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Die Bayerische Presse. Nr. 275. Würzburg, 16. November 1850.

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Die Bayerische Presse.
[Beginn Spaltensatz]
Abonnement:
Ganzjährig 6 fl.
Halbjährig 3 fl.
Vierteljährig 1 fl. 30 kr.
Monatlich für die Stadt 30 kr.

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Eine constitutionell-monarchische Zeitung.

[Spaltenumbruch]

Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr.
Nr. 533.

Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe-
titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe
und Gelder frei.

[Ende Spaltensatz]

Nr. 275.
Würzburg, Samstag den 16. November. 1850.


[Beginn Spaltensatz]
Amtliche Nachrichten.

München, 15. Nov. Se. Maj. der König
haben vermöge allerhöchster Entschließung vom 9.
Nov. l. J. allergnädigst geruht: Jeder Kreisre-
gierung für den beiden Kammern gemeinschaft-
lichen Kanzlei drei Kanzlisten, welchen die Uniform
der Regierungs=Sekretäre 1. Klasse, jedoch mit
einfachen Lisiere ohne Eckverzierung am Kragen,
zukömmt, beizugeben und in Folge dessen zu Kanz-
listen zu ernennen, und zwar bei der Regierung
von Unterfranken und Aschaffenburg: die Funkti-
onäre Johann Heinrich Dauch von Mainbernheim
Philipp Joseph Sauer und Jonas Pfriem von
Würzburg.

Würzburg, 16. Nov. Dem Schuldienstex-
spektanten zu Poppenlauer Elias Wohlmacher wurde
der Schul= und Kirchendienst daselbst in ständiger
Eigenschaft übertragen.



Die Parteien in Preußen.

Während der Pause gespannter Erwartung,
welche jetzt eingetreten ist, dürfte es nicht ohne
Jnteresse sein, einen Blick auf die Parteien zu wer-
fen, welche sich in Preußen gebildet haben, und auf
die Stellung, welche sie dem Kriege gegenüber ein-
nehmen. Ein oberflächlicher Beobachter könnte der
Meinung sein, daß jetzt, da sie alle gleich gewal-
tig laut für die "Ehre Preußens" und für den
Krieg eifern, ein augenblickliches Einverständniß
unter ihnen herrschend geworden. Aber ist es
nichts weniger als dieses der Fall. Die demo-
kratische Partei, unzweifelhaft der Kopfzahl nach
die größte in Preußen, wünscht den Krieg zu
ihrem eigenen Jnteresse. Sie ist von Haß erfüllt
gegen ihr Königshaus, wie gegen alle Dynastien,
und hat nicht einmal Liebe zu der Jdee des preu-
ßischen Staats. Nur eine Minorität derselben
mag ein specifisch deutsches Gefühl besitzen; ihre
große Mehrheit betrachtet diesen Krieg, wie jeden
andern, der in Europa von Konstantinopel bis
Kopenhagen, von Cadir bis St. Petersburg aus-
brechen könnte, als ein willkommenes Mittel zum
Beginn einer allgemeinen Revolution. Sie sieht
den Krieg entstehen mit derselben bewußten Freude,
mit welcher Mazzini, Louis Blanc, Ruge, Hein-
zen und Genossen denselben begrüßen werden. Sei
das Resultat des Kampfes, welches es wolle, sie
weiß, daß es ihre eigene Lage nicht verschlimmern
kann. Sie ist entschlossen, den ersten besten Mo-
narchen, der in die Noth kommt, sie anzurufen,
zu ihrem Werkzeuge zu machen, um zu einer spä-
teren Zeit über seinen Leib hinweg zur Macht
zu schreiten. Die Einigkeit der großen Mächte
bildete bisher das große Gewicht, welches die De-
mokratie in Deutschland zu Boden drückte. Die
demokratische Partei weiß, daß deren Uneinigkeit
sie von diesem Drucke befreien wird. -- Die
Partei der Kreuzzeitung, die ultra=conservative und
par exellence preußische, welche der demokrati-
schen schroff gegenübersteht, führt auch eine kriege-
rische Sprache, ohne jedoch die Gefahren eines
Krieges für sich selbst zu verkennen. Sie weiß,
daß ihre mühsam befestigte Macht bei der ersten
verlorenen Schlacht rettungslos zusammenbrechen
müßte. Sie weiß auch, daß ihr eine gewonnene
Schlacht keinen Vortheil bringen könnte. Wenn
[Spaltenumbruch] sie doch jetzt eine martialische Attitude einnimmt,
so geschieht es theilweise aus dem Jmpuls, wel-
cher alle Leute, die ihr Vaterland lieben, dazu
treibt, dem fremden Gegner gegenüber Front zu
machen, habe derselbe Unrecht oder auch Recht,
theilweise aus einer altpreußischen Abneigung ge-
gen Oesterreich und Bayern, theilweise, weil ihr
jetzt gar kein anderer Ausweg übrig bleibt, als
mit den Wölfen zu heulen. Dennoch sind wir
überzeugt, daß die klügsten, patriotischsten und ein-
flußreichsten Männer dieser Partei, die zu ermes-
sen verstehen, welchen Gefahren ihre Dynastie und
sie selbst durch einen deutschen Krieg entgegenge-
hen, diejenigen sein werden, welche noch in dem
letzten Momente zu einem Frieden mit Ehren ra-
then werden. -- Die Gothaer Partei, welche in
einer sehr zerflossenen Stellung noch in Preußen
vorhanden ist, und gerne ihren stark in Verruf
gekommenen Namen mit dem der constitutionellen
Partei vertauschen möchte, schreit am allerlustigsten
nach einen deutschen Kriege -- nach einem Kriege
um jeden Preis. Die guten, blödsinnigen und po-
litisch ganz unzurechnungsfähigen Leute, welche
diese Partei bilden, sind in der That der Mei-
nung, daß der Krieg sie rehabilitiren und ihre
Chefs Gagern, Dahlmann, Bassermann u. s. w.
wiederum zur Macht emporheben könne. Sie ha-
ben keine Ahnung davon, daß sie höchstens zu ei-
nem Tritte tauglich sind, auf dem ihre erbitter-
sten Feinde, die Demokraten, zur Macht empor-
steigen können. Es ist charakteristifch von diesen
Leuten, welche sich vorzugsweise deutsch nennen,
daß sie die Ersten und die Eifrigsten gewesen, ei-
nen Krieg zwischen deutschen Stämmen als eine
nothwendige deutsche Aufgabe zu predigen. Sie
haben jetzt kein sehnlicheren Wunsch, als recht bald
von einem Zusammenstoße zwischen Bayern u. Preußen
in Kurhessen, zu hören. Wie alle ohnmächtigen
und impotenten Parteien sind sie gewaltig kühn
mit dem Munde. Wenn der Tag der Gefahr
kommt, werden sie sich jedoch unzweifelhaft zeigen
-- wie sie sich in Frankfurt gezeigt haben --
unweise, unmächtig und unzuverlässig. -- Ohne
Zweifel fühlen die Männer, welche an der Spitze
der preuß. Regierung stehen, die ganze Gefahr
ihrer Lage, falls sie in einem ausbrechenden Kriege
sich auf die Demokraten ihres Landes oder auf
die Gothaer, deren unfreiwillige Werkzeuge --
das sind sie ja auch im Jahre 1848 gewesen --
stützen müßten. Die Wunden, welche dem Kö-
nige die Revolution in den Märztagen schlug,
werden nie vernarben. Der Prinz von Preußen,
welcher wie ein Mann, der außer dem Gesetze
steht, verkleidet, auf Feldwegen, aus seinem Va-
terlande fliehen mußte, wird nie einen Vertrag
mit den Demokraten freiwillig schließen wollen.
Die Mitglieder der Dynastie fühlen überhäupt
instinktmäßig die starre Consequenz in dem de-
mokratischen Prinzipe heraus, welches sich den Thro-
nen gegenüber, nie anders als feindlich kundgegeben
kann. Man ist in Berlin wohl entschlossen, den Krieg
zu beginnen, ohne Concessionen an die Revolution
selbst, oder an ihr Mittelglied, die Gothaer, zu
machen. Ob er sich enden kann, ohne solche Zu-
geständnisse, diese Betrachtung erfüllt gewiß die
preußischen Staatsmänner, und nicht ohne Grund,
mit schweren Sorgen.

[Spaltenumbruch]
Die Ereignisse in Kurhessen.

Fulda, 10. Nov. Gestern zog das Haupt-
quartier mit der Avantgarde um 2 Uhr hier ein;
General Fürst Taxis wurde, sowie die Truppen
sehr gut empfangen. Die einrückenden Truppen
stellten sich auf dem Domplatze auf, Fürst Taxis
ließ die Offiziere vortreten und dankte denselben
für den an den Tag gelegten E[unleserliches Material] mit herzli-
chen und doch soldatischen [unleserliches Material - 3 Zeichen fehlen]Wer. Dann trat
er zu dem k. k. Jäger=Bat. und ließ sich einen
Mann vorstellen, den auch er über die Verwun-
dung seines Kameraden trösten wollte. Zur Er-
läuterung des Vorfalles Folgendes: Die bei
Bronzell verwundeten Jäger wurden in unser
Hauptquartier nach Löschenrod gebracht und dort
bestens gepflegt. Es drängte mich, diesen armen
braven Leuten auch meinen schwachen Trost zu
geben, ich trat vor das Lager und sprach ihnen
Muth zu, sie bedurften es vielweniger als ein
öster. Jäger, der neben einem der Verwundeten
in voller Rüstung stand und bitterlich weinte. Jch
schloß aus dieser erschütternden Mitleidsbezeugung,
daß der einem "Mißverständniß" Geopferte sein
Bruder sein müßte, und fragte ihn hierüber.
"Nein antwortete er mir, unter heftigem Schluch-
zen, er ist blos ein Kamerad; haben wir gemacht
die zwei Feldzüge in Ungarn immer nebeneinan-
der, nix passirt -- und jetzt muß ihn schießen ein
so Malefiz -- Fritz! ( Preuße ) ." Die Offiziere
der Kompagnie, der Arzt, alle versuchten dem
trostlosen Kameraden vorzustellen, die Wunde sei
nicht tödtlich -- umsonst -- er glaubte, der
Freund müsse sterben, und er würde ihm dann
in's Grab folgen. Dieser war es nun, den der
Fürst Taxis selbst beruhigen wollte, indem er ihm
versprach, der Verwundete solle im Spitale zu
Fulda gut untergebracht werden und er könne ihn
dann täglich besuchen. Dieser Zuspruch von sei-
nem eigenen General schien ihn zufrieden zu stel-
len! Daß ein solcher Zug die Liebe und das Ver-
trauen einer Truppe für ihren neuen General, der
ihr in Gesinnungen und Tüchtigkeit nur dem Rufe
nach bekannt ist, schnell gewinnt, brauche ich Jhnen
nicht zu sagen.

   

Fulda, 14. Nov. Es sind Gegenbefehle ge-
kommen, und das Hauptquartier bleibt noch einige
Tage hier. Der Grund der Zögerung liegt da-
rin, daß man von Stunde zu Stunde die völlige
Räumung Kurhessens von den preuß. Truppen
erwatet. Es soll dies in Folge einer in Wien
zu Stande gekommenen Uebereinkunft geschehen.
Die in Schlüchtern gestandene Nachhut ist seit
gestern in der Stadt, nachdem die Avantgarde bis
Hünfeld vorgeschoben war. Ein Theil der Rei-
terei ist links in die Dörfer anf den Straßen
nach Lauterbach und Alsfeld gelegt worden. Das
Corps des F.=M.=L. Legeditsch kam gestern in Bi-
schoffsheim an der Rhön, 6 Stunden von hier, an.
Der hiesige Bürgerverein ist vom Bezirksdirektor
bis auf Weiteres geschlossen und die Ausgabe
der Hornisse und Neuen hessischen Zeitung ver-
boten worden. v. Warnsdorf, Obergerichtspräsi-
dent, ist, um der starken Einquartierung zu ent-
gehen, um seine Entlassung eingekommen. Ein
Gleiches that Obergerichtsrath Pfeifer. -- Es
verdient bemerkt zu werden, daß Graf Rechberg

Die Bayerische Presse.
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Würzburg, Samstag den 16. November. 1850.


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München, 15. Nov. Se. Maj. der König
haben vermöge allerhöchster Entschließung vom 9.
Nov. l. J. allergnädigst geruht: Jeder Kreisre-
gierung für den beiden Kammern gemeinschaft-
lichen Kanzlei drei Kanzlisten, welchen die Uniform
der Regierungs=Sekretäre 1. Klasse, jedoch mit
einfachen Lisière ohne Eckverzierung am Kragen,
zukömmt, beizugeben und in Folge dessen zu Kanz-
listen zu ernennen, und zwar bei der Regierung
von Unterfranken und Aschaffenburg: die Funkti-
onäre Johann Heinrich Dauch von Mainbernheim
Philipp Joseph Sauer und Jonas Pfriem von
Würzburg.

Würzburg, 16. Nov. Dem Schuldienstex-
spektanten zu Poppenlauer Elias Wohlmacher wurde
der Schul= und Kirchendienst daselbst in ständiger
Eigenschaft übertragen.



Die Parteien in Preußen.

Während der Pause gespannter Erwartung,
welche jetzt eingetreten ist, dürfte es nicht ohne
Jnteresse sein, einen Blick auf die Parteien zu wer-
fen, welche sich in Preußen gebildet haben, und auf
die Stellung, welche sie dem Kriege gegenüber ein-
nehmen. Ein oberflächlicher Beobachter könnte der
Meinung sein, daß jetzt, da sie alle gleich gewal-
tig laut für die „Ehre Preußens“ und für den
Krieg eifern, ein augenblickliches Einverständniß
unter ihnen herrschend geworden. Aber ist es
nichts weniger als dieses der Fall. Die demo-
kratische Partei, unzweifelhaft der Kopfzahl nach
die größte in Preußen, wünscht den Krieg zu
ihrem eigenen Jnteresse. Sie ist von Haß erfüllt
gegen ihr Königshaus, wie gegen alle Dynastien,
und hat nicht einmal Liebe zu der Jdee des preu-
ßischen Staats. Nur eine Minorität derselben
mag ein specifisch deutsches Gefühl besitzen; ihre
große Mehrheit betrachtet diesen Krieg, wie jeden
andern, der in Europa von Konstantinopel bis
Kopenhagen, von Cadir bis St. Petersburg aus-
brechen könnte, als ein willkommenes Mittel zum
Beginn einer allgemeinen Revolution. Sie sieht
den Krieg entstehen mit derselben bewußten Freude,
mit welcher Mazzini, Louis Blanc, Ruge, Hein-
zen und Genossen denselben begrüßen werden. Sei
das Resultat des Kampfes, welches es wolle, sie
weiß, daß es ihre eigene Lage nicht verschlimmern
kann. Sie ist entschlossen, den ersten besten Mo-
narchen, der in die Noth kommt, sie anzurufen,
zu ihrem Werkzeuge zu machen, um zu einer spä-
teren Zeit über seinen Leib hinweg zur Macht
zu schreiten. Die Einigkeit der großen Mächte
bildete bisher das große Gewicht, welches die De-
mokratie in Deutschland zu Boden drückte. Die
demokratische Partei weiß, daß deren Uneinigkeit
sie von diesem Drucke befreien wird. -- Die
Partei der Kreuzzeitung, die ultra=conservative und
par exellence preußische, welche der demokrati-
schen schroff gegenübersteht, führt auch eine kriege-
rische Sprache, ohne jedoch die Gefahren eines
Krieges für sich selbst zu verkennen. Sie weiß,
daß ihre mühsam befestigte Macht bei der ersten
verlorenen Schlacht rettungslos zusammenbrechen
müßte. Sie weiß auch, daß ihr eine gewonnene
Schlacht keinen Vortheil bringen könnte. Wenn
[Spaltenumbruch] sie doch jetzt eine martialische Attitude einnimmt,
so geschieht es theilweise aus dem Jmpuls, wel-
cher alle Leute, die ihr Vaterland lieben, dazu
treibt, dem fremden Gegner gegenüber Front zu
machen, habe derselbe Unrecht oder auch Recht,
theilweise aus einer altpreußischen Abneigung ge-
gen Oesterreich und Bayern, theilweise, weil ihr
jetzt gar kein anderer Ausweg übrig bleibt, als
mit den Wölfen zu heulen. Dennoch sind wir
überzeugt, daß die klügsten, patriotischsten und ein-
flußreichsten Männer dieser Partei, die zu ermes-
sen verstehen, welchen Gefahren ihre Dynastie und
sie selbst durch einen deutschen Krieg entgegenge-
hen, diejenigen sein werden, welche noch in dem
letzten Momente zu einem Frieden mit Ehren ra-
then werden. -- Die Gothaer Partei, welche in
einer sehr zerflossenen Stellung noch in Preußen
vorhanden ist, und gerne ihren stark in Verruf
gekommenen Namen mit dem der constitutionellen
Partei vertauschen möchte, schreit am allerlustigsten
nach einen deutschen Kriege -- nach einem Kriege
um jeden Preis. Die guten, blödsinnigen und po-
litisch ganz unzurechnungsfähigen Leute, welche
diese Partei bilden, sind in der That der Mei-
nung, daß der Krieg sie rehabilitiren und ihre
Chefs Gagern, Dahlmann, Bassermann u. s. w.
wiederum zur Macht emporheben könne. Sie ha-
ben keine Ahnung davon, daß sie höchstens zu ei-
nem Tritte tauglich sind, auf dem ihre erbitter-
sten Feinde, die Demokraten, zur Macht empor-
steigen können. Es ist charakteristifch von diesen
Leuten, welche sich vorzugsweise deutsch nennen,
daß sie die Ersten und die Eifrigsten gewesen, ei-
nen Krieg zwischen deutschen Stämmen als eine
nothwendige deutsche Aufgabe zu predigen. Sie
haben jetzt kein sehnlicheren Wunsch, als recht bald
von einem Zusammenstoße zwischen Bayern u. Preußen
in Kurhessen, zu hören. Wie alle ohnmächtigen
und impotenten Parteien sind sie gewaltig kühn
mit dem Munde. Wenn der Tag der Gefahr
kommt, werden sie sich jedoch unzweifelhaft zeigen
-- wie sie sich in Frankfurt gezeigt haben --
unweise, unmächtig und unzuverlässig. -- Ohne
Zweifel fühlen die Männer, welche an der Spitze
der preuß. Regierung stehen, die ganze Gefahr
ihrer Lage, falls sie in einem ausbrechenden Kriege
sich auf die Demokraten ihres Landes oder auf
die Gothaer, deren unfreiwillige Werkzeuge --
das sind sie ja auch im Jahre 1848 gewesen --
stützen müßten. Die Wunden, welche dem Kö-
nige die Revolution in den Märztagen schlug,
werden nie vernarben. Der Prinz von Preußen,
welcher wie ein Mann, der außer dem Gesetze
steht, verkleidet, auf Feldwegen, aus seinem Va-
terlande fliehen mußte, wird nie einen Vertrag
mit den Demokraten freiwillig schließen wollen.
Die Mitglieder der Dynastie fühlen überhäupt
instinktmäßig die starre Consequenz in dem de-
mokratischen Prinzipe heraus, welches sich den Thro-
nen gegenüber, nie anders als feindlich kundgegeben
kann. Man ist in Berlin wohl entschlossen, den Krieg
zu beginnen, ohne Concessionen an die Revolution
selbst, oder an ihr Mittelglied, die Gothaer, zu
machen. Ob er sich enden kann, ohne solche Zu-
geständnisse, diese Betrachtung erfüllt gewiß die
preußischen Staatsmänner, und nicht ohne Grund,
mit schweren Sorgen.

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Die Ereignisse in Kurhessen.

Fulda, 10. Nov. Gestern zog das Haupt-
quartier mit der Avantgarde um 2 Uhr hier ein;
General Fürst Taxis wurde, sowie die Truppen
sehr gut empfangen. Die einrückenden Truppen
stellten sich auf dem Domplatze auf, Fürst Taxis
ließ die Offiziere vortreten und dankte denselben
für den an den Tag gelegten E[unleserliches Material] mit herzli-
chen und doch soldatischen [unleserliches Material – 3 Zeichen fehlen]Wer. Dann trat
er zu dem k. k. Jäger=Bat. und ließ sich einen
Mann vorstellen, den auch er über die Verwun-
dung seines Kameraden trösten wollte. Zur Er-
läuterung des Vorfalles Folgendes: Die bei
Bronzell verwundeten Jäger wurden in unser
Hauptquartier nach Löschenrod gebracht und dort
bestens gepflegt. Es drängte mich, diesen armen
braven Leuten auch meinen schwachen Trost zu
geben, ich trat vor das Lager und sprach ihnen
Muth zu, sie bedurften es vielweniger als ein
öster. Jäger, der neben einem der Verwundeten
in voller Rüstung stand und bitterlich weinte. Jch
schloß aus dieser erschütternden Mitleidsbezeugung,
daß der einem „Mißverständniß“ Geopferte sein
Bruder sein müßte, und fragte ihn hierüber.
„Nein antwortete er mir, unter heftigem Schluch-
zen, er ist blos ein Kamerad; haben wir gemacht
die zwei Feldzüge in Ungarn immer nebeneinan-
der, nix passirt -- und jetzt muß ihn schießen ein
so Malefiz -- Fritz! ( Preuße ) .“ Die Offiziere
der Kompagnie, der Arzt, alle versuchten dem
trostlosen Kameraden vorzustellen, die Wunde sei
nicht tödtlich -- umsonst -- er glaubte, der
Freund müsse sterben, und er würde ihm dann
in's Grab folgen. Dieser war es nun, den der
Fürst Taxis selbst beruhigen wollte, indem er ihm
versprach, der Verwundete solle im Spitale zu
Fulda gut untergebracht werden und er könne ihn
dann täglich besuchen. Dieser Zuspruch von sei-
nem eigenen General schien ihn zufrieden zu stel-
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trauen einer Truppe für ihren neuen General, der
ihr in Gesinnungen und Tüchtigkeit nur dem Rufe
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kommen, und das Hauptquartier bleibt noch einige
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rin, daß man von Stunde zu Stunde die völlige
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erwatet. Es soll dies in Folge einer in Wien
zu Stande gekommenen Uebereinkunft geschehen.
Die in Schlüchtern gestandene Nachhut ist seit
gestern in der Stadt, nachdem die Avantgarde bis
Hünfeld vorgeschoben war. Ein Theil der Rei-
terei ist links in die Dörfer anf den Straßen
nach Lauterbach und Alsfeld gelegt worden. Das
Corps des F.=M.=L. Legeditsch kam gestern in Bi-
schoffsheim an der Rhön, 6 Stunden von hier, an.
Der hiesige Bürgerverein ist vom Bezirksdirektor
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dent, ist, um der starken Einquartierung zu ent-
gehen, um seine Entlassung eingekommen. Ein
Gleiches that Obergerichtsrath Pfeifer. -- Es
verdient bemerkt zu werden, daß Graf Rechberg

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[0001] Die Bayerische Presse. Abonnement: Ganzjährig 6 fl. Halbjährig 3 fl. Vierteljährig 1 fl. 30 kr. Monatlich für die Stadt 30 kr. Eine constitutionell-monarchische Zeitung. Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr. Nr. 533. Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe- titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe und Gelder frei. Nr. 275. Würzburg, Samstag den 16. November. 1850. Amtliche Nachrichten. München, 15. Nov. Se. Maj. der König haben vermöge allerhöchster Entschließung vom 9. Nov. l. J. allergnädigst geruht: Jeder Kreisre- gierung für den beiden Kammern gemeinschaft- lichen Kanzlei drei Kanzlisten, welchen die Uniform der Regierungs=Sekretäre 1. Klasse, jedoch mit einfachen Lisière ohne Eckverzierung am Kragen, zukömmt, beizugeben und in Folge dessen zu Kanz- listen zu ernennen, und zwar bei der Regierung von Unterfranken und Aschaffenburg: die Funkti- onäre Johann Heinrich Dauch von Mainbernheim Philipp Joseph Sauer und Jonas Pfriem von Würzburg. Würzburg, 16. Nov. Dem Schuldienstex- spektanten zu Poppenlauer Elias Wohlmacher wurde der Schul= und Kirchendienst daselbst in ständiger Eigenschaft übertragen. Die Parteien in Preußen. Während der Pause gespannter Erwartung, welche jetzt eingetreten ist, dürfte es nicht ohne Jnteresse sein, einen Blick auf die Parteien zu wer- fen, welche sich in Preußen gebildet haben, und auf die Stellung, welche sie dem Kriege gegenüber ein- nehmen. Ein oberflächlicher Beobachter könnte der Meinung sein, daß jetzt, da sie alle gleich gewal- tig laut für die „Ehre Preußens“ und für den Krieg eifern, ein augenblickliches Einverständniß unter ihnen herrschend geworden. Aber ist es nichts weniger als dieses der Fall. Die demo- kratische Partei, unzweifelhaft der Kopfzahl nach die größte in Preußen, wünscht den Krieg zu ihrem eigenen Jnteresse. Sie ist von Haß erfüllt gegen ihr Königshaus, wie gegen alle Dynastien, und hat nicht einmal Liebe zu der Jdee des preu- ßischen Staats. Nur eine Minorität derselben mag ein specifisch deutsches Gefühl besitzen; ihre große Mehrheit betrachtet diesen Krieg, wie jeden andern, der in Europa von Konstantinopel bis Kopenhagen, von Cadir bis St. Petersburg aus- brechen könnte, als ein willkommenes Mittel zum Beginn einer allgemeinen Revolution. Sie sieht den Krieg entstehen mit derselben bewußten Freude, mit welcher Mazzini, Louis Blanc, Ruge, Hein- zen und Genossen denselben begrüßen werden. Sei das Resultat des Kampfes, welches es wolle, sie weiß, daß es ihre eigene Lage nicht verschlimmern kann. Sie ist entschlossen, den ersten besten Mo- narchen, der in die Noth kommt, sie anzurufen, zu ihrem Werkzeuge zu machen, um zu einer spä- teren Zeit über seinen Leib hinweg zur Macht zu schreiten. Die Einigkeit der großen Mächte bildete bisher das große Gewicht, welches die De- mokratie in Deutschland zu Boden drückte. Die demokratische Partei weiß, daß deren Uneinigkeit sie von diesem Drucke befreien wird. -- Die Partei der Kreuzzeitung, die ultra=conservative und par exellence preußische, welche der demokrati- schen schroff gegenübersteht, führt auch eine kriege- rische Sprache, ohne jedoch die Gefahren eines Krieges für sich selbst zu verkennen. Sie weiß, daß ihre mühsam befestigte Macht bei der ersten verlorenen Schlacht rettungslos zusammenbrechen müßte. Sie weiß auch, daß ihr eine gewonnene Schlacht keinen Vortheil bringen könnte. Wenn sie doch jetzt eine martialische Attitude einnimmt, so geschieht es theilweise aus dem Jmpuls, wel- cher alle Leute, die ihr Vaterland lieben, dazu treibt, dem fremden Gegner gegenüber Front zu machen, habe derselbe Unrecht oder auch Recht, theilweise aus einer altpreußischen Abneigung ge- gen Oesterreich und Bayern, theilweise, weil ihr jetzt gar kein anderer Ausweg übrig bleibt, als mit den Wölfen zu heulen. Dennoch sind wir überzeugt, daß die klügsten, patriotischsten und ein- flußreichsten Männer dieser Partei, die zu ermes- sen verstehen, welchen Gefahren ihre Dynastie und sie selbst durch einen deutschen Krieg entgegenge- hen, diejenigen sein werden, welche noch in dem letzten Momente zu einem Frieden mit Ehren ra- then werden. -- Die Gothaer Partei, welche in einer sehr zerflossenen Stellung noch in Preußen vorhanden ist, und gerne ihren stark in Verruf gekommenen Namen mit dem der constitutionellen Partei vertauschen möchte, schreit am allerlustigsten nach einen deutschen Kriege -- nach einem Kriege um jeden Preis. Die guten, blödsinnigen und po- litisch ganz unzurechnungsfähigen Leute, welche diese Partei bilden, sind in der That der Mei- nung, daß der Krieg sie rehabilitiren und ihre Chefs Gagern, Dahlmann, Bassermann u. s. w. wiederum zur Macht emporheben könne. Sie ha- ben keine Ahnung davon, daß sie höchstens zu ei- nem Tritte tauglich sind, auf dem ihre erbitter- sten Feinde, die Demokraten, zur Macht empor- steigen können. Es ist charakteristifch von diesen Leuten, welche sich vorzugsweise deutsch nennen, daß sie die Ersten und die Eifrigsten gewesen, ei- nen Krieg zwischen deutschen Stämmen als eine nothwendige deutsche Aufgabe zu predigen. Sie haben jetzt kein sehnlicheren Wunsch, als recht bald von einem Zusammenstoße zwischen Bayern u. Preußen in Kurhessen, zu hören. Wie alle ohnmächtigen und impotenten Parteien sind sie gewaltig kühn mit dem Munde. Wenn der Tag der Gefahr kommt, werden sie sich jedoch unzweifelhaft zeigen -- wie sie sich in Frankfurt gezeigt haben -- unweise, unmächtig und unzuverlässig. -- Ohne Zweifel fühlen die Männer, welche an der Spitze der preuß. Regierung stehen, die ganze Gefahr ihrer Lage, falls sie in einem ausbrechenden Kriege sich auf die Demokraten ihres Landes oder auf die Gothaer, deren unfreiwillige Werkzeuge -- das sind sie ja auch im Jahre 1848 gewesen -- stützen müßten. Die Wunden, welche dem Kö- nige die Revolution in den Märztagen schlug, werden nie vernarben. Der Prinz von Preußen, welcher wie ein Mann, der außer dem Gesetze steht, verkleidet, auf Feldwegen, aus seinem Va- terlande fliehen mußte, wird nie einen Vertrag mit den Demokraten freiwillig schließen wollen. Die Mitglieder der Dynastie fühlen überhäupt instinktmäßig die starre Consequenz in dem de- mokratischen Prinzipe heraus, welches sich den Thro- nen gegenüber, nie anders als feindlich kundgegeben kann. Man ist in Berlin wohl entschlossen, den Krieg zu beginnen, ohne Concessionen an die Revolution selbst, oder an ihr Mittelglied, die Gothaer, zu machen. Ob er sich enden kann, ohne solche Zu- geständnisse, diese Betrachtung erfüllt gewiß die preußischen Staatsmänner, und nicht ohne Grund, mit schweren Sorgen. Die Ereignisse in Kurhessen. Fulda, 10. Nov. Gestern zog das Haupt- quartier mit der Avantgarde um 2 Uhr hier ein; General Fürst Taxis wurde, sowie die Truppen sehr gut empfangen. Die einrückenden Truppen stellten sich auf dem Domplatze auf, Fürst Taxis ließ die Offiziere vortreten und dankte denselben für den an den Tag gelegten E_ mit herzli- chen und doch soldatischen ___Wer. Dann trat er zu dem k. k. Jäger=Bat. und ließ sich einen Mann vorstellen, den auch er über die Verwun- dung seines Kameraden trösten wollte. Zur Er- läuterung des Vorfalles Folgendes: Die bei Bronzell verwundeten Jäger wurden in unser Hauptquartier nach Löschenrod gebracht und dort bestens gepflegt. Es drängte mich, diesen armen braven Leuten auch meinen schwachen Trost zu geben, ich trat vor das Lager und sprach ihnen Muth zu, sie bedurften es vielweniger als ein öster. Jäger, der neben einem der Verwundeten in voller Rüstung stand und bitterlich weinte. Jch schloß aus dieser erschütternden Mitleidsbezeugung, daß der einem „Mißverständniß“ Geopferte sein Bruder sein müßte, und fragte ihn hierüber. „Nein antwortete er mir, unter heftigem Schluch- zen, er ist blos ein Kamerad; haben wir gemacht die zwei Feldzüge in Ungarn immer nebeneinan- der, nix passirt -- und jetzt muß ihn schießen ein so Malefiz -- Fritz! ( Preuße ) .“ Die Offiziere der Kompagnie, der Arzt, alle versuchten dem trostlosen Kameraden vorzustellen, die Wunde sei nicht tödtlich -- umsonst -- er glaubte, der Freund müsse sterben, und er würde ihm dann in's Grab folgen. Dieser war es nun, den der Fürst Taxis selbst beruhigen wollte, indem er ihm versprach, der Verwundete solle im Spitale zu Fulda gut untergebracht werden und er könne ihn dann täglich besuchen. Dieser Zuspruch von sei- nem eigenen General schien ihn zufrieden zu stel- len! Daß ein solcher Zug die Liebe und das Ver- trauen einer Truppe für ihren neuen General, der ihr in Gesinnungen und Tüchtigkeit nur dem Rufe nach bekannt ist, schnell gewinnt, brauche ich Jhnen nicht zu sagen. ( N. M. Z. ) Fulda, 14. Nov. Es sind Gegenbefehle ge- kommen, und das Hauptquartier bleibt noch einige Tage hier. Der Grund der Zögerung liegt da- rin, daß man von Stunde zu Stunde die völlige Räumung Kurhessens von den preuß. Truppen erwatet. Es soll dies in Folge einer in Wien zu Stande gekommenen Uebereinkunft geschehen. Die in Schlüchtern gestandene Nachhut ist seit gestern in der Stadt, nachdem die Avantgarde bis Hünfeld vorgeschoben war. Ein Theil der Rei- terei ist links in die Dörfer anf den Straßen nach Lauterbach und Alsfeld gelegt worden. Das Corps des F.=M.=L. Legeditsch kam gestern in Bi- schoffsheim an der Rhön, 6 Stunden von hier, an. Der hiesige Bürgerverein ist vom Bezirksdirektor bis auf Weiteres geschlossen und die Ausgabe der Hornisse und Neuen hessischen Zeitung ver- boten worden. v. Warnsdorf, Obergerichtspräsi- dent, ist, um der starken Einquartierung zu ent- gehen, um seine Entlassung eingekommen. Ein Gleiches that Obergerichtsrath Pfeifer. -- Es verdient bemerkt zu werden, daß Graf Rechberg

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 275. Würzburg, 16. November 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische275_1850/1>, abgerufen am 19.04.2024.