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N. N.: Eigentliche und warhafftige Erzehlung von dem Kobald/ Polter-Geist oder Hexen-Gespenst. Leipzig, [1691].

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Licht des Evangelii in aller Welt/ die Teufel/ so wohl von
besessenen Menschen/ als auch von besessenen Oertern ver-
jaget und ausgetrieben worden/ und nun nicht mehr in
solcher Menge/ als etwa vorhin in der tieffsten Finsterniß der
Heyden/ allenthalben rumoren dürffen. Keinesweges aber
hat man sich einzubilden/ daß der Fürste dieser Welt nun-
mehro gäntzlich ruhe/ und nicht noch heutiges Tages in den
Kindern des Unglaubens sein Werck habe. Ein anders
berichtet uns hiervon Gottes Wort/ wie daß er zuförderst
auch in den letzten Zeiten umher gehe als ein brüllender Löwe/
und suche/ welchen er verschlingen möge; Ja/ daß er einen
grossen Zorn gegen die Menschen trage/ und wohl wisse/
daß nun zu seinem völligen Gerichte gar wenig Zeit mehr
übrig sey.

Drum wütet und tobet der Satan wider die Menschen/
nicht nur heimlicher und verdeckter weise/ sie unversehens/
wo müglich/ in Sünde und Todt zu verstricken/ sondern er
strecket auch wohl öffentlich seine Krallen herfür/ und giebet
von seiner Gegenwart augenscheinliche Spuren. Sind
Leute/ die Lebens-lang nichts unheimliches weder gesehen
noch gehöret/ und deßwegen dem lieben GOtt zu dancken
haben/ so finden sich doch auch deren nicht wenig/ die aus eige-
ner Erfahrung viel von dergleichen Dingen zu sagen wissen.

Jn den alten Kirchen-Historien und Schrifften der
heiligen Väter lieset man unterschiedliche Exempel/ daß
Gespenster erschienen. Nach der Zeit aber haben auch die
Münche gantze Bücher mit dergleichen Erzehlungen ange-
füllet/ welche iedoch mehrentheils bessern Grund und Be-
weißthum erfordert/ zumahl da es auf lauter Aberglauben
und endlich auf Teufels-Beschweren eines gewissen Ordens
der Exorcisten hinaus gelauffen/ und ihrer viele darinnen
eiteln Ruhm gesuchet/ als ob sie die Kunst gehabt/ mit
gewissen Formulen/ oder mit Weyhwasser und Ave Maria

die

Licht des Evangelii in aller Welt/ die Teufel/ ſo wohl von
beſeſſenen Menſchen/ als auch von beſeſſenen Oertern ver-
jaget und ausgetrieben worden/ und nun nicht mehr in
ſolcher Menge/ als etwa vorhin in der tieffſten Finſterniß der
Heyden/ allenthalben rumoren duͤrffen. Keinesweges aber
hat man ſich einzubilden/ daß der Fuͤrſte dieſer Welt nun-
mehro gaͤntzlich ruhe/ und nicht noch heutiges Tages in den
Kindern des Unglaubens ſein Werck habe. Ein anders
berichtet uns hiervon Gottes Wort/ wie daß er zufoͤrderſt
auch in den letzten Zeiten umher gehe als ein bruͤllender Loͤwe/
und ſuche/ welchen er verſchlingen moͤge; Ja/ daß er einen
groſſen Zorn gegen die Menſchen trage/ und wohl wiſſe/
daß nun zu ſeinem voͤlligen Gerichte gar wenig Zeit mehr
uͤbrig ſey.

Drum wuͤtet und tobet der Satan wider die Menſchen/
nicht nur heimlicher und verdeckter weiſe/ ſie unverſehens/
wo muͤglich/ in Suͤnde und Todt zu verſtricken/ ſondern er
ſtrecket auch wohl oͤffentlich ſeine Krallen herfuͤr/ und giebet
von ſeiner Gegenwart augenſcheinliche Spuren. Sind
Leute/ die Lebens-lang nichts unheimliches weder geſehen
noch gehoͤret/ und deßwegen dem lieben GOtt zu dancken
haben/ ſo finden ſich doch auch deren nicht wenig/ die aus eige-
ner Erfahrung viel von dergleichen Dingen zu ſagen wiſſen.

Jn den alten Kirchen-Hiſtorien und Schrifften der
heiligen Vaͤter lieſet man unterſchiedliche Exempel/ daß
Geſpenſter erſchienen. Nach der Zeit aber haben auch die
Muͤnche gantze Buͤcher mit dergleichen Erzehlungen ange-
fuͤllet/ welche iedoch mehrentheils beſſern Grund und Be-
weißthum erfordert/ zumahl da es auf lauter Aberglauben
und endlich auf Teufels-Beſchweren eines gewiſſen Ordens
der Exorciſten hinaus gelauffen/ und ihrer viele darinnen
eiteln Ruhm geſuchet/ als ob ſie die Kunſt gehabt/ mit
gewiſſen Formulen/ oder mit Weyhwaſſer und Ave Maria

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Zitationshilfe: N. N.: Eigentliche und warhafftige Erzehlung von dem Kobald/ Polter-Geist oder Hexen-Gespenst. Leipzig, [1691], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_kobald_1691/6>, abgerufen am 28.03.2024.