Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mährisches Tagblatt. Nr. 175, Olmütz, 03.08.1885.

Bild:
erste Seite
[Spaltenumbruch]

Das
"Mährische Tagblatt"
mit der illustr. Wochenbeilage
"Illustrirt. Sonntagsblatt"
erscheint mit Ausnahme der
Sonn- und Feiertage täglich
Ausgabe 2 Uhr Nachmittags
im Administrations-Locale
Riederring Nr. 41 neu
ober den Fleischbänken.

Abonnement für Olmütz
Ganzjährig fl. 10.--
Halbjährig " 5.--
Vierteljährig " 2.50
Monatlich " --.90

Zustellung ins Haus monat-
lich 10 Kreuzer.

Auswärts durch die Post
Ganzjährig fl. 14.--
Halbjährig " 7.--
Vierteljährig " 3.50

Einzelne Nummer 5 Kreuzer.


[Spaltenumbruch]
Mährisches
Tagblatt.

[Spaltenumbruch]

Insertionsgebüh[r]en
die 4mal gespaltene Petit zeil
oder deren Raum 6 Kreuzer




Außerhalb Olmütz überneh-
men Insertions-Aufträge:
Heinrich Schalek, Annon-
cen-E[x]ped. in Wien, I., Woll-
zeile Nr. 1. Haasensteln &
Vogler
in Wien, Prag, Buda-
pest, Berlin, Frankfurt a. M.
Hamburg, Basel und Leipzig
Alois Opellik, in Wien, Rud.
M[o]sse
in Wien, München u.
Berlin, G. L. Daube u. Co.
(lg. Knoll)
Wien, I., Singer-
straße 11 a, Frankfur: a. M.
Adolf Steiner's Annoncen-
bureau in Hamburg, sowie
sämmtl. conc. Insertions-Bu-
reaux des In- u. Auslandes.




Manuscripte werden nicht
zurückgestellt.




Nr. 175. Olmütz, Montag den 3. August 1885. 6. Jahrgang.



[Spaltenumbruch]
Die Zustände in Dalmatien.


Nicht geringes Aufsehen hat in den Reihen
der dalmatinischen Verfassungspartei die Nachricht
erregt, daß der Hofrath bei der Landesregierung
in Zara, Pavich von Pfauenthal, der Vertreter
des Baron Jovanovic während seiner Abwesen-
heit, eine Anerkennung seiner vorzüglichen Dienst-
leistung erhalten habe. Hofrath Pavich und der
vielgenannte Bezirkshauptmann von Spalato,
Baron Conrad, haben sich anläßlich der Reichs-
rathswahlen ganz hervorragende Verdienste um
die gegenwärtig in Dalmatien herrschende Partei
erworben. Man erinnere sich der Candidatur des
Senatspräsidenten Lapenna, welcher an Stelle
Bajamonti's die Leitung der constitutionellen
Partei übernommen hatte, und der Art und
Weise, wie diese Candidatur Eines der ersten
richterlichen Functionäre von der gesammten offi-
ciösen Presse begrüßt worden ist. Es wurde als
unerhört hingestellt, daß Lapenna als hervorra-
gender Staatsbeamter sich von einer der Regie-
rung feindlich gesinnten Partei in den Reichsrath
candidiren ließ; ja ein Theil der inspirirten Presse
scheute nicht vor dem Anwurfe zurück, daß Frei-
herr von Lapenna kein guter Patriot sei, daß er
mit Carpucci und Cavallotti sympathisire u. s. w.
Kurz, es fehlte nicht an Anzeichen, daß die Can-
didatur des "Irredentisten" Lapena der Regie-
rung nichts weniger als angenehm sei.

Es ist bekanntlich dafür Sorge getragen
[Spaltenumbruch] worden, daß die Vorgänge, welche sich in dem
Wahlbezirke, in dem Letzterer als Candidat auf-
trat, und auch sonst in dieser entlegenen Küsten-
provinz während der letzten Wahlperiode abge-
spie[l]t haben, nicht in Vergessenheit gerathen. In
den Verificationsdebatten des Abgeordnetenhauses
wird auch der Name Pavich genannt werden. Als
derselbe von Marburg nach Zara versetzt worden,
konnte er anfänglich keineswegs als ein Liebling
der Herren Morlaken angesehen werden. Pavich
war der Nachfolger Antonietti's, des Alter ego
des Feldzeugmeisters Baron Rodich, unter dessen
Statthalterschaft bereits die Grundlagen für die
Croatisirung Dalmatiens geschaffen worden sind.
Es schien nämlich im Beginne der dortigen Wir-
samkeit Pavich's, daß derselbe der völligen Cro-
atisirung des administrativen Dienstes widerstrebe.
Aber der Herr Ministerpräsident darf sich rüh-
men, bereits wiederholt ein gutes Einvernehmen
zwischen anfänglich noch in den altösterreichischen
Traditionen befangenen Vertretern der Staatsge-
walt und den heutigen Stützen derselben, welche
von diesen Traditionen nicht wissen wollen, her-
gestellt zu haben. Was ihm in Triest und Linz
gelang, ist dem Grafen Taaffe auch in Zara ge-
glückt -- den Beweis hiefür liefert die gute Be-
handlung, welche heute die Organe der Morlaken-
partei demselben Hofrath Pavich widerfahren
lassen, dessen Abberufung aus Dalmatien vor
gar nicht langer Zeit in einem Memorandum
der croatischen Abgeordneten nachdrücklich gefor-
dert worden war.

So lange die italienische Partei im Land-
[Spaltenumbruch] tage von Dalmatien die Oberhand hatte, ließen
die dalmätinischen Croaten die Welt über ihre
eigentlichen Ziele nicht im Unklaren. Heute wird
die Forderung der Vereinigung Dalmatiens mit
Croatien, von dem es seit mehr als vier Jahrhun-
derten getrennt ist, nicht mehr offen ausgespro-
chen, während einst von den National-Clericalen
Dalmatiens demonstrativ Abgeordnete für den
Agramer Landtag gewählt worden sind. Von der
Wiederherstellung des dreieinigen Königreiches
scheint gar nicht mehr die Rede zu sein; wie die
Tschechen ihre staatsrechtlichen Desiderien in den
Hintergrund treten ließen, so legen auch die
Croaten Dalmatiens heute auf "realere" Wünsche
das Hauptgewicht. Es sind dieß die Ernennung
eines Civilgouverneurs an Stelle der militärischen
Persönlichkeiten, welche bisher an der Spitze
der dalmatinischen Verwaltung gestanden haben;
die Erweiterung der lex Bulat, wodurch die
Slavisirung der Gerichtsbehörden in Dalmatieu
und Istrien angebahnt wurde, vor Allem aber die
Durchführung der Landtagsbeschlüsse betreffs der
vollständigen Verdrängung der italienischen Sprache
aus allen Aemtern Dalmatiens. Trotz der wegen
der Sprachenfrage er[f]olgten Auflösung des Land-
tages, trotz des kaiserlichen Rescriptes, in dem die
Rechte der italienischen Minorität der Bevölkerung
Dalmatiens, die ja vermöge ihrer Intelligenz
ihres Besitzes u. s. w. nicht ignorirt werden kann,
ausdrücklich gewahrt werden, beharrt die Trias
Klaic-Pavlinovic-Bulat bei dem Programme der
vollständigen Croatisirung aller Staats- und
Landesbehörden und aller Gemeindevertretungen




[Spaltenumbruch]
Feuilleton.
Der letzte Wille.

Ueber die "Kunst zu sterben" ist es nicht
nöthig, Anweisungen zu geben; wenn es auch
hie und da heißt, Einer könne nicht sterben --
schließlich hat er es doch getroffen. Hingegen
über die "Kunst seinen letzten Willen zu machen",
wäre leicht ein Buch zu schreiben, und ein wohl-
wollender Menschenfreund sollte doch einmal
einige tausend Gulden aussetzen für die Beant-
wortung der Preisfrage: "Wem und zu
welchen Zwecken kannst du, sollst du
und mußt du Etwas vermachen?"

Es gibt Leute, die ihr ganzes Leben lang
unverschämt waren. Trotzdem hört man sehr
häufig das Wort "du unverschämter Bettler!"
-- niemals beinahe jedoch wird es Jemandem
ins Gesicht gesagt "du unverschämter Millionär
du!" Kommt das davon her, daß nur die
Bettler "unverschämt" sind? Es wäre nicht gut,
über diese statistische Frage zu streiten, insbe-
sondere nicht in einem Leitfaden für den "letzten
Willen", der sich nothwendigerweise nur an die
Reichen wenden kann, da die Armen zwar auch
einen "letzten Willen" haben, dieser aber ge-
wöhnlich nicht mehr gilt, als Alles vorausge-
gangene Wünschen und Wollen.

Was aber muß man thun, um als Reicher
nicht schließlich eine üble Nachrede zu verdienen,
auch wenn sie nicht laut wird? Darf man nach
[Spaltenumbruch] dem Grundsatze testiren: "Im Grabe klingen
die Ohren nicht"? Kann man sich damit aus
der Welt drücken, daß man von ein paar
Millionen, die man hinterläßt, auch den Armen
ein paar tausend Gulden in die Mütze wirst?

Da ist unlägst in Olmütz ein nach unseren
heutigen Mammonsbegriffen nur wohlhabender
Mann gestorben. Sein Testament gehörte mit
Fug und Recht in die Beispielsammlung, welche
einen "Leitfaden für den letzten Willen" anzu-
hängen wäre. Er vermacht wohlthätigen und ge-
meinnützigen Anstalten nicht etwa nur den Kehricht
seines Vermög[e]ns, sondern einen nahmhaften
Theil: er vermacht eine ausgiebige Bürgerstiftung,
er sorgt für Studenten, er bedenkt die Kunst-
male seiner Heimatsstadt, er sorgt für die Zukunft;
er geht mit Bedacht zu Werke, um Alles zu
unterstützen, was ihm für das Gemeinwohl
dienlich scheint. Wallenda, so heißt der Wackere,
hat zugleich mit dem Advocaten auch den Gemeinsinn
zu sich rufen lassen, als er sich anschickte, seinen
letzten Willen aufzusetzen -- den Gemeinsinn, der
bei uns zu Lande nur hie und da zu Gaste ist
und keinen festen Wohnsitz hat. Wallenda vermacht
zu Gunsten dieses sonst "unbekannt: wo?" sich
aufhaltenden "Fremden" 27.000 fl., 20.000 fl.
und 18.000 fl., ein paarmal 400 fl., einigemale
1000 fl., mehreremale 500 fl., u. s. w. Ehre
diesem "verschämten Reichen!" Möge fein Ge-
meinsinn über die Anderen kommen!

Die Meisten glauben für die Gesellschaft ge-
nug gethan zu haben, wenn sie ihre Steuern be-
zahlen und ab und zu Almosen geben. Dabei
gebrauchen Viele noch die Vorsicht, sich, was die
Steuer betrifft, möglichst gering einschätzen zu
[Spaltenumbruch] lassen und sich wegen der Almosen stets mit
Kleingeld zu versehen. Im Uebrigen leben sie so,
als wenn nicht nur die ganze Welt, sondern auch
die ganze Menschbeit über ihr geliebtes Ich hin-
aus nur für sie allein geschaffen wäre. "Wenn
ich mein Wohlleben nur baar bezahle, was brauche
ich da noch dankbar zu sein. Ein Zehnkreuzerstück,
das ich dem Armen schenke, ist ohnehin ein reich-
liches Trinkgeld, der gesammten Menschheit ge-
widmet, für Alles, was sie etwa über die prompte
Bezahlung hinaus für mich leistet!" Das ist so
die Moral der Egoisten, welche bei den meisten
Testamenten als Berather und Zeuge mitwirkt,
ohne daß sie deßwegen mit unterschrieben wäre.

Die Selbstlinge freilich sagen: "Ich nehme
ja nichts mit hinüber ins Jenseits! Es ist doch
nur meine Pflicht, für meine Familie zu sorgen.
Ich habe doch nicht die Aufgabe, die Welt glück-
lich zu machen!" Das mag für mäßige Vermö-
gen hingehen, ja, hat für solche seine volle Be-
rechtigung. Aber auch der Familienegoismus muß,
wie der sogenannte "gesunde" Egoismus für die
eigene werthe Person eine Grenze haben. Arme
Leute haben gewöhnlich auch noch arme Ver-
wandte, was sozusagen eine Verschärfung der
Armu[t]h ist, für welche Jene nichts können.
Reiche Leute haben hingegen gewöhnlich auch
noch reiche Verwandte, was wieder eine Ver-
stärkung des Reichthums ist. Für diese Ver-
wandten nun, ohne dabei der Armuth zu geden-
ken, ausschließlich zu sorgen, das ist Familien-
egoismus, und die ihn pflegen, sollte man Sipp-
linge nennen, wie man die Egoisten Selbstlinge
oder Ichlinge heißt.

In America, in England haben Reiche für


[Spaltenumbruch]

Das
„Mähriſche Tagblatt“
mit der illuſtr. Wochenbeilage
„Illuſtrirt. Sonntagsblatt“
erſcheint mit Ausnahme der
Sonn- und Feiertage täglich
Ausgabe 2 Uhr Nachmittags
im Adminiſtrations-Locale
Riederring Nr. 41 neu
ober den Fleiſchbänken.

Abonnement für Olmütz
Ganzjährig fl. 10.—
Halbjährig „ 5.—
Vierteljährig „ 2.50
Monatlich „ —.90

Zuſtellung ins Haus monat-
lich 10 Kreuzer.

Auswärts durch die Poſt
Ganzjährig fl. 14.—
Halbjährig „ 7.—
Vierteljährig „ 3.50

Einzelne Nummer 5 Kreuzer.


[Spaltenumbruch]
Mähriſches
Tagblatt.

[Spaltenumbruch]

Inſertionsgebüh[r]en
die 4mal geſpaltene Petit zeil
oder deren Raum 6 Kreuzer




Außerhalb Olmütz überneh-
men Inſertions-Aufträge:
Heinrich Schalek, Annon-
cen-E[x]ped. in Wien, I., Woll-
zeile Nr. 1. Haasensteln &
Vogler
in Wien, Prag, Buda-
peſt, Berlin, Frankfurt a. M.
Hamburg, Baſel und Leipzig
Alois Opellik, in Wien, Rud.
M[o]sse
in Wien, München u.
Berlin, G. L. Daube u. Co.
(lg. Knoll)
Wien, I., Singer-
ſtraße 11 a, Frankfur: a. M.
Adolf Steiner’s Annoncen-
bureau in Hamburg, ſowie
ſämmtl. conc. Inſertions-Bu-
reaux des In- u. Auslandes.




Manuſcripte werden nicht
zurückgeſtellt.




Nr. 175. Olmütz, Montag den 3. Auguſt 1885. 6. Jahrgang.



[Spaltenumbruch]
Die Zuſtände in Dalmatien.


Nicht geringes Aufſehen hat in den Reihen
der dalmatiniſchen Verfaſſungspartei die Nachricht
erregt, daß der Hofrath bei der Landesregierung
in Zara, Pavich von Pfauenthal, der Vertreter
des Baron Jovanovič während ſeiner Abweſen-
heit, eine Anerkennung ſeiner vorzüglichen Dienſt-
leiſtung erhalten habe. Hofrath Pavich und der
vielgenannte Bezirkshauptmann von Spalato,
Baron Conrad, haben ſich anläßlich der Reichs-
rathswahlen ganz hervorragende Verdienſte um
die gegenwärtig in Dalmatien herrſchende Partei
erworben. Man erinnere ſich der Candidatur des
Senatspräſidenten Lapenna, welcher an Stelle
Bajamonti’s die Leitung der conſtitutionellen
Partei übernommen hatte, und der Art und
Weiſe, wie dieſe Candidatur Eines der erſten
richterlichen Functionäre von der geſammten offi-
ciöſen Preſſe begrüßt worden iſt. Es wurde als
unerhört hingeſtellt, daß Lapenna als hervorra-
gender Staatsbeamter ſich von einer der Regie-
rung feindlich geſinnten Partei in den Reichsrath
candidiren ließ; ja ein Theil der inſpirirten Preſſe
ſcheute nicht vor dem Anwurfe zurück, daß Frei-
herr von Lapenna kein guter Patriot ſei, daß er
mit Carpucci und Cavallotti ſympathiſire u. ſ. w.
Kurz, es fehlte nicht an Anzeichen, daß die Can-
didatur des „Irredentiſten“ Lapena der Regie-
rung nichts weniger als angenehm ſei.

Es iſt bekanntlich dafür Sorge getragen
[Spaltenumbruch] worden, daß die Vorgänge, welche ſich in dem
Wahlbezirke, in dem Letzterer als Candidat auf-
trat, und auch ſonſt in dieſer entlegenen Küſten-
provinz während der letzten Wahlperiode abge-
ſpie[l]t haben, nicht in Vergeſſenheit gerathen. In
den Verificationsdebatten des Abgeordnetenhauſes
wird auch der Name Pavich genannt werden. Als
derſelbe von Marburg nach Zara verſetzt worden,
konnte er anfänglich keineswegs als ein Liebling
der Herren Morlaken angeſehen werden. Pavich
war der Nachfolger Antonietti’s, des Alter ego
des Feldzeugmeiſters Baron Rodich, unter deſſen
Statthalterſchaft bereits die Grundlagen für die
Croatiſirung Dalmatiens geſchaffen worden ſind.
Es ſchien nämlich im Beginne der dortigen Wir-
ſamkeit Pavich’s, daß derſelbe der völligen Cro-
atiſirung des adminiſtrativen Dienſtes widerſtrebe.
Aber der Herr Miniſterpräſident darf ſich rüh-
men, bereits wiederholt ein gutes Einvernehmen
zwiſchen anfänglich noch in den altöſterreichiſchen
Traditionen befangenen Vertretern der Staatsge-
walt und den heutigen Stützen derſelben, welche
von dieſen Traditionen nicht wiſſen wollen, her-
geſtellt zu haben. Was ihm in Trieſt und Linz
gelang, iſt dem Grafen Taaffe auch in Zara ge-
glückt — den Beweis hiefür liefert die gute Be-
handlung, welche heute die Organe der Morlaken-
partei demſelben Hofrath Pavich widerfahren
laſſen, deſſen Abberufung aus Dalmatien vor
gar nicht langer Zeit in einem Memorandum
der croatiſchen Abgeordneten nachdrücklich gefor-
dert worden war.

So lange die italieniſche Partei im Land-
[Spaltenumbruch] tage von Dalmatien die Oberhand hatte, ließen
die dalmätiniſchen Croaten die Welt über ihre
eigentlichen Ziele nicht im Unklaren. Heute wird
die Forderung der Vereinigung Dalmatiens mit
Croatien, von dem es ſeit mehr als vier Jahrhun-
derten getrennt iſt, nicht mehr offen ausgeſpro-
chen, während einſt von den National-Clericalen
Dalmatiens demonſtrativ Abgeordnete für den
Agramer Landtag gewählt worden ſind. Von der
Wiederherſtellung des dreieinigen Königreiches
ſcheint gar nicht mehr die Rede zu ſein; wie die
Tſchechen ihre ſtaatsrechtlichen Deſiderien in den
Hintergrund treten ließen, ſo legen auch die
Croaten Dalmatiens heute auf „realere“ Wünſche
das Hauptgewicht. Es ſind dieß die Ernennung
eines Civilgouverneurs an Stelle der militäriſchen
Perſönlichkeiten, welche bisher an der Spitze
der dalmatiniſchen Verwaltung geſtanden haben;
die Erweiterung der lex Bulat, wodurch die
Slaviſirung der Gerichtsbehörden in Dalmatieu
und Iſtrien angebahnt wurde, vor Allem aber die
Durchführung der Landtagsbeſchlüſſe betreffs der
vollſtändigen Verdrängung der italieniſchen Sprache
aus allen Aemtern Dalmatiens. Trotz der wegen
der Sprachenfrage er[f]olgten Auflöſung des Land-
tages, trotz des kaiſerlichen Reſcriptes, in dem die
Rechte der italieniſchen Minorität der Bevölkerung
Dalmatiens, die ja vermöge ihrer Intelligenz
ihres Beſitzes u. ſ. w. nicht ignorirt werden kann,
ausdrücklich gewahrt werden, beharrt die Trias
Klaic-Pavlinovic-Bulat bei dem Programme der
vollſtändigen Croatiſirung aller Staats- und
Landesbehörden und aller Gemeindevertretungen




[Spaltenumbruch]
Feuilleton.
Der letzte Wille.

Ueber die „Kunſt zu ſterben“ iſt es nicht
nöthig, Anweiſungen zu geben; wenn es auch
hie und da heißt, Einer könne nicht ſterben —
ſchließlich hat er es doch getroffen. Hingegen
über die „Kunſt ſeinen letzten Willen zu machen“,
wäre leicht ein Buch zu ſchreiben, und ein wohl-
wollender Menſchenfreund ſollte doch einmal
einige tauſend Gulden ausſetzen für die Beant-
wortung der Preisfrage: „Wem und zu
welchen Zwecken kannſt du, ſollſt du
und mußt du Etwas vermachen?“

Es gibt Leute, die ihr ganzes Leben lang
unverſchämt waren. Trotzdem hört man ſehr
häufig das Wort „du unverſchämter Bettler!“
— niemals beinahe jedoch wird es Jemandem
ins Geſicht geſagt „du unverſchämter Millionär
du!“ Kommt das davon her, daß nur die
Bettler „unverſchämt“ ſind? Es wäre nicht gut,
über dieſe ſtatiſtiſche Frage zu ſtreiten, insbe-
ſondere nicht in einem Leitfaden für den „letzten
Willen“, der ſich nothwendigerweiſe nur an die
Reichen wenden kann, da die Armen zwar auch
einen „letzten Willen“ haben, dieſer aber ge-
wöhnlich nicht mehr gilt, als Alles vorausge-
gangene Wünſchen und Wollen.

Was aber muß man thun, um als Reicher
nicht ſchließlich eine üble Nachrede zu verdienen,
auch wenn ſie nicht laut wird? Darf man nach
[Spaltenumbruch] dem Grundſatze teſtiren: „Im Grabe klingen
die Ohren nicht“? Kann man ſich damit aus
der Welt drücken, daß man von ein paar
Millionen, die man hinterläßt, auch den Armen
ein paar tauſend Gulden in die Mütze wirſt?

Da iſt unlägſt in Olmütz ein nach unſeren
heutigen Mammonsbegriffen nur wohlhabender
Mann geſtorben. Sein Teſtament gehörte mit
Fug und Recht in die Beiſpielſammlung, welche
einen „Leitfaden für den letzten Willen“ anzu-
hängen wäre. Er vermacht wohlthätigen und ge-
meinnützigen Anſtalten nicht etwa nur den Kehricht
ſeines Vermög[e]ns, ſondern einen nahmhaften
Theil: er vermacht eine ausgiebige Bürgerſtiftung,
er ſorgt für Studenten, er bedenkt die Kunſt-
male ſeiner Heimatsſtadt, er ſorgt für die Zukunft;
er geht mit Bedacht zu Werke, um Alles zu
unterſtützen, was ihm für das Gemeinwohl
dienlich ſcheint. Wallenda, ſo heißt der Wackere,
hat zugleich mit dem Advocaten auch den Gemeinſinn
zu ſich rufen laſſen, als er ſich anſchickte, ſeinen
letzten Willen aufzuſetzen — den Gemeinſinn, der
bei uns zu Lande nur hie und da zu Gaſte iſt
und keinen feſten Wohnſitz hat. Wallenda vermacht
zu Gunſten dieſes ſonſt „unbekannt: wo?“ ſich
aufhaltenden „Fremden“ 27.000 fl., 20.000 fl.
und 18.000 fl., ein paarmal 400 fl., einigemale
1000 fl., mehreremale 500 fl., u. ſ. w. Ehre
dieſem „verſchämten Reichen!“ Möge fein Ge-
meinſinn über die Anderen kommen!

Die Meiſten glauben für die Geſellſchaft ge-
nug gethan zu haben, wenn ſie ihre Steuern be-
zahlen und ab und zu Almoſen geben. Dabei
gebrauchen Viele noch die Vorſicht, ſich, was die
Steuer betrifft, möglichſt gering einſchätzen zu
[Spaltenumbruch] laſſen und ſich wegen der Almoſen ſtets mit
Kleingeld zu verſehen. Im Uebrigen leben ſie ſo,
als wenn nicht nur die ganze Welt, ſondern auch
die ganze Menſchbeit über ihr geliebtes Ich hin-
aus nur für ſie allein geſchaffen wäre. „Wenn
ich mein Wohlleben nur baar bezahle, was brauche
ich da noch dankbar zu ſein. Ein Zehnkreuzerſtück,
das ich dem Armen ſchenke, iſt ohnehin ein reich-
liches Trinkgeld, der geſammten Menſchheit ge-
widmet, für Alles, was ſie etwa über die prompte
Bezahlung hinaus für mich leiſtet!“ Das iſt ſo
die Moral der Egoiſten, welche bei den meiſten
Teſtamenten als Berather und Zeuge mitwirkt,
ohne daß ſie deßwegen mit unterſchrieben wäre.

Die Selbſtlinge freilich ſagen: „Ich nehme
ja nichts mit hinüber ins Jenſeits! Es iſt doch
nur meine Pflicht, für meine Familie zu ſorgen.
Ich habe doch nicht die Aufgabe, die Welt glück-
lich zu machen!“ Das mag für mäßige Vermö-
gen hingehen, ja, hat für ſolche ſeine volle Be-
rechtigung. Aber auch der Familienegoismus muß,
wie der ſogenannte „geſunde“ Egoismus für die
eigene werthe Perſon eine Grenze haben. Arme
Leute haben gewöhnlich auch noch arme Ver-
wandte, was ſozuſagen eine Verſchärfung der
Armu[t]h iſt, für welche Jene nichts können.
Reiche Leute haben hingegen gewöhnlich auch
noch reiche Verwandte, was wieder eine Ver-
ſtärkung des Reichthums iſt. Für dieſe Ver-
wandten nun, ohne dabei der Armuth zu geden-
ken, ausſchließlich zu ſorgen, das iſt Familien-
egoismus, und die ihn pflegen, ſollte man Sipp-
linge nennen, wie man die Egoiſten Selbſtlinge
oder Ichlinge heißt.

In America, in England haben Reiche für


<TEI>
  <text>
    <front>
      <pb facs="#f0001" n="[1]"/>
      <cb/>
      <div type="jExpedition">
        <p>Das<lb/><hi rendition="#b">&#x201E;Mähri&#x017F;che Tagblatt&#x201C;</hi><lb/>
mit der illu&#x017F;tr. Wochenbeilage<lb/><hi rendition="#b">&#x201E;Illu&#x017F;trirt. Sonntagsblatt&#x201C;</hi><lb/>
er&#x017F;cheint mit Ausnahme der<lb/>
Sonn- und Feiertage täglich<lb/>
Ausgabe 2 Uhr Nachmittags<lb/>
im Admini&#x017F;trations-Locale<lb/><hi rendition="#b">Riederring Nr. 41 neu</hi><lb/>
ober den Flei&#x017F;chbänken.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#b">Abonnement für Olmütz</hi><lb/>
Ganzjährig fl. 10.&#x2014;<lb/>
Halbjährig &#x201E; 5.&#x2014;<lb/>
Vierteljährig &#x201E; 2.50<lb/>
Monatlich &#x201E; &#x2014;.90</p><lb/>
        <p>Zu&#x017F;tellung ins Haus monat-<lb/>
lich 10 Kreuzer.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#b">Auswärts durch die Po&#x017F;t</hi><lb/>
Ganzjährig fl. 14.&#x2014;<lb/>
Halbjährig &#x201E; 7.&#x2014;<lb/>
Vierteljährig &#x201E; 3.50</p><lb/>
        <p>Einzelne Nummer 5 Kreuzer.</p>
      </div><lb/>
      <cb/>
      <titlePage xml:id="title1" type="heading" next="#title2">
        <titlePart type="main"> <hi rendition="#b">Mähri&#x017F;ches<lb/>
Tagblatt.</hi> </titlePart>
      </titlePage><lb/>
      <cb/>
      <div type="jExpedition">
        <p><hi rendition="#b">In&#x017F;ertionsgebüh<supplied>r</supplied>en</hi><lb/>
die 4mal ge&#x017F;paltene Petit zeil<lb/>
oder deren Raum 6 Kreuzer</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p>Außerhalb <hi rendition="#b">Olmütz</hi> überneh-<lb/>
men In&#x017F;ertions-Aufträge:<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Heinrich Schalek,</hi></hi> Annon-<lb/>
cen-E<supplied>x</supplied>ped. in Wien, <hi rendition="#aq">I.,</hi> Woll-<lb/>
zeile Nr. 1. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Haasensteln &amp;<lb/>
Vogler</hi></hi> in Wien, Prag, Buda-<lb/>
pe&#x017F;t, Berlin, Frankfurt a. M.<lb/>
Hamburg, Ba&#x017F;el und Leipzig<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Alois Opellik,</hi></hi> in Wien, <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Rud.<lb/>
M<supplied>o</supplied>sse</hi></hi> in Wien, München u.<lb/>
Berlin, <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">G. L. Daube u. Co.<lb/>
(lg. Knoll)</hi></hi> Wien, <hi rendition="#aq">I.,</hi> Singer-<lb/>
&#x017F;traße 11 <hi rendition="#aq">a,</hi> Frankfur: a. M.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Adolf Steiner&#x2019;s</hi></hi> Annoncen-<lb/>
bureau in Hamburg, &#x017F;owie<lb/>
&#x017F;ämmtl. conc. In&#x017F;ertions-Bu-<lb/>
reaux des In- u. Auslandes.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p>Manu&#x017F;cripte werden nicht<lb/>
zurückge&#x017F;tellt.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <titlePage xml:id="title2" prev="#title1" type="heading">
        <docImprint>
          <docDate> <hi rendition="#b">Nr. 175. Olmütz, Montag den 3. Augu&#x017F;t 1885. 6. Jahrgang.</hi> </docDate>
        </docImprint>
      </titlePage><lb/>
    </front>
    <body>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <cb/>
      <div type="jPoliticalNews" n="1">
        <div xml:id="dalmatien1" next="#dalmatien2" type="jArticle" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Die Zu&#x017F;tände in Dalmatien.</hi> </head><lb/>
          <dateline><hi rendition="#g">Olmütz</hi> 3. Augu&#x017F;t.</dateline><lb/>
          <p>Nicht geringes Auf&#x017F;ehen hat in den Reihen<lb/>
der dalmatini&#x017F;chen Verfa&#x017F;&#x017F;ungspartei die Nachricht<lb/>
erregt, daß der Hofrath bei der Landesregierung<lb/>
in Zara, Pavich von Pfauenthal, der Vertreter<lb/>
des Baron Jovanovi&#x010D; während &#x017F;einer Abwe&#x017F;en-<lb/>
heit, eine Anerkennung &#x017F;einer vorzüglichen Dien&#x017F;t-<lb/>
lei&#x017F;tung erhalten habe. Hofrath Pavich und der<lb/>
vielgenannte Bezirkshauptmann von Spalato,<lb/>
Baron Conrad, haben &#x017F;ich anläßlich der Reichs-<lb/>
rathswahlen ganz hervorragende Verdien&#x017F;te um<lb/>
die gegenwärtig in Dalmatien herr&#x017F;chende Partei<lb/>
erworben. Man erinnere &#x017F;ich der Candidatur des<lb/>
Senatsprä&#x017F;identen Lapenna, welcher an Stelle<lb/>
Bajamonti&#x2019;s die Leitung der con&#x017F;titutionellen<lb/>
Partei übernommen hatte, und der Art und<lb/>
Wei&#x017F;e, wie die&#x017F;e Candidatur Eines der er&#x017F;ten<lb/>
richterlichen Functionäre von der ge&#x017F;ammten offi-<lb/>
ciö&#x017F;en Pre&#x017F;&#x017F;e begrüßt worden i&#x017F;t. Es wurde als<lb/>
unerhört hinge&#x017F;tellt, daß Lapenna als hervorra-<lb/>
gender Staatsbeamter &#x017F;ich von einer der Regie-<lb/>
rung feindlich ge&#x017F;innten Partei in den Reichsrath<lb/>
candidiren ließ; ja ein Theil der in&#x017F;pirirten Pre&#x017F;&#x017F;e<lb/>
&#x017F;cheute nicht vor dem Anwurfe zurück, daß Frei-<lb/>
herr von Lapenna kein guter Patriot &#x017F;ei, daß er<lb/>
mit Carpucci und Cavallotti &#x017F;ympathi&#x017F;ire u. &#x017F;. w.<lb/>
Kurz, es fehlte nicht an Anzeichen, daß die Can-<lb/>
didatur des &#x201E;Irredenti&#x017F;ten&#x201C; Lapena der Regie-<lb/>
rung nichts weniger als angenehm &#x017F;ei.</p><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t bekanntlich dafür Sorge getragen<lb/><cb/>
worden, daß die Vorgänge, welche &#x017F;ich in dem<lb/>
Wahlbezirke, in dem Letzterer als Candidat auf-<lb/>
trat, und auch &#x017F;on&#x017F;t in die&#x017F;er entlegenen Kü&#x017F;ten-<lb/>
provinz während der letzten Wahlperiode abge-<lb/>
&#x017F;pie<supplied>l</supplied>t haben, nicht in Verge&#x017F;&#x017F;enheit gerathen. In<lb/>
den Verificationsdebatten des Abgeordnetenhau&#x017F;es<lb/>
wird auch der Name Pavich genannt werden. Als<lb/>
der&#x017F;elbe von Marburg nach Zara ver&#x017F;etzt worden,<lb/>
konnte er anfänglich keineswegs als ein Liebling<lb/>
der Herren Morlaken ange&#x017F;ehen werden. Pavich<lb/>
war der Nachfolger Antonietti&#x2019;s, des <hi rendition="#aq">Alter ego</hi><lb/>
des Feldzeugmei&#x017F;ters Baron Rodich, unter de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Statthalter&#x017F;chaft bereits die Grundlagen für die<lb/>
Croati&#x017F;irung Dalmatiens ge&#x017F;chaffen worden &#x017F;ind.<lb/>
Es &#x017F;chien nämlich im Beginne der dortigen Wir-<lb/>
&#x017F;amkeit Pavich&#x2019;s, daß der&#x017F;elbe der völligen Cro-<lb/>
ati&#x017F;irung des admini&#x017F;trativen Dien&#x017F;tes wider&#x017F;trebe.<lb/>
Aber der Herr Mini&#x017F;terprä&#x017F;ident darf &#x017F;ich rüh-<lb/>
men, bereits wiederholt ein gutes Einvernehmen<lb/>
zwi&#x017F;chen anfänglich noch in den altö&#x017F;terreichi&#x017F;chen<lb/>
Traditionen befangenen Vertretern der Staatsge-<lb/>
walt und den heutigen Stützen der&#x017F;elben, welche<lb/>
von die&#x017F;en Traditionen nicht wi&#x017F;&#x017F;en wollen, her-<lb/>
ge&#x017F;tellt zu haben. Was ihm in Trie&#x017F;t und Linz<lb/>
gelang, i&#x017F;t dem Grafen Taaffe auch in Zara ge-<lb/>
glückt &#x2014; den Beweis hiefür liefert die gute Be-<lb/>
handlung, welche heute die Organe der Morlaken-<lb/>
partei dem&#x017F;elben Hofrath Pavich widerfahren<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, de&#x017F;&#x017F;en Abberufung aus Dalmatien vor<lb/>
gar nicht langer Zeit in einem Memorandum<lb/>
der croati&#x017F;chen Abgeordneten nachdrücklich gefor-<lb/>
dert worden war.</p><lb/>
          <p>So lange die italieni&#x017F;che Partei im Land-<lb/><cb/>
tage von Dalmatien die Oberhand hatte, ließen<lb/>
die dalmätini&#x017F;chen Croaten die Welt über ihre<lb/>
eigentlichen Ziele nicht im Unklaren. Heute wird<lb/>
die Forderung der Vereinigung Dalmatiens mit<lb/>
Croatien, von dem es &#x017F;eit mehr als vier Jahrhun-<lb/>
derten getrennt i&#x017F;t, nicht mehr offen ausge&#x017F;pro-<lb/>
chen, während ein&#x017F;t von den National-Clericalen<lb/>
Dalmatiens demon&#x017F;trativ Abgeordnete für den<lb/>
Agramer Landtag gewählt worden &#x017F;ind. Von der<lb/>
Wiederher&#x017F;tellung des dreieinigen Königreiches<lb/>
&#x017F;cheint gar nicht mehr die Rede zu &#x017F;ein; wie die<lb/>
T&#x017F;chechen ihre &#x017F;taatsrechtlichen De&#x017F;iderien in den<lb/>
Hintergrund treten ließen, &#x017F;o legen auch die<lb/>
Croaten Dalmatiens heute auf &#x201E;realere&#x201C; Wün&#x017F;che<lb/>
das Hauptgewicht. Es &#x017F;ind dieß die Ernennung<lb/>
eines Civilgouverneurs an Stelle der militäri&#x017F;chen<lb/>
Per&#x017F;önlichkeiten, welche bisher an der Spitze<lb/>
der dalmatini&#x017F;chen Verwaltung ge&#x017F;tanden haben;<lb/>
die Erweiterung der <hi rendition="#aq">lex</hi> Bulat, wodurch die<lb/>
Slavi&#x017F;irung der Gerichtsbehörden in Dalmatieu<lb/>
und I&#x017F;trien angebahnt wurde, vor Allem aber die<lb/>
Durchführung der Landtagsbe&#x017F;chlü&#x017F;&#x017F;e betreffs der<lb/>
voll&#x017F;tändigen Verdrängung der italieni&#x017F;chen Sprache<lb/>
aus allen Aemtern Dalmatiens. Trotz der wegen<lb/>
der Sprachenfrage er<supplied>f</supplied>olgten Auflö&#x017F;ung des Land-<lb/>
tages, trotz des kai&#x017F;erlichen Re&#x017F;criptes, in dem die<lb/>
Rechte der italieni&#x017F;chen Minorität der Bevölkerung<lb/>
Dalmatiens, die ja vermöge ihrer Intelligenz<lb/>
ihres Be&#x017F;itzes u. &#x017F;. w. nicht ignorirt werden kann,<lb/>
ausdrücklich gewahrt werden, beharrt die Trias<lb/>
Klaic-Pavlinovic-Bulat bei dem Programme der<lb/>
voll&#x017F;tändigen Croati&#x017F;irung aller Staats- und<lb/>
Landesbehörden und aller Gemeindevertretungen</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <cb/>
      <div type="jFeuilleton" n="1">
        <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Feuilleton.</hi> </hi> </hi> </head><lb/>
        <div xml:id="wille1" next="#wille2" type="jArticle" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Der letzte Wille.</hi> </head><lb/>
          <byline>Von <hi rendition="#b">F. H.</hi> </byline><lb/>
          <p>Ueber die &#x201E;Kun&#x017F;t zu &#x017F;terben&#x201C; i&#x017F;t es nicht<lb/>
nöthig, Anwei&#x017F;ungen zu geben; wenn es auch<lb/>
hie und da heißt, Einer könne nicht &#x017F;terben &#x2014;<lb/>
&#x017F;chließlich hat er es doch getroffen. Hingegen<lb/>
über die &#x201E;Kun&#x017F;t &#x017F;einen letzten Willen zu machen&#x201C;,<lb/>
wäre leicht ein Buch zu &#x017F;chreiben, und ein wohl-<lb/>
wollender Men&#x017F;chenfreund &#x017F;ollte doch einmal<lb/>
einige tau&#x017F;end Gulden aus&#x017F;etzen für die Beant-<lb/>
wortung der Preisfrage: <hi rendition="#g">&#x201E;Wem und zu<lb/>
welchen Zwecken kann&#x017F;t du, &#x017F;oll&#x017F;t du<lb/>
und mußt du Etwas vermachen?&#x201C;</hi> </p><lb/>
          <p>Es gibt Leute, die ihr ganzes Leben lang<lb/>
unver&#x017F;chämt waren. Trotzdem hört man &#x017F;ehr<lb/>
häufig das Wort &#x201E;du unver&#x017F;chämter Bettler!&#x201C;<lb/>
&#x2014; niemals beinahe jedoch wird es Jemandem<lb/>
ins Ge&#x017F;icht ge&#x017F;agt &#x201E;du unver&#x017F;chämter Millionär<lb/>
du!&#x201C; Kommt das davon her, daß nur die<lb/>
Bettler &#x201E;unver&#x017F;chämt&#x201C; &#x017F;ind? Es wäre nicht gut,<lb/>
über die&#x017F;e &#x017F;tati&#x017F;ti&#x017F;che Frage zu &#x017F;treiten, insbe-<lb/>
&#x017F;ondere nicht in einem Leitfaden für den &#x201E;letzten<lb/>
Willen&#x201C;, der &#x017F;ich nothwendigerwei&#x017F;e nur an die<lb/>
Reichen wenden kann, da die Armen zwar auch<lb/>
einen &#x201E;letzten Willen&#x201C; haben, die&#x017F;er aber ge-<lb/>
wöhnlich nicht mehr gilt, als Alles vorausge-<lb/>
gangene Wün&#x017F;chen und Wollen.</p><lb/>
          <p>Was aber muß man thun, um als Reicher<lb/>
nicht &#x017F;chließlich eine üble Nachrede zu verdienen,<lb/>
auch wenn &#x017F;ie nicht laut wird? Darf man nach<lb/><cb/>
dem Grund&#x017F;atze te&#x017F;tiren: &#x201E;Im Grabe klingen<lb/>
die Ohren nicht&#x201C;? Kann man &#x017F;ich damit aus<lb/>
der Welt drücken, daß man von ein paar<lb/>
Millionen, die man hinterläßt, auch den Armen<lb/>
ein paar tau&#x017F;end Gulden in die Mütze wir&#x017F;t?</p><lb/>
          <p>Da i&#x017F;t unläg&#x017F;t in Olmütz ein nach un&#x017F;eren<lb/>
heutigen Mammonsbegriffen nur wohlhabender<lb/>
Mann ge&#x017F;torben. Sein Te&#x017F;tament gehörte mit<lb/>
Fug und Recht in die Bei&#x017F;piel&#x017F;ammlung, welche<lb/>
einen &#x201E;Leitfaden für den letzten Willen&#x201C; anzu-<lb/>
hängen wäre. Er vermacht wohlthätigen und ge-<lb/>
meinnützigen An&#x017F;talten nicht etwa nur den Kehricht<lb/>
&#x017F;eines Vermög<supplied>e</supplied>ns, &#x017F;ondern einen nahmhaften<lb/>
Theil: er vermacht eine ausgiebige Bürger&#x017F;tiftung,<lb/>
er &#x017F;orgt für Studenten, er bedenkt die Kun&#x017F;t-<lb/>
male &#x017F;einer Heimats&#x017F;tadt, er &#x017F;orgt für die Zukunft;<lb/>
er geht mit Bedacht zu Werke, um Alles zu<lb/>
unter&#x017F;tützen, was ihm für das Gemeinwohl<lb/>
dienlich &#x017F;cheint. Wallenda, &#x017F;o heißt der Wackere,<lb/>
hat zugleich mit dem Advocaten auch den Gemein&#x017F;inn<lb/>
zu &#x017F;ich rufen la&#x017F;&#x017F;en, als er &#x017F;ich an&#x017F;chickte, &#x017F;einen<lb/>
letzten Willen aufzu&#x017F;etzen &#x2014; den Gemein&#x017F;inn, der<lb/>
bei uns zu Lande nur hie und da zu Ga&#x017F;te i&#x017F;t<lb/>
und keinen fe&#x017F;ten Wohn&#x017F;itz hat. Wallenda vermacht<lb/>
zu Gun&#x017F;ten die&#x017F;es &#x017F;on&#x017F;t &#x201E;unbekannt: wo?&#x201C; &#x017F;ich<lb/>
aufhaltenden &#x201E;Fremden&#x201C; 27.000 fl., 20.000 fl.<lb/>
und 18.000 fl., ein paarmal 400 fl., einigemale<lb/>
1000 fl., mehreremale 500 fl., u. &#x017F;. w. Ehre<lb/>
die&#x017F;em &#x201E;ver&#x017F;chämten Reichen!&#x201C; Möge fein Ge-<lb/>
mein&#x017F;inn über die Anderen kommen!</p><lb/>
          <p>Die Mei&#x017F;ten glauben für die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft ge-<lb/>
nug gethan zu haben, wenn &#x017F;ie ihre Steuern be-<lb/>
zahlen und ab und zu Almo&#x017F;en geben. Dabei<lb/>
gebrauchen Viele noch die Vor&#x017F;icht, &#x017F;ich, was die<lb/>
Steuer betrifft, möglich&#x017F;t gering ein&#x017F;chätzen zu<lb/><cb/>
la&#x017F;&#x017F;en und &#x017F;ich wegen der Almo&#x017F;en &#x017F;tets mit<lb/>
Kleingeld zu ver&#x017F;ehen. Im Uebrigen leben &#x017F;ie &#x017F;o,<lb/>
als wenn nicht nur die ganze Welt, &#x017F;ondern auch<lb/>
die ganze Men&#x017F;chbeit über ihr geliebtes Ich hin-<lb/>
aus nur für &#x017F;ie allein ge&#x017F;chaffen wäre. &#x201E;Wenn<lb/>
ich mein Wohlleben nur baar bezahle, was brauche<lb/>
ich da noch dankbar zu &#x017F;ein. Ein Zehnkreuzer&#x017F;tück,<lb/>
das ich dem Armen &#x017F;chenke, i&#x017F;t ohnehin ein reich-<lb/>
liches Trinkgeld, der ge&#x017F;ammten Men&#x017F;chheit ge-<lb/>
widmet, für Alles, was &#x017F;ie etwa über die prompte<lb/>
Bezahlung hinaus für mich lei&#x017F;tet!&#x201C; Das i&#x017F;t &#x017F;o<lb/>
die Moral der Egoi&#x017F;ten, welche bei den mei&#x017F;ten<lb/>
Te&#x017F;tamenten als Berather und Zeuge mitwirkt,<lb/>
ohne daß &#x017F;ie deßwegen mit unter&#x017F;chrieben wäre.</p><lb/>
          <p>Die Selb&#x017F;tlinge freilich &#x017F;agen: &#x201E;Ich nehme<lb/>
ja nichts mit hinüber ins Jen&#x017F;eits! Es i&#x017F;t doch<lb/>
nur meine Pflicht, für meine Familie zu &#x017F;orgen.<lb/>
Ich habe doch nicht die Aufgabe, die Welt glück-<lb/>
lich zu machen!&#x201C; Das mag für mäßige Vermö-<lb/>
gen hingehen, ja, hat für &#x017F;olche &#x017F;eine volle Be-<lb/>
rechtigung. Aber auch der Familienegoismus muß,<lb/>
wie der &#x017F;ogenannte &#x201E;ge&#x017F;unde&#x201C; Egoismus für die<lb/>
eigene werthe Per&#x017F;on eine Grenze haben. Arme<lb/>
Leute haben gewöhnlich auch noch arme Ver-<lb/>
wandte, was &#x017F;ozu&#x017F;agen eine Ver&#x017F;chärfung der<lb/>
Armu<supplied>t</supplied>h i&#x017F;t, für welche Jene nichts können.<lb/>
Reiche Leute haben hingegen gewöhnlich auch<lb/>
noch reiche Verwandte, was wieder eine Ver-<lb/>
&#x017F;tärkung des Reichthums i&#x017F;t. Für die&#x017F;e Ver-<lb/>
wandten nun, ohne dabei der Armuth zu geden-<lb/>
ken, aus&#x017F;chließlich zu &#x017F;orgen, das i&#x017F;t Familien-<lb/>
egoismus, und die ihn pflegen, &#x017F;ollte man Sipp-<lb/>
linge nennen, wie man die Egoi&#x017F;ten Selb&#x017F;tlinge<lb/>
oder Ichlinge heißt.</p><lb/>
          <p>In America, in England haben Reiche für</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[1]/0001] Das „Mähriſche Tagblatt“ mit der illuſtr. Wochenbeilage „Illuſtrirt. Sonntagsblatt“ erſcheint mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage täglich Ausgabe 2 Uhr Nachmittags im Adminiſtrations-Locale Riederring Nr. 41 neu ober den Fleiſchbänken. Abonnement für Olmütz Ganzjährig fl. 10.— Halbjährig „ 5.— Vierteljährig „ 2.50 Monatlich „ —.90 Zuſtellung ins Haus monat- lich 10 Kreuzer. Auswärts durch die Poſt Ganzjährig fl. 14.— Halbjährig „ 7.— Vierteljährig „ 3.50 Einzelne Nummer 5 Kreuzer. Mähriſches Tagblatt. Inſertionsgebühren die 4mal geſpaltene Petit zeil oder deren Raum 6 Kreuzer Außerhalb Olmütz überneh- men Inſertions-Aufträge: Heinrich Schalek, Annon- cen-Exped. in Wien, I., Woll- zeile Nr. 1. Haasensteln & Vogler in Wien, Prag, Buda- peſt, Berlin, Frankfurt a. M. Hamburg, Baſel und Leipzig Alois Opellik, in Wien, Rud. Mosse in Wien, München u. Berlin, G. L. Daube u. Co. (lg. Knoll) Wien, I., Singer- ſtraße 11 a, Frankfur: a. M. Adolf Steiner’s Annoncen- bureau in Hamburg, ſowie ſämmtl. conc. Inſertions-Bu- reaux des In- u. Auslandes. Manuſcripte werden nicht zurückgeſtellt. Nr. 175. Olmütz, Montag den 3. Auguſt 1885. 6. Jahrgang. Die Zuſtände in Dalmatien. Olmütz 3. Auguſt. Nicht geringes Aufſehen hat in den Reihen der dalmatiniſchen Verfaſſungspartei die Nachricht erregt, daß der Hofrath bei der Landesregierung in Zara, Pavich von Pfauenthal, der Vertreter des Baron Jovanovič während ſeiner Abweſen- heit, eine Anerkennung ſeiner vorzüglichen Dienſt- leiſtung erhalten habe. Hofrath Pavich und der vielgenannte Bezirkshauptmann von Spalato, Baron Conrad, haben ſich anläßlich der Reichs- rathswahlen ganz hervorragende Verdienſte um die gegenwärtig in Dalmatien herrſchende Partei erworben. Man erinnere ſich der Candidatur des Senatspräſidenten Lapenna, welcher an Stelle Bajamonti’s die Leitung der conſtitutionellen Partei übernommen hatte, und der Art und Weiſe, wie dieſe Candidatur Eines der erſten richterlichen Functionäre von der geſammten offi- ciöſen Preſſe begrüßt worden iſt. Es wurde als unerhört hingeſtellt, daß Lapenna als hervorra- gender Staatsbeamter ſich von einer der Regie- rung feindlich geſinnten Partei in den Reichsrath candidiren ließ; ja ein Theil der inſpirirten Preſſe ſcheute nicht vor dem Anwurfe zurück, daß Frei- herr von Lapenna kein guter Patriot ſei, daß er mit Carpucci und Cavallotti ſympathiſire u. ſ. w. Kurz, es fehlte nicht an Anzeichen, daß die Can- didatur des „Irredentiſten“ Lapena der Regie- rung nichts weniger als angenehm ſei. Es iſt bekanntlich dafür Sorge getragen worden, daß die Vorgänge, welche ſich in dem Wahlbezirke, in dem Letzterer als Candidat auf- trat, und auch ſonſt in dieſer entlegenen Küſten- provinz während der letzten Wahlperiode abge- ſpielt haben, nicht in Vergeſſenheit gerathen. In den Verificationsdebatten des Abgeordnetenhauſes wird auch der Name Pavich genannt werden. Als derſelbe von Marburg nach Zara verſetzt worden, konnte er anfänglich keineswegs als ein Liebling der Herren Morlaken angeſehen werden. Pavich war der Nachfolger Antonietti’s, des Alter ego des Feldzeugmeiſters Baron Rodich, unter deſſen Statthalterſchaft bereits die Grundlagen für die Croatiſirung Dalmatiens geſchaffen worden ſind. Es ſchien nämlich im Beginne der dortigen Wir- ſamkeit Pavich’s, daß derſelbe der völligen Cro- atiſirung des adminiſtrativen Dienſtes widerſtrebe. Aber der Herr Miniſterpräſident darf ſich rüh- men, bereits wiederholt ein gutes Einvernehmen zwiſchen anfänglich noch in den altöſterreichiſchen Traditionen befangenen Vertretern der Staatsge- walt und den heutigen Stützen derſelben, welche von dieſen Traditionen nicht wiſſen wollen, her- geſtellt zu haben. Was ihm in Trieſt und Linz gelang, iſt dem Grafen Taaffe auch in Zara ge- glückt — den Beweis hiefür liefert die gute Be- handlung, welche heute die Organe der Morlaken- partei demſelben Hofrath Pavich widerfahren laſſen, deſſen Abberufung aus Dalmatien vor gar nicht langer Zeit in einem Memorandum der croatiſchen Abgeordneten nachdrücklich gefor- dert worden war. So lange die italieniſche Partei im Land- tage von Dalmatien die Oberhand hatte, ließen die dalmätiniſchen Croaten die Welt über ihre eigentlichen Ziele nicht im Unklaren. Heute wird die Forderung der Vereinigung Dalmatiens mit Croatien, von dem es ſeit mehr als vier Jahrhun- derten getrennt iſt, nicht mehr offen ausgeſpro- chen, während einſt von den National-Clericalen Dalmatiens demonſtrativ Abgeordnete für den Agramer Landtag gewählt worden ſind. Von der Wiederherſtellung des dreieinigen Königreiches ſcheint gar nicht mehr die Rede zu ſein; wie die Tſchechen ihre ſtaatsrechtlichen Deſiderien in den Hintergrund treten ließen, ſo legen auch die Croaten Dalmatiens heute auf „realere“ Wünſche das Hauptgewicht. Es ſind dieß die Ernennung eines Civilgouverneurs an Stelle der militäriſchen Perſönlichkeiten, welche bisher an der Spitze der dalmatiniſchen Verwaltung geſtanden haben; die Erweiterung der lex Bulat, wodurch die Slaviſirung der Gerichtsbehörden in Dalmatieu und Iſtrien angebahnt wurde, vor Allem aber die Durchführung der Landtagsbeſchlüſſe betreffs der vollſtändigen Verdrängung der italieniſchen Sprache aus allen Aemtern Dalmatiens. Trotz der wegen der Sprachenfrage erfolgten Auflöſung des Land- tages, trotz des kaiſerlichen Reſcriptes, in dem die Rechte der italieniſchen Minorität der Bevölkerung Dalmatiens, die ja vermöge ihrer Intelligenz ihres Beſitzes u. ſ. w. nicht ignorirt werden kann, ausdrücklich gewahrt werden, beharrt die Trias Klaic-Pavlinovic-Bulat bei dem Programme der vollſtändigen Croatiſirung aller Staats- und Landesbehörden und aller Gemeindevertretungen Feuilleton. Der letzte Wille. Von F. H. Ueber die „Kunſt zu ſterben“ iſt es nicht nöthig, Anweiſungen zu geben; wenn es auch hie und da heißt, Einer könne nicht ſterben — ſchließlich hat er es doch getroffen. Hingegen über die „Kunſt ſeinen letzten Willen zu machen“, wäre leicht ein Buch zu ſchreiben, und ein wohl- wollender Menſchenfreund ſollte doch einmal einige tauſend Gulden ausſetzen für die Beant- wortung der Preisfrage: „Wem und zu welchen Zwecken kannſt du, ſollſt du und mußt du Etwas vermachen?“ Es gibt Leute, die ihr ganzes Leben lang unverſchämt waren. Trotzdem hört man ſehr häufig das Wort „du unverſchämter Bettler!“ — niemals beinahe jedoch wird es Jemandem ins Geſicht geſagt „du unverſchämter Millionär du!“ Kommt das davon her, daß nur die Bettler „unverſchämt“ ſind? Es wäre nicht gut, über dieſe ſtatiſtiſche Frage zu ſtreiten, insbe- ſondere nicht in einem Leitfaden für den „letzten Willen“, der ſich nothwendigerweiſe nur an die Reichen wenden kann, da die Armen zwar auch einen „letzten Willen“ haben, dieſer aber ge- wöhnlich nicht mehr gilt, als Alles vorausge- gangene Wünſchen und Wollen. Was aber muß man thun, um als Reicher nicht ſchließlich eine üble Nachrede zu verdienen, auch wenn ſie nicht laut wird? Darf man nach dem Grundſatze teſtiren: „Im Grabe klingen die Ohren nicht“? Kann man ſich damit aus der Welt drücken, daß man von ein paar Millionen, die man hinterläßt, auch den Armen ein paar tauſend Gulden in die Mütze wirſt? Da iſt unlägſt in Olmütz ein nach unſeren heutigen Mammonsbegriffen nur wohlhabender Mann geſtorben. Sein Teſtament gehörte mit Fug und Recht in die Beiſpielſammlung, welche einen „Leitfaden für den letzten Willen“ anzu- hängen wäre. Er vermacht wohlthätigen und ge- meinnützigen Anſtalten nicht etwa nur den Kehricht ſeines Vermögens, ſondern einen nahmhaften Theil: er vermacht eine ausgiebige Bürgerſtiftung, er ſorgt für Studenten, er bedenkt die Kunſt- male ſeiner Heimatsſtadt, er ſorgt für die Zukunft; er geht mit Bedacht zu Werke, um Alles zu unterſtützen, was ihm für das Gemeinwohl dienlich ſcheint. Wallenda, ſo heißt der Wackere, hat zugleich mit dem Advocaten auch den Gemeinſinn zu ſich rufen laſſen, als er ſich anſchickte, ſeinen letzten Willen aufzuſetzen — den Gemeinſinn, der bei uns zu Lande nur hie und da zu Gaſte iſt und keinen feſten Wohnſitz hat. Wallenda vermacht zu Gunſten dieſes ſonſt „unbekannt: wo?“ ſich aufhaltenden „Fremden“ 27.000 fl., 20.000 fl. und 18.000 fl., ein paarmal 400 fl., einigemale 1000 fl., mehreremale 500 fl., u. ſ. w. Ehre dieſem „verſchämten Reichen!“ Möge fein Ge- meinſinn über die Anderen kommen! Die Meiſten glauben für die Geſellſchaft ge- nug gethan zu haben, wenn ſie ihre Steuern be- zahlen und ab und zu Almoſen geben. Dabei gebrauchen Viele noch die Vorſicht, ſich, was die Steuer betrifft, möglichſt gering einſchätzen zu laſſen und ſich wegen der Almoſen ſtets mit Kleingeld zu verſehen. Im Uebrigen leben ſie ſo, als wenn nicht nur die ganze Welt, ſondern auch die ganze Menſchbeit über ihr geliebtes Ich hin- aus nur für ſie allein geſchaffen wäre. „Wenn ich mein Wohlleben nur baar bezahle, was brauche ich da noch dankbar zu ſein. Ein Zehnkreuzerſtück, das ich dem Armen ſchenke, iſt ohnehin ein reich- liches Trinkgeld, der geſammten Menſchheit ge- widmet, für Alles, was ſie etwa über die prompte Bezahlung hinaus für mich leiſtet!“ Das iſt ſo die Moral der Egoiſten, welche bei den meiſten Teſtamenten als Berather und Zeuge mitwirkt, ohne daß ſie deßwegen mit unterſchrieben wäre. Die Selbſtlinge freilich ſagen: „Ich nehme ja nichts mit hinüber ins Jenſeits! Es iſt doch nur meine Pflicht, für meine Familie zu ſorgen. Ich habe doch nicht die Aufgabe, die Welt glück- lich zu machen!“ Das mag für mäßige Vermö- gen hingehen, ja, hat für ſolche ſeine volle Be- rechtigung. Aber auch der Familienegoismus muß, wie der ſogenannte „geſunde“ Egoismus für die eigene werthe Perſon eine Grenze haben. Arme Leute haben gewöhnlich auch noch arme Ver- wandte, was ſozuſagen eine Verſchärfung der Armuth iſt, für welche Jene nichts können. Reiche Leute haben hingegen gewöhnlich auch noch reiche Verwandte, was wieder eine Ver- ſtärkung des Reichthums iſt. Für dieſe Ver- wandten nun, ohne dabei der Armuth zu geden- ken, ausſchließlich zu ſorgen, das iſt Familien- egoismus, und die ihn pflegen, ſollte man Sipp- linge nennen, wie man die Egoiſten Selbſtlinge oder Ichlinge heißt. In America, in England haben Reiche für

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat). (2018-01-26T15:49:55Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T15:49:55Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T15:49:55Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maehrisches175_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maehrisches175_1885/1
Zitationshilfe: Mährisches Tagblatt. Nr. 175, Olmütz, 03.08.1885, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maehrisches175_1885/1>, abgerufen am 25.04.2024.