies ſei umſo trauriger, als Wrabetz ſelber Ge-
werbetreibender — Photograph — war! Dieſer
Mann habe im Parlamente erklärt, daß von 10
Gewerbetreibenden nur einer etwas verſtehe und
machen könne; 9 von ihnen können nichts! (Pfui-
rufe.) Wer arbeite denn aber für die vom liberalen
Abg. Wrabetz ſo geprieſenen Konfektionäre? Eben
jene Gewerbetreibenden, welche nach der Anſicht des
Herrn Wrabetz nichts verſtehen! Die Konſum-
vereine ſeien wahre Wohltaten, meinte Wrabetz;

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Fen&#x017F;tergitters eingebrochen und aus dem&#x017F;elben Wein<lb/>
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Geldbetrag von über 100 Kronen, kurzum Gegen-<lb/>
&#x017F;tände von über 600 Kronen Wert. Als nach er-<lb/>
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Reifnigg &#x017F;ich auf Erhebung begab, erfuhr er durch<lb/>
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[4/0004] Marburger Zeitung. Nr. 103, 28. Auguſt 1906. nach geſchehenem Raube gewendet hatten, konnte derſelbe nicht feſtſtellen. In derſelben Nacht wurde im Privathauſe des Herrn Richard Sonns in Freſen und zwar in den Keller durch Ausheben des Fenſtergitters eingebrochen und aus demſelben Wein geſtohlen, mit welchem ſich die Einbrecher offenbar geſtärkt hatten. Schon einige Tage darnach verübten, wie nun feſtgeſtellt iſt, dieſelben Gauner einen großen Einbruch in der viele Stunden entfernten Behauſung der Frau Ladineg in Arlberg jenſeits der Drau. Dort ſtahlen ſie durch Ausheben des Fenſterſtockes alle Kleider der Hausleute, zwei Gewehre, einen Geldbetrag von über 100 Kronen, kurzum Gegen- ſtände von über 600 Kronen Wert. Als nach er- folgter Gendarmerieanzeige ein Gendarm des Poſtens Reifnigg ſich auf Erhebung begab, erfuhr er durch ihn begegnende Bauern, welche gerade von einer Jagd heimkehrten, daß ſie ſahen, wie drei verdäch- tige Geſtalten dem Walde enteilten und ſich gegen Freſen wendeten. Der dienſteifrige Gendarm, dem für ſeine Tat Dank und Anerkennung gebührt, ver- folgte dieſe Geſellen und es gelang ihm mit Hilfe von Bauern, die Burſchen in der Gemeinde Kappel, Bezirk Arnfels, in dem Augenblicke feſtzunehmen, als dieſe gerade aus einem Walde ſchlichen. Die betreffenden Gauner waren mit ordnungsmäßigen Dokumenten verſehen, wovon der eine die Dokumente eines Schleifers beſaß, und ſind bei Luttenberg heimiſch; zwei dieſer Einbrecher gehören dem Stamme der Zigeuner an. An geſtohlenen Gegenſtänden hatten ſie nur Geld, Zigarren und die nötigen Kleider bei ſich, die ſie ſich angezogen hatten. Als der Gen- darm die Geſellen zur Einbruchſtelle brachte, er- kannten die dort dienenden Knechte ſofort ihre ge- ſtohlenen Hüte, während andere Kleidungsſtücke vom Einbruche in Unterfeiſing herrührten. Unter dieſem Eindrucke der Beweiſe blieb dieſen abgefeimten Gaunern nichts anderes übrig, als ein Geſtändnis abzulegen, umſomehr als Ortsbewohner in Jo- hannesberg ſelbſt mittlerweile den Wald abſuchten, wo man dieſe Gauner enteilen ſah, die dort einige Bündel und die Gewehre in der Erde vergraben hatten. Dieſe Einbrecher hatten die Stelle, wo ſie die geſtohlenen Gegenſtände in die Erde vergruben, durch abgeſchnittene Fichtenbäumchen, die ſie in die Erde ſteckten, kenntlich gemacht, ein Kniff, der dieſe Stelle auch zu einer ſpäteren Zeit dadurch erkennt- lich gemacht hätte, da dieſe Bäume dürr und trocken geworden wären. Hätte der wackere Gendarm die Verfolgung nicht mit dieſem Erfolge geführt, dann wäre wohl in kurzer Zeit die Spur verwiſcht ge- weſen. Dieſer Fang läßt aber auch die beſtimmte Deutung zu, daß dieſe nun dingfeſt gemachten Ge- ſellen nicht das erſtemal ihre Streifzüge in die hieſige Gegend gemacht haben und daß ſie ſchon vor zwei Jahren den ganzen Bachern von Marburg bis Wuchern uſw. gebrandſchatzt haben dürften. Letztes Promenadekonzert. Morgen Mittwoch findet das letzte diesjährige Promenade- konzert im Stadtpark ſtatt. Infolge der früh ein- tretenden Dunkelheit beginnt es bereits um 6 Uhr abends. Unter anderem gelangt bei dieſem Konzert auch eine vom k. k. Muſiklehrer der hieſigen Lehrer- bildungsanſtalt, Herrn E. Beran komponierte Po- lonaiſe zur Aufführung. Flucht eines Sträflings. Der wegen Ver- brechens des Totſchlages zu ſieben Jahren ſchweren Kerker verurteilte Sträfling Franz Marinſek entwich am letzten Sonnabend während der Arbeit, die er als Maurer im Freien außerhalb der Um- faſſungsmauer der Strafanſtalt in Marburg machte. Der Flüchtling trug bei der Entweichung Zwilch- kleider. Er konnte bisnun nicht ausgeforſcht werden. Der Marburger Gewerbevereiu hat in ſeiner am 20. Auguſt ſtattgefundenen Ausſchuß- ſitzung einſtimmig beſchloſſen, folgende Kundgebung an das Herrenhaus zu richten: „Hohes Herren- haus! Wenn auch die vom Abgeordnetenhaus be- ſchloſſene Gewerbegeſetznovelle in allen ihren Teilen keinesfalls ſämtlichen gerechtfertigten Wünſchen des Gewerbeſtandes in ſeiner großen Geſamtheit entſpricht, ſo trägt doch die dermalige Faſſung dieſer Novelle wenigſtens den unumgänglich notwendigen Exiſtenz-Bedingniſſen der geſamten eigentlichen Handwerkerſchaft teilweiſe Rechnung und würde insbeſondere jede Verſchlechterung der Neufaſſung der §§ 3, 14, 37, 38a, 110 und 137a eine arge Beeinträchtigung des Handwerkerſtandes involvieren. Wir ſtellen deshalb nach eingehender Prüfung und Erwägung aller Umſtände die drin- gende Bitte: „Das hohe Herrenhaus möge bei Beratung der neuen Gewerbegeſetznovelle in gerechter Berückſichtigung, daß dem Handwerk unbedingt für ſeine Erzeugniſſe ein wirkſamer Schutz geboten werden muß, die vom Abgeordnetenhaus beſchloſſene Faſſung dieſer Geſetznovelle unverändert annehmen.“ Der Dank für die bezahlte Zeche. In der Nacht zum 27. d. befand ſich der 28jährige Knecht Joſef Letonia, bedienſtet beim Grund- beſitzer J. Reibenſchuh in Poberſch, mit anderen Burſchen, darunter ſich auch der 20jährige Grund- beſitzersſohn Anton Macher aus Poberſch befand, im Gaſthauſe des Edeltoni in Unter-Poberſch. Als es zum Zahlen kam, behauptete der Knecht Letonja, daß er die Zeche bereits beglichen habe. Es ent- ſtand infolgedeſſen zwiſchen dieſem und dem Gaſt- wirte ein Wortwechſel. Macher, der es wußte, daß die Zeche noch nicht bezahlt war, nahm ſich des Gaſtwirtes an und bezahlte die Zeche für Letonja. Beim Nachhauſegehen kam es auf der Straße zu einem Streite. Letonja zog ſein Taſchenmeſſer und verſetzte dem Macher mehrere Stichwunden und Schnitte. Geſtern um 2 Uhr früh wurde Macher in ſchwerverletztem Zuſtande in das hieſige Allge- meine Krankenhaus gebracht. Zwei berüchtigte Viehdiebe. In der Nummer vom 15. Mai d. J. teilten wir unter obiger Spitzmarke die Verhaftung des Viehtreibers Jug aus St. Martin bei Wurmberg und den Um- ſtand mit, daß Jug angab, die Viehdiebſtähle ge- meinſam mit dem in Poberſch wohnenden Viehhändler Ludwig Vlahovic begangen zu haben. Das Mar- burger Kreisgericht hat nun das gegen Vlahovic eingeleitete Strafverfahren eingeſtellt, da ſich die Angaben des Jug als unrichtig erwieſen. Schon wieder einer! Schwere Sitt- lichkeitsverbrechen verübte, wie man aus Laibach ſchreibt, ſeit längerer Zeit der Pfarrer Guſt. Schiffrer in Franzdorf bei Laibach an kleinen Schulmädchen, die er in Partien von je drei in ſeine Wohnung kommen ließ, um ſie für die erſte Kommunion vorzubereiten. Dieſer Tage hat die Laibacher Staatsanwaltſchaft dem Treiben des Wüſtlings ein Ende bereitet, indem ſie ihn ver- haften und dem Landesgerichte einliefern ließ. Dürfen Gemeindeu die Straßen für den Automobilverkehr ſperren? Dieſe für den Automobilismus ſehr wichtige Frage beſchäftigte allerdings nur indirekt, das Reichgericht, welches über einen bejahenden Kompetenzkonflikt, betreffend die Beurteilung eines ſolchen Falles zwiſchen dem Landesausſchuſſe von Oberöſterreich und dem Mini- ſterium des Innern zu entſcheiden hatte. Das Reichsgericht entſchied, daß die Entſcheidung, ob gewiſſe Straßen von den Gemeinden für den Automobilverkehr abgeſperrt werden dürfen, den politiſchen Behörden zuſteht. Die Ent- ſcheidungsgründe beſagen u. a.: Durch den Beſchluß der Gemeindevertretung Roſenau vom 5. Februar 1905, welchem der Landesausſchuß in der Sitzung vom 8. Juni 1905 im Sinne des zuletzt zitierten § 28 zugeſtimmt hat, wurde eine Verfügung ge- troffen, deren Wirkung, obwohl ſie wörtlich auf das Gemeindegebiet Roſenau lautet, über dieſes Gemeindegebiet hinausreicht, indem durch die Abſperrung der Roſenauer Bezirksſtraße im Gemeindegebiete von Roſenau begreiflicher- weiſe der Automobilverkehr auf der ganzen Roſenauer Bezirksſtraße unterbrochen, ins- beſondere die Durchfahrt durch den Ort Roſenau unmöglich gemacht wird. Infolgedeſſen handelt es ſich im vorliegenden Falle um eine Angelegen- heit, welche nicht in den Wirkungskreis der Ge- meinde Roſenau, ſondern in den Wirkungskreis der politiſchen Behörden fällt und betreffs welcher das im § 28, Abſatz 3, des Straßenpolizeigeſetzes vom 24. Mai 1898, L.-G.-Bl. Nr. 21, normierte Zu- ſtimmungsrecht des Landesausſchuſſes nicht Platz greift. Da es ſich ſomit nicht um eine Angelegenheit des ſelbſtändigen Wirkungskreiſes der Gemeinde, ſondern vielmehr um eine Angelegenheit der poli- tiſchen Behörde handelt, ſo kann auch die Ent- ſcheidung dieſer Angelegenheit in höherer Inſtanz nicht nach § 86 der Gemeindeordnung dem Landes- ausſchuſſe, ſondern nach § 90 G.-O. nur den politiſchen Behörden zuſtehen. Selbſtmord eines Soldaten. Am 26. d. erſchoß ſich der Kanonier Guſtav Mulletz des in Laibach liegenden 7. Diviſions-Artillerieregimentes unweit der Wohnung ſeiner Eltern in Brunndorf an der Drauböſchung. Mulletz war von Pettau, wo ſich ſein Regiment auf dem Marſche nach Klagen- furt befand, zu den Eltern nach Brunndorf ge- fahren, um ſich Geld zu verſchaffen. Seine Eltern, welche in Brunndorf ein Haus und eine Bäckerei beſitzen, gaben ihm 10 K. Das war ihm aber zu wenig. Er ging in die Stadt, kaufte ſich einen ſechsläufigen, Revolver und kehrte gegen ½11 Uhr nachts wieder zu den Eltern zurück. Guſtav Mulletz verlangte von ihnen, ſie ſollen ihm 50 K. geben, was die Eltern rundweg abſchlugen, zumal zwiſchen ihnen und ihrem Sohne ſchon ſeit geraumer Zeit ein unerquickliches Verhältnis geherrſcht haben ſoll. Der Kanonier begab ſich nun zur Uferböſchung in der Nähe des elterlichen Hauſes und ſchoß ſich dort aus dem Revolver eine Kugel in den Kopf. Der Tod trat ſofort ein. Auf einer leeren Zigaretten- ſchachtel hinterließ er folgende Aufzeichnungen: „Wegen verſchiedenen Familien zwiſtes. Ich kann nicht mehr weiterleben. Dem Unterfahrts- kanonier Sevnig bin ich noch 2 fl. ſchuldig, bitte das Geld ans Regiment zu ſenden. Servus der ganzen Welt! Alles was ich habe, gehört dem Vormeiſter Koſteinſchek. Der Zugsführer Kokol hat mich oft in die Enge getrieben“. Ein Bubenſtück. Dem hieſigen Werkführer- ſubſtituten Kourad Kokoll wurden vorgeſtern nachts aus ſeinem Garten in der Etzelgaſſe ſieben Roſenſtöcke und einige veredelte Obſtbäumchen ab- gebrochen; auch Gemüſe wurde vernichtet. Im gleichen Garten wurden auch anfangs Mai l. J. 22 Roſenſtöcke beſchädigt. Hoffentlich gelingt es, den Übeltäter, auf deſſen Ergreifung Herr Kokoll eine Belohnung ausgeſetzt hat, dingfeſt zu machen. Gewerbetreibende-Verſammlung. Geſtern abends fand in der geräumigen ſchönen Gartenveranda der „Gambrinushalle“ die von uns angekündigte, vom Deutſchen Handwerkervereine für Marburg und Umgebung einberufene Verſammlung der Marburger Gewerbetreibenden ſtatt, welche der Annahme der neuen Gewerbenovelle im Herrenhauſe galt. Weit über 200 ſelbſtändige Handwerksmeiſter hatten ſich dazu eingefunden. Der Obmann des Deutſchen Handwerker- vereines, Gemeinderat Kral eröffnete die Ver- ſammlung, begrüßte die Erſchienenen, u. a. den Abg. Waſtian (Heilrufe), die Kammerräte Havlicek, Peyer, Platzer und Zollenſtein, G.-R. Leeb und Neger, die Obmänner der Genoſſenſchaften, den Gaſt Kammerrat Wegel aus Wien, ein gebürtiger Cillier (Heilrufe), den Vertreter der Gewerbebehörde Dr. Valentin, die Vertreter der Preſſe ꝛc. und er- teilte hierauf dem Kammerrat Wegel das Wort. Herr Wegel verwies zuerſt auf die Verſammlungen, welche bereits ſtattgefunden haben, um die Annahme der Gewerbegeſetznovelle im Herrenhauſe zu fördern und auf jene, die noch in Ausſicht ſtehen. Redner warf einen Rückblick auf die früheren Gewerbegeſetz- gebungen, widerlegte den Vorwurf, daß der Be- fäyigungsnachweis nichts nützte, indem er darauf hinwies, daß der Befähigungsnachweis eben nicht allen auferlegt wurde, daß Geſellſchaften ihn um- gehen könnten, daß er oft auf unlautere Weiſe er- worben wird uſw. Die „große Brieftaſche“ ſpiele überhaupt eine große Rolle. Der Mann mit der kleinen Brieftaſche ſei eben immer im Nachteile. Die vom Abgeordnetenhauſe beſchloſſenen geſetz- lichen Beſtimmungen können von den Gewerbe- treibenden nur als Abſchlagszahlung aufgefaßt werden. Unſere Abgeordneten, ſagte der Redner, haben, das muß anerkannt werden, ihre Pflicht erfüllt. (Lebhafte Heilrufe.) Nur wenige Mancheſterliberale ſtimmten dagegen. Es ſei eine Freude geweſen, von der Galerie zuzuhören, wie bei der Abſtimmung ein „Ja“ dem anderen folgte und nur hie und da ertönte ein „Nein“. Die Regierung habe ſich früher gegenüber dem Drängen der Gewerbetreibenden immer auf die „Arbeitsunfähigkeit“ des Abgeord- netenhauſes ausgeredet; nun ſtehe die Regierung vor der Tatſache, daß das Abgeordnetenhaus trotz- dem eine gute Arbeit getan hat und bei dem Ein- fluſſe, den die Regierung auf das Herrenhaus beſitzt, wird man die wahre Geſinnung der Regierung im Herrenhauſe erfahren können. Denn was die Re- gierung will, das geſchehe dann im Herrenhauſe. Ein Mann, Abg. Wrabetz, hatte den traurigen Mut, gegen die Gewerbetreibenden aufzutreten. Dies ſei umſo trauriger, als Wrabetz ſelber Ge- werbetreibender — Photograph — war! Dieſer Mann habe im Parlamente erklärt, daß von 10 Gewerbetreibenden nur einer etwas verſtehe und machen könne; 9 von ihnen können nichts! (Pfui- rufe.) Wer arbeite denn aber für die vom liberalen Abg. Wrabetz ſo geprieſenen Konfektionäre? Eben jene Gewerbetreibenden, welche nach der Anſicht des Herrn Wrabetz nichts verſtehen! Die Konſum- vereine ſeien wahre Wohltaten, meinte Wrabetz;

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Zitationshilfe: Marburger Zeitung. Nr. 103, Marburg, 28.08.1906, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_marburger103_1906/4>, abgerufen am 28.03.2024.